Nachdem im Herbst 2004 bereits bei Karstadt und bei Opel durch "Beschäftigungspakte" zwei "namhafte" Konzerne und damit Tausende von Arbeitsplätze "gerettet" worden sein sollen, folgte Volkswagen wenige Wochen später diesem Beispiel. Nachdem die rund 100.000 Beschäftigten im Inland Maßnahmen hinnahmen, welche dem Konzern bis zum Ende des Jahrzehnts Einsparungen bis zu 30% bescheren sollen, kündigte VW an, vorläufig auf die angedrohten 30.000 betriebsbedingten Kündigungen verzichten zu wollen.
Überhaupt wurde das Jahr 2004 im Rückblick als das Jahr der Beschäftigungspakte gefeiert. Nachdem Siemens (in Bocholt und Kamp-Lintfort) und Daimler-Chrysler mit "gutem Beispiel" vorangegangen waren, folgten der Reihe nach die Großkonzerne der Automobilbranche und der Exportwirtschaft. Das Dienstleistungsgewerbe sowie der öffentliche Dienst zogen nach. Auch wenn die Deutsche Bahn oder die Krankenhäuser nicht ohne weiteres mit "Standortverlagerungen" wie in der Industrie drohen können: Die Drohung, Arbeitsplätze radikal abzubauen, wenn man nicht bereit sei, für weniger Geld länger zu arbeiten, reichte zumeist aus, um die Beschäftigten erfolgreich im Sinne des Kapitals zu erpressen. Dennoch stießen diese Erpressungen auf den Widerstand der Arbeiterklasse. Vor allem bei Daimler-Chrysler und bei Opel setzten sich die Arbeiter zur Wehr. Und auch gegenüber den Hartz-Angriffen gegen die Erwerbslosen, und damit gegen die gesamte Arbeiterklasse, gingen die Lohnabhängigen auf die Straße. Somit war das Jahr 2004, vom Standpunkt der Arbeiterklasse, ein Jahr der Wiederaufnahme des Kampfes.
Wie recht die Arbeiter damit hatten, sich selbst zu verteidigen, statt den verlogenen Versprechungen der "Beschäftigungspakte" Glauben zu schenken, bestätigt inzwischen die Entwicklung bei Opel. Nachdem die Betriebsräte und Gewerkschaftsvertreter dort - wie zuvor bei Karstadt - ebenso stolz wie verlogen die Abwendung betriebsbedingter Kündigungen verkündet hatten, kam Mitte Januar 2005 die Wahrheit heraus. Da bis dahin nur 100 Personen sich "freiwillig" für eine "Auffanggesellschaft" gemeldet hatten, welche nur deshalb gegründet wurde, um die Massenentlassungen bei Opel zu kaschieren, hieß es nun, dass zunächst bis zu 6.500 betriebsbedingte Kündigungen nunmehr doch unvermeidbar geworden seien.
Ein heilsamer Prozess der Desillusionierung
Auch wenn die Arbeiterklasse noch kein Mittel gefunden hat, um sich wirkungsvoller gegen die Erpressungen ihres Klassenfeindes zu wehren, ist es bereits positiv, wenn sie den Täuschungen der Besitzenden misstraut. Der Verlust der Illusionen kann zwar zunächst noch lähmend auf die Kampfkraft der Arbeiter wirken - wenn man noch keine eigene, positive Kampfperspektive besitzt. Die Ernüchterung angesichts der Realität erzeugt weder automatisch noch sofort, eine proletarische Perspektive. Aber der Verlust der Illusionen ist die Vorbedingung dafür, indem es die Klasse erahnen läßt, dass es innerhalb des Kapitalismus keine Lösung gibt. Gerade deshalb hat der Marxismus stets darauf hingewiesen, dass es die Aufgabe der Revolutionäre ist, die Wahrheit auszusprechen, "zu sagen, was ist", wie Rosa Luxemburg es formulierte.
Die Erpressung mittels angedrohter "Standortverlagerung" ist jedenfalls sehr geeignet, um die Illusionen der "Sozialpartnerschaft" zu vernichten, welche in den Nachkriegsjahrzehnten gedeihen konnten. Damals wurde die Lüge verbreitet, dass die friedliche Zusammenarbeit der Klassen "beiden Seiten" zugute käme, indem durch eine immer höhere Produktivität der Arbeit sowohl die Profite des Unternehmens als auch steigende Löhne gesichert werden könne. Im Kapitalismus - und erst recht im niedergehenden, weltweit vorherrschenden, an seiner eigenen Überproduktion erstickenden Kapitalismus - lässt die steigende Produktivität der Arbeit v.a. das Heer der Arbeitslosen anschwellen. Dadurch wird keine Steigerung, sondern ein freier Fall der Löhne bewirkt. Ein Ergebnis, welches die Lohnabhängigen heute überall am eigenen Leib feststellen können. Wenigstens die Einstellung des Unternehmens ist heute klar geworden. Solange es die Arbeiterklasse noch nicht gelingt, sich wirksamer zu wehren, profitieren die Unternehmen von den Folgen der Massenarbeitslosigkeit auf der ganzen Linie, um die Löhne zu drücken. Indem sie ihre Beschäftigten mit Standortverlagerungen drohen, befinden sie sich in einer sog. "win-win" Situation. Denn ob die Beschäftigten radikale Lohnsenkungen und Arbeitszeitverlängerungen hinnehmen (wodurch es u. U. zunächst wieder lohnenswerter wird, weiterhin in den Industriestaaten produzieren zu lassen), oder ob die Produktion tatsächlich nach Osteuropa oder nach Asien ausgelagert wird: so oder so können die Bosse ihr Ziel der Verbilligung der Produktion erreichen.
Jedoch ist es notwendig dass die Arbeiterklasse ihre Illusionen nicht nur gegenüber den Unternehmern, sondern auch gegenüber den Gewerkschaften verliert. Auch dieser entscheidende Aspekt der proletarischen Desillusionierung ist bereits im Gang. Denn der bewusstere und nachdenklichere Teil der Klasse beginnt festzustellen, dass weder die Gewerkschaften insgesamt noch ihre betrieblichen und basisorientierten Strukturen wie z.B. die Betriebsräte oder die Vertrauensleutekörper im Stande sind, die Interessen der Arbeiter wirksam zu verteidigen. Es ist auch tatsächlich so, dass die auf rein ökonomische Kämpfe ausgerichteten, permanenten, legalen und damit im Staat integrierten "Verhandlungspartner", welche stellvertretend die Interessen bestimmter Gruppen von Arbeitern zu verfechten behaupten, völlig außerstande sind, wirkungsvoll den Angriffen des Kapitals entgegenzutreten. Nur der massive, branchen- und letztendlich grenzübergreifende, selbstorganisierte Kampf, in welchem der politische, revolutionäre Inhalt des ökonomischen Kampfes der Arbeiterklasse bewusst wird, ist dazu im Stande.
Die Gewerkschaften als Speerspitze des kapitalistischen Angriffs
Doch die Gewerkschaften versuchen, ihre wirkliche Rolle in der heutigen, kapitalistischen Gesellschaft eben dadurch zu vertuschen, dass sie sich als die unschuldigen Opfer der Offensive des Kapitals hinstellen. So bilanzierte das gewerkschaftsnahe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut die Tarifrunde 2004: "In allen Tarifbereichen sehen sich die Gewerkschaften mit Verschlechterungen und Einschnitten in die Tarifstandards konfrontiert." Die Arbeiter, Angestellten und Erwerbslosen sollen aber daraus schlussfolgern: Die Mitglieder, besser noch die Arbeiter insgesamt, sollten sich anstrengen, damit die Gewerkschaften etwas von ihrer früheren Wirksamkeit im Dienste des Proletariats zurückerobern können.
Dieser Sichtweise blendet aus: erstens, dass die Unwirksamkeit der Gewerkschaften nichts Neues ist, sondern sich bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts bemerkbar zu machen begann; und zweitens, dass die Gewerkschaften bereits während des 1. Weltkrieges auf das eigene Überholt-Sein im Dienste der Arbeiterklasse dadurch reagierten, indem sie mit dem bürgerlichen Staat verschmolzen. Sie wurden dadurch zu Waffen der Bourgeoisie gegen die Arbeiterklasse.
Unter solchen Illusionen leiden heute auch die politisierten Minderheiten, welche den Kapitalismus ablehnen und sich für die Sache des Proletariats interessieren. So findet man in fast jeder Ausgabe der kapitalismuskritischen, aber eher universitär ausgerichteten Zeitschrift Gegenstandpunkt eine Geißelung der Hilflosigkeit und Unterwürfigkeit der Gewerkschaften - ohne aber die aktive und eigenständige Rolle der Gewerkschaften im Dienste des nationalen Kapitals zu erkennen. Auch eine Gruppe wie die GIS, welche den kapitalistischen Charakter der Gewerkschaften z.T. zur Kenntnis nimmt, erkennt diese aktive Rolle nicht. In der im August 2004 veröffentlichten "Politischen Plattform der Gruppe Internationaler SozialistInnen" liest man: "Heute fungieren die Gewerkschaften auf der Grundlage der politischen Akzeptanz des Lohnsystems als bürgerliche Vermittlungsinstanzen zwischen Arbeitern und Kapitalisten".
Dieser Vorstellung der Gewerkschaften als "Vermittlungsinstanzen" zwischen den Klassen kommt daher, dass man nicht versteht, dass sich die Rolle der Gewerkschaften mit dem Eintritt der bürgerlichen Gesellschaft in seine Niedergangsphase grundlegend gewandelt hat. Nur ein solch historisches Verständnis wird die Arbeiterklasse grundlegend begreifen lassen, dass die Gewerkschaften nicht die Opfer, sondern die Speerspitze der kapitalistischen Angriffe sind und gewiss nicht zwischen zwei Stühlen sitzen.
Die Gewerkschaften als Strategen des nationalen Kapitals
Tatsache ist, dass nicht die Unternehmer, sondern die Gewerkschaften die treibende Rolle bei der Ausarbeitung und Durchsetzung der nationalistischen "Beschäftigungspakte" in Deutschland wie auch anderswo übernehmen. Während die international operierenden deutschen Konzerne zunächst zufrieden sein können, wenn sie ihre Kosten reduzieren, egal wie, kann es den Gewerkschaften alles anders als gleichgültig sein, ob diese Kostenreduzierung durch Produktionsverlagerungen ins Ausland oder durch Lohnraub und Verlängerung der Arbeitszeit "in der Heimat" erzielt werden. Die Gewerkschaften, ebenso wie die Sozialdemokratie, das Militär, die Geheimdienste oder die Ministerialbürokratie, gehören zu den am meisten politisch und strategisch denkenden, die Interessen des nationalen Kapitals insgesamt berücksichtigenden Teile der Bourgeoisie. Diese Fraktionen erkennen am ehesten die politischen Grenzen der Politik der Auslagerung von Produktionsanlagen ins Ausland. Unbegrenzt weitergeführt, würde eine solche Politik zur Untergrabung der sozialen Stabilität an der "Heimatfront" führen. Die Gewerkschaften können, da sie vom Kapital direkt mit der Kontrolle der Arbeiterklasse betraut sind, am wenigsten daran interessiert sein. Darüber hinaus würde eine solche Politik die Finanzquellen des Staates untergraben und damit seine politische und militärische, sprich seine imperialistische Handlungsfähigkeit gefährden. Andererseits kann die nationale Bourgeoisie die Produktion längerfristig nur dann im eigenen Lande halten, wenn diese wirtschaftlich tragbar ist, d.h. die Konkurrenzfähigkeit der eigenen nationalen Unternehmen nicht beschädigt wird. Deshalb sind die Gewerkschaften aktive, bewusste, vorantreibende Faktoren bei der Verarmung der Arbeiterklasse - und keineswegs Opfer oder Vermittler in diesem Prozess.
Für die Arbeiterklasse jedoch kann diese nationalistische Standortkonkurrenz nur ein Resultat haben: die Verschärfung der Abwärtsspirale, welche immer mehr Unsicherheit und Verelendung, immer mehr Krieg und Barbarei mit sich bringt. Nur der solidarische, immer internationaler werdende Klassenkampf der Arbeiterklasse, welche die Überwindung des Kapitalismus vorbereitet und ermöglicht, kann darauf eine wirksame Antwort finden. 20.01.05
In Weltrevolution 126 veröffentlichten wir einen Artikel unter dem Titel "Politische Klärung ist ein unerlässlicher Bestandteil der Intervention", welcher die Schwierigkeiten von Genossen mit linkskapitalistischer Vergangenheit thematisierte, sich eine proletarische Herangehensweise anzueignen und so einen wirklichen Bruch mit der Bourgeoisie zu vollziehen. Daraufhin erhielten wir einen Leserbrief aus Baden-Württemberg, welcher sich zu diesem Artikel bzw. zu dieser Problematik äußert. Wir drucken an dieser Stelle Auszüge aus dem Brief ab, welche sich mit dieser Problematik befassen. Dabei übt der Genosse hauptsächlich Kritik an der Haltung solcher, aus dem linksbürgerlichen Milieu stammender Gruppen. Aber auch bestimmte Einstellungen der Gruppen der Kommunistischen Linken kritisiert er. Es folgen aus Platzgründen nur einige kurze Bemerkungen unsererseits dazu. In einer späteren Ausgabe der Weltrevolution werden wir weitere Auszüge aus diesem Brief abdrucken, welche sich mit der Frage befassen, ob und inwiefern die neuen Gruppen Ausdruck einer unterirdischen Reifung innerhalb der Klasse insgesamt darstellen.
Leserbrief
wie versprochen, hier ein paar Gedanken zu Eurem Artikel "politische Klärung" in WR 126. In den letzten Jahren ist in Deutschland eine Reihe von Gruppen hervorgetreten, die sich alle auf den historischen Linkskommunismus beziehen. Ihr schreibt dazu, "die Verwerfung des Antifaschismus und die Ablehnung der nationalen Befreiungsbewegungen spiegeln eine wichtige Bewusstseinsentwicklung wieder" (da stimme ich zu), "wie überhaupt das Entstehen dieser Gruppen ein Zeichen einer unterirdischen Reifung in der Klasse darstellt" (das bezweifele ich). Ihr charakterisiert dann unter der Zwischenüberschrift "Wie die Narben der Vergangenheit ablegen" die Schwierigkeiten, vor denen Gruppen, die den Bruch mit der bürgerlichen Linken vollzogen haben, stehen - dass nämlich der Bruch ein Prozeß gründlicher Klärung sein muss und nicht schon die Übernahme linkskommunistischer Positionen automatisch den "Linkskommunisten" hervorbringt, sondern oftmals alte Herangehensweisen, Mentalitäten etc. mit in die neue Position eingebracht werden. Als Beispiel nennt Ihr die zu beobachtende Neigung einiger dieser Gruppen, baldmöglichst mit der Intervention zu beginnen, um schnell Einfluss zu erringen und dabei "die Notwendigkeit der größtmöglichen politischen Klarheit in der Intervention stark unterschätzen". Vor allem werde das Kommunizieren der eigenen Klärungsprozesse, die Debatte darüber mit anderen Gruppen nicht auch als wichtige Intervention begriffen; auf Kritik seitens der IKS gar nicht reagiert. Es ist genau, wie Ihr es darstellt - ein beklagenswerter Zustand. Um ihn zu überwinden, müssen wir genauer ausleuchten, wie es zu dem Wunsch kommt, mit der Linken zu brechen, und warum die Genossen es dabei regelmäßig so eilig haben, sich als linkskommunistische Gruppe zu konstituieren (und das auf einer sehr schmalen Kenntnisgrundlage. Wenn man sich Veröffentlichungen der Gruppen anschaut, sieht man daran, was zitiert wird, dass der Zugang in erster Linie über die Lektüre der IKS-Publikationen und hier und da mittels einiger im Antiquariat aufgetriebener Texte aus der IKP-Zeitung "Kommunistisches Programm" stattfand - in jüngster Zeit gibt´s freilich auch zig Texte im Netz).
Meine These: es geht bei diesem Bruch zu sehr um die Identität als Kommunist, die gerettet oder nun endlich erreicht werden soll, und zu wenig um die Klärung der Frage, warum man eigentlich mit derselben Entschiedenheit Positionen vertreten oder bekämpft hat, mit der man nun schon wieder dabei ist, "die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen" zu spielen - diesmal unter linkskommunistischem Signet. Wäre es nicht näherliegend, dass man, nachdem man Jahre lang eine nun als "kleinbürgerlich" erkannte Position vertreten hat (und das in der Regel ja nicht im stillen Kämmerlein), diese Praxis und die dahinter stehenden programmatischen, strategischen Vorstellungen Stück für Stück aufarbeitet und mit jedem Schritt des Begreifens, wie es dazu kommen konnte, dass man so leichtfertig dies und jenes als einzig revolutionären Standpunkt verfochten hat, eine Art ironische Distanz gewinnt und diese aufgearbeitete Erfahrung zukünftig wie beim Kopfrechnen als ein? im Sinn behält. Möglicherweise haltet Ihr meine Ausführungen für "Psychologisieren" - worauf ich hinaus will, ist, dass der Bruch mit der Linken immer nur so ausfallen kann, wie die Voraussetzungen, die gesellschaftlichen Verhältnisse gestaltet sind, innerhalb derer er stattfindet. Das mag banal erscheinen, ist aber häufig etwas, was außer Acht gelassen wird. Ich meine, der bislang erfolgte Prozess einer Neuorientierung am Linkskommunismus konnte gar nicht anders ausfallen, als von Euch richtig dargestellt und zu Recht kritisiert.
Zum einen, weil die wenigen Genossen, die den Biss hätten, dran zu bleiben, in einer recht verzweifelten Stimmung sind. Sie haben vieles durchdacht und versucht, aber irgendwie den Schlüssel zum Ganzen nicht mehr gefunden (...) Dies alles unter Voraussetzungen, in denen "Klasse" und "Klassenbewusstsein" mehr unterstellt als praktisch vorfindbar waren.
Es sind also nicht Strömungen im Klassenkampf, anhand derer man in der Lage wäre, die eine oder andere These zu überprüfen und zu gewichten. Sondern es spielt sich alles notwendig in der Form von "Schauen, welche Gruppen es gibt" ab - und da stößt man früher oder später auf die Linkskommunisten. Dieses Aha-Erlebnis führt regelmäßig zu dem Gefühl, endlich den Schlüssel in der Hand zu halten. Man wähnt sich jenseits der bürgerlichen Linken und will den Schlüssel natürlich sofort ausprobieren. Der Schlüssel (also die "authentisch proletarische Position", kein Befreiungsnationalismus, keine interklassistischen Bündnisse, gegen die bürgerliche Demokratie..) gibt den Blick frei auf eine Geschichte der Klassenkämpfe, in der die wirklich proletarische Position nie gänzlich vernichtet werden konnte und in der Form insbesondere der "Italienischen Fraktion" ein Erbe bereithält, das es ermöglicht, wieder die entscheidende Waffe zu schmieden.
Bei diesem Enthusiasmus der Genossen nach dieser Entdeckung überrascht in der Tat, wie gering ihr Mitteilungsbedürfnis bezüglich des Prozesses ihrer Neuorientierung ist. Warum reagierten Gruppen, die Ihr in mehreren Artikeln vorgestellt und solidarisch kritisiert habt, nicht? Warum führen die Gruppen nicht untereinander eine Debatte über das Woher und Wohin (sondern stellen gleich Themenblöcke zur Diskussion, nachdem sie sich gerade erst notdürftig ein paar linkskommunistische Texte dazu angelesen haben)? Warum erfährt man fast nichts über die internen Differenzen? (Man muß dabei ja nicht aus dem Nähkästchen plaudern, aber es kann sehr hilfreich für Genossen sein zu erfahren, dass in anderen verwandten Gruppen ähnliche Probleme oder Praktiken auftreten - und es ist allemal interessant nachzuvollziehen, warum es in Gruppen, die sich gerade erst konstituiert haben, zu Ausschlüssen kommt).
Nun sagt Ihr ganz richtig, es fehlt halt an der richtigen Methode und Herangehensweise. Die muß erlernt werden. Okay. Wo? Bei den bestehenden linkskommunistischen Organisationen - klar. Zumindest in der Auseinandersetzung mit ihnen. Einverstanden. Das Angebot dazu macht Ihr mit jeder Nummer Eurer Zeitung, mit jeder Veranstaltung. Wie kommt es, dass die Genossen dieses Angebot ausschlagen? Nun, ich denke, wer aus einer trotzkistischen, maoistischen oder sonst wie gestrickten Gruppe kommt, hat aufgrund der Sachen, die er da hat wegstecken müssen, erst mal nicht das Bedürfnis, sich einer neuen Gruppe verbindlich einzugliedern. Bleibt aber die Frage, was die Genossen daran hindert, verbindliche Diskussionen mit Euch zu führen? Ich sage es mal salopp: Die Genossen spielen kraft Proklamation linkskommunistischer Position nun in einer Liga, für die sie sich gar nicht fähig genug halten. Und natürlich wird klar (wie Ihr schreibt), der erhobene Anspruch verlangt Konsequenzen von einer Reichweite, die den Genossen erst nach und nach klar wird.
Meine Kritik geht nach zwei Seiten: einmal gegenüber den Genossen, die beim Proklamieren linkskommunistischer Positionen über ihre eigene authentische Position (Befindlichkeit) hinwegsehen, nicht mehr die gemeinsame Anstrengung der Gruppe in den Mittelpunkt stellen, sondern (wie gehabt) Programmatiken (mit dürftiger Unterfütterung) festschreiben, die man zu 100% teilt oder "keinen Platz in der Organisation hat."
Zum anderen kritisiere ich die linkskommunistischen Organisationen, die die Theorie und Praxis der "Linkskommunisten" bzw. der "Italienischen Fraktion" nicht als eine historische Strömung behandeln, von der auch heute Grundlegendes zu lernen ist, sondern als Programm übernehmen. Ein Programm, dass hinsichtlich seiner Tauglichkeit, zum Orientierungspol für mehr als eine Hand voll Genossen zu werden, noch wenig überprüft worden ist.
Aber das ist ein Thema für einen eigenen Brief...
(...) Natürlich kritisiere ich hier nicht, dass Ihr das linkskommunistische Erbe anders bewertet [als ich], sondern dass Ihr mit Eurem Auftreten als eine Art Inkarnation des historischen Linkskommunismus die Latte so hoch hängt, dass die "kleinbürgerlichen Linken" von Gestern, die heute sich am Linkskommunismus orientieren, quasi als Zugangsberechtigung zum "proletarischen Milieu" erst mal fast alle linkskommunistischen Positionen übernehmen, anstatt die Fragen anzugehen, die sie seit Jahren vor sich hertragen oder bislang noch nicht mal richtig aufgeworfen haben. Ich nenne mal ein paar der wichtigsten: Was haben sie all die Jahre gemacht, von welchen Vorstellungen über Kapitalismus, Arbeiterklasse und revolutionärer Strategie war diese Praxis getragen? War das "kleinbürgerliche Politik" und warum? War überhaupt eine andere "Praxis" möglich bzw. was kann unter Verhältnissen, in denen die Arbeiterklasse ein Bild abgibt, wie hier in Deutschland seit langem (und man kann sich sogar fragen ob es sinnvoll ist, von Arbeiterklasse im politischen Sinne zu sprechen) der Kern der Tätigkeit von Kommunisten sein? Welche Schlüsse kann man aus einer gründlichen Analyse der Geschichte der Klassenkämpfe ziehen?.....
Unsere Anmerkungen
Der Genosse aus den Südwesten Deutschlands hat sehr wohl verstanden, dass unsere Kritik an den Gruppen und Personen, welche sich ungenügend vom linksbürgerlichen Lager lösen, solidarisch gemeint und politisch notwendig war. Er teilt in vielen Punkten unsere Darstellung dieses Problems. Darüber hinaus macht er eine Reihe selbstständige, sehr interessante Beobachtungen. Diese Überlegungen können nicht zuletzt für die Betroffenen selbst sehr hilfreich sein, sofern sie ehrlich bemüht sind, den Einfluss ihrer bürgerlichen politischen Vergangenheit abzuschütteln. So ist es beispielsweise völlig zutreffend, darauf hinzuweisen, dass es für solche Leute politisch schädlich ist, sich einseitig mit den programmatischen Positionen der Kommunistischen Linken zu befassen. Die aus stalinistischen oder trotzkistischen Organisationen stammenden Genossen nehmen in der Regel irrtümlicherweise an, dass sie das ABC des Marxismus bereits beherrschen und sich nicht mehr damit befassen müssen, was die Arbeiterklasse ist oder dass eine proletarische Praxis grundlegend anders als die der Bourgeoisie aussehen muss. Doch das Gegenteil ist der Fall. Im Wirklichkeit ist der Stalinismus bzw. der Trotzkismus keine opportunistische Strömung der Arbeiterklasse, (und auch nicht kleinbürgerlich), sondern genau so Bestandteil der Bourgeoisie wie der Faschismus oder die Sozialdemokratie. Dies bedeutet, dass diese Genossen alles wieder vergessen müssen, was sie von der Bourgeoisie "gelernt" haben. Sie müssen erkennen dass sie einer ganz verkehrten Vorstellung von der Arbeiterklasse und von proletarischer Politik aufgesessen waren.
Der Brief weist darauf hin, dass manche Genossen aus diesen Kreisen die Debatte mit den bestehenden revolutionären Organisationen deshalb meiden, weil sie sich dazu nicht "fähig genug" fühlen. Das bedeutet aber, dass diese Genossen noch gar nicht begriffen haben, dass das Kennzeichen einer proletarischen Haltung in der politischen Debatte nicht der Grad des Wissens ist, sondern der Wille, alles, auch die eigene persönliche Stellung, den Bedürfnissen einer furchtlosen politischen Klärung unterzuordnen. M.a.W. sie hängen einer bürgerlichen, von Konkurrenz geprägten Sicht der politischen Arbeit an.
Auf der anderen Seite kritisiert der Brief, dass die "linkskommunistischen Organisationen" das Erbe ihrer Tradition nicht als eine "historische Strömung behandeln, von der auch heute Grundlegendes zu lernen ist, sondern als Programm übernehmen". Außerdem führt er an, dass dieses Programm in der geschichtlichen Praxis "noch wenig geprüft worden ist." All das führe dazu, gegenüber jenen, welche den Bruch mit der Bourgeoisie heute wagen, die "Latte zu hoch zu hängen".
Zwar gab es und gibt es Strömungen der "Italienischen Linken", welche von einer Art "Orthodoxie" innerhalb des Marxismus ausgehen und abgesehen von Marx, Engels und Lenin darüber hinaus gehende Beiträge anderer Marxisten bzw. Massenkämpfe (etwa die Einsichten Rosa Luxemburgs und Anton Pannekoeks oder bestimmte Lehren der Deutschen Revolution) davon ausschließen. Diese Sichtweise ist in der Tat kaum dazu geeignet, Leuten, welche zuvor Stalin, Mao oder Trotzki blind angebetet hatten, zu helfen, mit ihrer Vergangenheit zu brechen.
Für die Italienische Fraktion der 30er Jahre hingegen gehörte die Gesamtheit der grundlegenden Erfahrungen der Arbeiterklasse sowie die auf marxistischer Grundlage gewonnenen theoretischen Einsichten zum programmatischen Erbe des Proletariats. Aus dieser Sicht gibt es kein von der restlichen Geschichte der Arbeiterbewegung abgesondertes "Programm des Linkskommunismus", sondern allein ein lebendiges, sich fortentwickelndes Programm und einen Erfahrungsschatz des Proletariats, wozu die sog. Linkskommunisten einen sehr wichtigen Beitrag geleistet haben. Deshalb ist es aus unserer Sicht auch nicht zutreffend, dass diese Positionen in der Praxis noch wenig überprüft worden seien. Beispielsweise waren die Lehren, welche die Linkskommunisten in den 20er und 30er Jahren gezogen hatten, das Ergebnis der Massenkämpfe und die Erfahrungen der Niederlage der revolutionären Welle am Ende des 1. Weltkriegs.J edenfalls ist es richtig, dass auch die bestehenden revolutionären Organisationen mitverantwortlich dafür sind, die bestmöglichen Bedingungen dafür zu schaffen, damit der Bruch mit der Bourgeoisie auch gelingen kann. – Fortsetzung folgt. – IKS
Am 11. Dezember fand die dritte Veranstaltung des Internationalen Büros für die Revolutionäre Partei (IBRP) des Jahres 2004 in Berlin statt. Diesmal fungierte die Gruppe Internationale Sozialisten (GIS) als einladende Gruppe. Die Einladungsplakate gaben an, dass das IBRP zum Thema Klassenkampf referieren würde. Auf der Veranstaltung wurden zwei Referate gehalten. Das IBRP hielt das Einleitungsreferat zum Thema Klassenkampf, Krise und Neuzusammensetzung der Klasse. Über die Agenda 2010, Hartz IV und die Streiks und Demonstrationen in Deutschland sprach ein Sympathisant des IBRP aus Österreich. Wir werden uns in diesem Artikel auf das Referat des IBRP konzentrieren sowie auf die sich anschließende Diskussion - welche auch den Großteil der Gesamtdebatte ausmachte.
Anwesend waren zeitweise etwas mehr als 20 Genossinnen und Genossen, darunter Leute von der GIS sowie von den Freunden der klassenlosen Gesellschaft, ein ehemaliges Mitglied der Gruppe Aufbrechen (der jetzt bekennender Sympathisant des IBRP ist) sowie einige Mitglieder eines Diskussionszirkels aus Köln (darunter Sympathisanten der IKS). Leider fehlten viele GenossInnen aus Berlin, welche in den letzten paar Jahren sich für linkskommunistische Positionen zu interessieren begonnen haben. Dafür waren einige neue Personen erschienen, von denen allerdings kaum eine bis zum Schluss blieb.
Die Einleitung des IBRP beinhaltete sehr viel,
mit dem die IKS übereinstimmt. Deshalb beschäftigte sich der erste
Diskussionsbeitrag unserer Organisation ausschließlich damit, diese
Aussagen aus der Einleitung zu unterstützen. Diese Übereinstimmungen
betrafen vor allem die Einschätzung des Klassenkampfes. Das Referat
wies darauf hin, dass es derzeit eine Belebung der Kampfbereitschaft
der Arbeiterklasse gibt, dass aber diese Kämpfe ganz überwiegend
isoliert bleiben. Der Genosse des IBRP kam auf das Beispiel des
Bergarbeiterstreiks Mitte der 80er Jahre in Großbritannien zurück, um
zu unterstreichen, dass isolierte, auf einzelne Sektoren der Klasse
beschränkte Kämpfe für die Bourgeoisie in der Regel gut kontrollierbar
sind, und dass eine Ausdehnung und Generalisierung des Widerstands
erforderlich ist, um das Kräfteverhältnis zu Gunsten des Proletariats
zu verändern. Der Bergarbeiterstreik habe außerdem gezeigt, dass der
Klassenfeind auf die Kämpfe der Arbeiterklasse vorbereitet ist, eine
eigene Strategie dagegen besitzt und in der Lage ist, sehr geschickt
vorzugehen.
Die Schwierigkeiten der Arbeiterklasse wurden in einen historischen Rahmen gestellt. Da die Bourgeoisie den Zusammenbruch des Ostblocks als ein "Scheitern des Kommunismus" hinstellen konnte, leidet die Klasse an einem Verlust des Selbstvertrauens und der Klassenidentität, wodurch sie für Klassen übergreifende Ideologien anfälliger wird. Auch die Angst vor der Massenarbeitslosigkeit mache es nicht immer einfach, in den Kampf zu treten. Mit Hinweis auf die Erfahrungen der englischen Arbeiterklasse wies das IBRP darauf hin, dass es für das Proletariat schwieriger ist, gegen Entlassungen und Werkschließungen als um die Höhe des Lohns zu kämpfen.
Die Einleitung stellte diese Entwicklung im Rahmen der Krise des Kapitalismus dar, welche nun 30 Jahre andauere und durch den Fall der Profitrate verursacht sei. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts habe der Kapitalismus drei Akkumulationszyklen durchlaufen, die durch neue Arbeitsorganisationen und Technologien geprägt gewesen seien. Die ersten beiden Zyklen seien durch die beiden Weltkriege abgeschlossen worden. Durch technologische Erneuerungen und Angriffe auf die Arbeiterklasse sei es zwar gelungen, die Profitrate zeitweise wieder anzuheben, nicht aber, einen neuen Akkumulationszyklus einzuleiten.
Diese Sicht der Krise teilt die IKS nicht. Denn das marxistische Konzept der Dekadenz des Kapitalismus wurde dabei vollkommen außer Acht gelassen. Außerdem wird für das System die Möglichkeit eingeräumt, durch eine Kapitalzerstörung großen Ausmaßes eine neue Blütezeit des Kapitalismus einzuleiten. Mit anderen Worten, die historische Sackgasse der kapitalistischen Produktionsweise von heute wird verneint.
Dennoch sind wir während der Veranstaltung nicht auf diese Fragen eingegangen. Denn wir haben bereits bei den letzten Veranstaltungen des IBRP in Berlin und Paris die Sichtweise des Büros hierzu ausführlich kritisiert (siehe Weltrevolution 126 und 127). Außerdem wollten wir uns an die Ankündigungen der Veranstalter selbst halten, welche die Fragen des Klassenkampfes in den Mittelpunkt gestellt hatten.
Es bleibt noch anzumerken, dass die einleitenden Ausführungen sich fast ausschließlich mit den Arbeiterkämpfen in Großbritannien und Italien befassten. Dabei gab es aus unserer Sicht eine deutliche Tendenz, sowohl das Niveau der Kämpfe in diesen beiden Ländern als auch den Einfluss der Revolutionäre darauf zu überschätzen. So erfuhren die zum Teil erstaunten Teilnehmer, dass die Intensität der Berichterstattung über den Klassenkampf in den Publikationen des IBRP in der letzten Zeit ein Ausmaß erreicht habe, das einmalig in den letzten 20 Jahren sei. Dies sei ein deutliches Zeichen für die wachsende Kampfbereitschaft der Klasse und sehr ermutigend.
Wir lassen es dahingestellt, inwiefern die Häufigkeit der Berichterstattung von Seiten des IBRP ein verlässlicher Gradmesser für die Kampfkraft der Klasse sein kann. Noch auffallender war für uns die Behauptung im Einleitungsreferat, dass während des besagten englischen Bergarbeiterstreiks Mitglieder des IBRP direkt beteiligt waren an Versuchen, den Kampf auszudehnen. Wir haben bereits während der Veranstaltung unsere Überraschung über diese Aussage zum Ausdruck gebracht. Am meisten hat uns die Bescheidenheit des IBRP erstaunt, erst jetzt, nach 20 Jahren, die Öffentlichkeit über diese Aktivitäten seiner Militanten zu informieren. Aber vielleicht ist damit eher die allgemeine, politische Teilnahme am Kampf für die Ausdehnung mittels Flugblätter und die revolutionäre Presse gemeint. In diesem Fall ist es aber unverständlich, weshalb von einzelnen Mitgliedern und nicht von dem IBRP als Organisation die Rede ist.
Das Ganze erinnerte uns ein wenig an frühere Zeiten, als kaum eine aus dem "Ausland" stammende politische Organisation gegenüber einem in Sachen Klassenkampf unerfahrenen deutschen Publikum der Versuchung widerstehen konnte, durch eine Übertreibung der Kämpfe im "eigenen Land" sowie der Wirkung der eigenen Intervention Eindruck zu schinden. Allein, die Zeiten haben sich geändert. Im letzten Jahr jedenfalls fanden die international wichtigsten Arbeiterkämpfe eindeutig nicht in Italien oder Großbritannien, sondern in Deutschland statt.
Was für Kontroversen in der anschließenden Diskussion sorgte, war v.a. die am Ende des Referates aufgestellte Perspektive des Klassenkampfes. Das IBRP betonte zunächst die Notwendigkeit der Entwicklung des Klassenbewusstseins sowie der Entdeckung der eigenen Stärke. Anschließend sprach es in diesem Zusammenhang von der Notwendigkeit der Entwicklung neuer Organisationsformen der Arbeiterklasse. In den Zeiten des "Fordismus" sei es Praxis des IBRP gewesen, so genannte Fabrikkomitees zu bilden, die sowohl Mitgliedern als auch Nicht-Mitgliedern offen standen. Mit der Abkehr von den großen Produktionsstätten und ihrer Verlagerung in die Dritte Welt sei der Arbeiterklasse die Möglichkeit genommen, ihren Kampf von den Großbetrieben aus zu starten. Daher sei es heute notwendig, das Hauptaugenmerk auf die Bildung so genannter Territorialkomitees zu legen.
Kontrovers war aber vor allem die Behauptung des IBRP, dass die bereits erwähnten Fabrik- bzw. Territorialkomitees ein Hauptmittel der Generalisierung der Kämpfe werden sollen.
Gleich zu Beginn der Diskussion stellte eine junge Frau die Frage nach der Zweckmäßigkeit der sog. Territorialkomitees, die nach ihrer Auffassung in gewisser Weise in einem Gegensatz zur aktuellen Entwicklung des Klassenkampfes stünden. Schließlich seien die Streiks von FIAT/Melfi und Opel Bochum doch Ausdruck des alten, von den Großbetrieben ausgehenden Kampfes. Wir sollten einfügen, dass auch das anschließend von dem Genossen aus Österreich gehaltene Referat über die jüngsten Kämpfe in Deutschland sehr deutlich auf die große Rolle der Belegschaften von Großbetrieben wie Daimler oder Opel hingewiesen hat.
Der Genosse des IBRP räumte daraufhin ein, dass eine Wiederbelebung der Fabrikkomitees, von denen - nach seinen Angaben - das IBRP erst eines gebildet habe, durchaus möglich sei. Auf die Frage einer Sympathisantin der IKS, wer die Streiks der Arbeiterklasse organisiere, die revolutionäre Organisation oder die kämpfenden Arbeiter selbst, antwortete der Vertreter des IBRP, diese Fragestellung sei abstrakt. Aufgabe der Partei wie der Territorialkomitees sei es, die Streiks über die Grenzen hinweg in andere Länder zu tragen.
Ein anderer Teilnehmer, welcher sich im Übrigen selbst als Antileninist bezeichnete, vertrat die Auffassung, dass die Revolutionäre am ehesten zur Ausdehnung der Kämpfe beitragen könnten, nicht indem sie willkürlich irgend welche Komitees bilden, sondern indem sie innerhalb der bestehenden Kämpfe das Endziel einer anderen Gesellschaft hochhalten.
Auch der Sympathisant des IBPR aus Berlin hinterfragte dieses Konzept, wenn auch von einer anderen Warte aus. Er wollte wissen, weshalb eine solch starke Organisation wie das IBRP überhaupt die Vermittlung ähnlicher Komitees nötig habe, um die Ausdehnung und Generalisierung anzuführen.
Die IKS wertete die Perspektive der Generalisierung der Kämpfe mittels der Komitees des IBRP entweder als Bluff oder als Ausdruck der Panik, d.h. des schwindenden Vertrauens des Büros in die revolutionäre Kraft der Arbeiterklasse. Wir wiesen darauf hin, dass unsere eigene Organisation nur über sehr bescheidene Mittel und über einen sehr geringen Einfluss heute verfügt, dass aber das IBRP leider noch viel kleiner sei und über noch wesentlich bescheidenere Mittel verfüge. Wenn die Ausdehnung und Generalisierung auch nur teilweise vom Organisationstalent des IBRP abhinge, wäre es wahrlich schlecht bestellt um die Perspektiven des Klassenkampfes. Das IBRP hat außerdem selbst darauf hingewiesen, wie wenig Erfolg es in den letzten Jahren mit seinen Komitees hatte! Hier wärmt das IBRP die alten substitutionistischen Vorstellungen aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg wieder auf, denen zu Folge die Revolutionäre die Arbeiterkämpfe organisieren sollen. Dabei war es eines der Verdienste der Kommunistischen Linken, darauf hingewiesen zu haben, dass in der Niedergangsphase des Kapitalismus die Revolutionäre erst in einer unmittelbar vorrevolutionären Lage einen Ausschlag gebenden Einfluss auf den Verlauf der Arbeiterkämpfe gewinnen können. Dabei besteht ihre Aufgabe in der Dekadenzphase insgesamt darin, nicht mehr die Arbeiterkämpfe zu organisieren, sondern sich an die Spitze der Bemühungen der Arbeiterklasse zu stellen, ihre Kräfte zu vereinigen. Es fiel uns auf, dass das Referat des IBRP kein Wort über das Phänomen der unterirdischen Bewusstseinsentwicklung verlor, das heute innerhalb der Klasse feststellbar ist.
Darauf antwortete das IBRP, dass das, was die Arbeiterklasse spontan zur Ausdehnung der Kämpfe beitrage, ruhig der Klasse selbst überlassen werde könne. Für uns als Revolutionäre müsse es vor allem um die Frage gehen, welchen Beitrag wir dazu leisten. Die IKS teilt nicht die Auffassung, welche die Aufgabe der Revolutionäre vom Geschehen innerhalb der Klasse insgesamt dergestalt abtrennt. Denn die Bemühungen des Proletariats um seine Vereinigung gehen keineswegs nur spontan vonstatten und benötigen die Unterstützung der Revolutionäre, nicht zuletzt um die Gegenstrategien der Bourgeoisie zu konterkarieren.
Anstatt Zeit damit zu vergeuden, an phantasievollen Strukturen herumzubasteln, welche lediglich den Anschein einer Intervention erwecken, sollten die Revolutionäre von der Realität ausgehen und erkennen, dass die klassischen Mittel der Vereinigung der Arbeiterkämpfe wie Massenversammlungen, fliegende Streikposten, überbetriebliche Streikkomitees und gemeinsame Straßendemonstrationen weiterhin auf der Tagesordnung der Geschichte stehen.
Eine andere Sympathisantin der IKS wies darauf hin, dass die vom IBRP vorgeschlagenen Komitees permanente Organisationen sein sollen, welche die Ausdehnung der Kämpfe organisieren sollen. Als solche weisen sie gewissermaßen einen gewerkschaftlichen Charakter auf. Denn die Organisierung der Abwehrkämpfe der Arbeiterklasse erst unmittelbar im Kampf ist historisch die Antwort des Proletariats auf die Unmöglichkeit der permanenten, gewerkschaftlichen Organisierung. Somit warf die Genossin auch die Gewerkschaftsfrage auf. Es sei ihr aufgefallen, dass das IBRP in seiner Presse die Gewerkschaften oft als Vermittler und als Verkäufer der Ware Arbeitskraft bezeichne. Die Genossin wollte also wissen, ob das IBRP nicht, oder nicht mehr, die Auffassung vertritt, dass die Gewerkschaften als ehemalige Organisationen der Arbeiterklasse mit dem Eintritt des Kapitalismus in seine Dekadenzphase ihren Klassencharakter geändert haben. Die Genossin erinnerte daran, dass die Änderung im Klassencharakter der Gewerkschaften geschichtlich nicht zuletzt daran abzulesen ist, wie diese Frage von den politischen Minderheiten eingeschätzt wurde. Zur Zeit der I. Internationalen lehnten alle kleinbürgerlich beeinflussten oder geschichtlich überholten Strömungen innerhalb der IAA (die von Bakunin, Blanqui, Proudhon, Lassalle) die Notwendigkeit des gewerkschaftlichen Kampfes ab, welche allein die Marxisten konsequent vertraten. In der heutigen Zeit hingegen sind es allein die konsequenten Marxisten, welche den bürgerlichen Charakter der Gewerkschaften erkennen.
Das IBRP erklärte in seiner Antwort, dass die von ihr vertretenen Komitees gar nicht permanent genug sein können. Um die Gefahr neuer Gewerkschaften herunterzuspielen, wies der Genosse des IBRP auf die bis dato fast vollständige Erfolglosigkeit der Bemühungen des IBRP hin, solche Komitees überhaupt zu Stande zu bringen und am Leben zu erhalten. (Man muß sich immerhin wundern über eine Taktik, deren Unschädlichkeit durch ihre Verteidiger dadurch bewiesen werden muss, indem sie auf deren Vergeblichkeit hinweisen!)
Aber auch die programmatische Standhaftigkeit des IBRP soll verhindern, dass gewerkschaftsähnliche Organisationen daraus werden.
Was es mit der besagten programmatischen Standfestigkeit des Büros auf sich hat, erwies sich wenig später, als das IBRP daran ging, auf die Frage der Einschätzung der Gewerkschaften zu antworten. Wie die IKS in einer späteren Intervention aufzeigte, tat der Vertreter des IBRP so, als ob er die Frage der Genossin nicht verstanden habe. Denn er ging mit keinem Wort auf die Frage der Dekadenz ein und behandelte die Sache so, als ob die Position der Kommunistischen Linken zur Gewerkschaftsfrage im Prinzip dieselbe sei wie die von Marx im 19. Jahrhundert. Während die CWO, der britische Ableger des IBRP, einst eine leidenschaftliche Vertreterin der Theorie der Dekadenz sowie der Auffassung war, dass die Gewerkschaften in der Niedergangsphase zu Waffen der Bourgeoisie geworden sind, ist das IBRP insgesamt nun dabei, seine bisherige Position zu diesen beiden Grundfragen stillschweigend zu ändern.
Auch Fragen bezüglich der Organisation der Revolutionäre tauchten mehrfach im Verlauf dieser Veranstaltung auf. Als beispielsweise der "antileninistische" Genosse für die Vielfalt der politischen Überzeugungen eintrat, antwortete das IBRP darauf, dass die Partei keine Organisation von Führern und Geführten sei. Das IBRP lehnte eine zu strenge Kohärenz der revolutionären Organisation ab, da eine solche Kohärenz ihren Mitgliedern keinen Spielraum für Divergenzen lasse. Der Sympathisant des Büros in Österreich hingegen wandte sich ausdrücklich gegen den Parteienpluralismus. Ziel sei eine einheitliche Partei als Ausdruck der Einheit der Arbeiterklasse. Dies sei keine repressive Einheit, sondern erlaube offene Diskussionen. Der Genosse beklagte in diesem Zusammenhang die große Zersplitterung der Revolutionäre von heute.
Am Ende der Veranstaltung wiesen wir auf die Tatsache hin, dass seit Wochen auf der Website des IBRP eine "Erklärung" eines angeblichen Zirkels aus Argentinien prangte (1), welche nichts als Lügen und Verleumdungen zum Inhalt hat - wie wir bereits ausführlich belegt haben. Wir richteten in diesem Zusammenhang drei Fragen an das IBRP: Erstens, ob es inzwischen selbst eingesehen hat, dass diese "Erklärung" nichts als Lügen beinhaltet. Zweitens, ob das Büro bereit sei, dazu eine Richtigstellung zu veröffentlichen, worin steht, dass es ein großer Fehler gewesen ist, diesen Text verbreitet zu haben. Drittens, ob das IBRP mit uns darin übereinstimmt, dass nicht allein programmatische Positionen, sondern auch die Notwendigkeit, der Arbeiterklasse stets die Wahrheit zu sagen, ein programmatisches Klassenprinzip sei.
Da es nicht möglich war, dieses Thema im Rahmen dieser Veranstaltung weiter zu diskutieren, verwiesen wir auf den "Offenen Brief der IKS an die Mitglieder des IBRP" (2), den wir am Ende der Veranstaltung in mehreren Sprachen verteilten, in dem der Betrug des so genannten Circulo offen gelegt wird. Was das IBRP
selbst betrifft, so beschränkte es sich darauf, bekanntzugeben, dass es etwas später, in schriftlicher Form, auf unseren Offenen Brief antworten würde. Diese Erklärung wurde durch die Ankündigung ergänzt, der IKS eine Lektion zu erteilen, wenn sie darauf bestehe - aber nicht jetzt.
Es bleibt noch hinzuzufügen, dass das Büro inzwischen seine Antwort auf unseren Offenen Brief (auf seiner Website) tatsächlich veröffentlicht hat. Darin steht, dass das IBRP.... nicht vor hat, der IKS zu antworten.
Wir finden, dass diese Antwort klar genug ist. Das IBRP antwortet nicht - weil es keine Antwort weiß.
Heute steht eine neue Generation von Arbeitern vor einer sich zuspitzenden Wirtschaftskrise, die eine Reihe von massiven Angriffen auf die Soziallöhne, die Lebens- und Arbeitsbedingungen und Massenentlassungen mit sich bringen wird. Eine neue Generation hat angefangen, sich mit Politik zu befassen, und dies unter neuen und anderen Bedingungen als die Generation, die aus dem historischen Wiedererstarken der Arbeiterklasse 1968 hervorgegangen war. Vor allem muss die neue Generation sich mit den Fragen befassen, vor denen die Arbeiterklasse stand, aber unfähig war, während der Welle von Kämpfen in den 80er Jahren eine Antwort darauf zu finden: Wie setzt man sich gegen Massenentlassungen zur Wehr? Wie kann die Solidarität der Arbeiter alle Spaltungen zwischen Betrieben, Branchen und Staaten überwinden? Und vor allem welche Antwort kann die Arbeiterklasse gegenüber der schrecklichen Zukunft, die uns der Kapitalismus bereithält, anbieten?
Es waren genau diese Fragen, die während der Diskussion aufgeworfen wurden. Wenn diese Veranstaltung eines gezeigt hat, dann dies, dass das IBRP völlig unfähig ist, darauf Antworten zu liefern. Das IBRP bekräftigt die Notwendigkeit der Entwicklung neuer Organisationsformen der Arbeiterklasse. Schön und gut, aber was hat denn das IBRP anzubieten? Nichts, rein gar nichts, sondern eine Wiederaufwärmung seines alten Rezeptes zur Intervention in der Arbeiterklasse: die sog. Fabrikkomitees. Und auf die Frage, ob es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass die Fabrikkomitees sich nicht zu einer anderen, arbeiterfeindlichen Gewerkschaft entwickeln könnten, war seine einzige Antwort, dass diese Gefahr nicht bestünde, da diese Komitees so gut wie nie bestanden hatten und dass seine gesamte Strategie zumindest in den letzten 15 Jahren gescheitert ist. Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so tragisch wäre.
Weltrevolution, Januar 2005
Fussnoten:
(1) Es handelt sich um die "Erklärung" vom 12 Oktober 2004 mit der Überschrift "Gegen die ekelerregenden Methoden der IKS", welche hinter dem Rücken der Mitglieder der argentinische Gruppe NCI, aber in ihrem Namen, verfasst wurde (2) Dieser "Offene Brief an die Mitglieder des IBRP" sowie eine Reihe von Texte und Erklärungen der IKS zu den feigen Angriffen gegen unsere Organisation sind auf unsere Website auf Deutsch und in vielen anderen Sprachen nachzulesen.
Die Gewerkschaften in der Schweiz haben im Sommer 2004 einen heißen Herbst angekündigt. Dass sie damit ihre eigenen Veranstaltungen meinten und kein Interesse daran haben, dass sich die Arbeiter gemeinsam und wirklich gegen die zugespitzte Ausbeutung wehren, stellten wir bereits in der letzten Ausgabe der Weltrevolution dar (Nr. 127, Wo ist der heiße Herbst geblieben?).
Trotzdem kam es im Spätherbst in der Schweiz zu einer Reihe von zwar nicht spektakulären, aber trotzdem bedeutsamen Arbeiterkämpfen, die eine Antwort auf die Verschärfung der wirtschaftlichen Krise darstellten. Bezeichnenderweise fanden diese Streiks in den offiziellen Medien kaum ein Echo. Auch die Gewerkschaften unternahmen nichts, um ihnen über den lokalen Raum hinaus eine Öffentlichkeit zu geben; dafür hängten alle Tageszeitungen und Fernsehstationen eine Blockadeaktion der Gewerkschaft Kommunikation bei der Paketpost an die große Glocke - eine vierstündige Aktion von gut 200 Gewerkschaftern im gleichen Zeitraum (November 2004). Je selbständiger sich die Arbeiter wehren und je weniger die Gewerkschaften von A-Z das Heft in der Hand haben, desto geringer ist die Bereitschaft der bürgerlichen Medien, darüber zu berichten. Um so wichtiger ist es, diese Kämpfe hier zur Sprache zu bringen und dabei auch zu versuchen, eine Bilanz ziehen - sowie Lehren für die künftigen Kämpfe.
Piatti, Swissmetal, Filtrona und weitere
Einer der ersten Streiks, der diese Serie im Spätherbst 2004 ankündigte, war derjenige beim Küchenbauer Bruno Piatti AG in Dietlikon/ZH. Am 18. Oktober traten die Angestellten der Abteilung Spedition wegen bevorstehender Lohnkürzungen in einen Streik. Arbeiter aus anderen Abteilungen des Unternehmens solidarisierten sich mit ihren Kollegen und schlossen sich dem Kampf an. Am Abend des gleichen Tages nahm die Piatti AG die geplante Lohnkürzung zurück.
Der größte Streik mit rund 400 Arbeitern fand vom 16. bis am 25. November 2004 beim Buntmetall-Hersteller Swissmetal statt. Der Chefmanager der Swissmetal-Gruppe in Olten feuerte den Bereichsleiter Industrie in Reconvillier/BE. Gleichzeitig sollten die Löhne und die Arbeitszeiten weiter flexibilisiert werden, nachdem die Bedingungen schon seit mindestens einem Jahr laufend verschlechtert worden waren: Abschaffung medizinischer Beratung, Kürzung diverser Lohnbestandteile usw. Der Kampf begann mit einer Demonstration im Betrieb, worauf die ganze Belegschaft in den Streik trat, als die sofortige Freistellung des Bereichsleiters bekannt wurde. Die Gewerkschaft Unia schaltete sich ein und führte ab dem 19. November Verhandlungen mit der Geschäftsleitung der Swissmetal. Am 24. November kam es im Dorf, das etwa 2500 Einwohner hat, zu einer Demonstration von 4000 Leuten zur Unterstützung der Streikenden. Nachdem ein erster Vereinbarungsvorschlag der Gewerkschaft und der Unternehmensleitung von der Belegschaft abgelehnt worden war, trat die kantonale Volkswirtschaftsdirektorin Elisabeth Zölch als "Vermittlerin" auf. Am 25. November einigten sich die Gewerkschaft und der Verwaltungsrat der Swissmetal auf eine Vereinbarung, die vorsah, dass der Standort Reconvillier erhalten bleiben soll, dass das dortige Werk von einem eigenen Werksdirektor geleitet wird und dass über den Lohn mit der Gewerkschaft weiter verhandelt wird.
Einen Streik unter schwierigsten Bedingungen haben die 150 Arbeiter der Filtrona in Crissier/VD am 29. November begonnen. Es geht hier um die Schließung des Betriebes, der Zigarettenfilter herstellt. Bereits während des Streiks wurden die Maschinen abtransportiert. Heute, bei der Fertigstellung dieses Artikels, ist der Kampf immer noch im Gang. Andere kleine Streiks erwähnen wir aus Platzgründen nicht.
Auch das Personal des öffentlichen Dienstes protestiert in den verschiedenen Kantonen immer wieder im Rahmen von Kundgebungen, zu denen die gewerkschaftlichen Personalverbände aufrufen, aber natürlich nie gemeinsam, sondern immer schön örtlich und zeitlich verzettelt.
Die Bedeutung der Kämpfe der letzten Monate
Es ist unverkennbar, dass die Kampfbereitschaft in der Arbeiterklasse zunimmt. Bereits vor einem Jahr sahen wir in der Schweiz eine Zunahme von Kämpfen - eine Tendenz, die sich seither bestätigt hat. Dass sich diese gegenwärtig nicht in spektakulären Formen ausdrückt, kann uns nach der langen Zeit des Rückflusses im Arbeiterkampf nicht verwundern.
Die Anzahl und die Größe der Streiks sind immer noch bescheiden, gemessen an den massiven Angriffen, denen wir unaufhörlich ausgesetzt sind. Auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern steht die Schweiz sicher nicht an der Spitze der Kampfbereitschaft. Doch dies ist nicht der entscheidende Punkt. Wesentlich ist die Dynamik, die seit rund einem Jahr erkennbar ist: Es gibt ein langsames Erwachen, das zwar noch auf Hindernisse stößt; es wird auch Rückschläge geben; aber die Arbeiterklasse ist daran, sich wieder als solche zu Wort zu melden und ihre Identität zurück zu gewinnen.
Nicht nur von der Anzahl und der Größe der Streiks her sollten wir realistisch bleiben, sondern auch was ihren Grad der Selbstorganisierung betrifft. Die oben beschriebenen Kämpfe sind zwar in ihrer Mehrheit aufgrund der eigenen Initiative der betroffenen Arbeiter und Arbeiterinnen begonnen worden. Doch im Normalfall waren die Gewerkschaften sofort zur Stelle und übernahmen das Zepter im Namen der Streikenden. Viele der kämpferischen Arbeiterinnen und Arbeiter, haben immer noch Hoffnungen in die Gewerkschaften und rufen sie zu Hilfe. Die Gewerkschaften werden noch nicht verbreitet in Frage gestellt und als unverzichtbarer Teil des Ausbeutungssystems erkannt. In den oben angeführten Streiks spielten die Gewerkschaften meist von Beginn weg eine mehr oder weniger aktive Rolle. Diesbezüglich hat sich also auf den ersten Blick noch nicht viel verändert.
Doch bei genauerem Hinsehen stellt man doch eine Veränderung in der Strategie der Gewerkschaften fest - eine Veränderung, die Rückschlüsse auf die Kampfbereitschaft in der Klasse selbst zulässt. Im Herbst 2002 veranstalteten die Gewerkschaften mit viel Tamtam den Bauarbeiterstreik, über den wir auch in der Weltrevolution berichteten (Nr. 115: Die Salami-Taktik der Gewerkschaften). Damals bestand das Ziel der Gewerkschaft Bau und Industrie (heute: unia) offensichtlich darin, "die Arbeiter daran zu hindern, selbständig den Kampf zu beginnen. Sie sollen nach dem Willen der Bourgeoisie (und die Gewerkschaften gehören dazu) möglichst getrennt voneinander, in kleinen Tranchen und zeitlich gestaffelt etwas Luft ablassen" (aus dem Artikel in Weltrevolution Nr. 115). Die Gewerkschaften besetzten also vor zwei Jahren vorzeitig das Terrain, um zu verhindern, dass die Arbeiter selber die Initiative ergriffen. Bei den Kämpfen der letzten Monate ist aber unverkennbar, dass sich in diesem Punkt etwas verschoben hat: Der Impuls geht jetzt vermehrt von den Arbeitern aus (die Ausnahme ist die Blockadeaktion bei der Post); die Gewerkschaften sind zwar gleich zur Stelle, aber im Gegensatz zum Bauarbeiterstreik vor zwei Jahren zurückhaltend mit der Werbetrommel. Es geht ihnen also nicht mehr um vorbeugende Kampagnen, sondern darum, die reifere Kampfbereitschaft möglichst umgehend zu kontrollieren.
Die Gewerkschaften werden auch vermehrt gezwungen sein, in den Kämpfen als Saboteure aufzutreten, doch geschieht dies im Moment noch verdeckt. In den hier aufgeführten Fällen kam es vor, dass die Belegschaften Verhandlungsergebnisse ablehnten. Die Gewerkschaften mussten teilweise auf Druck der Arbeiter "bessere" Ergebnisse herausholen. Beim Swissmetal-Streik überließ man aber schließlich die Verhandlung über die gestellten Lohnansprüche weiteren Treffen zwischen der Geschäftsleitung und der Personalvertretung, sprich: der Gewerkschaft. Damit verloren die Arbeiter und Arbeiterinnen definitiv die Kontrolle über ihre Forderungen. Mitte Dezember 2004 konnte man in den Zeitungen lesen, dass die Löhne bei Swissmetal 2005 um durchschnittlich 1,8 Prozent erhöht werden, was weniger ist als die Teuerung über zwei Jahre.
Die Arbeiter und Arbeiterinnen verlassen sich zwar noch auf die Gewerkschaften, aber sie haben auch eine Erwartungshaltung, die es für die Gewerkschaften schwieriger macht, ihrem angeblichen Anspruch auf Interessensvertretung gerecht zu werden. Die Erfahrungen aus diesen und den künftigen Kämpfen werden dazu führen, dass die Gewerkschaften vermehrt in Frage gestellt werden.
Wichtig ist auch der Kampf bei Filtrona. Die Arbeiter wurden vor eine vollendete Tatsache gestellt: Der Betrieb wird geschlossen. Hier geht es plötzlich um weit mehr als die Erhaltung des bisherigen Standards. Die Auslagerung der Produktion und die Schließung von Fabriken zeigt den Bankrott des kapitalistischen Systems und die Notwendigkeit seiner Überwindung auf. Solange nach der Logik der Profits gearbeitet und produziert wird, gibt es auf der einen Seite je länger je mehr Arbeitslose, auf der anderen Seite immer größeren Stress für die noch Beschäftigten.
Die Perspektiven
Viele Arbeiter und Arbeiterinnen kämpfen heute zwar mit dem Rücken zur Wand. Zuerst bleibt scheinbar und im besten Fall noch die Verteidigung des bisherigen Zustands.
Entscheidend ist aber, dass in diesen Kämpfen die Klassenidentität zurück gewonnen wird und die Solidarität mit anderen Arbeitern zum Tragen kommt. Dass dabei die gewerkschaftliche Kontrolle abgeschüttelt werden muss, ist eine der Erfahrungen aus den Kämpfen in den 1970er und 80er Jahren.
"Das Mittel, welches wir angesichts des jetzigen Standes der Angriffe des Kapitals benötigen, ist der Massenstreik aller Betroffenen. Eine solche Abwehraktion der gesamten Arbeiterklasse wäre imstande, den Lohnabhängigen das Selbstvertrauen zu geben, um der Arroganz der Herrschenden zu trotzen. Darüber hinaus können massive Mobilisierungen dazu beitragen, das gesellschaftliche Klima zu verändern, indem die Notwendigkeit erkannt wird, die Bedürfnisse zur Leitlinie gesellschaftlichen Handelns zu machen. Diese Infragestellung des Kapitalismus wiederum würde die Entschlossenheit der Beschäftigten und Erwerbslosen steigern, ihre Interessen jetzt schon zu verteidigen.
Natürlich sind solche massiven, gemeinsamen, solidarischen Aktionen heute noch nicht durchführbar. Das bedeutet aber keineswegs, dass man jetzt nichts unternehmen und nichts erreichen kann. Doch ist es notwendig zu erkennen, dass der Streik nicht die einzige Waffe des Klassenkampfes ist. Alles, was heute schon das Erkennen der Gemeinsamkeit der Interessen aller Lohnabhängige fördert, und alles, was die Tradition der Arbeitersolidarität wieder belebt, erschreckt die herrschende Klasse, macht sie in ihren Angriffen weniger forsch und selbstsicher, steigert die Bereitschaft des Gegners, hier und da tatsächliche Zugeständnisse, zumindest vorübergehend, zu gewähren." (abgedruckt in Weltrevolution Nr. 127)
HA/MI, 17.01.05
Fussnote:
1) vgl. die IKS-Broschüre Die Gewerkschaften gegen die Arbeiterklasse
Das Jahr 2004 ging mit einer gewaltigen menschlichen Tragödie in Südasien zu Ende. Das außergewöhnlich starke Seebeben hat im Indischen Ozean eine Flutwelle mit Zerstörungen in mehr als einem Dutzend Anrainerstaaten ausgelöst. Innerhalb von wenigen Stunden riss die Flutwelle mehr als 160.000 Menschen in den Tod, Zehntausende sind noch verschwunden, Hunderttausende verletzt, fünf Millionen Menschen obdachlos. Diese schreckliche Bilanz ist bislang nur eine vorläufige, denn viele Gebiete, insbesondere in Indonesien, Thailand und Sri Lanka sind nicht zugänglich, da das gesamte Straßennetz zerstört wurde.
In den Küstengebieten wurden ganze Dörfer ausgelöscht, unzählige Fischerboote sind beschädigt und das Salzwasser hat die Felder für die Landwirtschaft zerstört, womit mehr als 5 Mio. Menschen ohne Dach, ohne Essen, ohne Trinkwasser dahinvegetieren, was wiederum nur noch neue Opfer fordern kann. So befürchten die Hilfsorganisationen tödliche Epidemien, mit Zehntausenden von Toten. Erneut sind die Ärmsten der Bevölkerung, darunter Lohnabhängige, die insbesondere in der Tourismusbranche arbeiten, die Hauptleidtragenden dieser Tragödie.
Der Kapitalismus ist der einzig Verantwortliche für diese menschliche Katastrophe
Wie bei jeder Katastrophe dieser Art beruft man sich auf die Hilflosigkeit der Menschen gegenüber der „Mutter Natur“, das Unglück, die Fatalität, oder auch die Rückständigkeit der betroffenen Länder, die keine Technik erwerben könnten, um solchen Naturkatastrophen vorzubeugen. Dummes Zeug und Lügen!
Warum und wie konnte ein Naturereignis wie Tsunamis, das dazu noch so gut bekannt ist, innerhalb von wenigen Stunden zu einer gesellschaftlichen Katastrophe mit solch einem Ausmaß werden?
Natürlich kann man dem Kapitalismus nicht vorwerfen, für das Seebeben verantwortlich zu sein, das diese gigantische Flutwelle ausgelöst hat. Dagegen kann man ihm die totale Nachlässigkeit und die Unverantwortlichkeit der Regierungen dieser Region der Welt und ihrer westlichen Gegenstücke vorhalten, die zu dieser gewaltigen menschlichen Katastrophe geführt haben.
Tatsache ist: Alle wussten, dass dieser Teil der Erde besonders erdbebengefährdet ist. „Die örtlichen Experten wussten jedenfalls, dass ein Drama im Anzug war. Im Dezember hatten indonesische Seismologen am Rande einer Physikertagung in Jakarta das Thema mit einem französischen Experten erörtert. Sie waren sich voll der Gefahr von Tsunamis bewusst, denn in diesem Teil der Erde kommt es ständig zu Beben“ (Libération, 31.12.04).
Nicht nur waren die Experten im Bilde, sondern auch der ehemalige Direktor des Internationalen Tsunami-Informationszentrums in Hawai, George Pararas-Carayannis, teilte mit, dass ein größeres Beben zwei Tage vor der Katastrophe vom 26. Dezember stattgefunden habe. „Der Indische Ozean verfügt über eine Basisinfrastruktur, um Maßnahmen gegen Beben zu treffen und Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen. Und niemand hätte überrascht sein sollen, denn am 24. Dezember war ein Beben mit der Größenordnung von 8,1 auf der Richterskala gemessen worden. Allein dadurch hätten schon die Behörden gewarnt sein sollen. Aber es fehlt vor allem der politische Willen der betroffenen Länder und eine internationale Abstimmung entsprechend den Maßnahmen, wie sie im Pazifik getroffen wurden“ (Libération, 28.12.04).
Niemand hätte überrascht sein dürfen und trotzdem ist das Schlimmste eingetreten. Aber die Nachlässigkeit der herrschenden Klasse hört da noch nicht auf!
Als der US-amerikanische Wetterdienst in Hawaii 15 Minuten nach dem Seebeben 26 Länder informierte, dass die Gefahr von Tsunamis nach dem Beben besteht, hat der japanische Wetterdienst diese Information an seine Nachbarn nicht weitergegeben, weil der Wetterbericht für Japan keinen Anlass zur Besorgnis gab.
In Indien ist der Generalstab der indischen Luftwaffe entsprechend informiert worden, aber die Luftwaffe muss einen streng hierarchischen und bürokratischen Meldeweg einhalten. Das Fax mit der Warnung ist bei der Weiterleitung verlorengegangen, denn der Wetterdienst besaß nicht die neue Faxnummer des Wissenschaftsministeriums, da diese seit der neuen Regierung im Mai 2004 geändert worden war! „Das gleiche Szenario in Thailand, wo der Wetterdienst keine nationale Warnung ausrufen wollte aus Angst, eine überflüssige allgemeine Panik zu verursachen. Dabei war ihm bekannt, dass um 8.10 h ein großes Seebeben eingetreten war, d.h. lange bevor die Tsunamis sich über die Küste bei Phuket ergossen“ (Libération, 31.12.04).
Das Prinzip der einfachen Vorsicht (ohne vom Prinzip der vorbeugenden Maßnahmen zu sprechen) hätte verlangt, dass man die Bevölkerung warnt. Auch ohne entsprechende technische Ausrüstung, über die die USA und Japan verfügen, standen ausreichend Informationen über die zu erwartende Katastrophe zur Verfügung, um zu handeln und Menschenleben zu retten.
Dies ist keine Nachlässigkeit, sondern eine kriminelle Politik, die die tiefgreifende Verachtung der herrschenden Klasse für die Bevölkerung und die Arbeiterklasse offenbart, die die Hauptopfer der bürgerlichen Politik der Regierungen vor Ort sind.
Tatsächlich gibt man sogar von offizieller Seite zu, dass keine Warnung ausgesprochen wurde, weil man Angst hatte.... die Tourismusbranche zu treffen! Mit anderen Worten: Um ihre schmutzigen ökonomischen und finanziellen Interessen zu schützen, wurden Zehntausende Menschenleben geopfert.
Dieses unverantwortliche Handeln der Regierungen verdeutlicht erneut die Lebensform dieser Räuberklasse, die das Leben und die Produktion in dieser Gesellschaft verwalten. Wenn es darum geht, die Ausbeutung und den kapitalistischen Profit aufrechtzuerhalten, sind die bürgerlichen Staaten bereit, so viele Menschenleben zu opfern.
Immer bestimmen die kapitalistischen Interessen die Politik der herrschenden Klasse, und im Kapitalismus ist die Vorbeugung keine rentable Angelegenheit, wie heute von den Medien eingestanden wird: „Die Länder in der Region haben sich bislang taub gestellt, wenn es darum ging, ein Warnsystem einzuführen, weil die Kosten zu hoch wären. Experten zufolge kostet ein Warnsystem mehrere Millionen Dollar, aber damit könnten mehrere Zehntausend Menschenleben gerettet werden“ (Les Echos, 30.12.04).
Wenn man in den Fernsehberichten Bilder von den Zehntausenden Toten, dezimierten Familien, Waisenkindern sieht, kann man nur zutiefst empört sein zu hören, dass die Regierungsstellen, die für diesen Massentod der Menschen verantwortlich sind, nun mit einem unglaublichen Zynismus ankündigen, man werde in Asien ein Erdbeben- und Tsunami-Warnsystem einführen, wie es schon in den USA und in Japan existiert.
Das menschliche Drama, das sich in Südasien abspielt, ist ein neuer Ausdruck dieser unglaublichen Barbarei eines Systems, das die Menschheit ins Verderben stürzt. Denn dieses niedergehende System ist der wahre Verantwortliche für die sich immer wiederholenden Katastrophen. Letztes Winter starben Zehntausende Menschen in einem Erdbeben im Iran, kurz davor kamen Unzählige in der Türkei, in Armenien ums Leben. Es wird zugelassen, dass sich Menschen in erdbebengefährdeten Gebieten ansiedeln, zudem noch in baufälligen Häusern, während heute die Technologie existiert, um zu verhindern, dass solche Naturereignisse diese Art gesellschaftliche Katastrophen hervorrufen.
Und wenn der Tsunami im Indischen Ozean auch so viele Opfer unter den Touristen hervorgerufen hat, muss man hervorheben, dass der Kapitalismus Ferienanlagen in der wildesten, planlosesten Manier errichtet hat, wobei Mangroven zerstört wurden, die als natürlicher Schutz dienen, die wellenbrechend wirken und auch die von den Flutwellen angespülten Gegenstände auffangen können.
Diesen gleichen Wahnsinn findet man in den Industriestaaten, wo man Wohnungen in gefährdeten Gebieten gebaut hat, die potenziell von Überschwemmungen heimgesucht werden können.
Mehr als je zuvor kann der Kapitalismus, weil er von der gnadenlosen Jagd nach Profiten und der Rentabilität der Betriebe und nicht für die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse lebt, nur noch neue Katastrophen hervorbringen. Während in der aufsteigenden Phase des Kapitalismus die Entfaltung eines gewaltigen technologischen und industriellen Potenzials möglich gewesen war, und dieser zu einer gewissen Beherrschung der Kräfte der Natur neigte, ist das in seinem Niedergang befindliche System nicht mehr in der Lage, die Menschheit voranzubringen. Anstelle dessen scheint die Natur sich „das zu zurückzunehmen“, was ihr genommen wurde, obgleich die Entwicklung der Technik es ermöglichen könnte, dass die Menschheit mit ihr in Harmonie lebt.
Der Kapitalismus ist heute ein im Zerfall befindliches System. Er ist zu einer Fessel und einer Bedrohung für das Überleben der Gattung Mensch geworden. Den auf Teilaspekte beschränkten, vor allem aber lügnerischen und zynischen Erklärungen der herrschenden Klasse müssen die Revolutionäre die Analyse des Marxismus entgegenstellen.
„In dem Maße, wie sich der Kapitalismus entfaltet und dann auf der Stelle verfault, prostituiert er immer mehr diese Technik, die für seine Bedürfnisse der Ausbeutung, der Herrschaft und der imperialistischen Plünderung eine befreiende Rolle spielen könnte. Das geht soweit, dass der Kapitalismus der Technik seine eigene Fäulnis einpflanzt und diese gegen die Gattung Menschen richtet (...) Während der ‚friedlichen‘ Phasen, die er uns manchmal zwischen zwei imperialistischen Massakern oder zwei Unterdrückungsmaßnahmen zugesteht, ist das von der ständigen Jagd nach einer höheren Profitrate angetriebene Kapital in allen Lebensbereichen des Alltags dazu gezwungen, die Menschen mit Hilfe der prostituierten Technik auf engstem Raum zusammenzupferchen, sie zu vergiften, zu ersticken, zu verstümmeln und zu massakrieren (...) Der Kapitalismus ist nicht unschuldig an den sogenannten „Naturkatastrophen“. Ohne die Kräfte der Natur außer Acht zu lassen, auf die der Mensch keinen Einfluss nehmen kann, zeigt der Marxismus auf, dass viele Katastrophen indirekt durch gesellschaftliche Ursachen hervorgerufen oder verschlimmert wurden (...) Nicht nur kann die bürgerliche Zivilisation diese Katastrophen direkt durch ihre Jagd nach Profiten und durch den vorherrschenden Einfluss der Geschäftswelt auf den Verwaltungsapparat hervorrufen (...) , sondern sie erweist sich als unfähig, einen wirksamen Schutz zu organisieren, da die Vorbeugung keine rentable Aktivität ist“ (Amadeo Bordiga, „Die Gattung Mensch und die Erdrinde“).
Die Heuchelei und der Zynismus der Weltbourgeoisie
Trotz des großen Ausmaßes der Katastrophe brauchte die internationale Bourgeoisie mehrere Tage, um in Gang zu kommen und ihre Hilfskräfte in die Katastrophengebiete zu schicken. Und dabei sind die Hilfsgüter noch lange nicht vor Ort angelangt: So wurde ein Feldlazarett, das von Frankreich nach Indonesien geschickt wurde, zwei Wochen lang aufgehalten, weil man auf die Hubschrauber wartete, die das Material und das medizinische Betreuungspersonal transportieren sollen.
Wenn es darum geht, ihre imperialistischen Interessen in den angeblich „humanitären“ Kriegen zu verteidigen, haben diese Staaten immer ihre schnelle Einsatzbereitschaft gezeigt, um ihre Truppen, Material und Waffen ins Land zu schicken, mit denen die Bevölkerung mit immer komplizierteren Waffensystemen bombardiert und Tod und Verderben in alle Erdteile gebracht wurde. Und diese kapitalistischen Gangster haben nie gezögert, astronomische Summen in die Rüstungsproduktion zu stecken, um ganze Länder zu vernichten.
Was die Finanzhilfe angeht, die in der ersten Phase von den Regierungen der Welt versprochen wurde, insbesondere von den höchst entwickelten Staaten, war diese so lächerlich gering, dass der für UN-Hilfsaktionen zuständige Leiter, Jan Egeland, die „internationale Gemeinschaft“ gar als knauserig und geizig bezeichnet hat.
Gegenüber dem Ausmaß dieses Desasters haben sich die verschiedenen kapitalistischen Staaten wieder als wahre Aasgeier erwiesen, die im Konkurrenzkampf miteinander stehen, wer gegenüber seinem Rivalen am meisten „gespendet“ hat.
So haben die USA 350 Millionen $ anstatt der anfänglich angekündigten 35 Millionen $ angeboten (während sie jede Woche eine Milliarde $ im Irak und eine Milliarde $ im Monat für den Afghanistankrieg ausgeben), Japan 500 Millionen, die EU 436 Millionen. Frankreich glaubte gar eine Zeit lang, mit seinen 50 Millionen $ die Spitze der Geberländer übernommen zu haben (während seine Militärinterventionen mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr kosten), gefolgt von Australien, England und Deutschland usw.
Jedes Mal, wie bei einer Versteigerung, bot ein Staat nach dem anderen mehr Finanzhilfe an als die Rivalen.
Diese verbale Überbietung ist um so ekelhafter, da es sich ohnehin nur um ein Scheinhilfen handelt, weil den Spendenzusagen oft keine Taten folgen. So hatte diese „internationale Gemeinschaft“ im Dezember 2003 den Erdbebenopfern im Iran 115 Millionen $ zugesagt; bislang hat Teheran aber ganze 17 Mio. $ erhalten. Das Gleiche konnte man in Liberia beobachten: eine Milliarde Dollar wurden versprochen, weniger als 70 Mio. $ sind bislang eingetroffen.
An Beispielen fehlt es nicht; ohne all die in Vergessenheit geratenen Konflikte zu erwähnen, und für die es nicht mal Zusagen gibt wie Dafour oder den Kongo, wo sich menschliche Dramen abspielen, die vom gleichen Ausmaß sind wie die Tsunami in Asien.
Und was den Vorschlag angeht, einen Schuldenerlass für die von der Katastrophe betroffenen Länder zu beschließen, so ist dies nichts als Sand in die Augen, denn es handelt sich nur um einen Zahlungsaufschub für die fälligen Zinsen, nicht aber um das Streichen der Schulden insgesamt. Übrigens müssen die fünf am meisten verschuldeten Länder, die von der Flutwelle betroffen wurden, nächstes Jahr 32 Milliarden $ zahlen, d.h. zehnmal mehr als die Summe, die sie angeblich unter dem Titel „menschliche Hilfe“ bekommen werden (eine ohnehin viel zu hoch angesetzte Summe im Verhältnis zu dem, was sie tatsächlich bekommen werden). Natürlich wird diesen Ländern nicht das Privileg eingeräumt, von der US-Armee besetzt zu werden, wie im Falle Iraks; denn dann hätten sie von der gesamten Streichung ihrer Schulden profitieren können.
Nicht nur erzählt uns die Bourgeoisie schändliche Lügen über ihre angebliche „Spendenfreude“, sondern sie verheimlicht die wahren Ziele ihrer „humanitären Spendenüberbietung“.
Die „humanitäre“ Hilfe dieser Regierungen ist in Wirklichkeit nur ein Vorwand zur Verschleierung ihrer imperialistischen Appetite.
Hinter den ideologischen Schleierwolken der humanitären Propaganda fällt auf, dass jeder Staat sich wie in einem Konkurrenzkampf beeilt, seine Repräsentanten in die Katastrophengebiete zu schicken, obwohl es in Wirklichkeit darum gehen würde, eine internationale Abstimmung der Hilfe zu sicherzustellen. Tatsächlich verteidigt nämlich jede nationale Bourgeoisie ihre eigenen Interessen als kapitalistische und imperialistische Macht in der Region, welche von großem strategischen und militärischen Wert ist.
Die tiefgreifenden Interessensgegensätze, die zwischen den verschiedenen imperialistischen Staaten beim Afghanistan- oder Irakkrieg aufgetreten waren, werden hier wieder sichtbar. So machte sich der Außenminister Frankreichs mit einem Flugzeug voll von Medikamenten auf den Weg, und Chirac schlug mit Deutschlands Unterstützung die Schaffung einer „schnellen humanitären Eingreiftruppe“ vor, die unter der Kontrolle der europäischen Staaten und im Dienste der UNO stehen sollte.
Die Reaktion der USA folgte prompt: Nicht nur schickten die USA Kriegsschiffe und Kriegsflugzeuge mit in den Indischen Ozean, sondern sie kündigten die Schaffung einer „internationalen humanitären Koalition“ an (unter Beteiligung Australiens, Japans und Indiens), um die „Hilfe zu koordinieren“.
Wie im Irakkrieg zielt die US-amerikanische Politik darauf ab, den anderen Mächten zu verdeutlichen, dass die USA der Boss sind, und dass sie auch gegenüber dieser Lage willens sind, ihre Führungsrolle zu verteidigen. Der US-Außenminister, Colin Powell, und der Bruder des US-Präsidenten Bush wurden vor Ort geschickt, um die „Werte des handelnden Amerikas“ zu preisen. Colin Powell, der oberste US-Befehlshaber im ersten Golfkrieg, und der den Befehl gab, dass die irakischen Frontsoldaten lebendig begraben werden sollten, scheute sich nicht Krokodilstränen zu vergießen, als er nach einem Flug über das Katastrophengebiet in Banda Aceh erklärte: „Ich kenne den Krieg, ich habe Wirbelstürme und Tornados und andere Krisengebiete gesehen. Aber so etwas habe ich noch nie gesehen“ (Libération, 6.1.05).
All diese Reibereien zwischen den Großmächten, wo jeder Nationalstaat versucht, dem anderen eins auszuwischen, zeigen die wirklichen Motive der „humanitären“ Hilfsaktionen dieser kapitalistischen Geier. Wie ein US-Vertreter sagte: „Das ist eine wahre Tragödie, aber auch eine Gelegenheit, eine Chance zu ergreifen. Eine schnelle und großzügige Hilfe der USA könnte dazu beitragen, die Beziehungen der USA zu den asiatischen Staaten zu verbessern“.
In Anbetracht der strategischen Bedeutung Indonesiens im Indischen Ozean liegt es auf der Hand, dass die USA versuchen, diese Katastrophe auszuschlachten, um militärisch Fuß zu fassen (was das indonesische Militär Washington verwehrt hatte, als diese dem USA vorwarfen, sich in die inner-indonesischen Angelegenheiten einzumischen, nachdem die USA 1999 ihre Militärhilfe an Jakarta aufgrund der Gräueltaten des indonesischen Militärs in Osttimor ausgesetzt hatten). Darüber hinaus hat ihre „humanitäre Hilfe“ in Sri Lanka die Gestalt einer „Landung“ mit Amphibienfahrzeugen angenommen, die natürlich eine „friedliche“ Mission verfolgen (und nicht bewaffnet sind, wie ein Offizier versicherte), und die nicht das Ziel verfolgen, „zu zerstören“, sondern „der Bevölkerung zu Hilfe zu eilen“.
Die europäischen Staaten wiederum wollen auch militärisch und diplomatisch in der Region präsent sein. Was China angeht, will es seine Rolle als Gendarm in Asien wahren; es prallt dabei mit Japan zusammen. Und wenn Indien jegliche ausländische Hilfe verweigert hat, womit es einen Teil der betroffenen Bevölkerung wie Ratten krepieren lässt, stecken dahinter seine Bestrebungen, seine Interessen als Regionalmacht zu verteidigen.
Dies steckt hinter all dem Chaos der „humanitären Hilfe“ der Weltbourgeoisie: Die Verteidigung ihrer schmutzigen imperialistischen Interessen. Die Schmach und die grenzenlose Heuchelei der Herrschenden der Welt sind ekelerregend.
Erneut hat sich der Kapitalismus mit seinen Profitgesetzen und seiner herrschenden Klasse als eine Katastrophe für die Menschheit erwiesen, die einzig in der Lage ist, gerade mal die Toten zu zählen und immer nur noch mehr Zerstörung bringt. Zum gleichen Zeitpunkt, wo sie zulassen, dass die gigantischen Flutwellen große Teile der Bevölkerung auslöschen, verschärfen sie das Chaos in Afghanistan, verüben sie noch mehr terroristische Attentate und üben sie noch mehr Repression mit immer mehr Blutvergießen im Irak und Palästina aus, lassen sie es zu, dass noch mehr Menschen in Dafour an Hunger sterben, werden noch mehr Menschen im Kongo massakriert.
Diese blutige Spirale belegt, dass der Kapitalismus der Menschheit nur noch mehr Zerstörung anzubieten hat, mit immer blutigeren Katastrophen, mit immer barbarischen Kriegen, noch mehr Misere, Hunger und Epidemien. Dieses auf der Stelle verfaulende System zerstört Stück für Stück unseren Planeten immer mehr.
Welche Solidarität mit der von der Katastrophe betroffenen Bevölkerung?
Gegenüber dieser menschlichen und sozialen Tragödie müssen die Revolutionäre und das gesamte Weltproletariat laut und deutlich ihre Klassensolidarität gegenüber den Opfern bezeugen.
Wir können nur den Elan der weltweiten menschlichen Solidarität, die sofort zum Ausdruck kam, begrüßen. Ohne auf Hilfe zu warten, haben die Betroffenen sich gegenseitig geholfen; sowohl die asiatische Bevölkerung den Touristen als auch die Touristen der einheimischen Bevölkerung. Spontan haben Millionen Menschen, insbesondere die Arbeiter in allen Ländern angeboten, Lebensmittel, Kleidung und Geld zu spenden.
Aber diese natürliche Solidarität, die die Grundlage der gesellschaftlichen Existenz und des Überlebens der Gattung Mensch darstellt, wurde sofort von der herrschenden Klasse und den NGO (Nicht-Regierungsorganisationen) instrumentalisiert.
Die Informationsflut und die schockierenden Bilder aus dem Katastrophengebiet dienen dazu, das Nachdenken über die Ursachen dieser sozialen Katastrophe zu verhindern.
Da wir ‚hilflos‘ gegenüber solchen Ereignissen sind, wäre das einzige, was wir den Herrschenden gemäß ihren Medien und Spezialisten der „humanitären Hilfe“ machen können, Geld für die NGO zu spenden; dazu wird uns gleich versichert, dass die Spenden auch bei den Menschen vor Ort ankämen.
Diese „NGO“ (Nicht-Regierungsorganisationen) haben erneut bewiesen, dass sie im Dienst der Regierungen stehen. Das Chaos bei den Hilfeleistungen vor Ort unterstreicht dies erneut: Jedes nationale Fernsehen betreibt Werbung für diese oder jene NGO, die je nach Ursprungsland, damit beauftragt ist, die jeweiligen Interessen der einen oder anderen Regierung auf Kosten und gegen die anderen NGO’s zu vertreten. So wird die Solidarität in den Händen der Herrschenden zum Chauvinismus.
Die Empörung der Arbeiterklasse über dieses Drama, ihre spontane Solidarität mit den Opfern wurde von der herrschenden Klasse manipuliert und von ihr durch eine „humanitäre“ Hilfskampagne instrumentalisiert. So konnte die herrschende Klasse mit Hilfe der NGOs den wirklichen Spendenelan der Bevölkerung auf eine rein karitative Ebene lenken. Mit den Aufforderungen zur finanziellen Unterstützung für die hilfsbedürftige Bevölkerung haben die bürgerlichen Staaten einen wahren Erpressungsversuch gestartet, indem der Weltbevölkerung, insbesondere der Arbeiterklasse, das Gefühl eingeimpft wird, man könne sein „Gewissen befriedigen“, indem man für die „humanitären“ Aktionen der Regierungen Geld spendet.
Diese, von den Medien täglich angefachte Kampagne, ist ein ideologisches Trommelfeuer, das dazu dient, das Bewusstsein der Menschen zu trüben und die Arbeiter daran zu hindern, über die wirklichen Ursachen der Katastrophe nachzudenken.
Indem die Arbeiter daran gehindert werden sollen, zu begreifen, was tatsächlich hinter dem Kapitalismus steckt, der als einziger für diese Katastrophe verantwortlich ist, versucht man die Klassensolidarität der Arbeiterklasse zu entstellen und sie in Sackgassen zu lenken.
Die Solidarität der Arbeiterklasse aber kann im Gegensatz zu dem, was uns die Herrschenden und die NGO’s glauben machen wollen, nicht auf eine einfach karitative Handlung beschränkt werden. Einerseits, weil die Geldspenden nur einen Tropfen auf den heißen Stein sein können in Anbetracht des Ausmaßes des Desasters.
Andererseits können die gesammelten Spendengelder die Misere und die Hoffnungslosigkeit all dieser Menschen, die ihre Angehörigen verloren haben, und deren Körper nie gefunden werden oder die ohne Bestattung in den Massengräbern beerdigt wurden, nicht erleichtern.
Das Geld kann das Irreparable nicht wiedergutmachen
Geld war noch nie ein Mittel gegen moralisches Leiden! Schließlich können diese Gesten finanzieller Solidarität das Problem nicht an der Wurzel packen. All diese Spenden können nicht verhindern, dass sich solche Katastrophen in anderen Teilen der Welt wiederholen. Deshalb kann die Klassensolidarität der Arbeiterklasse nie die der Kirchen und der NGO’s sein.
Die Arbeitersolidarität verfolgt nicht das Ziel, das „Gewissen zu beruhigen“ oder Seelen zu retten, indem dem Schuldgefühl, das uns die herrschende Klasse einflößen will, nachgegeben wird.
Diese Klassensolidarität kann sich nur entfalten auf der Grundlage der Entblößung des einzig Schuldigen für diese Katastrophe: die herrschende Klasse, die das kapitalistische System führt.
Die Arbeiter auf der ganzen Welt müssen begreifen, indem sie ihren Kampf gegen die Herrschenden führen, indem sie deren mörderisches System überwinden, würdigen sie wirklich die Toten, all diese auf dem Altar des Profit und der Rentabilität geopferten Menschenleben.
Sie müssen ihren Kampf und ihre eigene Klassensolidarität gegen alle Staaten und Regierungen entfalten, die sie nicht nur ausbeuten und ihre Lebensbedingungen angreifen, sondern die auch noch die Unverschämtheit haben, „Geld zu spenden“, um die durch den Kapitalismus verursachten Schäden zu bezahlen.
Nur durch den alltäglichen Kampf gegen dieses System, bis hin zu dessen Überwindung, kann die Arbeiterklasse ihre wahre Solidarität gegenüber den Arbeitern und der Bevölkerung der von der Flutwelle zerstörten Gebieten zeigen.
Auch wenn diese Solidarität natürlich keine unmittelbare Wirkung zeigen kann, ist sie alles andere als das Strohfeuer, das von den Herrschenden und den NGO’s gezündet wurde.
In wenigen Monaten wird für die herrschende Klasse und ihre karitativen Organisationen diese Katastrophe begraben sein. Die Arbeiterklasse dagegen darf diese nicht vergessen, genauso wenig wie sie die Masssaker im Golfkrieg und all die anderen Kriege und sogenannten „Naturkatastrophen“ vergessen darf. Die Arbeiter auf der ganzen Welt dürfen solche Ereignisse nicht einfach vergessen. Sie müssen in ihr Gedächtnis eingeprägt bleiben und ihnen als Kompass dienen, um ihre Entschlossenheit zu stärken, gegen die Barbarei des Kapitalismus ihre Kämpfe und ihre Einheit als Klasse zu entfalten.
Die Arbeiterklasse ist in der gegenwärtigen Gesellschaft die einzige Kraft, die dazu in der Lage ist, all den Opfern der bürgerlichen Gesellschaft eine wirkliche Gabe anzubieten, indem der Kapitalismus überwunden und eine neue Gesellschaft aufgebaut wird, die nicht auf dem Profit aufgebaut ist, sondern auf der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Und sie ist die einzige Klasse, die aufgrund ihrer revolutionären Perspektive in der Lage ist, der Menschheit eine Zukunft anzubieten.
Deshalb muss die Arbeitersolidarität weit über die gefühlsmäßige Solidarität hinausgehen. Sie darf sich nicht auf diese Gefühle der Ohnmacht oder ein Schuldgefühl stützen, sondern vor allem auf ihr Bewusstsein.
Nur die Entfaltung ihrer eigenen Klassensolidarität, die sich auf das Bewusstsein des Bankrotts des Kapitalismus stützt, wird dazu in der Lage sein, die Grundlagen einer Gesellschaft zu schaffen, in der die Verbrechen, die uns die Bourgeoisie als ‚Naturkatastrophen‘ darstellt, niemals vergessen werden, und wo diese schreckliche Barbarei endgültig überwunden und abgeschafft werden kann.
„Der in seinem Todeskampf dahinsiechende Kapitalismus will uns an all diesen Horror gewöhnen, und dass wir die Barbarei, für die er verantwortlich ist, als ‚normal‘ betrachten. Die Arbeiter müssen reagieren, indem sie sich empören über diesen Zynismus und ihre Solidarität mit den Opfern dieser endlosen Konflikte und Massaker, die von allen kapitalistischen Banden verübt werden, zeigen (wobei die Opfer der ‚Naturkatastrophen‘ noch hinzukommen). Die Ablehnung und der Ekel gegenüber dem, was der verfaulende Kapitalismus der Gesellschaft aufzwingt, die Solidarität unter den Mitgliedern einer Klasse, die nur gemeinsame Interessen haben, sind wesentliche Faktoren bei der Bewusstwerdung darüber, dass eine andere Perspektive möglich ist und eine vereinte Arbeiterklasse die Mittel hat, diese durchzusetzen“ (Internationale Revue, engl., französisch, spanische Ausgabe, Nr. 119).
Die Arbeiter auf der ganzen Welt können ihre Solidarität gegenüber den Opfern der Katastrophe nur zeigen, indem sie durch ihren Kampf gegen die Ausbeutung, die Misere und die kapitalistische Barbarei mit ihrem eigenen Beispiel beweisen, „Nieder mit allen Regierungen, Nieder mit dem Kapitalismus, Arbeiter aller Länder, vereinigt Euch.“ DM, 8.1.05
Nach der öffentlichen Veranstaltung des Internationalen Büros für die Revolutionäre Partei (IBRP) in Paris, die mit der "politischen und materiellen Unterstützung" der 'Internen Fraktion der IKS' (IFIKS) durchgeführt wurde - wir haben darüber in dem Artikel 'Das IBRP wird von Schlägern als Geisel genommen' auf unserer Website berichtet -, wurde die IKS Opfer einer neuen Verleumdungskampagne. Diese Kampagne wird auf einer internationalen Ebene organisiert, nicht nur von einer parasitären Gruppe, der IFIKS, sondern auch vom IBRP und einer argentinischen Gruppe, die sich selbst unter dem Namen 'Circulo de Comunistas Internacionalistas' präsentiert und die behauptet, Nachfolger des 'Nucleo Comunista Internacional (NCI)' zu sein (von dem die IKS mehrere Beiträge in ihrer Presse veröffentlicht hat). So sind:
- auf der Website der IFIKS zwei Erklärungen dieses 'Circulos' zu finden, die ein Lügennetz und Verleumdungen gegen die IKS darstellen
- und auf der Website des 'Circulo' (www.geocities.com/cci [11] 1917) drei Texte zu finden, die Anschuldigungen gegen die IKS erheben, wobei sie die gleichen Propagandathemen aufgreifen wie die IFIKS: Die IKS wird beschuldigt, eine stalinistische Organisation zu sein
- und auf der IBRP-Website ebenfalls die Erklärung des 'Circulo' vom 12. Oktober zu finden, die die "ekelerregenden Methoden der IKS" anprangert.
Auch hat das IBRP soeben auf seiner Website eine Antwort auf unseren Artikel 'Das IBRP wird von Schlägern als Geisel genommen' veröffentlicht. Dieser Artikel 'Eine Antwort auf die stupiden Beschuldigungen einer Organisation, die dabei ist sich aufzulösen' ist eine Kriegserklärung an die IKS. In diesem Artikel bestätigt das IBRP, dass seine Verbindungen mit der IFIKS "bestehen und weiter Bestand haben werden". Dieser Text verficht nicht nur die Sache der IFIKS, sondern er sanktioniert und rechtfertigt auch den Diebstahl unserer Abonnentenadressenliste durch diese so genannte Fraktion. Gleichzeitig behauptet das IBRP, dass es nicht vorhat, der IKS oder irgend jemand sonst Rechenschaft abzulegen über seine Handlungsweisen. Was bedeutet, dass es sich weigert, auf unsere Frage in unserem Brief (verteilt am 2. Oktober auf der öffentlichen Veranstaltung des IBRP in Paris uns auf unserer Website veröffentlicht) zu antworten: "Wie kommt der Handzettel des IBRP, der zu der Veranstaltung aufruft, an die Postadressen von manchen unserer Abonnenten, wenn diese ihre Adressen nur der IKS gegeben haben?" Unsere Antwort 'Lügen und Verleumdungen sind keine Mittel der Arbeiterklasse' auf die Stellungnahme des IBRP ist kürzlich auf unserer Website auf Französisch veröffentlicht worden und wird bald auf Englisch verfügbar sein. Verschiedene andere Punkte, die sich mit dieser Angelegenheit befassen, vor allem die Korrespondenz mit dem IBRP, sind auf unserer Website veröffentlicht worden, einige von ihnen sind auch ins Englische übersetzt.
Unsere Abonnenten haben auch die Ekel erregenden Texte des 'Circulo' über die IFIKS erhalten, die unsere Adressenliste gestohlen hat, um ihre Verleumdungskampagne entfalten zu können. Heute zwingen uns diese Kampagnen, bei denen das IBRP, die IFIKS und der 'Circulo' zusammenfinden, dazu, einen neuen Kampf gegen Praktiken zu eröffnen, die dem Proletariat fremd sind, wie Diebstahl, Denunziantentum und Verleumdungen.
Aus diesem Grund wollen wir hier erneut bekräftigen, wie wir es schon auf unserer Website getan haben:
1. dass die drei Erklärungen des 'Circulo' in Argentinien ein übles Lügengewebe sind;
2. dass dieser 'Circulo' im Gegensatz zu dem, was er behauptet, nicht der Nachfolger des NCI ist. Er ist aus dem Nichts entstanden, da er nirgends das geringste politische Argument geliefert hat, um zu erklären, warum der NCI sich entschlossen hat, seinen Namen und seine Standpunkte zu ändern. Ebenso wenig gibt es ein Argument, das die 180°-Wendung in der Stellungnahme des NCI, die das destruktive Verhalten der IFIKS verurteilt, erklären würde. (Diese Stellungnahme des NCI ist veröffentlicht in Revue International, unserer Zeitung in Frankreich, in Accion Proletaria, unserer Zeitung in Spanien, und auf unserer Website.) Außerdem zeigt die jüngste Erklärung des NCI, dass der 'Circulo' nicht von allen Genossen dieser Gruppe gebildet wurde, sondern nur von einem früheren Mitglied, das hinter dem Rücken der übrigen Genossen handelte; zudem bekräftigt der jüngste Text des NCI seine politische Solidarität mit der IKS. Dieser Text, genauso wie die Einleitung der IKS dazu, wurde in World Revolution, Nr. 280 veröffentlicht. Eine weitere Bestätigung des wirklichen Verhaltens des NCI kann in dem Bericht der jüngsten IKS-Delegation in Argentinien gefunden werden, veröffentlicht als Beilage zu World Revolution Nr.280 auf der Website.
Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass der 'Circulo', der sich mit der IFIKS und dem IBRP solidarisiert, auf seiner Website Links zu allen möglichen stalinistischen und linksextremistischen Gruppen hat. Die Genossen sollten sich diese Website ansehen. Sie können sich so davon überzeugen, dass es richtig ist, was wir sagen. So gibt es für den 'Circulo' eine Kontinuität der "marxistischen Autoren", die von Marx zu.... Mao und Che Guevara reicht. Die IKS versichert hier erneut, dass sie mit dem 'Circulo' nichts zu tun hat. Im Gegenteil, wir haben ihn von Anfang an denunziert.
3. Wenn das IBRP, eine Organisation der kommunistischen Linken, jetzt begonnen hat, Kampagnen gegen die IKS aufzugreifen und mitzutragen, die die IFIKS schon seit über zwei Jahren betreibt, dann geschieht dies aufgrund seines Opportunismus. Und dieser Opportunismus hat das IBRP nun veranlasst, ein Bündnis mit parasitären Gruppen wie der IFIKS einzugehen.
Wir müssen einen Unterschied zwischen dem opportunistischen Charakter des IBRP und dem parisitären Wesen der IFIKS machen.
Obwohl die IKS allseits von solchen Verleumdungen umgeben ist, wird sie sich durch diesen internationalen Tumult nicht beirren lassen. Dieses Phänomen ist nicht neu. Die Geschichte der Arbeiterbewegung ist voll von solchen Vorfällen, wo Militante, wie Marx, Lenin oder Trotzki, und revolutionäre Organisationen die Opfer von Verleumdungen geworden sind. Das ist Teil des Kampfes nicht nur gegen den Kapitalismus, sondern auch gegen die Infiltration bürgerlicher Methoden in die Organisationen des proletarischen Lagers (wie es heute beim IBRP der Fall ist). Die IKS wird ohne Zugeständnisse und mit Geduld und Ausdauer für die Verteidigung proletarischer Prinzipien kämpfen. Es ist unsere Verantwortung, diesen Kampf zu führen, nicht nur um uns gegen solche Angriffe selbst zu verteidigen, sondern auch um mit den Waffen der Kritik, den Waffen der marxistischen Methode zu versuchen, das IBRP zu retten (ohne zu viele Illusionen zu hegen, weil wir es nicht zwingen können, einen anderen Weg einzuschlagen).
Wir fordern die Genossen, die lange an unserer Seite gestanden haben, auf, weiter Vertrauen in die IKS zu haben und uns ihre Unterstützung in diesem Kampf zu geben, wie sie es immer getan haben.
IKS, November 2004
siehe auch:
Einleitung der IKS zur Erklärung des NCI vom 27. Oktober 2004 [12]
Nach einem langen Machtkampf hat der neue Präsident Juschtschenko sein Amt angetreten. Der bürgerlichen Propaganda zufolge ging es um die Verteidigung der Demokratie, aber hinter dieser Fassade geht es keineswegs um den Kampf für die Demokratie. Auf der Tagesordnung steht die sich verschärfende Konfrontation zwischen den Grossmächten, im speziellen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten. Letztere wollen mit ihrer "Verdrängungsstrategie" die Ukraine der russischen Einflusssphäre entziehen. Der Ärger Putins richtet sich bezeichnenderweise vor allem gegen die USA, da diese hinter dem Kandidaten Juschtschenko und seiner "orangefarbenen" Bewegung stehen.
Im Lauf einer in Neu Delhi gehaltenen Rede vom 5. Dezember beschuldigte der Chef des Kremls die Vereinigten Staaten, sie wollten "die Verschiedenheiten der Zivilisation umgestalten und sie einer unipolaren Ordnung angleichen, ähnlich einer Kaserne", und sie wollten "die internationalen Angelegenheiten einer Diktatur, gespickt mit einer schönen pseudo-demokratischen Phraseologie unterwerfen." Putin konfrontierte zudem die Vereinigten Staaten mit der Realität ihrer Situation im Irak. Er erklärte dem irakischen Premierminister am 7. Dezember 04 in Moskau, er könne sich nicht vorstellen "wie man unter den Umständen einer totalen Besetzung durch ausländische Truppen Wahlen organisieren könne"! In dieselbe Logik gehört der Widerstand Putins gegen die gemeinsam von den 55 Staaten der OSZE unterzeichnete Erklärung zur Unterstützung der Ukraine, um den Ausgang aus der Krise zu ermöglichen und die Rolle der OSZE bei der Sicherung der dritten Präsidentschaftswahlrunde vom 26. Dezember zu bestätigen.
Seit dem Zusammenbruch der UdSSR und der zum Scheitern verurteilten Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) im Jahr 1991, welche die Überreste des ehemaligen Imperiums retten sollte, bröckeln die Grenzen Russlands. Russland ist dem Druck Deutschlands und der Vereinigten Staaten ausgesetzt, aber auch im Landesinnern herrscht eine permanente Tendenz zur Zersplitterung. Die 1992 und 1996 unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus lancierten tschetschenischen Kriege entblössten die Brutalität einer sich im Abstieg befindlichen Macht. Russland wollte seine Herrschaft in der strategisch lebenswichtigen kaukasischen Region bewahren, koste es, was es wolle. Für Moskau geht es in diesem Krieg um den Widerstand gegen die gegnerischen imperialistischen Avancen Washingtons und Berlins. Deutschland entwickelte dabei eine unübersehbare imperialistische Aggressivität, wie sie schon im Frühjahr 1991 in seiner Rolle beim Ausbruch des Jugoslawienkonflikts zum Ausdruck kam.
Die Regelung der Kaukasusfrage ist noch weit entfernt, da die Vereinigten Staaten ihre Avancen entschieden fortführen. Sie standen auch hinter der Ausschaltung von Schewardnadse im Jahr 2003 durch die "Rosenrevolution", die einer pro-amerikanischen Clique den Weg zur Macht eröffnete. Die USA konnten neben den schon in Kirgisien und Usbekistan und im Norden Afghanistans präsenten amerikanischen Einheiten nun weitere Truppen im Landesinneren etablieren und dadurch ihre Militärpräsenz im Süden Russlands sowie seine Umzingelung verschärfen. Die ukrainische Frage war für Russland schon lange von grosser Bedeutung, sowohl zurzeit der Zaren als auch der Sowjetrepublik. Heute stellt sich dieses Problem für den russischen Staat in noch viel grösserem Masse.
Auf ökonomischer Ebene ist die "Zusammenarbeit" zwischen der Ukraine und Russland von grosser Bedeutung für Moskau. Aber vor allem auf strategischer und militärischer Ebene ist die Kontrolle über die Ukraine noch wichtiger als die Kontrolle über den Kaukasus.
Dies vor allem, weil die Ukraine wegen der atomaren Militärstützpunkte, die sie vom Ostblock geerbt hat, die dritt grösste Nuklearmacht der Welt ist. Russland trachtet danach, diese Tatsache für sich zu nutzen und so das imperialistische Kräfteverhältnis zu seinen Gunsten zu ändern. Darüber hinaus bildet die Ukraine für Moskau, nachdem letztgenanntes jeden direkten Zugang zum Mittelmeer verloren hat, den einzigen und letzten Zugang nach Asien und über das Schwarze Meer zur Türkei. Hier befinden sich auch die russische Nuklearbasis von Sebastopol und die russische Flotte. Ausserdem würde Russland durch den Verlust der Ukraine gegenüber den europäischen Ländern und vor allem Deutschland extrem an Boden verlieren. Russlands Einflussmöglichkeiten auf das Schicksal Europas und der osteuropäischen Länder, in ihrer Mehrzahl schon weitgehend pro-amerikanisch, würde eingedämmt. Eine dem Westen zugekehrte (und also vom Westen und im Besonderen von den Vereinigten Staaten kontrollierte) Ukraine würde mehr denn je die Impotenz der russischen Macht zur Schau stellen. Das Phänomen der Zersplitterung der GUS mit ihren negativen Auswirkungen würde daher verschärft. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden durch eine solche Situation ganze Regionen Russlands (in denen lokale Despoten zur Rebellion aufrufen) dazu ermutigt, ihre Unabhängigkeit zu erklären, und dadurch würden die anderen Grossmächte in ihren Ambitionen noch mehr gestärkt.
Die ukrainische Frage ist daher eine Frage auf Leben und Tod, die sich dem bedrängten russischen Imperialismus in naher Zukunft aufdrängt. Ohne Zweifel wird Putin alles daran geben, um die Ukraine in seinem Schoss zu halten, oder, sollte er daran scheitern, wenigstens seinen Teil zu ergattern, was zur Auflösung der Ukraine führen würde.
In diesem Sinne drängt Moskau ganze Regionen der Ukraine, vor allem im Osten und Süden, zur Abspaltung und nährt dadurch das Chaos und die Destabilisierung der Region.
Moskau bietet somit der Logik seines amerikanischen Rivalen, die Bush-Administration, Paroli, welche durch ihre imperialistische Politik Tag für Tag die grauenhafte Barbarei verschärft.
Mit ihrem Versuch, die Ukraine unter ihre Fittiche zu nehmen, verstärken die Vereinigten Staaten also ihren Druck auf Russland, um ihre Einflusssphäre auf seine Kosten zu erweitern. Gleichzeitig aber führt die USA ihre Politik der Einkreisung Europas weiter. Begonnen hat diese Politik mit dem Ausbruch des Krieges in Afghanistan, und sie zielt vor allem darauf ab, die Ausdehnung Deutschlands Richtung Osten zu blockieren.
Osteuropa ist tatsächlich das "traditionelle" imperialistische Expansionsgebiet Deutschlands. Am stärksten zum Ausdruck kam dies zur Zeit des Dritten Reichs, aber auch während des Ersten Weltkriegs. Und wenn die deutsche Bourgeoisie auf eigene Rechnung den Diskurs gegen ihren amerikanischen Rivalen aufnimmt, um Russland und seine "neokolonialistische" Politik in der Ukraine zu "verurteilen", so tut sie das nur, um daraus künftig Vorteile für sich selbst zu ernten.
In der Ukraine haben daher nicht nur zwei, sondern drei Mächte ihre Hände im Spiel, und dieses Spiel bereitet der ukrainischen Bevölkerung keineswegs eine schöne Zukunft. Ganz im Gegenteil: Wenn bis jetzt nämlich die Ukraine in den Fängen der russischen Bourgeoisie war, sind es jetzt drei Räuber, die sich gegenseitig zerfleischen und nichts anderes können als Chaos zu stiften, mit all den Folgen, die eine solche Situation auf regionalem und internationalem Niveau nach sich ziehen würde.
Es ist unbestreitbar, dass die Auswirkungen dieses amerikanischen Vorstosses nicht nur die Ukraine, Russland und die GUS, sondern auch die Gesamtheit Zentralasiens betreffen werden. Und wenn auch die Grossmächte die Hauptverursacher des Chaos sind, so darf man keineswegs übersehen, dass Regionalmächte wie die Türkei und der Iran gleichermaßen Unheil stiften. Letztere bleiben nicht passiv und speisen ebenfalls die Dynamik des Chaos. Es herrscht hier in dieser weiten Region eine Tendenz zur Zersplitterung und zum permanenten Bürgerkrieg vor und wird durch den Irakkrieg verschärft. Diese Tendenz erhält durch den neuen Brennpunkt indirekt weiteren Auftrieb. Und diese Destabilisierung kann bei einer weiteren Eskalation im Irakkrieg, die von zahlreichen Ländern und an erster Stelle von den USA in ihrem Wettlauf um die Kontrolle der Welt entfacht wird, nur verheerende Konsequenzen haben. Neue Krisenherde würden entstehen.
Die Arbeiterklasse darf sich nicht vom demokratischen Täuschungsmanöver in die Irre führen lassen
Die demokratische "Wahl" in der Ukraine war ein Täuschungsmanöver und eine Falle. Die ukrainische Bevölkerung wird auf die Rolle von Schachfiguren reduziert. Sie wird manipuliert und hinter die eine oder andere rivalisierende bürgerliche Fraktion gelockt. Der "Sieg der Demokratie" wird in keiner Weise die miserable Situation der ukrainischen Arbeiterschaft verbessern. Vielmehr soll dieser Sieg die Arbeiter zur Verteidigung des "demokratischen" Vaterlandes mobilisieren (nachdem die vorhergehenden Generationen das "sozialistische" Vaterland zu verteidigen hatten). Dadurch sollen die "orangefarbenen" Opfer, welche die zukünftigen Führer der Ukraine unvermeidbar von den Arbeiter fordern, akzeptiert werden. Erinnern wir uns daran, dass der "Demokrat" Juschtschenko als Premierminister und Bankier der damaligen pro-russischen Regierung (die er heute so eifrig verurteilt), nicht minder Opfer von der Arbeiterklasse forderte. Die Clique, die sich auf die Machtergreifung vorbereitet, steht der vorhergehenden in nichts nach, und ihre internen Streitigkeiten lassen keine Aussicht auf Stabilität zu. Die verlogenen demokratischen Perspektiven dienen dazu, Illusionen über die Möglichkeit einer Reformierung des kapitalistischen Systems aufrechtzuerhalten. Sie fordern vom Proletariat, dass es klein beigibt und die "höheren" Interessen des demokratischen Staates über seine eigenen "kleinlichen" Forderungen nach besseren Lebensbedingungen stellt.
Die Perspektive, "eine Welt von Bürgern" zu schaffen in einer Demokratie, die den Weg zu einer glücklichen Menschheit eröffne, ist bare Illusion. Sie soll das Bewusstsein zermürben, dass der immer mehr Barbarei und Chaos stiftende Kapitalismus von der Arbeiterklasse gestürzt werden muss.
(leicht gekürzte Fassung eines Artikels aus unserer Zeitung in Frankreich, Anfang Januar)
– eine ausführlichere Analye dieser Frage haben wir in dem Editorial der Internationalen REview Nr. 120 auf englisch-französich-spanisch entwickelt - siehe unsere Webseite
Die “Plattform" und das "Manifest der IKS” sowie unsere Broschüre “Nation oder Klasse” sind jüngst auf russisch erschienen.
Interessierte Leser können sie bei uns anfordern.
Links
[1] https://de.internationalism.org/en/tag/11/151/nationale-lage-deutschland
[2] https://de.internationalism.org/en/tag/geographisch/deutschland
[3] https://de.internationalism.org/en/tag/2/30/die-gewerkschaftsfrage
[4] https://de.internationalism.org/en/tag/politische-stromungen-und-verweise/linksextreme
[5] https://de.internationalism.org/en/tag/politische-stromungen-und-verweise/internationales-buro-fur-die-revolutionare-partei
[6] https://de.internationalism.org/en/tag/2/29/proletarischer-kampf
[7] https://de.internationalism.org/en/tag/nationale-situationen/nationale-lage-der-schweiz
[8] https://de.internationalism.org/en/tag/geographisch/schweiz
[9] https://de.internationalism.org/en/tag/4/60/asien
[10] https://de.internationalism.org/en/tag/3/52/umwelt
[11] http://www.geocities.com/cci
[12] https://de.internationalism.org/content/88/einleitung-der-iks-zur-erklaerung-des-nci-vom-27-oktober-2004
[13] https://de.internationalism.org/content/64/erklaerung-des-nucleo-comunista-internacional
[14] https://de.internationalism.org/en/tag/politische-stromungen-und-verweise/parasitismus
[15] https://de.internationalism.org/en/tag/geographisch/europa
[16] https://de.internationalism.org/en/tag/3/43/imperialismus
[17] https://de.internationalism.org/en/tag/2/31/der-parlamentarische-zirkus