Italienische Linke

Die Italienische Linke bildete sich aus den Gruppen, die im Laufe der 1920er Jahre aus der Dritten Internationale und somit aus der Kommunistischen Partei Italiens ausgeschlossen worden waren. Die Italienische Linke (insbesondere um die Zeitschrift Bilan) blieb der Tradition des proletarischen Interationalismus treu und wies zwei große Stärken auf: ihr Beharren auf theoretischer Klarheit und Folgerichtigkeit, und die Wichtigkeit, die sie der Organisationsfrage gab. Die IKS ist heute die bedeutendste Erbin der Italienischen Linken

Wiederveröffentlichung: Internationalisme, 1947: „Gegenwärtige Probleme der Arbeiterbewegung“

„Gegenwärtige Probleme der Arbeiterbewegung“

Internationalisme,Nr. 25, August 1947.

Einleitung der IKS (1983)

Dieser Text von „Internationalisme“ ist ein Auszug aus einer Reihe von Artikeln, die im Jahre 1947 unter dem Titel „Gegenwärtige Probleme der Arbeiterbewegung“ veröffentlicht wurden.

Debatte über den „Luftbrücken“-Artikel der IKS - Das Menetekel des Kapitalismus

Bereits in Weltrevolution, Nr. 154, der Juni-Juli Ausgabe der deutschsprachige Zweimonatszeitung der IKS, haben wir Kommentare zu unserem Artikel über die Berliner Luftbrücke unsererseits kommentiert, wo es um die uns unterstellte Leugnung des Unterschieds zwischen Faschismus und Demokratie ging. Wir versuchten dort aufzuzeigen, dass die Kommunistische Linke keineswegs Unterschiede zwischen diesen beiden Formen der Diktatur des Kapitals leugnet.

Deutsche Revolution, Teil XI

Die Linkskommunisten und der Konflikt zwischen russischem Staat und Weltrevolution

In unserem Artikel “Der Rückfluss der revolutionären Welle und die Entartung der Kommunistischen Internationale” haben wir gezeigt, wie die Verhinderung der internationalen Ausweitung der Revolution durch die Bourgeoisie und der Rückfluss des Klassenkampfes eine opportunistische Reaktion der Komintern hervorgerufen haben. Diese opportunistische Tendenz innerhalb der Komintern stieß auf den Widerstand jener Kräfte, die sich später Linkskommunisten nannten. Nachdem auf dem II. Kongress der Komintern 1920 die Parole “Zu den Massen!” gegen den Widerstand der Gruppen des späteren Linkskommunismus in den Vordergrund gerückt worden war, sollte der III. Kongress, der im Sommer 1921 veranstaltet wurde, zum entscheidenden Moment im Kampf eben jener Linkskommunisten gegen den Beginn der Unterordnung der Weltrevolution unter die Interessen des russischen Staates werden.

Internationalisme 1947: Wie die Trotzkisten die Arbeiter in ein imperialistisches Massaker schickten

Die Position politischer Gruppen gegenüber dem Krieg ist ein grundlegendes Kriterium, das uns erlaubt, eine klare Trennungslinie zwischen dem bürgerlichen und dem proletarischen Lager zu ziehen. Wir veröffentlichen untenstehend Auszüge eines Artikels aus der Zeitschrift INTERNATIONALISME, dem Organ der Kommunistischen Linken Frankreichs (GCF), aus dem Jahre 1947. Dieser Artikel entblößt die konterrevolutionäre Einstellung der trotzkistischen Gruppen während des 2. Weltkrieges und der "Befreiung" Frankreichs:

Geschichte der Arbeiterbewegung: Der Antifaschismus – eine Anleitung zur Konfusion

Die heutige Situation gleicht nicht jener in den 30er Jahren, als die Arbeiterklasse gerade die fürchterlichste Niederlage in ihrer Geschichte erlitten hatte, und zwar nicht durch den Faschismus, sondern durch die “demokratische” Bourgeoisie. Genau diese Niederlage ermöglichte es dem Faschismus, in bestimmten Ländern Europas an die Macht zu gelangen. Demzufolge können wir sagen, dass der Faschismus heute keine Notwendigkeit für den Kapitalismus besitzt. Nur indem sie die Unterschiede zwischen der heutigen Situation und jener in den 30er Jahren völlig ignorieren, können Strömungen, die behaupten, zur Arbeiterklasse zu gehören oder gar die Revolution zu favorisieren, wie die Trotzkisten, ihre Beteiligung an den Kampagnen gegen die “faschistische Bedrohung” rechtfertigen. In diesem Sinn bestand Bilan absolut zu Recht darauf, dass die Revolutionäre die Ereignisse innerhalb ihres historischen Zusammenhanges analysieren und dabei besonders das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen berücksichtigen müssen. Während der 30er Jahre entwickelte Bilan insbesondere gegen die Trotzkisten (die im Text als “Bolschewiki-Leninisten” bezeichnet werden, wie sich die Trotzkisten in den 30er Jahren selbst bezeichnet hatten) ihre Argumente. Damals waren die Trotzkisten noch Bestandteil der Arbeiterklasse, aber ihr Opportunismus sollte sie während des II. Weltkrieges in das bürgerliche Lager führen. Im Namen eben jenes Antifaschismus unterstützten die Trotzkisten den alliierten Imperialismus  während des Krieges und traten dabei eines der fundamentalsten Prinzipien der Arbeiterbewegung mit Füßen: den Internationalismus.

Die Freunde Durrutis: Lehren aus einem unvollständigen Bruch mit dem Anarchismus

Die anarchistische Gruppe Freunde Durrutis ist immer wieder als ein Beispiel für die Lebendigkeit des Anarchismus während der Ereignisse in Spanien nach 1936 ins Feld geführt worden. Ihre Mitglieder spielten während den Kämpfen im Mai 1937 eine herausragende Rolle, indem sie die Kollaboration der CNT mit der republikanischen Regierung Kataloniens und der Generalität  anprangerten und sich dagegen stellten. Die CNT bezieht sich heute auf die Errungenschaften dieser Gruppe, verkauft deren bekannteste Publikationen und nimmt deren Positionen in Beschlag.

Bilan Nr. 10 vom August/September 1934: Krisen und Zyklen in der Wirtschaft des niedergehenden Kapitalismus

Dies ist der erste Teil einer Studie, die 1934 in der Zeitschrift Bilan, Organ der Linken Fraktion der Kommunistischen Partei Italiens, veröffentlicht worden ist. Diese Studie setzte sich damals das Ziel, ”den Sinn der periodisch wiederkehrenden Krisen besser zu verstehen, die immer wieder den ganzen Kapitalismus erschüttert haben, und zu versuchen, mit größtmöglicher Präzision das Zeitalter der definitiven Dekadenz zu charakterisieren und die von ihm ausgehenden tödlichen Zuckungen zu verstehen”.

Bilan Nr. 11 vom Oktober/November 1934

Krisen und Zyklen in der Wirtschaft des niedergehenden Kapitalismus II

Vorstellung

Im Folgenden veröffentlichen wir den zweiten Teil einer Studie, die in der Zeitschrift "Bilan" 1934 erschienen ist. Wir haben in der letzten Nummer der Internationalen Revue den ersten Teil publiziert, in dem Mitchell die Grundlagen der marxistischen Analyse des Profits und der Kapitalakkumulation in der Kontinuität von Marx und Rosa Luxemburg untersucht. In diesem zweiten Teil wendet er sich der "Analyse der allgemeinen Krise des dekadenten Imperialismus" zu und erklärt mit einer bemerkenswerten Klarheit die Merkmale dieser allgemeinen Krise des Imperialismus. Diese Studie errichtete damals die theoretische Grundlage für das Verständnis der unausweichlichen Tendenz zum Krieg in der historischen Krise des Kapitalismus. Sie bleibt von brennendem Interesse, da sie einen theoretischen Rahmen gibt für das heutige Verständnis der Wirtschaftskrise.                                                      IKS

Die italienische kommunistische Linke; Einleitung

Bis heute ist die Italienische Linke (sinistra italiana) selbst in dem Land, wo sie entstanden war, und dort, wo sie sich weiter entwickelt hatte, unbekannt, wenn nicht gar verkannt geblieben. 
Sie war in Italien in den Jahren vor dem I. Weltkrieg um Amadeo Bordiga, ihrem bekanntesten Führer, entstanden und stand von 1921 bis 1925 an der Spitze der Italienischen Kommunistischen Partei (PCI). Damals spielte die Strömung um Gramsci nur eine untergeordnete, zweitrangige Rolle. Als rechtem Flügel gestaltete es sich ihm trotz der Unterstützung durch die Komintern als schwierig, die linke Führung, die von der Mehrheit der PCI-Mitglieder unterstützt wurde, beiseite zu drängen. Doch nach dem Kongress von Lyon 1926 wurde die alte „bordigistische“ Mehrheit langsam aus der Partei gedrängt. Kurz darauf wurde ihr prominentestes Mitglied, Bordiga, ins Gefängnis geworfen. Nach seiner Haftentlassung zog er sich aus allen militanten Aktivitäten zurück und widmete sich seinem Beruf als Ingenieur und Architekt. Erst 1944 brach er sein Schweigen wieder.
So setzten die italienischen Linkskommunisten ihre Aktivitäten ohne Bordiga und außerhalb Italiens fort, wo die „faschistischen“ Gesetze jede organisierte politische Aktivität unmöglich gemacht hatten. 1927 wurden sie linke Fraktion der PCI, 1935 schließlich Fraktion der Kommunistischen Linken. In der ganzen Zeit ihrer Existenz, von ihrer Gründung in Pantin 1927 bis zu ihrer Auflösung 1945, machte sie sich das Erbe der Partei, als Bordiga noch die Führung innegehabt hatte, zu eigen und entwickelte es weiter.

Kapitel 1: Die Ursprünge (1912 – 1926)

Alle Linken in den sozialdemokratischen Parteien entstammten der II. Internationale. Mit der reformistischen Strömung konfrontiert, die vor allem von Bernstein, Jaurès, Turati und Renner repräsentiert wurde, entstand die marxistische Strömung erst sehr spät. Zudem war sie mehr eine Tendenz linker Oppositioneller als eine wirklich international organisierte Fraktion innerhalb der Internationale. Zu Beginn des Jahrhunderts war die revolutionäre Strömung auf nationaler Ebene organisiert: zunächst 1903 in Russland und Bulgarien durch die Bolschewiki und „Tesniki", dann 1909 in den Niederlanden in Gestalt der neuen Partei Gorters und Pannekoeks. In der deutschen SPD, der viel beachteten und geachteten Führungspartei innerhalb der Internationale, waren die Linksradikalen um Rosa Luxemburg trotz der Gründung ihrer eigenen Partei in Polen, der SDKPIL, nicht als Fraktion organisiert. Obwohl die linken Strömungen schon lange die „opportunistische Gefahr" angeprangert hatten, begannen sie sich erst während des Weltkrieges international zu organisieren.

Kapitel 2: 1927 – 1933 Italienische Linke oder Deutsche Linke?

Die Italienische Linke verhielt sich in den 20er Jahren gegenüber der Existenz anderer Linkskommunisten innerhalb der Internationale nicht gleichgültig. Sie verstand sich als Bestandteil der Internationale; sie setzte sich mit den Thesen, die von der KAPD und ihren Theoretikern Gorter und Pannekoek vertreten wurden, auseinander und veröffentlichte die grundsätzlichen Texte der Strömung der Deutschen Linken in "Il Soviet". Selbstverständlich gab es auch eine gewisse Annäherung zwischen beiden Strömungen angesichts der Angriffe der Kommunistischen Internationale (KI) gegen den "Extremismus", den Lenin als "Kinderkrankheit" bezeichnet hatte. Sie stimmten vollauf überein in der Frage des "Abstentionismus" (Wahlverweigerung), in der Ablehnung der Einheitsfront mit der Sozialdemokratie (eine Taktik, die auf dem III. Kongress der KI verabschiedet worden war) und der Ablehnung einer Vereinigung mit den deutschen "Unabhängigen" und den italienischen "Maximalisten".

Kapitel 3: Die Geburt der Linken Fraktionen der KPI (1927 - 1933)

Die Spaltung im Juli 1927, bei der sich die Minderheit an den Positionen der Deutschen Linken orientierte, führte zum eigentlichen Entstehen der linken Fraktion der KPI. Sie hatte nun kein Organ mehr, um darin ihre Positionen zu entwickeln und existierte von nun an auch nicht mehr als offizielle Organisation. Aus der KPI ausgeschlossen, gingen ihre Mitglieder ins Exil nach Frankreich, Belgien, Luxemburg, in die Schweiz, selbst nach Russland und in die USA. Da sie nach den Ausnahmegesetzen, die 1926 von Mussolini eingeführt worden waren, nicht mehr in der Lage waren, in Italien aktiv zu sein, hatten sie sich bis in die entlegensten Länder zerstreut. Diese heikle Situation konnte den Willen der Fraktion jedoch nicht brechen. Da sie sich als Teil eines einheitlichen internationalen Körpers, der Internationalen der Arbeiter, fühlte, erlag sie der demoralisierenden Wirkung des Exils nicht. Im Gegenteil, sie holte neue Reichtümer aus dem politischen Leben jener Länder heraus, in denen sie sich wiederfand. Obwohl die Fraktion die Situation in Italien stets aufmerksam verfolgte, beteiligte sie sich selbstverständlich auch an den politischen Auseinandersetzungen, die sich zurzeit des Ausschlusses Trotzkis aus der Internationale und der Entstehung von Oppositionsgruppen in der Komintern zu entwickeln begannen. Die Linke nahm erhobenen Hauptes die Bedingungen der „Emigration" an; dies kam auch in einer Intervention Bordigas auf der VI. Erweiterten Exekutive der Komintern 1926 zum Ausdruck, als er die Italiener mit dem auserwählten Volk der Juden verglich:

„Auf eine gewisse Weise spielen wir eine internationale Rolle, weil das italienische Volk ein Volk von Emigranten ist, in der ökonomischen und gesellschaftlichen Bedeutung des Wortes und seit der Ankunft des Faschismus auch im politischen Sinne (...) es ist fast so wie mit den Hebräern: Wenn wir in Italien geschlagen sind, so können wir uns wenigstens mit dem Gedanken trösten, dass auch die Hebräer nicht in Palästina stark waren, sondern außerhalb Palästinas."

Kapitel 4: Weshalb BILAN? Abstecken einer Niederlage, Voraussetzung des Sieges - Das Gewicht der Konterrevolution

In der letzten Nummer des "Bulletin d'information de la fraction de gauche itali­enne" (Februar 1933) schrieb Vercesi: ".... der Sieg des Faschismus in Deutschland markiert den Bruch mit dem revo­lutionären Kurs, der 1917 eingeschlagen worden war und im Sieg des in­ternationalen Proletariates hätte enden kön­nen. Die­ser Sieg mar­kiert aber auch die Wende zum kapitalistischen Ausgang der aktuellen Situation: zum Krieg."

 

Im November 1933 erschien die erste Ausgabe des "theoretischen Organs der linken Fraktion der KPI" : "Bilan". Da es in der Italienischen Frakti­on keine Franzosen gab, war Gaston Davou­ste (Chazé) von der Union Com­muni­ste offizieller Her­aus­geber, der seinen Namen zur Verfügung stellte, um der Zeitung ein legales Erschei­nen zu ermögli­chen. “Bilan” wurde in Brüssel in französischer Sprache ge­druckt. Auf dem Titelblatt konnte man lesen: "Le­nin 1917 - Noske 1919 - Hitler 1933". Bis zu ih­rem Verschwinden im Februar 1938 wurden 46 Nummern der monatlich erschei­nenden Zeitschrift herausgege­ben. “Bilan” übernahm die Nachfolge des "Bulletin d'information", auf dessen Cover die Losung stand: "Die Zukunft gehört dem Kom­munismus!".

 

Kapitel 5: Der Krieg in Spanien – Kein Verrat

 

Die Periode von 1936 bis 1939 war gekennzeichnet durch die endgültige Durchsetzung der militärischen Vorbereitungen und durch die Ausweitung der Konflikte in Asien und Europa. Mehr noch als der chinesisch-japanische Konflikt sollte der Krieg in Spanien als Testgebiet für die neuesten Waffen dienen – Waffen, die im Weltkrieg zur Anwendung kommen sollten.

Im Gegensatz zum vorangegangenen Zeitraum sollte die Italienische Fraktion die Gefahr unterschätzen. Ein Teil der Organisation gelangte gar zur Überzeugung, dass die Ereignisse in Spanien den Beginn der Weltrevolution markierten. Entgegen diesem Standpunkt nahm die Mehrheit ihrerseits an, dass mit jedem lokalen Konflikt der weltweite Zusammenstoß zwischen Proletariat und Bourgeoisie näher rücken würde.

Kapitel 6: Hin zum Krieg oder zur Revolution? (1937 – 1939)

Im Februar 1938 erschien die erste Nummer von Octobre. Bis August 1939 wurden insgesamt fünf Ausgaben dieser Zeitschrift herausgegeben. Sie war das monatlich erscheinende Organ des Internationalen Büros der linkskommunistischen Fraktionen. Wie Bilan wurde sie in Brüssel gedruckt, wo sich auch die Redaktion befand. Verantwortlich für die Zeitschrift war Albert Boyer aus Paris, da in Folge der Ereignisse in Spanien Gaston Davoust (Chazé) nicht mehr die offizielle Verantwortung für die Organe der internationalen Linkskommunisten ausüben konnte.


Es war beabsichtigt, die internationale Zeitschrift Octobre in drei Sprachen herauszugeben, auf Französisch, Deutsch und Englisch. Die Linkskommunisten kündigten an, dass „bald die englische und deutsche Ausgabe veröffentlicht werde“, und appellierten eindringlich an „die deutschen Genossen“, sie sollten „mit Übersetzungen ins Deutsche dazu beitragen, ihre Schwierigkeiten zu überwinden“.


Das Verschwinden von Bilan und das Erscheinen von Octobre war Zeichen eines tiefgreifenden Orientierungswechsels innerhalb der italienischen und belgischen Fraktion. Das Titelblatt war mit einem Kreis versehen, der den Globus stilisierte und auf dem die Worte „révolution mondiale“ (Weltrevolution) standen. Der Titel Octobre zeigt klar und deutlich, dass die Linkskommunisten sich am Vorabend eines neuen „Roten Oktober“ wähnten.


Die Gründung eines internationalen Büros Ende 1937 war Ausdruck der Hoffnung, die Grundlage einer neuen Internationalen zu bilden. Das Beispiel von Zimmerwald, Ausgangspunkt für die Gründung der III. Internationalen, war in den Köpfen der Genossen noch lebendig. Der Verrat, den seit 1933 sämtliche kommunistischen und trotzkistischen Parteien begangen hatten (womit sie dem Beispiel der Sozialdemokraten von 1914 folgten), zeigte der Italienischen Linken, dass es allein an ihr lag, das Zentrum einer neuen Internationalen zu bilden. Die vergangene Arbeit, die „vor allem in der Kontaktaufnahme mit Einzelpersonen in verschiedenen Ländern bestand, welche eine kämpferische Position gegen den imperialistischen Krieg eingenommen hatten“, musste zu einer „anderen Arbeitsphase werden mit der Perspektive der Bildung von linken Fraktionen“ (Bilan, Nr. 43, „Für ein internationales Büro der linkskommunistischen Fraktionen“).


Die Schaffung eines internationalen Büros, das die beiden Fraktionen miteinander verband, bedeutete zweifellos eine Verstärkung der italienischen Linkskommunisten. Die Bildung eines internationalen Zentrums vor Ausbruch des Krieges (die Zimmerwalder Konferenz, der Grundstein für die III. Internationale, wurde erst während des I. Weltkrieges auf Initiative der Bolschewiki organisiert), trug zur Illusion bei, besser vorbereitet zu sein, als es damals die Bolschewiki waren. Bilan war demnach wegen der „Auflösung aller Gruppen, die am Ende ihre Entwicklung gelangt waren“, von der Bildfläche verschwunden. Das Internationale Büro vertrat die Auffassung, dass die Auflösung der verschiedenen Gruppen es ihm ermögliche, dem Proletariat den Verrat der alten Arbeiterparteien vor Augen zu führen, wodurch sich das Proletariat rechtzeitig von ihnen distanzieren könne, ohne einen neuen „4. August 1914“ zu erleben.


Aber war Bilan tatsächlich am Ende ihrer Entwicklung angelangt? Die Diskussionen zwischen den beiden Fraktionen über die Frage des Staates und der Gewerkschaften, die in den internen Bulletins „Il seme comunista“ und Octobre ausgetragen wurden, zeigten im Gegenteil, dass diese „Bilanz“ noch unvollendet war.

 

Kapitel 7: Bilanz der Russischen Revolution, Partei, Gewerkschaften, Klassenkampf, der Staat in der Übergangsperiode

In den 30er Jahren sahen sich sämtliche Revolutionäre veranlasst, über die theoretischen Lehren aus der Russischen Revolution zu diskutieren. Der Triumph des Stalinismus, der sich mit den westlichen „Demokratien“ verbündet hatte, seine Straflager (oder besser: KZs), von denen viele „Freunde“ der Sowjetunion nichts wissen wollten, in die aber nichtsdestotrotz zahllose Kämpfer der Arbeiterklasse gesteckt wurden, die Moskauer Prozesse – all dies zwang die Italienische Linke dazu, eine Bilanz der Oktoberrevolution zu ziehen. Sie musste erklären, wie eine proletarische Revolution binnen weniger Jahre zur Schrecken erregenden Karikatur des Sozialismus werden konnte. War der Sozialismus gescheitert? Oder war im Gegenteil diese schlimme Niederlage die Vorbedingung für den künftigen Sieg?

Kapitel 8: Die Herausforderung des Krieges: Von der Fraktion zur Partei

   Der Ausbruch des II. Weltkrieges im September 1939 überraschte die italienische und belgische Fraktion völlig unvorbereitet. Das Internationale Büro bestand praktisch nicht mehr, auch der Kontakt zwischen den verschiedenen Sektionen und Fraktionen war abgebrochen. Einige Wochen zuvor war die letzte Ausgabe von Octobre erschienen. Noch zu einem Zeitpunkt, als die halbamtlichen Kontakte zwischen Russland und Deutschland wiederhergestellt wurden und den bevorstehenden Kriegsausbruch auf dem europäischen Kontinent ankündigten, deuteten beide Fraktionen die fieberhaften Vorbereitung als bevorstehende Wiederaufführung von München. „Die Tatsache, dass der Weltkapitalismus im September 1938 zu einem Kompromiss gekommen ist, statt zu den Waffen zu schreiten, bestätigt möglicherweise die These, dass selbst in der gegenwärtigen angespannten Lage lediglich eine provisorische Lösung in Gestalt eines zweiten München gefunden werden kann.“ (1) Noch unzutreffender war der Einfall, dass es zu einer Solidarisierung unter den Imperialisten kommt, um den Krieg angesichts des gemeinsamen Feindes, der Arbeiterklasse, zu vermeiden. „Wenn man die Zeitungen liest und die Reden hört, hat man stets den Eindruck, kurz vor der Auslösung eines Waffenganges zu stehen (...) Wenn man die verschiedenen imperialistischen, bis an die Zähne bewaffneten Armeen sowie die Kriegswirtschaft, die nicht auf ewig ins Blaue produzieren kann, betrachtet und wenn man andererseits diese schauerliche imperialistische Solidarität feststellt, ist man vielleicht überrascht, sofern man sich nicht vor Augen hält, dass Demokratie und Faschismus einen gemeinsamen Feind haben – nämlich das Proletariat, das wieder auf den Weg zur Klasse zurückfindet.“

Kapitel 9: „IL PARTITO COMUNISTA INTERNAZIONALISTA“ ITALIENS (1943-45)

Trotz der von Mussolini ausgeübten Repression war die „bordigistische“ Strömung nicht verschwunden. Obgleich sich Bordiga nicht mehr an ihr beteiligte und sich vorsichtig zurückhielt, hielten viele „Basismitglieder“ an den Positionen des Kongresses von Livorno fest. Doch war es ihnen nicht möglich, organisierte, legale wie illegale Aktivitäten aufrechtzuerhalten. Vor allem in den Gefängnissen, in den insularen Arbeitslagern (galera) und in den Verbannungsorten (confini) hielt die „bordigistische“ Linke an ihrer Identität und ihren organisatorischen Bindungen fest. Selbst als die letzten, unverwüstlichen Genossen (wie Damen, Repossi und Fortichiari) 1934 aus der PCI ausgeschlossen worden waren, gaben die „bordigistischen“ Militanten den Kampf nicht auf – im Gegenteil.
In Onorato Damen fanden sie ihren entschlossensten und auch wirksamsten Sprecher und Organisator. 1893 in der Provinz Ascoli Piceno geboren, trat er um 1910 ohne Umwege dem linken Flügel der PSI bei. Während des Krieges trug er den Grad eines Unteroffiziers in der Armee, wurde aber 1917 wegen des „Aufrufs zur Fahnenflucht“ und wegen seiner Ablehnung des „imperialistischen Charakters des Krieges“ degradiert und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach seiner Freilassung war er zunächst in Bologna, dann in Imola und schließlich in Livorno Mitglied der „Abstentionistischen Fraktion“. 1921 wurde er Sekretär der Arbeitskammer in Pistoria und Direktor der kommunistischen Zeitung L’Avenire. Nachdem er im gleichen Jahr auf dem Heimweg von einer Wahlveranstaltung von Faschisten festgenommen worden war, musste er nach einem Proteststreik von Arbeitern wieder freigelassen werden. Einige Zeit später prallte er in Begleitung bewaffneter Kommunisten mit Squadristen zusammen, ein toter Faschist blieb auf der Strecke. Des Mordes angeklagt, musste er nach Paris flüchten, wo er drei Jahre lang Direktor der italienischen Ausgabe von L’Humanité war. Nach seiner Rückkehr nach Italien 1924 wurde er zum Abgeordneten von Florenz gewählt. In Opposition zu Gramsci und Togliatti gründete er 1925 mit Repossi, Fortichiari und später auch Perrone das „Comité d’Entente“, das eine linke Fraktion in der Partei bilden wollte. Im November 1926 wurde er nach Ustica verbannt. Im Dezember verurteilte ihn ein Sondergericht zu zwölf Jahren Zwangsarrest. 1933 führte er die Revolte der politischen Gefangenen in Civitavecchia an. Gegen Ende 1933 wieder freigelassen, lebte er unter staatlicher Überwachung in Mailand. 1935 und 1937 wurde er erneut verhaftet, schließlich auch zu Kriegsbeginn, und erst unter der Regierung Badoglio wieder freigelassen. (1)

Gedenken an den Genossen Mauro

Wir haben erfahren, dass der Genosse Mauro Stefanini, einer der ältesten und engagiertesten Genossen von Battaglia Comunista und selbst der Sohn eines alten Genossen der Italienischen Linken, nach langer Krankheit verstorben ist. Wir veröffentlichen nachfolgend einige Auszüge eines Solidaritätsbriefes, den die IKS sofort an das IBRP geschickt hat sowie Auszüge eines Dankesschreibens, das uns ein Genosse des IBRP im Namen seiner Organisation ausgerichtet hat.

Battaglia Comunista wendet sich von einem marxistischen Schlüsselkonzept ab: der Dekadenz der Produktionsweisen

In der letzten Ausgabe der Internationalen Revue 34 haben wir ausführlich und gestützt auf Passagen aus ihren Hauptschriften in Erinnerung gerufen, wie Marx und Engels die Begriffe des Aufstiegs und der Dekadenz einer Produktionsweise definierten. Wir sahen, dass der Begriff der Dekadenz sich im eigentlichen Zentrum des historischen Materialismus, in der Analyse der Aufeinanderfolge der verschiedenen Produktionsweisen, befindet. In einem weiteren Artikel werden wir aufzeigen, dass dieses Konzept auch an zentraler Stelle in den Programmen der 2. und 3. Internationalen sowie der marxistischen Linken stand, die aus Letzterer stammte und in denen die Gruppen der Kommunistischen Linken heute ihren Ursprung haben.

Der Arabisch/Jüdische Konflikt: Die Positionen der Internationalisten in den 30er Jahren: Bilan Nr. 30 und 31

Die folgenden zwei  Artikel sind 1936 in der Revue BILAN, dem Organ der Italienischen Linkskommunistischen Fraktion, Nr. 30 und 31 veröffentlicht worden. Es war bitter nötig, dass die Fraktion die marxistische Position gegenüber dem Arabisch/Jüdischen Konflikt entwickelte, da der Generalstreik gegen die jüdische Einwanderung zu einer Reihe von blutigen Pogromen eskaliert war. Auch wenn einige spezifische Aspekte der aktuellen Situation sich geändert haben, fällt auf, in welchem Ausmaß in diesen Artikeln viele Analysen bis auf die heutige Zeit noch Gültigkeit haben.

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