Solidarität mit den “Empörten” in Spanien – Die Zukunft gehört der Arbeiterklasse!

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Zu einem Zeitpunkt, als in vielen Ländern die Scheinwerfer auf den Skandal um Dominique Strauss-Kahn, den wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe verhafteten IWF-Chefs, gerichtet waren, erschütterte etwas viel Wichtigeres Europa: die gewaltige soziale Protestbewegung in Spanien, die sich seit dem 15. Mai nach der Tag und Nacht andauernden Besetzung der Puerta Del Sol in Madrid gebildet hat. Die Bewegung wird von einer riesigen Masse von Menschen, hauptsächlich Jugendlichen, getragen, die empört sind über die Arbeitslosigkeit, die Sparmaßnahmen der Zapatero-Regierung, die Bestechlichkeit der Politiker usw. Diese Sozialbewegung griff dank der sozialen Netzwerke (Facebook, Twitter…) schnell wie ein Flächenbrand über auf die großen Städte des Landes: Barcelona, Valencia, Granada, Sevilla, Málaga, Leon… Aber die Informationen haben nicht wirklich die Pyrenäen Richtung Frankreich übersprungen. Denn in Frankreich haben nur die sozialen Netzwerke und einige alternative Medien die Bilder und Videos über die Ereignisse seit Mitte Mai übermittelt. Wenn die bürgerlichen Medien solch ein black-out über die Ereignisse verhängen und uns – insbesondere in Frankreich – mit dem Krimi um die Angelegenheit Dominique Strauss-Kahn benebelt haben, geschieht dies mit der Absicht, diese wichtige Etappe der Entwicklung der sozialen Kämpfe und des Kampfes der Weltarbeiterklasse gegen die Sackgasse, in welcher der Kapitalismus steckt, herunterzuspielen.

Zu einem Zeitpunkt, als in vielen Ländern die Scheinwerfer auf den Skandal um Dominique Strauss-Kahn, den wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe verhafteten IWF-Chefs, gerichtet waren, erschütterte etwas viel Wichtigeres Europa: die gewaltige soziale Protestbewegung in Spanien, die sich seit dem 15. Mai nach der Tag und Nacht andauernden Besetzung der Puerta Del Sol in Madrid gebildet hat. Die Bewegung wird von einer riesigen Masse von Menschen, hauptsächlich Jugendlichen, getragen, die empört sind über die Arbeitslosigkeit, die Sparmaßnahmen der Zapatero-Regierung, die Bestechlichkeit der Politiker usw. Diese Sozialbewegung griff dank der sozialen Netzwerke (Facebook, Twitter…) schnell wie ein Flächenbrand über auf die großen Städte des Landes: Barcelona, Valencia, Granada, Sevilla, Málaga, Leon… Aber die Informationen haben nicht wirklich die Pyrenäen Richtung Frankreich übersprungen. Denn in Frankreich haben nur die sozialen Netzwerke und einige alternative Medien die Bilder und Videos über die Ereignisse seit Mitte Mai übermittelt. Wenn die bürgerlichen Medien solch ein black-out über die Ereignisse verhängen und uns – insbesondere in Frankreich – mit dem Krimi um die Angelegenheit Dominique Strauss-Kahn benebelt haben, geschieht dies mit der Absicht, diese wichtige Etappe der Entwicklung der sozialen Kämpfe und des Kampfes der Weltarbeiterklasse gegen die Sackgasse, in welcher der Kapitalismus steckt, herunterzuspielen.

Die Vorgeschichte der Bewegung

Die Bewegung der „Empörten“ in Spanien ist seit dem Generalstreik vom 29. September 2010 gegen das Projekt der Rentenreform herangereift. Dieser Generalstreik endete in einer Niederlage, weil die Gewerkschaften mit der Regierung einen Deal ausgehandelt und das Reformprojekt angenommen haben (die aktiv Beschäftigten zwischen 40-50 Jahren werden bei ihrem Renteneintritt eine um 20% niedrigere Renten beziehen als die gegenwärtigen Rentner). Diese Niederlage hat ein tiefgreifendes Gefühl der Verbitterung innerhalb der Arbeiterklasse hervorgerufen. Und unter den Jugendlichen hat sich eine große Wut angestaut, nachdem die Jugendlichen diesen Kampf gegen die Rentenreform aktiv unterstützt hatten, insbesondere indem sich viele an den Streikposten beteiligten.

Anfang 2011 kochte die Wut in den Universitäten hoch. Im März wurde im Nachbarland Portugal ein Aufruf einer Gruppe „Junge Prekäre“ zu einer Demonstration im Internet veröffentlicht. Daraufhin beteiligten sich ca. 250.000 Menschen an der Demo in Lissabon. Dieses Beispiel hatte sofort eine große Ausstrahlung auf die spanischen Universitäten, insbesondere in Madrid. Die große Mehrzahl der Studenten und jungen Leute unter 30 überlebt mit 600 Euros im Monat dank kleiner Jobs. Auf diesem Hintergrund hat eine Gruppe von ca. 100 Studenten eine Gruppe gebildet „Jugendliche ohne Zukunft“ („Jovenes sin futuro“). Diese mittellosen, aus der Arbeiterklasse stammenden Studenten haben sich um den Slogan „Obdachlos, arbeitslos, furchtlos“ zusammengeschlossen. Sie riefen für den 7. April zu einer Demo auf. Der Erfolg dieser Demo, an der sich etwa 5000 Menschen beteiligten, ermunterte die Gruppe „Jugendliche ohne Zukunft“, eine neue Demo für den 15. Mai zu planen. In der Zwischenzeit war in Madrid das Kollektiv „Echte Demokratie jetzt“ (Democracia Real Ya) gegründet worden, in deren Plattform man sich auch gegen die Arbeitslosigkeit und die „Diktatur der Märkte“ wandte, die aber von sich beanspruchte, „apolitisch“ zu sein, weder dem rechten noch linken Lager anzugehören. Democracia Real Ya rief ebenso zu Kundgebungen am 15. Mai in anderen Städten auf. Aber in Madrid kamen die meisten Leute zusammen – nämlich ca. 25.000. Dieser ziemlich zahme Protestzug sollte auf der Puerta del Sol enden.

Die Wut der Jugend ohne Zukunft greift auf die ganze Bevölkerung über

Die Kundgebungen vom 15. Mai, zu denen „Echte Demokratie jetzt“ aufgerufen hatten, verliefen sehr erfolgreich. Sie spiegelten die allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung, insbesondere der Jugendlichen mit der Frage der Arbeitslosigkeit am Ende ihrer Ausbildung, wider. Die ganze Sache hätte eigentlich dort abgeschlossen werden sollen, aber am Ende der Kundgebungen in Madrid und in Granada kam es zu Zusammenstößen, die von einer kleinen Gruppe „Schwarzer Block“ ausgelöst wurden. Die Polizei ging gewaltsam gegen diese vor und verhaftete 20 Leute. Die Verhafteten, die in den Polizeiwachen misshandelt wurden, schlossen sich in einem Kollektiv zusammen und verfassten ein Kommuniqué, in dem die Gewalt der Polizei angeprangert wurde. Die Verbreitung dieses Kommuniqués hat sofort eine riesige Empörung und ein Gefühl allgemeiner Solidarität gegenüber der Brutalität der Ordnungskräfte ausgelöst. Ca. 30 Menschen, die in der Öffentlichkeit nicht bekannt und auch unorganisiert waren, beschloss die Besetzung des Puerta del Sol in Madrid und dort ein Zeltlager zu errichten. Diese Initiative breitete sich sofort wie ein Flächenbrand aus und stieß auf große Sympathie in der Bevölkerung. Am gleichen Tag wurde das Beispiel Madrids in Barcelona, Granada und Valencia nachgeahmt. Eine neue Welle Polizeigewalt goss erneut Öl aufs Feuer; seitdem kommen in mehr als 70 Städten die Protestierenden scharenweise zusammen, Tendenz steigend.

Am Nachmittag des 17. Mai hatten die Organisatoren der Bewegung des 15. Mai schweigende Aktionen der Protestierenden oder schauspielerische Aufführungen vorgesehen, aber die auf den öffentlichen Plätzen Zusammengekommenen verlangten lauthals die Abhaltung von Vollversammlungen. Um 20.00 h fingen die Vollversammlungen in Madrid, Barcelona, Valencia und anderen Städten an. Von Mittwoch, dem 18. Mai an, nahmen diese Versammlungen eine andere Gestalt an, sie verwandelten sich in offene allgemeine Versammlungen auf öffentlichen Plätzen.

Gegenüber der Repression und im Hinblick auf die Gemeinderats- und Regionalwahlen versuchte das Kollektiv “Echte Demokratie jetzt” die Debatte auf das Ziel der „demokratischen Erneuerung“ des spanischen Staats auszurichten. Eine Reform der Wahlgesetze wurde gefordert, um das Zweiparteiensystem PSOE/Partido Popular zu überwinden und stattdessen nach 34 Jahren „imperfekter Demokratie“ nach Franco eine „wahre Demokratie“ zu fordern.

Aber die Bewegung der „Empörten“ ging weit über diese Forderungen nach mehr Demokratie und Reformen durch das Kollektiv „Echte Demokratie jetzt“ hinaus. Die Bewegung beschränkte sich nicht auf die Revolte der jungen „mit 600 Euro verlorenen Generation“. Bei den Demonstrationen und auf den besetzten Plätzen in Madrid, Barcelona, Valencia, Málaga, Sevilla usw. konnte man auf Spruchbändern und Plakaten lesen „Demokratie ohne Kapital“, „PSOE und PP – gleiche Scheiße“, „Wir wollen eine Zukunft ohne Kapitalismus“, „Wenn ihr uns nicht träumen lasst, werden wir euch nicht schlafen lassen“, „Alle Macht den Versammlungen“, „Das Problem ist nicht die Demokratie, das Problem ist der Kapitalismus“, „Arbeitslos, obdachlos, furchtlos – Arbeiter wacht auf“!, „600 Euros pro Monat, das ist ein Gewaltverhältnis“, „Wenn wählen gefährlich wäre, wäre es längst verboten“. In Valencia riefen Frauen: „Unsere Großeltern wurden getäuscht, unsere Kinder wurden in die Irre geführt, unsere Enkel dürfen sich nicht verarschen lassen“

Die Versammlungen – eine Waffe für die Zukunft

 

Gegenüber der bürgerlichen Demokratie, die die “Beteiligung” darauf beschränkt, alle vier Jahre den Politiker zu “wählen”, der nie seine Wahlversprechen einhält und all die Sparmaßnahmen umsetzt, welche die unaufhaltsame Zuspitzung der Wirtschaftskrise erfordert, hat sich die Bewegung der “Empörten“ in Spanien spontan wieder eine Waffe des Kampfes der Arbeiterklasse angeeignet: die allgemeinen, offenen Versammlungen. Überall sind Leute massenhaft in den Städten zusammengekommen; mehrere Zehntausende Teilnehmer aller Generationen und aus allen nicht-ausbeutenden Schichten der Gesellschaft versammelten sich. In diesen Versammlungen kann jeder das Wort ergreifen, seine Wut zum Ausdruck bringen, Debatten zu verschiedenen Fragen anstoßen, Vorschläge machen. In dieser Atmosphäre allgemeiner Wallung wird man ermutigt zu reden; alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens (politische, kulturelle, ökonomische…) werden zur Sprache gebracht. Auf den Plätzen strömt eine gewaltige kollektive Flut von Ideen zusammen, die in einem solidarischen Klima diskutiert werden, wo man jeweils Respekt für den anderen zeigt. In einigen Städten werden „Ideenkästen“ errichtet; eine Art Urne, wo jeder seine schriftlich verfassten Ideen reinwerfen kann. Die Bewegung organisiert sich auf eine sehr intelligente Weise. Kommissionen werden eingerichtet, insbesondere um sinnlose Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften zu vermeiden. Gewalt unter den Teilnehmern ist verboten. Es herrscht Alkoholverbot mit der Begründung, „Die Revolution ist keine Sauferei“. Jeden Tag werden Reinigungsmannschaften organisiert. In öffentlichen ‚Kantinen‘ werden Essen serviert, Freiwillige organisieren Kinderbetreuung. Bibliotheken werden aufgebaut, sowie „Ideenbänke“ (wo man sowohl wissenschaftliche Themen wie auch kulturelle, politische, ökonomische und Fragen der Kunst behandelt). „Tage des Nachdenkens“ werden geplant. Jeder bringt sein Wissen und seine Fähigkeiten ein.

Auf den ersten Blick scheint dieser Strom an Gedanken zu nichts Konkretem zu führen. Es werden keine konkreten Vorschläge gemacht, keine realistischen oder unmittelbar umsetzbaren Forderungen erhoben. Aber vor allem wird eine gewaltige Unzufriedenheit mit der Armut, den Sparplänen, der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung und ein gemeinsamer Wille zum Ausdruck gebracht, die gesellschaftliche Atomisierung zu durchbrechen, zusammenzukommen, um zu diskutieren, gemeinsam nachzudenken. Trotz vieler Konfusionen und Illusionen taucht erneut das Wort „Revolution“ in den Reden der Leute und auf den Spruchbändern und Plakaten auf; das Wort ruft keine Angst mehr hervor.

In den Versammlungen haben die Debatten grundlegende Fragen aufgeworfen:

- sollen wir uns auf die “demokratische Erneuerung” beschränken? Liegen die Wurzeln nicht im Kapitalismus selbst, ein System, das nicht reformiert werden kann und vollständig überwunden werden muss?

- Soll die Bewegung am 22. Mai, d.h. nach den Wahlen, beendet werden oder soll sie man fortsetzen mittels eines massiven Kampfes gegen die Angriffe auf unsere Lebensbedingungen, die Arbeitslosigkeit, prekäre Lebensbedingungen, Wohnungsräumungen usw.?

- Sollten die Versammlungen nicht auf die Betriebe, die Stadtviertel, die Arbeitsagenturen, die Gymnasien, die Schulen, die Universitäten ausgedehnt werden? Sollte man die Bewegung nicht in der Arbeiterklasse verwurzeln, die als einzige dazu in der Lage ist, einen breit gefächerten generalisierten Kampf zu führen?

In diesen Debatten in den Versammlungen haben sich zwei Tendenzen herausgeschält:

- Die eine, konservativ, und von den nicht-proletarischen Schichten getragen, verbreitet die Illusion, man könne das kapitalistische System durch eine „demokratische Revolution der Bürger“ reformieren;

- Die andere, proletarisch, hebt die Notwendigkeit der Überwindung des Kapitalismus hervor.

Die Versammlungen, die am 22. Mai, dem Wahlsonntag, stattgefunden haben, beschlossen die Fortsetzung der Bewegung. Zahlreiche Wortmeldungen betonten: „Wir sind nicht hier wegen der Wahlen, auch wenn diese ein auslösendes Moment waren“. Die proletarische Tendenz ist deutlicher durch den Vorschlag hervorgetreten „sich in Richtung Arbeiterklasse zu bewegen“, indem man Forderungen gegen Arbeitslosigkeit, prekäre Verhältnisse, die Sozialkürzungen erhebt. Auf der Puerta del Sol wurde die Entscheidung getroffen, „Volksversammlungen“ in den Stadtvierteln zu organisieren. Vorschläge der Ausdehnung auf die Betriebe, die Universitäten, die Arbeitsagenturen werden gemacht. In Málaga, Barcelona und Valencia kam in Versammlungen die Frage auf, eine Demonstration gegen die Kürzungen des Soziallohnes zu organisieren; dazu wurde ein neuer Generalstreik vorgeschlagen, dieses Mal ein „richtiger“, wie einer der Redner meinte.

Vor allem in Barcelona, der industriellen Hauptstadt Spaniens, erscheint die zentrale Versammlung des Plaza Cataluña als die radikalste, am stärksten von der proletarischen Tendenz geprägten Versammlung, die sich am deutlichsten ablehnend gegenüber der Illusion der “demokratischen Erneuerung” äußert. So sind Beschäftigte der Telefónica, des Gesundheitsweisens, Feuerwehrleute, Studenten gegen die Sozialkürzungen zu den Versammlungen in Barcelona dazu gestoßen und haben eine andere Tonlage angestimmt. Am 25. Mai beschloss die Versammlung des Plaza de Cataluña die aktive Unterstützung des Streiks der Beschäftigten des Gesundheitswesens, während die Versammlung auf der Puerta del Sol in Madrid entschied, die Bewegung zu dezentralisieren und „Volksversammlungen“ in den Stadtvierteln einzuberufen, um eine „horizontale, partizipative Demokratie“ zu ermöglichen. In Valencia haben sich Busfahrer den Demonstrationen in Stadtvierteln gegen die Kürzungen im Bildungswesen angeschlossen. In Saragossa haben sich die Busfahrer ebenso mit Enthusiasmus an den Versammlungen beteiligt.

In Barcelona haben die „Empörten“ beschlossen, ihr Zeltlager aufrechtzuerhalten und weiterhin den Plaza de Cataluña bis zum 15. Juni besetzt zu halten.

 

Die Zukunft liegt in den Händen der jungen Generation der Arbeiterklasse

 

 

Wie immer die Ereignisse in Spanien sich letzten Endes entwickeln werden, es ist klar, dass die von den Jugendlichen (die mit der Arbeitslosigkeit konfrontierten werden, welche in Spanien besonders hoch ist, da ca. 45% der Jugendlichen zwischen 20-25 Jahren arbeitslos sind) angezettelte Revolte ein Teil des Kampfes der Arbeiterklasse ist. Ihr Beitrag zum internationalen Kampf der Arbeiterklasse ist unleugbar. Diese breit ausgedehnte Bewegung hat alle nicht-ausbeutenden gesellschaftlichen Schichten in ihren Bann gezogen, insbesondere haben sich alle Generationen der Arbeiterklasse beteiligt. Auch wenn vieles in einer Welle des „Zorns des Volkes“ aufgelöst wurde und die ArbeiterInnen nicht eigenständig durch Streiks und andere massive Kundgebungen in Erscheinung getreten sind und keine eigenen unmittelbaren ökonomischen Forderungen erhoben haben, spiegelt diese Bewegung in Wirklichkeit eine in die Tiefe gehende Reifung des Bewusstseins in den Reihen der einzigen Klasse wider, welche die Welt durch die Überwindung des Kapitalismus verändern kann: die Arbeiterklasse.

Diese Bewegung bringt offen an den Tag, dass in Anbetracht des immer offensichtlicher werdenden Bankrotts des Kapitalismus immer größere Massen anfangen, sich in den „demokratischen“ Staaten Westeuropas zu erheben; sie bieten damit die Möglichkeit der Politisierung der Kämpfe des Proletariats.

Die Bewegung hat schon verdeutlicht, dass die Jugendlichen, von denen die meisten prekär Beschäftigte und Arbeitslose sind, dazu in der Lage waren, zur Waffe des Kampfes der Arbeiterklasse zu greifen: die massiven und allen zugänglichen Versammlungen, mit Hilfe derer sie Solidarität entfalten und die Bewegung in die eigenen Hände nehmen konnten, außerhalb der Kontrolle der politischen Parteien und der Gewerkschaften.

Der Schlachtruf „Alle Macht den Versammlungen“, der in dieser Bewegung aufgetaucht ist, welcher zwar jetzt noch von einer Minderheit getragen wird, ist nur eine Wiederauflage des alten Schlachtrufs der russischen Revolution „Alle Macht den Arbeiterräten“ (Sowjets).

Auch wenn heute noch der Begriff „Kommunismus“ Angst einjagt (infolge des Gewichtes der von den Herrschenden entfesselten Kampagne nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und der stalinistischen Regime), hat dagegen das Wort „Revolution“ niemandem Angst eingejagt, im Gegenteil!

Diese Bewegung ist keinesfalls eine „Spanische Revolution“, wie das Kollektiv „Echte Demokratie jetzt“ behauptet. Die Arbeitslosigkeit, die Prekarisierung, hohe Preise und die ständige Verschlechterung der Lebensbedingungen der ausgebeuteten Massen sind keine spanische Besonderheit! Die finstere Fratze der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, ist sowohl in Madrid als in Kairo, als auch in London und Paris zu sehen, genauso wie in Athen und Buenos Aires. Wir sind alle betroffen vom Versinken der zerfallenden kapitalistischen Gesellschaft in einem Abgrund. Dieser Abgrund besteht nicht nur aus der Verarmung und der Arbeitslosigkeit, sondern auch in der Zunahme der nuklearen Katastrophen, der Kriege und der Auflösung der gesellschaftlichen Beziehungen – verbunden mit einer moralischen Barbarei (wie man unter anderem anhand der zunehmenden sexuellen Übergriffe und der Gewalt gegen die Frauen in den „zivilisierten“ Ländern sehen kann).

Die Bewegung der “Empörten” ist keine “Revolution”. Sie stellt nur eine neue Etappe der Entfaltung von sozialen Kämpfen und den Kämpfen der Arbeiterklasse auf Weltebene dar, denn nur diese können für diese „zukunftslose“ Jugend und für die gesamte Menschheit eine Perspektive eröffnen.

Die Bewegung verdeutlicht, dass trotz all ihrer Verwirrungen und Illusionen über die „unabhängige Republik des Puerta del Sol“ im Innern der bürgerlichen Gesellschaft die Perspektive einer anderen Gesellschaft heranreift. Das „spanische Beben“ zeigt ebenso auf, dass die neuen Generationen der Arbeiterklasse, die nichts zu verlieren haben, jetzt schon zu Handelnden in der Geschichte geworden sind. Sie schaffen die Grundlagen für weitere gesellschaftliche Beben, die schlussendlich den Weg bereiten werden für die Befreiung der Menschheit. Dank der Verwendung von sozialen Netzwerken, von Mobiltelefonen und anderen modernen Kommunikationsmitteln hat diese junge Generationen ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, dass sie den von den Herrschenden und ihren Medien aufgezwungenen black-out durchbrechen und Solidarität über die Landesgrenzen hinaus aufbauen kann.

Diese neue Generation der Arbeiterklasse ist von 2003 an auf die internationale gesellschaftliche Bühne getreten, zunächst gegenüber der militärischen Intervention im Irak durch die Bush-Administration (in vielen Ländern protestierten Jugendliche gegen die Politik Bushs), dann mit den ersten Demonstrationen in Frankreich gegen die Rentenreform 2003. Im Jahre 2006 wurde diese Bewegung ebenso in Frankreich bestätigt, als die Studenten und Gymnasiasten massiv gegen den CPE auf die Straße gingen. In Griechenland, Italien, Portugal, Großbritannien hat die in Ausbildung befindliche Jugend ebenso ihre Stimme erhoben gegen die einzige Perspektive, welcher der Kapitalismus ihr bieten kann: absolute Verarmung und Arbeitslosigkeit. Diese Welle der Empörung seitens der „neuen, zukunftslosen Generation“ hat vor kurzem dann Tunesien und Ägypten erfasst und eine gewaltige soziale Revolte ausgelöst, die zum Sturz von Ben Ali und Mubarak geführt hat. Aber man darf nicht vergessen, dass das entscheidende Moment, welches die Herrschenden der größten „demokratischen“ Länder (insbesondere Barack Obama) dazu gezwungen hat, Ben Ali und Mubarak fallen zu lassen, die Arbeiterstreiks sowie die Drohung eines Generalstreiks gegen die blutige Niederschlagung der Demonstranten war. Seitdem ist der Tahrirplatz zu einem Sinnbild, einer Ermutigung zum Kampf seitens der jungen Generation der Arbeiterklasse in zahlreichen Ländern geworden. Diesem Beispiel folgend haben die „Empörten“ in Spanien ihr Zeltlager auf der Puerta del Sol aufgeschlagen, haben öffentliche Plätze in mehr als 70 Städten besetzt und all diesen Versammlungen alle Generationen und alle nicht-ausbeutenden Schichten zusammengeführt (in Barcelona haben die „Empörten“ gar den Plaza Cataluña in Tahrir-Platz umbenannt).

Die Bewegung der “Empörten” geht in Wirklichkeit viel tiefer als die spektakuläre Revolte, die sich auf dem Tahrir-Platz in Kairo gebildet hatte. Diese Bewegung ist in dem größten Land auf der iberischen Halbinsel ausgebrochen, welches eine Brücke zwischen zwei Kontinenten bildet. Die Tatsache, dass sie in einem „demokratischen“ Staat Westeuropas stattfindet (wo zudem noch eine „sozialistische“ Regierung an der Macht ist), wird langfristig dazu beitragen, die demokratischen Verschleierungen beiseite zu fegen, die von den Medien seit der „Jasminrevolution“ in Tunesien verbreitet wurden. Obwohl „Echte Demokratie jetzt“ die Bewegung als „Spanische Revolution“ bezeichnet, wurde nirgendwo die spanische Fahne gehisst, während auf dem Tahrir-Platz zahlreiche ägyptische Fahnen zu sehen waren[1].

Trotz der Illusionen und Konfusionen, die bei solchen, von den „empörten“ Jugendlichen initiierten Bewegungen unvermeidbar sind, stellt diese Bewegung ein sehr wichtiges Bindeglied in der Kette sozialer Kämpfe dar, die heute explodieren. Mit der Zuspitzung der Wirtschaftskrise werden diese sozialen Kämpfe mit dem Klassenkampf der Arbeiterklasse zusammengeführt werden und diesen dabei wiederum stärken.

Der Mut, die Entschlossenheit und das tiefgreifende Solidaritätsgefühl der jungen „zukunftslosen“ Generation zeigt auf, dass eine andere Welt möglich ist: der Kommunismus, d.h. die Vereinigung der menschlichen Weltgemeinschaft. Aber damit dieser „alte Traum“ der Menschheit Wirklichkeit werden kann, muss zunächst die Arbeiterklasse, die den Hauptreichtum dieser Gesellschaft produziert, ihre Klassenidentität wiederfinden, indem sie massiv ihre Kämpfe in allen Ländern gegen die Ausbeutung und gegen alle Angriffe des Kapitalismus entfaltet.

Die Bewegung der “Empörten” hat angefangen, erneut die Frage der “Revolution” aufzuwerfen. Es ist die Aufgabe der Weltarbeiterklasse diese Frage zu lösen und in den zukünftigen Kämpfen für die Überwindung des Kapitalismus eine Klassenausrichtung zu geben. Nur auf den Trümmern dieses Ausbeutungssystems, das auf der Produktion von Waren und Profit fußt, können die neuen Generationen eine andere Gesellschaft errichten, der Menschengattung ihre Würde zurückzugeben und eine echte universelle „Demokratie“ errichten. Sofiane 27.5.2011.

1. Man vernahm sogar Slogans, die zu einer “globalen Revolution” und zur “Ausdehnung” der Bewegung über die Landegrenzen hinaus ausrufen. In allen Versammlungen wurde eine „internationale Kommissionen“ errichtet. Die Bewegung der „Empörten“ ist ausgeschwärmt in alle großen Städte Europas und des amerikanischen Kontinentes (sogar in Tokio, Pnom-Penh, Hanoi haben junge Spanier, die im Ausland leben, die Fahne der „Echte Demokratie jetzt“ ausgerollt).

 

 

 

 


 

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