Während die jungen Generationen an vielen Orten der Welt ihre Wut gegenüber ihrer Lage zum Ausdruck bringen und zum Beispiel gegen die Massenarbeitslosigkeit in ihren Reihen, die schlecht bezahlten, prekären Beschäftigungsverhältnisse protestieren, hört und liest man immer mehr in den Netzwerken und den neuen Medien Losungen wie „Eine andere Welt ist möglich“, ohne dass der Kapitalismus überwunden werden muss. Eine „echte Demokratie“ sei möglich innerhalb dieses Systems (siehe dazu die Webseite von Attac). Weniger offen proklamierte Attac schon 2006, dass die „Überwindung der Arbeitslosigkeit und der prekären Bedingungen“ möglich sei (so stand es in den Flugblättern von Attac, die während des Kampfes gegen den CPE 2006 verteilt wurden). Jetzt prangert Attac vor allem „die Macht des Finanzkapitals und dessen unverantwortliches Verhalten, die Komplizenschaft der politischen Führer mit ihm“ an. Mit der Forderung „die Krise soll durch deren Hauptverantwortlichen bezahlt werden, insbesondere durch die Finanzwirtschaft und die Banken“ behauptet Attac gar, dass wir gegenwärtig „nicht in einer Krise stecken, sondern einem gewaltigen Betrugsmanöver unterliegen“. Damit scheint Attac die Existenz der unüberwindbaren Wirtschaftskrise des Kapitalismus zu leugnen, dieses Ausbeutungssystems, das der Menschheit nur noch mehr Armut und Barbarei anzubieten hat. Kurzum, Attac verbreitet die Illusion, dass es möglich sei, in einem „echten demokratischen‘ Kapitalismus ‚mit menschlichem Gesicht‘ zu leben, wenn die „Bürger“ der Welt sich friedlichen auf der ganzen Welt für die Losungen von Attac einsetzen. Heute ist die reformistische Ideologie von Attac in der Bewegung der „Empörten“ in Spanien stark verbreitet, genau wie damals schon 2006 in Frankreich. Sie zielt darauf ab, das Bewusstsein der jungen Generation über den Bankrott des Kapitalismus zu vernebeln, indem sie uns glauben machen will, dass es innerhalb dieses Systems „nicht notwendigerweise zu Arbeitslosigkeit und Präkarisierung kommen muss. Bei diesem Machtkampf gegen die Tyrannei der Märkte und der Banken kommt es vor allem auf die gesellschaftliche Mobilisierung und den politischen Willen an“ (Flugblatt von Attac). Natürlich können diese scheinradikalen Behauptungen nur auf Sympathie und Interesse bei vielen jungen Beschäftigten stoßen, die die „Welt verändern“ wollen und auf der Suche nach einer echten revolutionären Perspektive sind. Deshalb veröffentlichen wir nachfolgend einen Artikel, den wir schon im März 2006 veröffentlicht haben und dessen Aussagen aus unserer Sicht weiterhin gültig sind [1].
Wofür steht Attac
1999 wurde die « Association pour une taxation des transactions financières pour l’aide aux citoyens » (ATTAC) von einer Gruppe von Leuten gegründet, zu denen unter anderem Le Monde diplomatique, Alternative économique, FSA, der Bauernverband, Handwerker der Welt usw. Gehörten. Attac besteht mittlerweile in mehr als 50 Ländern und wurde schnell dadurch berühmt, dass es insbesondere große internationale Konferenzen zu einer Tribüne für die Verteidigung von benachteiligten Ländern machte, wie z.B. 1999 in Seattle, und indem es sich an zahlreichen Foren in vielen Ländern beteiligte (Porto Alegre, Genua, Paris usw.).
Attac will sich als “alternative” Kraft darstellen, die sich von traditionellen politischen Parteien abhebt, mit Kommissionen, in denen Wissenschaftler und Ökonomen mitarbeiten unter dem Slogan „Eine andere Welt ist möglich“. Auf dem Hintergrund einer durch die Wirtschaftskrise erschütterten Welt behauptet Attac mit größter Ernsthaftigkeit Lösungen zur „Änderung der Welt“ vorzuschlagen und diese „gerechter“ werden zu lassen. Attac zieht viele aufrichtige Leute an, die den Glauben an linke Parteien verloren haben. Der Zeitung „Libération“ zufolge verfügt Attac über „alles, um eine der politischen Kräfte zu sein, die die Welt nach dem kalten Krieg prägen“. Attac ist in den Medien groß herausgeputzt worden. Man kann sich kaum heute mit sozialen Fragen beschäftigten, ohne sofort auf das Gedankengut von Attac zu stoßen. In Frankreich ist Attac besonders hervorgetreten durch seine aktive Kampagne für ein „Nein“ zum Referendum über die europäische Verfassung und 2006 tauchte Attac immer wieder in den Vollversammlungen und den Kundgebungen der Bewegungen der Studenten gegen den CPE auf.
Schauen wir uns an, was Attac “gegen den Neoliberalismus” vorschlägt. Attac meint, dass wir gegenwärtig nicht in einer Krise des kapitalistischen Systems stecken, sondern in einer „konservativen Revolution“, die für die Arbeitslosigkeit und die Präkarisierung verantwortlich ist. In Spanien befürwortet Attac eine „direkte Demokratie“ außerhalb der beiden großen traditionellen Parteien PP und PSOE. Attac zufolge wären die „ultraliberalen politischen Orientierungen verantwortlich für die Verschlechterung der Sozialstandards“. Eigentlich geht es dem Kapitalismus Attac zufolge gut; man müsse nur seinen „Ultraliberalismus“ bekämpfen, der dazu neigt, die Sozialgesetzgebungen aufzulösen und die „Arbeitererrungenschaften“ aufzugeben, obwohl es „große Spielräume gibt, um neue Jobs zu schaffen“. Mit anderen Worten es gibt andere politische Optionen der Verwaltung des Kapitalismus, um diese Art Extremismus zu vermeiden und zu den glorreichen Tagen zurückzukehren, die vor 30 Jahren herrschten. Man müsse also nicht gegen den Kapitalismus ankämpfen, sondern gegen den Neoliberalismus mit dem Vorschlag von Sozialreformen zur „Verbesserung“ eines durchaus lebensfähigen Systems.
- die Schaffung von Jobs, um auf die individuellen und kollektiven Bedürfnisse der Bevölkerung zu reagieren,
- die Kürzung der Arbeitszeit, bezahlt durch die Umverteilung der Produktivitätsgewinne an die Beschäftigen;
- Einführung der Tobin-Steuer zur Schaffung von Millionen Jobs auf europäischer Ebene.
Was soll man von diesen Vorschlägen halten?
Zunächst könnte man sich fragen, warum die Kapitalisten nicht darauf gekommen wären, Arbeitsplätze zu schaffen, “um den Bedürfnissen der Bevölkerung” zu entsprechen. Aber Attac liefert selbst die Antwort: „Während es in der Gesellschaft große, unbefriedigte Bedürfnisse gibt und Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden können, um diese zu befriedigen (…) stellen die Privatbetriebe aufgrund der Art Arbeitsverträge keine Leute ein, sondern aufgrund der bei ihnen eingegangenen oder erwarteten Auftragseingänge.“ „Die Tyrannei der Märkte“ soll also Attac zufolge eingegrenzt werden mit einer „Haushaltspolitik, die eine radikale Abkehr darstellt von dem neoliberalen Rahmen, der durch das Europa der Banken auferlegt wird.“ Attac zufolge „kann die wachsende Nachfrage nach gemeinnützigen Leistungen ein gewaltiges Arbeitskräftereservoir darstellen“. Es ist erstaunlich, dass Attac für solche Vorschläge auf die Mitarbeit von „Intellektuellen“ und „Akademikern“ zurückgreifen musste, um festzustellen, dass die „neoliberale“ Politik dahin führt, dass die Hauptmotivation der Kapitalisten darin besteht Profite zu erzielen… aber das seitdem der Kapitalismus existiert war dies nicht anders. Der Kapitalismus hat seinen Arbeitskräften immer so wenig wie möglich bezahlt, das trifft auch im Allgemeinen auf die Löhne zu, die der Staat seinen Beschäftigten zahlt, sowie auch die Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie das Erziehungs- und Gesundheitswesen. Und während heute die Welt immer tiefer in der Krise versinkt, versucht jedes nationale Kapital Arbeitskräfte abzubauen und deren Löhne noch mehr zu senken, um der Konkurrenz auf dem Weltmarkt besser entgegentreten zu können. Indem man aufruft, gegen den „Neoliberalismus“ anzukämpfen, verschweigt Attac die Wirklichkeit der jetzigen Verhältnisse im Kapitalismus, die auf der Ausbeutung der Arbeitskraft und die Jagd nach Profiten fußt. Es handelt sich nämlich um eine Krise des Systems und nicht um eine „schlechte“ Verwaltung des Kapitalismus durch „Neoliberale“, wodurch der Schrecken der Lohnarbeit immer offensichtlicher wird.
Was die „Verkürzung der Arbeitszeit“ angeht, ist dies eine Politik der linken Parteien, die die Arbeiter an ihrem eigenen Leib erfahren haben. Die 35 Stundenwoche bedeutete vor allem eine Verschärfung der Ausbeutung, mit erhöhten flexiblen Arbeitszeiten, der Intensivierung des Arbeitsrhythmus und Lohnstops.
Was die Tobin-Steuer angeht, ist dies das Steckenpferd von Attac. Damit soll uns weisgemacht werden, dass es auf dieser Welt, in der die Herrschenden das Sagen haben, möglich wäre, in die Taschen der Reichen zu greifen, um den Armen zu geben…
Mit Hilfe dieser Verschleierungsreden will Attac uns glauben machen, dass es einen “guten” und “schlechten” Kapitalismus gebe; wobei der „gute“ Kapitalismus trotz seiner Ausbeutung der Arbeiterklasse „humaner“ sei und mehr darauf bestrebt, das Leben der Menschen und ihr Umfeld zu verbessern. Attac bringt nur eine Neuauflage des ganzen Geredes der Linken des Kapitals, die alles andere als die Gesellschaft ändern wollen, sondern die Arbeiterklasse nur zur Annahme von Maßnahmen zwingen wollen, welche den Kapitalismus und seinen Staat verstärken.
Attac verlangt eine „gerechtere“ Verteilung der Reichtümer unter der Führung des Staates wie die Linke es in den 1970er Jahren machte. „Die Arbeitslosigkeit ist eine Waffe in den Händen der Multis zur Verschlechterung der Lage der Arbeiter, um Profite zu erhöhen.“ Wenn der Staat in jedem Land drastisch die Sozialleistungen kürzt, geschieht dies aber nicht, wie uns die linken Parteien und Attac einbläuen wollen, weil er unter der Fuchtel der „Multis“ stünde, sondern weil die Überproduktionskrise es unmöglich macht, soziale Mindeststandards einzuhalten, um einen gewissen sozialen Frieden aufrechtzuerhalten.
In Wirklichkeit ist der Staat selbst die Speerspitze des Angriffs gegen die Lebensbedingungen, wenn es um Kürzung von Sozialleistungen, die Streichung von Arbeitsplätzen insbesondere in der Bildung und im Gesundheitswesen geht. Der Staat zeigt immer mehr, was er in Wirklichkeit ist: ein Instrument zur Aufrechterhaltung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse und der Verteidigung der Interessen der Ausbeuterklasse.
Indem Attac die Themen wieder aufgreift, die zuvor von den linken Parteien des Kapitals vorgekaut wurden, eilt es der herrschenden Klasse zur Hilfe. Während die Arbeiterklasse immer mehr bohrende Fragen über die Wirklichkeit der Weltlage stellt, ist es kein Zufall, dass Attac auf den Plan tritt, um den kämpfenden ArbeiternInnen, insbesondere der jungen Generation Antworten anzubieten. Diese ganze Palette von „Antworten“ auf die angeblichen Mängel des Systems dienen nur dazu, die einzige Perspektive zu verdunkeln, die dazu in der Lage ist die Barbarei und die Armut aus der Welt zu schaffen – die Überwindung des Kapitalismus.
Heute haben die Jugendlichen überall auf der Welt angefangen zu begreifen, dass Arbeitslosigkeit und generalisiertes Präkariat ein Ausdruck der Sackgasse des Kapitalismus sind, des „no future“, vor dem dieses System steht, welches Attac vor den ArbeiterInnen zu vertuschen versucht. Die einzige Revolution, die diese Armut, die Arbeitslosigkeit, die kriegerische Barbarei überwinden kann, ist die Weltrevolution der Arbeiterklasse, deren Ziel in der Überwindung des Kapitalismus besteht, um eine neue Gesellschaft ohne Klasse und ohne Ausbeutung aufzubauen.
Sandrine
1. siehe unseren Artikel zu Stéphane Hessel.
Die Arbeiterklasse ist gegenüber der Repression und den Drohgebärden des bürgerlichen Staates nicht hilflos. Anstatt an die Demokratie zu appellieren, muss sie sich darauf besinnen, was ihre eigentliche Stärke ist. Vor 30 Jahren, am 13. Dezember 1981, wurde die Arbeiterklasse in Polen zur Zielscheibe einer blutigen Repression. Tausende von Arbeiter wurden verhaftet und sollten eingeschüchtert werden. Ein Jahr zuvor noch, als die Arbeiter im Sommer 1980 durch große Massenstreiks ihre Kräfte bündelten und die Initiative in der Hand hielten, schreckte die herrschende Klasse in Polen, die 1956, 1970 und 1976 ihre Entschlossenheit zum gewalttätigen Vorgehen gegen die Arbeiter unter Beweis gestellt hatten, vor einem gewaltsamen Vorgehen gegen die Arbeiter zurück. Die herrschende Klasse in Polen hatte nämlich die vereinte Kraft der Arbeiter gespürt. Zudem hatten die Eisenbahner in dem strategisch wichtigen polnischen Eisenbahnknotenpunkt Lublin der Regierung nach der Drohung derselben, man werde gegen die Arbeiter in Danzig Truppen schicken, angekündigt, die Eisenbahner würden die Eisenbahnverbindung zwischen dem damaligen Blockführer Sowjetunion und der DDR lahmlegen, wodurch die Verbindung zwischen den russischen Truppen in der DDR und Russland gekappt würde. Die herrschende Klasse in Polen und der Sowjetunion hatte die Gefahr verstanden. Ein gewaltsames Vorgehen gegen die Arbeiter war nicht möglich, solange die Arbeiterklasse mobilisiert und zu solidarischem Handeln fähig war. Erst nachdem die Arbeiterklasse sich durch die neu gegründete Gewerkschaft Solidarnosc hatte entwaffnen lassen, konnten die Herrschenden in Polen gegen die Arbeiterklasse gewaltsam vorgehen und ihr eine Niederlage beizufügen. Die Waffe gegen die Repression ist und bleibt die Mobilisierung der ArbeiterInnen! Illusionen in die Demokratie dagegen tragen zur Entwaffnung der ArbeiterInnen bei.
Das Wort “Revolution” macht wieder die Runde, und der “Kapitalismus” wird an vielen Orten wieder als die Quelle der Verarmung, Kriege und Umweltzerstörung angesehen.
Das sind alles positive Entwicklungen. Aber wie die ausgebeutete und unterdrückte Mehrheit in Ägypten schmerzvoll anerkennen muss, eine Gallionsfigur oder eine Regierung davonzujagen ist noch keine Revolution. Das Militärregime, das Mubarak ablöste, schmeißt weiter Leute ins Gefängnis, foltert und tötet diejenigen, die ihre Unzufriedenheit mit der neuen Lage zum Ausdruck bringen.
Selbst der populäre Slogan der Occupy-Bewegung „Wir sind die 99%“ trifft auch noch nicht zu. Trotz weitverbreiteter großer öffentlicher Sympathie haben die Occupy-Proteste noch nicht die aktive Unterstützung des Großteils der 99% der Bevölkerung gewonnen. Millionen haben Angst vor der unsicheren Zukunft, die der Kapitalismus uns bietet, aber diese Angst und Unsicherheit hat auch ein verständliches Zögern geschaffen, die Risiken auf sich zu nehmen, die entstehen, wenn man streikt, protestiert, besetzt und demonstriert.
Bislang ist nur ein Bruchteil des großen Potenzials einer wirklichen Massenbewegung gegen den Kapitalismus zutage getreten, und es wäre töricht und gefährlich, den Anfang schon als das Ende betrachten. Aber diejenigen, die schon in den Kampf getreten sind, können auch durch ihre eigenen Illusionen gebremst werden, welche wiederum durch die Propaganda des Systems noch einmal verstärkt werden.
Illusionen wie:
Hinter dem Kapitalismus steckt mehr als nur Banken oder ein “deregulierter“ Markt. Der Kapitalismus stellt vor allem ein Verhältnis auf der Grundlage der Lohnarbeit, der Produktion von Waren für den Profit dar, und er hat seit jeher seine Gesetze weltweit auf der ganzen Welt durchsetzen müssen. Die Wirtschaftskrise des Kapitalismus ist zu einer Fessel und zu einem Hindernis für jeglichen zukünftigen Fortschritt geworden.
Eine Regulierung der Banken, die Einführung einer “Robin Hood-Steuer” (Transaktionssteuer) oder verstärkte staatliche Kontrollen ändern nichts an den wesentlichen kapitalistischen Beziehungen zwischen den Ausgebeuteten und ihren Ausbeutern. Solch eine Forderung soll uns für falsche Ziele mobilisieren. Der Ruf der Gewerkschaften nach „mehr Wachstum“ hilft auch nicht. Im Kapitalismus kann dies nur eine Verschärfung der Ausbeutung und der Umweltzerstörung mit sich bringen, und heute kann dies nur geschehen durch die Anhäufung von weiteren Schulden, obwohl die Schuldenspirale schon zu einem Hauptfaktor der Zuspitzung der Wirtschaftskrise geworden ist.
Ebenso wie die Banker lediglich Handlanger des Kapitals sind, sind die Politiker – von Rechts bis Links – Werkzeuge des kapitalistischen Staats, deren einzige Rolle darin besteht, für die Aufrechterhaltung des Systems zu sorgen. Die Tories um Cameron machen da weiter, wo Labour stehen geblieben war, und trotz all der Hoffnungen, die viele in ihn gesetzt hatten, setzt Obama die gleiche Politik wie die von Bush fort – imperialistische Kriege und Angriffe gegen unsere Lebensbedingungen.
Wenn der Staat unser Feind ist, dann tragen Rufe nach seiner Reform nur zu unserer Schwächung bei. In Spanien hat die Bewegung „Echte Demokratie jetzt“ versucht, die Leute für einen Kampf um ein stärkeres parlamentarisches Leben, mehr Kontrolle über die Aufstellung von Parlamentsabgeordneten usw. einzuspannen. Aber ein radikalerer Flügel hat sich gegen diese Ausrichtung gestellt. Sie hoben hervor, dass die Vollversammlungen, welche überall zur Organisationsform für die Proteste geworden waren, selbst zum Kern einer neuen Art der Organisierung des gesellschaftlichen Lebens werden können.
Wie kann der Kampf voranschreiten? Indem wir einige grundlegende Punkte berücksichtigen und umsetzen:
-Dass der Kampf gegen den Kapitalismus ein Kampf zwischen den Klassen ist. Auf der einen Seite kämpft die herrschende Klasse mit dem Staat an ihrer Seite, auf der anderen Seite steht die arbeitende Klasse, die nichts als ihre Arbeitskraft zu verkaufen hat, und all die anderen Ausgebeuteten und Unterdrückten.
-Der Kampf muss somit übergreifen auf die Teile der Arbeiterklasse, wo diese am stärksten und ihre Kraft am deutlichen gebündelt ist: die Betriebe, Krankenhäuser, Schulden, Universitäten, Büros, Häfen, Baustellen, Post, öffentlicher Verkehr usw. An Beispielen mangelt es nicht: die Streikwelle in Ägypten Anfang 2011, als der „Tahrir-Platz zu den Fabriken kam“ und das Militär gezwungen wurde, Mubarak fallen zu lassen. In Oakland, Kalifornien, wo die „Occupier“ zu einem Generalstreik nach der blutigen Polizeirepression aufriefen und zu den Häfen zogen und aktive Unterstützung von den Hafenarbeitern und LKW-Fahrern erhielten.
-Um den Kampf auszuweiten, brauchen wir neue Organisationen: die Praxis von Vollversammlungen mit gewählten und ernannten Delegierten, breitet sich immer mehr aus, weil die alten Organisationen Schiffbruch erlitten haben. Nicht nur die parlamentarischen Vertretungen haben sich als stumpf herausgestellt, sondern auch die Gewerkschaften; sie dienen nur dazu die ArbeiterInnen zu spalten und sicherzustellen, dass der Klassenkampf niemals die Gesetze des Kapitalismus überschreitet. Um diese Spaltungen zu überwinden und die Arbeiterkämpfe unter der Kontrolle der ArbeiterInnen zu halten, brauchen wir Versammlungen und gewählte Komitees sowohl in den Betrieben als auch auf der Straße.
-Um den Kapitalismus zu überwinden, ist eine Revolution erforderlich. Die herrschende Klasse hält ihre Herrschaft nicht nur durch Lügen aufrecht, sondern auch durch Repression. Der Klassenkampf kann nicht „gewaltlos“ sein. Gerade weil die herrschende Klasse uns in verfrühte und sinnlose gewaltsame Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften locken möchte, müssen wir aber in Wirklichkeit erst ein Kräfteverhältnis aufbauen müssen, um uns gegen den staatlichen Terror wirkungsvoll mit unserer Klassengewalt zu wehren.
Die einzige Alternative gegenüber dem Kapitalismus ist der Kommunismus. Nicht staatlich kontrollierte Ausbeutung wie unter dem Stalinismus, und auch keine Rückkehr zu isolierten Gemeinschaften mit Güteraustausch, sondern eine weltweite Assoziierung der Produzenten – kein Lohnsystem, kein Geld, keine Grenzen, kein Staat. IKS, 5.11.2011
Der Artikel wurde schon vollständig auf unserer Webseite in Weltrevolution 168 veröffentlicht. Wir drucken hier den 2. Teil ab.
https://de.internationalism.org/Weltrevolution168_2011_deutschlandfukushima [13]
Diskussionsbeitrag eines Sympathisanten aus England zur Frühzeit der Menschheit:
"Die Höhle der vergessenen Träume" des gefeierten Regisseurs Werner Herzog ist gerade in Großbritannien angelaufen (und seit Anfang November auch in deutschen Kinos zu sehen). Herzog hat für seinen neusten Film Zugang zu der Höhle von Chauvet im Ardèche-Tal in Südfrankreich bekommen. Diese ist – neben der Höhle von Lascaux – die bisher dramatischste Entdeckung von (Wand-)Kunst in einer Altsteinzeit Höhle. Der Zugang während der Dreharbeiten war in Raum und Zeit beschränkt [der Zugang ist überhaupt für die Öffentlichkeit unmöglich und selbst Wissenschaftler durchlaufen ein aufwändiges Genehmigungsverfahren und enge zeitliche und räumliche Beschränkungen zum Schutz der über Jahrtausende quasi konservierten Malereien – Anmerkung des Übesetzers]. Der Regisseur und drei bis vier Mitglieder der Filmcrew mussten mit spezieller batteriebetriebener Beleuchtung arbeiten. Doch das Ergebnis ist sehenswert!
Herzog hatte sich bisher von Filmarbeiten in 3D-Technik fern gehalten, doch hier erzielt der Einsatz von 3D eine bemerkenswerte Wirkung. Es braucht nicht viel, um die Radierungen und Gemälde hervorzuheben, doch lässt 3D das Innenleben und die Topographie geradezu in neuem Licht erstrahlen.
Durch einen glücklichen Zufall wurde der Höhleneingang vor vielen Monden durch einen großen Felssturz versiegelt, dies schuf annähernd perfekte Bedingungen, um die Gemälde zu bewahren.
Herzog und andere sprechen über einige der Radierungen, die aussehen: „als ob sie gestern gemalt worden wären“. Diese Kunst ist ca. 32.000 Jahre alt und die Arbeit zog sich über eine Periode von 5.000 Jahren hin. Während ihrer Entdeckung 1994 waren diese Daten noch umstritten, hauptsächlich – denke ich – da sie nicht mit den Theorien der „alte Garde“ (einschließlich einiger junger Vertreter) übereinstimmten. Diese konnten nicht begreifen, dass solch ausdrucksstarke und detailreiche Kunst schon so alt sei (sie hätten es bereits aus der Zeit des Schwäbischen Jura wissen können – dazu später). Heute ist die Datierung unbestritten, doch die Arbeit der Ausgrabungen, der Entdeckungen und Interpretationen hält an. Hierzu ist dieser Film ein wichtiger Beitrag.
In der Höhle von Chauvet lebten keine Menschen, zumindest gibt es dafür bisher keine Hinweise. Die nachgewiesenen Feuerstellen dienten (nach den derzeitigen Hinweisen) wohl zur Beleuchtung und nicht zur Zubereitung von Speisen. Die Fackel-Pfoten an den Höhlenwänden sind mit Holzkohle hergestellt. In der Höhle lebten sowohl vor als auch nach den Arbeiten an den Malereien Bären. Wie der Film zeigt, gibt es Hinweise darauf, dass Bärenschädel bewusst platziert wurden. Ähnlich wie die Bärenknochen, die in Spalten und Boden der Höhlenwände angeordnet wurden, deutet dies auf religiöse Praktiken hin, die wohl dem Beschwören des Zutritts in „andere Welten“ dienten. Auch der Aufenthalt eines Kindes konnte in der Höhle nachgewiesen werden. Weiterhin charakteristisch für die Kommunikation mit der »geistigen Welt« durch die Höhlenwand, sind die vielen Handflächenabdrücke, die wohl das Werk einer einzelnen Person waren. All dies unterstreicht die These von einer Gemeinschaft des Glaubens.
Als die Höhle geöffnet wurde, traf man, im Halblicht der Bärengrube auf eine Wand, die für Malereien geradezu perfekt war. Und doch beginnen die Malereien und Radierungen erst dahinter, in den Kammern und Galerien der totalen Dunkelheit. Der Film zeigt Tupfer und „Zeichen“, die an Insekten und Vögel erinnern. Auffällig ist, dass mit der Ausnahme einer Zauberin, eines weiblichen Schamdreiecks und einer weiblichen Silhouette zusammen mit einem Bärenwesen, keine menschlichen Figuren dargestellt wurden.
Wie die meisten populären Untersuchungen behandelt auch dieser Film nicht die geometrischen Zeichen, die in der Höhlenkunst über eine Periode von 20.000 Jahren allgegenwärtig waren: Zirkel, Kreise, Striche, unterbrochene Linien, Tupfer usw. In einigen Teilen der Höhle von Chauvet sind diese Zeichen – und nicht die Darstellung von Tieren - das charakteristische Merkmal. Viele Tiere sind mit »Zeichen« versehen und bei einigen scheint Blut aus den Augen oder Nasen zu strömen. Dies ist wiederum charakteristisch für wenn auch sehr frühe schamanistische Rituale. Die »Zeichen« werden in »Themen« fortgeführt und diese ergeben zusammen den Sog einer Geschichte. Diese „Zeichen“ stellen für mich vor über 30.000 Jahren die bisher engste Annäherung an eine geschriebene Sprache dar. Dort, wo die Zeichnungen und Radierungen konzentriert sind, haben vermutlich die Zeremonien, Rituale und religiösen Praktiken stattgefunden.
Es gibt einige Beispiele von Tieren, die nicht üblich in der Höhlenkunst des Jungpaläolithikum sind: zwei Jaguare, eine langohrige Eule, ein Moschusochse und – das einzig mir bekannte Beispiel für einen Affen- oder Menschenaffen der gesamten Periode bisher – ein Pavian, in der Grube eines Rhinozerus‘. Der Film kommentiert diese Sensation leider nicht. Ebenso werden Tiere gezeigt, die aus Furchen und Spalten der Höhle erwachsen, diese Furchen und Spalten sind selbst Teil der Darstellung, doch ohne Hintergrundwissen, bekommen wir keine Gelegenheit dies zu verstehen. Tiere tauchen aus Senken oder Spalten in Wänden auf, die selbst Teil eines Themas sind, und während wir die Details nicht kennen können, liefern sie dennoch einen Rahmen zum Begreifen des Ganzen. Meist sind ungejagte und gefährliche Arten dargestellt, hier geht es also nicht um die Ernährung von Menschen - dies ist das Bedeutende von Chauvet.
Die frühe Datierung dieser Kunst stellte die Vorstellung der »alten Garde«: von der allmählichen Entwicklung der Höhlenmalerei von der einfachen zur immer komplexeren in Frage. Dies war der Hintergrund der Einwände der „alten Garde“. Chauvet enthüllt die Komplexität auf einen oder in mehreren Schlägen. Es ist weder die „Magie der Jagd“, also die „Fixierung“ auf das Töten, noch „Kunst um der Kunst willen“. Als Beleg: 81% der dargestellten Tiere sind ungejagte und man ging in die dunkelsten Teile der Höhle, um zu malen.
Der Film - und Herzog –stellen eine interessante Verbindung mit der Kunst der Schwäbischen Hochebene im heutigen Baden-Württemberg (Deutschland) her. Hier gibt es viele prähistorische Höhlen und felsige Unterstände. Diese Hochebene ist ca. 400 Meilen von Chauvet entfernt und liegt seit der letzten Eiszeit im gleichen Tal. Auf dieser Hochebene produzierten vor ca. 40.000 Jahren Angehörige der Homo Sapiens Skulpturen, die wohl herumgetragen wurde. In vielen Fällen stellten diese tragbaren Figuren gefährliche Tiere dar, die in einer Haltung von Aggression, Stärke oder Kraft „gefangen“ waren. Daneben gibt es sowohl anthropomorphe (menschengestaltige) Figuren als auch überdeutliche Venusfiguren großer und fruchtbarer Frauen, mit eingravierter oder gemalter Vulva. Doch nicht die drei-dimensionale (schwäbische) Kunst hat die zwei-dimensionale Kunst (Chauvet) übernommen, sondern die zwei-dimensionale war schon drei-dimensional. Die im Film hergestellte Verbindung ist sehr interessant.
Die Neandertaler waren während der gesamten Zeitspanne in unmittelbarer Nähe, aber es gibt keinen Beweis dafür, dass sie selbst Kunst produziert hätten. Ich bin vorsichtig gegenüber jeder Vorstellung von einer „Wiege der Kunst“ an diesem Ort, dies wird lang vorher in Afrika der Fall gewesen sein. Aber es gibt keinen Zweifel, dass die Höhlenkunst von Chauvet Teil einer "kreativen Explosion" mit starken spirituellen Untertönen darstellt. Jean Clottes (der im Film kurz auftritt) leitete das Spezialistenteam, welches die Höhle untersuchte. In seinem Buch [1] sagt er, dass die entdeckte Höhle von schamanistischen Praktiken und Glauben erfüllt ist. Dies ist nicht der Beginn von Kunst überhaupt, doch die Höhle – und dies unterstreicht der Film – ist repräsentativ für eine tiefe [und bedeutende] psychische und soziale Veränderung, den die Menschheit durchgemacht hat.
Baboon 15/4/11
[1] Return To Chauvet Cave, Thames and Hudson – sehr empfehlenswert [noch nicht auf deutsch verfügbar]
Wenn Griechenland zahlungsunfähig würde, hätte dies enorme Konsequenzen weit über die nationalen Grenzen hinaus. Tatsächlich sind Griechenland schon Milliarden an Schulden erlassen worden. Es wurde abgemacht, dass die Gläubiger Griechenlands 50% ihrer Forderungen streichen, so dass mit einem Schlag 106 Milliarden Euro wegradiert waren. Dies wurde als „Haarschnitt“ verkauft. Der Kapitalismus hat keine Lösung für seine historische Krise, die einzige Antwort ist weiteres Sparen. Keine der von den verschiedenen Fraktionen der Bourgeoisie vorgeschlagenen Alternativmaßnahmen bietet eine Perspektive der Erholung der Wirtschaft an. Dies betrifft ebenso das Drucken von Geldnoten und den Rückgriff auf mehr Schulden und Lockerung bei der Geldmenge wie die brutalen und wiederholten Kürzungen bei den staatlichen Ausgaben ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für ein künftiges Wachstum.
Die einzige Aussicht ist Sparen
Im Mai 2010, nach der ersten großen Rettungsaktion über 110 Milliarden Euro musste Griechenland 10% der Löhne im öffentlichen Dienst streichen und eine ganze Reihe anderer Sparmaßnahmen umsetzen. Das war nur die Spitze eines schon bestehenden Sparplans. Dieser „Rettungsplan“ vom Mai 2010 stellte sich bald als unwirksam heraus, und ein zweites Paket wurde im Juli 2011 geschnürt, das wiederum zu weitreichenden Kürzungen führte.
Wie schon vorausgesagt worden war, hatte auch die neue Aktion keine positive Wirkung auf die Wirtschaft. So gab es im Oktober eine neue Verhandlungsrunde. Die Banken mochten ihren „Haarschnitt“ verpasst kriegen, aber weitere 30'000 Staatsangestellte verlieren ihre Arbeit und noch schärfere Kürzungen von Löhnen und Renten stehen an. Die europäischen Führer sagten, es gebe kein Geld mehr, wenn Griechenland sich nicht gegenüber dem Euro verpflichte. Es gibt keine wirkliche Alternative, weder für Griechenland noch für Europa, da alle eingeschlagenen Wege die Wirtschaftskrise eher verschärfen als lindern. Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia kritisierte Papandreous PASOK-Regierung in scharfem Ton, aber in der Sache selbst krittelt sie an Details herum. Schließlich unterstützte sie auch das letzte Sparprogramm. Schon vor der Machtübernahme durch die PASOK im Mai 2009 hatte die damalige ND-Regierung mit den Angriffen auf die Lebensbedingungen der Bevölkerung angefangen, welche die Regierung von Papandreou dann nur verstärkte.
Genau während der Regierungszeit der Nea Dimokratia im Dezember 2008 und Anfang 2009 brach eine Welle militanten Protests wegen der Erschießung eines 15-jährigen Studenten durch die Polizei aus. In den Besetzungen und Versammlungen, die während dieser Bewegung stattfanden, kam das Kampfpotential klar zum Ausdruck.
Die Massenhaftigkeit und die Kampfbereitschaft in den vielen Generalstreiks 2010 zeigten, dass sich die Arbeiterklasse in Griechenland angesichts der frontalen Angriffe auf ihre Lebensbedingungen nicht einfach duckte. Doch der Grad der gewerkschaftlichen Kontrolle hielt die Auswirkungen dieser Arbeiterkämpfe in engen Grenzen.
2011 war in Griechenland neben den Streiks, zu denen die Gewerkschaften als Reaktion auf eine wirkliche Wut in der ganzen Arbeiterklasse aufgerufen hatten, auch ein Echo der „Indignado“-Bewegung aus Spanien zu hören mit Vollversammlungen in vielen Städten. Unter anderem sprachen sie über die Perspektiven für die Entwicklung des Kampfes.
Und als neue Regierungsmaßnahmen angekündigt, vorgeschlagen oder gerüchtehalber bekannt wurden, gab es weitere Streiks und Proteste. An diesen beteiligten sich bestimmte Gruppen von ArbeiterInnen oder - wie beim Beispiel des Generalstreiks vom 5. Oktober - gar der ganze öffentliche Dienst. Der 48-stündige Generalstreik vom 19./20. Oktober war der breiteste Protest seit Jahrzehnten. Es gab mehr Besetzungen und Initiativen, die über die von den Gewerkschaftsführungen vorgeschlagenen Aktionen hinausgingen; und die ganze Breite des Protests und das ganze Spektrum von denen, die an den Demonstrationen teilnahmen, wurde wahrgenommen - z.B. von der zynischen ausländischen Presse. Büros, Regierungsgebäude, Schulen und Gerichte wurden geschlossen. Spitäler nahmen nur noch NotfallpatientInnen auf. Der öffentliche Verkehr stand still.
Während einer der größeren Demonstrationen vor dem griechischen Parlament taten sich die stalinistische KKE mit ihrer Gewerkschaft PAME dadurch hervor, dass sie das Parlament verteidigten. Dabei ging es keineswegs bloß um die Hütung einer Zeremonie, sondern um brutale Schläge und Einschüchterung der Widerständigen. Sie gaben sich nicht damit zufrieden, diejenigen anzugreifen, die zur Demonstration gekommen waren, sondern überstellten einige von ihnen der Polizei. Dieses Vorgehen führte unweigerlich zu Zusammenstößen mit denjenigen, die zum Parlament gelangen wollten. Das war kein isolierter Ausbruch von Gewalt, den die Stalinisten griffen die DemonstrantInnen auch an zahlreichen anderen Orten an.
Jedes Jahr am 28. Oktober finden in Griechenland Paraden zum Gedenken an den Tag im Jahre 1940 statt, an dem der griechische Diktator Metaxas ein Ultimatum Mussolinis ablehnte. Dieser Schritt führte seinerzeit zu einer italienischen Invasion und dem Eintritt Griechenlands in den Zweiten Weltkrieg. Normalerweise ist diese Orgie griechischen Nationalismus’ gekennzeichnet von einer Flutwelle griechischer Fahnen und den üblichen Reden, doch dieses Jahr gab es Widerstand gegen das Sparregime. In ganz Griechenland flogen Steine, wurden Paraden blockiert, Parlamentarier der großen Parteien belästigt und an verschiedenen Orten Paraden schlicht abgesagt.
In Thessaloniki, der zweitgrößten Stadt Griechenlands, wurde der Präsident von 30'000 DemonstrantInnen empfangen. Der Polizei gelang es nicht, die Demonstrierenden zu vertreiben, die Parade wurde abgesagt und das Podium von den Protestierenden übernommen. Diese Widerstandsaktionen wurden nicht von den Gewerkschaften organisiert, sondern scheinen zu einem wesentlichen Teil spontan entstanden zu sein. Der Präsident sagte, die Wahl sei die zwischen der Teilnahme am Widerstand oder den Wahlen. Papandreou geißelte die „Beleidigung“ griechischer „nationaler Kämpfe und Institutionen“, und der Führer von Nea Dimokratia beklagte sich darüber, dass die Proteste „unseren Nationalfeiertag verdorben“ hätten.
Auch wenn es zutrifft, dass die Störung der Feierlichkeiten zum 28. Oktober einigermaßen unerhört (d.h. noch nie zu Ohren gekommen, also bisher noch nie geschehen) ist, so waren die Proteste doch nicht völlig frei von Nationalismus. So gab es insbesondere gewisse anti-deutsche Gefühle, die teilweise in der Rolle Deutschlands innerhalb der EU begründet sind. Ein Transparent in Kreta trug die Aufschrift: „Nein zum Vierten Reich“. Papandreou wurde in einer Weise als „Verräter“ hingestellt, die nur als nationalistisch motiviert ausgelegt werden konnte. Doch insgesamt betrachtet sind diese neusten Proteste eine weitere Bestätigung dafür, dass die Arbeiterklasse keinesfalls gewillt ist, vor ihren Herren zu buckeln.
Die Bourgeoisie hat für ihre wirtschaftlichen Probleme keine Lösung. Dazu kommt, dass sie mit einer schwierigen sozialen Lage konfrontiert ist, in der ArbeiterInnen an gewissen Orten Widerstand leisten gegen die Versuche, sie für die kapitalistische Krise zahlen zu lassen. Brutale Angriffe führen nicht notwendigerweise sofort zu Arbeiterkämpfen. Siehe dazu das Beispiel Irlands, wo die Antworten auf die Einschnitte beim Lebensstandard bis jetzt sehr verhalten waren.
Doch die Bourgeoisie muss früher oder später mit einer Antwort auf ihre Maßnahmen rechnen, denn sie hat sonst nichts mehr zu bieten. In Spanien beispielsweise hat die (noch) regierende Sozialistische Partei bereits die Steuern erhöht, die Löhne gekürzt und die Ausgaben drastisch eingeschränkt. Für den Fall, dass die PSOE die Wahlen vom kommenden 20. November verliert, hat die neue Regierung bereits angekündigt, mit den Budgetkürzungen fortzufahren. Das wird den wirtschaftlichen Aufschwung nicht fördern, sondern einen weiteren Beitrag zur weltweiten Rezession leisten. Dies wiederum dürfte, wie kürzlich ein Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation feststellte, zu weit reichenden sozialen Unruhen führen.
Papandreous Manöver mit dem Referendum war auch ein Beweis dafür, dass die herrschende Klasse Griechenlands die Arbeiter nicht einfach zwingen kann, das Sparprogramm zu schlucken, so sehr die Führer von EU und IWF dies auch verlangen. Doch diese gleichen Führer werden auch in „ihren eigenen“ Ländern Arbeiter vorfinden, die in naher Zukunft in gleich grober und unerhörter Weise Widerstand leisten.
Car 5.11.11
Diese Stellungnahme begrüßt einem auf der Occupy London Website occuplsx.org. Richtig, es gab und gibt Besetzungen an vielen Orten auf der Welt mit Aktionen, die schnell vom Startpunkt an der Wall Street auf über hundert Städte in den USA und auch nach Europa übergesprungen sind. Die allgemeine Aktionsform war die Besetzung von öffentlichem Raum, mit anschließenden Diskussionen, Protesten und gemeinsamen Aktionen.
Leute beteiligen sich in dieser Bewegung und den Besetzungen, weil sie eine tiefe Sorge über die Weltlage haben, über Ökonomie und Politik wird dabei diskutiert. Ein Genosse unserer Sektion in Großbritannien schildert seine Eindrücke: „Ich war am Finsbury Square und sprach mit zwei jungen Frauen, eine arbeitslos, die andere hat einen Job. Die eine beschrieb den Grund ihrer Präsenz mit einem Gefühl des Unglücklichseins darüber, wie heute die Dinge laufen.“ Die Besetzungen eröffnen etwas, das in Großbritannien nicht Alltag ist – einen öffentlicher Raum, zu dem Leute einfach kommen und in Vollversammlungen diskutieren können, um gemeinsam die Probleme dieser Welt zu verstehen. Die Leute in den Besetzungen kommen aus verschiedenen Teilen des Landes, und auch aus dem Ausland. Einige gehen ihrer Lohnarbeit nach und sind fester Teil der Proteste. Es gab Versuche, Delegierte an andere Orte auszusenden wie den gegenwärtigen Protest der Elektriker. All das in einer Zeit, in der es trotz der großen Angst und Empörung über die niederprasselnden Sparmaßnahmen in ganz Großbritannien nur spärlich Ansätze eines Widerstandes der Arbeiterklasse gibt.
Die Ereignisse vor kurzem in Spanien und Griechenland haben gezeigt, dass die Vollversammlungen das Lebenszentrum der Selbstorganisierung der Arbeiter- und Arbeiterinnen sind. Sie sind der Ort, an dem politische Konfrontationen, Klärungen und Reflexionen stattfinden können. Klarstes Beispiel waren die intensiven Diskussionen in Spanien zwischen Menschen, die für eine „echte Demokratie“, also für eine demokratischere Regierung waren, und anderen, die mehr eine proletarische Perspektive im Auge haben: „Es gab sehr bewegende Momente, wo Leute sehr aufgewühlt waren und von Revolution sprachen und das System radikal kritisierten - man muss das Problem bei den Wurzeln packen - wie Einer sagte.“[1]
Die Diskussionen rund um die Occupy-London-Proteste drehen sich meist um zwei Hauptfragen: wie die parlamentarische Demokratie „verbessern“, um sie „für das Volk“ zurückzugewinnen, gegen die Reichen, die Banker, die Elite; und zweitens: wie mehr soziale Gerechtigkeit erreichen – sprich eine gerechtere Verteilung im Kapitalismus. Unser Genosse formulierte es so: „Ich kam zu den späten Treffen im Universitätszelt, wo eine Diskussion über die Demokratie stattfand. Dort vernahm ich, dass es in Spanien keine wirkliche Demokratie gebe, da man nur einer Liste einer Partei die Stimme geben könne, was zu einer proportionalen Sitzverteilung führe, ohne Möglichkeit, einen bestimmten Parlamentarier zu wählen, und dass die Parteien ein Teil des Staates seien. Einige meinten dies seien alles Nachwehen aus der Zeit Francos… In dieser Diskussion waren die Politiker so fast an allem schuld. Doch es gab auch andere Stimmen, die versuchten, Fragen der Ökonomie einzubringen und den Standpunkt formulierten, dass die Demokratie in Großbritannien keinen Deut besser sei als in Spanien. Es gab auch bizarre Beiträge wie z.B. die Idee, wir sollten dafür sorgen, dass Laien die öffentlichen Ämter übernehmen, ähnlich wie sie für Geschworenengerichte beigezogen werden, dies würde die Vetternwirtschaft im Oberhaus beseitigen …oder wir sollten bessere Manager in die Regierung wählen wie in China …Einer sagte, am System der Parlamentswahlen herumzubasteln sei ein Weg, um die Erfahrung der Vollversammlungen auf eine höhere Ebene zu bringen. Ich beteiligte mich mit drei kurzen Beiträgen an der Diskussion: 1. Dass die Art und Weise, wie Politiker handeln, nicht von spanischen, britischen oder sonstigen parlamentarischen Systemen herrührt, sondern von ihrer Aufgabe, den Kapitalismus zu verteidigen. 2. Dass die Rolle der ökonomischen Krise generell zu beachten ist und die Krise nicht alleine auf die Kappe der Banker geht. 3. Ich sagte auch, dass ich gehofft hätte mehr über die Vollversammlungen selbst zu hören und mir den Einbezug historischer Beispiele wie der Arbeiterräte wünsche. Auch wenn es einige Zustimmungen mit dem Zeichen des Händeschüttelns gab, so schwenkte die Diskussion wieder auf die Suche nach perfekteren Formen der bürgerlichen Demokratie ein.“
Occupy London ist nicht nur kleiner als die Bewegungen in Spanien und den USA - von denen sie inspiriert wurde -, sondern auch schwächer an Stimmen für eine Perspektive, die sich an der Arbeiterklasse orientiert, während umgekehrt Voten für die Verbesserung der parlamentarischen Demokratie häufiger zu hören sind. Die Bemühung, „Delegationen“ an die Proteste der Elektriker, die nicht weit davon entfernt stattfanden, zu senden, wurden mehr als individuelle Entscheidungen und Aktivitäten derjenigen, die sich gerade beteiligten, angesehen. In Oakland hatte die Occupy-Bewegung sogar zu einem Generalstreik und zu Abendmeetings aufgerufen, damit Arbeitende sich daran beteiligen können (siehe: www.occupyoakland.org [18]). All das lässt Occupy London sehr verletzlich bleiben gegenüber dem Hin und Her um die Frage der drohenden Vertreibung – oder eines alternative Platzes für 2 Monate mit reduzierter Anzahl von Zelten – und dem ganzen Medienzirkus um die Reibereien der Obrigkeiten der St Paul’s Cathedral, mit dem Rücktritt des Domherrn und später des Dekans.
Die Reaktion der Boulevardpresse war wie vorhersehbar im Stile der geschockten Entrüstung über die „Horror-Bewegung“. Die liberalere und linke Presse meinte, diese Bewegung sei eine „Auffrischung“ und ein „Aufrütteln“ für ein demokratischeres System. Unter dem Strich haben sich der Großteil der Presse und die offizielle Kirche zum Argument durchgerungen, die Politiker sollten auf die „Anliegen“ des berechtigten Protests eine „Antwort“ geben. Doch wenn die Bewegung keine Perspektive des Hinausgehens eröffnet, um den Kontakt mit dem Rest der Arbeiterklasse zu suchen, werden der Medienrummel und die Art, wie diese die Bewegung darstellen, zu einem Gefängnis.
Die drohende Räumung und die Frage, wie man sich gegen Gewalt und Repression verteidigt, sind zweifelsohne wichtig. An vielen Orten in den USA nahm diese geforderte „Antwort“ von gewählten Politikern gegenüber der Bewegung die Form harter Repression an (wie die 700 Leute, die auf der Brooklyn Bridge eingekesselt und dann verhaftet wurden, und Verhaftungen und Schläge an anderen Orten mit Besetzungen[2]). Auf einer Vollversammlung auf dem Finsbury Square, an der ein Genosse von uns teilnahm und auf der über die angedrohte Räumung bei der St Paul’s Cathedral gesprochen wurde (bevor die Kirche das Angebot von zwei Monaten Bleiberecht mit vereinbartem Wegzugsdatum machte), war das Hauptanliegen, wie wohl die Medien die Reaktion der Vollversammlung präsentieren würden. Auf einen Vorschlag von unserem Genossen, direkt zu Arbeitern zu gehen, und die Mahnung eines anderen Teilnehmers, dass die Ziele der Bewegung über eine unendliche Besetzung hinausgingen, wurde nicht eingegangen. Beide fühlten sich etwas störend.
Die große Gefahr ist nun, dass Occupy London in die Falle einer hoffnungslosen, nach innen gerichteten Dynamik gerät und der Kirche und den Medien das Zepter überlässt.
Graham 4.11.2011
[1] http:/en.internationalism.org/icconline/2011/september/indignados
[2] The Guardian berichtete am 14. Oktober, dass der Sohn des legendären Bluesmusikers Bo Diddley verhaftet wurde, als er seine Unterstützung für die Bewegung kundtat… und dies auf einem Platz in Florida, der nach seinem Vater benannt ist!
„Der nächste Crash kommt bestimmt, und er wird schlimm werden.“ „Absolut niemand glaubt an die Rettungspläne. Sie wissen, dass der Mark ausgepresst und die Börse am Ende ist.“ „Händler geben einen Dreck darauf, wie die Wirtschaft gerettet werden kann; unser Job ist es, Geld zu machen in dieser Situation.“ „Jede Nacht träume ich von der Rezession.“ „1929 machten einige wenige Leute Geld mit dem Crash; heute kann dies jeder tun, nicht nur die Eliten.“ „Diese Wirtschaftskrise ist wie ein Krebs.“ „Rechnet mit dem Schlimmsten! Es ist nicht der Augenblick, darauf zu hoffen, dass die Regierung das Problem lösen wird. Regierungen regieren nicht die Welt. Goldman Sachs regiert die Welt. Diese Bank kümmert sich nicht um Rettungspläne.“ „Ich sage voraus, dass in weniger als zwölf Monaten Millionen von Menschen verschwinden werden, und dies ist erst der Anfang.“ Dies alles sind Zitate aus einem Gespräch, das die BBC am 26. September mit dem Londoner Händler Alessio Rastani führte. Das Video hat seitdem einen regelrechten Hype im Internet ausgelöst.[1]
Gewiss stimmen wir diesem Ökonomen in seiner schwarzen Perspektive zu. Ohne zu versuchen, selbst präzise Vorhersagen zu machen, können wir dennoch ohne Zögern zustimmen, dass der Kapitalismus dabei ist, seinen Sturzflug fortzusetzen, dass die Krise noch schlimmer und verheerender wird und dass ein wachsender Teil der Menschheit im Begriff ist, die Konsequenzen daraus zu tragen.
Und dennoch: die Erklärung von Alession Rastani nährt eine der größten Lügen der letzten Jahre: dass der Planet wegen der Finanzwelt und nur wegen der Finanzwelt in Schwierigkeiten ist: „Goldman Sachs regiert die Welt“. Und all die Stimmen der Linken, der Linksextremen, der „Anti-Globalisierer“ stimmen in diesen Chor ein: „Es ist entsetzlich! Hier liegt die Ursache all unserer Probleme. Wir müssen die Kontrolle über die Wirtschaft zurückgewinnen. Wir müssen den Banken und der Spekulation Grenzen setzen. Wir müssen für einen stärkeren und humaneren Staat kämpfen!“ Diese Art von Sprüchen ertönt nonstop seit dem Kollaps des US-Bankgiganten Lehman Brothers 2008. Heute schenken selbst Teile des klassischen rechten Flügels dieser „radikalen“ Kritik an der „wildgewordenen“ Finanzwirtschaft Glauben und rufen zu einer moralischeren Vorgehensweise und zu einer größeren Rolle des Staates auf. All diese Propaganda ist nichts anderes als ein verzweifelter ideologischer Vorwand, um die wahren Ursachen dieser zeitgenössischen Verheerungen zu verbergen: der historische Bankrott des Kapitalismus. Hier geht es nicht um Nuancen oder Begriffsfragen. Den Neoliberalismus anzuklagen und den Kapitalismus anzuklagen sind zwei fundamental unterschiedliche Dinge. Auf der einen Seite ist da die Illusion, dass dieses Ausbeutungssystem reformiert werden kann. Auf der anderen Seite ist das Verständnis, dass der Kapitalismus keine Zukunft hat, dass er total zerstört und von einer neuen Gesellschaft ersetzt werden muss. Wir können daher begreifen, warum die herrschende Klasse, ihre Medien und ihre Experten so viel Energie aufwenden, um mit dem Finger auf das unverantwortliche Handeln der Finanzmärkte zu weisen und sie für all die gegenwärtigen wirtschaftlichen Kalamitäten schuldig zu sprechen: Sie versuchen so, die Aufmerksamkeit vom System wegzulenken, das aufkommende Nachdenken über die Notwendigkeit eines radikalen Wechsels, d.h. einer Revolution, zu behindern.
„Die Finanzhändler sind schuld“ oder: Die Suche nach einem Sündenbock
In den letzten vier Jahren wurde bei jedem Börsencrash das Märchen vom zwielichtigen Finanzhandel intoniert. Im Januar 2008 stand der Skandal um Jerome Kirviel in den Schlagzeilen. Er wurde als Verantwortlicher für das Fiasko in der französischen Bank Societé Générale ausgemacht, die 4,82 Milliarden Euro durch schlechte Investments verloren hatte. Der wahre Grund für diese Krise, die Immobilienblase in den USA, wurde in den Hintergrund gerückt. Im Dezember 2008 wurde gegen den Investor Bernard Madoff wegen Unterschlagung von 65 Milliarden Dollar ermittelt. Er wurde zum größten Halunken aller Zeiten, was praktischerweise die Aufmerksamkeit vom Ruin des US-Giganten Lehman Brothers weglenkte. Im September 2011 wurde der Händler Kweku Adoboli an der Schweizer Bank UBS der Unterschlagung von 2,3 Milliarden Dollar beschuldigt. Diese Affäre kam „zufällig“ ans Tageslicht, als sich die Weltwirtschaft erneut in großer Unordnung befand.
Natürlich weiß jeder, dass diese Individuen lediglich Sündenböcke sind. Die Fäden, die von den Bänken gezogen wurden, um ihre eigenen Verbrechen zu rechtfertigen, sind zu dick, um nicht bemerkt zu werden. Doch die intensive Medienpropaganda macht es möglich, jedermanns Aufmerksamkeit auf die verrottete Welt der Hochfinanz zu fokussieren. Das Image dieser Spekulationshaie wird benutzt, um unsere Köpfe zu erobern und unsere Gedanke zu benebeln.
Gehen wir einen Schritt zurück und denken einen Moment lang nach: Wie können diese vielfältigen Ereignisse in sich selbst erklären, warum die Welt am Rand des Zusammenbruchs ist? Wie Abscheu erregend diese milliardenschweren Unterschlagungen auch sein mögen zu einer Zeit, in der Millionen überall auf der Welt vor Hunger sterben, wie zynisch und schändlich die Worte von Alessio Rastani auch sein mögen, wenn er sagt, dass er hofft, durch Spekulationen mit den Börsenkrachs reich zu werden, so erklärt nichts von dem das Ausmaß der Weltwirtschaftskrise, die heute jeden Bereich und jedes Land trifft. Die Kapitalisten haben, ob sie nun Banker oder Industriekapitäne waren, stets ohne jegliches Interesse an dem Wohlergehen der Menschheit nach dem maximalen Profit gestrebt. Nichts davon ist neu. Von seinem Beginn an war der Kapitalismus immer ein System der unmenschlichen Ausbeutung gewesen. Die barbarische und blutige Ausplünderung Afrikas und Asiens im 18. und 19. Jahrhundert ist ein tragischer Beweis dafür. Die Kleptokratie der Finanzhändler und Banker teilt uns daher nichts Neues über die gegenwärtige Krise mit. Wenn nun betrügerische Finanzdeals in kolossalen Verlusten enden und manchmal drohen, Banken in den Abgrund zu stoßen, so ist dies in der Tat ein Resultat der Fragilität, die von der Krise verursacht wurde – und nicht umgekehrt. Wenn beispielsweise Lehman Brothers 2008 pleiteging, so nicht wegen ihrer unverantwortlichen Investmentpolitik, sondern weil der US-amerikanische Immobilienmarkt im Sommer 2007 kollabierte und weil diese Bank sich in der misslichen Lage befand, auf Massen von wertlosen Schulden zu sitzen. Mit der Subprime-Krise zeigte sich, dass die amerikanischen Haushalte insolvent waren und die an ihnen verliehenen Kredite niemals zurückgezahlt werden konnten.
„Es ist die Schuld der Kreditratingagenturen“ oder: Die Beschuldigung gegen das Thermometer, das Fieber erzeugt zu haben
Auch die Kreditratingagenturen standen unter Feuer. Ende 2007 wurden sie der Inkompetenz beschuldigt, weil sie das Gewicht der Schulden des staatlichen Souveräns vernachlässigt hätten. Heute werden sie des Gegenteils beschuldigt; sie würden den Staatsschulden in der Euro-Zone (für Moody’s) und in den USA (für Standard and Poor’s) zu viel Aufmerksamkeit schenken.
Es ist richtig, dass diese Agenturen besondere Interessen haben, dass ihr Urteil nicht neutral ist. Die chinesischen Ratingagenturen waren die ersten, die die Kreditwürdigkeit des amerikanischen Staates herunterstuften; die amerikanischen Agenturen wiederum verhielten sich gegenüber Europa rigider als gegenüber dem eigenen Land. Und es trifft zu, dass mit jeder Herabstufung die Finanzwelt die Gelegenheit zur Spekulation ergriff und so den Verfall der Wirtschaftslage weiter beschleunigte. Die Spezialisten sprechen in dem Fall von einer „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“.
Doch in Wahrheit unterschätzen alle diese Agenturen das Ausmaß der Situation komplett: Die Ratings, die sie vergeben, sind viel zu hoch im Verhältnis zu den tatsächlichen Kapazitäten der Banken, der Unternehmen und gewisser Staaten, ihre Schulden zurückzuzahlen. Es ist im Interesse dieser Agenturen, nicht zu kritisch hinsichtlich der ökonomischen Essentials zu sein, weil dies Panik schaffen würde, und die Weltwirtschaft ist der Ast, auf dem sie alle sitzen. Wenn sie die Ratings herabstufen, dann geschieht dies, um ein Minimum an Glaubwürdigkeit aufrechtzuerhalten. Den Ernst der Lage, der sich die Weltwirtschaft gegenübersieht, völlig zu leugnen wäre grotesk, und niemand würde ihnen glauben. Vom Standpunkt der herrschenden Klasse ist es intelligenter, gewisse Schwächen anzuerkennen, um die grundlegenden Probleme des Systems zu verschleiern. All jene, die jüngst die Ratingagenturen beschuldigten, sind sich dessen voll bewusst. Wenn sie sich über die Qualität des Thermometers beschweren, dann nur, um uns daran zu hindern, über die seltsame Krankheit nachzudenken, die den Weltkapitalismus in Mitleidenschaft zieht, aus Furcht, zugeben zu müssen, dass diese Krankheit unheilbar ist und sich noch verschlimmern wird.
„Es ist die Schuld der Finanzwelt“ oder: Die Verwechslung des Symptoms mit der Krankheit
Die Kritik an die Trader und Ratingagenturen ist Teil einer größeren Propagandakampagne über den Irrsinn und Größenwahn des Finanzsektors. Wie immer basiert die dem zugrundeliegende Ideologie auf ein Körnchen Wahrheit. Es kann nicht bestritten werden, dass in den letzten Jahrzehnten die Finanzwelt in der Tat zu einer aufgeblasenen und immer irrationaleren Monstrosität herangewachsen ist. Die Beweise dafür gehen in die Legion. Im Jahr 2008 stieg die Gesamtsumme der globalen Finanztransaktionen auf 2200.000 Milliarden Dollar, verglichen mit einem globalen Bruttosozialprodukt von 55.000 Milliarden Dollar[2] Die spekulative Ökonomie ist somit rund vierzigmal größer als die so genannte „Realwirtschaft“! Und diese Billionen sind über Jahre auf immer verrücktere und selbstzerstörerische Weise investiert worden. Ein anschauliches Beispiel: der Leerverkaufsmechanismus. Worum geht es hierbei? „Beim Leerverkaufsmechanismus beginnen wir damit, eine Anlage zu verkaufen, die wir nicht besitzen, um sie später zu kaufen. Das Ziel dieses Tricks besteht offensichtlich darin, eine Anlage zu einem bestimmten Preis zu verkaufen, um sie später zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen und die Differenz als Gewinn zu verbuchen. Wie wir sehen, ist dieser Mechanismus das völlige Gegenteil davon, etwas zu erwerben und dann weiterzuverkaufen.“[3]
Konkret beinhalten Leerverkäufe einen riesigen Fluss von spekulativem Kapital zu bestimmten Anlagen, die auf den Fall ihrer Preise wetten, was gelegentlich zum Zusammenbruch der anvisierten Anlage führt. Dies ist nun zum Skandal geworden, und ein Haufen Ökonomen und Politiker erzählt uns gar, dass dies das Hauptproblem sei. DER Grund für den Bankrott und den Fall des Euro. Ihre Lösung ist daher simpel: Leerverkäufe verbieten, und alles wird gut in der besten aller Welten. Es stimmt, dass Leerverkäufe völliger Irrsinn sind und dass sie die Vernichtung weiter Teile der Wirtschaft beschleunigen. Aber genau das sind sie: Sie sind bloße „Beschleuniger“ und nicht ihre Ursache. Es bedarf zuallererst einer wütenden Wirtschaftskrise, damit solche Deals so profitabel sein können. Die Tatsache, dass die Kapitalisten nicht auf einen Anstieg in den Märkten zocken, sondern auf ihren Fall, zeigt, wie wenig Vertrauen sie in die Zukunft der Weltwirtschaft haben. Daher gibt es auch immer weniger langfristige, stabile Investments: Die Investoren sind auf den schnellen Gewinn aus, ohne jegliche Sorge um die Langlebigkeit von Unternehmen und besonders von Fabriken, da es nahezu keinen Industriesektor gibt, der langfristige Profite verspricht. Und hier schließlich kommen wir zum Kern des Problems: Die so genannte Real- oder traditionelle Wirtschaft sitzt schon seit Ewigkeiten in der Tinte. Das Kapital flüchtet aus dieser Sphäre, weil sie immer weniger profitabel ist. Die Weltwirtschaft ist gesättigt, und die Waren können nicht mehr verkauft werden, die Fabriken produzieren und akkumulieren nicht mehr. Das Resultat: die Kapitalisten investieren ihr Geld in die Spekulation, in die „virtuelle“ Ökonomie. Daher der Größenwahn der Finanzwelt, der nur ein Symptom der unheilbaren Krankheit des Kapitalismus, die Überproduktion, ist.
„Der Neoliberalismus hat Schuld“ oder: Wie man die Ausgebeuteten an den Staat bindet
Jene, die das Problem im Neoliberalismus lokalisieren, stimmen durchaus zu, dass die Realwirtschaft in echten Nöten ist. Aber sie führen dies nicht eine Sekunde lang auf die Unmöglichkeit des Kapitalismus zurück, sich weiter zu entwickeln. Sie streiten ab, dass das System dekadent geworden ist und sich in seiner Agonie befindet. Die Antiglobalisierungsideologen geben die Schuld für die Zerstörung der Industrie seit den sechziger Jahren der schlechten Politik und somit der neoliberalen Ideologie. Für sie wie für unseren Trader Alessio Rastani „regiert Goldman Sachs die Welt“. So kämpfen sie also für mehr Staat, für mehr Regulierung, für mehr soziale Politik. Sie beginnen mit der Kritik an den Neoliberalismus und enden bei einer neuen Fata Morgana, die uns leiten soll: Dirigismus. „Mit mehr staatlicher Kontrolle über die Finanzen können wir eine neue Wirtschaft aufbauen, eine, die sozialer und wohlhabender ist.“
Doch ein bisschen mehr Staat wird es nicht ermöglichen, die ökonomischen Probleme des Kapitalismus zu lösen. Um es noch einmal zu sagen: Was das System unterminiert, ist seine Tendenz, mehr Waren zu produzieren, als der Markt absorbieren kann. Jahrzehntelang ist es gelungen, die Paralyse der Wirtschaft zu vermeiden, indem ein künstlicher Markt geschaffen wurde, der auf Schulden basierte. Mit anderen Worten, seit den sechziger Jahren hat der Kapitalismus auf Pump gelebt. Daher ächzen Haushalte, Unternehmen, Banken und Staaten heute unter einem gewaltigen Schuldenberg, deshalb wird die gegenwärtige Rezession „Kreditkrise“ genannt. Allein, was haben die Staaten und ihre Zentralbanken, insbesondere die Fed und die Europäische Zentralbank seit 2008, seit dem Scheitern von Lehman Brothers getan? Sie haben Milliarden von Dollar und Euro in den Wirtschaftskreislauf gepumpt, um weitere Bankrotte zu verhindern. Und woher kamen diese Milliarden? Von neuen Schulden! Alles, was sie tun, ist, private Schulden in öffentliche Schulden umzuwandeln und so den Boden für den Bankrott ganzer Staaten zu bereiten, wie wir bereits bei Griechenland gesehen haben. Die ökonomischen Stürme, die vor uns liegen, drohen von ungeahnter Brutalität zu werden.[4]
„Doch auch wenn wir die Krise nicht kontrollieren können, so schützt uns der Staat zumindest und kann sozialer sein“, singt der ganze linke Chor. Kein Wort darüber, dass der Staat stets der Schlimmste aller Bosse gewesen war. Verstaatlichungen waren nie gute Neuigkeiten für die ArbeiterInnen. Die große Verstaatlichungswelle nach dem II. Weltkrieg hatte den Zweck, den Produktionsapparat, der im Krieg zerstört wurde, wiederzubeleben, und wurde von einer brutalen Steigerung des Arbeitstempos begleitet. Damals richtete Thorez, der Generalsekretär der französischen KP und Vizepräsident der De Gaulle-Regierung, seinen berühmten Appell an die Arbeiterklasse Frankreichs, besonders an die ArbeiterInnen der verstaatlichten Unternehmen: „Wenn Bergarbeiter auf ihrem Posten sterben, werden ihre Ehefrauen sie ersetzen.“ Oder: „Knüpft eure Gürtel enger für den nationalen Wiederaufbau“ und „Streiks sind die Waffe der Trusts“. Willkommen in der wundervollen Welt der verstaatlichten Unternehmen! Es gibt nichts Unerwartetes oder Überraschenden an ihnen. Seit den Erfahrungen der Pariser Kommune 1871 haben kommunistische Revolutionäre stets auf die eingefleischte Anti-ArbeiterInnen-Funktion des Staates bestanden: “Und der moderne Staat ist wieder nur die Organisation, welche sich die bürgerliche Gesellschaft gibt, um die allgemeinen äußern Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise aufrechtzuerhalten gegen Übergriffe, sowohl der Arbeiter wie der einzelnen Kapitalisten. Der moderne Staat, was auch seine Form, ist eine wesentlich kapitalistische Maschine, Staat der Kapitalisten, der ideelle Gesamtkapitalist. Je mehr Produktivkräfte er in sein Eigentum übernimmt, desto mehr wird er wirklicher Gesamtkapitalist, desto mehr Staatsbürger beutet er aus. Die Arbeiter bleiben Lohnarbeiter, Proletarier. Das Kapitalverhältnis wird nicht aufgehoben, es wird vielmehr auf die Spitze getrieben.“ (www.mlwerke.de/me/me20/me20_239.htm#Kap_V [21], Anti-Dühring, MEW 20).
Friedrich Engels schrieb 1878 diese Zeilen, die zeigten, dass damals schon der Staat im Begriff war, seine Tentakeln auf die gesamte Gesellschaft auszustrecken und die gesamte nationale Wirtschaft, öffentliche Unternehmen wie auch die großen Privatunternehmen, zu übernehmen. Seither ist der Staat nur noch stärker geworden: Jede nationale Bourgeoisie reiht sich hinter ihrem Staat ein, um den unerbittlichen kommerziellen Krieg zu führen, der zwischen allen Ländern ausgefochten wird.
„Die BRICS werden uns retten“ oder: Für ein Wirtschaftswunder beten
Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (die BRICS) haben in den letzten Jahren ein bemerkenswertes Ausmaß an wirtschaftlichem Erfolg an den Tag gelegt. Besonders China wird mittlerweile als zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt betrachtet, und viele denken, dass es die USA bald entthronen wird. Diese auffällige Leistung hat Ökonomen zur Hoffnung verleitet, dass diese Gruppe von Ländern die neue Lokomotive der Weltwirtschaft wird, so wie die USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Jüngst hat China, angesichts des Risikos, dass die Euro-Zone in Folge der Staatsschuldenkrise auseinanderbricht, gar vorgeschlagen, Italiens Staatssäckel teilweise zu füllen. Die Leute von der Anti-Globalisierungs-Front glauben hier einen Grund zum Frohlocken zu sehen: Da sie argumentieren, dass die US-amerikanische Überlegenheit des Neoliberalismus die schlimmste aller Geißeln ist, wird der Aufstieg der BRICS ihnen zufolge in eine ausbalanciertere, fairere Welt münden. Diese Hoffnung in die Entwicklung der BRICS, die von der Großbourgeoisie und den „Anti-Kapitalisten“ gemeinsam geteilt wird, entbehrt nicht nur einer gewissen Komik; sie zeigt auch, wie sehr Letztere der kapitalistischen Welt anhängen.
Diese Hoffnung ist im Begriff, wie eine Seifenblase zu zerplatzen. Das Gerede über dieses „Wirtschaftswunder“ weckt ein Déjá-vu-Gefühl. Argentinien und die asiatischen Tiger in den achtziger und neunziger Jahren oder erst jüngst Irland, Spanien und Island wurden alle zu ihrer Zeit als „Wirtschaftswunder“ gepriesen. Und wie alle Wunder stellten sie sich durchgängig als Schwindel heraus. Alle diese Länder verdanken ihr rapides Wachstum der ungezügelten Verschuldung. Sie gingen daher alle demselben zähen Ende entgegen: Rezession und Bankrott. Mit den BRICS wird es sich genauso verhalten. Es gibt bereits eine wachsende Sorge über das Ausmaß der Schulden in den chinesischen Provinzen und über den Anstieg der Inflation. Der Präsident des Staatsfonds China Investment Corp., Gao Xiping, hatte jüngst gesagt, dass „wir keine Beschützer sind. Wir müssen uns selbst retten“. Deutlicher kann man es nicht ausdrücken!
Die Wahrheit: Der Kapitalismus hat keine Lösung und keine Zukunft
Der Kapitalismus kann nicht mehr reformiert werden. Als Realist muss man sich eingestehen, dass nur die Revolution die Katastrophe verhindern kann. Der Kapitalismus ist, wie das Sklaventum und die Leibeigenschaft zuvor, ein Ausbeutungssystem, das dazu verdammt ist, zu verschwinden. Nachdem er sich in über zwei Jahrhunderten, vor allem im 18. und 19. Jahrhundert entwickelt und den Planeten erobert hatte, betrat der Kapitalismus mit einem lauten Knall seine Niedergangsepoche, als er den Ersten Weltkrieg auslöste. Die Große Depression in den dreißiger Jahren, dann das fürchterliche Gemetzel des Zweiten Weltkriegs – all dies bestätigte die Überalterung dieses Systems und die Notwendigkeit, ihm ein Ende zu setzen, wenn die Menschheit überleben soll. Doch ab den fünfziger Jahren gab es keine Krise, die so gewalttätig war wie die von 1929. Die Bourgeoisie hatte gelernt, wie sie den Schaden begrenzen und die Wirtschaft wiederbeleben kann, so dass viele glauben, dass die heutige Krise nur eine weitere in einer Reihe von Abstürzen ist und dass das Wachstum wieder zurückkehren wird, so wie dies in den letzten sechzig Jahren geschehen war. In Wahrheit ebneten die aufeinanderfolgenden Krisen von 1967, 1970-71, 1974-75, 1991-93 (in Asien) und 2001-2002 nur den Weg für das heutige Drama. Jedes Mal gelang es der Bourgeoisie lediglich durch das Öffnen der Kreditschleusentore, die Wirtschaft zum Laufen zu bringen. Nie war es ihr gelungen, zur Wurzel des Problems vorzudringen: chronische Überproduktion. Alles, was sie getan hat, war, den Zahltag hinauszuschieben, indem sie in den Kredit flüchtete. Heute erstickt das System unter dem Gewicht all dieser Schulden. Kein Bereich, kein Staat bleibt dabei ausgespart. Dieser Sprung kopfüber in die Verschuldung ist an seine Grenzen gestoßen. Bedeutet dies, dass die Wirtschaft dabei ist, zu einem vollständigen Halt zu kommen? Natürlich nicht. Die Bourgeoisie wird die Optionen, die sie hat, diskutieren, was auf die Wahl zwischen Pest und Cholera hinauslaufen wird: drakonische Sparpolitik oder ein monetärer Neustart. Das erste führt zu einer brutalen Rezession, das zweite zu unkontrollierter Inflation.
Von jetzt an ist der Wechsel zwischen kurzen Phasen der Rezession und langen Perioden der kreditfinanzierten Wiedererholung Vergangenheit: Die Arbeitslosigkeit wird explodieren, Armut und Barbarei werden sich dramatisch ausbreiten. Wenn es Erholungsphasen (wie 2010) gibt, dann werden sie nichts anderes sein als ein flüchtiges Japsen nach Luft, gefolgt von neuen wirtschaftlichen Desastern. All jene, die das Gegenteil behaupten, ähneln ein bisschen dem Optimisten, der von der Spitze des Empire State Building springt und nach dem Passieren einer jeden Etage erklärt, dass bis jetzt alles gut gegangen ist. Vergessen wir nicht, dass zu Beginn der Großen Depression der US-Präsident erklärte, dass „die Prosperität schon in Sicht ist“. Die einzige Ungewissheit ist, wie das Schicksal der Menschheit aussehen wird. Wird sie mit dem Kapitalismus untergehen? Oder wird sie in der Lage sein, eine neue Welt der Solidarität und gegenseitigen Hilfe aufzubauen, ohne Klassen oder Staaten, Ausbeutung oder Profit? Wie Friedrich Engels mehr als Jahrhundert zuvor schrieb: „Die bürgerliche Gesellschaft steht vor einem Dilemma: entweder Übergang zum Sozialismus oder Rückfall in die Barbarei. Der Schlüssel zu dieser Zukunft liegt in den Händen der Arbeiterklasse, in ihren Kämpfen, die die Beschäftigten, die Arbeitslosen, die Rentner und die jungen Leute in prekären Jobs vereinigen.
Pawel 29.9.2011
[4] Die Idee eines „Mehr Europa“ oder „Mehr Weltregierung“ ist eine weitere Sackgasse. Ob sie allein oder mit anderen handeln, die Staaten haben keine realen und dauerhaften Lösungen. Zusammenzukommen ermöglicht ihnen, das Fortschreiten der Krise zu verlangsamen, so wie ihre Spaltungen dieselbe beschleunigt.
Links
[1] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/emport-euch
[2] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/attac
[3] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/stephane-hessel
[4] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/reformismus-attac
[5] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/auswege-krise
[6] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/demokratie-repression
[7] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/volksherrschaft
[8] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/repression-polen-1981
[9] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/solidarnosc-1981
[10] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/staatsgewalt
[11] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/sozialproteste-weltweit
[12] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/sozialprotest-klassenkampf
[13] https://de.internationalism.org/Weltrevolution168_2011_deutschlandfukushima
[14] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/die-hohle-der-vergessenen-traume
[15] https://de.internationalism.org/tag/leute/werner-herzog
[16] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/proteste
[17] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/streiks-griechenland
[18] https://occupyoakland.org/
[19] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/occupy-london
[20] https://de.internationalism.org/occupy-wall-street-proteste-der-kapitalismus-als-ganzes-ist-das-problem
[21] http://www.mlwerke.de/me/me20/me20_239.htm#Kap_V
[22] https://www.bbc.co.uk/news/av/business-15059135
[23] http://www.jacquesbgelinas.com/index_files/Page3236.htm
[24] https://www.abcbourse.com/apprendre/1_vad.html
[25] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/wirtschaftskrise
[26] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/staatsbankrott
[27] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/rettungspakete
[28] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/rolle-finanzhandler
[29] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/ratingagenturen