Der weltweite Erfolg des Films Gladiator hat ein erneuertes Interesse am alten Rom und der Rolle der Gladiatoren erzeugt. Wenn man sich mit dieser Frage befasst, stößt man auf den Sklavenkrieg zwischen 73 und 71 v. Chr., welcher von dem Gladiator Spartakus angeführt wurde. Im Gegensatz zu dem im Film auftretenden Gladiator, welcher die im Zentrum stehende Figur und seine kleine Gruppe von Gladiatoren dem bösen Kaiser Kommodus gegenüberstellt, beteiligten sich an der wirklichen Sklavenrevolte 100.000 oder mehr Sklaven im Kampf gegen ihre römischen Unterdrücker. Dabei besiegten sie immer wieder die als unbesiegbar geltenden Legionen. Obwohl sie blutig niedergeschlagen wurde, inspirierte diese Revolte revolutionäre Bewegungen. Die größte Gruppe von Revolutionären in Deutschland, welche sich gegen den 1. Weltkrieg stellte, nannte sich Spartakusbund. Damit wollte sie ihre Entschlossenheit, einen Krieg gegen die herrschende Klasse zu führen, zum Ausdruck bringen. Und wie im Falle Spartakus und der Sklavenarmee wurde der revolutionäre Kampf der Arbeiter in Deutschland im Blut ertränkt. Folglich wurde der Name Spartakus zum Inbegriff der revolutionären Bestrebungen der Ausgebeuteten. Dagegen dreht sich der Film ’Gladiator’ um den Helden und seine kleine Gruppe von Anhängern, welche gegen den ach so bösen Kommodus für ein Reich eintraten, das sich auf "Gerechtigkeit" stützte (die Ausbeutung von Sklaven wird nicht mal erwähnt), kurzum im Film kämpft man für Demokratie gegen Diktatur.
Das Ziel dieses Artikels ist nicht eine Kritik an Gladiator oder eine detaillierte Geschichte Spartakus zu verfassen, statt dessen wollen wir zeigen, warum die Spartakusrevolte, obwohl sie von einer anderen ausgebeuteten Klasse getragen wurde, nur verstanden und für sich beansprucht werden kann durch die ausgebeutete Klasse in dieser Gesellschaft, das moderne Proletariat.
Dabei werden wir zeigen, wie die heutige Klasse von "Sklavenbesitzern", die Bourgeoisie, versucht, die Geschichte von Spartakus zu verdrehen und für ihre eigenen Zwecke zu nutzen.
Die Erhebung der Sklaven zwischen 73- 71 v. Chr. Erfolgte nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie spiegelte die breite soziale Aufruhr wider, welche die Römische Republik erschütterte. Im 2. J.H. v. Chr. hatte die römische Armee den Mittelmeerraum erobert und sich weiter über Europa ausgedehnt. Die fortgesetzten Eroberungen sorgten für einen wachsenden Zustrom von Sklaven und ersetzten die Bauern, welche die Grundlage des Römischen Reiches gewesen waren. Anstelle des alten Systems der kleinbäuerlichen Wirtschaft entstanden nun große Latifundien, die Sklavenarbeit zum Abbau von Rohstoffen und zur Herstellung von landwirtschaftlichen Produkten nutzten. In den Städten wurden die Handwerker immer mehr durch Sklavenarbeit ersetzt. Zur gleichen Zeit war eine sehr kleine Minderheit der herrschenden Klasse in der Lage, die Kontrolle über die Ausbeutung der Reichtümer der neu eroberten Gebiete zu erlangen. Dies erzeugte starke soziale Spannungen: zwischen der herrschenden Klasse und denen, welche auf dem Land arbeitslos wurden oder als Arbeitslose vom Land in die Städte getrieben wurden. Auch verschiedene Interessen innerhalb der herrschenden Klasse prallten aufeinander. Wir haben hier keinen Platz, um dies im Rahmen dieses Artikels näher zu analysieren. Stattdessen empfehlen wir Karl Kautsky's „Der Ursprung des Christentums" zu lesen. Diese Spannungen führten ab 130 v. Chr. zu einer Serie von blutigen Bürgerkriegen. Während dieser Periode führten die Brüder Gracchus die Bewegung der Besitzlosen gegen den Staat, insbesondere der früheren Legionäre, welche einst Parzellen von Land als Vergütung für ihre jahrelangen Dienste erhalten hatten. "Die privaten Söldner kämpften um und starben für das Wohlergehen und den Luxus der Großen. Sie wurden eingestuft als Herren der Welt, während sie keinen Fuß Land besaßen" (Tiberius Gracchus erwähnt von M Beer's Allgemeine Geschichte des Sozialismus und der sozialen Kämpfe,. Russel & Russel, 1957). 132 v. Chr. wurde Tiberius und sein Unterstützer von der herrschenden Partei ermordet, und 121 v. Chr. traf seinen Bruder Caius und seine Unterstützer ein ähnliches Schicksal. In den darauf folgenden Jahren wurden Massaker und blutige Bürgerkriege zur Norm. Zehntausende fanden bei den Kämpfen unter verschiedenen Fraktionen der herrschenden Klasse um die Kontrolle des Staates den Tod.
Mitten in diesem Aufruhr brach der von Spartakus angeführte Sklavenaufstand aus. Aber nochmals, dies ist im Kontext mit den zwei vorhergehenden Sklavenkriegen zu sehen, welche in Sizilien stattfanden (v. Chr. 134-32, 104-101). In diesen Kriegen erhoben sich Tausende von Sklaven auf den großen Gütern, die auf der Insel bestanden, und besiegten ihre römischen Herrscher, bevor sie dann wiederum gegen römische Legionen kämpften. In diesen Kämpfen wurden sie mit großer Gewalt niedergeschlagen. Zur Zeit des ersten Krieges in Kleinasien stand im Königreich von Pergamum, Aristonikos, der Halbbruder des früheren Königs, den Römern gegenüber. Er befreite die Sklaven und gründete den Sonnenstaat, welchem eine "kommunistische" Ordnung nachgesagt wurde. Dort gab es eine "vollständige politische Demokratie; die Gesamtheit der Bewohner, alteingesessen oder ausländisch, mit Eigentum oder enteignet, bekamen Stimmrecht und die Unabhängige Befugnis über ihren Staat" (Beer, ibid, p153). Von 133 bis 129 führten die Römer Krieg gegen den Sonnenstaat bevor sie ihn letztendllich zerstörten. Auf diesem Hintergrund des sozialen Aufruhrs und einer Reihe von blutigen Sklavenkriegen brach der dritte große Sklavenkrieg aus.
Die Informationen, die wir über Spartakus und den Sklavenkrieg, haben sind sehr begrenzt- einige tausend Worte, geschrieben von altertümlichen Historikern der herrschenden Klasse: Sallust, ein römischer Senator (1. Jahrhundert v. Chr.), Plutarch und Appian waren wohlhabende Aristokraten ( 2. J.h. n. Chr.). Die Tatsache, dass diese Mitglieder der herrschenden Klasse es für notwendig erachteten, sich mit dieser Revolte zu befassen, zeigt wie wichtig sie war. Wie wir gesagt haben, wollen wir hier keine historische Schilderung liefern, sondern die Hauptzüge dieses Kampfes aufzeigen. Anfänglich brachen Spartakus und 70 weitere andere Gladiatoren aus ihrer Gladiatorschule in Capua aus, nachdem ihr Plan eines größeren Ausbruchs aufgedeckt wurde. Die Tatsache, dass solch eine Gruppe von Gladiatoren mit unterschiedlichem ethnischen Hintergrund, die dafür ausgebildet waren, sich gegenseitig zu töten, einen solchen Plan ausarbeiten konnten, zeugt von einer wirklichen Solidarität unter ihnen. Sobald sie frei waren, flohen sie zum Berg Vesuv. Hier sagt Appian, verbanden sich viele Sklaven und einige freie Menschen mit ihnen. "Seitdem Spartakus die Einnahmen aus Überfällen zu gleichen Teilen verteilte, ließ dies ihm schnell eine große Anzahl von Streitern zuströmen" (Appian, in Spartakus und der Sklavenkrieg, eine kurze Geschichte mit Dokumenten, von Brent D. Shaw, S. 140). Solche vorkommunistischen Maßnahmen belegen die Führungsrolle Spartakus: "Spartakus verbot Händlern Gold und Silber zu importieren, und er verbot seinen eigenen Leuten welches zu erwerben. Zum größten Teil kaufte er Eisen und Kupfer und kritisierte nicht diejenigen, die diese Metalle importierten" (Appian, ibid, S.142). Diese Maßnahmen mussten eine sehr wichtige Eigenschaft des Sklavenkrieges sein, denn der römische Historiker Pliny verglich dies mit der Gier des Reichs: "Wir wissen", sagt Pliny in dem dreiunddreißigsten Buch seiner Naturgeschichte, "dass Spartakus in seinem Lager kein Gold und Silber erlaubte. Unsere ausgerissenen Sklaven überragen uns in der Größe des Geistes" (zitiert in Kautsky's Der Ursprung des Christentums). Diese Handlungen konnten den Massen der Sklaven nicht von Spartakus aufgedrängt worden sein, sondern mussten den Wunsch der Mehrheit nach einer Gesellschaft mit größerer Gleichheit reflektiert haben. Spartakus war auch gegen die mutwillige Plünderung von Teilen seiner Armee, insbesondere gegen diejenigen, die unter dem Kommando von Gaul Krixos ausgeführt wurden. "Spartakus besaß nicht die Mittel sie aufzuhalten, obwohl er sich wiederholt eindringlich dagegen aussprach und sogar versuchte einen Boten zu schicken, um andere Städte vor solchen Plünderungen zu warnen (Shaw, S. 148). Diese Spaltungen innerhalb der Sklavenarmee waren scheinbar einer der Hauptgründe dafür, dass sie nicht aus Italien ausbrechen konnten, obwohl die Armee zweimal die Alpen erreichte. Jedoch sagte Florus (Florus 2. J.h. n. Chr.), nachdem die Armee, die von Lentulus geführt wurde, in den Alpen ausgelöscht wurde und sie danach das Lager von Gaius Crassus angriffen, dachte Spartakus daran Rom anzugreifen. Am Ende, nachdem sie durch Crassus in den äußersten Süden Italiens abgedrängt wurden und immer mehr Legionen aus dem Ausland eintrafen, mussten Spartakus und die Sklaven sich entweder gefangen nehmen lassen oder einen letzten Aufstandsversuch machen. Die Sklavenarmee entschied sich für letzteres. In vollen Schlachtreihen traten sie den sie verfolgenden Legionen entgegen. 36.000 starben auf dem Schlachtfeld, später kamen noch viel mehr hinzu, nachdem die herrschende Klasse erbarmungslos diejenigen zur Strecke brachte, die die Kühnheit besessen hatten, ihre Legionen zu besiegen, ihre Generäle und Würdenträger der Oberschicht zu töten und gegen die herrschende Klasse aufzustehen. Als eine Warnung an alle anderen Rebellen kreuzigte die herrschende Klasse 6.000 Überlebende der Sklavenarmee entlang der Via Appia, der Hauptstraße nach Rom. Schließlich war die Niederwerfung der Sklavenarmee nicht einfach auf die inneren Spaltungen oder taktischen Fehlern zurückzuführen. Sie spiegelte vielmehr die geschichtliche Begrenztheit der Epoche wider. Obwohl sie die damals am höchsten entwickelte Gesellschaft war, welche die Welt bis damals gesehen hatte, konnte die römische Sklavengesellschaft nie die Produktivkräfte bis zu dem Punkt entwickeln , ab dem eine wirkliche allgemeine kommunistische Gesellschaft hätte hervorgebracht werden können. Der Niedergang der Sklavengesellschaft konnte nur durch ein fortschrittlicheres System der Ausbeutung ersetzt werden (so entstand nach dem Niedergang der Sklavengesellschaft in Europa der Feudalismus). Auf diesem Hintergrund kann man verstehen, dass die Sklaven keine revolutionäre Klasse waren, die mit ihrem Kampf die Grundlage für ein neues Gesellschaftssystem gelegt hätten und noch weniger ein bewusstes Programm für seine Verwirklichung. Ihre Hoffnungen auf eine Gesellschaft, in der privater Besitz nicht länger existieren würde, konnten nur Träume bleiben, die auf Erinnerungen an eine verlorene gegangene Stammesordnung und auf Mythen eines ursprünglichen goldenen Zeitalters basierten. Das bedeutet nicht, dass Marxisten auf diese Revolte oder die kommunistischen Träume der früheren ausgebeuteten Klassen mit Verachtung herabblicken. Im Gegenteil, diese Revolten haben Generationen von Proletarier inspiriert und diese Träume bleiben unentbehrliche Schritte hin zu einer wissenschaftlichen kommunistischen Ansicht über die moderne Arbeiterklasse.
Die Entwicklung der Reaktion der herrschenden Klasse auf den Sklavenkrieg ist sehr aufschlussreich. Im Frankreich des 18. Jahrhunderts hielt die revolutionäre Bourgeoisie Spartakus für einen Helden und einen Ausdruck ihres eigenen Kampfes gegen den Feudalismus; im 19. Jahrhundert wurde er ebenso von der italienischen Bourgeoisie für sich eingenommen. Sobald jedoch die Bourgeoisie ihre unbestrittene Vorherrschaft gefestigt hatte, wurde Spartakus zu einer gefürchteten Gestalt, weil der Sklavenkrieg beunruhigend nahe rückte an den Klassenkrieg, der nun zwischen der Bourgeoisie und ihrem Todesfeind, der Arbeiterklasse, Gestalt annahm. Diese Angst vor dem Klassenkampf nahm durch die revolutionären Kämpfe zwischen 1917 und 1927 eine konkrete Form an, als die "Spartakisten" zu einem Synonym für "Bolschewismus" und Weltrevolution wurde: "Übrigens ist der Name ‚Spartakusleute’, den die deutschen Kommunisten jetzt tragen, diese einzige Partei in Deutschland, die wirklich gegen das Joch des Kapitalismus kämpft, von diesen gewählt worden, weil Spartakus einer der hervorragendsten Helden eines der größten Sklavenaufstände vor ungefähr zweitausend Jahren war" (V. I Lenin, Über den Staat, Lenin Bd. 29, S. 472) In die Fußstapfen der blutigen Unterdrückung der ursprünglichen Spartakusbewegung durch Rom tretend, schlug die deutsche Bourgeoisie den Sklavenkrieg von heute mit großer Brutalität nieder.
In den folgenden Jahren der Konterrevolution fühlte sich die herrschende Klasse weniger durch das Gespenst des Klassenkampfes bedroht, und ab den Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts fühlte sie sich selbstbewusst genug, Spartakus für den kalten Krieg einzuspannen. Zu diesem Zweck benutzte die amerikanische Bourgeoisie Hollywood und Stanley Kubrick's Film Spartakus, mit Kirk Douglas in der Hauptrolle. Dies soll nicht den künstlerischen Verdienst des Filmes bestreiten, der dem jüngsten Gladiatorfilm mit seiner Flut von Spezialeffekten mit dem Ziel der Aktualisierungsversuche bei weitem überlegen ist. Tatsächlich enthält der Film Szenen, welche wunderschön die befreiende Kraft der Solidarität vermitteln, wie zum Beispiel die Darstellung des anfänglichen Ausbruch aus der Gladiatorenschule und ganz besonders die unvergessliche Szene, als die römischen Sieger versuchten Spartakus zu identifizieren, Tausende von gefangenen Sklaven nach vorne traten und angaben "ich bin Spartakus". Nichtdestoweniger ist die ideologische Absicht des Films offensichtlich. Spartakus selbst wird zu einer Christus-ähnlichen Gestalt verdreht, welche die Sklaven in die Freiheit führt. Dies wird deutlich am Ende des Films, als er gekreuzigt wird. Dies ist eine vorsätzliche Lüge, um die Erinnerung an den Sklavenkrieg auszulöschen. Spartakus starb nicht am Kreuz, sondern im Endkampf auf seinem Weg zu Crassus, dem überragenden Symbol der herrschenden Klasse Rom's - er war der reichste und mächtigste Mann in Rom. "Als man ihm sein Pferd brachte, zog Spartakus sein Schwert und rief, wenn er die Schlacht gewänne, würde er viele gute Pferde haben, wenn er sie aber verlieren würde, bräuchte er kein Pferd mehr. Daraufhin tötete er das Tier. Dann stürmte Spartakus, sich seinen Weg durch Waffen und Verwundete bahnend, zu Crassus. Er erreichte niemals den Römer, aber er tötete zwei Centurios, die mit ihm fielen" (Plutarch, ibid 136).
Der Film wurde benutzt, um die westlichen Werte des "Westens" gegen die Diktatur aufzubauschen. Der Film wollte die Botschaft vermitteln, dass der Diktatur nur durch Freiheit, Demokratie und Christentum entgegen getreten werden kann. Am Anfang des Filmes sagt der Kommentator, während Spartakus und die Sklaven im Krieg besiegt wurden, war es das Christentum, welches schließlich die Sklaven befreite (während man gleichzeitig nicht erwähnte, dass das Christentum im 16. bis zum 19. Jahrhundert eine Hauptstütze der Sklaverei in Europa war). Die Sklaverei wurde als Schandfleck der römischen Zivilisation dargestellt und nicht als ihre Grundlage.
Er war ebenso Teil der Bestrebungen der USA, die Märkte der früheren britischen Kolonien zu gewinnen. Kirk Douglas sagte in seiner Autobiographie, ‚Ragman's Son’, er habe darauf bestanden, dass alle Hauptrollen der herrschenden Klasse Roms durch britische Schauspieler gespielt werden sollten und die Sklavenrollen durch amerikanische oder andere Schauspieler.
Der Stalinismus trug auch zur Verzerrung der Bedeutung des Spartakus-Aufstandes bei. Der "Skriptschreiber" des Films, Dalton Trumbo, ein Stalinist, stellte Spartakus mit Stalin und den heißspornigen Krixos, welcher sich im Film von Spartakus trennte, um Rom anzugreifen, mit Trotzki gleich.
Der Film stützt sich auf den Roman von Howard Fast. Im Film werden die Sklaven so gezeigt, als ob sie Spartakus bis zum bitteren Ende gefolgt wären, aber im Buch werden die Sklaven für das Scheitern des Krieges verantwortlich gemacht. Aber als ein guter Stalinist hatte Howard Fast für die Arbeiterklasse nichts als Verachtung übrig. Dies wird im Buch deutlich, in dem die Sklaven so dargestellt werden, als ob sie die Idealen Spartakus nicht erfüllen konnten. Dies ist auch die Botschaft, die in Arthur Koestler's Roman ‚The Gladiator’ vermittelt werden soll. Koestler war in der 1930er Jahren ein Stalinist, aber er wurde offenkundig von der Revolution und dem Proletariat enttäuscht. Für ihn wie für Fast war Spartakus ein revolutionärer Führer, der einen Pöbel anführt, welcher nicht seinen Idealen entsprach.
Ein noch bösartigerer Angriff ist kürzlich von Alan Baker in seinem Buch „Der Gladiator -Die geheime Geschichte Roms Kriegssklaven" lanciert worden, das sich den Erfolg des Films zunutze macht. In einem Kapitel über Spartakus bestätigt Baker die Meinung des Historikers Christian Meir, dass dieser "ein Räuberchef im großen Stil" war. Das zeigt, auf welches niedrige Niveau die Bourgeoisie herabsinkt, um die Bewegung anzugreifen, die ihre Vorfahren bedrohte. Die Historiker des Altertums zeigten mehr Würde, und obwohl sie Spartakus und all das, wofür er stand, hassten, kannten sie seine Stärke und Persönlichkeit an. "Spartakus war ein Thraker, geboren inmitten von nomadischen Hirten. Er besaß nicht nur einen großen Geist und körperliche Stärke, sondern er war auch intelligenter und nobler als sein Schicksal und er war griechischer als seine Herkunft aus Thrakien vermuten lassen könnte" (Plutarch, op cit S. 131-2).
Am Anfang des Jahres brachte der englische Sender Channel 4 einen Film über Spartakus. Obwohl die Sendung ausgeglichener war, zeigte die Sendung erneut Spartakus nicht seinem revolutionären Image entsprechend, weil er bei einer Gelegenheit gefangene Römer in Gladiatorenspielen kämpfen ließ und ebenso einen gefangenen Römer kreuzigte. Noch aufschlussreicher war, dass der Dokumentarfilm von einem früheren Armeeoffizier erstellt wurde, der sich auf Spartakus’ außerordentliche strategische und taktische Fähigkeiten konzentrierte. Es wurde nichts über die sozialen Ideale der Bewegung gesagt und noch weniger darüber, wie eine so gewaltige Masse von Sklaven und anderen unterdrückten Schichten die Organisierung des Kampfes zustande brachten (tatsächlich bleibt dies bis heute nahezu völlig undurchsichtig).
Die herrschende Klasse wird bestimmt weiter versuchen, jeden möglichen Gebrauch von den großen Klassenkriegern der Geschichte zu machen. Aber im Falle Spartakus stimmen wir mit der Einschätzung Marxens überein, die er in einem Brief an Engels schrieb: "Spartacus erscheint als der famoseste Kerl, den die ganze antike Geschichte aufzuweisen hat. Großer General (kein Garibaldi), nobler Charakte, real representative des antiken Proletariats" (MEW, Bd. 30, S. 160).
Für Marx war die Größe Spartakus letztendlich auf die Tatsache zurückzuführen, das er ein "real representative des antiken Proletariats" war: mit anderen Worten, er war ein Produkt des Kampfes einer ausgebeuteten Klasse, welche es wagte, ihre Ausbeuter herauszufordern. In einer Welt, die immer noch auf der Ausbeutung einer Klasse durch eine andere gründet, bleibt Spartakus ein einflussreiches Symbol für das moderne Proletariat, das die Fähigkeit besitzt, alle Formen der Sklaverei für immer zu beenden. Phil, 17.7.2001
Bei der Frage, die wir heute diskutieren wollen, geht es schlicht und ergreifend um die des Überlebens der Menschheit.
Eine Bewertung der neuesten Prognosen der Wissenschaftler zur Klimakatastrophe zeigt unleugbar, dass, wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher, die stufenweise Zerstörung des Planeten und damit die Vernichtung der Lebensgrundlagen der Menschen vorprogrammiert ist.
Geht allein die Klimaerwärmung so weiter wie bisher, sind die Konsequenzen langfristig so katastrophal, dass das Überleben der Menschen auf dem Spiel steht.
Bei einem weiteren Anstieg der Durchschnittstemperaturen der Erde seien hier nur einige der Konsequenzen erwähnt, die die Wissenschaftler erwarten:
Bei der Frage, die wir heute diskutieren wollen, geht es schlicht und ergreifend um die des Überlebens der Menschheit.
Eine Bewertung der neuesten Prognosen der Wissenschaftler zur Klimakatastrophe zeigt unleugbar, dass, wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher, die stufenweise Zerstörung des Planeten und damit die Vernichtung der Lebensgrundlagen der Menschen vorprogrammiert ist.
Geht allein die Klimaerwärmung so weiter wie bisher, sind die Konsequenzen langfristig so katastrophal, dass das Überleben der Menschen auf dem Spiel steht.
Bei einem weiteren Anstieg der Durchschnittstemperaturen der Erde seien hier nur einige der Konsequenzen erwähnt, die die Wissenschaftler erwarten:
Die Polkappen und Gletscher schmelzen. Dadurch steigt der Meeresspiegel bedrohlich an. Mit steigendem Meeresspiegel erhöht sich der Druck der Wassermassen in den Ozeanen. Es wird befürchtet, dass dadurch unberechenbare Prozesse entstehen, zum Beispiel tektonische Verschiebung in der Erdkruste, was die Gefahr von Erdbeben erhöht und zu einer Häufung von Vulkanausbrüchen führt.
Durch noch längere und verheerendere Dürreperioden in den einen Weltregionen und sintflutartige Regenfälle und Überschwemmungen in den anderen wird die Landwirtschaft nicht mehr ausreichend Lebensmittel bereitstellen können. Eine massive Lebensmittelknappheit ist nur noch eine Frage der Zeit.
Durch die weiter ansteigende Verpestung der Luft mit CO2 nehmen die damit verbundenen Krankheiten noch epidemischere Ausmaße an. Mensch und Umwelt werden also immer stärker bedroht.
Viele Siedlungsgebiete dieser Welt, in denen allein 40 Prozent der Weltbevölkerung lebt, sind durch den Anstieg des Meeresspiegel von Überflutung bedroht. Die Zahl der dadurch in die Flucht getriebenen Menschen ist einfach unvorstellbar.
Die Gefahr irreparabler Schäden wird immer offensichtlicher, denn die jetzt aufgetretenen Schäden sind das Ergebnis der Emissionen der letzten Jahrzehnte. Und bislang ist der Trend nicht mal gebrochen. Es steht uns also ein wahres Inferno bevor.
Kein Wunder, dass die Warnrufe selbst aus dem bürgerlichen Lager lauter und deutlicher werden. Kein Wunder, dass der Film Al Gores „Die unbequeme Wahrheit" auf solch großes Interesse stößt. Kein Wunder, dass die Warnung vor der bevorstehenden Explosion der durch die Umweltverschmutzung bedingten Kosten vom britischen Ökonomen und Regierungsberater Stern so viel Aufmerksamkeit erregte. Kein Wunder, dass von vielen Seiten der Ruf nach einschneidenden Maßnahmen zu hören ist.
Wir wollen uns deshalb mit der Frage befassen, ob es möglich ist, innerhalb des Kapitalismus, d.h. mit Hilfe kapitalistischer Regulierungsmittel, die Umweltzerstörung aufzuhalten, deren Schäden zu reparieren und künftige gar zu verhindern. Doch zuvor muss man klären, wie es dazu kommen konnte, dass die Zerstörung der Umwelt solche Ausmaße angenommen hat, um zu verstehen, was man heute und in der Zukunft machen kann.
Mit ihrer Fortentwicklung hat die Menschheit die Quellen der Natur immer intensiver genutzt und dabei immer ausgefeiltere Techniken zur Herstellung von Produkten entwickelt.
Doch stets konnten die Menschen, sobald die Ressourcen der Natur an einem Ort oder einer Region knapp wurden, weiterziehen, um in anderen, üppiger ausgestatteten Regionen nach Nahrung suchen, konnten sie sich woanders niederlassen, um jungfräulichen Boden zu bestellen. Der Einfluss der Menschen auf die Natur blieb meist lokal beschränkt und so lange geringfügig, wie die Menschen nur für sich produzierten. Zwar führten auch im Altertum und im Mittelalter große Kriege und die damit verbundene Aufrüstung zum Abholzen ganzer Wälder, aber das Ausmaß dieser Eingriffe in die Natur blieb noch relativ begrenzt.
Erst mit dem Aufkommen des Kapitalismus änderten sich die Bedingungen. Der Kapitalismus ist die erste Produktionsweise, die sich immer mehr ausdehnen, immer mehr expandieren muss, um zu überleben. Daher muss diese Produktionsweise der gesamten Welt ihre Mechanismen aufzwingen - mit den entsprechenden globalen Konsequenzen. Die Umweltverschmutzung belastet Luft, Wasser und Boden, und da die Emissionen nicht an einem Ort der Erde verharren, sondern sich über den ganzen Erdball ausdehnen, sind die Auswirkungen nicht auf einen Ort der Erde beschränkt, sondern sie sind überall zu spüren.
Worin bestehen diese Mechanismen, die eine derartige Umweltverschmutzung hervorbringen?
Der Kapitalismus produziert nicht für die Bedürfnisse der Menschen, sondern für den Profit, für den Tauschwert. Nicht der Gebrauchswert, d.h. nicht der Nutzen einer Ware für die menschlichen Bedürfnisse motiviert den Kapitalisten, er produziert, was sich verkaufen lässt.
Während in den früheren Produktionsformen Produkte hergestellt wurden, die dem täglichen Gebrauch dienten, sei es dem Konsum der Ausgebeuteten oder dem Luxusbedürfnis der Herrschenden, wird im Kapitalismus ausschließlich für Profit produziert.
Nutzen, Art, Zusammensetzung, Entstehung, Verwertung und Entsorgung der produzierten Waren sind dem Kapitalisten schnuppe – Hauptsache, es lässt sich damit Geld machen. Dieser Mechanismus führt dazu, dass im Kapitalismus Waren hergestellt werden, die oft nur einen geringen oder gar keinen Gebrauchswert haben.
Ist der Nutzen eines Produktes oft schon verschwindend gering, nimmt die Herstellung vieler Produkten noch absurdere Züge an. Es werden Produkte hin- und hertransportiert, nicht weil deren Beschaffenheit oder Veredelung dies verlangen würde, sondern weil die Herstellung bzw. Verarbeitung an verschiedenen Standorten für den einzelnen Kapitalisten kostengünstiger ist.
Beispiele gibt es genug: So wird Milch von Deutschland über die Alpen nach Italien transportiert, um dort zu Joghurt verarbeitet zu werden, bevor dieser wieder nach Deutschland über die Alpen zurückbefördert wird, um hier verkauft zu werden. Ein anderes Beispiel: PKWs werden heute aus einzelnen Bestandteilen an vielen verschiedenen Orten hergestellt, die durch halb Europa gekarrt werden, ehe sie in den riesigen Montagebetrieben zusammengebaut werden und vom Band laufen. Bevor eine Ware im Regal zum Verkauf bereitliegt, haben ihre Bestandteile in verschiedenster Form schon unzählige Kilometer zurückgelegt. Warum? Es ist das günstige Verhältnis zwischen Lohn- und Transportkosten, das den einzelnen Unternehmer dazu veranlasst, seine Produktion zu verlagern und auf verschiedene Standorte aufzuteilen.
So sind unglaublich umfangreiche Güterbewegungen entstanden, die bei einer vernünftigen Produktionsweise, die sich nicht nach den Profitinteressen des einzelnen Unternehmers richtet, sondern nach den Bedürfnissen der Menschen, nicht anfallen würden. Solange die Unternehmer ihre Güter hin und herkarren, nur weil in dem einen Ort billiger produziert werden kann als in dem anderen, lassen sich die weltweiten CO
Unsere Behauptung lautet also: Es ist die geradezu wahnhafte Logik eines Systems, das nicht für die Bedürfnisse der Menschen, sondern für Profit produziert, die den Kapitalismus dazu treibt, immer mehr Verkehr und damit immer größere CO2-Emissionen nicht vermeiden. Allein ein Drittel dieser Emissionen sind auf den Verkehr zurückzuführen. Ein Teil dieser vom Verkehr verursachten Emissionen ist aber auch dem Umstand geschuldet, dass aufgrund der Konzentration der immer weniger werdenden Arbeitsplätze in Ballungsgebieten jeden Tag Hunderte von Millionen Menschen pendeln müssen. Viele Arbeiter legen auf dem Weg zu ihrer Arbeit wahre Marathonstrecken zurück, oft stundenlang, mit entsprechendem CO2-Ausstoß. 2-Emissionen zu produzieren. Und die Prognosen der Wissenschaftler sagen ein weiteres enormes Wachstum des Transport- und Logistiksektors voraus...
Ein weiteres Prinzip im Kapitalismus ist, dass jeder Kapitalist für sich produziert. Er steht in meist mörderischer Konkurrenz zu anderen Produzierenden. Weil somit jeder der Rivale des anderen ist, kann es keine Absprachen, keine Planung, kein gemeinsames Vorgehen geben, sondern nur ein Sich-Durchsetzen des einen auf Kosten des anderen. Leidtragender ist die Natur und damit letztendlich der Mensch. Denn die Konkurrenz hat zur Folge, dass bei der Erstellung eines Produktes nicht danach gefragt wird, ob der Bau der dafür notwendigen Fabrik im Einklang steht mit den Gegebenheiten der Natur, ob der Anbau eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses gesamtwirtschaftlich, d.h. gesellschaftlich sinnvoll ist.
Die Folge: Unternehmer können Fabriken inmitten unberührter Landschaften errichten, weil sich dort leichter Rohstoffe fördern lassen oder mit billigen Löhnen produziert werden kann. Bauern bestellen die Felder mit Pflanzen, die ohne künstliche Bewässerung, ohne Unmengen von Pestiziden und Fungiziden usw. nicht gedeihen können, während sie an anderen Orten auf der Erde ohne all diese Hilfsmittel bzw. mit einem viel geringeren Aufwand gedeihen könnten. Mittlerweile reift in der Landwirtschaft ein Drittel der Ernteerzeugnisse mit künstlicher Bewässerung heran. Die Folge: zwei Drittel des weltweit vorhandene Süßwassers wird von der Landwirtschaft zur künstlichen Bewässerung benötigt.
Die Folgen des Raubbaus an der Natur sind bekannt: Überdüngung, Entzug des Grundwassers, Versalzung der Böden. So ist infolge der künstlichen Bewässerung weltweit ca. ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche durch Versalzung bedroht. Die langfristigen Auswirkungen dieser durch die Konkurrenz entstandenen Schäden an der Umwelt sind noch gar nicht abzusehen.
Wie lässt sich die Tatsache erklären, dass mehr als 150 Jahre Kapitalismus eine ökologische Trümmerlandschaft hinterlassen haben, dass die jeweiligen Konkurrenten – vom einzelnen Unternehmer bis hin zu den Staaten – nicht miteinander, sondern gegeneinander arbeiten? Stimmt es, was Rosa Luxemburg schon vor nahezu 100 Jahren schrieb?
„In dem Ganzen, das sich über Ozeane und Weltteile schlingt, macht sich kein Plan, kein Bewusstsein, keine Regelung geltend; nur blindes Walten unbekannter, ungebändigter Kräfte treibt mit dem Wirtschaftsschicksal der Menschen sein launisches Spiel. Ein übermächtiger Herrscher regiert freilich auch heute die arbeitende Menschheit: das Kapital. Aber seine Regierungsform ist nicht Despotie, sondern Anarchie. Erkennen und bekennen, dass Anarchie das Lebenselement der Kapitalsherrschaft ist, heißt in gleichem Atem das Todesurteil sprechen, heißt sagen, dass ihrer Existenz nur eine Gnadenfrist gewährt ist" (Rosa Luxemburg, Einführung in die Nationalökonomie, Gesammelte Werke, Ökonomische Schriften, Bd. 5, S. 578).
Solange es also keine Planung, keine Abstimmung über eine ökologisch vernünftige, auf Nachhaltigkeit abzielende Produktion gibt, werden die Mechanismen der kapitalistischen Produktion uns und unsere Umwelt weiter vergiften; denn der Kapitalist fragt nicht, was wo wie am vernünftigsten produziert werden kann. Und solange die Produktion nicht nach diesen Kriterien organisiert wird, werden die Müllberge, die Deponien und Kloaken weiter wachsen.
Nun sagen die selbsternannten Umweltschützer und andere, weil die Lage so dramatisch sei und die Welt durch die Umweltzerstörung vernichtet werde, müsse man sofort handeln. Sonst sei es zu spät... In der Tat läuft der Menschheit die Zeit davon. Jeder Tag Kapitalismus bedeutet weitere Zerstörungen und Schäden, die immer irreparabler werden. Die Frage ist, ob die von den Umweltschützern propagierten Maßnahmen die Umweltzerstörung verhindern können. An dieser Stelle wollen wir nur ein Beispiel anführen, um zu verdeutlichen, warum diese Maßnahmen nicht greifen können.
In Kyoto wurde 1997 ein Abkommen, unterzeichnet, das vorsieht, die CO2-Emissionen bis 2012 um X Prozent zu senken. Nun, abgesehen davon, dass in Anbetracht des gigantischen Anstiegs der COs-Emissionen und der daraus erforderlichen Maßnahmen die angestrebte Reduzierung von X Prozent lächerlich gering ist, ja nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein - was hat der Beschluss selbst bewirkt? Einige Länder haben sich an die Vorgaben gehalten, andere dagegen haben noch mehr CO2 emittiert. Unter dem Strich hat der globale CO2-Ausstoß noch weiter zugenommen. Ein Land, das weniger CO2 ausstößt, kann mehr ausstoßen, indem es Geld von einem anderen, mehr ausstoßenden Land erhält, das angeblich für umweltfreundlichere Produktion benutzt werden soll. So werden weltweit nicht die globalen Emissionen gesenkt, sondern nur verlagert.
Weil man das Problem mittels finanzieller Anreize und „Sanktionen" zu regeln versucht, anstatt an seiner Wurzel zu packen, hat der kapitalistische Unternehmergeist keine substanziellen Reduzierungen hervorgebracht, sondern.... eine Emissionenbörse. Man betreibt Schacher mit den Emissionen.
Zudem hat ausgerechnet die größte Industrienation der Welt, die USA, das Abkommen nicht unterzeichnet. Die Bush-Regierung rechtfertigte ihre Weigerung mit der Verteidigung der Konkurrenzfähigkeit der US-Wirtschaft, die durch eine Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls bedroht sei.
Die bald zweitgrößte Industriemacht, der neue Wachstumsstar China, wurde als Entwicklungsland eingestuft, genau so wie Indien – mit besonderen Konzessionen. Doch China ist nicht nur bei den Wachstumszahlen, sondern auch in der Umweltverschmutzung Spitzenreiter. Allein zwei Drittel der chinesischen Städte können beispielsweise nur auf verseuchtes, gesundheitsgefährdendes Trinkwasser zurückgreifen. Ähnliches, wenn auch in etwas geringerem Maße, trifft auf Indien zu. Sollten diese Länder tatsächlich eines Tages mehr Umweltschmutzmaßnahmen ergreifen, so würden sich ihre Produktionskosten erhöhen, die Wettbewerbsvorteile würden im Nu dahinschmelzen, und der Boom in China und in Indien käme zum Erliegen. Tatsache ist, dass man in Anbetracht der bislang registrierten Umweltschäden und Erkrankungen jetzt schon vorhersehen kann, dass es zu einem ökologischen Super-Gau in China und Indien kommen wird; große Gebiete werden aufgrund der ökologischen Zerstörungen unbewohnbar werden. Die Konsequenzen sind unvorstellbar.
Kurzum: Die ökologischen Reformen, die die Umweltschützer vorschlagen, setzen also keineswegs die Mechanismen des Kapitalismus außer Kraft.
Nun, diese verheerenden Mechanismen sind untrennbar mit dem kapitalistischen System verbunden und bestehen seit seinem Beginn. Es stand diesen Widersprüche von Anfang an in den Genen geschrieben, eines Tages die Menschheit in die Zerstörung zu stürzen. Die verheerenden umweltzerstörenden, und gesundheitsschädlichen Auswirkungen dieser Produktionsweise wurden schon früh ersichtlich, doch nachdem der Kapitalismus 1914 in seine Niedergangsphase eingetreten ist, hat die Umweltverschmutzung ganz andere Dimension angenommen. Die Zuspitzung des Konkurrenzkampfes, Weltkriege, lokale Kriege ohne Unterbrechung und der Militarismus hatten und haben katastrophale Auswirkungen auf Mensch und Umwelt.
Rückblickend kann man sagen, dass uns viele tödliche, giftige Hinterlassenschaften des Kapitalismus erspart geblieben wären, wenn der Kapitalismus in der revolutionären Welle von Kämpfen 1917-23 überwunden worden wäre. Die Perspektiven der Menschheit würden heute anders aussehen.
Für das Proletariat ist sein Bewußtsein seine wichtigste und entscheidende Waffe, ohne die es seine historischen Interessen nicht durchsetzen kann. Da wir jetzt in einem Zeitraum leben, in dem die Entscheidung für den Kommmunismus oder die Barbarei gefällt wird, ist die Frage des Bewußtseins von grundsätzlicher Bedeutung.
Die nachfolgenden Artikel wurden Mitte der 1980er Jahre während einer Debatte der IKS zur Frage der Entwicklung des Klassenbewusstseins veröffentlicht.
Für das Proletariat ist sein Bewußtsein seine wichtigste und entscheidende Waffe, ohne die es seine historischen Interessen nicht durchsetzen kann. Da wir jetzt in einem Zeitraum leben, in dem die Entscheidung für den Kommmunismus oder die Barbarei gefällt wird, ist die Frage des Bewußtseins von grundsätzlicher Bedeutung.
Die Bourgeoisie versucht das Proletariat in einen Nihilismus zu treiben, ihm seine Orientierung zu nehmen und die Perspektiven zu verdecken, um es so später zu besiegen und in den Krieg zu führen.
Vor allem möchte die Bourgeoisie das Proletariat in den Sumpf des Apolitismus drängen. Das Klassenbewusstsein ist hauptsächlich ein politisches Bewußtsein; ein Bewußtsein über die Notwendigkeit der Verstärkung des Klassenkampfes gegen den bürgerlichen Staat, für seine Zerstörung und für den Aufbau des Kommunismus. Dieses Bewußtsein setzt das Begreifen voraus, daß das Proletariat in seinen Reihen eine eigene politische Partei schaffen muß, die sein Bewußtsein über den Kommunismus vertieft und ausbreitet. Während die Bourgeoisie in den 70er Jahren das Proletariat für ihre Alternativen zu begeistern suchte (Demokratie, Antifaschismus, Verstaatlichungen usw.), muß sich die Bourgeoisie in Anbetracht des Verschleißes dieser Mythen, der sich vertiefenden Krise und dem Voranschreiten des Klassenkampfes bemühen, die Entpolitisierung zu verstärken. So will sie verhindern, daß die Verwerfung der Politik der Bourgeoisie zu einer Entfaltung der autonomen proletarischen Politik führt.
Deshalb ist eine Diskussion über das Wesen, die Funktion und den Prozeß der Entwicklung des revolutionären Bewußtseins eine grundlegende Frage der militanten Arbeit der Revolutionäre. In diesem ersten Teil der Artikelserie wollen wir uns zunächst mit der Rolle des Bewußtseins in der Geschichte und einer Beschreibung des Wesens des Klassenbewußtseins befassen.
Bei der Entwicklung der Menschheit kann man 3 Faktoren hervorheben: die Natur, die Entwicklung der Produktivkräfte und das Bewußtsein. Die Natur, die über einen langen Zeitraum hinweg ein entscheidender Faktor war, wurde durch die Entwicklung der Produktivkräfte stark gebändigt, die nun mit dem Kapitalismus eine entscheidende Stufe erreichten: sie legten die Grundlagen für die Überwindung des Mangels und der Misere und die bewußte Vereinigung der gesamten Menschheit. Aber dies führt uns zum 3. Faktor, dem Bewusstsein.
Jahrhundertelang war das Bewußtsein ein zweitrangiger und untergeordneter Faktor in der Entwicklung derMenschheit. Erstens weil es ein verschleiertes Bewußtsein der Wirklichkeit war, denn die ausbeutenden Klassen haben es immer der Verteidigung ihrer Interessen untergeordnet. Zweitens weil es hauptsächlich eine betrachtende Widerspiegelung der vorher stattgefundenen Veränderungen der Infrastruktur der Gesellschaft war. Das Bewußtsein hat in den historischen Prozessen eine Rolle gespielt, aber in letzter Instanz war der entscheidende Faktor die Umwälzung der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse, die wiederum das Bewußtsein bestimmt haben. Mit dem Erscheinen des Proletariats muß der Faktor Bewußtsein zum Motor der Entwicklung der Menschheit werden.
- Erstens weil das Proletariat gleichzeitig als ausgebeutete und revolutionäre Klasse nicht das geringste Interesse daran hat, ein falsches Bewußtsein der Welt zu haben, oder sich über seine eigenen historischen Klasseninteressen Illusionen zu machen - die Abschaffung der Ausbeutung und der Klassen setzt ein umfassendes Verständnis der Welt voraus, das weder Tabus, noch irgendwelche Einschränkungen akzeptieren kann.
- Zweitens erfordert und läßt die von den Produktivkräften erreichte Entwicklung der Menschheit es möglich werden, daß die Arbeiterklasse die Kontrolle und die bewußte Orientierung über diese Produktivkräfte ausübt. In der geschichtlichen Existenz des Proletariats liegt die Lösung für den Widerspruch, in dem der Kapitalismus die ganze Menschheit, gefangen hält: einerseits hat er auf phantastische Weise die Produktivkräfte umgewälzt, sie weltweit vorangetrieben, andererseits läßt seine gesellschaftliche Grundlage - das Privateigentum an Produktionsmitteln, die Ausbeutung der Lohnarbeit - sie zu erschreckenden Zerstörungskräften werden, die die Gesellschaft in eine Krise versinken lassen, welche die Bedrohung einer Auslöschung der Menschheit in einen neuen Holocaust eines 3. Weltkrieg bedeutet.
Das revolutionäre, bewußte Handeln des Proletariats stellt eine positive Lösung des historischen Widerspruches zwischen Krieg und Revolution, Barbarei oder Kommunismus dar.
"Der Kommunismus unterscheidet sich von allen bisherigen Bewegungen dadurch, daß er die Grundlage aller bisherigen Verkehrsverhältnisse umwälzt und alle naturwüchsigen Voraussetzungen zum ersten Mal mit Bewußtsein als Geschöpfe der bisherigen Menschen behandelt, ihrer Naturwüchsigkeit entkleidet und der Macht der vereinigten Individuen unterwirft" (Die deutsche Ideologie, MEW Band 3, S.70).
Aufgrund seines Zieles, seiner Mittel und des Prozesses seiner Verwirklichung ist der Kommunismus die erste bewußte Revolution der Geschichte.
Sein Ziel ist die volle Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse. Das Ziel des Kapitalismus besteht nicht in der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse, sondern in der Produktion von Mehrwert, was eine allgemeine Misere für die Arbeiter bedeutet, die nur in Zeiten wirtschaftlichen "Wohlstands" überdeckt wird.
Dagegen ist der Kommunismus die Organisierung des gesellschaftlichen Lebens in ihrer Gesamtheit für die volle Verwirklichung der menschlichen Bedürfnisse. Er beinhaltet die weltweite bewußte Kontrolle und Planung der Produktivkräfte, ihrer Ausrichtung und ihrer Entfaltung.
Die Mittel für die Verwirklichung des Kommunismus sind die menschliche Weltgemeinschaft, die das bewußte Ergebnis der Diktatur des Proletariats sein wird, die wiederum die notwendigen Bedingungen schaffen wird, damit die Gattung Msnsch bewußt und frei ihre Geschichte bestimmen kann.
"Das Subjekt der kommunistischen Revolution, das Proletariat, ist aufgrund seiner Stellung in der Geschichte Träger einer Bewußtseinsform, die eine wirkliche und keine verschleierte, eine globale und keine partielle, eine aktive und keine rein widerspiegelnde Erkenntnis der Welt besitzt.
"Die Aneignung ist ferner bedingt durch die Art und Weise, wie sie vollzogen werden muß. Sie kann nur vollzogen werden durch eine Vereinigung, die durch den Charakter des Proletariats selbst wieder nur eine universelle sein kann, und durch eine Revolution, in der einerseits die Macht der bisherigen Produktions- und Verkehrsweise und gesellschaftlichen Gliederung gestürzt wird und andererseits der universelle Charakter und die zur Durchführung der Aneignung nötige Energie des Proletariats sich entwickelt, ferner das Proletariat alles abstreift, was ihm noch aus seiner bisherigen Gesellschaftsstellung geblieben ist." (ibid S.68)
Zwischen der kommunistischen Revolution und allen vorherigen Revolutionen gibt es einen gewaltigen Unterschied. Wie alle früheren Revolutionen ist sie notwendigerweise eine gewalttätige und ersetzt die Macht einer Klasse durch die einer anderen. Aber hier hören auch schon die Gemeinsamkeiten auf. Das Proletariat zielt nicht darauf ab, eine neue Form der Ausbeutung zu errichten, sondern sie abzuschaffen.
Es strebt nicht danach, seine Herrschaft als neue Klasse aufrechtzuerhalten, sondern alle bestehenden Klassen abzuschaffen. Im Gegensatz zu der Bourgeoisie besitzt es keine ökonomische Macht, auf deren Grundlage es die politische Macht erobern könnte, sondern es ist vollkommen "besitzlos", seine einzigen Waffen sind die Grundlage der zukünftigen Gesellschaft: die Einheit und das Klassenbewußtsein.
All das wird von vielen Revolutionären außer Acht gelassen, die die Auffassung von der Revolution verteidigen, welche sich auf die Modelle der Bourgeoisie stützen und denen gemeinsam ist, daß sie alle die entscheidende Rolle des massiven Bewußtseins des Proletariats verkennen.
So fassen die Rätekommunisten die proletarische Revolution als das spontane Ergebnis der Zuspitzung der Wirtschaftskrise auf, die die Arbeitermassen zu einer revolutionären Radikalisierung zwingen würde. Solch eine Betrachtungsweise stützt sich auf die bürgerliche Revolution, deren wirtschaftlichen Erschütterungen der alten Ordnung die Massen auf die Straße jagen würden, die dann wiederum als Werkzeug durch die Bourgeoisie bei der Eroberung ihrer Macht mißbraucht wurden. So wird die entscheidende Rolle des Bewußtseins in der proletarischen Revolution außer Acht gelassen, die sich nämlich als bewußte Reaktion gegen die Todeskrise des Kapitalismus entwickelt.
Die Bordigisten vertrauen nur der Partei, die einziger Träger des Bewußtseins sei und die Massen zur Revolution führe. Solch ein Modell stammt aus bürgerlichen Vorstellungen, in der eine politische Minderheit die Unzufriedenheit und den Kampf der Massen für die Ziele der Bourgeoisie ausnützt, da diese kein Bewußtsein
entfalten könnten. Um seine Befreiung durchzusetzen, muß das Proletariat sich voll der Ziele und Mittel seines Kampfes bewußt werden, denn dieser Kampf kann von keiner Minderheit durchgeführt oder ihr delegiert werden. Diese Auffassungen lassen außer Acht, "daß also die Revolution nicht nur nötig ist, weil die herrschende Klasse auf keine andere Weise gestürzt werden kann, sondern auch, weil die stürzende Klasse nur in einer Revolutlon, dahin kommen kann, sich den ganzen alten Dreck vom Halse zu schaffen und zu einer neuen Begründung der Gesellschaft befähigt zu werden." (Die deutsche Ideologie MEW Band 3, S. 70).
Das Klassenbewußtsein bedeutet für das Proletariat die Kenntnis seiner selbst - nicht nur seiner unmittelbaren Existenz als vom Kapital ausgebeuteten Klasse, sondern seiner geschichtlichen Existenz als Trägerin des Kommunismus. Deshalb ist das Klassenbewußtsein kein einfaches Begreifen des Proletariats, sondern gleichzeitig ein umfassendes Verständnis seiner gegenwärtigen Lage und vor allem seiner Zukunft.
Von den 3 Momenten der Wirklichkeit, die untrennbar mit dem Bewußtsein verbunden sind (Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) ist die Zukunft das richtungsweisende Element. Für das Proletariat ist die Zukunft ein aktives Element, weil ein zu verwirklichendes Ziel. Sie ist die Grundlage der Handlung, der Wille zum Handeln wird durch sie genährt, sie ist der Kompaß im Bewußtwerdungsprozeß, der Maßstab, der es ermöglicht, den zurückgelegten Weg zu messen, ihn zu korrigieren und den noch austehenden Weg abzuschätzen, der Bezugspunkt zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Orientierung, der Anziehungspunkt und daher dynamische Faktor in diesem Prozess.
All das führt dazu, daß sich das Wesen des Klassenbewußtsein des Proletariats grundlegend von der Ideologie und dem bürgerlichen "Wissen" unterscheidet.
1) Für das Proletariat ist das Bewußtsein ein aktiver Faktor eine materielle Kraft. Es ist keine bloße Widerspiegelung der objektiven Bedingungen und der lebendigen Erfahrung sondern entsteht aus der Existenz des Proletariats, beeinflußt seine Kämpfe (genau wie es von ihnen selbst beeinflußt wird), bis es zu einem entscheidenden Faktor bei seinen Handlungen wird (in der revolutionären Periode).
Dagegen ist die bürgerliche Ideologie hauptsächlich eine betrachtende Wiederspiegelung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse, sie kann immer nur eine Rechtfertigung der Gesellschaftsordnung sein. Diese Bewußtseinsform ist charakteristisch für eine ausbeutende K1asse, die eine wirtschaftliche Macht in der Gesellschaft besitzt und deren Hauptinteresse in der Verteidigung der Ausbeutungsgesellschaft besteht.
2) Das Bewußtsein des Proletariats stellt eine historische Kontinuität dar. Es ist kein für immer etabliertes Dogma, (was eine statische und somit die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Verhältnisse befürwortende Auffassung wäre), sondern entwickelt sich, indem es in einer höher entwickelten Synthese die Errungenschaften der Kämpfe und die durch die geschichtliche Entwicklung entstandenen Veränderungen integriert. Das Bewußtsein taucht nicht bei dem jeweiligen Entflammen der Kämpfe jeweils wieder neu auf, um danach wieder spurlos zu verschwinden, sondern es hält eine historische Kontinuität aufrecht, die die Grundlage ihres aktiven und militanten Wesens ist.
3) Es handelt sich um ein politisches Bewußtsein. So ist es keine reine Erkenntnis der ökonomischen Lage der Arbeiterklasse, auch keine ökononisch-soziologische Untersuchung der gegenwärtigen Lage und genausowenig ein Reformkatalog um die Welt zu verbessern, sondern eine militante Waffe der revolutionären Klasse, um die Macht der herrschenden Klasse zu zerstören und die eigene Klassenherrschaft zu errichten. .......
4) Es hat einen kollektiven Charakter. Das Proletariat kann seine Revolution nur durchführen, wenn es voll bewusst kämpft, ohne dabei seine Macht an irgendeine Minderheit zu delegieren oder auf andere Kräfte zu vertrauen.
Die Grundlagen des kollektiven Wesens des Bewußtseins des Proletariats findet man auf zwei Ebenen:
erstens sein Ursprung. Das Bewußtsein entstammt nicht dem Gehirn einer Handvoll von geniereichen Individuen, genausowenig ist es die Summe dessen, was alle Arbeiter denken- es entsteht vielmehr aus dem gesamten Proletariat, dh. gleichzeitig aus seiner historischen Stellung und der historischen Kontinuität seines Kampfes als weltweite historische Gesamtheit. Als ausgebeutete Klasse, in deren Reihen es keine spezifischen Interessen gibt, ist die Vorbedingung für ihre Selbstorganisation, die Entfaltung ihrer Einheit, ihrer Solidarität, ihrer gemeinsamen Handlungen, ihr Bewußtsein als kollektives Ganzes; all das macht ihre Stärke aus.
- zweitens sein Ziel. Die kommunistische Revolution, die gigantischste Umwälzung der Geschichte, das Ende der Herrschaft des Mangels und der Anfang der Herrschaft der Freiheit können als Ausgangspunkt nicht unbewußte und desorganisierte Handlungen der Proletariermassen haben, sondern erfordern als Grundvoraussetzung ihre massive und bewußte Teilnahme, ihre Fähigkeit, den revolutionären Prozeß kollektiv zu leiten. Die Befreiung der Arbeiterklasse kann nur das Werk der Arbeiterklasse selbst sein.
Es geht nicht darum, daß statistisch gesehen alle Arbeiter das gleiche Niveau an Klarheit hätten (das ist eine kindische Auffassung, die von dem individuellen bürgerlichen Denken geprägt ist), sondern es geht um die massive Aktivität der Klasse, ihres Kampfes, ihrer Entschlossenheit, die kollektiven Diskussionen, die Überzeugung, für die schrittweise die große Mehrheit der Arbeiter gewonnen werden muß. .......
5)Schließlich entwickelt und gipfelt das Klassenbewußtsein in der Vereinigung von Theorie und Praxis. Die Ausbeutungsgesellschaft zwingt die Spaltung zwischen geistiger und manueller Arbeit, zwischen Theorie und Praxis auf. Die Theorie ist das Monopol einer Minderheit von Spezialisten, die die Mehrheit zu assimilieren, ihr passiv zuzustimmen habe. Das Bewußtsein des Proletariat unterscheidet sich davon gewaltig. Es ist Ausdruck seines bewußten Seins und entspricht zutiefst seinen Denkweisen, seinen Zielen, Initiativen und Überlegungen.
"Das Verdienst Marx und Engels besteht nicht darin, wie die Bourgeoisie glaubt, dem Proletariat ihre Ideen aufgezwungen zu haben, sondern die Ideen des Proletariats zum Ausdruck gebracht zu haben. Sie haben das ausgedrückt was in Millionen von Köpfen sich entfaltet, sie haben dem Proletariat geholfen sich über diesen Prozeß bewußt zu werden ...
Der kommunistische Agitator versucht die Arbeiter zu sich selbst zu bringen. Er gibt nicht vor, ihnen etwas aufzuzwingen was ihnen fremd ist, sondern sie zu dem zu bringen, was ihnen wirklich eigen ist."
(0. Strasser, Der Arbeiter und die Nation).
"Er will das Bewußtsein über diese Tatsache etablieren, er will also, wie die übrigen Theoretiker nur ein richtiges Bewußtsein über ein bestehendes Faktum hervorbringen, während es dem wirklichen Kommunisten darauf ankommt das Bestehende umzustürzen." (ibid S.42)
Als dynamische Kraft ist das Klassenbewußtsein für das Proletariat in seinem Kampf gegen den Kapitalismus und für die Herausarbeitung von Perspektiven ein praktisches Bewußtsein und gleichzeitig eine bewußte Praxis.
Soweit zu einigen allgemeinen Charakteristiken des Bewußtseins. In einem nächsten Artikel werden wir den konkreten Prozeß untersuchen, in dem das Proletariat bewußt wird und dieses Bewußtsein in der ganzen Klasse homogener wird.
(aus Accion Proletaria, Zeitung der IKS in Spanien) Nr. 16, 1984,
Teil 2: aus Weltrevolution Nr.19, 1985,
Dieser Artikel ist Teil einer Reihe von Artikeln, die wir in Weltrevolution Nr.16 angefangen haben, und die sich mit dem Klassenbewußtsein befassen. In dem letzten Artikel haben wir die Rolle des Bewußtseins in der Geschichte der Menschheit behandelt, um die Grundlagen aufzuzeigen, warum das Bewußtsein des Proletariats eine neue und höhere Form des Bewußtseins darstellt, welches das Bewußtsein der Menschheit von der Notwendigkeit des Kommunismus ankündigt.
In diesem Artikel werden wir aufzeigen, wie das Proletariat sein Bewußtsein entwickelt, welchen Prozeß es dabei durchläuft und welche Überreste des Drucks der bürgerlichen Ideologie es dabei über Bord werfen muß, um letztendlich ein klares, kollektives Bewußtsein seiner historischen Aufgabe und der Mittel, sie zu verwirklichen, zu entfalten.
Weil das Proletariat gleichzeitig eine ausgebeutete und revolutionäre Klasse ist, kann sein Klassenbewußtsein nicht zu jedem Zeitpunkt die gleiche Ausdehnung und die gleiche Tiefe haben, weil es ständig folgenden Faktoren unterworfen ist:
- dem Druck der herrschenden Ideologie,
- dem Einfluß und dem Gewicht der verschiedenen Traditionen,. seinem unterschiedlichen Konzentrationsgrad, der Stellung in der Wirtschaft, Kultur usw.,
- den Auswirkungen der normalen Bewegungen des Kapitalismus, der das Proletariat atomisieren und die Konkurrenz in seinen Reihen verstärken will.
"Die grundlegende Schwierigkeit der sozialistischen Revolution besteht in dieser komplexen und widersprüchlichen Lage; einerseits kann die Revolution nur als bewußte und von der großen Mehrheit der Arbeiter getragenen Revolution stattfinden, andererseits stößt dieser Bewußtwerdungsprozeß mit den von der kapitalistischen Gesellschaft den Arbeitern aufgezwungenen Bedingungen zusammen, die die Bewußtwerdung über die historischen Aufgaben des Proletariats ständig zu behindern und zu zerstören suchen" (INTERNATIONALISME, "Zur Natur und Funktion der Partei"(1)).
Die Bewegung des Klassenkampfes besteht in einer Dynamik, die von der Heterogenität zur Homogenität, von einer bewußten Minderheit zu einem massiven, in den breiten Arbeitermassen vorhandenen Bewußtsein verläuft. Den schwierigen und widersprüchlichen Bewußtwerdungsprozeß zu verstehen, heißt das "Geheimnis" der proletarischen Revolution zu begreifen: die historische Dynamik, mit Hilfe derer die Arbeiterklasse, die die gesamte Unmenschlichkeit der bürgerlichen Gesellschaft zu ertragen hat, zum bewußten Träger der Befreiung der Menschheit wird.
Die Fähigkeit des Proletariats, ein ständiges Bewußtsein seines Seins und seiner Aufgabe zu haben, zeigt sich am deutlichsten in dem Auftauchen von kommunistischen Minderheiten in seinen Reihen, welche dieses Bewußtsein ausdehnen und vertiefen (wir werden diesen Punkt an anderer Stelle ausführlich behandeln). Um diesen Bewußtwerdungsprozeß zu begreifen, müssen wir beim Klassenbewußtsein zwei Aspekte oder Dimensionen unterscheiden: das Klassenbewußtsein, und das zu einem bestirnten Zeitpunkt vorhandene Bewußtsein in der Klasse, oder anders ausgedrückt: seine Tiefe und Ausdehnung.
Obwohl beide Teil der gleichen unteilbaren Einheit sind und sich gegenseitig beeinflussen, dürfen sie nicht miteinander verwechselt werden. Das Klassenbewußtsein ist das Bewußtsein seiner Selbst, das das Proletariat nicht nur hinsichtlich seiner unmittelbaren Zukunft entwickelt, sondern vor allem hinsichtlich seiner kommunistischen Zukunft. Das Bewußtsein in der Klasse hängt von einer Reihe von Faktoren ab, insbesondere von der Entwicklung des Kräfteverhältnisses zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat. "Die Ideen der herrschenden Klasse sind die herrschenden Ideen in der Gesellschaft" schrieb Marx; das bedeutet, der Bewußtwerdungsprozeß wird ständig durch den brutalen Druck der herrschenden Ideologie erschwert, und nur die Verstärkung der Kämpfe sowie der Ausbau der historischen Errungenschaften kann die Macht der bürgerlichen Ideologie zerbrechen. So tragen auch die Wirtschaftskrise und der sich daraus ergebende Zerfall der Werte der bürgerlichen Gesellschaft zur Verstärkung des Klassenbewußtseins bei.
Die beiden Dimensionen des Bewußtseins, Tiefe und Ausdehnung durchschreiten nicht immer die gleiche Bewegung, ebenso wenig dürfen sie in den revolutionären Zeiträumen miteinander verwechselt werden, d.h. das erste löst sich nicht in der zweiten Bewegung auf. Das Klassenbewußtsein ist ständig vorhanden: die ständige Ausarbeitung, das Voranschreiten seiner politischen Positionen und seines Programms; das Bewußtsein in der Klasse schwankt dagegen je nach der Epoche, und es fällt in den Zeiten der siegreichen Konterrevolution in sich zusammen, weicht zurück, um bei den nächsten bedeutenden aufsteigenden Kämpfen wieder zuzunehmen und in den revolutionären Phasen seinen Höhepunkt zu erreichen.
Das Klassenbewußtsein hängt nicht ausschließlich von den Arbeiterkämpfen ab. Obgleich diese eine große Bereicherung darstellen, und vor allem zu seiner Ausdehnung beitragen, werden sie ebenso von den politischen Positionen des Proletariats bestimmt, welche dieses im Verlaufe seines weltweiten historischen Kampfes entwickelt.
Wenn das Klassenbewußtsein ausschließlich von den Kämpfen abhinge und nach deren Ende jedesmal wieder verschwinden würde, würde es aufhören, ein aktiver Faktor zu sein und würde anstelle dessen ein empirisches und unmittelbares Wissen darstellen, das sich durch nichts von der bürgerlichen Ideologie unterscheiden würde. Es wäre nicht mehr die Stimme und die Stärke einer Klasse, die die Zukunft der Menschheit darstellt; es bliebe ein passiver Zeuge der blinden Kämpfe einer Klasse ohne Zukunft. Das Klassenbewußtsein kann nicht auf die Momente des Kampfes selber reduziert werden, es hat einen viel breiteren Weg zurückzulegen, umfaßt gleichzeitig die tag-täglichen Kämpfe der Klasse wie auch die Zeiträume seiner revolutionären Aktionen. Ebenso umfaßt es die unterirdische Reifung, die die Arbeiterklasse, insbesondere die Aktivitäten ihrer kommunistischen Organisationen durchläuft.
Jede Etappe des Klassenkampfes beruht auf einer Vorbereitung und Reifung des Klassenbewußtseins und wird wiederum auf dialektische Weise durch dieses bereichert und verändert, so daß die neuen Kämpfe der Klasse auf einer breiteren und weiter fortgeschrittenen Grundlage anfangen. Von einem historischen Standpunkt aus betrachtet, ist das Klassenbewußtsein der historische rote Faden der Arbeiterkämpfe, der diese ständig orientiert auf dem Weg hin zu der Selbstverwirklichung des Proletariats, dem Kommunismus.
Die kommunistischen Gruppen haben bei dem Bewußtwerdungsprozeß eine Hauptrolle zu spielen. In den dunkelsten Zeiten der Konterrevolution aber auch in den Phasen des zeitweiligen Zurückweichens des Klassenkampfes oder einfach in Anbetracht der Schwankungen oder Zögerungen, die in der Klasse auftauchen, haben sie die Verantwortung, die Entwicklung des Klassenbewußtseins voranzutreiben und zu versuchen, es in der gesamten Klasse zu verbreitern. Das heißt nicht, daß sie ein Monopol des Bewußtseins besäßen und daß die Mehrheit der Arbeiter dieses Bewußtsein nur passiv assimilieren könnten.
An erster Stelle sprechen wir von einem Bewußtsein, das aus der Existenz des Proletariats als Träger und Kämpfer eines historisch-weltweiten Kampfes selbst hervorgeht. Wir meinen damit nicht, daß das Bewußtsein außerhalb des Proletariats entstünde, unter den bürgerlichen Intellektuellen, und daß von diesen dann das Bewußtsein in das Proletariat - wie Kautsky meinte - von Außen "eingeimpft" würde.
Zweitens muß man immer die Bewußtwerdung in ihrer Gesamtheit und nicht nur zu einem gegebenen Zeitpunkt betrachten. Das Proletariat nimmt an dieser Bewußtseinsentwicklung insgesamt teil, und nicht nur die Kommunisten.
Das Proletariat in seiner Gesamtheit durchläuft einen mehr oder weniger ausgedehnten unterirdischen Reifungsprozeß seines Bewußtseins (der berühmte alte Maulwurf, von dem Marx sprach). Es vollzieht sich ein umfassender Prozeß der Reflektion, Kritik, Infragestellung, der in den Reihen der Arbeiter Gestalt annimmt und in den Zeiten intensiver Kämpfe ans Tageslicht tritt, vor allem während der revolutionären Zeiträume (2). Deshalb wäre man blind, wenn man dies nicht erkennen würde. Gerade weil der bürgerliche Staat und insbesondere die Linken und die Gewerkschaften einen Druck ausüben, kann dieser Reifungsprozeß nicht ständig ans Tageslicht treten. Daher haben die Revolutionäre die Aufgabe, ihn laut auszusprechen, ihm seine gesamte historische Dimension zu verleihen. Darüber hinaus bringen die Kämpfe selbst Korrekturen und für das Bewußtsein der Klasse unabdingbare Vertiefungen und Erweiterungen mit sich, vor allem in den revolutionären Phasen.
Die Klasse besitzt ein kollektives Gedächtnis, vor allem in den konzentriertesten und am meisten fortgeschrittenen Teilen, die auch die größten Traditionen haben. Dieses Gedächtnis wirkt wiederum direkt auf die Kämpfe ein. Weil die Bourgeoisie mit Hilfe ihrer Gewerkschaften und der Extremen Linke dieses Bewußtsein entstellt, verzerrt, müssen die Revolutionäre dieses Bewußtsein vorantreiben, damit es seine Rolle in den Kämpfen voll erfüllt.
Aber die Kommunisten erweitern und vertiefen dieses Bewußtsein nicht außerhalb des Lebens der Klasse in einer Welt abstrakter Gedanken, die man in die Massen in Gestalt von agitatorischen Lösungen einzugehen hätte. Im Gegenteil: die Grundlage und die Ebene ihrer Intervention und ihrer Reflektion ist der Klassenkampf, den man auf historischer und weltweiter und nicht auf örtlich begrenzter und unmittelbarer Ebene betrachten muß.
Die theoretischen Sätze der Kommunisten beruhen keineswegs auf Ideen, auf Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltbesserer erfunden oder entdeckt sind. Sie sind nur allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse eines existierenden Klassenkampfes, einer unter unseren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung" (Manifest der Kommunistischen Partei, MEW 4, S. 474).
Obgleich die Kommunisten die besondere Aufgabe der Ausarbeitung des Klassenbewußtseins haben, entsteht dieses wiederum nicht als ein Monopol der revolutionären Organisationen, das ihnen die Klasse überlassen hätte.
Nur indem die Revolutionäre den Prinzipien des Proletariats treu bleiben und praktische Antworten auf die Probleme haben die sich im Laufe der Bewegung stellen, erfüllen sie ihre Rolle. Auch sind die Revolutionäre nicht immer gegenüber dem Druck der bürgerlichen Ideologie immun, genau wie die Klasse insgesamt leiden sie auch darunter und müssen dagegen ankämpfen.
Weil es eine Klasse ist, die als Endziel die bewußte Umwälzung der Welt anstrebt, muß das Proletariat die Ziele seines Kampfes sowie die Mittel ihn voranzutreiben, in einem Prinzipiensystem festhalten: das muß das kommunistische Programm sein.
Das kommunistische Programm hat nichts mit den Programmen der bürgerlichen Parteien gemeinsam, die aus einem Katalog demagogischer Forderungen bestehen, welche dazu bestimmt sind, das Proletariat zu verwirren und dessen Bruch mit dem Kapitalismus zu verhindern. Im Gegenteil: das kommunistische Programm ist der Ausdruck der Avantgarde des Bewußtseins des Proletariats, die Speerspitze seiner Entfaltung - sowohl bei der Vertiefung als auch bei der Ausdehnung. Das Programm spielt eine klärende, erleuchtende Rolle, das zur Stärke und Einheit der Klasse treibt. Die Ausarbeitung und Verteidigung des kommunistischen Programms ist die besondere und ständige Aufgabe der revolutionären Organisationen des Proletariats. Das heißt nicht, das Programm wäre ein vom Bewußtwerdungsprozeß des gesamten Proletariats getrenntes Element, sondern es ist der lebendigste Faktor, die systematischste und mächtigste Kraft. Es faßt die gewaltige Menge an Erfahrung, Reflektion und Tendenzen des Proletariats in klaren und Handlungsweisen aufzeigenden Prinzipien zusammen.
Das kommunistische Programm ist keine Doktrin, die den Massen eingegeben werden müßte, welche sie dann nur noch passiv zu folgen hätten.
Das kommunistische Programm hat einen weltweit gültigen Charakter. Es ist keine einfache Wiederholung von Prinzipien, auch soll durch seinen internationalen Charakter nicht geleugnet werden, daß es in jedem Land besondere Schwierigkeiten und spezifische Faktoren zu berücksichtigen gibt.
An erster Stelle ist also das Programm eine Waffe für den Kampf, eine Methode, um die Kämpfe zu analysieren und zu orientieren, deren Besonderheiten erst im Licht der historisch weltweiten Erfahrung verstanden werden können.
Das kommunistische Programm ist kein unabänderliches Dogma, wie die Bordigisten behaupten, die davon ausgehen, daß das kommunistische Programm seit 1848 bis heute unverändert gelte, sondern eine Gesamtheit von schrittweise, im Laufe des historischen Kampfes des Proletariats ausgearbeiteten Positionen. Die neuen "Daten", "Elemente", die sowohl durch die Entwicklung des Kapitalismus als auch durch den Klassenkampf entstehen, werden auf einer höheren Ebene integriert, die die früheren Positionen nicht annulliert, sondern sie nur präzisiert, prägnanter faßt und sie stärker hinsichtlich des Endziels -der Kommunismus - konkretisiert. Die auf diese Art entwickelten Positionen sind unwiderruflich, stellen eine Klassengrenze zwischen Proletariat und Bourgeoisie dar.
Das kommunistische Programm wird ständig durch den Opportunismus bedroht, der Ausdruck des Gewichtes der bürgerlichen Ideologie in den Reihen der Arbeiter ist (wir werden in den nächsten Artikeln näher darauf eingehen). Jede proletarische Gruppe, die die Klassenpositionen vergißt oder sie indirekt oder offen in der Theorie oder in der Praxis relativiert, verfällt dem Opportunismus und wird dazu verurteilt, wenn sie diesem Prozeß nicht Einhalt gebietet, sich selbst zu zerstören und sich dem Feindeslager anzuschließen.
Die unnachgiebige Verteidigung des kommunistischen Programms bedeutet nicht einem Purismus oder Sektierergeist zu verfallen, wie zynischerweise die opportunistischen Rätisten und Bordigisten behaupten. Erstens weil die Klassengrenzen des Proletariats, sein Prinzipiensystem das Geheimnis seines Kampfes selber, seine tiefgreifende Dynamik erklären. Zweitens weil diese theoretische Stärke des Programms es ermöglicht, "in jedem Kampf die historische und geographische Dimension der Bewegung hervorzuheben, was nicht bedeutet, sich mit der Erwähnung der Endziele, dem Kommunismus auf Weltebene, zufrieden zu geben. Es kommt gerade darauf an, zu jedem Zeitpunkt den springenden Punkt hervorzuheben und Vorschläge zu machen, die zu verwirklichen sind und gleichzeitig einen wirklichen Schritt nach vorne für den Kampf und die Entwicklung der Einheit und des Klassenbewußtseins der gesamten Klasse sind" (aus Broschüre der IKS zu "Kommunistische Organisation und Klassenbewußtsein", S. 80).
Das Bewußtsein, das erst mit dem Auftauchen des Proletariats entsteht, hat seine eigene Dynamik, die auf der Reflektion, der Ausarbeitung und theoretischen Untersuchung beruht. Die Theorie ist ein unabdingbares Element bei der Ausdehnung und Entwicklung des Bewußtseins des Proletariats. Logischerweise ist ihr Verhältnis zur Gesamtheit der Klasse nicht das Gleiche, wie das zwischen der bürgerlichen Theorie und ihrer Klasse. Ebenso ist die Ausarbeitung, ihre Weiterentwicklung vollkommen anders.
So ist die Theorie keine bloße abstrakte Widerspiegelung der Welt, sondern ist zu jedem Zeitpunkt ungeachtet der Tatsache, daß sie einen gewissen Abstraktionsgrad benötigt, um die einzelnen Fakten zu begreifen und sie in ihrem historischen Rahmen zu sehen, ein Element des praktischen Kampfes des Proletariats. Im Gegensatz zu der bürgerlichen Theorie hat sie keinen ahistorischen, auf das menschliche Gattungswesen als solchen oder den Einzelnen bezogenen Charakter. Sie zeichnet sich vor allem durch ihren historischen Charakter und ihre Zugehörigkeit zu einer Klasse aus, die zur Aufgabe hat, die umfassendste gesellschaftliche Umwälzung zu vollziehen, die bislang in der Geschichte der Menschheit stattgefunden hat. Schließlich entfaltet sich die proletarische Theorie nicht nach den Regeln der Arbeitsteilung zwischen Intellektuellen und Handarbeitern, die in allen Ausbeutungsgesellschaften vorherrschten ; die Art, wie sie sich entwickelt, spiegelt vielmehr schon ihr Endziel wider - nämlich die Abschaffung der Arbeitsteilung.
"Der Marxismus ist die grundlegende theoretische Errungenschaft des proletarischen Kampfes. Auf seiner Grundlage gliedern sich alle Errungenschaften des proletarischen Kampfes in ein kohärentes Ganzes ein. Indem er den Verlauf der Geschichte durch die Entwicklung des Klassenkampfes erklärt, und indem er das Proletariat als den Träger der Revolution anerkennt, die den Kapitalismus abschaffen wird, wird der Marxismus zur einzigen Weltauffassung, die wirklich den Standpunkt der Arbeiterklasse ausdrückt" (Plattform der IKS, S.4).
Wenn wir vom Marxismus sprechen, meinen wir nicht das Werk von Karl Marx als solches, sondern wir meinen damit eine Auffassung von der Welt und eine Methode des Begreifens ihrer Entwicklung, deren erster und systematischer Autor Marx war. Diese Methode ist die kohärenteste und radikalste Ausarbeitung der programmatischen Positionen des Proletariats.
"Heute Marxist zu sein bedeutet nicht, jeden einzelnen Buchstaben des Werkes Marxens wörtlich zu übernehmen. Dies würde viele Probleme aufwerfen, da sich in verschiedenen Abschnitten der Schriften Marx° Widersprüche befinden. Dies ist kein Beweis für die Inkohärenz, sondern ein Zeichen dafür, daß seine Gedanken lebendig in ständiger Entwicklung waren und sich auf die Wirklichkeit und die historische Erfahrung bezogen" (International Review, Nr. 33, "Marx ist immer aktuell"). Der Marxismus ist weder eine Summe von Positionen noch ein geschlossenes System, das von bestimmten abstrakten Prämissen ausginge, die ebenso zu bestimmten abstrakten Schlußfolgerungen führten, (wie das bei den meisten philosophischen Systemen der Fall ist) ebensowenig ist er ein System der Klassifizierung der Wirklichkeit, bei der jedes Phänomen genau definiert würde, ohne daß dabei seine Dynamik und seine Evolution berücksichtigt wird.
Er steht im Gegensatz zu solchen Denkweisen. Der Marxismus ist eine Methode, die ständig und konstant auf die Notwendigkeiten des historischen Kampfes des Proletariats Antworten gibt. Dabei darf er nicht als statisch betrachtet werden; er ist vielmehr eine dynamisch-dialektische Methode; deshalb ist er keine Summe von Rezepten für den Klassenkampf, auch keine Garantie, daß man nie Fehler macht, sondern eine lebendige Methode, die ständig eine für das Proletariat vorantreibende Rolle spielt.
Der Marxismus umfaßt die am meisten fortgeschrittenen Errungenschaften des Gedankengutes der Bourgeoisie, als diese noch eine revolutionäre Klasse war, d.h. genau gesagt den wissenschaftlichen und dialektischen Charakter der Methode Hegels, der als erster den partiellen und statischen und idealistischen Charakter der Philosophie verworfen hatte. "Die Geschichte der Philosophie und die Geschichte der Sozialwissenschaft zeigen mit aller Deutlichkeit, daß der Marxismus nichts enthält, was einem "Sektierertum" im Sinne einer abgekapselten, verknöcherten Lehre ähnlich wäre, die abseits von der Heerstraße der Entwicklung der Weltzivilisation entstanden ist. Im Gegenteil: Die ganze Genialität Marx' besteht gerade darin, daß er auf die Fragen Antworten gegeben hat, die das fortgeschrittene Denken der Menschheit bereits gestellt hatte" (Lenin, "Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus", 1913).
Der Marxismus schreitet voran, indem er sowohl dem Druck der feindlichen Klasse wie den unzureichenden Positionen entgegentritt, die als zögernde, schwankende und unklare Positionen in den Reihen des Proletariats existieren können.
Die marxistische Methode ist materialistisch, historisch und dialektisch. Sie ist materialistisch, weil sie die Welt als eine konkrete historische Gesamtheit auffaßt, in der sich der Mensch und die Natur in einer einzigen Globalität bewegen, und deren inneren Entwicklungsgesetze er analysieren kann. "Für Hegel ist der Denkprozeß, den er sogar unter dem Namen Idee in ein selbständiges Subjekt verwandelt, der Demiurg (Schöpfer) des Wirklichen, das nur seine äußere Erscheinung bildet. Bei mir ist umgekehrt das Ideelle nichts andres als das im Menschenkopf umgesetzte und übersetzte Materie" (Marx, Nachwort zur 2. Auflage des Kapitals, NEW 23, Bd. 1, S. 27).
Aber der Marxismus ist kein vulgärer Materialismus, gegen den er im Gegenteil antritt: "Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus - den Feuerbachschen mit eingerechnet - ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung aufgefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv" (Marx, Thesen über Feuerbach, 1.These).
Er ist historisch, weil er vom Klassenkampf als dem Motor der Geschichte ausgeht, und diesen jeweils in ein dialektisches Verhältnis mit der Entwicklung der Produktivkräfte stellt. Er begreift das Proletariat als Klasse, das ausgehend von einer bestimmten Entwicklung der Produktivkräfte seine geschichtliche Aufgabe, die Abschaffung der Ausbeutung und der Klasse erfüllt.
Es ist dialektisch, weil er die Geschichte nicht als eine ständige Rückkehr in die Vergangenheit oder als bei Null beginnend auffaßt, sondern als eine Entwicklung, die sich in Widersprüchen bewegt (These-Antithese-Synthese) ; das ist der Rahmen, innerhalb dessen sich eine Kontinuität zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart herstellt, wobei sie ständig durch die Zukunftsperspektive (den Kommunismus) angezogen und geleitet wird, und die den Bezugspunkt gegenüber dem Gewicht der Vergangenheit (Konservatismus, Dogmatismus) und den Schwächen der Gegenwart (Empirismus, Immediatismus, Revisionismus) darstellt.
Wenn wir uns auf den Marxismus berufen, treten wir damit auch den Verzerrungen und Entstellungen entgegen, die die Bourgeoisie in die Welt setzt, um den Marxismus als Waffe des Proletariats zu entschärfen, insbesondere die Stalinisten, die Sozialdemokratie, Trotzkisten usw. sowie die Marxologen, die Universitätsmarxisten betreiben diese Arbeit.
Die ersten leugnen die Grundprinzipien des Marxismus: den Internationalismus, die Diktatur des Proletariats, seine politische Selbständigkeit… Der universitäre Marxismus dagegen reduziert ihn auf ein philosophisches System, dessen praktische Auslegung nur zur Verteidigung des bestehenden Systems dient.
Unter dem Gewicht der bürgerlichen Ideologie vertreten viele Teile des proletarischen Lagers eine verzerrte und konfuse Auffassung des Marxismus: die Bordigisten reduzieren ihn auf ein Dogma, die Rätisten machen aus ihm eine Methode der ‚gesellschaftlichen Untersuchungen’, andere verwerfen ihn ganz oder teilweise, weil sie dem Marxismusanspruch der Stalinisten und Trotzkisten auf den Leim gehen und sich dadurch abgeschreckt fühlen. Und schließlich machen ihn viele zu einem reinen Akademismus.
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Im nächsten Artikel werden wir darauf eingehen, wie die Bourgeoisie als herrschende Klasse versucht, den Bewußtwerdungsprozeß des Proletariats zu verhindern und welche Abweichungen und Schwächen innerhalb des Proletariats vorhanden sind, insbesondere der Opportunismus. (aus Acción Proletaria, Zeitung der IKS in Spanien).
(1) In ‚Geschichte der russischen Revolution’ von Trotzki, und ‚10 Tage, die die Welt erschütterten’, von J. Reed sowie in ‚Massenstreik, Partei und Gewerkschaften’ von Rosa Luxemburg findet man genug Material, das die Eigenständigkeit und das massive Bewusstsein des Proletariats in Zeiten revolutionärer Kämpfe verdeutlicht.
Teil 3 – aus Weltrevolution Nr. 20, 1985,
In diesem letzten Artikel der Serie über das Klassenbewußtsein des Proletariats wollen wir die Krankheiten untersuchen, die den Bewußtwerdungsprozeß des Proletariats bedrohen: der Opportunismus und Zentrismus.
Der Opportunismus und Zentrismus greifen bevorzugt die politischen Organisationen des Proletariats an: verstricken die neu entstehenden Gruppen in einem Wirrwarr politischer Konzessionen an die Bourgeoisie, der Versöhnung oder dem Schwanken zwischen konsequent proletarischen Positionen und denen der Bourgeoisie. Sie hemmen ernsthaft deren Bemühungen, eine marxistische Kohärenz zu entwickeln. Andererseits bedrohen sie die Gruppen, die fest im Marxismus verankert sind, mit dem Krebs der mangelnden Festigkeit bei der Vertiefung der Prinzipien, dem Außerachtlassen der Prinzipien in der Praxis u.a. Die Geschichte beweist, daß der Opportunismus und Zentrismus eine entscheidende Rolle bei der Degenerierung der proletarischen Organisationen wie bei der II. und III. Internationale und der Integration der verschiedenen Parteien in den bürgerlichen Staat gespielt haben.
Heute muß das Proletariat die größtmögliche Klarheit und Entschlossenheit erlangen, um das Kräfteverhältnis gegenüber der Bourgeoisie zu seinen Gunsten ausschlagen zu lassen; und dazu muß es Opportunismus und Zentrismus energisch bekämpfen.
Um zu begreifen, warum die Krankheiten des Opportunismus und Zentrismus das Proletariat befallen, ist es notwendig, die Bedingungen zu begreifen, unter denen das Proletariat sein Bewußtsein entwickelt.
Das Proletariat muß die gewaltigste Revolution der Geschichte der Menschheit verwirklichen: die jahrtausend alten Ausbeutungsgesellschaften zerstören, eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und ohne Klassen aufbauen, die menschliche Weltgemeinschaft, etwas ganz Neues, bislang noch nie Dagewesenes. Und diese ungeheuer große Aufgabe muß es als ausgebeutete Klasse verwirklichen, die dem Druck und der ständigen Wachsamkeit der herrschenden Klasse unterworfen ist.
Auf dem Hintergrund der wirklichen, materiellen Bedingungen entwickelt das Proletariat sein Bewußtsein und kämpft um die Durchführung seiner historischen Aufgabe. Diese Bedingungen bringen es mit sich, daß das Proletariat nicht abgeschlossen, im luftleeren Raum sein Bewußtsein entwickelt, in einem Bereich, in dem es keine Widerstände gäbe, sondern es ist ständig den Angriffen der herrschenden Klasse ausgesetzt:
- dem furchtbaren Druck der bürgerlichen Ideologie,
- die Bourgeoisie führt gegen die Arbeiterklasse die Strategie der Linken in der Opposition zu Felde;
- dem Einfluß der Kleinbourgeoisie, die Träger konfuser und reaktionärer Werte und Aktivitäten sind;
- dem Gewicht einer jahrhunderte alten Ausbeutung mit ihrem untragbaren Taster der Unterwerfung, dem Individualismus und dem Obskurantismus.
Diese Gesamtheit der Bedingungen führt dazu, daß die Bewußtwerdung des Proletariats inmitten einer gewaltigen Konfusion, einem zerbrechlichen, geschwächten Umfeld stattfindet, wodurch ein ständiger Prozeß der Klärung und politischen Loslösung und Herausarbeitung durch die politischen Organisationen erforderlich ist.
Aus diesen Bedingungen der Konfusion und permanenten Schwierigkeiten gehen die Krankheiten des Opportunismus und Zentrismus hervor, welche sich ständig zwischen der kohärentesten proletarischen Position einerseits (den marxistischen Organisationen) und dem Lager der Bourgeoisie andererseits einzunisten versuchen. Es handelt sich um ein sumpfiges, konfuses Gebilde, das das gesamte Proletariat und die konsequentesten Verteidiger seines Programms, die marxistischen Organisationen, heimsucht.
Der Opportunismus besteht in der Kapitulation gegenüber den Positionen der Bourgeoisie; er verwirft oder entstellt die revolutionären Prinzipien aus Gründen der "Taktik", "um möglichst mehr zu sein, anstatt alleine da zu stehen", "damit wir in der Klasse auf Gehör stoßen" oder einfach indem er sich den unmittelbaren Bedingungen oder einer rein empiristisch oder idealistischen Analyse unterwirft. Der Zentrismus ist eine Variante des Opportunismus, der in der Theorie die kommunistischen Prinzipien mit Worten nach Außen hin vorgibt zu verteidigen, in Wirklichkeit aber nicht zu ihnen steht; sie in der Praxis relativiert oder sie mit offen opportunistischen Positionen zu verbinden sucht.
Der Opportunismus und Zentrismus gehören nicht dem Lager der Bourgeoisie an, sondern sind Tendenzen, die aus den Reihen des Proletariats hervorgehen.
Die KPs, SPs, Gewerkschaften und Parteien der Extremen Linke sind keine Zentristen oder Opportunisten, sondern Teil des kapitalistischen Staates, die bewußt gegen das Proletariat vorgehen, um dessen Kämpfe zu sabotieren.
Dagegen tauchen die opportunistischen und zentristischen Tendenzen in den Reihen des Proletariats in den Organisationen und unter den Elementen auf, die versuchen, seinen Kampf zu stärken und sein Klassenbewußtsein zu entwickeln, die aber dann dem ständigen Druck der Bourgeoisie und dem zersetzenden Einfluß des Kleinbürgertums nachgeben und eine Reihe von Konzessionen gegenüber den Positionen des Kapitalismus machen und den Marxismus aufgeben.
Die Gewerkschaften, Linke und Extreme Linke müssen mit der Waffe in der Hand bekämpft werden, weil sie Teil des kapitalistischen Staates sind; die zentristischen und opportunistischen Tendenzen werden durch eine klare , unnachgiebige politische Ablehnung der Konfusionen, eine offene und systematische Diskussion, eine energische Debatte bekämpft, um zu verhindern, daß sich die jetzigen revolutionären Elemente im Sumpf der Bourgeoisie verfangen.
Die Opportunisten und Zentristen spielten bei der Entartung der alten Arbeiterorganisationen und dem Übergang ins kapitalistische Lager eine entscheidende Rolle; das trifft insbesondere zu für den Verlust der II. und III. Internationale für das Proletariat (aus der II. Internationale gingen die "sozialistischen" Parteien hervor, die eine gute Arbeit für das Kapital leisteten, und aus der III. Internationale, aus der die Stalinisten entstanden, die die Sozialdemokratie um kein Manöver und kein Verbrechen zu beneiden brauchen, haben sie doch genauso viele gegen die Arbeiter vollbracht).
Von 1890 an entfalteten sich opportunistische Tendenzen in der Arbeiterbewegung eindeutig: in den Reihen der Sozialdemokratie mit dem Reformismus (dessen Sprecher Bernstein, Vollmer usw. waren), der einen schrittweisen Kampf für die friedliche Umwälzung des Kapitalismus vorschlug und damit die proletarischen Prinzipien über Bord warf. Außerhalb der Sozialdemokratie gab es den Anarcho-Syndikalismus, der den Selbstverwaltungsreformismus theoretisierte und Propaganda für den Generalstreik am Tage X betrieb.
Aber zwischen der revolutionären marxistischen Position (Lenin, R.Luxemburg, Pannekoek) und den opportunistischen Tendenzen tauchte eine zentristische, versöhnliche, von Kautsky verkörperte Tendenz auf, die langsam anfing , die Grundsatzpositionen des Marxismus selber in Frage zu stellen. Kautsky erschien als der orthodoxeste Verteidiger des Marxismus, aber seine Verteidigung war in Wirklichkeit der schlimmste Angriff. 3 Grundsatzfragen verdeutlichten die große Gefahr, die seine zentristische Position darstellte:
Als R. Luxemburg den 1905 in Rußland aufgetauchten Massenstreik als einen Ausdruck des Wechsels der historischen Periode analysierte und aus diesem den Schluß zog, daß nunmehr die Revolution auf der Tagesordnung der Geschichte stand, und als sie dabei den Gradualismus und Reformismus der Gewerkschaften kritisierte, bezeichnete Kautsky, der sich als den Verteidiger des Massenstreiks ausgab, R. Luxemburg als "Anarchistin". Er war unfähig die historischen Veränderungen zu erkennen.
Als Lenin und Pannekoek die grundlegende Notwendigkeit der proletarischen Revolution hervorhoben, (die Zerstörung des bürgerlichen Staates), griff Kautsky diese grundlegende Position an und bezeichnete sie als "anarchistisch";
- Als 1914der imperialistische Krieg ausbrach, trat Kautsky an die Spitze einer Tendenz, die sich zwischen die Sozialpatrioten (die endgültig in das Lager der Bourgeoisie übergewechselt waren), welche für die bedingungslose Unterstützung des Krieges im Namen der "Verteidigung des Vaterlandes" eintraten, und die konsequenten Revolutionäre (Lenin, Luxemburg, Liebknecht) stellten. Die konsequenten Revolutionäre traten für die Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg, d.h. in einen Klassenkrieg ein.
Der Opportunismus und Zentrismus machten in Anbetracht des langsamen Zurückweichens der revolutionären Welle von 1917-23 den gewaltigen Schritt zunichte, den das Weltproletariat mit der Gründung der III. Internationale vollzogen hatte. Die Klarheit und Vertiefung des Marxismus, welche die Theorien des I. Kongresses der Komintern ermöglicht hatten, wurden schnell durch das Abgleiten ihrer Hauptführer (Lenin, Trotzki, Sinowjew, Radek usw.) aufgeweicht zu einer zentristischen Haltung zwischen dem unverblümten Opportunismus, der aus den alten sozialdemokratischen Parteien hervorging und den unnachgiebigen marxistischen Positionen der Kommunistischen Linke (KAPD, Bordiga).
Verschiedene Tatsachen verdeutlichen diesen Prozeß:
Unterstützung durch die Kornintern auf ihrem II. Kongreß der nationalen Befreiungsbewegungen, der These von der Wiedereroberung der Gewerkschaften und des revolutionären Proletariats, was eine Verwerfung der marxistischen Position zu den Bedingungen des Arbeiterkampfes im dekadenten Kapitalismus bedeutete,
Aufnahme der opportunistischen Strömungen, die aus dem linken Flügel der Sozialdemokratie staunten, in die Kornintern, ohne daß dabei feste Kriterien berücksichtigt worden wären (trotz der verschärften Aufnahmebedingungen).
- Verabschiedung der Thesen zur "Einheitsfront" auf dem III. Kongreß, was ein schrittweises Abgleiten hin zu einer Kapitulation gegenüber den sozialdemokratischen Parteien bedeutete, die voll in den kapitalistischen Staat integriert waren.
Der Krebs des Opportunismus und Zentrismus führte zur Auslöschung der III. Internationale als proletarische Organisation und zum Übergang der verschiedenen kommunistischen Parteien in den Dienst des jeweiligen nationalen Kapitals.
Die Geschichte der Arbeiterbewegung - insbesondere ihrer marxistischen Organisationen - beweist, daß der Zentrismus und Opportunismus eine tödliche Gefahr sind, die langsam die Avantgardeorganisationen des Proletariats erwürgen und sie schließlich durch ihre Auflösung, Auslieferung, Verfaulung und Schwächung dem staatlichen kapitalistischen Monster übereignen.
Der Opportunismus und Zentrismus sind ein Phänomen falschen Bewußtseins in den Reihen des Proletariats. Sie stellen eine Aufgabe der marxistischen Methode, ihrer Kohärenz zwischen Theorie und Praxis dar, zwischen der Analyse der ummittelbaren oder besonderen Lage und der Verteidigung der allgemeinen historischen Perspektive, zwischen der Verteidigung der Prinzipien und ihrer Anwendung in einer konkreten Situation.
Opportunismus und Zentrismus sind ein Virus, der das Proletariat zutiefst schwächt und es gegenüber den Mystifikationen und Machenschaften der Bourgeoisie, insbesondere ihrer Gewerkschaften und linken Apparate anfällig macht. Vor allem in den entscheidenden Augenblicken gegen den bürgerlichen Staat haben sie eine lähmende Wirkung. Wenn sie in den Reihen des Proletariats siegen, besiegelt das die Niederlage des Proletariats.
In der heutigen, für das Proletariat und die Menschheit entscheidenden historischen Situation muß das Proletariat und seine kommunistischen Organisationen seine Wachsamkeit und den politischen Kampf gegen die opportunistischen und zentristischen Tendenzen, die in seinen Reihen entstehen und entstehen werden, verstärken. Die Loslösung und energische Bekämpfung dieser Tendenzen ist von grundlegender Bedeutung für die Gründung der zukünftigen Kommunistischen Weltpartei des Proletariats und des Sieges der proletarischen Revolution.
(aus Acción Proletaria, Zeitung der IKS in Spanien).