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Internationale Revue Nr. 5

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Die 80er Jahre: Jahre der Wahrheit

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Die Geschichte unterwirft sich nicht den Daten des Kalenders, und dennoch werden die Jahrzehnte in den Köpfen der Menschen oft mit bestimmten Zeitläuften der Geschichte verbunden. Wenn man von den 30er Jahren spricht, denkt man sofort an die große Krise, die den Kapitalismus vor 50 Jahren erschütterte; wenn man sich an die 40er Jahre erinnert, denkt man zunächst an den Krieg; an diesen Krieg, der Menschenleben in der Größenordnung eines Landes wie Ita­lien oder Frankreich vernichtet hat. Wel­ches Bild verbinden wir jetzt zu Beginn der 80er Jahre mit den 70er Jahren, und was wird das hervorstechende Merkmal der 80er Jahre sein?

Die Krise?

Die Krise hat den 70er Jahren ihren Stempel aufgedrückt und wird die 80er noch mehr kennzeichnen. Zwischen den 60er und den 70er Jahren gab es eine ganz reale Veränderung der Weltwirtschaftslage. Die 60er Jahre waren die letzten Jahre des Wiederaufbaus, die Jahre, in denen der letzte Glanz eines künstlichen „Wohlstands“ noch strahlte, welcher auf den flüchtigen Mechanismen des Wiederaufbaus des industriellen und wirtschaftlichen Potentials Europas und Japans beruhte, das im Krieg zerstört worden war. So­bald dieses Potential wiederhergestellt war, fand sich der Kapitalismus in der tödlichen Sackgasse wieder: die Sättigung der Märkte. Deshalb unterscheidet sich das jetzt abgeschlossene Jahrzehnt von dem vorangegangenen in wirtschaftlicher Hin­sicht: „Wohlstand“ in den 60er Jahren, Flau­te in den 70ern. Dagegen wird es zwischen den 70er und den 80er Jahren keinen so gearteten Unterschied geben, außer dass die ökonomische Stagnation sich noch verschärfen wird.

Das menschliche Elend und die Massaker?

Die vor uns stehenden Jahre kündigen sich als besonders „reichhaltig“ in dieser Hinsicht an: Nie zuvor hat es so viele Hungersnöte und so viele Völkermorde auf der ganzen Welt gegeben. Durch die vielen sog. „Befreiungen“ der Völker, durch die ihnen gewährten Hilfeleistungen (die im Allgemeinen auf die Lieferung von Mordinstrumenten hinauslaufen) werden die Großmächte sie bald von der Weltkarte radiert haben. Diese Apokalypse ist nicht neu. Im kommenden Jahrzehnt wird es mit der Vertiefung der Krise immer mehr Kambodschas geben, ungeachtet all der Petitionen und all der „humanitären Kampagnen“. Doch handelt es sich hier schlicht um ein noch fürchterlicheres Beispiel für die Schrecken, die seit dem II. Weltkrieg ununterbrochen erfolgt waren und die einen großen Teil der Menschheit in die totale Hölle gestürzt haben. In diesem Sinn kann man trotz der Tatsache, dass sich die Massaker noch vervielfachen werden, das kommende Jahrzehnt nicht als das Jahrzehnt der Völkermorde bezeichnen, unterscheidet es sich doch in dieser Hinsicht nicht von den vorherigen.

Jedoch beweisen die Ereignisse der letzten Zeit, dass sehr wichtige Veränderungen in der Tiefe der Gesellschaft he­ranreifen. Diese betreffen weniger die öko­nomische Infrastruktur oder das Ausmaß des Elends ihrer Mitglieder, als vielmehr die Daseins- und Handlungsweisen der grund­legenden Klassen der Gesellschaft: Bour­geoisie und Proletariat.

In einer gewissen Weise waren die 70er Jah­re die Jahre der Illusion. Selbst in den großen Metropolen des Kapitalismus wurden Bourgeoisie und Proletariat mit der nackten Reali­tät der Krise konfrontiert, häufig auf brutale Weise. Aber gleichzeitig hatten, vor allem in den am weitesten entwickelten Ländern, diese beiden Klassen, welche über das Schicksal der Welt entscheiden, die Tendenz gehabt, die Augen vor dieser Realität zu verschließen: die Bourgeoisie, weil ihr der Anblick ihres historischen Scheiterns un­erträglich ist, das Proletariat, teil­s weil es unter den von der herrschenden Klas­se verbreiteten Illusionen leidet, teils weil es ihm nicht leicht fällt, sich der ungeheuren histo­rischen Verantwortung bewusst zu werden und sie zu schultern, welche die Krise und das Verständnis ihrer Folgen der revolutionären Klasse aufbürdet. Angesichts der sich entwickelnden Krise hat sich die Bourgeoisie jahrelang an die Hoffnung geklammert, dass es ir­gendwelche Lösungen gibt. Und es trifft zu, dass seit 1967 noch jeder regelmäßig wiederkehrenden Krise (1967, 1970-71, 1974-75), die von einer chronischen Inflation begleitet wurde, ein „Aufschwung“ gefolgt war. Während des „Aufschwungs“ von 72-73 verzeichneten übrigens die west­lichen Länder (vor allem die USA) die höchsten Wachstumsraten seit dem Krieg. Obwohl es Wellen von galoppierender Inflation gab, war eine bestimmte deflationäre Regierungspolitik dabei erfolgreich, die Inflationsrate auf weniger als fünf Prozent zu halten; es genügte also, diesen Ländern nachzueifern, und alles ist gut. Natürlich war sich die Bourgeoisie bewusst, dass die „konjunkturbelebenden“ Programme nur die Inflation belebten und dass die „Konjunkturprogramme“ eine neue… Rezession hervorriefen. Doch selbst wenn die Dinge nicht wie geplant liefen, konnte sich die Bourgeoisie nicht von dem Gedanken lösen, dass, wenn sie einfach fortfährt, das tote Gewicht der Wirtschaft wegzuschneiden und Austerität sowie Arbeitslosigkeit durchzusetzen, eines Tages die Geschäfte zur Normalität zurückkehren würden.

Heute hat die Bourgeoisie diese Illusion aufgegeben. Nach dem Scheitern aller Heilmittel, die sie ihrer Wirtschaft verabreicht hat und die diese schließlich noch mehr vergiftet haben, hat die Bourgeoisie zwar halbherzig, aber schmerzlich zur Kenntnis nehmen müssen, dass es keine Lösung für die Krise gibt. Sie stellt fest, dass sie sich in einer Sackgasse befindet und dass ihr nur noch die Flucht nach vorn übrigbleibt. Für die Bour­geoisie ist diese Flucht nach vorn der Krieg.

Dieser Marsch in den Krieg ist nichts Neues; in Wirklichkeit hat der Kapitalismus seit dem II. Weltkrieg nie abgerüstet (wie das nach Ende des I. Weltkrieges wenigstens teilweise der Fall gewesen war). Und seit dem Ende der Sechziger, als der Kapitalismus erneut eine Verschlechterung seiner Wirtschaftslage erlebt hatte, haben sich die imperia­listischen Spannungen unaufhörlich verschärft und die Rüstungsausgaben phänomenal er­höht. Heute wird in jeder Minute eine Million Dollar in die Herstellung von Mord- und Zerstörungsmitteln gepumpt. Bis jetzt hatte sich die Bourgeoisie noch halb unbewusst auf einen neuen Krieg zubewegt. Die objektiven Bedürfnisse ihrer Wirt­schaft haben sie in Richtung Krieg gedrängt, doch war sich die Bourgeoisie noch nicht  wirklich im Klaren, dass der Krieg in der Tat die einzige Perspektive ist, die ihr System der Menschheit anzubieten hat. Die Bourgeoisie ist sich nicht völlig der Tatsache bewusst, dass ihre Unfähigkeit, das Proletariat für den Krieg zu mobilisieren, das einzige ernsthafte Hindernis bildet, das den Weg dahin verstellt.

Mit dem totalen Scheitern ihrer Ökonomie realisiert die Bourgeoisie heute langsam ihre wahre Lage und reagiert darauf. Auf der einen Seite bewaffnet sie sich bis an die Zähne. Überall werden die Verteidigungsausgaben in schwindelerregen­de Höhen getrieben. Die ohnehin fürchterlichen Waffen werden durch noch „effizientere“ (Backfire, Pershing 2, Neu­tronenbomben, usw.) ersetzt. Aber die Bourgeoisie handelt nicht nur auf militärischer Ebene. Wie wir in unserer Stellungnahme zu der Iran-USA-Krise (s. Weltrevolution Nr. 1) hingewiesen haben, hat die Bourgeoisie auch eine massive Kampagne unternommen, um eine Kriegspsychose zu entfesseln, mit der die Bevölkerung auf ihre mehr und mehr kriegerischen Absichten vor­bereitet werden soll. Weil ein Krieg denkbar ist und weil die Menschen nicht auf diese Perspektive vorbereitet sind, müssen alle Vorwände ausgenutzt werden, um eine „nationale Einheit, einen „Nationalstolz“ zu schaffen sowie die Öffentlichkeit von schäbigen Interessenskämpfen (gemeint ist der Klassenkampf) abzulenken und sie zum Altruismus des Patriotismus und der Verteidigung der Zivilisation gegen die bedrohlichen Kräfte der Barbarei wie den islamischen Fanatismus, die Geldgier der Araber, den Totalitarismus oder Imperialismus zu lenken. So lauten die Reden, die die herr­schende Klasse überall auf der Welt und immer häufiger hält.

Die Bourgeoisie ändert ihre Sprache gegenüber der Arbeiterklas­se. Solange eine Lösung der Krise möglich schien, hat sie die Ausgebeuteten mit illusorischen Versprechungen eingeschläfert: Akzeptiert heute die Austerität, und morgen wird alles besser. Die Linken waren mit dieser Art von Lüge sehr erfolgreich: Die Krise ist nicht das Ergebnis der unüberwindbaren Widersprüche der kapitalistischen Produk­tionsweise, sondern schlicht eine Frage des „schlechten Managements“ oder der „Habgie­r der Monopole“ und anderer „Multis“. Man brauche nur die Linke zu wählen, und alles würde anders werden! Heute hat die­se Sprache ihre Wirkung verloren. Wo die Linke an die Macht gelangt war, hat sie nichts Besseres als die Rechte vollbracht und war, vom Stand­punkt der Arbeiterklasse aus betrachtet, sogar noch schlechter. Da heute die Versprechungen einer „goldenen Zukunft“ niemanden mehr täu­schen können, hat die herrschende Klasse andere Register gezogen. Nun wird das Gegenteil heraus trompetet: Das Schlimmste steht uns noch bevor, und wir können nichts dagegen tun, „die anderen sind schuld“, es gibt keinen Ausweg. Dabei hofft die Bourgeoisie, die nationale Einheit herzustellen, die Churchill unter anderen Umständen erlangte, indem er der britischen Bevölkerung „Blut, Schweiß und Trä­nen“ versprach.

In dem Maße wie die Bourgeoisie ihre eigenen Illusionen verliert, ist sie gezwungen, der Arbeiterklasse gegenüber klar von der Zu­kunft zu reden, die sie ihr anzubieten hat. Wenn die Arbeiterklasse resigniert hätte und wie in den 30er Jahren demora­lisiert wäre, wäre diese Sprache wirksam: „Auch wenn es nun einmal keinen anderen Ausweg gibt, sollte man dennoch retten, was man retten kann: die ‚Demokratie‘, die ‚Er­de meiner Vorfahren‘, den ‚Lebensraum‘, für den Krieg und die damit verbunde­nen Opfer !“ So lautet das Echo, das die herrschende Klasse von uns hören möchte. Zu ihrem Leidwesen teilen die neuen Generationen von Arbeitern nicht die Resignation ihrer Vorgänger. Sobald die Krise die Arbeiter zu beeinträchtigen begann - noch bevor die Krise als solche erkannt wurde, mit Ausnahme einiger winziger Minderheiten von Re­volutionären, die die Lehren des Marxismus nicht vergessen hatten -, hat die Arbei­terklasse ihren Kampf aufgenommen. Ihre Kämpfe Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre zeigten mit ihrer großen Reichweite und militanten Entschlossenheit, dass die schreckliche Konterrevolution, die nach der Niederschlagung der revolutionären Welle nach dem I. Welt­krieg so stark auf der Gesellschaft gelastet hatte, zu Ende war. Es war nicht mehr die „Mitternacht des Jahrhunderts“. Der Kapitalismus musste erneut mit diesem Riesen rechnen, den er endgültig einge­schlafen glaubte: dem Proletariat. Zwar strotzte das Proletariat vor Kraft, allein es fehlte ihm an Erfahrung, und es lief in die Fallen, die die Bourgeoisie ihm stellte, nachdem sie sich vom ersten Schock erholt hatte. Darauf bauend, dass sich ihre Wirtschaftskrise viel langsamer als in den 30er Jahren entwickelt, gelang es der Bourgeoisie, dem Proletariat ihre eigenen Illusionen über eine „Lösung“ der Krise aufzuschwatzen. Einige Jahre lang glaubte das Proletariat dem Schwindel der „linken Alterna­tive“, ob sie sich Labour-Regie­rung, Volksmacht, Programme Commun, Moncloa-Pakt, historischer Kompromiss oder ähnlich nannte. Indem sie eine Zeit lang den offenen Kampf aufgab, hat sich die Ar­beiterklasse in die Sackgassen der Wahlen und der Demokratie führen lassen und fast ohne Gegenwehr mit immer größeren Dosen der Austerität und Arbeitslosigkeit arrangiert. Aber was ihre erste Kampfwelle, die 1968 anfing, bereits andeutete, bestätigt sich auch heute: Die heuti­gen bürgerlichen Mystifikationen haben nicht die Kraft von einst. Durch ihren häufigen Gebrauch haben sich die Sprüche über die „Verteidigung des Vaterlandes“, der „Zivilisation“, der „Demokratie“, des „sozialistischen Vaterlandes“ verschlissen. Und die „nationalen Inte­ressen“, der „Terrorismus“ und anderes können diese nicht ersetzen. Wie unser Artikel „Unsere Intervention und ihre Kritiker“ (Siehe Internationale Revue Nr.20, engl., franz. und span. Ausgabe) hervorhebt, hat das Proletariat wieder zum Kampf zurückgefunden. So wurde die Linke, sofern sie in der Regierung war, gezwungen, in die Opposition zurückzukehren, um durch die Radikalisierung ihres Wortgeklingels ihre kapitalistische Aufgabe zu erfüllen.

Mit einer Krise, deren Auswirkungen von Tag zu Tag schwerer auf der Arbeiterklasse lasten, mit der Erfahrung einer ersten Welle von Kämpfen sowie der Kenntnis des Arsenals von Fallen, die die Bourgeoisie aufstellt, um diese Kämpfe zu ersticken, und schließlich mit dem zögerlichen, aber ganz realen Auftreten von revolutionären Minderheiten bekräftigt die Arbeiterklasse erneut ihre Macht und ihr enormes Kampfpotential. Wenn einerseits die Bourgeoisie der Menschheit keine andere Zukunft als den totalen Krieg anbieten kann, so zeigen andererseits die Kämpfe, die sich heute entwickeln, dass das Proletariat nicht willens ist, der Bourgeoisie freie Hand zu gewähren und dass es eine andere Zukunft anzubieten hat, eine Zukunft, in der es weder Krieg noch Ausbeutung geben wird: den Kommunismus.

In dem jetzt angebrochenen Jahrzehnt wird somit über diese Alternative entscheiden: Entweder setzt das Proletariat seine Offen­sive fort, fällt dem mörderischen Treiben des zugrundegehenden Kapitalismus in die Arme und sam­melt seine Kräfte für dessen Umsturz, oder es wird in die Falle laufen, sich erschöp­fen und von den Reden und der Unterdrüc­kung seitens der Bourgeoisie demoralisie­ren lassen; und dann wäre der Weg frei zu einem neuen Holocaust, der die ganze menschli­che Gesellschaft auszulöschen droht.

Wenn die 70er Jahre sowohl für die Bour­geoisie als auch für das Proletariat Jahre der Illusionen waren, so werden, weil sich in diesen Jahren die Wirklichkeit dieser Welt vollständig entblößen und die Zukunft der Menschheit mehr oder weniger entscheiden wird, die Achtziger Jahre der Wahrheit sein.

Der Historische Kurs

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1. Können und sollen die Revolutionäre Voraussagen treffen?

Das eigentliche Wesen jeglicher menschlicher Tätigkeit setzt Voraussicht, Vorhersage voraus. Marx schreibt z.B.: "Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. Was aber von vornherein den schlechtesten Baumeister von der besten Biene auszeichnet, ist, dass er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut." (Marx; Das Kapital Band 1).
Jede Handlung des Menschen verläuft nach dieser Vorgehensweise. Der Mensch gebraucht ständig seine Gabe der Voraussicht. Nur durch die Umwandlung der auf eine Reihe von Experimenten gegründeten Hypothesen in Vorhersagen und durch die Konfrontation dieser Vorhersagen mit neuen Experimenten kann der Forscher diese Hypothesen für richtig (oder falsch) erklären und sein Verständnis fortentwickeln.
Indem es sich auf eine wissenschaftliche Untersuchungsweise der gesellschaftlichenen Wirklichkeit stützt, funktioniert das revolutionäre Denken auf dieselbe Weise, mit dem einzigen Unterschied, dass die Revolutionäre im Gegensatz zu den Forschern die Bedingungen neuer Experimente nicht im Labor schaffen können. Es ist die gesellschaftliche Praxis, die die von den Revolutionären vorgestellten Perspektiven bestätigt oder widerlegt und die Richtigkeit ihrer Theorie nachweist oder sie umstößt. Alle Aspekte der historischen Bewegung der Arbeiterklasse stützen sich auf Voraussagen; sie erlauben es, die Kampfformen jeder Epoche des Kapitalismus anzupassen. Vor allem das Projekt des Kommunismus beruht auf Voraussagen, insbesondere auf die Perspektive des Zusammenbruchs des Kapitalismus. Wie der Entwurf eines Architekten wird der Kommunismus zunächst - in groben Zügen natürlich - in den Köpfen der Menschen entworfen, bevor er in die Tat umgesetzt werden kann.
Im Gegensatz also zu Paul Mattick beispielsweise, der annahm, dass die Studie wirtschaftlicher Phänomene keine Voraussicht schafft, die für die Aktivität der Revolutionäre von Nutzen ist, ist die Ausarbeitung einer Perspektive - mit anderen Worten: die Voraussage - ein integraler und sehr wichtiger Bestandteil in den Aktivitäten der Revolutionäre.
Nachdem dies festgestellt ist, muss folgende Frage aufgeworfen werden: Auf welchem Gebiet können Revolutionäre das Mittel der Voraussage anwenden?
Auf langfristiger Ebene? Sicherlich; das Projekt des Kommunismus beruht auf nichts anderem.
Auf kurzfristiger Ebene? Natürlich; sie ist Teil der menschlichen Tätigkeit und somit der Revolutionäre.
Auf mittelfristiger Ebene? Da sie sich nicht auf Allgemeinheiten wie die langfristige Voraussage beschränken kann und über weniger Anhaltspunkte als die kurzfristige Vorhersage verfügt, ist sie zweifellos die schwierigste Art der Vorhersage, die das Proletariat treffen kann. Sie darf aber nicht vernachlässigt werden, weil sie direkt die Art und Weise des Kampfes in jedem Zeitraum des Kapitalismus bedingt.
Somit kann die Frage präziser gestellt werden: Kann und muss man im Rahmen der mittelfristigen Voraussage die Entwicklung des Kräfteverhältnisses zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat antizipieren? Dies setzt voraus, dass man die Möglichkeit solch einer Entwicklung anerkennt und die ihr vorausgehende Frage beantwortet hat:

2. Gibt es verschiedene Perioden im Verlauf des Klassenkampfes?

Es mag seltsam erscheinen, solch eine grundlegende Frage zu stellen. In der Vergangenheit schien sie so selbstverständlich, dass die Revolutionäre kaum auf dem Gedanken kamen, sie überhaupt zu stellen. Sie fragten nicht, ob es so etwas wie einen Kurs im Klassenkampf gibt oder ob es möglich und notwendig ist, ihn zu untersuchen, sondern einfach: Wie verläuft der Kurs? Und die Debatten unter den Revolutionären beschäftigten sich genau mit dieser Frage. 1852 beschrieb Marx den besonders unsteten Kurs des Klassenkampfes der Arbeiter:
"Proletarische Revolutionen (...) kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihren eigenen Lauf, kommen auf das scheinbar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen (...), scheinen ihren Gegner nur niederzuwerfen, damit er neue Kräfte aus der Erde sauge und sich riesenhafter ihnen gegenüber aufrichte, schrecken stets von neuem zurück vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eigenen Zwecke." (Marx, 18. Brumaire).
Vor mehr als einem Jahrhundert schien die Frage geklärt zu sein. Aber heute müssen wir feststellen, dass die fürchterliche Konterrevolution, aus der wir gerade herauskommen, solch eine Verwirrung im revolutionären Milieu gestiftet hat (siehe z.E. den Brief von Fomento Obrero Revolucionario an Révolution Internationale), dass wir heute dieselbe Frage erneut stellen müssen.
Verwirrungen in diesem Bereich beruhen auf der Unkenntnis der Geschichte der Arbeiterbewegung (aber "Unkenntnis ist keine Entschuldigung", wie Marx sagte). Ein Studium der Geschichte der Arbeiterbewegung erlaubt uns, das zu bestätigen, was Marx über das Wechselspiel zwischen den Vorstößen der Arbeiterkämpfe (die oft sehr stürmisch und kraftvoll waren wie die Bewegungen zwischen 1848-49,1864-71,1917-23) und ihren Rückzügen (wie 1850,1872 und 1923) sagte, die das Verschwinden oder die Degenerierung der politischen Organisationen bewirkten, die die Klasse in den aufsteigenden Phasen ihres Kampfes abgesondert hatte (Bund der Kommunisten: 1847 gebildet,1852 ausgelöst; Internationale Arbeiterassoziation: gegründet 1864,aufgelöst 1876; Kommunistische Internationale: gegründet 1919, degeneriert Mitte der 20er Jahre; die Sozialistische Internationale folgte einem ähnlichen Weg, aber nicht auf so eindeutige Weise).
Dass wir heute noch Revolutionäre antreffen, die unfähig sind, das Wechselspiel zwischen Vorstoß und Rückzug des Klassenkampfes zu verstehen, liegt sehr wahrscheinlich an der außergewöhnlich langen, über ein Jahrhundert dauernden Konterrevolution, die der revolutionären Welle von 1917-23 folgte. Während dieser Konterrevolution befand sich die Arbeiterklasse überall in einer Position der extremen Schwäche. Eine vorbehaltlose Untersuchung der Geschichte der Arbeiterbewegung und der marxistischen Analysen hätte (auch wenn es natürlich viel bequemer ist, nicht zu studieren und Fragen zu stellen) es diesen Revolutionären ermöglicht, das Gewicht der Konterrevolution abzuschütteln. Es hätte ihnen auch erlaubt zu erfahren, dass Ausbrüche des Klassenkampfes stattfinden, wenn sich der Kapitalismus in der Krise befindet (Wirtschaftskrisen wie 1848 oder Kriege wie 1871,1905,1917), und zwar aufgrund:
- der Schwächung der herrschenden Klasse,
- der Notwendigkeit für die Arbeiter, der Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen entgegenzutreten,
- der Entblößung der Widersprüche des Systems, was zur Hebung des Klassenbewusstseins führen kann.

3. Können wir Voraussagen über den historischen Kurs des Klassenkampfes machen?
Die Geschichte zeigt, dass Revolutionäre schwerwiegende Fehler in diesem Bereich begehen können. Zum Beispiel:
- die Willich/Schapper-Tendenz im Bund der Kommunisten, die das Zurückweichen des Klassenkampfes nach 1949 nicht begriff und die Organisation zu abenteuerlichen Aktionen drängte;
- die bakunistische Strömung in der Internationalen Arbeiterassoziation, die nach der Niederschlagung der Pariser Kommune von 1871 noch immer mit einer unmittelbaren Revolution rechnete und sich von der langfristigen Arbeit abwandte;
- die KAPD, die sich nicht des Rückzuges der Revolution Anfang der 20er Jahre bewusst war und sich später im Voluntarismus und sogar im Putschismus verlor;
- Trotzki, der 1936 erklärte, dass die "Revolution in Frankreich begonnen habe" und der 1938, auf dem Tiefpunkt der Welle, die Totgeburt der "IV. internationale" gründete.
Die Geschichte hat jedoch auch gezeigt, dass die Revolutionäre die Mittel besaßen, den Kurs korrekt zu analysieren und richtige Voraussagen über die Zukunft des Klassenkampfes zu treffen:
- Marx und Engels verstanden die Änderung der Perspektiven nach 1849 und 1871;
- die italienische Linke begriff den Rückzug der Weltrevolution nach 1921 und zog daraus die richtigen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Aufgaben der Partei und der Bedeutung der Ereignisse in Spanien 1936.
Die Erfahrung hat auch gezeigt, dass - als ein allgemeines Gesetz - diese richtigen Voraussagen nicht eine Angelegenheit des Zufalls waren, sondern auf ernsthaften Untersuchungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit beruhten - auf eine allgemeine Analyse des Kapitalismus, besonders der wirtschaftlichen Lage, aber auch des sozialen Kampfes in Hinblick sowohl auf die Kampfbereitschaft als auch auf das Bewusstsein. Auf diese Weise:
- begriffen Marx und Engels den Rückzug der Revolution Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts und, dass der Krise von 1847-48 eine Periode der wirtschaftlichen Erholung folgte;
- sahen Lenin und die Bolschewiki einen revolutionäre Aufschwung im Verlaufe des 1. Weltkrieges voraus, ausgehend von der Tatsache, dass der imperialistische Krieg eine Manifestation der Todeskrise des Kapitalismus war und das System in einen Zustand großer Schwäche stürzen würde.
Aber obgleich sie eine notwendige Voraussetzung für eine proletarische Erhebung darstellt, ist die Krise des Kapitalismus nicht ausreichend - im Gegensatz zu dem, was Trotzki nach der Krise von 1929 dachte. Ebenso ist die Kampfbereitschaft der Arbeiter kein ausreichender Beweis einer wirklichen und beständigen Auflehnung, wenn sie nicht von einer Tendenz begleitet wird, die mit den kapitalistischen Mystifikationen bricht. Dies wurde von der Minderheit der italienischen Fraktion verkannt, als sie in der Bewaffnung und Mobilisierung der spanischen Arbeiter im Juli 1936 den Anfang der Revolution sah, obwohl die spanischen Arbeiter tatsächlich durch den Antifaschismus politisch entwaffnet wurden und unfähig waren, den Kapitalismus wirklich anzugreifen.
Man kann somit feststellen, dass es den Revolutionären möglich ist, Voraussagen über die Entwicklung des Kräfteverhältnisses zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat zu treffen und dass sie - weit davon entfernt, diese Aufgabe wie ein Glücksspiel anzugehen - Kriterien benutzen können, die auf der Erfahrung beruhen und die - obgleich nicht unfehlbar - verhindern, dass die Revolutionäre im Dunkeln tappen. Einige Revolutionäre erheben jedoch einen anderen Einwand: "Selbst wenn es möglich ist, Voraussagen über den historischen Kurs zu treffen, sind sie für den Klassenkampf völlig irrelevant und in keiner Weise Bedingung für die Aktivitäten der Kommunisten. All das sind intellektuelle Spekulationen ohne Einfluss auf die Praxis." Befassen wir uns nun mit diesem Argument.
4. Ist es notwendig, Voraussagen über den historischen Kurs zu machen?
Bei der Beantwortung dieser Frage könnte man fast sagen, dass die Tatsachen für sich selbst sprechen. Aber die Konterrevolution hat in einigen revolutionären Gruppen solche Verwüstungen angerichtet, dass diese entweder die Tatsachen völlig ignorieren oder unfähig sind, sie richtig zu deuten. Um uns selbst von der Notwendigkeit für die revolutionäre Organisation zu überzeugen, eine richtige Analyse der historischen Perspektive anzufertigen, genügt es, das tragische Schicksal der deutschen Linken in Erinnerung zu rufen. Diese war trotz des Werts ihrer programmatischen Positionen vollständig desorientiert, zerrüttet und endgültig zerstört durch ihre Irrtümer über den Kurs des Klassenkampfes. Wir sollten uns ebenfalls an das traurige Ende der Minderheit der italienischen Fraktion erinnern, die den antifaschistischen Milizen im spanischen Bürgerkrieg beitrat, sowie an das erbärmliche Schicksal der UNION COMMUNISTE, die eine Politik der "kritischen Unterstützung" gegenüber den Linkssozialisten der POUM betrieben, darauf hoffend, dass daraus eine kommunistische Avantgarde hervorgehen würde, die fähig ist, sich an die Spitze der "spanischen Revolution" zu stellen. Wir sehen, dass ein Verkennen des Problems des historischen Kurses eine katastrophale Wirkung auf die Revolutionäre haben kann.
Die Analyse des Kurses des Klassenkampfes bedingt unmittelbar die Organisation und Intervention der Revolutionäre. Wenn man den Strom hinauf schwimmt, schwimmt man in Ufernähe; wenn man den Fluss hinab schwimmt, schwimmt man in der Mitte. Ähnlich unterscheidet sich das Verhältnis der Revolutionäre zu ihrer Klasse gemäß dem Verlauf des Kampfes. Wenn die Klasse zur Revolution strebt, müssen die Revolutionäre sich an die Spitze der Bewegung stellen; falls die Klasse in den Abgrund der Konterrevolution stürzt, müssen sie gegen den- Strom ankämpfen.
Im ersten Fall müssen sie darauf achten, sich nicht von der Klasse zu trennen, jeden ihrer Schritte und alle ihre Kämpfe aufmerksam zu verfolgen, um deren Potential so weit wie möglich zu entfalten. Ohne jegliche Nachlässigkeit gegenüber der theoretischen Arbeit nimmt die Teilnahme an den Kämpfen ihrer Klasse einen privilegierten Platz ein. Auf organisatorischer Ebene verhalten sich die Revolutionäre offen und zuversichtlich den anderen Strömungen gegenüber, die aus der Klasse hervorkommen. Sie können auf eine positive Entwicklung dieser Strömungen sowie auf eine Annäherung der jeweiligen Positionen hoffen, ohne dabei die eigenen Prinzipien loszulassen. Der Aufgabe der Umgruppierung kann auf diese Weise ein Maximum an Aufmerksamkeit und Anstrengung entgegengebracht werden.
Ganz anders in der Periode des historischen Rückflusses. Dann kommt es vor allem darauf an, sicherzustellen, dass die Organisation dieser Rückentwicklung widersteht und ihre Prinzipien gegenüber dem verderblichen Einfluss der kapitalistischen Mystifikationen, die die ganze Klasse zu ertränken trachten, aufrechterhält. Eine weitere Aufgabe besteht darin, das zukünftige Wiederaufleben der Klasse vorzubereiten, indem sie den Hauptteil ihrer schwachen Kräfte der theoretischen Arbeit, die Bilanzierung der Erfahrungen aus den vergangenen Kämpfe, insbesondere die Ursache der Niederlage, zu widmen. Es ist klar, dass dies dazu führt, dass die Revolutionäre von der Klasse abgeschnitten werden. Aber dies müssen sie in Kauf nehmen, sofern sie festgestellt haben, dass die Bourgeoisie triumphiert hat und das Proletariat von seinem Klassenterrain gezerrt worden ist. Andernfalls riskieren sie, in dieselbe Richtung gezogen zu werden. Was die Frage der Umgruppierung der Revolutionäre angeht, so wäre es - ohne diesen Anstrengungen den Rücken zuzukehren - zwecklos, eine allzu optimistische Perspektive in Aussicht zu stellen. Tendenziell wird die Organisation sich in sich selbst zurückziehen und misstrauisch ihre eigenen Positionen überwachen; sie wird dazu neigen, die Meinungsverschiedenheiten aufrechtzuerhalten, die mangels Klassenerfahrungen nicht überwunden werden können.
Somit wird deutlich, dass die Analyse des historischen Kurses beträchtliche Auswirkungen auf die Handlungs- und Organisationsweise der Revolutionäre hat und dass dies nichts mit "akademischen Spekulationen" zu tun hat. So wie eine Armee zu jeder Zeit das genaue Kräfteverhältnis gegenüber dem Feind kennen muss, um zu beurteilen, ob sie angreifen kann oder sich geordnet zurückziehen muss, so benötigt auch die Arbeiterklasse eine richtige Einschätzung des Kräfteverhältnisses zu ihrem Feind, der Bourgeoisie. Und den Revolutionären - den fortgeschrittensten Elementen der Klasse - fällt die Aufgabe zu, der Klasse ein Höchstmaß an Orientierungspunkten für solch eine Einschätzung zu liefern. Darin besteht einer der wesentlichen Gründe für ihr Bestehen.
In der Vergangenheit haben die Revolutionäre stets mehr oder weniger erfolgreich Verantwortung getragen. Aber die Untersuchung des historischen Kurses erhält mit dem Eintritt des Kapitalismus in seine Phase der Dekadenz eine noch größere Bedeutung, da die Einsätze, die im Klassenkampf auf dem Spiel stehen, weitaus höher sind.
5. Die historische Alternative im Zeitraum der kapitalistischen Dekadenz
In Übereinstimmung mit der Kommunistischen Internationale hat die IKS immer darauf bestanden, dass die Dekadenz des Kapitalismus die "Epoche der imperialistischen Kriege und der proletarischen Revolutionen" ist. Der Krieg ist keine Besonderheit des dekadenten Kapitalismus und auch keine Besonderheit des Kapitalismus im allgemeinen. Aber die Form und die Funktion des Krieges ändert sich, je nachdem ob das System fortschrittlich ist oder zu einer Fessel der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte geworden ist.
"In der Epoche des aufsteigenden Kapitalismus drückten Kriege (ob nationale, koloniale oder imperialistische Eroberungen) die aufstrebende Bewegung, die Reifung, Stärkung und Ausdehnung des kapitalistischen Wirtschaftssystems aus. Die kapitalistische Produktion fand im Krieg die Fortsetzung ihrer Wirtschaftspolitik mit anderen Mitteln. Jeder Krieg rechtfertigte sich und zahlte sich aus, indem er ein neues Feld für noch größere Expansionen öffnete, die kapitalistische Weiterentwicklung sicherte.
In der Epoche des dekadenten Kapitalismus drückt der Krieg genauso wie der Frieden diese Dekadenz aus und beschleunigt sie außerordentlich.
Es wäre falsch, den Krieg als etwas Negatives schlechthin zu betrachten, als Zerstörer und Fessel der gesellschaftlichen Entwicklung, dem Frieden entgegengesetzt, der als der normale, positive Weg einer ununterbrochenen Entwicklung der Produktion und der Gesellschaft erscheint. Dies hieße, ein moralistisches Konzept in einen objektiven, ökonomisch bestimmten Verlauf einzuführen.
Der Krieg war ein unabdingbares Mittel, mit welchem der Kapitalismus sich unerschlossene Gebiete für die Entwicklung eröffnete, zu einer Zeit, als solche Gebiete noch existierten und nur mit Gewalt erschlossen werden konnten. Auf derselben Weise findet die kapitalistische Welt, nachdem historisch alle Entwicklungsmöglichkeiten erschöpft sind, im modernen imperialistischen Krieg den Ausdruck ihres Zusammenbruchs, der die Produktivkräfte nur noch tiefer in den Abgrund reißt und nur noch schneller Ruine auf Ruine häuft.
Im Kapitalismus gibt es keinen grundlegenden Widerspruch zwischen Krieg und Frieden, aber es gibt einen Unterschied zwischen der Phase des Aufstiegs und des Verfalls der kapitalistischen Gesellschaft und somit einen Unterschied im Wesen des Krieges (und im Verhältnis zwischen Krieg und Frieden) in den jeweiligen Phasen. Während der ersten Phase besitzt der Krieg die Funktion, eine Expansion des Marktes und damit der Produktionsmittel der Konsumgüter zu gewährleisten; dagegen ist während der zweiten Phase die Produktion hauptsächlich auf die Produktion von Zerstörungsmittel, d.h. auf den Krieg, ausgerichtet. Die Dekadenz der kapitalistischen Gesellschaft findet ihren treffendsten Ausdruck in der Tatsache, dass in der dekadenten Periode die wirtschaftlichen Aktivitäten hauptsächlich auf Krieg eingestellt sind, wohingegen in der aufsteigenden Phase die Kriege dem wirtschaftlichen Entwicklungsprozess dienten.
Das bedeutet nicht, dass der Krieg zum Ziel der kapitalistischen Produktion geworden ist, da dies die Erzeugung von Mehrwert bleibt. Aber es bedeutet, dass der Krieg zur permanenten Lebensform des dekadenten Kapitalismus wird." (Bericht über die internationale Situation auf der Konferenz der Linkskommunisten Frankreichs im Juli 1945).
Wir können drei Schlussfolgerungen aus dieser Analyse über das Verhältnis zwischen dem dekadenten Kapitalismus und dem imperialistischen Krieg ziehen:
1. Seiner eigenen Dynamik überlassen, kann der Kapitalismus dem Krieg nicht entkommen; all das Geschwätz vom Frieden, all die "Völkerbünde" und "Vereinten Nationen", der gute Wille der "großen Persönlichkeiten" des Kapitals können nichts daran rütteln. Die "Friedensperioden" (d.h. Zeiten, in denen der Krieg nicht generalisiert ist) sind nur Augenblicke, in denen das Kapital seine Kräfte wiederherstellt für noch zerstörerische und barbarischere Konfrontationen.
2. Der imperialistische Krieg ist der bedeutendste Ausdruck des historischen Bankrotts der kapitalistischen Produktionsweise; er streicht die Notwendigkeit heraus, diese Produktionsform zu überwinden, bevor sie die Menschheit in den Abgrund der Zerstörung reißt. Das ist die wahre Bedeutung der von der Kommunistischen Internationalen zitierten Formel.
3. Im Gegensatz zu den Kriegen der aufsteigenden Phase, die nur beschränkte Gebiete des Erdballs in Mitleidenschaft zogen und nicht das gesamte gesellschaftliche Leben eines jeden Landes bestimmten, ist der imperialistische Krieg auf Weltebene ausgeweitet und ordnet die Gesamtheit der Gesellschaft seinen Bedürfnissen unter, vor allem die Klasse, die die Masse des gesellschaftlichen Reichtums produziert - das Proletariat.
Da es an ihr liegt, all den Kriegen ein Ende zu setzen, und sie die einzig mögliche Zukunft - den Sozialismus - in den Händen hält; da sie die Klasse ist, die an der vordersten Front der Opfer steht, die vom imperialistischen Krieg aufgenötigt werden; da sie, von jeglichem Eigentum ausgeschlossen, die einzige Klasse ist, die wirklich kein "Vaterland" hat ,die wahrhaft internationalistisch ist, hält die Arbeiterklasse das Schicksal der gesamten Menschheit in den Händen.
Um es direkter auszudrücken: die Fähigkeit des Proletariats, auf die historische Krise des Kapitalismus auf seinem eigenen Klassenterrain zu reagieren, wird darüber entscheiden, ob dieses System in der Lage sein wird, seine eigene Lösung der Krise durchzusetzen - den imperialistischen Krieg.
Seitdem der Kapitalismus in seine dekadente Phase eingetreten ist, sind die Konsequenzen für die Frage des historischen Kurses kaum mit denen des letzten Jahrhunderts zu vergleichen. Im 20. Jahrhundert bedeutet der Sieg des Kapitalismus eine namenlose Barbarei des imperialistischen Krieges und die drohende Auslöschung der menschlichen Rasse. Der Sieg des Proletariats dagegen macht ein Wiederaufleben der Gesellschaft möglich, das "Ende der Vorgeschichte der Menschheit und der Anfang ihrer wirklichen Geschichte". Das sind die Einsätze, die die Revolutionäre vor Augen haben müssen, wenn sie heute die Frage des historischen Kurses untersuchen. Aber dies trifft nicht auf alle Revolutionäre zu, insbesondere nicht auf jene, die sich weigern, von historischen Alternativen zu sprechen (oder, falls sie davon reden, nicht wissen, worüber sie sprechen) und jene, für die der imperialistische Krieg und die Auflehnung des Proletariats gleichzeitig oder gar aufeinanderfolgend auftreten.
6. Der Gegensatz und die gegenseitige Ausschließung der historischen Alternativen
Am Vorabend des II. Weltkrieges wurde innerhalb der italienischen Linken die These entwickelt, wonach der imperialistische Krieg nicht mehr das Produkt der Spaltung des Kapitalismus in sich unversöhnlich gegenüberstehenden Staaten und Mächten ist, die alle um die Weltherrschaft ringen. Es wurde behauptet, dass dieses System auf diese äußerste Maßnahme zurückgreift, um das Proletariat zu massakrieren und um den Aufschwung der Revolution zu bremsen. Die Linkskommunisten Frankreichs argumentierten gegen diese Behauptung auf folgende Weise:
"Die Ära der Kriege und der Revolutionen bedeutet nicht, dass die Entwicklung des Krieges nicht mit der Entwicklung der Revolution in Einklang steht. Obwohl sie ihren Ursprung in derselben historischen Situation, der permanenten Krise des kapitalistischen Systems, haben, unterscheiden sie sich dennoch in der Hauptsache und stehen in keinem direktem wechselseitigem Verhältnis. Während die Auslösung eines Krieges direkt revolutionäre Erschütterungen heraufbeschwören kann, ist die Revolution nie ein auslösender Faktor des imperialistischen Krieges.
Der imperialistische Krieg entwickelt sich nicht als Antwort auf die Erhebung der Revolution. Ganz im Gegenteil, erst das einer Revolution folgende Zurückweichen, die zeitweilige Verdrängung einer revolutionären Bedrohung ermöglicht es dem Kapitalismus, auf den Ausbruch eines Krieges hinzuarbeiten, der durch die Widersprüche und inneren Spannungen des kapitalistischen Systems hervorgerufen wird. " (ebenda).
In jüngerer Zeit sind auch andere Theorien aufgetaucht, denen zufolge mit der Entwicklung der Krise des Kapitalismus beide Pole des Widerspruchs gleichzeitig verstärkt werden: Krieg und Revolution schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern schreiten gleichzeitig und parallel voran, ohne dass man weiß, welches von beiden zuerst den Höhepunkt erreicht. Der Hauptfehler solch einer Auffassung besteht darin, dass sie den Faktor des Klassenkampfes im Leben der Gesellschaft vollständig außer Acht lässt. Dagegen basierte die von der italienischen Linken entwickelte Auffassung auf einer Überbewertung des Einflusses des Klassenkampfes. Ausgehend von dem Satz aus dem KOMMUNISTISCHEN MANIFEST, dass "die Geschichte aller bisherigen Gesellschaften.... die Geschichte von Klassenkämpfen (ist)", wandten sie ihn allzu mechanisch bei der Untersuchung des imperialistischen Krieges an und betrachteten den imperialistischen Krieg als eine Antwort auf den Klassenkampf. Sie begriffen nicht, dass der imperialistische Krieg ganz im Gegenteil nur dank der Abwesenheit des Klassenkampfes stattfinden kann. Wenn diese Auffassung auch falsch war, so ging sie jedoch von richtigen Voraussetzungen aus. Der Fehler lag in der Weise, in der diese Voraussetzungen angewendet wurden. Im Gegensatz dazu schiebt die These von der "Parallelität und Simultanität des Kurses zum Krieg und zur Revolution"  diese fundamentale marxistische Voraussetzung vollständig beiseite, denn sie geht davon aus, dass die beiden antagonistischen Klassen der Gesellschaft ihre jeweilige Antwort auf die Krise des Systems - der imperialistische Krieg für die einen, die Revolution für die anderen - vollkommen unabhängig voneinander, vom jeweiligen Kräfteverhältnis, von den Konfrontationen und Zusammenstößen zwischen beiden vorbereiten können. Wenn es nicht einmal zum Zwecke einer Bestimmung der allumfassenden historischen Alternative für das gesellschaftliche Leben angewendet werden kann, dann hat das Schema des KOMMUNISTISCHEN MANIFESTES keine Existenzberechtigung mehr; dann können wir den gesamten Marxismus ins Museum zu den anderen ausgemusterten Erfindungen der Menschheit stecken.
In Wirklichkeit hat die Geschichte eine solche Auffassung der "Parallelität" als falsch überführt. Im Gegensatz zum Proletariat, das keine entgegengesetzten Interessen in sich birgt, ist die Bourgeoisie eine Klasse, die durch die Gegensätze zwischen den ökonomischen Interessen ihrer verschiedenen Bereiche zutiefst gespalten ist. In einer Wirtschaft, in der die Ware unangefochten herrscht, ist der Wettbewerb zwischen Fraktionen der herrschenden Klasse im allgemeinen unüberwindbar. Darin liegt der tiefere Grund für die politischen Krisen, von denen diese Klasse heimgesucht wird, als auch für die hitzigen Spannungen zwischen Ländern und Blöcken, die sich ständig verschärfen. Das höchste Maß an Einheit, das das Kapital erzielen kann, ist die Nation; es ist aber eines der Hauptmerkmale des kapitalistischen Staates, dass er den verschiedenen Sektoren des nationalen Kapitals diese Disziplin erst aufzwingen muss. Abgesehen davon kann man von einer gewissen "Solidarität" zwischen Staaten eines gleichen imperialistischen Blocks sprechen. Dies spiegelt die Tatsache wieder, dass ein nationales Kapital allein gegen alle überhaupt nichts ausrichten kann und gezwungen ist, einen Teil seiner Unabhängigkeit aufzugeben, um seine Gesamtinteressen zu wahren. Aber dies schließt nicht Rivalitäten zwischen Ländern desselben Blocks sowie die Tatsache aus, dass der Kapitalismus sich auf Weltebene nicht vereinigen kann (im Gegensatz zu Kautskys Theorie vom "Superimperialismus"). Die Blöcke bleiben weiterhin bestehen und die Gegensätze zwischen ihnen können sich nur verstärken.
Der einzige Augenblick, in dem die Bourgeoisie Einheit auf Weltebene erlangen und ihre imperialistischen Rivalitäten zum Schweigen bringen kann, tritt ein, wenn ihr Überleben von ihrem Todfeind, dem Proletariat, bedroht ist. Die Geschichte zeigt, dass sie in einem solchen Moment fähig ist, eine Solidarität zu offenbaren, an der es ihr sonst mangelt. Dies wurde veranschaulicht:
- 1871 in der Zusammenarbeit zwischen Preußen und der Versailler Regierung gegen die Pariser Kommune (Freilassung französischer Soldaten, die in der "Blutigen Woche" benötigt wurden);
- 1918, als die Entente ihre Solidarität gegenüber der deutschen Bourgeoisie ausdrückte, die von der proletarischen Revolution bedroht wurde  (Freilassung der deutschen Soldaten, die anschließend für das Massaker an den Spartakisten benötigt wurden).
Somit entwickelt sich der historische Kurs zum Krieg oder zur Revolution nicht auf parallele und unabhängige Weise, sondern auf antagonistische und sich wechselseitig beeinflussende Art . Mehr noch: der imperialistische Krieg und die Revolution schließen sich als Antworten zweier sich historisch gegenüberstehender Klassen nicht nur in der Zukunft der Gesellschaft aus, sondern auch in der täglichen Vorbereitung dieser beiden Alternativen.
Die Vorbereitung des imperialistischen Krieges setzt für den Kapitalismus die Entwicklung einer Kriegswirtschaft voraus; es ist das Proletariat, das die schwerste Last tragen muss. Schon der Kampf der Arbeiter gegen die Austerität hält diese Vorbereitungen auf und bringt klar zum Ausdruck, dass die Klasse nicht bereit ist, die immer schlimmeren Opfer auf sich zu nehmen, die ihr die Bourgeoisie im imperialistischen Krieg abverlangt. So bedeutet der Klassenkampf - selbst wenn er für noch so beschränkte Ziele eintritt -, dass das Proletariat die Bande der Solidarität mit "seinem" nationalen Kapital durchreißt; eine Solidarität, die die Bourgeoisie während des Krieges so dringend fordert. Er drückt sich ebenso in einer Tendenz aus, die mit den bürgerlichen Idealen wie "Demokratie", Illegalität", "Vaterland", dem falschen "Sozialismus" bricht, für deren Verteidigung die Arbeiter dazu aufgerufen werden, sich und die Klassenbrüder zu massakrieren. Letztendlich ermöglicht der Klassenkampf dem Proletariat, seine Einheit zu schmieden; ein unersetzlicher Faktor, wenn die Klasse sich anschickt, auf internationaler Ebene den Showdown zwischen den imperialistischen Gangstern zu verhindern.
Als der Kapitalismus Mitte der 60er Jahre in die Phase der akuten Wirtschaftskrise eintrat, eröffnete sich erneut die von der Kommunistischen Internationalen umrissene Perspektive: "imperialistischer Krieg oder proletarische Revolution" als die jeweiligen Antworten der beiden Hauptgesellschaftsklassen auf die Krise. Aber das bedeutet nicht, dass sich die beiden Tendenzen gleichzeitig entwickeln können. Sie erscheinen in der Form einer Alternative, d.h. sie schließen sich gegenseitig aus:
- entweder setzt das Kapital seine Antwort durch, was bedeutet, dass es vorher den Widerstand der Arbeiter zerschlagen hat;
- oder das Proletariat kann seine Lösung durchsetzen, was selbstredend bedeutet , dass es ihm vorher gelungen ist, den mörderischen Klauen des Imperialismus Einhalt zu gebieten.
Das Wesen des gegenwärtigen Kurses - ob zum imperialistischen Krieg oder zum Klassenkrieg - drückt somit die Entwicklung des Kräfteverhältnisses zwischen Bourgeoisie und Proletariat aus. Wie es vor uns die meisten Revolutionäre - und vor allem Marx - bereits gemacht haben, müssen auch wir dieses Kräfteverhältnis untersuchen. Aber wir müssen über Kriterien verfügen, um solch eine Einschätzung vorzunehmen, und diese Kriterien sind nicht zwangsläufig mit denen der Vergangenheit identisch. Eine Definition solcher Kriterien setzt voraus, dass wir die Kriterien der Vergangenheit kennen, dass wir zwischen jenen, die heute noch gültig sind, und jenen, die angesichts der Entwicklung der historischen Lage ungültig geworden sind, zu unterscheiden wissen und dass wir schließlich eventuelle neue Kriterien in Betracht ziehen, die durch diese Entwicklung hervorgebracht werden. Wir können die Szenarien der Vergangenheit nicht mechanisch anwenden - obwohl wir von einer Untersuchung der Vergangenheit ausgehen müssen. Dies trifft insbesondere auf die Untersuchung der Bedingungen zu, die den Ausbruch der imperialistischen Kriege von 1914 und 1939 zuließen.
7. Die Bedingungen der imperialistischen Kriege von 1914 und 1939
"Die letzte und entscheidende Bedingung für den Ausbruch des imperialistischen Krieges ist die Einstellung des Klassenkampfes oder - genauer - die Zerstörung der Klassenmacht des Proletariats, die Entgleisung seiner Kämpfe (was die Bourgeoisie durch die Infiltrierung ihrer Agenten in die Klasse erreicht, die die Arbeiterkämpfe ihres revolutionären Inhalts berauben und sie zu Reformismus und Nationalismus führen). Dies darf nicht vom engen und beschränkten Standpunkt einer einzigen Nation aus gesehen werden, sondern geht nur auf internationaler Ebene.
Daher steht das teilweise Erstarken, das Wiederauftauchen von Kämpfen und Streikbewegungen in Russland (1913) in keiner Weise im Widerspruch zu unserer Behauptung. Bei näherer Betrachtung sehen wir, dass die Macht des internationalen Proletariats am Vorabend des Augusts 1914, seine Wahlsiege, die großen sozialdemokratischen Parteien und gewerkschaftlichen Massenorganisationen - der Ruhm und Stolz der II. Internationalen - nur eine Fassade waren, die unter ihrer Tünche einen ruinösen ideologischen Zustand verbarg. Die Arbeiterbewegung, die durch einen autoritären Opportunismus untergraben und verrottet war, sollte unter der ersten Sturmböe des Krieges wie ein Kartenhaus zusammenfallen.
Die Realität kann nicht als chronologisches Photografieren der Ereignisse verstanden werden, sondern muss  in der  ihr zugrunde liegenden, inneren Bewegung erfasst werden, in den tiefgreifenden Veränderungen, die eintreten, bevor sie an der Oberfläche auftauchen und als Daten registriert werden. Man würde einen schwerwiegenden Fehler begehen, wenn man der chronologischen Ordnung der Geschichte treu bliebe und den Krieg von 1914-18 als die Ursache des Zusammenbruchs der II. Internationalen sähe. Wo doch in Wirklichkeit der Ausbruch des Krieges ein direktes Resultat des vorhergehenden opportunistischen Verfalls der Arbeiterbewegung war. Die Fanfaren des Internationalismus tönten draußen um so lauter, je mehr  im Innern die nationalistische Tendenz triumphierte. Der I. Weltkrieg hat nur die 'Verbürgerlichung' der Parteien der II. Internationalen in die Öffentlichkeit gerückt, die Ersetzung des ursprünglich revolutionären Programms durch die Ideologie des Klassenfeindes und ihre Verknüpfung mit den Interessen der nationalen Bourgeoisie.
Der innere Prozess der Zerstörung des Klassenbewusstseins fand seine Vervollständigung im Ausbruch des I. Weltkrieges, den er selbst zuließ.
Der Ausbruch des II. Weltkrieges unterlag denselben Bedingungen. Wir können zwischen drei notwendigen und aufeinanderfolgenden Etappen zwischen den beiden imperialistischen Kriegen unterscheiden.
Die erste wurde mit der Erschöpfung der großen revolutionären Welle nach 1917 abgeschlossen und von einer Reihe von Niederlagen besiegelt, von der Niederlage der Linken, ihrem Ausschluss aus der Kommunistischen Internationalen über den Triumpf des Zentrismus bis hin zur Anbindung der UdSSR an den Kapitalismus mittels der Theorie und Praxis des 'Sozialismus in einem Land'.
Die zweite Stufe war die Generaloffensive des internationalen Kapitalismus, die das Ziel verfolgte, durch die physische Niederschlagung des Proletariats und die Installierung des Hitlerschen Regimes als Europas Gendarm den sozialen Aufruhr in Deutschland zu ersticken, in jenem Zentrum also, wo die Entscheidung zwischen den historischen Alternativen des Kapitalismus und des Sozialismus ausgetragen wurde. Im Einklang mit dieser Etappe kam der endgültige Tod der Komintern und der Zusammenbruch der linken Opposition um Trotzki. Unfähig, die revolutionäre Energie zu sammeln, engagierte sich diese in der Koalition und Verschmelzung mit den opportunistischen Gruppen und Strömungen der Linkssozialisten für eine Orientierung auf die Praxis des Bluffs und Abenteuertums, indem sie die Gründung der 'IV. Internationalen' verkündete.
Die dritte Etappe war die vollständige Irreführung der Arbeiterbewegung in den 'demokratischen' Ländern. Hinter der Maske der Verteidigung der 'Freiheiten' und der 'Errungenschaften' der Arbeiter, die alle vom Faschismus bedroht seien, verbarg sich tatsächlich das Ziel, das Proletariat für die Verteidigung der Demokratie zu gewinnen, d.h. für die Verteidigung ihrer nationalen Bourgeoisie und ihres nationalen Kapitals. Der Antifaschismus war die Plattform, die moderne Ideologie des Kapitalismus, den jene Parteien, die das Proletariat verraten hatten, verwendeten, um ihre faule Ware der Landesverteidigung zu verpacken.
Während dieser dritten Etappe vollzog sich der endgültige Übergang der sog. kommunistischen Parteien in den Dienst ihrer jeweiligen Kapitale, die Zerstörung des Klassenbewusstseins durch die Vergiftung der Massen, ihre Einwilligung zum zukünftigen interimperialistischen Krieg mittels der Ideologie des Antifaschismus, ihre Mobilisierung für die 'Volksfront', die Verwässerung der Streiks von 1936,der 'antifaschistische' Krieg in Spanien. Zur gleichen Zeit wurde der Sieg des Staatskapitalismus in Russland mit seinen grausamen Auswüchsen gegen die leiseste Andeutung einer revolutionären Aktion, mit seinem Beitritt zum Völkerbund, seiner Integration in einen imperialistischen Block und der Errichtung einer Kriegswirtschaft als Vorbereitung auf den imperialistischen Krieg endgültig offenbar. Diese Periode war auch Zeuge der Liquidierung von zahlreichen revolutionären Gruppen und der Linkskommunisten, die aus der Krise der Komintern hervorgegangen waren und durch ihren Beitritt zur antifaschistischen Ideologie und Verteidigung des 'Arbeiterstaates' in Russland von den Mahlsteinen des Kapitalismus ergriffen wurden und für immer als Ausdruck des Lebens des Proletariats verlorengingen. Niemals zuvor hatte es in der Geschichte solch eine Kluft zwischen der Klasse und den Gruppen gegeben, die ihre Interessen und ihre Mission ausdrücken. Die Avantgarde befand sich in einem Zustand absoluter Isolation und war zahlenmäßig auf unbedeutende, kleine Inseln reduziert.
Die riesige revolutionäre Welle, die am Ende des I. imperialistischen Weltkrieges ausbrach, versetzte den internationalen Kapitalismus in solch einen Schrecken, dass er zuerst das Fundament des Proletariats zerrüttete, bevor er einen neuen imperialistischen Weltkrieg vom Zaun brach." (ebenda)
Diesen einleuchtenden Zeilen können wir folgende Elemente hinzufügen:
- Die opportunistische Entwicklung und der Verrat der Parteien der II .Internationalen wurde durch die Charakteristiken des Kapitalismus ermöglicht, der sich auf seinem Zenit befand. Der ökonomische Fortschritt, das offensichtliche Ausbleiben von größeren Erschütterungen, die Reformen, die der Kapitalismus der Arbeiterklasse zuzugestehen in der Lage war - all dies nährte die Idee von einer allmählichen, friedlichen und legalen Umwandlung der bürgerlichen Gesellschaft in den Sozialismus;
- Eines der grundlegenden Elemente der Verwirrung des Proletariats zwischen den zwei Weltkriegen war die Existenz und die Politik der UdSSR, die entweder die Arbeiter von jeglicher sozialistischen Perspektive zurückschrecken ließ oder sie in die Klauen der Sozialdemokratie trieb. Oder sie verleitete jene, die in der UdSSR immer noch das "sozialistische Vaterland" sahen, dazu, ihre Kämpfe der Verteidigung der imperialistischen Interessen der UdSSR unterzuordnen.
8. Die Kriterien für eine Einschätzung des historischen Kurses
Aus der Analyse der Bedingungen, die den Ausbruch der beiden Weltkriege ermöglichten, kann man die folgenden allgemeinen Lehren ziehen:
* das Kräfteverhältnis zwischen Bourgeoisie und Proletariat kann nur auf Weltebene beurteilt werden und darf nicht auf Ausnahmefällen beruhen, die in zweitrangigen Gebieten auftreten; es ist wichtig, dass wir aus der Untersuchung der Situation in einigen großen Ländern auf die tatsächliche Natur des Kräfteverhältnisses schließen können;
* um den imperialistischen Krieg auslösen zu können, muss der Kapitalismus dem Proletariat zuvor eine schwere Niederlage zufügen, vor allem eine ideologische Niederlage, aber auch eine physische, sofern das Proletariat zuvor eine große Kampfbereitschaft gezeigt hatte (wie in Italien, Deutschland und Spanien zwischen den Kriegen);
* diese Niederlage darf die Klasse nicht nur zur Passivität verurteilen, sondern muss die Arbeiter auch dazu bringen, begeistert den bürgerlichen Idealen ("Demokratie", "Antifaschismus", "Sozialismus in einem Land") zuzustimmen. Die Unterstützung dieser Ideale setzt voraus:
a) dass sie einen Anschein von Wirklichkeit besitzen (die Möglichkeit einer unbeschränkten, problemlosen Entwicklung des Kapitalismus und der "Demokratie", der proletarische Ursprung des Regimes in der UdSSR);
b) dass sie auf die eine oder andere Weise mit der Verteidigung proletarischer Interessen verbunden ist;
c) dass diese Assoziation von Organisationen verteidigt wird, die das Vertrauen der Arbeiter genießen, was darauf zurückzuführen ist, dass sie in der Vergangenheit tatsächlich deren Interessen verteidigt haben. Mit anderen Worten: diese bürgerlichen Ideale müssen von ehemals proletarischen Organisationen, die die Klasse verraten haben, propagiert werden.
Dies sind in groben Zügen die Bedingungen, die in der Vergangenheit den Ausbruch von imperialistischen Kriegen begünstigten. Das soll nicht heißen, dass ein zukünftiger imperialistischer Krieg a priori gleiche Bedingungen zur Voraussetzung haben muss. Aber da die Bourgeoisie sich den Gefahren bewusst geworden ist, die mit einem vorzeitigen Ausbruch von Feindseligkeiten verbunden sind (trotz all der Vorbereitungen löste der II. Weltkrieg in Italien 1945 und in Deutschland 1944/45 Reaktionen der Arbeiter aus),wäre es ein Fehler anzunehmen, dass sich die Bourgeoisie selbst in eine Konfrontation stürzt; es sei denn, sie hat denselben Grad an Kontrolle erlangt wie 1939 oder zumindest wie 1914. Mit anderen Worten: bevor ein neuer imperialistischer Krieg möglich ist müssen die eben aufgezählten Bedingungen zumindest vorhanden sein, andernfalls müssen andere Bedingungen die fehlenden ersetzen.
9. Der Vergleich der gegenwärtigen Lage mit der von 1914 und 1939
In der Vergangenheit befand sich das Terrain, auf dem der historische Kurs entschieden wurde, in Europa, besonders in seinen drei mächtigsten Ländern: Deutschland, England und Frankreich sowie an untergeordneter Stelle Länder wie Spanien oder Italien. Heute ist die Lage teilweise ähnlich, insofern als Europa noch immer das Zentrum der Zusammenstöße ist. Jede Einschätzung des Kurses muss daher eine Untersuchung des Klassenkampfes auf diesen Kontinent miteinschließen, aber sie wäre unvollständig, wenn sie nicht die Lage in der UdSSR, den USA und China in Betracht zieht.
Wenn wir all diese Länder betrachten, können wir feststellen, dass das Proletariat seit Jahrzehnten nirgendwo eine physische Niederlage erlitten hat. Die letzte Niederlage dieser Art fand in einem solch unbedeutenden Land wie Chile statt.
Ebenso hat es in keinem dieser Länder eine ideologische Niederlage gegeben, die vergleichbar wäre mit dem, was 1914 geschah, als die Arbeiter sich begeistert hinter das nationale Kapital stellten:
- die alten Mystifikationen wie der "Antifaschismus" oder der "Sozialismus in einem Land" sind ausgewrungen, hauptsächlich aufgrund der Abwesenheit eines "faschistischen Schreckgespenstes" und der Bloßstellung der Wirklichkeit des "Sozialismus" in Russland etc.;
- der Glaube an einem permanenten, friedlichen Fortschritt des Kapitalismus wurde durch ein halbes Jahrhundert gesellschaftlicher Erschütterungen und der Barbarei ernsthaft erschüttert; die Illusionen, die sich während der Wiederaufbauperiode entwickelt hatten, sind heute durch die Krise untergraben;
- der Chauvinismus, selbst wenn er noch seinen Einfluss über eine gewisse Anzahl von Arbeitern aufrechterhalten hat, besitzt nicht mehr denselben Einfluß wie in der Vergangenheit:
a) seine Grundlagen waren von der Entwicklung des Kapitalismus selbst durchgeschüttelt worden, der täglich ein klein wenig mehr die nationalen Unterschiede und Eigenheiten abschafft;
b) mit Ausnahme der beiden Großmächte, der UdSSR und USA, hadert er mit der Notwendigkeit einer Mobilisierung der Bevölkerung nicht hinter einem Land, sondern hinter einem Block;
c) in dem Maße wie im Namen des "nationalen Interesses" immer mehr Opfer für die Überwindung der Krise von den Arbeitern abverlangt werden, werden die Arbeiter mehr und mehr in der Lage sein, dieses "nationale Interesse" als den direkten Feind ihrer Klasseninteressen zu erkennen. Gegenwärtig findet der Chauvinismus hinter der Maske der nationalen Unabhängigkeit nur noch in den rückständigen Ländern Widerhall:
- die Verteidigung der "Demokratie" und der "Zivilisation", die heute die Gestalt der "Menschenrechts"-Kampagne Carters annimmt und die sich vorgenommen hat, eine ideologische Einheit im gesamten westlichen Block zu erlangen, erzielt heute nur einen geringen Erfolg; sie mag die gewohnheitsmäßigen Petitionsunterzeichner des intellektuellen Milieus in Mitleidenschaft ziehen, aber sie hat nur einen kleinen Einfluss auf die neue Generation von Proletariern, die die Verbindung zwischen ihren eigenen Interessen und den "Menschenrechten" nicht erkennen, die selbst von ihren Promotern zynisch verhöhnt werden;
- die ehemaligen Arbeiterparteien - Sozialdemokraten und "Kommunisten" - haben schon viel zu lange ihre Klasse verraten, als dass sie fähig wären, denselben Einfluss auszuüben wie in der Vergangenheit. 60 Jahre lang waren die Sozialdemokraten loyale Manager des Kapitalismus gewesen. Ihre antiproletarische Rolle ist klar und von vielen Arbeitern erkannt. Schließlich haben diese Parteien heute in den meisten westeuropäischen Ländern die Aufgabe übernommen, Regierungen zu stellen, die ein Synonym für Austerität und antiproletarische Maßnahmen sind. Was die stalinistischen Parteien angeht, kann kaum behauptet werden, dass da, wo sie regieren, die Arbeiter ihnen Vertrauen schenken: sie sind bei den dortigen Arbeitern verhasst. In den Ländern, deren Mitgliedschaft im westlichen Block die stalinistischen Parteien in der Opposition hält, was ihnen die Erlangung eines gewissen Einflusses in der Klasse ermöglicht, kann dieser Einfluss nicht direkt für die Mobilisierung der Klasse hinter dem US-Block verwendet werden, wird er doch von den KPs als der "Hauptfeind" der Völker dargestellt. Um tatsächlich wirkungsvoll zu sein, muss der Verrat einer Arbeiterpartei noch einigermaßen frisch sein. Wie ein Zündholz kann sie nur einmal für eine massive Mobilisierung für den imperialistischen Krieg verwendet werden. Dies war der Fall bei den sozialdemokratischen Parteien, deren offener Verrat 1914 stattfand, und in geringerem Maß bei den "kommunistischen" Parteien, die die Arbeiterklasse während der 20er Jahre verraten haben, bevor sie in den 30er Jahren die Rolle des Einpeitschers für den Krieg spielten (die Lücke zwischen den beiden Daten wurde teilweise dadurch ausgefüllt, dass die KPs gerade als Reaktion auf den Verrat der Sozialdemokratie gebildet wurden).Gegenwärtig genießt die Bourgeoisie nicht mehr solch entscheidenden Vorteile. Die extreme Linke, vor allem die Trotzkisten, hat sicherlich genug schmutzige Arbeit getan, um ihren Anspruch auf die Nachfolgeschaft der Sozialdemokraten und Stalinisten anzumelden, aber sie leidet an zwei fundamentalen Handicaps: Einerseits ist ihr Einfluss weitaus geringer als der ihrer Vorgänger und andererseits wird sie, bevor dieser Einfluss wirklich anwachsen kann, sich längst als spezielles Werkzeug der linken Parteien entblößt haben.
Wie wir sehen, existiert heute keine der Bedingungen, die es in der Vergangenheit ermöglichten, das Proletariat in die imperialistischen Konflikte zu zwingen, und man kann sich nur schwer vorstellen, welche neuen Verschleierungen die alten, abgenutzten jetzt ersetzen könnten. Auf dieser Grundlage ruhte schon die Stellungnahme der Genossen von INTERNACIONALISMO, als sie Anfang 1968 sagten, dass das kommende Jahr im Hinblick auf den Klassenkampf gegen die erneut ausgebrochene Krise vielversprechend sei. Diese Analyse ermöglichte es REVOLUTION INTERNATIONALE 1968, vor dem heißen Herbst 1969, vor den Aufständen der polnischen Arbeiter und der ganzen Welle von Kämpfen, die bis 1974 anhielt, zu schreiben: "Der Kapitalismus verfügt über immer weniger Mystifikationen, die die Massen mobilisieren und sie in ein Massaker stürzen können (...) Unter diesen Bedingungen erscheint die Krise von ihren ersten Manifestationen an als das, was sie tatsächlich ist: Ihre ersten Symptome sind im Begriff, immer heftigere Reaktionen der Massen in allen Ländern hervorzurufen (...) Die wirkliche Bedeutung der Ereignisse vom Mai 1968 liegt darin, dass dies eine der ersten und wichtigsten Reaktionen der Arbeitermassen gegen eine weltweit sich ständig verschlechternde Wirtschaftslage war." (RI, alte Reihe, Nr. 2).
Diese Analyse, die in den klassischen Positionen des Marxismus (die unvermeidliche Krise und die Provokation von Klassenkonfrontationen durch die Krise) und in einer mehr als 50jährigen Erfahrung wurzelt, erlaubte unserer Strömung, das historische Wiedererstarken der Klasse ab 1968 sowie ihr neuerliches Wiederauftauchen nach ihrem Rückzug zwischen 1974 und 1978 vorherzusehen - während viele andere Gruppen nur von der Konterrevolution sprachen und nicht bemerkten, dass sich etwas getan hatte.
Aber es gibt noch Revolutionäre, die zehn Jahre nach '68 noch immer nicht dessen Bedeutung begriffen haben und einen Kurs zum III. imperialistischen Weltkrieg prognostizieren. Schauen wir uns einmal ihre Argumente an:
10. Argumente zugunsten der Idee eines Kurses zum III. Weltkrieg
a) Die gegenwärtige Existenz von lokalen interimperialistischen Konflikten
Einige Revolutionäre haben durchaus verstanden, dass die sog. nationalen Befreiungskämpfe ein Deckmantel für interimperialistische Konflikte sind (ein Mäntelchen, das so durchlässig ist, dass sogar eine so kurzsichtige Strömung wie die Bordigisten manchmal gezwungen ist, dies anzuerkennen). Die Tatsache, dass diese Konflikte schon seit Jahrzehnten andauern, hat sie - richtigerweise - nicht zu der Schlussfolgerung geführt, dass sie Anzeichen eines "revolutionären Aufschwungs" sind - wie die Trotzkisten meinen. Wir stimmen mit ihnen in diesem Punkt überein. Doch sie gehen weiter und kommen zu dem Schluss, dass die bloße Existenz solcher Konflikte und deren aktuelle Verschärfung bedeutet, dass die Klasse weltweit geschlagen ist und einen neuen imperialistischen Krieg nicht verhindern kann. Die Frage, die sie sich nicht stellen, enthüllt den Irrtum ihrer Auffassung: Warum ist die Vervielfachung und Verschärfung der lokalen Konflikte bisher noch nicht in einen allgemeinen Konflikt ausgeartet? Einige wie die CWO (Communist Workers Organisation) antworten darauf, weil die Krise noch nicht tief genug sei oder weil die militärischen und strategischen Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen seien. Die Geschichte selbst widerlegt solche Interpretationen:
- 1914, als der Konflikt mit Serbien in den Weltkrieg ausartete, waren die Krise und der Stand der Aufrüstung weniger vorangeschritten als heute;
- 1939, nach dem New Deal und der Wirtschaftspolitik der Nazis, die die Lage von 1929 wieder hergestellt hatten, war die Krise nicht brutaler als heute; auch waren zu dieser Zeit die Blöcke noch nicht vollständig gebildet, da sich die UdSSR praktisch noch an der Seite Deutschlands befand und die USA noch "neutral" waren.
Tatsächlich sind heute die Bedingungen für einen neuen imperialistischen Krieg mehr als reif. Das einzige "militärische" Element, das noch fehlt, ist der Beitritt des Proletariats .... und das ist keinesfalls das geringste.
b) Die neue Waffentechnik
Aus der Sicht mancher, die in die Fußstapfen jener treten, die einst sagten, dass der Krieg wegen des Giftgases oder der Luftwaffe unmöglich sei, verhindert die Existenz von Atomwaffen jede Zuflucht in einem neuen allgemeinen Krieg, weil dies die Gesellschaft mit der totalen Zerstörung bedrohen würde. Wir haben die pazifistischen Illusionen, die in dieser Auffassung enthalten sind, schon angeprangert. Andere meinen hingegen, dass die Entwicklung der Technologie es dem Proletariat unmöglich mache, in einen modernen Krieg einzugreifen, da vor allem hochkomplexe Waffensysteme verwendet werden, die eher von Spezialisten als von den Massen der einfachen Rekruten bedient würden. Somit hätte die Bourgeoisie, ohne jegliche Furcht vor einer Rebellion wie 1917-18,  die Hände frei, um einen Atomkrieg zu führen. Diese Analyse lässt außer Acht, dass:
- die Atomwaffen längst nicht die einzigen Waffen sind, die der Bourgeoisie zur Verfügung stehen. Die Ausgaben für die konventionelle Bewaffnung sind viel höher als für Atomwaffen;
- falls die Bourgeoisie zum Krieg schreitet, ihr Ziel nicht von vornherein darin liegt, soviel wie möglich zu zerstören. Es geht ihr darum, Märkte, Territorien und Reichtümer des Feindes an sich zu reißen. Daher hat sie kein Interesse an einem sofortigen Gebrauch ihrer Atomwaffen, auch wenn sie diese im äußersten Notfall benutzen würde. Sie sieht sich also dem Problem gegenüber, Soldaten für die Besetzung des eroberten Territoriums zu mobilisieren. Wie in der Vergangenheit kommt die Bourgeoisie nicht umhin, zig Millionen von Proletariern zu mobilisieren, wenn sie einen imperialistischen Krieg entfesseln will.
c) Der Krieg durch Zufall
In dem Verlauf der Ausweitung eines imperialistischen Konfliktes ist ein unfreiwilliges Element enthalten, das sich der Kontrolle einer jeden Regierung entzieht. Dies verleitet manche zu der Behauptung, dass der Kapitalismus, auf welchem Stand sich der Klassenkampf auch immer befindet, die Menschheit "durch Zufall" in einen allgemeinen Krieg stürzen könnte, nachdem er die Kontrolle über die Lage verloren habe. Es gibt selbstverständlich keine absolute Garantie dafür, dass der Kapitalismus uns so etwas nie bescheren würde, aber die Geschichte zeigt, dass dieses System sich umso weniger zu solcher Art von "natürlichem Streben" verleiten lässt, je mehr es sich vom Proletariat bedroht fühlt.
d) Die Mangelhaftigkeit der proletarischen Antwort
Einige Gruppen wie BATTAGLIA COMUNISTA meinen, dass die Antwort des Proletariats auf die Krise unzureichend sei, um ein Hindernis gegen den Kurs zum imperialistischen Krieg zu bilden. Sie meinen, dass der Kampf "revolutionärer Natur" sein müsse, wenn er diesem Kurs wirklich etwas entgegensetzen wolle. Dabei stützen sie sich auf die Tatsache, dass nur die Revolution dem imperialistischen Krieg 1917-18 ein Ende gesetzt hatte. Ihr Irrtum besteht in ihrem Versuch, ein damals richtiges Schema auf eine andere Situation zu übertragen. Ein proletarischer Aufschwung während eines oder gegen einen Krieg nimmt sofort die Form einer Revolution an:
- weil die Gesellschaft  in die extremste Form der Krise gestürzt ist, wobei sie von den Arbeitern die fürchterlichsten Opfer abverlangt;
- weil die Proletarier in Uniform schon bewaffnet sind;
- weil die Notstandsmaßnahmen (Todesstrafe etc.), die in Kraft sind, jede Konfrontation zwischen den Klassen frontal und gewalttätig werden lässt;
- weil der Kampf gegen den Krieg sofort die Form einer politischen Konfrontation mit dem kriegführenden Staat annimmt, ohne die Stufe der weniger frontalen, ökonomischen Kämpfe zu durchlaufen.
Ganz anders jedoch schaut es aus, wenn der Krieg noch nicht erklärt worden ist. Unter diesen Umständen reicht schon eine begrenzte Tendenz zum Kampf auf dem Klassenterrain aus, um die Kriegsmaschinerie zu blockieren, da:
- es sich zeigt, dass die Arbeiter sich nicht von den kapitalistischen Mystifikationen haben einfangen lassen;
- die Forderung nach noch größeren Opfern als jene, die bereits eine erste Reaktion der Arbeiter bewirkt haben, das Risiko in sich birgt, eine noch stärkere Reaktion zu provozieren.
So drohte Anfang des 20.Jahrhunderts oft ein imperialistischer Krieg, gab es viele Gelegenheiten, einen Weltkrieg auszulösen (der russisch-japanische Krieg, die französisch-deutschen Konflikte um Marokko, die Balkan-Konflikte, die Invasion Tripolis' durch Italien). Die Tatsache, dass diese Konflikte sich jedoch nicht ausweiteten, lag in nicht geringem Maße darin begründet, dass bis 1912 die Arbeiterklasse (mittels Massendemonstrationen) und die Internationale (Sonderanträge auf den Kongressen von 1907 und 1910, Sonderkongress über die Frage des Krieges 1912) sich selbst stets dann mobilisierten, sobald ein lokaler Konflikt aufflackerte. Erst als die Arbeiterklasse - betäubt von den Reden der Opportunisten - aufhörte, sich gegen die Kriegsdrohung (zwischen 1912 und 1914) zu mobilisieren, war der Kapitalismus imstande, einen imperialistischen Krieg vom Zaun zu brechen, indem er einen Zwischenfall benutzte (das Attentat in Sarajewo), der weitaus weniger ernst erschien als die vorhergehenden.
Heute braucht die Revolution nicht mehr an die Tür zu klopfen, um uns mitzuteilen, dass der Weg zum imperialistischen Krieg versperrt ist.
e) Der Krieg als eine notwendige Bedingung für die Revolution
Die Feststellung, dass bis heute die großen revolutionären Aufschwünge des Proletariats (Kommune 1871, Revolutionen von 1905 und 1917) aus Kriegen heraus entstanden, verleitete einige Strömungen wie die Linkskommunisten Frankreichs zu der Annahme, dass auch eine neue Revolution nur aus einem Krieg hervorgehen könne. Obwohl falsch, war solch ein Argument 1950 noch nachvollziehbar; heute daran festzuhalten verrät eine fetischistische Anhänglichkeit an die Schemata der Vergangenheit. Die Rolle der Revolutionäre besteht nicht darin, Katechismen zu rezitieren, die man aus den Geschichtsbüchern lernt, ganz nach der Auffassung, dass die Geschichte sich unverändert wiederholt. Im allgemeinen wiederholt sich die Geschichte nicht, und obwohl es notwendig ist, sie gut zu kennen, um die Gegenwart zu begreifen, ist eine Untersuchung dieser Gegenwart mit all ihren Besonderheiten noch wichtiger. Das Szenario einer Revolution, die nur aus dem imperialistischen Krieg hervorgeht, ist heute aus zweierlei Gründen falsch:
- Sie ignoriert die Möglichkeit eines revolutionären Aufflammens, das sich in einer Wirtschaftskrise entzündet (das war das Szenario, das Marx vor Augen hatte - wenn das die Fetischisten beruhigt).
- Sie rechnet mit einer Perspektive, die keineswegs unvermeidbar ist (wie der Ausgang des imperialistischen Krieges 1939-45 zeigte), und sie setzt einen Schritt voraus - den III. Weltkrieg -, der angesichts der heute bestehenden Zerstörungsmittel ein so großes Risiko enthält, dass der Menschheit ein für allemal die Möglichkeit geraubt wird, den Sozialismus zu errichten oder auch nur ihre Existenz zu sichern. Schließlich kann solch eine Analyse katastrophale Auswirkungen auf den Kampf haben.
11. Die Auswirkungen einer fehlerhaften Analyse des Kurses
Wie wir gesehen haben, hat eine fehlerhafte Analyse des historischen Kurses stets schwerwiegende Konsequenzen. Aber die Tragweite dieser Konsequenzen hängt davon ab, ob sich der Kurs zu einem Klassenkrieg oder zum imperialistischen Krieg neigt.
Sich zu irren, wenn die Welle des Klassenkampfes zurückflutet, kann für die Revolutionäre selbst katastrophal sein (s. KAPD), aber es hat nur eine geringe Wirkung auf die Klasse, da die Revolutionäre in solch einer Periode eh wenig Widerhall finden. Dagegen kann ein solcher Fehler tragische Konsequenzen für die gesamte Klasse haben, wenn Letztere in Bewegung geraten ist.  In solch einem Moment ein fatalistisches Verhalten an den Tag zu legen, statt die gesamte Klasse zum Kampf zu drängen, ihre Initiativen zu ermutigen, das Potential ihrer Kämpfe zu entwickeln, würde mithelfen, die Klasse zu demoralisieren, und wäre ein Hindernis der Bewegung.
Deshalb haben die Revolutionäre, falls es an entscheidenden Kriterien mangelt, die beweisen können, dass wir uns in einer Periode der Niederlage befinden, immer die positive Seite der historischen Alternative zu unterstreichen, haben sie ihre Aktivitäten an einen aufstrebenden Klassenkampf, nicht an eine Niederlage auszurichten. Der Fehler eines Arztes, der einen Kranken aufgibt, der noch eine geringe Überlebenschance besitzt, ist weitaus schlimmer als der Fehler eines Arztes, der mit allen Mitteln versucht, einen Kranken zu retten, der überhaupt keine Chance mehr hat.
Deshalb ist es nicht so sehr die Aufgabe der Revolutionäre, die mit einem Kurs zum Klassenkrieg rechnen, unwiderlegbare Beweise ihrer Analyse vorzulegen, sondern vielmehr die Aufgabe jener, die einen Kurs zum Krieg ankündigen.
Es ist vollkommen unverantwortlich, trotz unserer eigenen Unsicherheit der Arbeiterklasse zu sagen, dass die Perspektive für sie ein neuer imperialistischer Krieg ist, obwohl sie diesen Kurs möglicherweise noch abwenden könnte. Wenn auch nur die geringste Möglichkeit besteht, dass ihre Kämpfe den Ausbruch eines neuen Holocausts verhindern können, besteht die Rolle der Revolutionäre darin, all ihre Kräfte auf diese Möglichkeit zu richten und die Kämpfe so gut wie möglich zu ermutigen, wobei sie das, was für die Klasse und für die Menschheit auf dem Spiel steht, klar hervorheben müssen.
Unsere Perspektive sieht nicht die Unvermeidbarkeit der Revolution voraus. Wir sind keine Scharlatane, und wir wissen im Gegensatz zu einigen fatalistischen Revolutionären nur allzu gut, dass die Revolution nicht "so sicher ist, als ob sie schon stattgefunden hätte". Aber wie auch immer die Kämpfe heute ausgehen werden, die die Bourgeoisie zu knebeln versucht, um der Arbeiterklasse eine Reihe von Teilniederlagen zuzufügen, die die endgültige Niederlage einleiten - der Kapitalismus ist hier und jetzt unfähig, seine eigene Antwort auf die Krise seiner Produktionsverhältnisse durchzusetzen, ohne direkt mit dem Proletariat zusammenzustoßen.
Quell-URL: https://de.internationalism.org/ir/5/1980_kurs [1]

Theoretische Fragen: 

  • Historischer Kurs [2]

Oktober 1917: Beginn der proletarischen Revolution (Teil 1)

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Die Bourgeoisie hat den 60. Jahrestag der proletarischen Oktoberrevolution 1917 auf ihre eigene Weise gefeiert:

- in Moskau mit den Paraden der ther­monuklearen Waffen und der neuesten Pan­zer, die an der Mumie Lenins und einem riesigen Porträt Breschnews vorbeifuhren;

- in den westlichen Ländern mit einer großangelegten Kampagne im Fernsehen und in den Zeitungen, die die „großen wirt­schaftlichen Erfolge“ der UdSSR sowie den „beispielhaften Mut ihres Volkes“ im Kampf gegen den Hitlerfaschis­mus lobte - verbunden natürlich mit den übli­chen Vorbehalten gegenüber dem Gulag usw.

- überall mit der Verzerrung der wah­ren Bedeutung der Oktoberrevolution und der Vorspiegelung des monströsen russi­schen Staates als deren wahrer Nachfol­ger. Was der Kapitalismus in Wirklichkeit gefeiert hat, ist nicht die Okto­berrevolution, sondern ihren Tod. Die großen Zeremonien und Feiern verfolgten das Ziel, das Gespenst eines neuen Okto­bers zu bannen.

Für das Proletariat jedoch und somit für die Revolutionäre erfordert die Erinne­rung an die Oktoberrevolution keine Ze­remonien. Sie brauchen sie nicht zu be­graben, denn sie ist immer noch leben­dig, zwar nicht als nostalgisches Bild der heldenhaften Vergangenheit, son­dern auf Grund der Erfahrung, die sie uns überliefert hat, sowie der Hoffnung, die sie für die zukünftigen Kämpfe der Arbeiterklasse darstellt.

Die „Huldigung“, die die Revolutionäre der Oktoberrevolution und ihren Protagonisten erweisen können, besteht nicht aus Gra­breden, sondern aus den Bemühungen, ihre Lehren zu begreifen, um die zukünf­tigen Kämpfe fruchtbar zu machen. Die Internationale Revue hat wie alle anderen Publikationen der IKS bereits ver­sucht, diese Arbeit zu beginnen,[1] [3] sie muss aber systematisch fortgeführt werden. Sie kann nur dann einen Sinn haben, wenn man den wirklichen Charakter der Oktoberre­volution begreift und wenn man sie als eine Erfahrung des Proletariats - die wichtigste bis jetzt - ver­steht und anerkennt und nicht als eine Erfahrung der Bourgeoisie auffasst, was die Meinung einiger Strömungen wie die der Rätekom­munisten ist. Andernfalls hätte Oktober 1917 keinen größeren Wert für die Klasse als 1789 oder Februar 1848 und wäre si­cherlich weniger wertvoll als die Pari­ser Kommune von 1871. Aus diesem Grunde ist die Vorbedingung für eine wirkliche Aneignung der Lehren der Oktoberrevolu­tion die Anerkennung und die Verteidi­gung ihres wahren proletarischen Charak­ters und der Partei, die ihre Vorhut war. Dies ist das Ziel dieses Artikels.

Die Infragestellung des proletarischen Charakters der Revolution  

Als die Revolution in Russland ausbrach, begrüßten sie die Revolutionäre einhellig als den ersten Schritt zur proletarischen Weltrevolution. Schon 1914 hatte Lenin diese Perspektive aufgezeigt. „In allen fortgeschrittenen Ländern stellt der Krieg die sozialistische Revolution auf die Tagesordnung.“ Und während des Krieges präzisierte er diese Perspekti­ven mehr und mehr.

"Nicht unsere Ungeduld, unsere Wünsche, sondern die vom imperialistischen Krieg gegebenen Bedingungen haben die gesam­te Menschheit in eine Sackgasse geführt und vor das Dilemma gestellt: entweder lässt man weiterhin Millionen Menschen sterben und die ganze euro­päische Zivilisation ausrotten, oder die Macht wird in allen zivilisierten Ländern dem revolutionären Proletariat übergeben und die sozialistische Revo­lution wird vollendet. Dem russischen Proletariat wurde die große Ehre erwiesen, den Reigen der Revolutionen, die durch die objektiven Notwendigkeiten des imperialistischen Krieges hervorgerufen wurden, zu eröff­nen. Aber die Idee, das russische Pro­letariat sei von den Arbeitern anderer Länder als revolutionäres Proletariat auserwählt worden, ist uns vollkommen fremd (...) Nicht die besonderen Qualitä­ten, sondern die besonderen histori­schen Bedingungen haben es vielleicht für sehr kurze Zeit zur Vorhut des ge­samten revolutionären Proletariats ge­macht."

Genau die gleiche Perspektive wurde von den anderen Revolutionären dieser Zeit - Trotzki, Pannekoek, Gorter, Liebknecht, Rosa Luxemburg - geteilt. Keiner von ihnen vertrat die Auffassung, dass in Russland eine bürgerliche Revolution stattgefunden hat. Im Gegenteil, es war gerade ihr Kampf gegen diese Auffassung, der sie von den Menschewisten und den Zentristen á la Kautsky trennte. Überdies zeigte die Ge­schichte bald, dass solch eine Analyse jene, die sie vertraten, zwangsläufig in die Arme der Bourgeoisie und gegen die Arbeiterklasse führte. Tatsächlich wurde sie zur Position der bürgerlichen Linksextremisten bei ihrer Anprangerung des „Abenteurertums“ der Bolschewisten.

In der ganzen damaligen Arbeiterbewegung ging die Solidarität mit dem Kampf des russischen Proletariats nicht nur mit der Anerkennung des proletarischen Charakters der Oktoberre­volution, sondern auch mit dem Verständ­nis für die Notwendigkeit einher, den Inhalt der russischen Erfahrung über die ganze Welt zu verbreiten.

Erst nach den schrecklichen Nie­derlagen, welche das Proletariat in den 20er Jahren erlitt, und mit dem Auftreten einer Gesellschaft in Russland, die all ihre Hoffnungen zerschlug, begann eine gewisse Anzahl von Revolutionären - wie Otto Rühle - die Position aufzuge­ben, die 1917 einheitlich vertreten wurde. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als der Nationalsozialismus in Deutschland die Bevölkerung für einen neuen imperialisti­schen Krieg mobilisierte, als der Antifa­schismus die gleiche Arbeit in den Demo­kratien verrichtete und der „Sozialismus in einem Land“ - in Wirklichkeit einer der barbarischsten Formen des Kapitalismus - in Russland gestärkt war. Innerhalb bestimm­ter revolutionärer Strömungen, die dem Untergang der Kommunistischen Interna­tionale entkommen waren, begann man eine Theorie auszuarbeiten, die die Oktoberrevolution als bürgerliche Revolution von „besonderem Typus“ betrachtete.

1934 wurden die „Thesen über den Bolsche­wismus“ in den Organen der rätekommunis­tischen Bewegung (Rätekorrespondenz Nr.3 und Internationale Rätekorrespondenz) veröffentlicht. In diesem Text heißt es:

„8. Wirtschaftlich war der russischen Revo­lution die Aufgabe gestellt, erstens den versteckten Agrar-Feudalismus und die fortbestehende leibeigenschaftliche Bauernausbeutung zu beseitigen, die Landwirtschaft zu industrialisieren und unter die Bedingungen moderner Wa­renproduktion zu stellen, zweitens die unbegrenzte Schaffung einer Klasse tat­sächlich ‚freier Arbeiter‘ zu ermögli­chen und die industrielle Entwicklung von allen feudalen Fesseln zu befreien. Die wirtschaftlichen Aufgaben der russi­schen Revolution waren somit in ihren Grundzügen die Aufgaben der bürgerli­chen Revolution.

9. Politisch war der russischen Revolu­tion die Aufgabe gestellt, den abso­luten Staat zu zertrümmern, die Be­vorrechtigung des Feudaladels als des ersten Standes zu beseitigen, eine po­litische Verfassung und einen staat­lichen Verwaltungsapparat zu schaffen, die die Lösung der wirtschaftlichen Aufgaben der Revolution politisch si­cherten. Die politischen Aufgaben der russischen Revolution waren also durch­aus entsprechend ihren wirtschaftli­chen Voraussetzungen die Aufgaben der bürgerlichen Revolution."

Hier finden wir fast Wort für Wort die Position der Menschewiki wieder, die zu den schlimmsten Feinden des Proletariats zählten. Der einzige bemerkenswerte Un­terschied war, dass die Menschewiki aus ihrer Analyse folgerten, es sei notwen­dig, die Macht den klassischen Parteien und Institutionen der Bourgeoisie (Kadetten, Provisorische Regierung, Nationalversammlung) zu über­geben, wohingegen die „Rätekommunisten“ argumentierten, die Durchführung der bürgerlichen Revolution sei die Aufgabe der „Bolschewiki“. Wie ist es zu erklären, dass einige Revolutionäre, die den Oktober 1917 als eine proletarische Revolution begrüßt hatten, schließlich zu der Analyse der Menschewiki gelangten?

In seinem 1938 veröffentlichten Buch „Lenin als Philosoph“ klärt Anton Pannekoek die­se Frage auf. Zu Lenins „Materialis­mus und Empiriokritizismus“ schreibt er:

„Es kommt manchmal vor, dass eine theo­retische Schrift nicht das unmittel­bare Milieu und die Absichten des Autors, sondern breitere und indirekte Einflüsse sowie allgemeine Ziele ersehen lässt. In dem Buch Lenins jedoch ist nichts dergleichen zu erkennen. Es ist mit all seinen Kräften eindeu­tig und ausschließlich auf das Bild der russischen Revolution gerichtet. Dieses Werk stimmt soweit mit dem bür­gerlichen Materialismus überein, dass man hätte voraussehen können, dass die russische Revolution auf die eine oder andere Weise zu einer Art auf einem Arbeiterkampf basierenden Kapi­talismus werden musste, hätte man es zu dieser Zeit in Westeuropa gekannt und richtig interpretiert." (eigene Übersetzung aus dem Französischen)

Kurzum, der „Schlüssel“ zum Wesen der Russischen Revolution, der weder im imperialistischen Krieg 1914 noch 1917 inmitten der großen Klassenkonfrontationen in Russland oder anderswo auf der Welt aufzufinden war, der sich auch nicht in den Protagonisten der Revolution und eben so wenig in deren Methoden oder Erklärungen und Aufrufen an das Proletariat aller Länder befand - die­ser „Schlüssel“ steckte in Wirklich­keit in einer philosophischen Arbeit, die 1908 veröffentlicht worden war, und die 1927 „zu spät“ in andere Sprachen übersetzt wurde. Denn: „Wenn die westli­chen Marxisten das Buch und die Ideen Lenins vor 1918 gekannt hätten, wären sie zweifellos zu einer lebendigeren Kritik seiner Taktik für die Weltrevolu­tion fähig gewesen.“ (idem) Tatsächlich lag der wirkliche Grund für diese späte Entdeckung nicht an dem Informationsmangel seitens der „westlichen Marxisten“ über bestimmte philosophische Auffassun­gen Lenins, sondern in der enormen Ver­wirrung, die die Konterrevolution unter den Revolutionären selbst gestiftet hat­te, unter jenen wenigen Militanten, die versucht hatten, die Prinzipien des Kommunismus inmitten dieses Sturmes aufrechtzuerhalten. Eine Verwirrung und Enttäuschung, die sie, wie wir später sehen werden, dazu führte, die marxisti­sche Methode aufzugeben, die es den Revolutionären einschließlich der Bolschewiki 1917 erlaubt hatte, das wahre Wesen der Revolution zu begreifen, die in Russland ausgebrochen war.

Marxismus und Fatalismus

Bei näherer Betrachtung der rätekommunis­tischen Thesen stellt man fest, dass es sich um eine neue Formulierung einer Idee handelt, die auch im bürgerlichen Lager in den 30er Jahren großen Erfolg hatte: die Idee, dass das Regime in Russland die notwendige Folge der Oktoberrevolution sei.

Die Stalinisten waren of­fensichtlich die größten Verteidiger die­ser Idee. Aus ihrer Sicht war Stalin der­jenige, der Lenins Arbeiten „genial fort­setzte“, der Mann, der die größte Ent­deckung unseres Zeitraums, die Theorie der Möglichkeit des Sieges des „Sozialis­mus in einem Land“[2] [4] gemacht und umgesetzt hatte. Doch selbst außerhalb des stalinistischen Milieus herrschte nahezu ein­mütige Übereinstimmung, dass Stalin tat­sächlich Lenins Nachfolger war, ja, dass der schreckenerregende Staatsapparat, der in Russland entstanden war, das rechtmäßige Erbe der Oktoberrevolution war. Die Anarchisten verkündeten lautstark, dass das barbarische Polizeiregime in Russland die unvermeidliche Folge der auto­ritären Auffassungen des Marxismus sei (allerdings zogen sie nicht in Betracht, dass der Eintritt der Anarchisten in eine antifaschistische bürgerliche Regierung die „unvermeidliche“ Folge ihrer antiautoritären Auffassung war). Demokraten aller Art verkündeten, dass die „Diktatur des Proletariats“ und die Ablehnung der parlamentarischen Institutionen die Wurzel allen Übels sei, das das „russische Volk“ befallen habe. Im allgemeinen warn­ten sie das Proletariat auf diese Weise: „Das ist das Ergebnis jeglicher Revolution, jeglichen Versuchs, den Kapitalismus zu zerstören: ein Regime, das noch schlimmer ist!"

Zweifelsohne verfolgte die rätekommunis­tische Auffassung nicht das Ziel, die Arbeiterklasse bei ihrem Versuch zu ent­mutigen, die Revolution durchzuführen, oder von ihrer theoretischen Waffe, dem Marxismus, abzubringen. Im Gegenteil: die Rätekommunisten unterzogen ihre früheren Positionen im Na­men des Marxismus und der kommunistischen Revolution einer Überprüfung.

Indem sie die Frage jedoch auf die Grund­frage reduzierten, dass, wenn die russische Revolution im Staatskapitalismus endete, dies daran lag, dass sie nichts anderes hätte hervorbringen können, übernahmen sie eine der grundlegenden Ideen der Bourgeoisie: Was in Russland geschah, musste zwangsläufig geschehen. Ent­weder war diese Bestätigung eine Tauto­logie - die augenblickliche Lage ist das Ergebnis verschiedener Faktoren, die sie bestimmt haben - oder es handelte sich um einen theoretischen Fehler, der den Marxismus auf einen vulgären Fata­lismus reduziert.

Für den Fatalismus steht alles, was pas­siert, schon im großen Schicksalsbuch festgeschrieben. Und selbst wenn der Fatalis­mus die Form des „gesunden Menschen­verstandes“ annimmt, gepaart mit dem philosophischen Wortgeklingel, das aus den Universitätsakademikern heraussprudelt, dient er stets dazu, die (mehr oder weniger erzwungene) Akzeptanz der herrschenden Ordnung zu predigen. Der Marxismus dagegen hat solch eine Unterwerfung unter die „Realität“ stets bekämpft. Selbstverständlich hat der Marxismus entgegen voluntaristischen und idealistischen Auffassungen bekräf­tigt, dass die Menschen ihre Geschichte "nicht aus freien Stücken, nicht unter selbst gewählten, sondern unter unmittel­bar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen“ machen. Aber Marx wies eindeutig darauf hin, dass „die Menschen ihre eigene Geschichte machen“ (Der 18. Brumaire des Louis Napoleon. Karl Marx, MEW 8, S. 115).

Was die Möglichkeit einer Revolution angeht, schrieb Marx: „Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte ent­wickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhält­nisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen der­selben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind." (Marx, Vorwort zur "Kritik der Politischen Ökonomie").

Deshalb hat der Marxismus immer Stellung gegen den Anarchismus bezogen, für den alles zu jeder Zeit möglich ist, voraus­gesetzt die Menschen wollen es. In sei­ner Analyse der Niederschlagung der Pa­riser Kommune war beispielsweise Marx dazu in der Lage, auf die Unreife der materiellen Bedingungen, die der Kapita­lismus l871 entwickelt hatte, hinzuweisen. Jedoch wäre es falsch zu denken, dass alle Gesellschaftsereignisse direkt durch diese materiellen Bedingungen erklärt werden konnten. Insbesondere ist das Be­wusstsein, das die Menschen oder, genauer, die gesellschaftlichen Klassen, von diesen materiel­len Bedingungen haben, keine einfache Widerspiegelung dieser Bedingungen, sondern wird zu einem aktiven Faktor in der Umwandlung der materiellen Bedingungen:

"Auch wenn eine Gesellschaft dem Naturge­setz ihrer Bewegung auf die Spur gekommen ist (...) kann sie naturgemäße Entwicklungsphasen weder überspringen noch weg dekretieren. Aber sie kann die Geburtswehen abkürzen und mildern." (Marx, ebenda ).

Historische Ereignisse sind nicht nur das Produkt der ökonomischen Bedingungen der Gesellschaft, sondern auch der Gesamtheit der Faktoren des „Überbaus“, eines komplexen Zusammenwirkens dieser verschiedenen bestimmenden Elemente, wovon der Zufall, d.h. willkürliche und unvorhersehbare Ereignisse, eines ist. Deshalb kann man die Geschichte nicht als die Verwirklichung irgendeines „Schicksals“ betrachten, das ein für allemal festgesetzt ist, als den Verlauf eines Drehbuchs, das im Voraus geschrieben ist - für die einen vom „göttlichen Willen“, für die anderen von der Struktur und der Bewegung der Atome.

So wie nirgendwo geschrieben steht, dass die Werke Marxens dazu „vorgesehen“ waren, eine der barbarischsten Formen der kapitalistischen Ausbeutung zu rechtfertigen, so gab es kein „Schicksal“ für die russische Revolution, deren Existenz an dem, was aus der Revolution schließlich wurde, gemessen werden kann.

Natürlich weisen die Rätekommunisten den Vorwurf zu­rück, dass sie Fatalisten seien. Aus ihrer Sicht ist ihre Position marxistisch, da ihre Analyse auf der Entwicklung der Produktivkräfte basiert. Aber die Tatsa­che, dass sie nur das Problem und dann nur unter dem Gesichtspunkt Russlands betrachten (wo sogar für die Bourgeoisie die Oktoberrevolution ein Ereignis von weltweiter Bedeutung war), verrät eine besch­ränkte, eindimensionale Auffassung vom Marxismus, fast eine Karikatur desselben. Und mit dieser Karikatur geben sie vor, erklären zu können, warum der Staatskapita­lismus in Russland entstanden war: Wenn die Oktoberrevolution zum Kapitalismus führte, dann deshalb, weil sie selbst bürgerlich war. Mit anderen Worten: ihr war „vorherbestimmt“, zu dem Ergebnis zu gelangen, dass sie erzielt hat... Und so sehen wir den guten, alten Fatalismus durch das Fenster wieder hereinkommen, nachdem er offiziell aus der Tür herausgejagt worden ist.

Tatsächlich leidet die rätekommunistische Betrachtungsweise nicht nur an einer guten Dosis Fatalismus. In ihrer äußersten Konsequenz führt sie zu einer völligen Aufgabe des Marxis­mus und jeglicher revolutionären Perspektive.

Die Folgen der rätekommunistischen Analyse

Obgleich nicht unbedingt für die Beweis­führung nötig, ist es dennoch notwendig, in Erinnerung zu rufen, dass Russland 1917 die fünftgrößte Industriemacht auf der Welt war. In dem Maße wie die Entwicklung des Kapitalismus in Russland zu einem Großteil die Stufe der Entwicklung des Handwerks und der Manufaktur übersprungen hatte, nahm der russische Kapitalismus die modernste und konzentrierteste Gestalt an (mit mehr als 40.000 Arbeitern war Putilow die größte Fabrik auf der Welt). Aus rätekommunistischer Sicht kann das bürgerliche Wesen der russischen Revolution an­hand lokaler Bedingungen erklärt werden. Dies traf teilweise auf die in der Tat bürgerlichen Revolutionen von 1640 in England und 1789 in Frankreich zu. Die ungleiche Entwicklung des Kapitalismus ermöglichte es der Bourgeoisie, zu ver­schiedenen Zeiträumen und in verschiedenen Ländern an die Macht zu gelangen. Dies war auch möglich, weil die Nation der be­sondere geopolitische Rahmen des Kapitalis­mus war, ein Rahmen, über den der Kapita­lismus trotz aller Anstrengungen nie hinausgehen kann. Aber während es dem Kapita­lismus möglich war, sich auf Inseln innerhalb der autarken feudalistischen Gesell­schaft zu entwickeln, kann der Sozialismus nur auf Weltebene existieren, wo er alle Produktivkräfte und die von dem Kapitalis­mus geschaffenen Zirkulationsnetze verwen­det. Schon l847 antworteten Marx und Engels kategorisch auf die Frage: „Wird die Revolution in einem einzigen Lande allein stattfinden können?“ „Nein, die große Industrie hat schon dadurch, dass sie den Weltmarkt geschaffen hat, alle Völker der Erde, und namentlich die zivilisierten, in eine solche Verbindung mit einander ge­bracht, dass jedes einzelne Volk davon ab­hängig ist, was bei einem anderen geschieht (...) Die kommunistische Revolution wird da­her keine bloß nationale, sie wird eine in allen zivilisierten Ländern (...)gleichzeitig vor sich gehende Revolution seinm (…) Sie ist eine universelle Revolution und wird daher auch ein universelles Terrain haben.“ (Engels, Grundsätze des Kommunismus, l847, MEW 4, S.37)

Das, was von den Revolutionären schon 1847 begriffen wurde, musste nach der Zeit der größten Expansion des Kapitalismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Grundlage jeglicher proletarischer Perspektive zur Zeit des Ersten Weltkrieges werden.

Der Krieg bewies, dass der Kapitalismus seine fortschrittliche Aufgabe, die Entwicklung der Produktiv­kräfte im Weltmaßstab, durchgeführt hat­te, dass er in der Epoche seines histori­schen Niedergangs eingetreten war und dass eine bürgerliche Revo­lution zwangsläufig nicht mehr stattfinden konnte. Die einzige Revolution auf der Tagesord­nung der Geschichte war die proletari­sche Revolution auf der ganzen Welt, Russland eingeschlossen. Diese Analyse wurde nicht nur von Lenin vorgebracht, dessen Geist mit „vulgärmaterialisti­scher Philosophie“ durchdrungen war, dem nachgesagt wird, er wolle die weltkommu­nistische Bewegung in einen Apparat zur Verteidigung des russischen Staatskapi­talismus umwandeln. Sie wurde auch von einer Reihe von Revolutionären vertreten, die manche Leute dem „bürgerlichen“ Lenin gegenüberzustellen versucht haben und deren proletarischen Positionen oder Erkenntnisse über die Ereignisse in Russland von den Rätekommunisten nie in Frage gestellt worden sind, wie z.B. Rosa Luxemburg. Sie schrieb zu jener Zeit: „Dieser Verlauf ist aber für jeden denkenden Beobachter auch ein schlagender Beweis gegen die doktrinäre Theorie, die Kautsky mit der Partei der Regierungssozialisten teilt, wo­nach Russland als wirtschaftlich zu­rückgebliebenes, vorwiegend agrarisches Land für die soziale Revolution und für eine Diktatur des Proletariats noch nicht reif wäre. Diese Theorie, die in Russland nur eine bürgerliche Revolution für angängig hält - aus welcher Auffassung sich dann auch die Taktik der Koalition der Sozialisten in Russland mit dem bürgerlichen Liberalismus ergibt - ist zugleich diejenige des opportunistischen Flügels in der russischen Arbeiterbewegung, der so genannten Menschewiki unter der bewährten Führung Axelrods und Dans. Beide, die russischen wie die deutschen Opportunisten, treffen in dieser grundsätzlichen Auffassung der russischen Revolution, aus der sich die Stellungnahme zu den Detailfragen der Taktik von selbst ergibt, vollkommen mit den deutschen Regierungssozialisten zusammen: Nach der Meinung aller drei hätte die russische Revolution bei jenem Stadium halt machen sollen, das sich die Kriegführung des deutschen Imperialismus nach der Mythologie der deutschen Sozialdemokratie zur edlen Aufgabe stellte: beim Sturz des Zarismus. Wenn sie darüber hinausgegangen ist, wenn sie sich die Diktatur des Proletariats zur Aufgabe gestellt hat, so ist das nach jener Doktrin ein einfacher Fehler des radikalen Flügels der russischen Arbeiterbewegung, der Bolschewiki gewesen, und alle Unbilden, die der Revolution in ihrem weiteren Verlauf zugestoßen sind, alle Wirren, denen sie zum Opfer gefallen, stellen sich eben als ein einfaches Ergebnis dieses verhängnisvollen Fehlers dar. Theoretisch läuft diese Doktrin, die vom Stampfschen ‚Vor­wärts‘ wie von Kautsky gleichermaßen als Frucht ‚marxistischen Denkens‘ empfohlen wird, auf die originelle ‚marxistische‘ Entdeckung hinaus, dass die sozialistische Umwälzung eine na­tionale, sozusagen häusliche Angele­genheit jedes modernen Staates für sich sei. In dem blauen Dunst des abstrakten Schemas weiß ein Kautsky natürlich sehr eingehend die weltwirtschaft­lichen Verknüpfungen des Kapi­talismus auszumalen, die aus allen modernen Ländern einen zusammenhän­genden Organismus machen. Russlands Revolution - eine Frucht der internationalen Entwicklung und Agrar­frage - unmöglich in den Schranken der bürgerlichen Gesellschaft zu lö­sen.

Praktisch hat diese Doktrin die Ten­denz, die Verantwortlichkeit des in­ternationalen, in erster Linie des deutschen Proletariats für die Ge­schicke der russischen Revolution abzuwälzen, die internationalen Zu­sammenhänge dieser Revolution zu leugnen. Nicht Russlands Unreife, sondern die Unreife des deutschen Proletariats zur Erfüllung der his­torischen Aufgaben hat der Verlauf des Krieges und der russischen Re­volution erwiesen. Dies mit aller Deutlichkeit hervorzukehren ist die erste Aufgabe einer kriti­schen Betrachtung der russischen Revolution. Die Revolution Russlands war in ihren Schicksalen völlig von den internationalen Ereignissen abhängig.“ (Rosa Luxemburg, Zur Russi­schen Revolution, Gesammelte Werke, Bd.4, S.332 bis 334).

So formulierte eine der größten marxis­tischen Theoretikerinnen damals das Problem, gegen die Trugschlüsse Kautskys, der Menschewiki und... der Rätekommunisten. Rosa Luxemburg machte nicht nur den My­thos der „Unreife Russlands“ zunichte, sondern sie lieferte auch den Schlüssel zu dem, was die Rätekommunisten nie zu verstehen imstande waren: die Ursachen der Degeneration der Russischen Revolu­tion, die im wesentlichen im Scheitern „der Weltrevolution lagen, von der das Schick­sal der Revolution in Russland völlig abhing“.

In der Tat, indem sie die Ursachen der Entwicklung der Revolution und die des kapitalistischen Regimes, in dem sie endete, allein in Russland suchten, wan­dten sich die Rätekommunisten von den objektiven Grundlagen des Internationa­lismus ab.

Und selbst wenn ihr eigener Internatio­nalismus nicht in Frage gestellt werden kann, kann er sich letztendlich nur auf eine Art moralischen Imperativ stützen. Wenn man ihre Untersuchung zu ihrer lo­gischen Schlussfolgerung weiterführt, ge­langt man zu der Idee, dass, die Revolution, hätte sie in einem fortgeschrittenen Land stattgefunden (Deutschland z.B.), nicht das gleiche Los erfahren hätte wie die Russische Revolution, selbst wenn sie isoliert geblieben wäre. Mit anderen Worten, in diesen Ländern hätte sie die Wiedereinrichtung des Kapitalismus vermeiden können, was bedeutet, dass ein Sieg über­ den Kapitalismus, der Sieg des So­zialismus in einem Land möglich ist. So wie der Rätekommunismus von dem Stalinismus die Idee der Kontinuität zwischen Le­nin und Stalin ausleiht, zwischen dem Charakter der Oktoberrevolution und dem Wesen des Regimes, das sich in Russland unter Stalin etablierte, so neigen die Rätekom­munisten dazu, Elemente einer der wichtigsten Mythen des Stalinismus zu übernehmen, den „natio­nalen Sozialismus“. So übernimmt die „marxistische“ Analyse der Rätekommunisten nicht nur die Thesen Kautskys und der Menschewiki, sondern kann auch nicht umhin, mit den stalinistischen Theorien zu flirten.

Aber dies ist nicht der einzige Weg, auf dem die rätekommunistische Analyse zu einer Ablehnung des Marxismus führt. Einer der Gründe, warum sie die russische Revolution als eine bürgerliche Revolution betrachten, ist die Natur der ökonomischen Maßnahmen, die von Anfang an von der neuen Macht ergriffen wurden. Die Rätekommunis­ten behaupten zu Recht, dass die Verstaat­lichungen und die Landaufteilung rein bür­gerliche Maßnahmen sind. Aber dann über­heben sie sich und erklären: „Man kann sehen, dass es sich um eine bürgerliche Revolution handelt, da sie Maßnahmen dieser Art durchführte.“ Und gegenüber solchen Maßnahmen schlagen sie eine wahr­haft „sozialistische“ Politik vor: „Die Übernahme der Betriebe und die Organisa­tion der Wirtschaft durch die Arbeiter­klasse und ihre Klassenorganisationen, die Arbeiterräte.“ (Thesen über den Bol­schewismus, Nr.49). Dies seien die Maßnahmen, die die russische Revolution ergriffen hätte, wenn sie wirklich „pro­letarisch“ gewesen wäre. Aber für die Rätekommunisten „konnte der bürgerliche Charakter der bolschewistischen Revolu­tion ...) nicht deutlicher aufgezeigt wer­den als in diesem Ruf nach der Produk­tionskontrolle.“ (idem, Nr.47)

Hier stellen die Rätekommunisten ihre Analyse nicht auf die Grundlage Kauts­kys oder Stalins, sondern Proudhons und der Anarchisten. Einmal mehr strei­chen sie eine der Grundlagen des Marxis­mus. Für den Marxismus ist eine der grundlegenden Unterschiede zwischen der bürgerlichen und der proletarischen Revolution die Tatsache, dass die erste am Ende eines ganzen Prozesses von wirt­schaftlichen Umwälzungen zwischen dem Feudalismus und dem Kapitalismus statt­fand. Dieser Prozess fand seine Krönung im politischen Bereich. Die proletari­sche Revolution dagegen ist zwangsläufig der Ausgangspunkt für die wirtschaftliche Umwälzung vom Kapitalismus zum Kommunismus. Dieser Unterschied ist mit der Tatsache verbunden, dass im Gegen­satz zu den vorherigen Umwälzungen der Übergang zum Kommunismus kein Wechsel in der Art des Eigentums, sondern die Abschaffung allen Eigentums überhaupt ist; er ist nicht die Institutionalisierung von neuen Ausbeutungsverhältnissen, sondern die Abschaffung aller Ausbeutung. Deswegen ist im Gegensatz zu allen vorherigen Revolutionen das Ziel der proletarischen Revolution nicht die Einrich­tung einer neuen Form von Klassenherrschaft, sondern die Abschaffung aller Klassen; die proletarische Revolution ist nicht das Werk einer ausbeutenden Klasse, sondern zum ersten Mal in der Geschichte das Werk einer ausgebeuteten Klasse. Die kapitalistischen Produktions­verhältnisse entwickelten sich innerhalb der feudalen Gesellschaft, während der Adel noch den Staatsapparat kontrollier­te. Die feudale Macht mag ein Hindernis für die Entwicklung des Kapitalismus ge­wesen sein, aber der Kapitalismus war imstande, sich daran anzupassen, solange das Kapital nicht bis zu dem Punkt entwickelt war, an dem die feudale Ordnung gestürzt werden musste. Die bürgerliche Revolution folgte in einer fast „mechanischen" Konsequenz auf die Ausdehnung der kapitalistischen Wirtschaft, und ihre Aufgabe bestand in der Zerstörung der letzten Hindernisse für die Expansion des Kapitals. Im Gegensatz dazu können sich die gesellschaftlichen Beziehungen im Kommunismus in keiner Weise auf kleinen In­seln innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft entwickeln, wo die bürgerli­che Klasse immer noch die Kontrolle über den Staat ausübt. Erst nach der Zerstö­rung des bürgerlichen Staates und nach der politischen Machtübernahme durch die Arbeiterklasse auf Weltebene können die Produktionsverhältnisse umgewälzt werden.

Im Gegensatz zu den vorherigen Übergangs­perioden wird der Übergang vom Kapitalis­mus zum Kommunismus nicht das Ergeb­nis eines objektiven, vom Willen des Men­schen unabhängigen Prozesses sein; er wird von der bewussten Aktion einer Klasse abhängen, die ihre politische Macht zur schrittweisen Auslöschung der verschiede­nen Aspekte der kapitalistischen Gesell­schaft benutzen wird: des Privateigentums, des Marktes, der Lohnarbeit, des Wertge­setzes usw. Aber solch eine Wirtschafts­politik kann erst ihre Wirkung entfalten, nachdem das Proletariat die Bourgeoisie militärisch besiegt hat. Solange dies nicht endgültig erreicht ist, werden die Anforderungen des Weltbürgerkrieges über dem Bedürfnis nach einer Umwandlung der Produktionsverhältnisse auch dort vorherrschen, wo das Proletariat schon die Macht ergriffen hat. Und dies trifft zu, wie auch immer die wirtschaftliche Entwicklung solch eines Gebietes vorangeschritten sein mag. In Russland sind die von der neuen Macht ergriffenen Maßnahmen - unge­achtet der begangenen Fehler, die tatsächlich begangen wurden und die uns wertvolle Lehren erteilen können - nicht das Kriterium für das Verständnis des Klassencharakters der Oktoberrevolution, ebenso wenig wie es die ökonomischen Maß­nahmen waren, die der Pariser Kommune ihren proletarischen Charakter verliehen haben. Und soweit wir wissen, haben weder die Rätekommunisten noch die Anarchosyndikalisten jemals den proletarischen Cha­rakter der Kommune bezweifelt. Niemandem fiel es ein, die Verkürzung des Ar­beitstages, die Aufhebung der Nachtarbeit für die Bäckergesellen, die Mietstundungen oder das Leihhaus vom Mont-de-Piete als „sozialistische“ Maßnahmen zu verstehen. Die Größe der Kommune war, dass zum ersten Mal in seiner Geschichte das Proletariat einen nationa­len Krieg gegen eine ausländische Macht in einen Bürgerkrieg gegen die eigene Bourgeoisie umgewandelt hat: dass die Zerstörung des kapitalistischen Staates verkündet und verwirklicht und durch die Diktatur des Proletariats ersetzt wur­de, d.h. gewählte und abrufbare Delegier­te in allen Bereichen, Löhne für Beamte, die dem durchschnittlichen Arbeiterlohn entsprachen, Ersetzung des stehenden Heeres durch die ständige Bewaffnung der Ar­beiter und die internationalistische Proklamation der Weltkommune. Es waren diese wesentlichen politischen Maßnah­men, die aus der Pariser Kommune den ersten internationalen Versuch des Pro­letariats gemacht haben, die Revolution durchzuführen. Und aus diesem Grunde ist die Erfahrung der Kommune eine unschätzbare Fundgrube für den revolu­tionären Kampf von Generationen von Ar­beitern aller Länder. Der Oktober 1917 nahm die Hauptthemen der Kommune wieder auf und verallgemeinerte sie, und es war si­cherlich kein Zufall, dass Lenin Staat und Revolution am Vorabend der Oktober­revolution schrieb, in dem er eine detail­lierte Untersuchung der Kommune vornahm. Daher kann man die Klassennatur der Oktoberrevolution nicht durch die Analyse eines jeden Details dessen, was die Re­volution im wirtschaftlichen Bereich gemacht oder nicht gemacht hat, erfassen.

Dies kann nur verstanden werden, indem man die politischen Charakteristiken der Revolution - die Zerstörung des bürgerlichen Staates, die Machtüber­nahme durch die Arbeiterklasse, die in Arbeiterräten organisiert war, die allgemeine Bewaffnung des Proletariats – und die Triebkraft untersucht, die die neue Macht der internationalen Bewegung des Proletariats verlieh: die rücksichtlose Brandmarkung des imperialistischen Krieges, der Auf­ruf zur Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg gegen die Bourgeoisie, der Aufruf für die Zerstö­rung aller bürgerlichen Staaten und für die Machtübernahme durch die Arbeiterräte in allen Ländern.

Dass er das Primat der politischen Probleme in der ersten Phase der proletarischen Revolution nie begriffen hat, hat den Anarchosyndikalismus dazu geführt, die proletarische Revolution zu verraten, indem er diese in die Sackgasse der Selbstverwaltung und der „Kollektive“ geführt hatte, während derer er selbst Minister in der bürgerlichen Regierung der spanischen Republik stellte. Sein ganzer Standpunkt - und auch der Rätekommunisten, soweit sie mit dem Anarchosyndikalismus übereinstimmen - wendet sich von jeder sozialistischen Revolution ab, weil er diese nicht nur innerhalb eines Landes lokalisiert, sondern gar auf eine Region oder auf isolierte Fabriken begrenzt und die sozialistische Produktion, die per Definition nur auf internationaler Ebene existieren kann, auf eine einheimische Angelegenheit reduziert.

Trotz vieler wertvoller Kritiken, die von der Arbeiteropposition 1921 formuliert wurden, insbesondere ihre Anprangerung der staatlichen Bürokratisierung und der erdrückenden Ordnung innerhalb der Partei, war die Plattform der Gruppe insofern grundlegend irrig, als sie das Problem der Entwicklung der Revolution auf eine Frage der Ökonomie, auf ein direktes Management der Produktion durch die Arbeiter reduzierte. Somit schenkten sie vorbehaltlos der Idee Glauben, dass es möglich sei, den Sozialismus in einem Lande aufzubauen, dass der Sozialismus in Russland, auf sich allein gestellt, Fort­schritte hätte machen können, selbst wenn die internationale Revolution eine Reihe von Niederlagen erlitten hätte.[3] [5]

Welche Fehler Lenin auch immer gemacht haben mag, er griff zu Recht die kleinbür­gerlichen und die anarchosyndikalistischen Aspekte der Arbeiteropposition an. Es ist kein Zufall, dass die theoreti­sche Führerin der Arbeiteropposition, Kollontai, sich später auf Stalins Seite gegen die Linksopposition schlug, um die Theo­rie des Sozialismus in einem Land zu ver­teidigen. So schlossen sich die Anhänger des „So­zialismus in einer Fabrik“ den Anhängern des „Sozialismus in einem Land“ und den Theoretikern der „unreifen objektiven Bedingungen“ in Russland an. Und Kautsky, Stalin und die „Genossen Minister“ der CNT waren keine gute Gesellschaft für die Rätekommunisten.

Tatsächlich ist der einzige Weg für den Rätekommunismus, seine Analyse der Oktoberrevolution mit dem Internationalismus zu vereinbaren - und bestimmte Strömungen haben dies schon getan -, die Behauptung, dass die objektiven Bedingungen für die proletarische Revolution 1917 nicht nur in Russland, sondern auch auf Weltebene unreif waren. Aber das hieße, die Ana­lyse der Menschewiki oder Kautskys zu übernehmen, nur um drei Punkte der rechten Sozialdemokraten aufzunehmen, die ihn benutzten, um die proletarische Revolution in Deutschland niederzumetzeln. Es kommt nicht darauf an, zu behaupten, dass alle, die zu solchen Schlussfolgerun­gen kommen, in die Fußstapfen Noskes treten werden. Es ist durchaus möglich, sich an einem proleta­rischen Kampf zu beteiligen, selbst wenn man ihn für verfrüht und verzweifelt hält - so wie es Marx im Falle der Pariser Kommune tat. Aber solche Analysen proletarischer Elemente führen zu Schlussfolgerungen, die bis ins kleinste ebenso katastrophal sind wie jene der „traditionellen“ Rätekommunisten.

Wir wollen diese Analyse hier nicht wi­derlegen, da es uns über den Rahmen die­ses Artikels hinausführen würde.[4] [6] Wir werden uns auf einige Bemerkungen dazu beschränken.

An erster Stelle führt solch eine Auffas­sung zur Zurückweisung der Idee, dass sich der Kapitalismus seit dem I. Welt­krieg in seiner dekadenten Phase befindet, und diese Idee war die Schlüsselfrage beim Bruch der Revolutionäre mit der II. Internationalen. Die „rätekommunisti­sche“ Auffassung unterminiert die ganzen theoretischen Grundlagen der Kommunistischen Internationalen, aus der an er­ster Stelle die Rätekommunisten selbst hervorgegangen sind. Sie führt somit zu einer Ablehnung aller Errungenschaften der Arbeiterbewegung während des I. Welt­krieges und der revolutionären Welle von 1917-23. Andernfalls ist es notwendig, die kommunistischen Positionen auf voll­kommen andere Grundlagen zu stellen, ins­besondere die Positionen, welche die kommunistische Linke gegen die Kommunis­tische Internationale vertrat:

- Ablehnung des Parlamentarismus, selbst seiner „revolutionären“ Verwendung,

- Ablehnung der Gewerkschaften,

- Ablehnung der Massenpartei,

- Verweigerung der Unterstützung von na­tionalen Befreiungskämpfen oder „fortschrittlichen“ Fraktionen der Bourgeoisie.

Wenn man die Idee der Dekadenz des Kapitalismus verwirft, kommt man zwangsläufig zur Schlussfolgerung, dass die ganze Politik der Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert und die meisten Analysen von Marx und Engels falsch waren. Von solch einem Standpunkt aus betrachtet, begingen der Bund der Kommunisten, die Erste und Zweite Internationale große Fehler, als sie den Aufbau von Gewerkschaften, den Kampf für das allgemeine Wahlrecht und bestimmte nationale Befreiungskämpfe unterstützten. Und schließlich muss man zugeben, dass, von der allgemeinen theoretischen Basis abgesehen, Proudhon und Bakunin gegenüber Marx und En­gels Recht hatten. Und da es von einem marxistischen Standpunkt aus schwierig ist, eine theoretische Betrachtungsweise von ihren politischen Folgen zu trennen, wäre es nur allzu logisch, den letzten Schritt zu tun und den Marxismus zugunsten des Anarchismus zu verwerfen. Wenn die Rätekommunisten, die die Oktoberrevolution als bürgerlich bezeichnen, da die objek­tiven Bedingungen auf Weltebene 1917 nicht reif gewesen seien, nur den Mut hätten, diesen letzten Schritt zu tun, und sich offen als Anarchisten erklären! Dann hätten sie nur noch ein letztes Problem zu lösen: Wie ist ihre Analyse mit einem theoretischen Standpunkt zu vereinbaren, der die Notwendigkeit einer objektiven Basis für den Sozialismus ablehnt und für den die Revolution zu jedem Zeit­punkt möglich ist?

Die Verwerfung der Idee, dass der Kapi­talismus 1914 in seine dekadente Phase eingetreten ist, hat noch andere Folgen:

- Entweder muss die Periode der kapita­listischen Dekadenz noch kommen, ob­gleich man sich angesichts der Katas­trophen, die die Gesellschaft in den letzten 60 Jahren erschüttert haben, nur schwer vorstellen kann, wie die wirkliche Dekadenz des Kapitalismus aussieht und wie die Gesellschaft diese über­leben kann.

- Oder der Kapitalismus wird im Gegen­satz zu den vorherigen Gesellschaften nie eine Phase der Dekadenz durchlaufen. Dann muss man die Schlussfolgerungen da­raus ziehen; entweder gibt man jede Perspektive des Sozialismus für immer und ewig auf, oder man stellt seine Perspek­tive für den Sozialismus auf etwas anderes als auf die objektiven Notwendigkeiten einer bestimmten Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung. Das bedeu­tet, den Marxismus aufzugeben, aus dem Sozialismus einen „moralischen Impera­tiv“ zu machen - und somit schließt man sich dem Anarchismus an. Im Laufe ihrer Geschichte wurde die Arbei­terklasse mit drei Hauptgegnern konfron­tiert: dem Anarchismus im vorigen Jahrhun­dert, der reformistischen Sozialdemokra­tie zu Beginn dieses Jahrhunderts und dem Stalinismus zwischen den zwei Weltkriegen. Diese Strömungen haben sich in einem alles übertreffenden Moment der Konterrevolution gegen die Arbeiterklasse zusammengerottet: im spanischen Bürgerkrieg 1936-38. Man muss anerkennen, dass dem Rätekommunismus, auch wenn er eine der „gesündesten“ Reaktionen gegen die Degeneration der Kommunistischen Internationale war und es ihm gelungen war, in den schlimmsten Augenblicken der Konterrevolution Klassenpositionen aufrecht­zuerhalten, die rare Großtat gelun­gen war, viele der fundamentalen Analysen dieser drei Strömungen zu übernehmen, selbst wenn sein Standpunkt nicht zur Auf­gabe jeder revolutionären Perspektive ge­führt hat, wie dies für einige seiner besten Elemente der Fall war.

Dies sind einige der Folgen bei einer Ablehnung des proletarischen Charakters der Oktoberrevolution von 1917.

F.M.

[1] [7] „Die Epigonen des Rätekommunismus“, Intern. Revue (engl./franz. Nr. 2;); „Die Degeneration der Russischen Revolution“, Intern. Revue (Deutsch) Nr. 2; „Die Lehren der Kronstädter Ereignisse“, Intern. Revue Nr. 3; „Plattform der IKS“, Intern. Revue Nr. 5 (engl./franz); „Die Kommunistische Linke in Russland“, Intern. Revue Nr. 9/10; „Texte zur Übergangsperiode“, Intern. Revue Nr. 11 (engl./franz.); „Beiträge zur Rolle des Staates in der Übergangsperiode“, Intern. Revue Nr. 6 (engl./franz.).

[2] [8] Vorwort zu „Ausgewählte Werke Lenins“ vom Institut für Marxismus-Leninismus ZK der KPDSU).

[3] [9] „Degeneration der Russischen Revolution“, Internationale Revue Nr. 2; „Die Kommunistische Linke in Russland“, Intern. Revue Nr. 9/10.

[4] [10] Siehe „Die Dekadenz des Kapitalismus“ und andere Texte der IKS. 

Geschichte der Arbeiterbewegung: 

  • 1917 - Russische Revolution [11]

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