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Weltrevolution Nr. 55

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Konferenz von Rio: Kein Überleben der Menschheit ohne Zerstörung des Kapitalismus

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 Viele meinen, daß nach der Konferenz von Rio dort das Todesurteil für die Erde, wahrscheinlich für die Menschheit mit gefällt wurde. Wem ist nicht wieder ein­mal deutlich geworden, daß die Politiker, alle Regierungen der Welt unfähig sind, das Überleben der Menschheit zu si­chern? Die getroffenen Entscheidungen - sie sind ein blanker Hohn in Anbetracht dessen, was eigentlich unternommen wer­den müßte. Die meisten Entscheidungen sind bekannt; wir wollen sie hier aus Platzgründen nicht weiter aufführen. Und wieder einmal soll alles übers Geld gere­gelt werden. Kein Zufall, daß bei den meisten von uns jetzt das Gefühl auf­kommt, der ganzen Umweltzerstörung hilflos ausgeliefert zu sein, machtlos mit ansehen zu müssen, wie das Todesurteil auf Raten vollstreckt wird.

Wir aber sagen: Man durfte und konnte von Rio nichts anderes erwarten. Die dort versammelten Politiker konnten nichts anderes machen als das, nämlich weiter unter dem Deckmantel von Beschlüssen des Schutzes der Umwelt zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen beizutragen. Warum aber konnte man nichts anderes erwarten? Was sind die Ursachen für die Zerstörung der Natur und was muß wirk­lich getan werden? Dies wollen wir im nachfolgenden aufzuzeigen versuchen.

Während in den früheren Gesellschaften (Urgeschichte, Sklavengesellschaft) zwar meist ein Sinn für die Aufrechterhaltung der Naturbedingungen vorhanden war und es zu den einfachsten Überlebensin­stinkten gehörte, diese weitgehend zu schützen, wurde seit dem Feudalismus auch oft räuberisch und rücksichtslos gegenüber der Natur vorgegangen. Aber erst mit dem Kapitalismus trat eine neue Stufe bei der Zerstörung der Grundlagen der Natur ein. Denn während früher die Menschen zunächst Gebrauchsgegen­stände nur für ihren persönlichen Bedarf und erst später Waren für einen kleinen Markt produzierten (die Technik und der Markt dementsprechend wenig entwickelt waren), und die Zerstörung der Natur sich dabei in Grenzen hielt, änderte sich das mit dem Kapitalismus grundsätzlich.

Denn der Kapitalismus muß nämlich auf­grund seiner ihm innewohnenden Gesetze seine Produktion ständig ausdehnen. Für ihn gilt nur eins: akkumulieren, expan­dieren, verkaufen.

Der triumphale Einzug der industriellen Revolution und die damit verbundene Massenproduktion, dahinter liegend die Akkumulationsbedürfnisse des Kapitals, ließen einen riesigen Durst nach neuen Absatzmärkten aufkommen. Das Kapital mußte eine Jagd nach Märkten in alle Ge­biete der Erde antreten. So nahm während der aufsteigenden Phase des Kapitalis­mus, d.h. vom Ende des Mittelalters bis hin zum Anfang dieses Jahrhunderts, während der er für eine gigantische Ent­wicklung der Produktivkräfte sorgte, die rücksichtslose Ausbeutung und Zerstö­rung der Natur zwar schon neue, massive Ausmaße an, aber sie bedrohte noch nicht das Überleben der Menschheit selbst.

Erst als das System in sein Niedergangs­stadium mit dem 1. Weltkrieg eintrat, er­reichten auch die Zerstörung und Verwü­stung eine neue qualitative und quantitative Stufe. Seitdem bekämpfen sich nämlich alle kapitalistischen Nationen auf einem gesättigten Weltmarkt, bei dem die Rü­stungsindustrie mit der damit verbun­denen Schwerindustrie im Vordergrund stand. Und in dieser Entwicklung gibt es im Kapitalismus kein Zurück - entweder im Konkurrenzkampf alle Kosten drüc­ken, - d.h. Verwüstung und Zerstörung zum Überlebensmotto zu machen -, oder als Verlierer aus diesem Kampf hervorge­hen.

Auf diesem Hintergrund treten nun die Grünen auf den Plan, die eine Lösung in­nerhalb des Kapitalismus anbieten, wo mittels einiger Reformen eine Eindäm­mung der Umweltzerstörung und Arten­schutz usw. möglich sei. Dabei muß aber für jeden deutlich werden, daß der größte Killer der Umwelt- und Überlebensbe­dingungen die kapitalistische Produkti­onsweise selber ist. Warum?


DIE NATUR AUF DEM ALTAR DES PROFITS GEOPFERT

Der Kapitalismus ist ausschließlich auf Profit ausgerichtet. Ein Kapitalist läßt nur dann und dort produzieren, wenn für ihn als einzelnen Unternehmer Profit raus­springt. Welches Produkt er herstellen läßt, wie es aussieht, wo es produziert wird, all das richtet sich nur nach einem Gesichtspunkt - ob es für den Unterneh­mer lukrativ ist, die Produktion gewinn­bringend zu betreiben. Ob das Produkt (seine Erstellung und seine Verwendung, ggf. Wiederverwertung) mit den Gege­benheiten der Natur in Einklang gebracht werden kann, ob es den Interessen der Menschheit entspricht, ob es deren Ge­sundheit schädigt oder nicht, all das ist für den Kapitalisten belanglos. Er läßt halt nur eine Ware produzieren - und da ist für ihn nur von Interesse, ob er seine Waren absetzen kann... ob das jetzt Le­bensmittel, Möbel oder Panzer sind.

Die Art der Produktion, ob und wieviele Rohstoffe dabei eingesetzt werden, wie schädigend und gefährdend die Produktion oder der Konsum, bzw. Verwendung für den Menschen ist (ob für Lunge, Haut, Herz, Kreislauf, Ohren usw.), ob dies tagsüber oder nachts produziert oder ver­wendet wird, ob dafür Fließbänder laufen oder wieviel Transportaufwand darin­steckt, ob bei der Produktion und bei der Nutzung und Weiterverwendung Luft, Boden, Wasser usw. verschmutzt wird, alles spielt für den Kapitalisten keine wirkliche Rolle, wird gar billigend und rücksichtslos in kauf genommen. Denn egal, was schließlich aus dem Produkt wird, wo es schließlich landet, wie es "verwertet" wird, darüber braucht er sich nicht den Kopf zu zerbrechen. Er hat die Freiheit! Denn sobald der Unternehmer für seine Ware das Geld einkassiert hat, ist für ihn die Sache erledigt. Dreck und Müll, Schrott und Zerstörung - landen bei und treffen die Gesellschaft. Es wurde für den einzelnen Unternehmer Reibach ge­macht. Das ist es, was zählt und nichts anderes! Was kümmert es die Autoindu­strie, daß die PKWs und LKWs giftige Gase ausstoßen, was schert es die Rü­stungsindustrie, daß ihre Waffen syste­matisch Menschen morden und nur zur Zerstörung dienen, was sorgt sich die chemische Industrie um die Auswirkun­gen der Düngemittel in der Landwirt­schaft und den damit verbundenen Kreis­läufen. Das Interesse eines einzelnen Un­ternehmers ist erst einmal befriedigt.

Das Ergebnis für die Gesellschaft: Chaos, Anarchie, Zerstörung der Natur, Ver­schmutzung, Verwüstung, Gesundheit der Menschen beschädigt, gar ruiniert - ohne Bedeutung für den Unternehmer.

ZWEI TODFEINDE: DIE BEDÜRF­NISSE DER MENSCHHEIT UND DIE DES KAPITALS

Und hier sind wir beim Grundübel, bei der Wurzel der rücksichtslosen Zerstö­rung der Natur, der Lebensgrundlagen der Menschen angelangt: der Wider­spruch zwischen den Interessen eines Unternehmens und den Bedürfnissen der Gesellschaft.

Weil der Kapitalist sich einen Dreck schert um die Bedürfnisse der Gesell­schaft, weil im Kapitalismus nur Waren hergestellt werden, aber nicht überprüft wird, ob es auch nützliche Sachen sind (Gebrauchswert!), weil im Konkur­renzkampf alles auf dem Altar des Profits geopfert wird, "erntet" die Gesellschaft die Resultate dieser Interessenskollision zwischen Kapital und Gesellschaft: Chaos, rücksichtslose Zerstörung, Raub­bau an allen Ressourcen der Erde - von den Rohstoffen über Luft und Wasser bis hin zum Menschen selbst.

Der einzelne Bauer, der im Konkurrenz­kampf entsprechend billig produzieren muß, fragt nicht nach den Auswirkungen der Düngemittel für den Menschen; für ihn steigt der Ernteertrag. Welche lang­fristigen Wirkungen die Gülle in der Landwirtschaft und den Wasserhaushalt hat - interessiert ihn auch nicht; es gibt nur ein kurzfristiges Interesse... Profit einheimsen.

Daß in diesem Konkurrenzkampf dann auch noch der Staat die einzelnen Unter­nehmer gegenüber anderen internationa­len Konkurrenten unterstützt, ist nicht der Gipfel der Absurdität, sondern nur ein normaler Bestandteil des gesellschaftli­chen Wahnsinns - des mörderischen Kur­ses der Zerstörung der Menschheit. So "protegiert" der Staat die Diesel-fahren­den LKW, wohlwissend, daß Diesel krebserregend wirkt; aber der Staat im Dienst des Kapitals muß den Unterneh­mern den Transport möglichst billig an­bieten - und da müssen halt Diesel-Sub­ventionen an den LKW-Transportbereich bezahlt werden. Die Gesundheit ist das Geringste, was auf dem Opfertisch des Profits geopfert werden kann...

Solange jedenfalls dieses Grundübel, diese Quelle, die all die Zerstörung und Verpestung ausspuckt, die kapitalistische Produktionsform nicht beseitigt ist, wird die Natur und damit die Menschheit wei­ter ins Verderben gestürzt. Solange diese Wurzel - die kapitalistische Produktions­form - nicht beseitigt, wird dieses Un­kraut immer weiter wachsen.

Dieser grundsätzliche menschen- und na­turverachtende Charakter der kapitalisti­schen Produktion muß jedem deutlich vor Augen treten.

Wenn man sich dieser Prinzipien des Ka­pitalismus vergegenwärtigt, muß man se­hen, auf welchem Hintergrund der Gipfel in Rio stattfand. Nach 150 Jahren kapita­listischer "Entwicklung" ist die sog. 3. Welt völlig bankrott und zum ständigen Krüppel geschlagen. Weltweit tobt ein mörderischer Handelskrieg, bei dem sich gerade die großen Industriestaaten an der Kehle liegen. Deshalb müssen Länder mit irgendwelchen Rohstoffvorkommen oder anderen Naturschätzen - wie Regenwäl­dern - diese als Waffen im Wirtschafts­krieg gegen andere Nationen ansehen und einsetzen. Für Länder wie Brasilien, die Philippinen usw. ist es nur allzu logisch, daß sie - von Zinsen erdrückt und ohne Chance auf dem Weltmarkt - bei diesem Überlebenskampf im kapitalistischen Dschungel versuchen müssen, ihre Re­genwälder abzuholzen, um zu Geld mit Holz oder anderen Stoffen dieser Art zu kommen (tatsächlich stecken oft große Multis dahinter, und hinter diesen wie­derum die großen Industriestaaten). Wäh­rend die Politiker von "Zusammenarbeit" sprechen, stechen sie sich in Wirklichkeit alle bei diesem Konkurrenzkampf Messer in den Rücken. In der gegenwärtigen Zer­fallsphase des Kapitalismus muß jede Na­tion mehr als je zuvor sich um ihr "eigenes Schicksal" kümmern. Auf die­sem Hintergrund werden diese lebens­wichtigen Fragen wie Umweltzerstörung, Abfallwirtschaft usw. nicht durch "globale Zusammenarbeit" gelöst werden, sondern der Zusammenstoß zwischen den Staaten, der Konkurrenzkampf bis hin zum Krieg, - wie der Golfkrieg mit sei­nen Zerstörungen bewies - wird all diese Probleme nicht nur nicht lösen, sondern vielmehr nur noch zuspitzen.

DIE ZUKUNFT IM KAPITALISMUS: ESKALATION DER ZERSTÖRUNG BIS HIN ZUR VERNICHTUNG DER MENSCHHEIT

Die Eskalation der Zerstörung, der Ver­nichtung unserer Lebensgrundlagen ist also nur weiter vorprogrammiert. Anstatt auf mehr Kooperation, auf Einsicht und dergleichen mehr seitens der Regierungen zu hoffen, müssen wir vielmehr mit noch mehr Zerstörung, rücksichtslosem Vor­gehen gegenüber der Menschheit rechnen!

Auf diesem Hintergrund ist es illusorisch, irgendeine Lösung von den Staatsmän­nern zu erwarten. Das hieße den Mafia­bossen sich anzuvertrauen, um einen Kampf gegen die Mafia zu erwarten.

Viele Leute sagen aber jetzt, man müsse - weil die Politiker unfähig sind, irgendet­was globales auszurichten - bei sich selbst, d.h. im kleinen anfangen, etwas zu tun. Wir haben uns in einem anderen Artikel mit diesem "Ansatzpunkt" ausein­andergesetzt. Wollen deshalb an dieser Stelle nur sagen, daß der Kern des Pro­blems getroffen werden muß, und der liegt in der Funktionsweise der kapitali­stischen Gesellschaft mit ihrer anarchi­schen, von der Konkurrenz geprägten Produktionsform und der damit verbun­denen militärisch-industriellen-politischen Infrastruktur.

Nein, die einzige wirklich an der Wurzel des Problems angreifende Lösung ist die Erkenntnis, daß die Erde nicht gerettet werden kann mit Hilfe der Politiker oder "im kleinen Rahmen". Das Überleben der Menschheit kann nur gesichert werden, indem diese kapitalistische Gesellschaft aus der Welt geschafft wird und eine neue, nicht nach Profit orientierte Gesell­schaft aufgebaut wird. Dieses Systems muß als solches über Bord geworfen wer­den. Nichts geringeres als das.

Und es steht fest - solange dies nicht ge­schieht, läuft uns die Zeit davon.

Immer mehr wird zerstört werden. Der Kapitalismus wird uns neben der Zerstö­rung der Lebensgrundlagen der Natur (Stichwort Ozonloch, Treibhauseffekt, Wasserverschmutzung-, -mangel usw.), eine ganze Horrorshow präsentieren, von der wir schon einige Ausschnitt erleben: Kriege, Flüchtlingswellen, nationalisti­sche Explosionen, nukleare fall-outs, usw...

Deshalb kann die Lösung eben nur glo­bal, weltumfassend, weltweit sein, indem halt die Strukturen, die Wurzeln dieser Gesellschaft selbst ausgerissen- und durch eine neue Gesellschaft ersetzt werden. D.h. eine weltweite, eine die Gesellschaft umwälzende Lösung - kurzum eine Welt­revolution. Dav Juli 1992


Theoretische Fragen: 

  • Umwelt [1]

Welche Vorstellungen vom Kommunismus

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Immer wenn wir mit Leuten ins Gespräch kommen, sei es beim Verkauf unserer Zeitung, oder bei Gesprächen unter Kol­legen oder sonstwo, wenn heiß diskutiert wird, wie z.B. bei unseren öffentlichen Diskussionsveranstaltungen, jedes Mal wenn wir sagen, daß wir Kommunisten sind, folgt meist die Frage: "wie stellt ihr euch den Kommunismus denn eigentlich konkret vor?" Und zunächst geraten wir natürlich in etwas Verlegenheit, denn es gibt keine Vorzeigemodelle, keine Region, auf die wir hinweisen können, um zu ver­deutlichen, was uns vom Kommunismus überzeugt hat. Also erscheint unser Pro­gramm, der Kommunismus, schon mal als eine vage, nicht überzeugende Aussage. Zudem haben alle bürgerlichen Parteien (ob rechts, links, grün oder sonst was) alle ihr Programm, auch wenn sie es nachher meist nicht einhalten, um alle nur ein Programm durchzusetzen: Spar- und Kriegspolitik. Im Gegensatz zu den Bürgerlichen haben die Kommunisten also keinen demagogischen Maßnahmen­katalog, nein wir haben gleich ein ganzes Maximalprogramm, eine neue Gesell­schaft vorzuschlagen. Nichts weniger als das. Nur, wie verdeutlichen, was wir ei­gentlich damit meinen?

DER KOMMUNISMUS KANN NICHT INNERHALB, SONDERN NUR NACH DEM KAPITALISMUS ENT­STEHEN

Als erstes ist es uns dann wichtig aufzu­zeigen, daß die Umwälzung hin zum Kommunismus unter ganz anderen Be­dingungen verläuft, als das Durchbrechen neuer Produktionsformen in früheren Ge­sellschaften. Früher war es nämlich so, daß die neuen, aufsteigenden Gesell­schaften sich schon im Schoß der alten Gesellschaft heran entwickelten. Die feu­dalen Gesellschaftsstrukturen tauchten langsam innerhalb der niedergehenden Sklavengesellschaft des Römischen Rei­ches auf. Und dieser Einzug dauerte zum Teil jahrhundertelang.

Auch die bürgerliche Gesellschaft kroch langsam und mit ungleicher Geschwin­digkeit innerhalb der Feudalgesellschaft hervor. Die Bourgeoisie war schon auf ökonomischem Gebiet längst zur herr­schenden Klasse geworden, als sie die letzten politischen Fesseln des Feudalis­mus abstreifte - wie dies in der französi­schen Revolution von 1789 geschah. Während der Kapitalismus also im Feu­dalismus heranwachsen konnte, ist das beim Kommunismus nicht möglich. Der Kommunismus kann nur weltweit entste­hen, und zwar nur auf den Trümmern der kapitalistischen Gesellschaft. Der Kom­munismus ist auch in einem Land nicht möglich (Rußland zeigt das unverkenn­bar), sondern nur weltweit und gleichzei­tig. Denn die Gesetze der Marktwirt­schaft, des Weltmarktes, das Wertgesetz auf der einen, die Entschlossenheit des Kapitals auf der anderen Seite würden ein Entstehen des Kommunismus in einer Region nicht zulassen. Deshalb können die Kommunisten heute kein Modell prä­sentieren, um überzeugend zu wirken.

WAS DER KOMMUNISMUS NICHT IST

Auch wenn es unabdingbar ist, dies zu tun, hilft es gleichzeitig wenig weiter, wenn wir aufzeigen, was der Kommunis­mus nicht ist. Denn an Lügen, "hier ist der Kommunismus", hat es ja mit der Sowjetunion und den anderen Ländern wie Osteuropa und Kuba, Vietnam usw. nie gefehlt. Dadurch ist das ganze Bild vom Kommunismus total verzerrt. In al­ler kürze: für uns ist der Kommunismus kein "Staatskapitalismus", so wie es ihn in der UdSSR, in China, Kuba oder sonstwo gab. Er ist also nicht die einfa­che Verstaatlichung der Produktionsmit­tel. Auch ist er kein "Kriegskommunismus", wie er einst dar­gestellt wurde, als nämlich 1920-21 im Bürgerkrieg in Rußland das Geld abge­schafft worden war, nicht etwa weil Überfluß geherrscht hätte, sondern weil es nichts mehr wert war infolge von In­flation und Krieg. Der Kommunismus hat also nichts mit Kriegswirtschaft und Mangelwirtschaft zu tun, in der eine Staatspartei ihre Diktatur ausübt.

EINIGE HAUPTMERKMALE DES KOMMUNISMUS

Dennoch - auch wenn es unmöglich ist und man Gefahr läuft, einer Spekulation zu verfallen, so lassen sich doch einige Hauptkennzeichen des Kommunismus aufzeigen:

1) Die Produktion findet nicht mehr für Profit, sondern für die Bedürfnisse der Menschen statt.

2) Das Privateigentum wird abgeschafft sein. Alle Güter befinden sich im "Besitz" der Gesellschaft und werden geteilt.

3) Dadurch entfällt die Konkurrenz; die gesamten Mechanismen des Wett­bewerbs, die Überlebensprinzipien der kapitalistischen Gesellschaft (sprich, der Konkurrenzkampf, jeder gegen je­den bis hin zum Krieg) werden ver­schwinden.

4) Die Lohnarbeit wird abgeschafft sein. Die Menschen werden produzie­ren, schaffen, kreativ sein, nicht aus Zwang, ihre Arbeitskraft verkaufen zu müssen, um zu überleben, sondern um die Bedürfnisse der Menschen zu be­friedigen.

Aus den oben genannten Prinzipien geht hervor, daß

- Es keine Zerstörung der Produktion (wie in Krisen oder Kriegen) geben wird.

- Während bislang beispielsweise in den USA während des kalten Krieges 2 von 3 Ingenieuren für das Pentagon arbeiteten, ungeheure Ressourcen in die Kriegswirt­schaft fließen, werden die Ressourcen der Menschheit dann nicht für Zerstörung verwendet, sondern eine für den Men­schen dienliche, nützliche Produktion.

- Damit entfallen all die Mittel für Rü­stung, Militär, Armee, Verteidigung des Privateigentums, der Gewaltverhältnisse, alles Ausgaben von unvorstellbaren Grö­ßen; wenn man bedenkt, daß die Wirt­schaft der meisten Länder, allen voran, die der ehemaligen UdSSR und der USA und natürlich der 3. Welt meist auf die Rüstungsproduktion fixiert ist, wird al­lein das schon eine ungeheure Freisetzung von Ressourcen bewirken.

- Durch die Abschaffung der Konkurrenz und die Produktion nicht von Tausch­werten, um Geld zu machen, sondern von Gebrauchsgütern (nützliche Güter), pro­duziert nicht mehr jeder Konkurrent ge­gen jeden, jeder für sich in seiner Ecke, um sich von seinen Konkurrenten abzu­schotten. Stattdessen wird das ganze Wis­sen der Menschheit, das ganze Know-how, die Technik für alle nutzbringend eingesetzt werden können.

Anstatt dem Prinzip des jeder gegen je­den, jeder für sich unterworfen zu sein, werden alle Reichtümer der Gesellschaft sinnvoll und planerisch abgestimmt in die Produktion einfließen. Das dem Kapita­lismus innewohnende Chaos, hervorgeru­fen durch die Marktwirtschaft und die Konkurrenz, diese Anarchie der kapitali­stischen Produktion wird es nicht mehr geben.

VOLLE ENTFALTUNG DER SCHAFFENSKRAFT DER MEN­SCHEN

Allein die Koordination und Kombination der menschlichen Reichtümer, die For­tentwicklung des Know-how zugunsten der Menschen und nicht zugunsten militä­rischer, zerstörerischer Zwecke, die Frei­setzung von Arbeitskräften aus zerstöreri­schen, unproduktiven, parasitären Sekto­ren, die Integration der Milliarden Men­schen, die im Kapitalismus entweder un­produktiv sind oder gar auf de Straße lie­gen, all das wird zu einem Ansteigen der Produktivität der Arbeit und zu Möglich­keiten der Produktionserweiterung füh­ren. Gleichzeitig wird dadurch die Ge­samtarbeitszeit sinken. Weil sie nicht mehr der Lohnarbeit, einem Ausbeu­tungsverhältnis und auch natürlich nicht mehr einer Entfremdung unterworfen sein werden, wird unter den Menschen soviel Schöpferkraft, soviel Energie, soviel Ein­satz freigesetzt werden, daß dies weit über unser Vorstellungsvermögen hinaus­geht. Während sich die Menschen heute in der Lohnarbeit so teuer wie möglich verkaufen, und so gut wie möglich aus der Affäre ziehen, um nicht zu schnell zu verschlissen zu werden, das ganze Ver­hältnis zur Arbeit eben durch die Ent­fremdung und Ausbeutung bestimmt ist, wird es im Kommunismus ganz anders aussehen.

Zu wissen, daß die produzierten Güter den Menschen zunutze kommen, die Ein­sicht in die Planbarkeit, die Steuerbarkeit der Produktion, das Wissen, daß wir für die Menschen, für die Gesellschaft arbei­ten und nicht für einen Unternehmer, der uns ausbeutet, den letzen Tropfen Schweiß aus einem rauspreßt, all das wird ein bislang nicht gekanntes Interesse und einen Tatendrang der Menschen freiset­zen.

Das heißt im Kommunismus wird es zu einer wahren Explosion der Schaffens­kraft der Menschen kommen. Die wich­tigste Produktivkraft, der Mensch wird sich eben erst dann ungehindert entfalten können.

DAS ENDE DER ENTFREMDUNG

Indem nicht mehr alles dem Profit geopfert, sondern bewußt geplant und sinnvoll entschieden werden kann, die Produktion nicht mehr der Anarchie und dem Chaos unterliegt, sondern von der Gesellschaft selbst organisiert wird und damit darüber bewußt entschieden wird, wie, wo, was, wann produziert wird, wird die ganze Verschwendung und Zer­störung der Ressourcen (Mensch und Natur) nicht mehr vorhanden sein. Der Ansporn in den Menschen, etwas für die Menschen, für die Gesellschaft tun zu wollen, wird alle bislang von den Men­schen aufgebrachten Energien in den Schatten stellen. Während der Kapitalis­mus die Menschen, die er in Lohnarbeit gesteckt hat, aufs brutalste und stumpf­sinnig ausbeutet, deren Arbeitskraft ver­schleißt und sie jahrelang tag-tagein ins Tretwerk der Lohnmaschinerie einspannt, sind gleichzeitig Milliarden von Men­schen einem nackten Überlebenskampf ausgeliefert - arbeits-, wohnungslos, hun­gern oder vegetieren oft - wie in der 3. Welt stumpfsinnig vor sich hin. All das wird im Kommunismus ganz anders sein.

Auch wenn all das hier Erwähnte nur ein kurzer Umriß sein kann, so kann man doch schon erkennen, daß das Aufzeich­nen einer kommunistischen Gesellschaft über unser bisheriges Vorstellungsvermö­gen hinausgeht. Deshalb wollen wir die Gefahr der Spekulation vermeiden - son­dern ganz realistisch unterstreichen, daß wir noch nicht einmal wissen, sondern nur ahnen können, welche zerstörte Ge­sellschaft uns der Kapitalismus hinterlas­sen wird.

Zudem wird der Kommunismus nicht von heute auf morgen möglich sein, sondern nach der Machtergreifung durch die Ar­beiterklasse, der ein zerstörerischer Bür­gerkrieg vorausgehen wird, wird es zunächst eine Übergangsperiode vom Ka­pitalismus zum Kommunismus geben.

Klar ist jedenfalls, daß all dies eine gi­gantische Aufgabe sein wird, daß es gar eine Dauer von ganzen Generationen in Anspruch nehmen wird. Nun wird uns dann natürlich die Frage entgegenge­schleudert, ja wer soll denn eigentlich den Kommunismus errichten? Wollt ihr

das als Partei, als kleine Gruppe machen, oder wer soll das tun? Unsere Antwort, daß die Arbeiterklasse die einzige revolu­tionäre Kraft ist, die dies verwirklichen kann, stößt dann im Gegenzug auf noch mehr Zweifel... womit wir schon an einer zweiten Argumentationslinie angelangt sind... Dies ist natürlich genauso eine der am heißesten diskutierten Fragen, und wir wollen hier aus Platzgründen unsere Le­ser auf unsere bisherigen Antworten dazu (siehe WR 53) verweisen.

DER KOMMUNISMUS: DAS ERGEBNIS EINER LEBENDIGEN, REVOLUTIONÄREN KLASSE

Ja, aber der Mensch, so wie er heute ist, wird er überhaupt dazu in der Lage sein, in einer Gesellschaft ohne Profit, ohne Privateigentum zu leben? Wie werden die Menschen im Kommunismus aussehen?

Vor dieser Frage standen die Kommuni­sten schon im letzten Jahrhundert. Da­mals schon betonten Marx und Engels, die Gründer der wissenschaftlichen Erklä­rung des Kommunismus: "...ebenso wird der gemeinsame Betrieb der Produktion durch die ganze Gesellschaft und die dar­aus folgende neue Entwicklung der Pro­duktion ganz andere Menschen bedürfen und auch erzeugen"(Grundsätze des Kommunismus, 1847).

Um nicht irgendwelchen Spekulationen zu verfallen, heben wir deshalb hervor, daß der Kommunismus nur das Ergebnis einer lebendigen, revolutionären Klasse sein wird, die nicht an der Errichtung neuer Ausbeutungsverhältnisse interes­siert ist, sondern an deren Abschaffung. Zur Erreichung dieses Ziels verfügt die Arbeiterklasse nur über zwei Mittel:

- ihre Fähigkeit, sich vereinigend, über alle sie spaltenden Gräben hinweg zu­sammenzuschließen, kurzum ihre Einheit als Klasse, ihre Klassensolidarität;

- und ihr Bewußtsein.

Ja, aber wenn wir uns den jetzigen Zu­stand der Arbeiterklasse anschauen, wie aber können die Arbeiter dann zu diesem revolutionären Bewußtsein gelangen? Auch darauf antworteten damals schon Marx und Engels: "..sowohl zur massen­haften Erzeugung dieses kommunistischen Bewußtseins wie zur Durchsetzung der Sache selbst (ist) eine massenhafte Ver­änderung der Menschen nötig, die nur in einer praktischen Bewegung, in einer REVOLUTION vor sich gehen kann; daß also die Revolution nicht nur nötig ist, weil die herrschende Klasse auf keine an­dere Weise gestürzt werden kann, sondern auch, weil die stürzende Klasse nur in ei­ner Revolution dahin kommen kann, sich den ganzen alten Dreck vom Halse zu schaffen und zu einer neuen Begründung der Gesellschaft befähigt zu werden" (Deutsche Ideologie, 1845, MEW Bd. 3, S. 70).

Wie aber wird es zu dieser Entfaltung des Bewußtseins kommen? Dieses Bewußtsein wird durch den Stachel der Krise voran­getrieben werden. Denn wenn der Kapi­talismus gezwungen ist, der Arbeiter­klasse die materiellen Grundlagen für ihr Überleben zu entziehen, werden immer mehr Arbeiter die Illusionen über den Charakter dieses Systems verlieren, ler­nen, durch ihren Widerstand als Klasse ihre Kraft zu erkennen, somit an Selbst­vertrauen zu gewinnen. Aus diesen Kämpfen muß dann massenhaft das Be­wußtsein heranwachsen, daß eine neue Gesellschaft nötig ist, und daß der Träger dieser neuen Gesellschaft die Arbeiter­klasse ist. Zu dieser Erkenntnis, zu deren Verbreitung müssen wir als Revolutio­näre beitragen. Dd 7/92

 

 


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