In den letzten Wochen haben einige abscheuliche Gewaltakte die ganze Welt aufgeschreckt. Anfang März lief der US Sergeant Robert Bales in Afghanistan in der Provinz Kandahar Amok. Er zog von Haus zu Haus und erschoss methodisch afghanische Zivilisten. Insgesamt hat er 16 Personen umgebracht, meist Frauen und Kinder (1). Mitte März hat in Toulouse und Montauban der junge algerisch stämmige Mohamed Merah zunächst 3 französische Soldaten kaltblütig erschossen, um dann in einer jüdischen Schule drei Kinder und einen Erwachsenen zu ermorden.
Was haben der Amoklauf des in Afghanistan stationierten US-Soldaten und die Serienmorde des jungen Mohamed Merah miteinander zu tun?
Mohamed Merah behauptete, er habe mit den Morden gegen das Burkaverbot in Frankreich, den Einsatz der französischen Armee in Afghanistan und die Situation in Palästina protestieren wollen. Bevor er nach einer Belagerung durch die Polizei von dieser erschossen wurde, bedauerte er, dass er nicht noch mehr Menschen erschossen habe. Das Motiv von Robert Bales ist bislang noch unbekannt. Offensichtlich ist, dass Merah durch eine möglichst große Zahl von Morden eine möglichst große Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. Rache und Vergeltung an den Militäraktionen und der Unterdrückung der Palästinenser trieben ihn. Bales dagegen rastete aus und wollte in seiner blinden Zerstörungswut möglichst viele Menschenleben auslöschen.
„I am going to help my country”
Wie kommt es, dass der Soldat Robert Bales, selbst Vater von 2 Kindern, Amok läuft?
Die New York Times berichtete am 17. März, dass Bales kurze Zeit nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sich um die Aufnahme in die Armee bewarb. „I am going to help my country”, begründete er seinen Schritt. Vor Ort musste er bald die Erfahrung machen, dass das Leben der US-Soldaten (und all der anderen ISAF-Truppen) 24 h in Gefahr war. Tag für Tag mussten sie jeden Moment mit einem Angriff rechnen, meist mit heimtückischen und hinterlistigen Überraschungseffekten. In vier Einsätzen innerhalb von 10 Jahren im Irak und Afghanistan zog er sich eine Kopf- und eine Fußverletzung zu; am Tag vor seinem Amoklauf wurde er noch Zeuge einer Horrorszene, als ein ihn begleitender Soldat durch eine Bodenmine ein Bein verlor. Der Amoklauf Bales war keine Ausnahme.
Tatsache ist, die Kriegserfahrung ruft enorme psychische Schäden hervor. „Mehr als 200.000 Menschen (d.h. ein Fünftel aller Irak- und Afghanistan-Veteranen) haben sich seit Beginn der Kriege im Irak und in Afghanistan in Veteranen-Krankenhäusern behandeln lassen - alle wegen PTBS (posttraumatisches Belastungssyndroms -PTSD). Diese Zahl veröffentlichte die Tageszeitung "USA Today" im November
2011 unter Berufung auf eine Studie von Veteranen-Vereinigungen. Die Dunkelziffer der Erkrankungen dürfte aber deutlich höher liegen. (…) Das Militär spricht dagegen offiziell von "nur" rund 50.000 PTBS-Fällen.“ (https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,822232,00.html [1]). Rund ein Drittel der Veteranen des Vietnam-Kriegs war schon mit massiven psychischen Problemen aus Vietnam zurückgekommen. Obwohl nur ein Prozent der US-Bevölkerung im Militär gedient hat, machen Kriegsveteranen rund 20 Prozent aller Suizide aus. Fast Tausend Veteranen versuchen sich jeden Monat das Leben zu nehmen. Wie Veteranen berichten: „Es ist grauenhaft. Krieg verändert dein Gehirn. Zwischen dem Krieg und dem Leben zuhause liegen himmelweite Unterschiede. Du veränderst dich, ob du willst oder nicht. Du kannst zuhause nicht mehr Fuß fassen.“ (www.tagesschau.de/thema/usa [2])
Der Fall Bales verdeutlicht: wenn man dem Patriotismus und Nationalismus den Finger reicht, wird man hineingezogen in eine Vernichtungsmaschinerie, in der man nicht nur das Leben des Feindes und dessen Zivilbevölkerung vernichtet bzw. schädigt, sondern die Soldaten selbst werden verstümmelt, seelisch und geistig angeschlagen, zutiefst verwundet. Während die herrschende Klasse mit ihren Ideologen Kriege beschönigen, indem sie von „humanitären Einsätzen“, Stabilisierungsmissionen“ usw. reden, all das zum „Schutz des Vaterlandes“, sieht die Wirklichkeit an den Kriegsschauplätzen ganz anders aus. Die Soldaten vor Ort geraten in einen Sog, wo ihr unvermeidbares Misstrauen in Hass oder in Paranoia umschlägt. Wenn sie nicht schon vor ihren Einsätzen zu Gewalttaten neigten oder psychisch angeschlagen waren, kehren viele spätestens nach ihren Einsätzen als zutiefst geschädigte Menschen zurück. Die angeblich „humanitären“ Einsätze entpuppen sich als Terrorherrschaft, mit Demütigung und Folter der Bevölkerung. Man entwickelt Genugtuung darin, Symbole, die von den Einheimischen hochgeschätzt werden, zu beschädigen oder zu vernichten, oder Menschen direkt und offen zu erniedrigen. Die in der Sackgasse steckende lokale Bevölkerung empfindet im Gegenzug nichts anderes als immer mehr Verachtung für die 'Befreier', und nicht wenige lassen sich dann mobilisieren für Selbstmordattentate. Die Tötungsmaschinerie ist voll in Gang gekommen.
Nach so vielen traumatischen Erlebnissen konnte der Amokläufer Bales nicht mehr sagen, „I want to help my country“, denn er war besonders wütend, dass ihm nach dem vierten Einsatz ein erneuter Einsatz in Afghanistan aufgebrummt worden war. Seiner Frau zufolge wären sie viel lieber im „ruhigen“ Deutschland, Italien oder Hawai stationiert worden. Stattdessen musste er wieder ins Inferno nach Afghanistan. Körper und Seele der meisten Soldaten werden verstümmelt, angeschlagen, verwundet! Verrohung und Brutalisierung nhmen ihren Lauf.. Und nach ihrer Rückkehr „in das verteidigte Vaterland“ wartet auf viele dann Arbeits- und Wohnungslosigkeit. Das Beispiel der Stadt Los Angeles spricht Bände. „In Los Angeles leben unendlich viele obdachlose Veteranen. Sie haben alles verloren. Ihre Arbeit, ihre Partnerschaft, ihr Zuhause. Alles wegen ihrer psychischen Erkrankungen und weil ihnen niemand geholfen hat. Etwa ein Drittel der 200.000 Obdachlosen in L.A. sind Veteranen.“ (www.tagesschau.de/thema/usa [2]) Die National Association of Probation Officers (Napo,Gewerkschaft der Bewährungshelfer) „schätzt, dass ca. 12.000 Kriegsveteranen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden, ca. 8.500 sitzen hinter Gitter“. Diese Zahl von 20.000 Kriegsveteranen im Konflikt mit der Justiz ist doppelt so hoch wie die Zahl der in Afghanistan aktiven Soldaten.“
Read more: https://www.dailymail.co.uk/news/article-1216015/More-British-soldiers-prison-serving-Afghanistan-shock-study-finds.html#ixzz1qEGoRWsa [3]
In den USA droht dem Amokläufer Bales nun die Todesstrafe. Anstatt aufzuklären oder zu erklären, warum Patriotismus und Nationalismus notwendigerweise in Gewaltorgien und der Zerstörung der Opfer und Täter enden müssen, baut sich die US-Justiz jetzt als Ankläger und „Richter“ auf. Sie will sich die Hände reinwaschen, nachdem der Krieg und das Militär seine Soldaten so zugerichtet hat, dass sie ausrasten müssen. Die „Fürsorge“ der Armee-Psychologen hat vor allem ein Ziel: Die Kämpfer möglichst schnell wieder gefechtsbereit machen. Die Psychologin und Filmemacherin Jan Haaken hat in ihrem Dokumentarfilm "Mind Zone" aufzeigen können, worin die Rolle der „Seelsorger“ besteht: „Man sei nicht im Einsatz, um die Stärke der Truppe zu verringern. Im Zweifelsfall würden Soldaten für tauglich erklärt, solange sie "den Job erledigen können". https://www.democracynow.org/2012/3/16/mind_zone_new_film_tracks_therapists [4]
Welche verheerenden Wirkung die Kriege vor Ort auf die einheimische Bevölkerung haben, wird ohnehin meist verschwiegen.
Während sowohl die meisten Soldaten, (die sich anfänglich in der „Befreierrolle“ sehen) wie auch die Einheimischen große Schäden (physische und psychische) davontragen, erstickt das System selbst an den ökonomischen Kosten dieser Kriegsgeschwüre. Die USA, die mittlerweile in Afghanistan den längsten Krieg ihrer Geschichte führen, haben sich gigantische, sie erdrückende Kriegskosten aufgehalst . „Am Ende wird die Rechnung mindestens 3.7 Billionen $ betragen, ja sie könnte gar 4.4 Billionen $ erreichen, so das Forschungsprojekt „Cost of War“ an der Brown University Watson Institute for International Studies“ - (watson.brown.edu/costsofwar [5]) https://www.reuters.com/article/2011/06/29/us-usa-war-idUSTRE75S25320110629 [6]
Der Krieg als Überlebensmechanismus verlangt einen immer höheren Tribut. Das Überleben dieser Produktionsform wird zu einer immer irrationalen Angelegenheit.
Mohamed Merah, der sieben Menschen in den Tod riss, weil er Vergeltung üben wollte für all die Gewalttaten, die diese Gesellschaft an den Menschen ausübt, reproduziert nur die gleichen Tötungsmechanismen (z.B.„shoot-to-kill“) des Unterdrückungssystems. Seine Mittel sind Teil eines ausweglosen, zerstörerischen, und selbstzerstörerischen Teufelskreis. Dass er von der Armee und der Fremdenlegion, bei denen er anheuern wollte, abgelehnt wurde, mag ein Licht auf seine Bereitschaft werfen, seine Tötungsbereitschaft in den Dienst des französischen Staates zu stellen.
Die Gewaltspirale, die Zerstörungsmaschinerie, die alles Menschliche niederwalzt, kann aber nicht mit den Methoden des kapitalistischen Systems durchbrochen werden. Um die Unmenschlichkeit zu überwinden, müssen Ziel und Weg im Einklang stehen.
„Die proletarische Revolution bedarf für ihre Ziele keines Terrors, sie hasst und verabscheut den Menschenmord. Sie bedarf dieser Kampfmittel nicht, weil sie nicht Individuen, sondern Institutionen bekämpft, weil sie nicht mit naiven Illusionen in die Arena tritt, deren Enttäuschung sie blutig zu rächen hätte. Sie ist kein verzweifelter Versuch einer Minderheit, die Welt mit Gewalt nach ihrem Ideal zu modeln, sondern die Aktion der großen Millionenmassen des Volkes, die berufen ist, die geschichtliche Mission zu erfüllen und die geschichtliche Notwendigkeit in Wirklichkeit umzusetzen.“ (Was will der Spartakusbund?, Bd. 4, S. 445, 14. Dez. 1918). D. 26.03.2012
(1) Mittlerweile gibt es zwar Beschuldigungen seitens afghanischer Behörden, dass nicht Bales alleine das Massaker verübt habe, sondern auch andere US-Soldaten daran beteiligt waren. Selbst wenn Bales nicht der alleinige Täter war und tatsächlich mehrere Personen beteiligt waren, unterstreicht dies nur das Ausmaß der psychischen Störungen der Soldaten.
Der von den Gewerkschaften, die mehr als 100 Millionen Mitglieder haben, organisierte Streik erfasste am 28. Februar 2012 ganz Indien. Alle Gewerkschaften, auch solche, die den politischen Parteien nahestehen, die Hindu-fundamentalistische BJP eingeschlossen, haben den Streik unterstützt. Beschäftigte der Banken, Post, des Transportwesens, LehrerInnen, Docker und viele andere Bereiche beteiligten sich am Streik. Die Tatsache, dass alle Gewerkschaften den Streikaufruf unterzeichneten, weist auf den Druck der ArbeiterInnen hin.
Die Gewerkschaften erhoben verschiedene Forderungen: Verteidigung des öffentlichen Dienstes, Preiskontrollen, die Pflicht zur Anerkennung von Gewerkschaften innerhalb von 45 Tagen, Durchsetzung von Arbeitsschutzgesetzen, Erhöhung des Mindestlohns auf 10.000 Rupees pro Monat und Erhöhung der Sozialleistungen usw. Sie unternahmen keine Anstrengungen aufzuzeigen, dass die herrschende Klasse heute die ArbeiterInnen umso gnadenloser angreift, je mehr das System in der Krise versinkt und in der Sackgasse steckt. Stattdessen versuchten die Gewerkschaften, das Vertrauen in das System wiederherzustellen.
Die Herangehensweise der Gewerkschaften an diesen Streik legte deren wahren Absichten bloß. Zum einen unterließen sie es, Millionen ihrer Mitglieder zur Beteiligung am Streik aufzufordern. Mehr als 1.5 Millionen Eisenbahner, eine ebenso große Anzahl, wenn nicht sogar mehr Beschäftigte der staatlichen Energieunternehmen sowie viele andere Beschäftigte wurden nicht einmal zur Beteiligung am Streik aufgerufen. Während sie den “Generalstreik” ausriefen, sorgten sie dafür, dass Millionen ihrer Mitglieder wie jeden Tag zur Arbeit gingen und die kapitalistische Maschinerie nicht störten.
Selbst in Bereichen der Wirtschaft, in denen die Gewerkschaften zum Streik aufriefen, war ihre Haltung eher, zu einem rituellen Streik aufzurufen. Die meisten Streikenden blieben einfach zu Hause. Die Gewerkschaften unternahmen kaum etwas, die Leute auf der Straße zusammenzubringen und in Demonstrationen usw. zusammenzukommen. Man unterließ es geflissentlich, die Beschäftigten der Privatindustrie für den Streik zu mobilisieren, obwohl deren Mitglieder der gleichen Gewerkschaft angehören, die zum Streik aufgerufen hatte. Man sieht die Tragweite dieser Ausgrenzung, wenn man sich vor Augen führt, dass die Beschäftigten der Privatindustrie in der letzten Zeit viel militanter waren und in Konflikt gerieten mit den bürgerlichen Gesetzen. Selbst Industriegebiete wie Gurgaon und Zentren der Autoindustrie in Chennai und Fabriken wie Maruti und Gurgaon und Hyundai in der Nähe von Chennai, in denen in der jüngsten Zeit größere Streiks stattfanden, schlossen sich dem Streik nicht an. In den meisten Industriegebieten, in Hunderten von kleineren und größeren Städten in ganz Indien gingen die Beschäftigten der Privatindustrie zur Arbeit, während die des öffentlichen Dienstes streikten. Eine schöne Spaltung!
Es liegt auf der Hand, dass die Gewerkschaften den Streik nicht dazu benutzen wollten, um die ArbeiterInnen zu mobilisieren, sie auf der Straße zusammenzubringen. Sie benutzten den Streik als ein Ritual, ein Ventil, um Dampf abzulassen, die ArbeiterInnen zu spalten, sie zur Passivität zu verleiten. Wenn streikende Arbeiter einfach zu Hause bleiben und vor der Glotze sitzen, stärkt das nicht die Einheit der ArbeiterInnen und deren Bewusstsein. Wenn man diese Haltung sieht, warum haben die Gewerkschaften denn eigentlich zu diesem Streik aufgerufen? Warum schlossen sich all die Gewerkschaften, auch BMS und INTUC dem Streik an? Dazu müssen wir die wirtschaftliche und soziale Lage und die Entwicklung innerhalb der Arbeiterklasse in Indien insgesamt berücksichtigen.
Trotz all des großen Geredes seitens der indischen Bourgeoisie über den wirtschaftlichen Boom hat sich die wirtschaftliche Lage während der letzten Jahre in Wirklichkeit verschlechtert. Wie der Kapitalismus weltweit ist die Wirtschaft in Indien ebenfalls in die Krise gerutscht. Den Statistiken der Regierung zufolge ist das Wachstum ins Stocken geraten und von 9% auf 6% gesunken. Viele Bereiche der Wirtschaft sind von der Krise schwer getroffen. Das trifft sowohl auf den IT-Bereich als auch auf die Textil- und Produktionsgüterindustrie, die Diamantenverarbeitung, die privaten Energieerzeuger, die Airlines und die anderen Bereiche des Transportwesens zu. Überall wurden die Angriffe gegen die ArbeiterInnen verschärft. Die Inflation ist in den letzten beiden Jahren auf über 10% geklettert. Aber die Preissteigerungen der Lebensmittel und anderer Alltagsgegenstände waren viel höher, zum Teil bis zu 16%. Dadurch ist das Leben der Arbeiterklasse noch unerträglicher geworden.
Aufgestachelt durch diese Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen hat die Arbeiterklasse auch wieder zum Klassenkampf zurückgefunden. Seit 2005 hat sich der Klassenkampf in ganz Indien langsam wieder zugespitzt. Natürlich beschränkt sich diese Entwicklung nicht nur auf Indien, sondern ist Teil einer weltweiten Aufwärmung des Klassenkampfes. 2010 und 2011 fanden eine Reihe von Streiks in mehreren Wirtschaftsbereichen statt; vor allem in Gurgaon und Chennai. In einigen dieser Streiks spürte man z.B. bei Honda Motor Cycles 2010 und bei Maruti-Suzuki 2011 eine zunehmende Militanz und Entschlossenheit, sich dem Sicherheitsapparat der Bosse entgegenzustellen. Auch bei Hyundai Motors in Chennai war diese Tendenz zu vernehmen, dort legten die ArbeiterInnen mehrfach die Arbeit nieder, um gegen die zunehmende Leiharbeit und andere Angriffe zu protestieren. In diesen Bewegungen waren deutlich Ansätze zu einer Solidarisierung und Ausdehnung über die Fabrikgrenzen hinweg zu erkennen. Ebenso gab es Ansätze von Selbstorganisierung und dem Abhalten von Vollversammlungen, wie bei Maruti, als ArbeiterInnen das Werk gegen den Willen „ihrer“ Gewerkschaft besetzten.
Neben diesem langsamen Erstarken des Klassenkampfes in Indien haben die Kämpfe im arabischen Raum, in Griechenland, Spanien usw. sowie die Occupy-Bewegung auch ihren Widerhall in Indien gefunden.
In Anbetracht dieser Lage ist die herrschende Klasse wirklich besorgt über die Gefahr der Ausdehnung der Kämpfe. Diese Angst der Herrschenden konnte man bei den jüngsten Streiks beobachten, so bei dem Streik bei Honda Motor Cycles und bei Maturi-Suzuki. Jedesmal befürchteten die Medien die Gefahr der Ausdehnung, und dass andere Autohersteller in Gurgaon ebenso mit hineingezogen und die Produktion lahmgelegt werden könnte. Diese Angst war nicht grundlos. Während die Hauptstreiks in den neuen Betrieben stattfanden, zogen andere ArbeiterInnen vor die Tore der bestreikten Betriebe. Es gab gemeinsame Demos, gar einmal eine breite, ausgedehnte Solidarisierung im Industriegürtel von Gurgaon. Die Provinzregierung bekam Angst. Der Ministerpräsident und der Arbeitsminister von Haryana brachten auf Veranlassung des Premierministers und des nationalen Arbeitsministers das Management und die Gewerkschaftsbosse an den Verhandlungstisch, um den Streik abzuwürgen.
Wie bei den anderen Teilen der herrschenden Klasse sind die Gewerkschaften sehr besorgt über den möglichen Kontrollverlust in den Streiks, falls die Arbeitermilitanz zunimmt. Denn bei den Kämpfen in Maruti 2011 handelten die ArbeiterInnen deutlicher als je zuvor gegen den Willen und die Anweisungen der Gewerkschaften.
Das veranlasste die Gewerkschaften dazu den Eindruck zu erwecken, man unternehme etwas. Eine Reihe von rituellen Streiks wurde im November 2011 abgehalten, so auch im Bankensektor. Während der Februarstreik 2012 ein Ausdruck dieser wachsenden Militanz und der zunehmenden Wut der Arbeiterklasse ist, spiegelt er auch den Versuch der Gewerkschaften wider, die Unzufriedenheit einzudämmen und zu kanalisieren.
Die ArbeiterInnen müssen begreifen, wenn man einen Streik wie ein Ritual durchführt und dabei auch noch zu Hause bleibt, bringt das uns überhaupt nicht weiter. Ebenso wenig hilft es uns in einem Park zu versammeln, um bloß den Reden der Gewerkschaftsbosse und Abgeordneten zuzuhören. Die Bosse und deren Regierung greifen uns an, weil der Kapitalismus in einer Krise steckt und sie keinen Ausweg finden. Wir müssen sehen, dass alle ArbeiterInnen angegriffen werden, dass wir alle im gleichen Boot sitzen. Wenn man sich passiv verhält und isoliert voneinander bleibt, hält das nicht die Bosse davon ab, ihre Angriffe gegen die Arbeiter zu verschärfen. Die ArbeiterInnen müssen diese Gelegenheit beim Schopf fassen, um auf den Straßen zusammenzukommen, sich selbst zu mobilisieren, ihre Kräfte zu bündeln und mit anderen ArbeiterInnen zu diskutieren. Sie müssen dazu die Kämpfe in die eigene Hand nehmen. Das wird nicht automatisch die Probleme der ArbeiterInnen lösen, aber dadurch werden wir in der Lage sein, einen wirklichen Abwehrkampf zu entfalten und die Bosse und den Staat zurückzudrängen. Dies wird uns helfen, den Kampf gegen das ganze System auszubreiten und auf dessen Überwindung hinzuarbeiten. Wie die Besetzer der Athener Jura-Fakultät im Februar 2012 sagten, „Um uns aus dem Klammergriff der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus zu befreien, müssen wir die kapitalistische Wirtschaft überwinden“. Communist Internationalist, Sektion der IKS in Indien, 9.3.2012 www.internationalism.org [13]
Der Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg veranlasste viele zur Schlussfolgerung, der Kapitalismus habe das Geheimnis seiner ewigen Jugend gefunden 1 [18], und nunmehr sei nicht mehr die Arbeiterklasse das Instrument revolutionärer Umwälzung. Eine kleine Minderheit von Revolutionären, die sehr oft in nahezu vollständiger Isolierung wirkten, blieb jedoch den Grundsätzen des Marxismus treu. Einer der herausragendsten unter ihnen war Paul Mattick in den USA. Mattick antwortete auf Marcuse, der ein neues revolutionäres Subjekt suchte, mit seiner Schrift „Die Grenzen der Integration: Der eindimensionale Menschen in der Klassengesellschaft“ (1972) (2), in welcher er das revolutionäre Potential der Arbeiterklasse zur Überwindung des Kapitalismus bekräftigte. Aber sein dauerhaftester Beitrag war wahrscheinlich sein Buch „Marx und Keynes – die Grenzen des ‚Gemischten Wirtschaftssystems‘“, die 1969 veröffentlicht wurde, mit Untersuchungen und Essays, die schon in den 1950er Jahren verfasst wurden.
Obwohl am Ende der 1960er Jahre die ersten Zeichen einer neuen Phase der Wirtschaftskrise auftauchten (so zum Beispiel, als das britische Pfund Sterling 1967 abgewertet werden musste), schwammen diejenigen, welche die Auffassung vertraten, der Kapitalismus werde immer noch von einer tiefen strukturellen Krise erschüttert, mehr oder weniger gegen den Strom. Aber Mattick war noch immer aktiv; mehr als 30 Jahre, nachdem er die Zusammenbruchstheorie Henryk Grossmanns zusammengefasst und ausgebaut hatte „Die permanente Krise“ (1934) (3), und er vertrat weiterhin die Ansicht, dass der Kapitalismus immer noch ein Gesellschaftssystem war, das sich rückwärts entwickelte. Auch seien die den Akkumulationsprozess erschütternden Widersprüche nicht überwunden und stattdessen würden diese wieder stärker ausbrechen. Er wies darauf hin, dass die Art und Weise, wie die Herrschenden den Staat einsetzten, um den Akkumulationsprozess in Gestalt des keynesschen „gemischten Wirtschaftssystems“ im Westen oder in Gestalt des Stalinismus im Osten zu steuern, ein Beleg für eine Zwangslage der Herrschenden war. Denn diese waren gezwungen zu versuchen, das Wertgesetz zu umgehen; dieses Vorgehen war aber kein Beleg für die Überwindung der Widersprüche des Systems (wie Paul Cardan, Cornelius Castoriadis z.B. insbesondere in „Die revolutionäre Bewegung im modernen Kapitalismus“ dies vertraten – 1979). Im Gegenteil – dies war eher ein Zeichen des Niedergangs des Systems.
„Ungeachtet der langen Dauer einer „Wohlstandstandsphase“ der industriell fortgeschrittenen Länder gibt es keinen Grund für die Annahme, dass die Produktion von Kapital dank staatlicher Intervention in der Wirtschaft die inneren Widersprüche überwunden hat. Das Eingreifen des Staates selbst belegt die fortdauernde Krise der Kapitalproduktion, und die Zunahme der von der Regierung abhängigen Produktion ist ein unleugbares Zeichen des fortgesetzten Niedergangs der privatwirtschaftlich beherrschten Industrie (…) Die Keynessche Lösung wird sich als eine Scheinlösung erweisen, die den widersprüchlichen Verlauf der Kapitalakkumulation, wie er von Marx vorausgesagt wurde, nur verschieben aber nicht verhindern kann.“ (S. 152, englische Ausgabe) (4).
So meinte Mattick, dass “der Kapitalismus aufgehört hat ein gesellschaftlich fortschrittliches Produktionssystem zu sein und – trotz aller oberflächlicher Erscheinungen des Gegenteils – ein rückwärtsgerichtetes und zerstörerisches System geworden ist“ (S. 261-262, englische Ausgabe). Zu Beginn des 19. Kapitels „Der imperialistische Imperiativ“ bekräftigt Mattick, dass die Kriegstendenzen durch das Kapital nicht aus der Welt geschafft werden können, weil sie ein logisches Ergebnis der Blockade des Produktionsprozesses sind. Aber während „die Abfallproduktion durch Kriege strukturelle Änderungen der Weltwirtschaft und Verschiebungen der politischen Macht mit sich bringen kann, die auch einer neuen Periode kapitalistischer Expansion der Siegerländer förderlich sein mögen,“ (S.274) fügt er sofort hinzu, dass die Herrschenden sich dadurch nicht zu sicher fühlen sollten.
„Diese Art Optimismus ist haltlos in Anbetracht der Zerstörungskraft moderner Kriege, in der auch Atomwaffen zum Einsatz kommen können“. (S. 274) Aber für den Kapitalismus bedeutet die „Anerkenntnis, dass der Krieg Selbstzerstörung heißen könnte - was nicht auf einhellige Zustimmung stößt - , keineswegs, dass damit die Tendenz zu einem neuen Weltkrieg eingedämmt“ wäre (S.274). Die von ihm aufgezeigte Perspektive im letzten Satz seines Buches ist die gleiche, die die Revolutionäre zur Zeit des Ersten Weltkriegs angekündigt hatten: “Sozialismus oder Barbarei.”
Aber es gibt einige Schwächen in der Analyse Matticks der Dekadenz des Kapitalismus in seinem Buch “Marx und Keynes”. Einerseits erkennt er die Tendenz zur Aushebelung des Wertgesetzes als einen Ausdruck des Niedergangs; andererseits meint er, die vollkommen vom Staat beherrschten Länder des damals bestehenden Ostblocks seien nicht dem Wertgesetz unterworfen und stünden somit auch nicht vor der Gefahr, von Krisen erfasst zu werden. Er äußerte die Ansicht, dass aus der Sicht des Privatkapitals diese Regime gar als „staatssozialistisch bezeichnet werden können, einfach weil sie das Kapital in den Händen des Staates zentralisieren“ (S.321). Dennoch müssen sie vom Standpunkt der Arbeiterklasse aus als staatskapitalistisch bezeichnet werden. Jedenfalls „wird das staatskapitalistische System nicht von diesem Widerspruch zwischen profitabler und nicht profitabler Produktion geprägt, unter welchem das privatwirtschaftliche System leidet (…) Das staatskapitalistische System mag profitabel oder nichtprofitabel produzieren ohne von Stagnation bedroht zu sein“ (S. 291). Er vertrat die Auffassung, dass die stalinistischen Staaten in diesem Sinne ein andersartiges System darstellten, welches in einem tiefgreifenden Gegensatz zu den westlichen Formen des Kapitalismus stünde – darin schien er wohl die Wurzel und Triebkraft für den Kalten Krieg gesehen zu haben, denn anlässlich des damaligen Imperialismus meinte er, dass dieser sich vom „Imperialismus und Kolonialismus des laisser-faire Kapitalismus unterscheidet, da das Kapital um mehr als nur Rohstoffe, privilegierte Märkte und Kapitalexporte konkurriert. Es kämpft nämlich auch um sein eigenes Leben als ein auf Privatbesitz sich stützendes System gegen neue Formen der Kapitalproduktion, die nicht mehr wirtschaftlichen Wertgesetzen und den Wettbewerbsmechanismen des Marktes unterworfen sind.“ (S. 264). Diese Interpretation ist stimmig mit seiner Auffassung, dass die Ostblockstaaten eigentlich keine eigene imperialistische Dynmik hätten.
Die Gruppe “Internationalism” in den USA, die später eine Sektion der IKS wurde, deckte diese Schwäche in einem Artikel ihrer Zeitschrift Anfang der 1970er Jahre auf: “Staatskapitalismus und das Wertgesetz; eine Antwort auf ‘Marx und Keynes’”, Internationalism, Nr. 2). Der Artikel zeigt auf, dass Matticks Analyse der stalinistischen Regime das Konzept der Dekadenz untergräbt, welches in anderen Bereichen unterstützt wird. Denn wenn der Staatskapitalismus nicht krisenanfällig ist, wenn er – wie Mattick meint – die Kybernetik und die Entwicklung der Produktivkräfte fördert, wenn das stalinistische System nicht dazu gezwungen ist, seinen imperialistischen Tendenzen nachzugeben, dann werden die materiellen Grundlagen der kommunistischen Revolution dazu neigen zu verschwinden, und die durch die Epoche des Niedergangs aufgeworfene historische Alternative wird somit unbegreiflich. “Wenn Mattick den Begriff Staatskapitalismus verwendet, ist dies eigentlich irreführend. Der Staatskapitalismus oder „Staatssozialismus“, den Mattick als eine ausbeutende, aber nicht kapitalistische Produktionsform beschreibt, ähnelt sehr stark der Beschreibung Bruno Rizzis und Max Shachtmans des „bürokratischen Kollektivismus“, eine vor dem 2. Weltkrieg entwickelte Auffassung. Der wirtschaftliche Zusammenbruch des Kapitalismus, der auf dem Wertgesetz fußenden Produktionsweise, die Mattick als unvermeidbar einschätzt, wirft nicht die historische Alternative „Sozialismus oder Barbarei“ auf, sondern die Alternative „Sozialismus oder Barbarei oder „Staatsssozialismus“.
Die Wirklichkeit sollte dem Artikel von “Internationalism” Recht geben. Im Allgemeinen stimmt es, dass die Krise im Osten nicht die gleiche Form annahm wie im Westen. Sie trat eher in Gestalt einer Unterproduktion, eines Mangels auf als in Form von Überproduktion; zumindestens im Bereich der Konsumgüter. Aber die Inflation, die jahrzehntelang in diesen Ländern wütete und die oft der Zündstoff für die Explosion vieler großer Kämpfe war, deckte bloß auf, dass die Bürokratie keineswegs die Auswirkungen des Wertgesetzes aus der Welt schaffen konnte. Vor allem hat mit dem Zusammenbruch des Ostblocks – welcher ebenso dessen militärische und gesellschaftliche Sackgasse zum Ausdruck brachte – das Wertgesetz sozusagen ‚Rache‘ geübt an den stalinstischen Regimen, die versucht hatten, es außer Kraft zu setzen. So hat sich der Stalinismus genauso wie der Keynesianismus als eine Scheinlösung erwiesen. „die zwar die widersprüchlichen Auswirkungen der Akkumulation des Kapitals, wie Marx sie vorhergesehen hatte, verzögern aber nicht aus der Welt schaffen kann.“ (S.264) (5)
Der Mut Matticks wurde durch die direkte Erfahrung der Revolution in Deutschland und die Verteidigung der Klassenpositionen gegen die siegreiche Konterrevolution der 1930er und 1940er Jahre getragen. Ein anderer ‚Überlebender‘ der Kommunistischen Linken, Marc Chirik, hat ebenso weiterhin während des Zeitraums der Konterrevolution und des 2. Weltkriegs militante Arbeit betrieben. Er war ein herausragendes Mitglied der Gauche Communiste de France (GCF), dessen Beitrag wir in dem vorhergehenden Artikel gewürdigt haben. Während der 1950er Jahre lebte er in Venezuela; eine Zeitlang konnte er überhaupt keiner organisierten Aktivität nachgehen. Aber Anfang der 1960er Jahre begann er, einen Kreis von jungen GenossInnen zusammenzubringen, die später die Gruppe Internacionalismo gründete, die sich auf die gleichen Prinzipien wie die GCF stützte. Natürlich übernahm sie auch das Konzept der Dekadenz.
Aber während die GCF darum kämpfte, in einer finsteren Zeit der Arbeiterbewegung zu widerstehen, brachte die venezuelanische Gruppe etwas zum Ausdruck, das im Bewusstsein der Weltarbeiterklasse gärte. Sie erkannte mit beeindruckender Klarheit, dass die finanziellen Schwierigkeiten, die dem scheinbar gesunden Organismus des Kapitalismus immer mehr zu schaffen machten, in Wirklichkeit einen neuen Absturz in die Krise bedeuteten und dass das System auf eine unbesiegte Generation der Arbeiterklasse stoßen werde. Wie die Gruppe im Januar 1968 schrieb: „Wir sind keine Propheten und können auch nicht vorhersagen, wann und wie sich die Dinge in der Zukunft entwickeln werden. Aber eins ist sicher und steht fest: Der Prozess, in dem der Kapitalismus heute steckt, kann nicht aufgehalten werden und führt direkt in die Krise. Und wir sind auch sicher, dass der umgekehrte Prozess der Entwicklung der Kampfbereitschaft das Proletariat in einen blutigen und direkten Kampf um die Zerstörung des bürgerlichen Staates treiben wird.“ Diese Gruppe hatte eine der hellsichtigsten und klarsten Einschätzungen der massiven sozialen Bewegungen in Frankreich im Mai 1968, 1969 in Italien und anderswo, die sie als das Ende der Konterrevolution bewertete.
Aus der Sicht Internacionalismos stellten diese Bewegungen der Klasse eine Antwort der Arbeiterklasse auf die ersten Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise dar, die schon zu steigender Arbeitslosigkeit und zu Versuchen, die Lohnerhöhungen einzudämmen, geführt hatte. Aus der Sicht anderer war dies nur eine mechanische Anwendung eines überholten Marxismus. Mai 1968 spiegelte vor allem die direkte Revolte der Arbeiterklasse gegen die Entfremdung einer voll funktionierenden kapitalistischen Gesellschaft. Dies war die Auffassung der Situationisten, die jeden Versuch ablehnten, die Krise und den Klassenkampf miteinander in Verbindung zu bringen und dies als einen Ausdruck von Sekten aus der Zeit der Dinosaurier bezeichneten. „Was die Überbleibsel des alten nicht-trotzkistischen Ultra-Gauchismus betrifft, so brauchten sie mindestens eine sehr wichtige Wirtschaftskrise. Sie machten jedes revolutionäre Moment von ihrer Rückkehr abhängig und sie sahen nichts kommen. Jetzt, wo sie im Mai eine revolutionäre Krise erkannt haben, müssen sie beweisen, dass es also diese unsichtbare Wirtschaftskrise im Frühling 1968 gab. Darum bemühen sie sich ohne Angst vor der Lächerlichkeit, indem sie Tabellen über die wachsenden Preise und Arbeitslosigkeit vorweisen. So ist für sie die Wirtschaftskrise nicht mehr diese furchtbar auffallende objektive Wirklichkeit, die bis 1929 so stark erlebt und beschrieben wurde, sondern eine Art eucharistische Anwesenheit, auf die sich ihre Religion stützt. „(https://www.si-revue.de/der-beginn-einer-epoche [19])
In Wirklichkeit ist – wie wir gesehen haben – der Standpunkt Internacionalismos hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Krise und Klassenkampf später nicht geändert worden. Im Gegenteil, die Treue der Gruppe gegenüber der marxistischen Methode ermöglichte ihr, anhand einiger unspektakulärer Vorboten den Ausbruch von Bewegungen wie Mai 1968 vorherzusehen. Die deutlichere Zuspitzung der Krise von 1973 an machte schnell klar, dass die Situationistische Internationale – die mehr oder weniger die Theorie Cardans von einem Kapitalismus übernommen hatte, der seine wirtschaftlichen Widersprüche überwunden hätte, - einer Phase des Kapitalismus angehört hatte, die endgültig der Vergangenheit angehörte.
Die Hypothese, derzufolge Mai 1968 ein bedeutendes Wiederauftauchen der Arbeiterklasse bedeutete, wurde dadurch bestätigt, dass in vielen Ländern Gruppen und Zirkel entstanden, die eine wirklich revolutionäre Kritik des Kapitalismus zu entwickeln versuchten. Natürlich war diese neue proletarische politische Bewegung nach solch einem langen Zeitraum des Rückflusses sehr heterogen und unerfahren. Als Reaktion auf die Schrecken des Stalinismus blieb diese Bewegung sehr oft schon misstrauisch gegenüber dem Begriff politische Organisation überhaupt. Man reagierte extrem ablehnend gegenüber allem, was nach „Leninismus“ roch und gegenüber dem, was als die Rigidität des Marxismus angeprangert wurde. Einige dieser Gruppen verloren sich in einem frenetischen Aktivismus, und weil ihnen eine langfristige Analyse fehlte, überlebten sie nicht lange das Ende der ersten internationalen Welle von Kämpfen, die 1968 ausgebrochen waren. Andere verwarfen nicht die Verbindung zwischen Arbeiterkämpfen und der Krise, stattdessen gingen sie an diese Frage mit einem ganz anderen Blickwinkel heran: Hauptsächlich habe die Kampfbereitschaft der Arbeiter die Krise ausgelöst, indem die Arbeiterklasse ‚grenzenlose’ Lohnforderungen erhoben habe und sich weigerte, die kapitalistischen Umstrukturierungen hinzunehmen. Dieser Standpunkt wurde in Frankreich von der Groupe de Liaison pour l’Action des Travailleurs (einer der zahlreichen Nachfolger von Socialisme ou Barbarie) und in Italien von der Strömung Arbeiterautonomie vertreten, die den „traditionellen“ Marxismus als hoffnungslos „objektivistisch“ einschätzte (wir werden in einem anderen Artikel darauf zurückkommen) hinsichtlich des Begreifens der Beziehungen zwischen Krise und Klassenkampf.
Diese neue Generation entdeckte jedoch ebenfalls die Arbeiten der Kommunistischen Linken. Sie erkannte ebenfalls, dass die Auseinandersetzung und Verteidigung der Dekadenztheorie ein Teil dieses Prozesses war. Marc Chirik und einige andere junge GenossInnen der Gruppe Internacionalismo waren nach Frankreich gekommen, und in der Hitze der Ereignisse von 1968 beteiligten sie sich an der Bildung eines ersten Kerns der Gruppe „Révolution Internationale“. Von Anfang an rückte „Révolution Internationale“ das Konzept der Dekadenz in den Mittelpunkt seiner politischen Vorgehensweise. Der Gruppe gelang es, eine Reihe von Gruppen und rätekommunistisch orientierte Einzelpersonen oder Libertäre zu überzeugen, dass ihre Gegnerschaft zu den Gewerkschaften, der nationalen Befreiungsbewegung und der kapitalistischen Demokratie nicht wirklich verstanden und richtig verteidigt werden konnte ohne einen historisch kohärenten Rahmen.
In den ersten Ausgaben von „Révolution Internationale“ wurde eine Artikelserie mit dem Titel „Die Dekadenz des Kapitalismus“ veröffentlicht, die später als Broschüre der Internationalen Kommunistischen Strömung erschien. Dieser Text ist auf unserer Webseite verfügbar und enthält immer noch die wesentlichen Grundlagen der politischen Methode der IKS, insbesondere hinsichtlich des breiten historischen Überblicks, der vom primitiven Kommunismus über die verschiedenen, dem Kapitalismus vorausgehenden Gesellschaften bis zur Untersuchung des Aufstiegs und des Niedergangs des Kapitalismus selbst reicht. Wie die gegenwärtigen Artikel dieser Serie stützt die Broschüre sich auf das Konzept Marxens des „Zeitraums der gesellschaftlichen Revolutionen“. Er beleuchtet die Schlüsselelemente und gemeinsamen Merkmale aller Klassengesellschaften in der Zeit, als sie zu Fesseln der Entwicklung der Produktivkräfte geworden sind: Die Internsivierung der Kämpfe zwischen Flügeln der herrschenden Klasse, die wachsende Rolle des Staates, der Zerfall der ideologischen Rechtfertigungen, die wachsenden Kämpfe der unterdrückten und ausbeutenden Klassen. Mit der Anwendung dieser allgemeinen Herangehensweise auf die Besonderheiten der kapitalistischen Gesellschaft versuchte man aufzuzeigen, wie der Kapitalismus seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts von einer „Entwicklungsform“ zu einer „Fessel“ für die Produktivkräfte wurde. Die Weltkriege und zahlreichen anderen imperialistischen Konflikte, die revolutionären Kämpfe, die 1917 ausbrachen, die gewaltige Zuspitzung der Rolle des Staates und die unglaubliche Verschwendung menschlicher Arbeit durch die Entwicklung der Kriegswirtschaft und anderer unproduktiver Ausgaben wurde dabei hervorgehoben.
Diese allgemeine Sicht, welche zu einer Zeit verbreitet wurde, als die ersten Zeichen einer neuen Wiirtschaftskrise immer sichtbarer wurden, überzeugte einige Gruppen in anderen Ländern, dass die Dekadenztheorie ein grundlegend wichtiger Ausgangspunkt für die linkskommunistischen Positionen war. Sie war nicht nur Dreh- und Angelpunkt der Plattform der IKS, sondern wurde ebenso von anderen Tedenzen wie Revolutionary Perspektives und später von der Communist Workers Organisation in Großbritannien aufgegriffen. Hinsichtlich der Ursachen der Dekadenz bestehen große Divergenzen. Die Broschüre der IKS übernahm im Großen und Ganzen die Analyse Rosa Luxemburgs, obwohl die Einschätzung des „Wirtschaftswunders“ nach dem 2. Weltkrieg (wobei der wirtschaftliche Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Länder als eine Art neuer Markt angesehen wurde) später zu einem Diskussionsthema in der IKS wurde. Es gab ohnehin immer schon in der IKS unterschiedliche Auffassungen zu dieser Frage. Insbesondere gibt es GenossInnen, die der Theorie Grosssmann-Matticks anhängen, die auch von der CWO und anderen vertreten wird. Aber in dieser Zeit des Wiederauftauchens der revolutionären Bewegung schien die „Theorie der Dekadenz“ allgemein mehr Anhänger zu finden.
Bei unserem Überblick über die jeweiligen Anstrengungen der Revolutionäre, den Zeitraum des Niedergangs des Kapitalismus zu begreifen, kommen wir jetzt zur Phase der 1970er und 1980er Jahre. Aber bevor wir die Entwicklung näher betrachten – und die zahlreichen Rückschritte auf theoretischer Ebene seit jener Zeit bis heute -, erscheint es uns nützlich die Bilanz in Erinnerung zu rufen, die wir in dem ersten Artikel dieser Serie gezogen hatten (1) und diese zu aktualisieren, da die spektakulären Ereignisse insbesondere auf ökonomischer Ebene, die seit Anfang 2008 – als wir diesen ersten Teil schrieben - stattgefunden haben, dies erforderlich machen.
In den 1970er und 1980er Jahren hat die internationale Welle von Kämpfen eine Reihe von Fortschritten und Rückschritten gemacht; dagegen hat sich die Wirtschaftskrise unaufhörlich zugespitzt. Dadurch wurde die These der Autonomen widerlegt, welche meinten, die Arbeiterkämpfe seien die Ursache der Wirtschaftskrise. Die Depression der 1930er Jahre, die zeitgleich stattfand mit der größten historischen Niederlage der Arbeiterklasse, hatte diese Auffassung schon weitestgehend widerlegt. Auch die unleugbare Verschärfung des wirtschaftlichen Debakels, so wie dieses seit Mitte der 1970er Jahre und Anfang der 1980er Jahre ersichtlich geworden ist, hat - selbst als die Arbeiterklasse sich auf dem Rückzug befand, vor allem in den 1990er Jahren -, klar vor Augen geführt, dass ein „objektiver“ Prozess der Krisenverschärfung eingesetzt hatte und dass dieser im Wesentlichen nicht durch die Widerstandskraft der Arbeiterklasse bestimmt war. Ebenso wenig kann man behaupten, dass die herrschende Klasse diesen Prozess wirksam steuern konnte. Nachdem man die Keynessche Politik fallen ließ, welche die Jahre des Nachkriegsbooms geprägt hatte, die aber nun zu einer der treibenden Kräfte für die galoppierende Inflation wurde, versuchte die herrschende Klasse in den 1980er Jahren nunmehr eine Politik der Anpassung zu vollziehen, wodurch die Massenarbeitslosigkeit sprunghaft anstieg und in den meisten Schlüsselländern des Kapitalismus eine Deindustrialisierung einsetzte. In den darauffolgenden Jahren versuchte man erneut, das Wachstum durch eine massive Verschuldung anzukurbeln, wodurch es zu kurzen Phasen des Aufschwungs kam, die aber gleichzeitig tiefgreifende Spannungen unter der Oberfläche aufbauten, welche mit dem Crash von 2007/2008 in Erscheinung traten. Ein allgemeiner Überblick über die kapitalistische Weltwirtschaft seit 1914 bietet also kein Szenario einer aufsteigenden Produktionsweise, sondern eines Systems, das unfähig ist, aus seiner Sackgasse herauszukommen, trotz aller Mittel, die bislang eingesetzt wurden.
- 1914-1923: Erster Weltkrieg und die erste internationale Welle von proletarischen Revolutionen; die Kommunistische Internationale kündigte den Anbruch einer “Epoche von Kriegen und Revolutionen” an;
- 1924-1929: ein kurzer Aufschwung, welcher aber die Spätfolgen der Nachkriegsstagnation der „alten“ Länder und der „alten“ Reiche nicht überwand; der „Boom“ blieb auf die USA beschränkt;
- 1929: Die gewaltige Ausdehnung des US-Kapitals mündete in einem spektakulären Krach; dieser stürzte die Weltwirtschaft in die tiefeste und breiteste bislang dagewesene Depression. Die Produktion kam nicht wieder „von selbst“ in Fahrt, wie das während der zyklischen Krisen im 19. Jahrhundert noch der Fall gewesen war. Stattdessen wurden staatskapitalistische Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft eingesetzt, aber diese waren Teil einer Entwicklung hin zum Zweiten Weltkrieg;
- 1945-1967: eine gewaltige Erhöhung der Staatsausgaben (Keynesianismus) - im Wesentlichen finanziert durch eine Politik der Verschuldung und gefördert durch bislang nie dagewesene Produktivitätserhöhungen - schuf die Bedingungen für eine bis dato unerreichte Wachstums- und Wohlstandsperiode, von der allerdings ein großer Teil der „Dritten Welt“ ausgeschlossen blieb;
- 1967-2008: 40 Jahre offene Krise, verdeutlicht vor allem durch die galoppierende Inflation der 1970er Jahre und die Massenarbeitslosigkeit in den 1980er Jahren. Aber Anfang der 1990er Jahre und zu Beginn des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrtausend trat die Krise „offener“ und deutlicher in einigen Teilen der Welt auf als in anderen. Die Abschaffung gewisser Beschränkungen der Kapitalströme und der Finanzspekulationen, eine Reihe von Standortverlagerungen in Gebiete mit niedrigeren Löhnen, die Entwicklung neuer Technologien und vor allem der unbegrenzte Rückgriff auf die Verschuldung durch den Staat, die Unternehmen und die Haushalte: All dies schuf eine „Wachstumsblase“, bei der einige kleine Eliten große Profite einstreichen und Länder wie China ein frenetisches Wachstum hinlegen konnten. Auch stiegen die Konsumentenkredite in den Industriezentren stark an. Aber Alarmsignale konnten die ganze Zeit vernommen werden: Rezessionen, die den Aufschwüngen folgten (zum Beispiel die von 1974-75, 1980-82, 1990-93, 2001-2002, der Börsenkrach 1987, usw.), und bei jeder Rezession verfügte das Kapital über weniger Eingriffsmöglichkeiten, im Gegensatz zu den „Zusammenbrüchen“ der Aufstiegsphase, als es immer noch möglich war, die Ausdehnung nach Außen in geographische und ökonomische Räume fortzusetzen, die bis dahin noch außerhalb des kapitalistischen Kreislaufs standen.
Da man praktisch über keine Absatzmärkte mehr verfügte, war die Kapitalistenklasse gezwungen, das Wertgesetz zu umgehen, welches das System in den Zusammenbruch treibt. Dies traf sowohl für die offen staatskapitalistische Keynesianische Politik zu wie auch für den Stalinismus, der kein Geheimnis daraus machte, die Auswirkungen der Marktwirtschaft durch die Finanzierung von Defiziten zu bremsen und indem man die unrentablen Wirtschaftsbereiche am Leben hielt, um so die Produktion aufrechtzuhalten. Selbst die „Neoliberalen“, an deren Spitze Thatcher und Reagan standen, betrieben die gleiche Politik, auch wenn sie das Gegenteil von sich behaupteten. In Wirklichkeit war diese Politik eine Ausgeburt des kapitalistischen Staates; und weil diese ständig auf unbegrenzte Kredite und die Spekulation zurückgriff, respektierte sie in keinster Weise die klassischen Gesetze der kapitalistischen Wertschöpfung. In dieser Hinsicht war der dem gegenwärtigen Debakel vorausgehende Zusammenbruch der „Tiger“ und „Drachen“ in Ostasien im Jahre 1997 eines der wichtigsten Ereignisse, denn damals ging eine frenetische Wachstumsphase, die mit faulen Krediten finanziert worden war, abrupt zu Ende, nachdem die Rückzahlung dieser Schulden anstand. Dies war ein Vorbote der darauf folgenden Erschütterungen, auch wenn danach China und Indien die Rolle der Lokomotive spielen wollten, die zuvor von anderen Ländern Ostasiens gespielt worden war. Die „technologische Revolution“, insbesondere im Bereich Informatik, um die in den 1990er Jahren und zu Beginn des Jahrtausends viel Aufheben gemacht wurde (Internet-Economy), hat den Kapitalismus auch nicht vor seinen inneren Widersprüchen retten können. Die organische Zusammensetzung des Kapitals stieg an, damit sank die Profitrate und dies konnte nicht ausgeglichen werden durch eine echte Ausdehnung des Weltmarktes. In Wirklichkeit wurde dadurch die Überproduktion noch verschärft und immer mehr Beschäftigte verloren ihren Arbeitsplatz.
2008 erreichte die Krise des Weltkapitalismus eine qualitativ neue Stufe, denn all die ‚Lösungen‘, welche der kapitalistische Staat während der vorausgegangenen vier Jahrzehnte angewandt hatte, insbesondere die Zuhilfenahme von Krediten, erwiesen sich als hilflos. Obwohl Politiker, Finanzjongleure und Bürokraten mit so großem Vertrauen in diese Mittel sie so hartnäckig eingesetzt hatten, scheiterten sie alle kläglich. Jetzt griff die Krise auf die Zentren des Weltkapitalismus, die USA und die Euro-Zone, über und all die eingesetzten Mittel zur Aufrechterhaltung des Vertrauens in die Möglichkeiten einer ständigen wirtschaftlichen Expansion erwiesen sich als wirkungslos. Die Schaffung eines künstlichen Marktes mit Hilfe von Krediten war auf ihre historischen Grenzen gestoßen, sie droht nunmehr den Wert des Geldes zu zerstören und eine galoppierende Inflation auszulösen. Gleichzeitig bewirken die Schritte zur Kreditkontrolle und die Versuche der Staaten, ihre Ausgaben zu kürzen, eine weitere Schrumpfung der Märkte. Im Endergebnis tritt der Kapitalismus jetzt in eine Depression ein, die viel tiefgreifender und noch weniger überwindbar ist als die der 1930er Jahre. Und während die Depression sich auf die westlichen Industriestaaten ausdehnt, erweist sich die große Hoffnung, dass ein Land wie China die Weltwirtschaft aus dem Schlamassel reißen könnte, als eine hirnrissige Illusion. Das industrielle Wachstum Chinas stützt sich auf seine Fähigkeit, seine Waren billig im Westen zu verkaufen, und falls diese Märkte schrumpfen, steht China ebenso vor einem wirtschaftlichen Crash.
Die Schlussfolgerung daraus lautet: Während der Kapitalismus in seiner Aufstiegsphase einen Krisenzyklus durchlief, welcher sowohl dessen innere Widersprüche widerspiegelte als auch ein unabdingbares Element seiner globalen Expansion darstellte, ist die Krise des Kapitalismus im 20. und 21. Jahrhundert, wie Paul Mattick es schon in den 1930er Jahren vertreten hatte, zu einer permanenten Krise geworden. Der Kapitalismus hat mittlerweile eine Stufe erreicht, wo die Hilfsmittel, mit denen er sich am Leben hielt, zu einem die Krankheit verstärkenden Faktor geworden sind.
Das Abdriften in den imperialistischen Krieg spiegelt ebenso die historische Sackgasse der kapitalistischen Weltwirtschaft wider:
„Je mehr der Markt schrumpft, desto heftiger wird der Kampf um den Besitz von Rohstoffen und die Kontrolle des Weltmarktes. Der wirtschaftliche Kampf zwischen verschiedenen kapitalistischen Gruppen spitzt sich immer mehr zu; dabei wird auch die höchste Stufe des Kampfes zwischen Staaten erreicht. Der verzweifelte Wirtschaftskrieg kann letzten Endes nur in militärische Gewalt münden. Der Krieg wird zum einzigen Mittel nicht der Lösung der internationalen Krise, sondern des Versuchs eines jeden nationalen Kapitals, die Schwierigkeiten auf Kosten der imperialistischen Rivalen zu einzudämmen.
Die vorübergehenden Lösungen der isolierten Imperialismen mittels militärischer und ökonomischer Siege führen nicht nur zur Zuspitzung der Lage der imperialistischen Gegner, sondern auch zu einer Zuspitzung der Weltkrise und der Zerstörung der kumulierten Werte von Jahren und Jahrhunderten gesellschaftlicher Arbeit. Die kapitalistische Gesellschaft in der Zeit des Imperialismus ähnelt mehr einem Gebäude, dessen Baumaterial für den Bau der oberen Stockwerke aus dem Baumaterial der unteren Stockwerke und dem Fundament entnommen wird. Je frenetischer der Bau in die Höhe getrieben wird, desto zerbrechlicher wird das ganze Fundament, das das Gebäude stützt. Je imposanter das Gebäude nach Außen erscheint, desto brüchiger und schwankender wird das Gebäude in Wirklichkeit. Der Kapitalismus ist zwangsweise dazu gezwungen, seine eigenen Grundlagen zu untergraben; er muss unaufhörlich den Zusammenbruch der Weltwirtschaft herbeiführen und somit die Menschheit in die Katastrophe und an den Abgrund treiben.“ („Bericht zur Weltlage“, Juli 1945, GCF, 7 [20])
Die imperialistischen Kriege, gleichgültig ob lokal oder Weltkriege, sind der klarste Ausdruck der Tendenz des Kapitalismus zur Selbstvernichtung. Das trifft sowohl für die Tendenz der physischen Zerstörung des Kapitals zu als auch für die Vernichtung von ganzen Bevölkerungsgruppen, sowie auch für die gewaltige Vernichtung von Werten, die die Rüstungsproduktion mit sich bringt, die nunmehr nicht mehr beschränkt ist auf die Phase offener Kriege. Das Verständnis der GCF des zutiefst irrationalen Wesens des Krieges im Zeitalter der Dekadenz wurde gewissermaßen getrübt durch die Umorganisierung und den globalen Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg. Aber die Blütephase nach dem 2. Weltkrieg stellte eine Ausnahmephase dar, die sich nicht wiederholen wird. Und wie immer sich das Kapital in dieser Phase auch international organisierte, der Krieg war damals auch von ständiger Dauer. Nach 1945, als die Welt in zwei rivalisierende imperialistische Blöcke aufgeteilt wurde, nahmen die militärischen Konflikte allgemein die Form endlos langer „nationaler Befreiungskämpfe“ an, bei denen die beiden Großmächte um die strategische Vorherrschaft stritten. Nach 1989 hat der Zusammenbruch des schwächeren russischen Blocks keineswegs die Tendenz zum Krieg abgeschwächt, sondern die einzig verbliebene Supermacht, die USA, ist militärisch noch häufiger interveniert, wie der erste Golfkrieg 1991, die Balkankriege in den 1990er Jahren und Afghanistan und der Irak nach 2001 beweisen. Diese Interventionen der USA verfolgten größtenteils – vergeblich - das Ziel, die zentrifugalen Tendenzen einzudämmen, welche durch das Auseinanderbrechen des ehemaligen Sowjetblocks ausgelöst worden waren. Dadurch spitzten sich die örtlichen und globalen Rivalitäten noch mehr zu und breiteten sich noch weiter aus. Die Konflikte in Afrika, Ruanda, Kongo, Äthiopien, Somalia sprechen Bände. Die Spannungen um die israelisch-palästinensische Frage dauern an, und selbst die Gefahr eines Atomkrieges zwischen Indien und Pakistan ist nicht gebannt.
Der Erste und Zweite Weltkrieg haben tiefgreifende Umwälzungen der Kräfteverhältnisse zwischen den größten kapitalistischen Mächten bewirkt, bei denen hauptsächlich die USA der große Nutznießer waren. Die überwältigende Vorherrschaft der USA nach 1945 war ein Schlüsselfaktor in der Boomphase nach dem Krieg. Aber im Gegensatz zu einem der Slogans der 1960er Jahre war der Krieg kein Beleg für die „Gesundheit und Stärke des Staates“. Genauso wie der extrem aufgeblähte Rüstungssektor zum Zusammenbruch des Ostblocks geführt hat, ist das Bestreben der USA, ihre Stellung als Weltpolizist zu verteidigen, zu einem Faktor geworden, der den Niedergang der USA als Weltmacht beschleunigt. Die Unsummen von Geld, die die Kriege im Irak und Afghanistan bislang gekostet haben, sind nicht durch die schnellen Profite von Halliburton oder anderen kapitalistischen Geiern ausgeglichen worden; im Gegenteil sie haben mit dazu beigetragen, dass die USA von einem Gläubiger der Welt zu einem ihrer Hauptschuldnerländer geworden sind.
Einige revolutionäre Organisationen wie die “Internationale Kommunistische Tendenz” (IKT, vormals IBRP) vertreten die Auffassung, dass der Krieg, vor allem der Handelskrieg, aus kapitalistischer Sicht ausgesprochen rational sei. Sie meinen, dass durch die Zerstörung von überflüssigem konstantem Kapital, das für gesunkene Profitraten verantwortlich ist, der Krieg in der Niedergangsphase des Kapitalismus die Erhöhung der Profitraten und auch den Anstoß eines neuen Akkumulationszyklus ermöglicht. Wir können hier nicht näher auf diese Diskussion eingehen, aber selbst wenn diese Analyse richtig wäre, könnte dies keine Lösung für das Kapital sein. Zunächst, weil man überhaupt nicht sagen kann, dass die Bedingungen für einen dritten Weltkrieg – zu denen unter anderem die Bildung von stabilen imperialistischen Blöcken gehört – in einer Welt gegeben sind, in der immer mehr das Prinzip des „Jeder für sich“ vorherrscht. Und selbst wenn ein dritter Weltkrieg auf der Tagesordnung stünde, würde dieser sicherlich keinen neuen Akkumulationszyklus auslösen, sondern ziemlich sicher zur Auslöschung des Kapitalismus und wahrscheinlich der ganzen Menschheit führen. 8 [21] Dies wäre der endgültige Beweis der Irrationalität des Kapitalismus, aber es gäbe niemanden mehr, der sagen könnte: „Ich habe es ja gewusst!“
Seit den 1970er Jahren waren die Revolutionäre gezwungen, eine neue Dimension der Diagnose zu berücksichtigen, derzufolge der Kapitalismus der Menschheit nichts Positives mehr zu bieten hat und er zu einem zerstörerischen System geworden ist: die wachsende Umweltzerstörung, die nunmehr weltweit zu einer Gefahr geworden ist. Die Verschmutzung und Zerstörung der Natur wohnen der kapitalistischen Produktion von Anfang an inne, aber im 20. Jahrhundert und insbesondere seit dem 2. Weltkrieg haben sie sich ausgedehnt und weiter zugespitzt, weil der Kapitalismus bis in die letzten Winkel der Erde vorgedrungen ist. Gleichzeitig sind als Folge der historischen Sackgasse des Kapitalismus der Klimawandel, die Plünderung und Verschmutzung der Böden, der Meere, der Flüsse und Wälder noch einmal verschärft worden durch die brutale Zuspitzung des nationalen Wettkampfes um den Zugang zu den Rohstoffen, der Ausbeutung von Arbeitskräften und der Öffnung neuer Märkte. Die Umweltkatastrophe, insbesondere in der Form der Klimaerwärmung ist zu einem neuen zentralen Thema der kapitalistischen Apokalypse geworden. All die internationalen Umweltgipfel, die in den letzten Jahren stattfanden, haben die Unfähigkeit der Herrschenden vor Augen geführt, auch nur die elementarsten Maßnahmen zur Vermeidung des Desasters zu ergreifen.
Dies belegt folgende Tatsache deutlich: Der jüngste Bericht der Internationalen Energieagentur (International Energy Agency), eine Institution, die bislang nie durch besonders laute Warnungen aufgefallen war, erklärte, dass die Regierungen der Welt noch fünf Jahre Zeit haben, um den Klimawechsel zu vermeiden bevor es zu spät ist. Der IEA und einer Reihe von wissenschaftlichen Instituten zufolge muss unbedingt sichergestellt sein, dass der Temperaturanstieg nicht 2°C übersteigt. „Um die Emissionen unter diesem Ziel zu halten, kann die Menschheit nicht mehr so weiter machen wie bisher. Es verbleiben lediglich fünf Jahre, bevor die zulässigen Emissionen „erreicht“ sind. Wenn man die gesetzten Ziele der Begrenzung des Temperaturanstiegs erreichen will, müssen alle von 2017 an gebauten Infrastrukturen emissionsfrei sein.“ 9 [22].
Ein Monat nach der Veröffentlichung dieses Berichtes im November 2011 wurde der Durban-Gipfel als ein Schritt nach vorne gelobt, denn zum ersten Mal hätten nach all diesen internationalen Treffen die Staaten eine Überkunft getroffen, die Kohlendioxidemissionen zu begrenzen. Aber diese Grenzen sollen erst 2015 festgelegt und lediglich ab 2020 müssten sie eingehalten werden – viel zu spät, wenn man der Warnung der IEA und vieler anderer internationalen Umweltschutzorganisationen Glauben schenkt. Keith Allio, zuständig für „Klimawandel“ beim World Wide Fund for nature“ in Großbritannien, meinte denn auch: „Die Regierungen haben einen Weg offengehalten für Verhandlungen, aber wir dürfen keine Illusionen haben – mit dem Abschluss von Durban stehen wir vor der Aussicht, dass wir uns auf die legale, vereinbarte Grenze von 4°C Erwärmung zubewegen. Das wäre eine Katastrophe für die Menschen und die Natur. Die Regierungen haben tagelang über ein paar Wörter des Vertragstextes gestritten, aber sie haben die Warnungen der Wissenschaftler außer Acht gelassen, dass viel energischere Maßnahmen erforderlich sind, um die Emissionen zu reduzieren.“ 10 https://www.wwf.org.uk/what_we_do/press_centre/?unewsid=5529 [23]
Das Problem mit den reformistischen Auffassungen der Umweltschützer ist: Sie sehen nicht, dass der Kapitalismus von seinen eigenen Widersprüchen und seinem immer verzweifelteren und zerstörerischeren Überlebenskampf erdrückt wird. Da der Kapitalismus in der Krise steckt, kann das System nicht weniger Konkurrenz und mehr Zusammenarbeit, also eine vernünftigere Produktionsweise einführen. Auf allen Ebenen bringt das System stattdessen einen immer heftigeren Konkurrenzkampf hervor, vor allem zwischen Nationalstaaten, die irgendwie Gladiatoren ähneln, welche sich in einer Arena bekämpfen, in der Hoffnung auf unmittelbares Überleben. Immer mehr müssen kurzfristige Profite erzielt, alles dem Idol des „Wirtschaftswachstums“ unterworfen werden, d.h. der Kapitalakkumulation, auch wenn es sich nur um fiktives Wachstum handelt, das wie in den letzten Jahrzehnten auf „faulen“ Schulden fußt. Kein Land kann sich auch nur im Geringsten irgendeinen Sentimentalismus leisten, weil jedes Land seine nationalen „Schätze der Natur“ aufs äußerste ausbeuten mss. In der kapitalistischen Weltwirtschaft kann es auch keine legalen Strukturen und keine internationalen Regierungsformen geben, welche dazu in der Lage wären, die engstirnigen nationalen Interessen den globalen Interessen des Planeten
Wie groß auch immer die wirkliche Herausforderung durch die Klimaerwärmung sein wird, die ökologische Frage insgesamt beweist erneut, dass die Fortsetzung der Herrschaft der Kapitalistenklasse, der kapitalistischen Produktionsweise zu einer Gefahr für das Überleben der Menschheit geworden ist.
All dies wird sehr anschaulich verdeutlicht durch ein Beispiel, das auch zeigt, dass die Gefahr der Umweltzerstörung genauso wie die Wirtschaftskrise von den Gefahren durch militärische Bedrohungen nicht getrennt werden kann.
“In den letzten Monaten haben Ölgesellschaften Schlange gestanden, um die Explorationsrechte in der Baffin Bucht zu erwerben, einer Kohlenwasserstoff-reichen Region an der Westküste Grönlands, die bis vor kurzem mit einem dicken Eispanzer bedeckt war, der Bohrungen unmöglich machte.
US-amerikanische und kanadische Diplomaten haben erneut angefangen über Navigationsrechte in einer Seeroute durch die kanadische Arktis zu streiten, welche die Seeverbindung verkürzen und Kosten für Tanker mit langen Transportrouten senken könnte.
Jeder Besitzanspruch auf den Nordpol war immer ein Zankapfel, da Russland und Dänemark jeweils Ansprüche erhoben haben auf das darunterliegende Seegebiet, in der Hoffnung sich einen Zugang zu erwerben zu allen Naturreichtümern vom Fischbestand bis zu den Naturgasvorkommen.
Die heftigen Auseinandersetzungen um die Ansprüche auf die Arktis wurden durch diplomatische Notenwechsel ersichtlich, welche letzte Woche von Wikileaks veröffentlicht wurden. Botschaften zwischen US-Diplomaten deckten auf, wie nördliche Nationen, darunter Russland und die USA, manövriert haben, um sicherzustellen, dass sie Zugang erhalten zu Schifffahrtsrouten wie auch Öl- und Gasquellen unter dem Meer, von denen man schätzt, dass sie bis zu 25% der unerschlossenen Energiereserven der Welt enthalten.
In den diplomatischen Mitteilungen zeigten sich US-Offizielle besorgt, dass Streitigkeiten wegen der Ressourcen sogar zu einer Aufrüstung in der Arktis führen könnten. Während in der Arktis Frieden und Stabilität herrschen, kann man jedoch in der Zukunft nicht ausschließen, dass es zu einer Umverteilung der Macht kommt, bis hin zu einer bewaffneten Intervention, wird aus einem Memorandum von 2009 des US-Außenministeriums ein russischer Botschafter zitiert.“ (11)
Eines der schlimmsten Kennzeichen der Klimaerwärmung ist das Schmelzen der Polkappen, die katastrophale Überschwemmungen und einen Teufelskreis der weiteren Erwärmung nach dem Abschmelzen der Polkappen auslösen könnte, weil dadurch nicht mehr das Sonnenlicht zurückgespiegelt werden kann. Aber bei solch einem Szenario wittern die Kapitalisten sofort fette Beute. Deshalb kommt es jetzt schon zu Rangeleien unter den Nationalstaaten, die alle Ansprüche auf die Nutzung der Gebiete erheben, mit der Folge, dass der fossile Energiekonsum noch mehr ansteigt und der Treibhauseffekt noch verstärkt wird. Und gleichzeitg führen die Auseinandersetzungen um diese Ressourcen – hier Öl und Gas, anderswo Wasser oder fruchtbarer Boden – zu imperialistischen Konflikten zwischen vier und fünf Staaten (Großbritannien mischt auch noch bei diesem Konflikt mit). Dies ist der wahnsinnige Teufelskreis des Kapitalismus.
Der gleiche Artikel (der Washington Post) spricht dann von einer “guten Nachricht“ eines ‚bescheidenen’ Vertrages zwischen den beteiligten Staaten auf dem Arktisgipfel von Nuuk in Grönland. Wir wissen, wieviel diplomatische Abkommen wert sind, um die dem Kapitalismus innewohnende Tendenz zu imperialistischen Konflikten zu vereiteln.
Das globale Desaster, in welches der Kapitalismus die Menschheit treibt, kann nur durch eine globale Revolution vermieden werden.
Welche Bilanz des Kapitalismus auf gesellschaftlicher Ebene, insbesondere hinsichtlich der Hauptklasse, die die Reichtümer für den Kapitalismus herstellt, kann man ziehen? Als die Kommunistische Internationale feststellte, dass der Kapitalismus in den Zeitraum seiner inneren Zersetzung eingetreten war, zog sie ebenfalls einen Schlussstrich unter den Zeitraum der Sozialdemokratie, als diese einen Kampf für dauerhafte Reformen führen konnte und musste. Die Revolution war nunmehr notwendig geworden, weil der Kapitalismus seine Angriffe gegen die Lebensbedingungen der Arbeiter nur noch intensivieren konnte. Wie wir in früheren Artikeln dieser Serie gezeigt haben, wurde diese Analyse mehrfach während der beiden darauf folgenden Jahrzehnte bestätigt, als es zur größten Depression in der Geschichte des Kapitalismus und zum 2. Weltkrieg kam. Aber während des Nachkriegsbooms in den 1950er und 1960er Jahren wurde diese Einschätzung sogar unter den Revolutionären infragegestellt, als die Arbeiterklasse in den Industriezentren von großen Lohnerhöhungen profitierte, die Arbeitslosigkeit stark abnahm und eine Reihe von staatlich finanzierten Sozialleistungen erhielt: Krankengeld, bezahlter Urlaub, Zugang zu Bildungseinrichtungen, Gesundheitsversorgung usw.
Aber bedeuteten diese Entwicklungen, dass man die von den Revolutionären vertretene Auffassung, der Kapitalismus sei global in seinen Niedergang eingetreten und dauerhafte Reformen seien nicht mehr möglich, verwerfen muss?
Wir wollen an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, ob diese Verbesserungen ‘wirkliche’ oder ‘bedeutsame’ waren. Sie waren es tatsächlich und dies muss man erklären. Aus diesem Grunde hat die IKS z.B. eine Debatte in ihren Reihen über die Ursachen des ‚Wirtschaftswunders’ nach dem 2. Weltkrieg eröffnet, die wir auch veröffentlicht haben. Es geht vor allem darum den historischen Rahmen zu begreifen, in dem diese Verbesserungen stattfanden, denn dann wird man sehen, dass diese nicht vergleichbar sind mit den regelmäßigen Verbesserungen der Lebensbedingungen der Arbeiterklasse im 19. Jahrhundert, die damals zum größten Teil dank des Spielraums des Kapitalismus möglich gewesen waren, aber auch aufgrund der Organisierung und des Kampfes der Arbeiterbewegung ermöglicht wurden.
- Während viele “Nachkriegsreformen” zugestanden wurden um sicherzustellen, dass der Krieg keine Welle von revolutionären Kämpfen ähnlich wie 1917-19 auslöst, wurde die Initiative zur Einführung von Maßnahmen wie Krankenversichrung oder Vollbeschäftigung direkt vom kapitalistischen Staatsapparat ergriffen, insbesondere durch seinen linken Flügel. Dadurch wurde das Vertrauen der Arbeiterklasse in den Staat gestärkt und ihr Selbstvertrauen in ihre eigenen Kräfte und eigenen Kämpfe geschwächt.
- selbst in den Jahren des ‚Wirtschaftswunders‘ war der wirtschaftliche Wohlstand stark begrenzt. Große Teile der Arbeiterklasse, vor allem in der Dritten Welt, aber auch viele Teile in den Industriezentren (z.B. die schwarzen und armen weißen Arbeiter in den USA) blieben von den Vorteilen ausgeschlossen. In der ganzen „Dritten Welt“ hat die Unfähigkeit des Kapitals, Millionen Bauern und vearmte oder ruinierte Menschen aus anderen Schichten in die Produktion zu integrieren, die Grundlagen für die gigantischen Slumviertel und die Unterernährung und weltweite Armut geschaffen. Und diese Massen waren auch das erste Opfer der Rivalitäten zwischen den imperialistsichen Blöcken, die zu blutigen Auseinandersetzungen mit Stellvertreterkriegen in einer Reihe von unterentwickelten Ländern von Korea, Vietnam, dem Mittleren Osten bis Süd- und Westafrika führten.
- ein weiterer Beweis der Unfähigkeit des Kapitalismus, die Lebensqualität der Arbeiterklasse grundlegend zu verbessern, ist die Frage der Arbeitszeit. Die fortdauernde Verkürzung des Arbeitstags war seinerzeit ein Zeichen des ‚Fortschritts‘. Er sank von mehr als 18 Stunden zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf 8 Stunden. Der 8-Stunden-Tag wurde zu einer der Hauptforderungen der Arbeiterbewegung am Ende des 19. Jahrhunderts; während der ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts wurde der 8-Stunden-Tag offiziell zugestanden. Seitdem – und das betrifft auch die Zeit des Nachkriegswunders – ist die Arbeitszeit mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau stehengeblieben, während der technische Fortschritt keineswegs die Lohnabhängigen von der Plackerei befreit hat. Stattdessen werden viele Beschäftigte unterfordert, die Arbeitslosigkeit hat zugenommen und die Ausbeutung wurde verschärft. Zudem werden die Wege zur Arbeit immer länger und zeitaufwendiger, die Arbeitszeiten werden sogar noch außerhalb des Arbeitsplatzes ausgedehnt, weil man per Handy, tragbaren Computer und Internet jederzeit und überall erreichbar ist.
- welche Verbesserungen es auch immer nach dem 2. Weltkrieg gegeben hat, diese wurden mehr oder weniger während der letzten 40 Jahre angeknabbert und untergraben, und in Anbetracht der immer näher rückenden Depression sind diese nun zur Zielscheibe immer heftigerer Angriffe geworden. Während der letzten vier Jahrzehnte ging der Kapitalismus relativ behutsam vor bei der Art und Weise, wie die Löhne gesenkt, die Massenarbeitslosigkeit durchgedrückt und Sozialleistungen abgebaut oder abgeschafft wurden. Die in einem Land wie Griechenland mit äußerster Gewalt durchgesetzten Sparbeschlüsse sind ein Vorgschmack von dem, was die Arbeiter überall erwartet.
In einem breiteren gesellschaftlichen Maßstab bedeutet die Tatsache, dass der Kapitalismus schon so lange in seinem Niedergang begriffen ist, eine gewaltige Bedrohung für die Fähigkeit der Arbeiterklasse, zu einer “Klasse für sich” zu werden. Als die Arbeiterklasse Ende der 1960er Jahre ihren Kampf wieder aufnahm, war ihre Fähigkeit, ein revolutionäres Bewusstsein zu entfalten, stark durch die Traumata der von ihr durchlebten Konterrevolution behindert. Diese Konterrevolution war in einem „proletarischen“ Gewand, dem Stalinismus, aufgetreten und hatte unter Generationen von Arbeitern ein sehr großes Misstrauen gegenüber ihren eigenen Traditionen und Organisationen hervorgerufen. Die irreführende Gleichsetzung zwischen Stalinismus und Kommunismus war gar bis in ihr Extrem gesteigert worden, als Ende der 1980er Jahre die stalinistischen Regime zusammenbrachen, wodurch das Selbstvertrauen der Arbeiterklasse und das Vertrauen in ihre Fähigkeit, eine politische Alternative gegenüber dem Kapitalismus anzubieten, noch mehr angeschlagen wurde. So wurde eine Ausgeburt des kapitalistischen Niedergangs – der stalinistische Staatskapitalismus – von allen Fraktionen der Herrschenden ausgenutzt, um das Bewusstsein der Arbeiterklasse zu untergraben und zu entstellen.
Während der 1980 und 1990er Jahre hat die Entwicklung der Wirtschaftskrise dazu geführt, dass die großen Industriezentren und Arbeiterviertel in den Industriestaaten des Westens schrumpften, ein bedeutender Teil der Industrie wurde in Gebiete der Welt verlagert, in denen es keine großen politischen Traditionen der Arbeiterklasse gibt. Die Errichtung von vielen Stadtvierteln in vielen entwickelten Ländern, die als „no man's land“ gelten, führte zu einer Abschwächung der Klassenidentität und allgemein dem Zerbröseln sozialer Verbindungen, die im Gegenzug eine Suche nach falschen Gemeinschaften auslöste, welche nicht neutral sind, sondern verheerende Wirkungen zeigen. Zum Beispiel werden Teile der aus der Gesellschaft ausgeschlossenen weißen Jugend von Banden der Extrem Rechten angezogen wie durch die English Defence League in Großbritannien; andere Teile aus der muslimischen Jugend, die in der gleichen materiellen Lage stecken, geraten in den Sog von islamistischen und jihadistischen Kräften. Im Allgemeinen kann man die zerstörerischen Auswirkungen der Bandenkultur in fast allen städtischen Ballungsgebieten der Industriestaaten feststellen, auch wenn die spektakulärsten Folgen in den Ländern der Peripherie wie Mexiko am eklatantesten sind, wie man anhand des permanenten Krieges zwischen Drogenbanden erkennen kann, von denen einige direkt mit nicht weniger korrupten Teilen des Staates verbunden sind.
Diese Erscheinungen – der angsteinjagende Verlust jeglicher Zukunftsperspektiven, die Ausbreitung einer nihilistischen Gewalt – sind ein ideologisches Gift, welches langsam in die Adern der Ausgebeuteten der ganzen Welt eindringt und deren Fähigkeit untergräbt, sich als eine einzige Klasse aufzufassen, deren Wesenskern in der internationalen Solidarität besteht.
Ende der 1980er Jahre gab es in der IKS Tendenzen, die Welle von Kämpfen der 1970er und 1980er Jahre als mehr oder linear fortschreitend hin zu einem revolutionären Bewusstsein einzuschätzen. Diese Tendez wurde heftig von Marc Chirik kritisiert, der anhand einer Analyse der terroristischen Attentate in Frankreich und dem plötzlichen Zusammenbruch des Ostblocks als erster die Idee formulierte, dass wir in eine neue Phase des kapitalistischen Niedergangs eingetreten waren, welche wir als seine Zerfallsphase bezeichnen. Diese neue Phase wurde im Wesentlichen bestimmt durch eine Art gesellschaftliche Sackgasse; eine Lage, in der weder die herrschende noch die ausgebeutete Klasse in der Lage waren, ihre Alternativen für die Zukunft der Gesellschaft durchzusetzen – d.h. für die Kapitalistenklasse den Weltkrieg, für die Arbeiterklasse die Weltrevolution. Aber da der Kapitalismus nie auf der Stelle treten kann und die sich verschärfende Wirtschaftskrise neue Stufen erreichen musste, war die Gesellschaft in Ermangelung einer Perspektive zur Fäulinis verurteilt, wodurch wiederum zusätzliche Hindernisse für die Entwicklung des Klassenbewusstseins entstanden.
Ungeachtet dessen, ob man mit den Parametern des Konzeptes des Zerfalls, wie er von der IKS gesehen wird, einverstanden ist oder nicht, das Wesentliche an dieser Analyse ist, dass wir in die Endphase des Niedergangs dieser Gesellschaft eingetreten sind. Es gibt immer mehr Beweise, dass wir in einer Endstufe des Niedergangs des Systems stecken und dass das System sich in einem Todeskampf befindet, welcher sich in den letzten Jahrzehnten immer weiter zugespitzt hat, so dass eine allgemeine Weltuntergangsstimmung entstanden ist - eine Anerkenntnis, dass wir am Rande des Abgrunds stehen. Diese Untergangsstimmung breitet sich immer weiter aus. 12 [24] Und dennoch, innerhalb der proletarischen politischen Bewegung stößt die Dekadenztheorie keineswegs auf einhellige Zustimmung. Wir werden auf einige der Argumente gegen diese Theorie im nächsten Artikel eingehen.
Gerrard
1 [25] Siehe den vorhergehenden Artikel in der International Review Nr. 147 (engl. Ausgabe) „Dekadenz des Kapitalismus: Das Wirtschaftswunder nach dem 2. Weltkrieg hat den Niedergang des Kapitalismus nicht aufhalten können“ https://fr.internationalism.org/rint147/decadence_du_capitalisme_le_boom_d_apres_guerre_n_a_pas_renverse_le_cours_du_declin_du_capitalisme.html [26]
2 [27] Als Antwort auf die Schrift von Marcuse “Der eindimensionale Mensch – Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft” 1964 .
3 [28] Siehe in “Internationale Revue” (engl. Ausgabe Nr. 146) „Dekadenz des Kapitalismus – aus der Sicht der Revolutionäre bestätigt die Große Depression, dass der Kapitalismus obsolet geworden ist“ https://fr.internationalism.org/rint146/pour_les_revolutionnaires_la_grande_depression_confirme_l_obsolescence_du_capitalisme.html [29]
4 [30] “Marx und Keynes, Die Grenzen des “Gemischten Wirtschaftssytems”, 14. Kapitel, "Die gemischte Wirtschaft“.
5) Eine andere Schwäche des Buches “Marx und Keynes” ist die verächtliche Haltung Matticks gegenüber Rosa Luxemburg und dem Problem, das sie hinsichtlich der Verwirklichung des Mehrwerts aufgeworfen hatte. Er geht nur einmal direkt auf Luxemburg in seinem Buch ein: "Um die Jahrhundertwende sah die Marxistin Rosa Luxemburg in den Schwierigkeiten der Merhwertrealisierung die objektiven Gründe für die Krisen und Kriege und den endgültigen Niedergang des Kapitalismus. All das hat nicht viel mit Marx zu tun, der erkannte, dass die Welt des Kapitalismus sicherlich gleichzeitig ein Produktions- und Zirkulationsprozess war, der aber hervorhob, dass nichts zirkuliert bevor es nicht zunächst produziert wird, und aus diesem Grund sah er die Priorität im Produktionsprozess. Wenn die Produktion von Mehrwert ausreicht, um eine beschleunigte Kapitalexpansion zu ermöglchen, gibt es wenig Grund zur Annahme, dass der Kapitalismus im Bereich der Zirkulation zusammenbrechen wird“ (S. 91, englische Ausgabe).
Von der Tautologie ausgehend, dass „nichts zirkuliert bevor es nicht zunächst produziert wird“, folgert Mattick unzulässigerweise, dass der entsprechende Mehrwert notwendigerweise auf dem Markt realisiert werden kann. Die gleiche Argumentationskette taucht in dem folgenden Abschnitt auch wieder auf.
„Warenproduktion schafft ihren eigenen Markt solange sie dazu in der Lage ist, Mehrwert in neues Kapital zu verwandeln. Die Marktnachfrage ist eine Nachfrage nach Konsumgütern und Produktionsmitteln. Akkumulation kann nur die Akkumulation von Produktionsmitteln sein, denn was konsumiert wird, wird nicht akkumuliert sondern verschwindet einfach. Das Wachsen des Kapitals in seiner physischen Form ermöglicht die Verwirklichung des Mehrwerts außerhalb der Kapital-Arbeit Tauschbeziehungen. Solange es eine ausreichende und fortgesetzte Nachfrage nach Produktionsmitteln gibt, gibt es keinen Grund, weshalb Waren, die auf den Markt gelangen, nicht verkauft werden könnten“ (S. 76, englische Ausgabe). Dies steht im Widerspruch zu Marxens Auffassung, derzufolge “die Produktion von konstantem Kapital nie seiner selbst willen stattfindet, sondern nur, weil mehr davon gebraucht wird in den Produktionssphären, deren Produkte in die individuelle Konsumtion eingehn“ (Marx, Kapital, Bd. 3, MEW 25, IV. Abschnitt, das kaufmännische Kapital, 18. Kapitel, Der Umschlag des Kaufmannskapitals, Die Preise, S. 317).
Mit anderen Worten: die Nachfrage nach Konsumgütern löst die Nachfrage nach Produktionsmitteln aus, und nicht umgekehrt. Mattick selbst erkennt diesen Widerspruch (in Krisen und Krisentheorien) zwischen seiner Auffassung und einigen Aussagen Marxens an. Aber wie gesagt, wir wollen hier nicht in diese Debatte einsteigen. Das Hauptproblem ist, obwohl Mattick Rosa Luxemburg natürlich als eine Marxistin und echte Revolutionärin ansah, hat er sich denjenigen angeschlossen, die das Problem, welches sie hinsichtlich der Frage des Akkumulationsprozesses aufgeworfen hatte, verwerfen und als außerhalb des Rahmens des Marxismus stehenden Unsinn ansehen. Wie wir in früheren Artikeln aufgezeigt haben, trifft diese Haltung nicht auf alle Kritiker Rosa Luxemburgs zu. Z.B. bezog Roman Rosdolsky eine andere Haltung. (siehe unseren Artikel in der International Review Nr. 142 (engl. Ausgabe) „Rosa Luxemburg und die Grenzen der Ausdehnung des Kapitalismus“. https://fr.internationalism.org/rint142/rosa_luxemburg_et_les_limites_de_l_expansion_du_capitalisme.html [31].)
Diese zum Großteil sektiererische Herangehensweise hat seitdem immer die Debatte unter den Marxisten enorm erschwert.
1 Siehe dazu: “International Review Nr. 132, (engl. Ausgabe): „Dekadenz des Kapitalismus: die Revolution ist notwendig und möglich“ (2008https://fr.internationalism.org/rint132/decadence_du_capitalisme_la_revolution_est_necessaire_et_possible_depuis_un_siecle.html [32].
Um mehr Details und Statistiken hinsichtlich der globalen Entwicklung der historischen Krise und ihren Auswirkungen auf die Produktion und das Leben der Arbeiter zu erfahren, siehe andere Artikel in unserer International Review – u.a. Nr. „Ist der Kapitalismus eine dekadente Produktionsform und warum?“
7) Wiederveröffentlicht zum Teil in International Review Nr. 59 (1989)
https://fr.internationalism.org/rinte59/guerre.htm [33]
8) Das heißt natürlich nicht, dass die Menschheit in einem imperialistischen System in größerer Sicherheit lebt, das immer chaotischer wird. Im Gegenteil, ohne die vom alten Blocksystem erzwungene Disziplin sind noch stärker zerstörerische lokale oder regionale Kriege viel wahrscheinlicher geworden. Deren Zerstörungspotenzial hat auch mit der Weiterverbreitung von Atomwaffen noch zugenommen. Gleichzeitig könnten diese auch in weit von den Zentren des Kapitalismus entfernten Gebieten ausgelöst werden. Sie sind weniger abhängig von einem anderem Faktor, welcher seit Ende der 1960er Jahre gewissermaßen als Bremse für die Tendenz zum Weltkrieg gewirkt hat: Die Schwierigkeit, die Arbeiterklasse der zentralen Länder für eine imperialistische Konfrontation zu mobilisieren.
9 [34] www.nationalgeographic.com/science/article/111109-world-energy-outlook-2011 [35]
10 [36] www.theguardian.com/environment/2011/dec/11/global-climate-change-treaty-durban [37]
11 [38] https://www.washingtonpost.com/national/environment/warming-arctic-opens-way-to-competition-for-resources/2011/05/15/AF2W2Q4G_story.html [39]
12 [40] Siehe zum Beispiel The Guardian, "The news is terrible. Is the world really doomed? [41]", A. Beckett, 18/12/2011.
Die Auszüge aus dem Buch von Agis Stinas – einem revolutionären Kommunisten aus Griechenland -, die wir hier veröffentlichen, sind ein Angriff auf den antifaschistischen Widerstand während des Zweiten Weltkriegs. Darüber hinaus enthalten sie eine schonungslose Abrechnung mit drei heillos miteinander verschmolzenen Mystifikationen, die jede für sich für das Proletariat tödlich ist: die Verteidigung der Sowjetunion, der Nationalismus und der demokratische Antifaschismus.
Die Explosion des Nationalismus in der ehemaligen Sowjetunion und ihrem Reich in Ost-Europa wie auch die Entwicklung von gewaltigen antifaschistischen ideologischen Kampagnen in den Ländern Westeuropas geben diesen - Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts - geschriebenen Auszügen einen ungeahnte Aktualität.
Es wird heute zunehmend schwieriger für die herrschende Ordnung, ihre Herrschaft zu rechtfertigen. Die Katastrophe, zu der ihre Gesetze geführt haben, verhindert dies. Konfrontiert mit dem Proletariat, der einzigen Kraft, die in der Lage ist, diese Ordnung zu stürzen und eine andere Gesellschaft aufzubauen, setzt die herrschende Klasse auf die ideologischen Waffen, die ihr zur Verfügung stehen: die Spaltung in und Unterwerfung durch die verschiedenen nationalen Fraktionen des Kapitals. Heute stehen Nationalismus und Antifaschismus an der Spitze des konterrevolutionären Arsenals der Bourgeoisie.
Agis Stinas nimmt die marxistische Analyse zur nationalen Frage von Rosa Luxemburg auf und erinnert daran, dass der Kapitalismus in seine imperialistische Phase eingetreten ist: „… die Nation hat ihre historische Mission erfüllt. Nationale Befreiungskriege und bürgerlich-demokratische Revolutionen sind von nun an nicht mehr möglich.“ Auf dieser Grundlage greift er die Argumente jener an, die während des Zweiten Weltkriegs zur Beteiligung am antifaschistischen Widerstand aufriefen. Damit zerstört er die Beweisführung, dass die Volksfront und die antifaschistische Dynamik zur Revolution führen.
Stinas und die UCI (Union Communiste Internationaliste) waren Teil einer Handvoll Revolutionärer, denen es gelang, im Zweiten Weltkrieg gegen den Trend zum Nationalismus anzukämpfen, welche die „Demokratie“ gegen den „Faschismus“ verteidigten, um den Internationalismus im Namen der „Verteidigung der Sowjetunion“ abzuwerfen.
Da diese Revolutionäre – selbst im revolutionären Milieu - fast alle unbekannt sind (ihre Texte existieren nur in griechischer Sprache), lohnt es sich, einige Details aus ihrer Geschichte vorwegzuschicken.
Stinas gehörte zu jener Generation von Kommunisten, die von der großen internationalen revolutionären Welle erfasst wurde, welche den Ersten Weltkrieg beendet hatte. Sein gesamtes Leben hindurch hielt er an den großen Hoffnungen fest, die durch den Roten Oktober 1917 und durch die Deutsche Revolution von 1919 aufgekommen waren. Er war bis zu seinem Ausschluss 1931 Mitglied der griechischen Kommunistischen Partei (zu einer Zeit, als sie noch nicht ins bürgerliche Lager gewechselt war). Anschließend wurde er Bestandteil der leninistischen Opposition, die die Wochenzeitung „Fahne des Kommunismus“ veröffentlichte und sich auf Trotzki, dem internationalen Symbol für den Widerstand gegen den Stalinismus, bezog.
1933 übergab Hindenburg in Deutschland die Macht an Hitler. Damit war das offizielle Regime in Deutschland faschistisch (bzw. nationalsozialistisch) geworden. Stinas führt aus, dass der Sieg des Faschismus den Tod der Kommunistischen Internationale signalisierte - ähnlich dem 4. August 1914, als die II. Internationale und ihre Sektionen definitiv und unwiederbringlich für die Arbeiterklasse verloren gingen. Entstanden als Organe des proletarischen Kampfes, waren sie nun zu Werkzeugen des Klassenfeinds geworden. Die Pflicht der Revolutionäre auf der ganzen Welt war es nun, neue revolutionäre Parteien – außerhalb und gegen die Internationale - zu gründen.
Die heftige Debatte provozierte eine Krise der trotzkistischen Organisation; Stinas Position geriet in die Minderheit, woraufhin er die Organisation verließ. 1935 trat er der Organisation „Der Bolschewik“ bei, die sich vom Archeomarxismus getrennt hatte und nun als Union Communiste Internationaliste (UCI) auftrat. Zu dieser Zeit war die UCI die einzig anerkannte Sektion von Trotzkis Internationalist Communist Leage (ICL) – die IV. Internationale wurde erst 1938 gegründet.
Seit 1937 lehnte die UCI eine zentrale Parole der IV. Internationale: die „Verteidigung der UdSSR“. Stinas und seine Genossen erreichten diese Position nicht durch eine Debatte über den gesellschaftlichen Charakter der UdSSR, sondern durch eine kritische Aufarbeitung der Politik und Parolen, die im Angesicht des drohenden Weltkriegs angenommen wurden. Die UCI bemühte sich darum, alle Anzeichen aus ihrem Programm zu verbannen, die in irgendeiner Weise die Infiltration von Sozialpatriotismus unter dem Deckmantel der Verteidigung der UdSSR erlaubt hätten.
Während des Zweiten Weltkriegs blieb Stinas als kompromissloser Internationalist loyal gegenüber den Prinzipien des revolutionären Marxismus, wie Lenin und Rosa Luxemburg ihn während des ersten Weltkriegs formuliert und praktisch angewendet hatten.
Die UCI war seit 1934 die einzige Sektion der trotzkistischen Strömung in Griechenland. Isoliert von anderen Ländern, war diese Gruppe durch all die Jahre des Kriegs und der Besetzung davon überzeugt, dass die Trotzkisten an der gleichen Front, für die gleichen Ideale und gegen den Strom kämpften.
Die ersten Nachrichten, die sie über die tatsächlichen Positionen der trotzkistischen Internationale bekamen, ließen Stinas und seine Genossen aufschrecken. Die Lektüre des französischen Pamphlets „Die Trotzkisten im Kampf gegen die Nazis“ erbrachte den Nachweis, dass die Trotzkisten, wie alle anderen guten Patrioten, den Kampf gegen die Nazis aufgenommen hatten. Sie erfuhren von der schändlichen Haltung Cannons und der SWP (Socialist Workers Party) in den USA.
Der Krieg war für die Organisationen der Arbeiterklasse ein harter Test; die IV. Internationale scheiterte und zerfiel zu Staub. Ihre Sektionen stellten sich in den Dienst ihrer jeweiligen Bourgeoisien; einige offen, indem sie zur „Verteidigung des Vaterlandes“ aufriefen, andere unter dem Deckmantel der „Verteidigung der UdSSR“. So trugen sie alle auf ihre eigene Weise zum Kriegsgemetzel bei.
Im Herbst 1947 brach die UCI alle politischen und organisatorischen Verbindungen zur IV. Internationale ab. In den folgenden Jahren, der – politisch - schlimmsten Periode der Konterrevolution, als revolutionäre Gruppen zu kleinen Minderheiten dahin schmolzen und die meisten derjenigen, die den Grundprinzipien des proletarischen Internationalismus und der Oktoberrevolution treu geblieben waren, komplett isoliert wurden, wurde Stinas der Hauptvertreter der „Sozialismus oder Barbarei“-Strömung in Griechenland. Diese Strömung, der es niemals gelang, den durch und durch kapitalistischen Charakter der gesellschaftlichen Verhältnisse in der UdSSR zu erkennen, entwickelte die Theorie einer Art dritten Ausbeutungssystems, das auf der Trennung zwischen „Befehlsgebern“ und „Befehlsempfängern“ basiert. Diese Strömung entfernte sich immer weiter vom Marxismus und zerfiel letztendlich in den 60ern. Gegen Ende seines Lebens übte Stinas keine wirklich organisierte politische Aktivität mehr aus. Er näherte sich stark dem Anarchismus an und starb 1987.
Die Nation ist - wie der Stamm, die Familie, die Stadt - ein Produkt der Geschichte. Sie erfüllt eine historische Notwendigkeit und muss verschwinden, sobald diese erfüllt ist.
Die Klasse, die diese soziale Organisation der Nation hervorbringt, ist die Bourgeoisie. Der Nationalstaat deckt sich mit dem Staat der Bourgeoisie; historisch gesehen, vereinigt sich die fortschrittliche Aufgabe der Nation mit der des Kapitalismus, um durch die Entwicklung der Produktivkräfte, die materiellen Konditionen für den Sozialismus zu erschaffen.
Dieses historisch progressive Werk des Kapitalismus kommt mit der Epoche des Imperialismus, der großen imperialistischen Mächte, mit ihren Antagonismen und Kriegen, an sein Ende. Die Nation hat ihre historische Mission erfüllt. Von nun an machen nationale Befreiungskriege und bürgerlich-demokratische Revolutionen keinen Sinn mehr.
Die proletarische Revolution steht auf der Tagesordnung. Diese erschafft oder bewahrt keine Nationen und Grenzen, sondern zerstört sie und vereinigt alle Menschen der Welt in einer weltweiten Gemeinschaft.
Die Verteidigung der Nation und des Vaterlandes bedeuten in unserer Epoche nichts anderes als die Verteidigung des Imperialismus, dem Gesellschaftssystem, das Kriege provoziert, das nicht ohne Kriege leben kann und das die Menschheit in das Chaos und die Barbarei führt. Dies gilt sowohl für die großen imperialistischen Mächte als auch für die kleinen Nationen, deren herrschende Klassen als Komplizen und Verbündete der Großmächte auftreten können.
“Sozialismus ist in dieser Stunde der einzige Rettungsanker der Menschheit. Über den zusammensinkenden Mauern der kapitalistischen Gesellschaft lodern wie ein feuriges Menetekel die Worte des Kommunistischen Manifests: Sozialismus oder Untergang in der Barbarei!” (Rosa Luxemburg, “Was will der Spartakusbund?” 1918)
Sozialismus ist eine Angelegenheit der Arbeiter der gesamten Welt. Der Kampf für die Abschaffung des Kapitalismus und für den Aufbau des Sozialismus ist der gemeinsame Kampf der Arbeiter dieser Welt. In diesem gemeinsamen Kampf gibt es eine geographisch bestimmte Teilung. Der Kampf findet in jedem einzelnen Land gegen die eigene herrschende Klasse statt. Dies ist der Bereich der internationalen Kampffront der Arbeiter, um den Kapitalismus zu überwinden. Wenn die arbeitenden Massen jedes einzelnen Landes sich nicht bewusst sind, dass sie Teil der Sektion der globalen Klasse sind, werden sie nie fähig sein, den Weg der sozialen Emanzipation zu betreten.
Es ist keine Sentimentalität, der den Kampf für den Sozialismus in einem bestimmten Land zu einem integralen Bestandteil des Kampfes für eine weltweite sozialistische Gesellschaft macht, sondern die Unmöglichkeit des Sozialismus in einem Land. Der einzige „Sozialismus“ mit nationalen Farben und nationaler Ideologie, den uns die Geschichte gab, ist der von Hitler, der einzige nationale „Kommunismus“ ist der von Stalin.
Der Kampf gegen die herrschende Klasse innerhalb eines Landes und die Solidarität mit den arbeitenden Massen der gesamten Welt sind die beiden fundamentalen Prinzipien der Volksmassen für ihre ökonomische, politische und soziale Befreiung unserer Zeit. Dies gilt für den „Frieden“ wie für den Krieg.
Krieg zwischen Völkern ist Geschwistermord. Der einzige gerechte Krieg ist der, in dem die Völker sich über Nationen und Grenzen hinweg gegen ihre Ausbeuter verbrüdern.
Die Aufgabe der Revolutionäre – sowohl in „Friedens-“ wie auch in Kriegszeiten – ist es, den Massen dabei zu helfen, sich über die Ziele und die Mittel ihrer Bewegung bewusst zu werden, sich von der Beherrschung durch die politische und gewerkschaftliche Bürokratie zu befreien, ihre Sache in die eigenen Hände zu nehmen, kein Vertrauen in irgendeine „Führung“ zu haben, außer den ausführenden Organen, die sie selbst gewählt haben und die jederzeit absetzbar sind, um Bewusstsein über ihre eigene politische Verantwortung zu erlangen und zuallererst, um sich von der nationalen und patriotischen Mythologie intellektuell zu befreien.
Dies sind die Prinzipien des revolutionären Marxismus, wie Rosa Luxemburg sie formuliert und praktisch angewendet hat und die ihre Politik und Taten während des Ersten Weltkriegs geleitet haben. Diese Prinzipien leiten [heute] unsere Politik und Taten im Zweiten Weltkrieg. Mit Hilfe der oben geschriebenen Prinzipien und Positionen werden wir die Politik und die Aktion der EAM abschätzen und bewerten.
Die „Résistance-Bewegung“ – d.h. der Kampf gegen die Deutschen in all seinen Formen: von der Sabotage bis zum Partisanenkrieg in den besetzten Gebieten - kann nicht außerhalb des Kontextes des imperialistischen Krieges, von dem er ein integraler Teil ist, betrachtet werden. Sein progressiver oder reaktionärer Charakter kann nicht durch die Beteiligung der Massen, seine anti-faschistischen Begründung, seine Unterdrückung durch den deutschen Imperialismus beurteilt werden, sondern allein über seine Funktion im progressiven oder reaktionären Charakter des Krieges.
Die ELAS, wie auch die EDES [4], sind Armeen, die den Krieg innerhalb des Landes gegen die Deutschen und Italiener fortsetzen. Dies allein führt uns zu unserer Position ihnen gegenüber. Die Teilnahme an der Résistance-Bewegung, unter welchen Parolen und Rechtfertigungen auch immer, bedeutet Beteiligung am Krieg.
Unabhängig von den Gefühlen der Massen und den Intentionen ihrer Führer ist diese Bewegung aufgrund der Bedingungen des zweiten imperialistischen Massakers ein Organ und Anhängsel des vereinigten Imperialismus (…)
Der Patriotismus der Massen und ihre Einstellung zum Krieg sind, obwohl vollkommen gegen ihr historisches Interesse, ein wohl bekanntes Phänomen seit dem vorherigen Krieg. Trotzki hat die Revolutionäre in mehreren Artikeln unermüdlich vor der Gefahr gewarnt, überrascht oder vom Strom mitgerissen zu werden. Es ist die Pflicht der internationalistischen Revolutionäre, sich gegen den Strom zu stemmen und das historische Interesse des Proletariats gegen den Strom zu verteidigen.
Dieses Phänomen kann man nicht allein mit der technischen Art und Weise - Propaganda, Radio, Presse, Umzüge/Prozessionen und die Begeisterung, die zu Beginn des Krieges geschaffen wurde - erklären. Ebenso berücksichtig werden muss die vorherige politische Entwicklung: die Niederlagen der Arbeiterklasse, die Entmutigungen, die Zerstörung des Vertrauens in die eigene Stärke und die Kampfformen des Klassenkampfs als auch die Zerstreuung der internationalen Arbeiterbewegung und die opportunistische Politik, die die eigenen Energien geschwächt hatte.
Es gibt kein historischen Gesetz, das den Punkt angeben kann, an dem die Massen, die vorher vom Krieg gefangen waren, plötzlich ihre eigenen Ziele wiederentdecken. Es sind konkrete politische Bedingungen, die das Klassenbewusstsein erwecken. Die katastrophalen Folgen, die der Krieg für die Massen hat, unterhöhlen den patriotischen Enthusiasmus. Mit der wachsenden Unzufriedenheit wird ihr Widerstand gegen die Imperialisten wie auch gegen ihre eigenen Führer, den Agenten des Imperialismus, und ihr Klassenbewusstsein erwachen. Die Schwierigkeiten der herrschenden Klasse nehmen zu.
Es droht ein Bruch der inneren Einheit, die innere Front zerfällt und der Kurs zur Revolution eröffnet sich. Internationalistische Revolutionäre bemühen sich darum, diesen objektiv stattfindenden Prozess durch ihren kompromisslosen Kampf gegen die patriotischen und sozial-patriotischen Organisationen zu beschleunigen. Dieser Kampf erfolgt – offen oder versteckt – durch die konsequente Anwendung der Politik des revolutionären Defätismus.
Die Bedingungen des Krieges und der Besetzung hatten [bisher] einen völlig anderen Einfluss auf die Psychologie der Massen und ihre Beziehungen zur Bourgeoisie. Ihr Klassenbewusstsein ist in nationalistischem Hass zerfallen, ständig durch das barbarische Verhalten der Deutschen verstärkt. Verwirrung ist weit verbreitet, die Idee der Nation und ihres Schicksals haben sich vor die sozialen Unterschiede geschoben. Die Idee der nationalen Einheit bekam weiteren Zulauf; die Massen haben sich der Bourgeoisie, repräsentiert durch die Organisationen des nationalen Widerstands, unterworfen. Die vorausgegangenen Niederlagen haben das industrielle Proletariat gebrochen. Sein besonderes [politisches und empirisches] Gewicht hat stark abgenommen, und es fand sich für die Dauer des Krieges in dieser erschreckenden Situation gefangen.
Die Wut und Empörung der Massen gegen den deutschen Imperialismus in den besetzten Ländern ist gleich dem der deutschen Massen gegen den alliierten Imperialismus (gegen das barbarische Bombardement von Arbeiterbezirken). Doch diese berechtigte Wut, die mit allen Mitteln durch die Parteien der Bourgeoisie aller Schattierungen verstärkt wird, wird von den Imperialisten für ihre eigenen Interessen benutzt. Die Aufgabe der Revolutionäre ist es weiterhin, gegen den Strom zu schwimmen und die Wut gegen ihre eigene Bourgeoisie zu lenken. Nur die Unzufriedenheit gegen unsere eigene Bourgeoisie kann zu einer historischen Kraft werden, die uns für immer von Kriege und Zerstörung befreit. In dem Moment, in dem ein Revolutionär im Krieg allein die Unterdrückung durch den feindlichen Imperialismus im eigenen Land wahrnimmt, wird er zum Opfer der nationalistischen Mentalität und der sozial-patriotischen Logik. Er zerschlägt die Verbindungen, die allein die revolutionären Arbeiter, die in den verschiedenen Ländern ihrer Fahne treu bleiben, einigen können. (…)
Der Kampf gegen die Nazis in den von den Deutschen besetzten Ländern ist ein Trick, eines dieser Mittel des alliierten Imperialismus, die die Massen an ihren Kriegskurs fesselt. Der Kampf gegen die Nazis ist Sache des deutschen Proletariats. Er ist nur möglich, wenn alle Arbeiter in ihren Ländern gegen ihre eigene Bourgeoisie kämpfen. Die Arbeiter der besetzten Länder, die gegen die Nazis kämpfen, kämpfen nicht für ihre eigenen Interessen, sondern für die ihrer Ausbeuter, und die, die die Arbeiter in den Krieg treiben, sind, was immer ihre Intentionen und Rechtfertigungen sein mögen, imperialistische Agenten. Der Aufruf an die deutschen Soldaten, sich mit den Arbeitern der besetzten Länder in einem gemeinsamen Kampf gegen die Nazis zu verbrüdern, war ein künstlicher Taschenspielertrick der alliierten Imperialisten. Der proletarische Kampf in Griechenland gegen die eigene Bourgeoisie schließt den Kampf gegen die nationalen Organisationen mit ein; nur das Vorbild eines solchen Kampfes kann das Klassenbewusstsein der rekrutierten deutschen Arbeiter wecken, Verbrüderung möglich machen und damit den Kampf des deutschen Proletariats gegen Hitler beleben.
Heuchelei und Betrug sind nicht weniger unentbehrlich für die Ausübung des Krieges wie Panzer, Flugzeuge und Artillerie. Ohne die Bezwingung der Massen ist der Krieg nicht möglich. Doch um sie zu bezwingen, müssen sie davon überzeugt sein, für ihre eigenen Interessen zu kämpfen. All die Parolen von Freiheit, Wohlstand, Zerschlagung des Faschismus, sozialistische Reformen, Volksrepublik, Verteidigung der UdSSR haben dieses Ziel. Dies ist hauptsächlich die Aufgabe der „Arbeiter“-Parteien, die ihre Autorität, ihren Einfluss, ihre Verbindungen mit den arbeitenden Massen, den besonderen Traditionen der Arbeiterbewegung geltend machen, um die Arbeiter hinters Licht zu führen und ihnen die Kehle durchzuschneiden.
Die Illusionen der Massen im Krieg, ohne die diese Kriegspolitik unmöglich wäre, sind nicht mehr fortschrittlich; nur die heuchlerischsten Sozialpatrioten benutzen sie, um sich zu rechtfertigen. All die Versprechungen, die Erklärungen und Parolen der sozialistischen und kommunistischen Partei in diesem Krieg sind Betrug (…)
Die Umwandlung einer Bewegung in einen politischen Kampf gegen das kapitalistische Regime ist nicht von uns und von der überzeugenden Kraft unserer Ideen abhängig, sondern von der Natur dieser Bewegung selbst.
„Die Beschleunigung und Förderung der Umwandlung der Résistance-Bewegung in eine Bewegung des Kampfs gegen den Kapitalismus“ wäre möglich, wenn diese Bewegung in der Lage ist, sowohl in den Klassenbeziehungen als auch im Bewusstsein und in der Psychologie der Massen die günstigsten Bedingungen für eine Umwandlung in einen allgemeinen politischen Kampf gegen die Bourgeoisie und damit für die proletarische Revolution zu schaffen.
Der Kampf der Arbeiterklasse für ihre unmittelbaren ökonomischen und politischen Bedürfnisse kann sich im Lauf ihrer Entwicklung selbst in einen generellen politischen Kampf zum Sturz der Bourgeoisie umwandeln. Doch wird dies durch die Form des Kampfes selbst möglich: durch ihre Opposition gegen die Bourgeoisie und ihren Staat - und durch die Natur ihrer Klassenbedürfnisse werden die Massen sich selbst von nationalistischen, reformistischen und demokratischen Illusionen und den Einfluss der feindlichen Klasse befreien. So entwickeln sie ihr Vertrauen, ihre Initiative, ihren kritischen Geist, ihr Selbstbewusstsein. Durch die Ausweitung des Kampfgebietes wächst die Beteiligung der Massen, und je tiefer der soziale Boden gepflügt wird, desto deutlicher treten sich die Klassen gegenüber und desto größeres Gewicht bekommt das revolutionäre Proletariat im Kampf der Massen. Die Bedeutung der revolutionären Partei ist enorm. Sie besteht darin, den Prozess zur Entwicklung des Bewusstseins zu beschleunigen, den Arbeitern zu helfen, sich ihre Erfahrungen anzueignen, die Notwendigkeit zu unterstützen, die Macht in die Hand der Massen zu nehmen und den Aufstand zu organisieren, um den Sieg zu sichern.
Doch es ist die Bewegung selbst – ihre Natur und ihre innere Logik -, die der Partei Stärke verleiht. Dies ist ein objektiver Prozess, in dem die Politik der revolutionären Bewegung ihr bewusster Ausdruck ist. Das Wachstum der Résistance-Bewegung hat, entsprechend ihrer eigenen Natur, genau das gegenteilige Ergebnis: Es zerstört Klassenbewusstsein, es verstärkt die Illusionen und den nationalistischen Hass, es zerstreut und atomisiert das Proletariat in der anonymen Masse der Nation, es unterwirft das Proletariat der nationalen Bourgeoisie und bringt die widerlichsten nationalistischen Elemente an die Oberfläche.
Was bleibt für heute? Hass und nationalistische Vorurteile, Erinnerungen und Traditionen einer Bewegung, die von den Stalinisten und Sozialisten leicht ausgenutzt werden konnten. Das Erbe der Résistance-Bewegung ist das schwerwiegendste Hindernis für die Klassenorientierung der Massen.
Hätte es eine objektive Möglichkeit der Résistance-Bewegung gegeben, sich selbst in einen politischen Kampf gegen den Kapitalismus umzuwandeln, hätte sich dies ohne unsere Beteiligung ausgedrückt. Doch wir haben nirgendwo in den Reihen der Résistance, auch nicht in einer konfusen Form, eine proletarische Tendenz entdeckt.
Die Verschiebungen der militärischen Front und der Besatzungsgebiete durch die Armeen der Achsenmächte in diesem Land, ähnlich wie im gesamten Europa, verändern weder den Charakter des Krieges noch werfen sie eine authentische nationale Frage auf. Dies verändert weder unsere strategische Ausrichtung noch unsere grundsätzlichen Aufgaben. Die Aufgabe der revolutionären Partei unter diesen Bedingungen ist es, den Kampf gegen die nationalistischen Organisationen zu entwickeln und die Arbeiterklasse vor anti-deutschem Hass und nationalistischem Gift zu schützen.
Internationalistische Revolutionäre nehmen an den Kämpfen der Massen für ihre unmittelbaren ökonomischen und politischen Bedürfnisse teil, um zu versuchen, ihnen eine klare Klassenorientierung zu geben und mit aller Deutlichkeit die nationalistische Ausnutzung dieser Kämpfe zu bekämpfen. Statt den Deutschen und Italienern Vorwürfe zu machen, erklären sie, warum der Krieg ausgebrochen ist – ein Krieg, dessen Barbarei eine unausweichliche Konsequenz seiner Natur ist. Sie denunzieren mutig die Verbrechen des eigenen imperialistischen Lagers und ihrer Bourgeoisie, repräsentiert durch die verschiedenen nationalistischen Organisationen. Sie rufen die Massen dazu auf, sich mit den italienischen und deutschen Soldaten im gemeinsamen Kampf für den Sozialismus zu verbrüdern. Die proletarische Partei lehnt alle patriotischen Kämpfe ab, egal wie massenhaft ihre Beteiligung ist und in welcher Form sie stattfinden. Sie ruft die Massen offen dazu auf, sich von diesen fern zu halten.
Revolutionärer Defätismus wird unter den Bedingungen der Besetzung auf schreckliche und beispiellose Hindernisse stoßen. Doch die Schwierigkeiten können nicht unsere Aufgaben ändern. Im Gegenteil, je heftiger der Rückfluss, desto kompromissloser muss die revolutionäre Bewegung ihren Prinzipien folgen, desto kompromissloser muss sie gegen diesen Rückfluss anschwimmen. Allein diese Politik macht es möglich, die Empfindungen der revolutionären Massen in der Zukunft auszudrücken und sich an die Spitze ihrer Kämpfe zu stellen. Die Politik der Unterwerfung gegenüber dem Rückfluss, ist eine Politik zur Stärkung der Résistance-Bewegung. Diese wird nur ein weiteres Hindernis für das Bedürfnis der Arbeiter sein, ihre Klassenorientierung zu finden. Diese Politik kann die Partei nur zerstören. Im revolutionären Defätismus, in der wahrhaft internationalistischen Politik gegen den Krieg und gegen die Résistance liegen heute und in den kommenden revolutionären Ereignissen all ihre Stärke und Wert.
aus der International Review Nr. 72 (englische Ausgabe)
Anmerkung:
Der militärische antifaschistische Widerstand (Résistance) wurde von der stalinistischen ELAS und der EDES geführt:
ELAS ist die Kurzbezeichnung der Griechischen Volksbefreiungsarmee (Ellinikós / Ethnikós Laikós Apelevtherotikós Stratós), des militärischen Arms der „Nationalen Befreiungsfront“ EAM.
EDES ist die Nationale Republikanische Griechische Liga (Ethnikos Dimokratikos Ellinikos Syndesmos)
Siehe dazu auch:
https://stinas.blogsport.de/2010/04/17/das-massaker-an-den-international... [48]
Quelle:
https://en.internationalism.org/specialtexts/IR072_stinas.htm [49]
Wir veröffentlichen hier eine Stellungnahme von Sympathisant_innen der IKS, die sich auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR befinden. Sie betrifft die Demonstrationen gegen den Wahlbetrug, die Zehntausende von Menschen in Moskau und St. Petersburg mobilisiert haben. Es ist außerordentlich bedeutend, dass sich diese Proteste in einem der Epizentren der Konterrevolution abspielen, in welchem über Jahrzehnte (seit Mitte der 20er Jahre) die physische und ideologische Unterdrückung durch den Stalinismus im Namen des Kommunismus absolut war. Der Zusammenbruch der UdSSR in den 90er Jahren, eines der wichtigen Kennzeichen dafür, dass der niedergehende Kapitalismus in die letzte Phase des Zerfalls eingetreten war, hat das Proletariat in diesem Teil der Erde in eine enorme Demoralisierung und Orientierungslosigkeit geführt. Die aktuellen Bewegungen sind von dieser Vergangenheit geprägt und sind ein guter Nährboden für demokratische Illusionen. Sie sind aber vor allem auch Ausdruck einer internationalen Dynamik, die in den arabischen Ländern ihren deutlichsten Ausdruck fand und sich auch in anderen Ländern wie z.B. in Rumänien zeigt - eine Erhebung der verschiedenen Schichten und Klassen, die vor einer katastrophalen Perspektive des untergehenden Systems stehen. Es ist nicht nur die Wahlfälschung, welche die breite Masse der Ausgebeuteten auf die Straße treibt, sondern es sind auch ihre Lebensbedingungen, die die Leute dazu treibt, die Unzufriedenheit zu zeigen und aus der Passivität auszubrechen, die Putin und seine Gefolgschaft als Zustimmung für sein ausbeuterisches Terrorregime darstellen. Vor diesem Hintergrund finden in Russland große Ereignisse statt.
Am 4. Dezember 2011 fanden in Russland die Parlamentswahlen statt. Der Wahlbetrug war so zynisch, dass sich Hunderttausende von Bürgern empörten. Zehntausende von Menschen nahmen an den Demonstrationen „für ehrliche Wahlen“ teil. In verschiedenen Städten des Landes gab es solche Demonstrationen. Man muss aber anmerken, dass die Mehrheit der Empörten sich mit demokratischen Illusionen für die Verbesserung des kapitalistischen Systems einsetzt, statt sich diesem mit den Mitteln des Klassenkampfes zu widersetzen.
Reiche und Arme zusammen auf der Straße
Die größten Demonstrationen fanden in Moskau statt, am 10. Dezember auf dem Balotnaia-Platz und am 24. Dezember in der Sacharov-Allee, wo die Anzahl der Teilnehmer_innen auf einige Zehntausend geschätzt wurde. An den Protesten nahmen verschiedene politische Kräfte teil. Man sah die Banner der Liberalen neben den roten Flaggen, die Nationalisten neben den rotschwarzen Fahnen der Anarchisten. Aber die Mehrheit der Teilnehmer_innen war keiner Organisation oder Tendenz zugehörig.
Die wichtigste Forderung der Demonstration war die nach „ehrliche Wahlen“. Viele Leute, die nicht politisch engagiert sind, wollten nichts anderes, als dass sich die Behörden den Gesetzen unterwerfen und friedliche, demokratische Veränderungen stattfinden. Im Allgemeinen hatte die große Masse kein offenes Ohr für revolutionäre Aufrufe oder radikale Aktionen.
Man muss auch sagen, dass die Zusammensetzung der Teilnehmenden buntscheckig war. Man fand Geschäftsleute, alte Mitglieder der Regierung (den ehemaligen Premierminister Mikhail Kassianov), Stars aus dem Showbusiness, bekannte Journalisten und sogar eine Vertreterin der High Society wie Xenia Sabchak, deren Vater Anatoli Sabchak als graue Eminenz von Putins Politik bezeichnet wird. Andererseits gab es viele gewöhnliche Leute: Büroangestellte, Student_innen, Arbeiter_innen, Rentner_innen, Arbeitslose ... Einigen Beobachtern zufolge war die Anzahl von Proletarier_innen in anderen Städten, abgesehen von Moskau und St. Petersburg, größer als in diesen.
Die Gründe der Proteste und die Reaktion des Kremls
Es steht außer Zweifel, dass die weltweite ökonomische Krise auch in Russland die Rolle des Katalysators in den Protesten gespielt hat. Trotz des von offizieller Seite propagierten Optimismus spüren die gewöhnlichen Leute je länger je mehr die Krise. Der Wahlbetrug der Parlamentswahlen von 2011 diente einzig als Vorwand für die Massenproteste. Die Forderung nach „ehrlichen Wahlen“ war das Leitmotiv fast aller Proteste, vom Fernen Osten bis zu den Zentren Russlands.
Das Internet ist die wichtigste Waffe der Opponenten Putins geworden. Im Internet kann man Hunderte, wenn nicht Tausende von Videos anschauen, auf denen laut ihren Herstellern der Wahlbetrug festgehalten ist. Im Übrigen hat aber niemand die Glaubwürdigkeit dieser Videos überprüft. Die Empörung hat im Wahlbetrug einen formellen Aufhänger gefunden. Wie wir oben schon gesagt haben, ist aber ihr wichtigster Grund die Unzufriedenheit von Millionen von Menschen über ihre Lebensverhältnisse.
Auf der anderen Seite wird von offizieller Seite behauptet, dass die Anschuldigungen des Wahlbetrugs haltlos seien. Der Kreml lancierte eine mediale Kampagne, in der behauptet wurde, die Proteste ständen unter dem Einfluss westlicher Agenten, die in Uncle Sam‘s Dienste arbeiteten.
Durch diese generelle Unzufriedenheit war Putin trotz allem gezwungen, gewisse Konzessionen zu machen. Zum Beispiel machte Medwedew gewisse demokratische Versprechen, namentlich dass die Gouverneure der Republiken wieder von den Bürger_innen gewählt werden sollen, welches Recht Putin unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung abgeschafft hatte.
Die demokratischen Illusionen
Es steht außer Zweifel, dass die Unzufriedenheit soziale Gründe hat. Russland geht wie andere Teile der Weltwirtschaft durch eine Krise. Die Arbeiter_innen Russlands und der anderen Länder beginnen zu verstehen, dass der Kapitalismus ihnen keine strahlende Zukunft zu bieten hat. Aber dieses Gefühl hat sich noch nicht in Klassenbewusstsein verwandelt. Die demokratischen Illusionen, die von der bürgerlichen Propaganda verbreitet werden, behindern die Bewusstseinsbildung. Leider verstehen viele nicht, dass Wahlen, wie Marx richtig bemerkte, nur das Recht der Unterdrückten sind, alle paar Jahre die Vertreter der herrschenden Klasse zu wählen. Dabei verändert sich aber das Gesicht der Macht nicht. Es bleibt kapitalistisch und ausbeuterisch. Was macht es für einen Unterschied, ob man diesen oder jenen Präsidenten hat, diesen oder jenen Vertreter? Die Proletarier_innen, die Lohnabhängigen, die Hand- und Kopfarbeiter_innen, die von den Produktionsmitteln und der politischen Macht getrennt sind, bleiben ausgebeutet. Die Arbeiter_innen werden nicht die soziale Emanzipation erlangen, außer sie stürzen das System, wie z.B. in der Pariser Kommune oder in den Arbeiterräten von 1905 und 1917. Nur mit einem Wechsel des Systems ist es möglich, die Ausbeutung abzuschaffen.
Die Anführer der Opposition gegen Putin
Die Liberalen, die Linke (vor allem Stalinisten), Nationalisten, haben sich an die Spitze dieser Bewegung gestellt. Zusammen haben sie das Koordinationszentrum „ Für ehrliche Wahlen“ gebildet.
Unter den „Anführern“ gibt es Figuren wie Boris Nemtsov, Vize-Premier unter Jelzin, der nicht wenig zur Verschlechterung der Lage der Arbeiter beigetragen hat.
Alles in allem erhalten die Opponenten Putins keinen großen Zuspruch von Seiten der Arbeiter_innen. Die Leute erinnern sich nur zu gut an die Armut, an die zurückgehaltenen Löhne und Renten, an die Zeit, in der die heutige Opposition an der Macht war. Die Führer der Opposition versuchen bloß, die aktuelle Unzufriedenheit für ihre Wahlziele auszunutzen. Es geht ihnen um die zukünftige Präsidentschaft. In den Protestdemonstrationen werden die Wähler_innen dazu aufgerufen, so abzustimmen, „wie es sich gehört“. Aber es ist klar, dass, selbst wenn die jetzige Opposition Putin ablösen sollte, dies keine Verbesserungen für die Arbeiter_innen bedeuten würde.
Die Aufgaben der Revolutionäre
Man weiß nur zu gut, dass die Forderung nach „ehrlichen“ Wahlen nichts mit dem Klassenkampf zu tun hat. Aber wir müssen uns bewusst sein, dass unter den vielen Tausenden, die an diesen Demonstrationen teilgenommen haben, viele unserer Klassengenoss_innen sind. In einer solchen Situation müssen wir offen die demokratischen Illusionen kritisieren. Auch wenn es nicht dazu führt, dass wir uns bei den „Anhängern“ von „ehrlichen Wahlen“ beliebt machen. Ohne das Verständnis dafür, dass die eigentliche Grundlage dieser Probleme das Wesen der kapitalistischen Produktionsweise ist, wird es keine Entwicklung eines revolutionären Bewusstseins geben. Trotz der medialen Kampagnen um diese Wahlen müssen Revolutionäre die falschen Illusionen der bürgerlichen „Freiheiten“ entlarven. Auch wenn wir die Fehler der Teilnehmer_innen an den Demos für „ehrliche Wahlen“ kritisieren, sollte man aber nicht vergessen, dass es einen Unterschied zwischen der bürgerlichen „Opposition“ gibt, die diese Proteste für sich nutzen und sich bequeme Posten in den Organen der Macht ergattern will, und den gewöhnlichen Leuten, die ehrlich ihren Unmut über die Unverschämtheit und Dreistigkeit der Autoritäten im Kreml zum Ausdruck bringen.
Aber die Erfahrung zeigt, dass in so sterilen und unbedeutenden Protesten, wie sie die Demonstrationen von Moskau für die Machthaber waren, sehr schnell ein radikaler Geist erwachen kann. Vor Monaten noch konnte sich niemand vorstellen, dass Zehntausende auf die Straße gehen würden, um gegen das Regime Putins zu protestieren.
Es ist unsere revolutionäre Aufgabe, den wirklichen Charakter der Opposition als auch Putins zu entlarven. Wir müssen den Arbeiter_innen erklären, dass nur der autonome Klassenkampf für den Umsturz des Kapitalismus und den Aufbau einer Gesellschaft ohne Ausbeutung ihre Probleme und die der ganzen Menschheit lösen können.
Sympathisant_innen der IKS in der ex-UdSSR (Januar 2012)
Links
[1] https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,822232,00.html
[2] https://www.tagesschau.de/thema/usa
[3] https://www.dailymail.co.uk/news/article-1216015/More-British-soldiers-prison-serving-Afghanistan-shock-study-finds.html#ixzz1qEGoRWsa
[4] https://www.democracynow.org/2012/3/16/mind_zone_new_film_tracks_therapists
[5] https://watson.brown.edu/costsofwar/
[6] https://www.reuters.com/article/2011/06/29/us-usa-war-idUSTRE75S25320110629
[7] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/amoklauf-afghanistan
[8] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/morde-toulouse
[9] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/gewaltfrage
[10] https://de.internationalism.org/tag/leute/rosa-luxemburg
[11] https://de.internationalism.org/tag/leute/robert-bales
[12] https://de.internationalism.org/tag/leute/mohamed-merah
[13] http://www.internationalism.org
[14] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/streiks-indien
[15] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/gurgaon
[16] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/generalstreik-28februar-2012-indien
[17] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/indische-gewerkschaften
[18] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote1sym
[19] https://www.si-revue.de/der-beginn-einer-epoche
[20] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote12sym
[21] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote13sym
[22] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote14sym
[23] https://www.wwf.org.uk/what_we_do/press_centre/?unewsid=5529
[24] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote17sym
[25] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote1anc
[26] https://fr.internationalism.org/rint147/decadence_du_capitalisme_le_boom_d_apres_guerre_n_a_pas_renverse_le_cours_du_declin_du_capitalisme.html
[27] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote2anc
[28] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote3anc
[29] https://fr.internationalism.org/rint146/pour_les_revolutionnaires_la_grande_depression_confirme_l_obsolescence_du_capitalisme.html
[30] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote4anc
[31] https://fr.internationalism.org/rint142/rosa_luxemburg_et_les_limites_de_l_expansion_du_capitalisme.html
[32] https://fr.internationalism.org/rint132/decadence_du_capitalisme_la_revolution_est_necessaire_et_possible_depuis_un_siecle.html
[33] https://fr.internationalism.org/rinte59/guerre.htm
[34] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote14anc
[35] https://www.nationalgeographic.com/science/article/111109-world-energy-outlook-2011
[36] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote15anc
[37] https://www.theguardian.com/environment/2011/dec/11/global-climate-change-treaty-durban
[38] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote16anc
[39] https://www.washingtonpost.com/national/environment/warming-arctic-opens-way-to-competition-for-resources/2011/05/15/AF2W2Q4G_story.html
[40] https://fr.internationalism.org/rint148/40_annees_de_crise_ouverte_montrent_que_le_capitalisme_en_declin_est_incurable.html#sdfootnote17anc
[41] https://www.theguardian.com/culture/2011/dec/18/news-terrible-world-really-doomed
[42] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/dekadenz-kapitalismus
[43] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/socialisme-ou-barbarie
[44] https://de.internationalism.org/tag/leute/paul-mattick
[45] https://de.internationalism.org/tag/leute/casterioradis
[46] https://de.internationalism.org/tag/leute/grossmann
[47] https://de.internationalism.org/tag/3/54/zerfall
[48] https://stinas.blogsport.de/2010/04/17/das-massaker-an-den-internationalistischen-kommunisten-in-griechenland-dezember-1944/
[49] https://en.internationalism.org/specialtexts/IR072_stinas.htm
[50] https://de.internationalism.org/tag/leute/stinas
[51] https://de.internationalism.org/tag/politische-stromungen-und-verweise/kommunistische-linke
[52] https://de.internationalism.org/tag/historische-ereignisse/zweiter-weltkrieg
[53] https://de.internationalism.org/tag/historische-ereignisse/revolutionarer-defatismus
[54] https://de.internationalism.org/tag/entwicklung-des-proletarischen-bewusstseins-und-der-organisation/linke-opposition
[55] https://de.internationalism.org/tag/3/44/internationalismus
[56] https://de.internationalism.org/tag/geographisch/russland-kaukasus-zentralasien