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März 2009

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Die Gründung der Kommunistischen Internationale vor 90 Jahren

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Wiederveröffentlichung eines Artikels den wir vor 20 Jahren 1989 schrieben

Das Proletariat hat sich heute mehr und mehr von den Ketten der Konterrevolution befreit.

Umso wichtiger ist es, 70 Jahre nach der Gründung der III. Internationale, den Beitrag der Komintern zu verstehen und sich wiederanzueignen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, muss man nicht nur die stalinistischen Verfälschungen ablehnen, sondern auch den folgenschweren Fehler Trotzkis, der die Anerkennung der gesamten vier ersten Kongresse der Komintern zur Bedingung und Garantie für den Kampf gegen den Stalinismus machte. Ebenso irrig ist die entgegengesetzte Haltung der Rätekommunisten, die die III. Internationale von Beginn an außerhalb des proletarischen Lagers stellten, weil nach dem 5. Kongress der Prozess der Degeneration voll in Gang kam. Die Grundlage dieser Fehleinschätzungen ist ein mangelndes Verständnis des Prozesses, den die Komintern durchlief: den Versuch der Arbeiterklasse und ihrer Vorhut, den Bruch, den der I. Weltkrieg darstellte, zu begreifen.

„Wenn es uns gelungen ist, uns trotz aller polizeilichen Schwierigkeiten und Verfolgungen zu versammeln, wenn es uns gelungen ist, in kurzer Zeit ohne irgendwelche ernst zu nehmenden Differenzen wichtige Beschlüsse über alle brennenden Fragen der heutigen revolutionären Epoche zu fassen, so verdanken wir das dem Umstand, dass die Massen des Proletariats der ganzen Welt eben diese Fragen schon durch ihr praktisches Auftreten auf die Tagesordnung gestellt und praktisch zu entscheiden begonnen haben“ (Rede Lenins bei Beendigung des I. Kongress der Komintern, 6. 3.1919).

Diese Feststellung Lenins drückt ganz deutlich aus, in welchem Zusammenhang die Komintern gegründet wurde: der Bruch von immer größeren Massen von Arbeitern mit der Konterrevolution, die die endgültige Niederlage der II. Internationale und den Ausbruch des imperialistischen Gemetzels verursacht hatte. Der tragischen Begeisterung für den Krieg folgte ziemlich rasch eine wachsende Abneigung angesichts der Wirklichkeit des Krieges, die die Barbarei eines überholten Systems zuspitzte.

Schon 1916 brachen die ersten großen Meutereien und Streiks aus, insbesondere in Russland. Auch wenn dies anfänglich nur eine Minderheit war, auch wenn die Reaktion der Arbeiter nicht über den Wunsch nach Beendigung des Krieges hinausging, tat sich durch diese Kämpfe ein Bruch in dem grausamen Burgfrieden der Proletarier mit ihren Ausbeutern für das Vaterland auf. Zur gleichen Zeit begannen die wenigen revolutionären Kräfte, die den Verrat vom August 1914 und die Zusammenarbeit der Arbeiterparteien mit dem Imperialismus verworfen hatten, sich zu organisieren und zusammenzufinden (Konferenz von Zimmerwald und Kienthal). Auch da, wo die Bolschewiki, gefolgt von einigen kleinen Gruppen der deutschen Linken als einzige eine wirkliche Alternative zeigten – „Umwandlung des imperialistischen Kriegs in Bürgerkrieg“ -, wurde ein erster Schritt gemacht.

Im Februar 1917 kam diese Entwicklung zum ersten Mal auf breiter Ebene deutlich zum Vorschein. Oktober 1917 war der Höhepunkt und zugleich der Ausgangspunkt für die Ausdehnung der revolutionären Welle: gewaltige Streiks brachen in Italien, Großbritannien, den USA aus; etwas später stand. Deutschland kurz vor dem proletarischen Aufstand, in Ungarn entstand die 2. Räterepublik, während in „weiter entwickelten Kolonien geht der Kampf schon jetzt nicht bloß unter dem Banner der nationalen Befreiung, sondern nimmt gleich einen offen ausgesprochenen sozialen Charakter an“. (Manifest). Die Gründung der Komintern fand in dieser revolutionären Welle statt, in der die Arbeiter mit ihrem neuen Wachhund - der Sozialdemokratie, die zum Feind übergewechselt war - brachen. Unter dem Einfluss dieser Kämpfe verstärkte sich die kommunistische Minderheit. 1916 kündigten sie schon mit Lenin an ihrer Spitze an, dass es nicht möglich sei, die II. Internationale wieder aufzurichten, und dass eine neue Internationale gegründet werden muss.

Die tragische Verspätung bei der Gründung der Komintern (der Bürgerkrieg war seit einem Jahr im Gange) drückte die mangelnde Reife des Proletariats und die sehr große Schwierigkeit für die Revolutionäre aus, die neue Zeit und ihre Erfordernisse zu verstehen. Nur die Umgruppierung der Revolutionäre auf Weltebene konnte die Vertiefung dieses Verständnisses ermöglichen. Darin bestand die Aufgabe, die sich der I. Kongress der Komintern setzte, und insofern war er ein wichtiger Moment in der Geschichte des proletarischen Kampfes.

„Die dritte Internationale ist die Internationale der offenen Massenaktion, die Internationale der revolutionären Verwirklichung, die Internationale der Tat.“(Manifest)

Die KI betonte den unüberwindbaren Widerspruch zwischen Proletariat und Bourgeoisie, die absolute Unmöglichkeit eines schrittweisen und friedlichen Übergangs zum Sozialismus und die Notwendigkeit der gewaltsamen Zerstörung des bürgerlichen Staates.

Der proletarische Internationalismus wurde angesichts des nationalistischen Giftes, das die Sozialdemokratie zerfressen hatte, hochgehalten.

„Die Internationale, die den Interessen der internationalen Revolution die sogenannten nationalen Interessen unterordnet, wird die gegenseitige Hilfe des Proletariats der verschiedenen Länder verwirklichen, denn ohne wirtschaftliche und andere gegenseitige Hilfe wird das Proletariat nicht imstande sein, die neue Gesellschaft zu organisieren“(Richtlinien der Komintern).

Dreh- und Angelpunkt für diese Verteidigung des Marxismus und die Bloßstellung der sozialdemokratischen Parteien als Agenten der Bourgeoisie war die Erkenntnis, dass eine neue Epoche angebrochen war: „Die neue Epoche ist geboren! Die Epoche der Auflösung des Kapitalismus, seiner inneren Zersetzung, die Epoche der kommunistischen Revolution des Proletariats.“

Der gesamte Kongress war von dieser Idee geprägt. Es entstanden neue Erfordernisse mit dieser neuen Epoche:

- Der Kapitalismus ist in unüberwindbare Widersprüche verstrickt und nimmt in seinem Niedergang neue Formen an. So betonte Bucharin in seinem Bericht, dass man nicht nur die allgemeinen Merkmale des kapitalistischen und imperialistischen Systems beschreiben müsse, sondern auch den Zerfallsprozess und den Zusammenbruch des Systems. Das kapitalistische System dürfe nicht nur in seiner abstrakten Form, sondern müsse auch praktisch als Weltkapitalismus, als ökonomische Ganzheit gesehen werden.

Von dem Verständnis, dass der Kapitalismus als System die gesamte Erde erobert hat, hängt die Haltung des Proletariats zu nationalen Befreiungskämpfen und zu vorübergehenden Bündnissen mit Fraktionen der Bourgeoisie ab. Bucharin führte dazu aus:

„Die primitiven Formen des Kapitalismus sind nahezu verschwunden. Dieser Prozess begann schon vor dem Krieg und beschleunigte sich während desselben. Dieser Krieg war ein großer Organisator. Unter seinem Gewicht wurde das Finanzkapital in eine höhere Stufe übergeführt, umgewandelt: Staatskapitalismus.“

Der Staatskapitalismus, wie Bucharin mit Recht feststellte, verringert nicht die kapitalistische Anarchie, sondern bringt sie auf die höchste Stufe, auf die Ebene der Staaten selbst. Darin liegt die Grundlage für das Verständnis der besonderen Form des dekadenten Kapitalismus, wobei die sog. sozialistischen Länder nur eine Spielart dessen sind.

- In einer anderen grundsätzlichen Frage - der Machteroberung und der Diktatur des Proletariats - wird deutlich, dass eine neue Epoche der proletarischen Revolutionen angebrochen war. Die Erfahrung des Klassenkampfes lieferte die Grundlage dieser Erkenntnis. Bis dahin hatte die Pariser Commune einige wertvolle, aber begrenzte Elemente zur Frage geliefert, wie das Proletariat seine Diktatur ausübt. Und diese Erkenntnisse waren durch das Gewicht jahrzehntelangen parlamentarischen Kampfes vergessen worden. „Diktatur des Proletariats! Das war bisher Latein für die Massen. Mit der Ausbreitung des Sowjetsystems in der ganzen Welt ist dieses Latein in alle modernen Sprachen übersetzt worden: die praktische Form der Diktatur ist durch die Arbeitermassen gefunden (...) Alles dieses beweist, dass die revolutionäre Form der proletarischen Diktatur gefunden, dass das Proletariat jetzt praktisch imstande ist, seine Herrschaft auszuüben.“ (Rede Lenins bei Eröffnung des I. Kongresses der KI, 2.3.1919)

Während des ganzen Kongresses wurde die Wichtigkeit der Arbeiterräte betont. Die dringende Notwendigkeit, mit der II. Internationale und ihren linken Spielarten radikal zu brechen, wurde stets im Zusammenhang mit den Arbeiterräten, den Organen des revolutionären Proletariats betrachtet. Der erste Kongress verwarf die Auffassung, übernommen aus der bürgerlichen Revolution, in der eine Minderheit der revolutionären Arbeiterklasse die Macht im Namen aller ausübt. Diese Auffassung war auf die proletarische Revolution übertragen und durch die vielen Jahre des gewerkschaftlichen und parlamentarischen Kampfes verstärkt worden. Durch das Verständnis der Änderung der Periode und der neuen proletarischen Praktiken, die daraus entstanden, konnten die Fragen der Gewerkschaften und des Parlamentarismus neu gestellt werden. Überall da, wo radikale Kämpfe stattfanden, wurden die Gewerkschaften von Streikkomitees verdrängt. Meistens, wie in Deutschland oder Großbritannien, stellten sich die Gewerkschaften offen gegen die revolutionäre Bewegung, während die kämpferischen Arbeiter sich von ihnen abwandten. Dennoch ermöglichte die Vielfalt der Erfahrungen und die Tatsache, dass der Prozess der Einbeziehung der Gewerkschaften in den Staat erst am Anfang stand, es nicht, dass eine klare und umfassende Antwort auf diese Frage gegeben werden konnte. Auch wenn die Möglichkeit einer revolutionären Ausnutzung des Parlaments noch verteidigt wurde, unter anderem auch von den Bolschewiki, wurde die Notwendigkeit, die parlamentarische Frage im Zusammenhang mit der neuen Epoche zu diskutieren, erkannt.

Der wesentliche Beitrag des I. Kongresses der Komintern kann aber nicht auf eine einfache Wiederaneignung des Marxismus reduziert werden. Der Marxismus ist vor allem der Ausdruck der lebendigen Erfahrung des Proletariats und hat nichts mit einer erstarrten Lehre zu tun, die man nur zu bestimmten Zeitpunkten hervorzuholen brauchte. Auf der Grundlage der vergangenen Erfahrungen konnte die Komintern den Marxismus mit neuen Elementen bereichern. Der erste Kongress der Komintern verdeutlichte das revolutionäre Programm des Proletariats in seiner Gesamtheit, so wie es damals von seinen revolutionären Minderheiten aufgefasst und formuliert wurde. Durch die großen Kämpfe des Proletariats gibt es immer eine Bereicherung des Programms, auch auf der Ebene grundsätzlicher Fragen. Mit der Pariser Kommune machte das Proletariat die Erfahrung, dass es den bürgerlichen Staat nicht erobern, sondern zerstören muss. Erst durch die Kämpfe von 1917 konnte es verstehen, welche Form seine Klassendiktatur annehmen muss: die Macht der Arbeiterräte.

Als Ausdruck der revolutionären Welle, der Möglichkeit und Notwendigkeit der kommunistischen Revolution verdeutlichte der I. Kongress eindrücklich die Änderungen der Epoche und die Probleme, die diese Veränderungen für die gesamte Arbeiterklasse mit sich brachten. Aus diesem Grund stellt er einen der wichtigsten Momente in der Geschichte der Arbeiterklasse dar. Heute muss jedes revolutionäre Programm die Errungenschaften der Komintern und insbesondere ihres ersten Kongresses anerkennen. Jedoch genügt es nicht, die von der Komintern entwickelten Positionen vorbehaltlos in ihrer Gesamtheit zu übernehmen. Denn obwohl die Komintern einen enormen Schritt für die Arbeiterbewegung bedeutet hat, konnte sie angesichts des Rückflusses der proletarischen Bewegung und der Tatsache, dass sie an der Schwelle zwischen zwei Epochen des Kapitalismus gegründet wurde, nicht alle Folgen dieser Analyse herausarbeiten und sich völlig von der alten sozialdemokratischen Auffassung befreien. Die Grundlagen, die die Komintern geschaffen hat, haben es den aus der Komintern hervorgegangen Fraktionen der Kommunistischen Linke ermöglicht, diesen Bruch mit der alten sozialdemokratischen Auffassung vollständig zu vollziehen und zu vertiefen. Das Werk der Kommunistischen Internationale heute fortzusetzen bedeutet, die theoretischen, programmatischen und organisatorischen Konsequenzen der vom ersten Kongress entwickelten Analysen vollständig zu ziehen.

(aus Révolution Internationale, Nr. 64, Zeitung der IKS in Frankreich, Dez. 1979).

Historische Ereignisse: 

  • Kommunistische Internationale [1]
  • Gründung der Kommunistische Internationale 1919 [2]

Entwicklung des proletarischen <br>Bewusstseins und der Organisation: 

  • Dritte Internationale [3]

Erbe der kommunistischen Linke: 

  • Die revolutionäre Welle 1917-1923 [4]

Eine Initiative zu debattieren und zusammen zu kommen

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Wir veröffentlichen nachfolgend eine Stellungnahme, welche von einem Diskussionstreffen angenommen wurde, auf dem zwei große Themenkomplexe behandelt wurden:

Die gegenwärtige Krise des Kapitalismus

Wie können die Arbeiter gegen ihre Verarmung und die sich zuspitzende Verschlechterung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen kämpfen?

An diesem Treffen beteiligten sich Mitglieder der IKS mit der Absicht, zur Debatte und zu damit verbundenen praktischen Schritten beizutragen.

Aus unserer Sicht erscheint diese Initiative als sehr wichtig und sie reiht sich ein in ähnliche Initiativen in anderen Ländern (z.B. Frankreich, Korea, Peru, Mexiko).

Diese Initiative geht in drei Richtungen:

- die Isolierung und Atomisierung zu überwinden, welche uns dazu treibt, dass sich jeder in seine Ecke zurückzieht und dass jeder nur für sich handelt. All das erschwert die Entwicklung des Kampfes und des Bewusstseins der Arbeiter; diese können nur entstehen als ein Ergebnis der Debatte und eines klar kollektiven Vorgehens.

- eine Debatte unter Revolutionären voranzutreiben, welche Antworten auf die zahlreichen Fragen liefert, die durch den Kampf für eine revolutionäre Alternative der Arbeiterklasse aufgeworfen werden.

- das wirklich revolutionäre und internationalistische Lager von den Leuten abzugrenzen, die sich „sozialistisch“ und „revolutionär“ nennen, aber uns mit ihren Rezepten wie „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ , „Sozialismus mittels staatlichen Eingreifens“ und anderem nationalistischen Plunder hinters Licht führen, weil sie nur zur Aufrechterhaltung des Kapitalismus unter angeblich „neuen Formen“ beitragen.

Aus unserer Sicht sind die Bemühungen dieses Treffens Teil einer internationalen und internationalistischen Bewegung, welche dazu dient, in den Reihen des Proletariats eine Alternative gegenüber dem Spinngewebe falscher Antworten mit unterschiedlichsten Farben und Tendenzen aus dem bürgerlichen Lager zu entwickeln. Deshalb unterstützen wir dieses Treffen und rufen zur Beteiligung daran auf. IKS 20.02.09

(ESPAREVOL): Ort der Debatte und des Zusammenkommens unter Revolutionären

Genoss/Innen aus verschiedenen Städten Spaniens (Barcelona, Alicante, Granada, San Sebastián, Valencia)[1] haben sich am Wochenende vom 31. Januar bis 1. Februar in Barcelona getroffen, um über folgende Themen zu diskutieren:

- die gegenwärtige kapitalistische Krise und ihre Perspektiven

- der Kampf der Arbeiter gegen die Krise

- wie können wir uns zusammenschließen und die Atomisierung und Isolierung all derjenigen überwinden, welche gegen dieses in der Krise versinkende und immer unmenschlicher, ungerechter und zerstörerischer werdende Gesellschaftssystem kämpfen wollen?

In dem Treffen kamen wir zu einer Reihe von Schlussfolgerungen, die wir hier aufführen wollen, damit sie als Anstoß von all denjenigen aufgegriffen werden, die zu diesem Kampf mit beitragen möchten.

Die Krise:

1. Wir glauben nicht, dass es sich um eine zyklische Krise handelt, welche überwunden werden und eine neue Blütephase einleiten wird. Wir meinen, solch eine Sicht verschweigt, dass wir Opfer bringen, die Klappe halten, unseren „weisen Regierungen“ glauben müssen, welche uns mit „ihren Diensten“ aus dem Schlamassel ziehen würden, in welchen sie uns hineingetrieben haben.

2. Wir meinen, dass wir zurzeit vor der zweiten großen Depression des kapitalistischen Systems stehen. Die letzte war die von 1929. Diese zog schwerwiegende Folgen nach sich, unter anderem die Auslösung des 2. Weltkriegs mit 60 Millionen Toten.

3. Wir glauben nicht, dass es sich um eine Krise des „Neoliberalismus“ handelt, sondern um eine Systemkrise des Kapitalismus insgesamt. Das Eingreifen des Staates wird die Probleme nicht aus der Welt schaffen, sondern sie nur noch verschärfen. Zudem handelt dieser nicht neutral noch zugunsten der Beschäftigten, sondern er verteidigt die Interessen des Kapitalismus.

4. Der Großteil der Weltbevölkerung leidet unter der Krise: Massenarbeitslosigkeit, Verzweiflung über die Wohnungsnot, Gefahr des Bankrotts der Rentenkassen, Lohnkürzungen, Hungersnöte in Afrika usw.

5. Die Krise beschränkt sich aber nicht auf den Bereich der Wirtschaft: die Barbarei im Gazastreifen verdeutlicht, wie sehr sie mit dem imperialistischen Krieg verbunden ist. Sie spitzt die Umweltzerstörung weiter zu. Aber sie ist auch eine gesellschaftliche und menschliche Krise, denn die Atomisierung, die Zerstörung der menschlichen Beziehungen, die moralische Barbarei verschärfen sich All dies birgt die Gefahr, dass das Überleben der Menschheit und elementare Solidarität unter den Ausgebeuteten und Unterdrückten untergraben und zerstört werden.

Der Kampf der Arbeiter:

1. Die Arbeiter dürfen nicht die Hände in den Schoß legen. Es gibt keinen individuellen Ausweg. Auch gibt es keine „Nischen“, in die man sich zurückziehen könnte, bis der Sturm vorüber gezogen wäre. Wir brauchen den kollektiven und solidarischen Kampf der Arbeiter.

2. Die Kämpfe der Arbeiter müssen sich auf internationaler Ebene entfalten. Allein im Januar 2009 gab es wichtige Kämpfe in Litauen, Island, Bulgarien und Lettland. In China kommt es immer wieder zu Abwehrkämpfen der entlassenen Arbeiter, die nicht aufs Land zurückkehren wollen. In Griechenland entfalteten sich im Dezember 2008 wichtige Kämpfe. Auch unter den Jugendlichen in Frankreich und Deutschland rumort es. Die Arbeiterkämpfe nehmen immer mehr eine internationale Dimension an. Es ist aufschlussreich, dass ganz in der Nähe eines brutalen barbarischen Kriegsschauplatzes wie im Gaza-Streifen die Arbeiter Ägyptens 2006, 2007 und 2008 wichtige Kämpfe geführt haben.

3. Aber wir sind uns dessen bewusst, dass die Arbeiterkämpfe immer noch sehr schwach und begrenzt sind. Auch herrschen bislang immer noch Spaltungen vor wie jüngst in Großbritannien, als Beschäftigte im Energiebereich gegen die Anstellung von Beschäftigten aus anderen Ländern protestierten. Wir merken, dass immer noch Angst und Unentschlossenheit, das Gefühl der Isolierung, Zerstreuung und Spaltung dominieren.

4. Wir meinen, um zu kämpfen müssen wir selbständig handeln, d.h. gemeinsam und massiv den Kampf aufnehmen. Wir müssen uns alle daran beteiligen. Wir müssen nach Einigkeit streben und versuchen, die Spaltungen in Betriebe, Branchen, Nationalität, Rasse usw. zu überwinden. Wir müssen die Solidarität als Beschäftigte und die eigenständige Organisierung in Vollversammlungen anstreben, die allen Beschäftigten anderer Branchen, anderer Städte usw. offen stehen. Das einzige, was die Gewerkschaften und Parteien, welche von sich behaupten, die Arbeiter zu „vertreten“, tun, ist die Kämpfe zu sabotieren und zu schwächen.

Ein revolutionärer Ort:

1. Wir meinen, dass als ein Beitrag zum Kampf die Einrichtung eines Ortes der Debatte und des Zusammenkommens nützlich ist. Wir wollen als ein unabhängiges Kollektiv handeln, aber wir sind offen für die Beteiligung von proletarischen und internationalistischen Organisationen.

2. Es geht nicht darum, einfach im leeren Raum zu diskutieren. Wir diskutieren um zu handeln. Wir meinen, dass eine lebendige Debatte mit Beteiligung aller, ohne Vorbedingungen und Dogmen, zum Arbeiterkampf und dessen Entwicklung und Stärkung beitragen kann.

3. Wir stellen uns diesen Ort als einen Rahmen vor, in dem man zur Entfaltung der Arbeiterkämpfe beitragen kann. Wir wollen schnell über Kämpfe berichten. Die Kämpfe sollen schnell bekannt werden, damit sich Solidarität entfalten kann und sich die Beschäftigten aus anderen Branchen oder Städten schnell auf die Erfahrung der anderen stützen können.

4. Wir wollen diese Initiative weiter anderen Genoss/Innen öffnen. Deshalb haben wir beschlossen, in anderen Städten auch solche örtlichen Initiativen anzuregen. Wir bieten unsere Bereitschaft an, solche Treffen in anderen Städten zu arrangieren und dazu beizutragen, falls es dazu interessierte Kollektive gibt.

Wir möchten euch dazu auffordern, unsere Initiative zu unterstützen. Nehmt Kontakt mit uns auf: [email protected] [5]

Wir haben einen Blog geschaffen. groups.google.com/g/esparevol?hl=es [6]

[1]Genoss/Innen aus Sevilla und Madrid konnten sich nicht beteiligen, unterstützen aber das Projekt und sie haben schriftliche Diskussionsbeiträge geschickt. Auch haben sich Genoss/Innen beteiligt, die an ähnlichen Initiativen in anderen Städten in Marseille (Frankreich) mitwirken, womit der internationale und internationalistische Charakter des Treffens deutlicher wurde. Mitglieder von zwei politischen Gruppen – die Internationale Kommunistische Strömung und „Democracia Comunista Luxemburguista“ waren ebenso anwesend. Die anderen Mitglieder gehören im Augenblick keiner politischen Organisation an.

Aktuelles und Laufendes: 

  • Weltwirtschaftskrise [7]
  • Arbeiterkämpfe 2009 [8]

USA: Rettunganker - Staatskapitalismus

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Wir veröffentlichen nachfolgend einen Auszug aus einem Artikel der Presse der IKS in den USA, Internationalism, der sich hauptsächlich mit der Frage befasst, ob das angekündigte massive Eingreifen des Staates in der US-Wirtschaft etwas Neues und eine wirkungsvolle Waffe zur Bekämpfung sei.

* Staatskapitalismus ist keine Wirtschaftspolitik, welche Regierungen nach Gutdünken einführen oder aufgeben kann, sondern eine historisch neue Form des Kapitalismus, den alle Länder seit dem Beginn der Dekadenz dieses Wirtschaftssystems übernommen haben. In einer Welt, die von ständigen ökonomischen Rivalitäten, barbarischen imperialistischen Auseinandersetzungen und dem Gespenst der proletarischen Revolution zerrüttet wird, hat sich die herrschende Klasse seit 1914 um den Nationalstaat geschart, weil dieser als letzte Bastion gegen die Auflösungserscheinungen der Wirtschaftskrise und als Hauptverteidiger der nationalen imperialistischen Interessen auf der Welt wirkt.

* Das wesentliche Merkmal des Staatskapitalismus ist die Tendenz des Staates, jegliches gesellschaftliches Leben in seinen Händen zu bündeln. Auf ökonomischer Ebene äußert sich diese Tendenz darin, dass der Staat die direkte Kontrolle der Produktion und der Verteilung der Waren übernimmt, politisch durch die Bündelung der politischen Macht in den Händen einer übermächtigen Bürokratie, die alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens überwacht. Politische Abweichler werden unterdrückt, insbesondere die aus den Reihen der Arbeiterklasse. Ihre früheren permanent existierenden politischen Organisationen, Parteien und Gewerkschaften sind in den Staat und in die herrschende Klasse integriert worden.

* Der Staatskapitalismus kann je nach historischen Besonderheiten eines Landes oder nach besonderen Umständen verschiedene Formen annehmen. Er tauchte zum ersten Mal im 1. Weltkrieg auf, als jede am Krieg beteiligte Regierung sich gezwungen sah, die Kontrolle über den Produktionsapparat zu übernehmen und alle Kräfte der Gesellschaft auf die Kriegsmobilisierung zu richten. Aber der Staatskapitalismus ist nicht begrenzt auf die Zeiträume von offenen Kriegen oder offenen Wirtschaftskrisen wie Roosevelts "New Deal" usw. Die untergegangene ‚sozialistischen' Regime Russlands und Osteuropas, des ‚kommunistischen' Chinas und Kubas heute, sind nichts anderes als eine besondere Form des Staatskapitalismus. Das gleiche trifft auf die faschistischen Regime und die offenen Militärdiktaturen in vielen Dritte-Welt-Ländern zu. Ebenso gilt dies für die heutigen so-genannten westlichen Demokratien, ihre ideologische Loyalität gegenüber der "freien Marktwirtschaft" und "politischer Freiheit".

- Der Staatskapitalismus ist weder fortschrittlich noch eine Lösung für die Krise des Systems. Im Gegenteil - der Staatskapitalismus ist selbst ein Ausdruck der Krise des Systems. Er spiegelt die Tatsache wider, dass die Produktionsverhältnisse zu eng geworden sie für die heute bestehenden Produktionsmöglichkeiten der Gesellschaft. Wenn die Wirtschaftspolitik des Staats nicht ein einfaches Werkzeug für die Mobilisierung aller Ressourcen der Gesellschaft für den imperialistischen Krieg sind, dient diese Politik des Staates vor allem dazu, den Kapitalismus am Leben zu erhalten, indem die ökonomischen Gesetze des Systems umgangen und ausgetrickst werden. Dies ist die Erklärung hinter der offensichtlich absurden Politik der Regierungen, koste was es wolle Unternehmen zu retten, die "zu groß sind kaputt zu gehen", weil damit das uralte kapitalistische Prinzip des Kapitalismus, dass "nur der stärkste überlebt" verwischt wird.

Mr. Obama New Deal

In Anbetracht der Ähnlichkeiten der gegenwärtigen Wirtschaftskrise mit der großen Depression in den 1930er Jahren, wird oft der Vergleich angestellt zwischen Obamas Machtübernahme und der Rolle Roosevelts 1933. Obamas angekündigte "Steuererleichterungen" mit der Reihe von Steuersenkungen und staatlich finanzierter Infrastrukturprogramme wird als eine Art neuer New Deal dargestellt, mit Hilfe dessen die Wirtschaft erneut angekurbelt werden und der amerikanische Kapitalismus gerettet werden könnte.

Aber ungeachtet der Ähnlichkeiten der heutigen Situation mit der großen Depression damals ist aus unserer Sicht die Lage des Weltkapitalismus heute viel schlimmer als in den 193er Jahren. Natürlich war der Zusammenbruch des Finanzsystems, der Rückgang der Produktion, der Anstieg der Arbeitslosenrate - um nur einige Indikatoren zu nennen - damals in der großen Depression viel dramatischer als das, was wir heute sehen. 1933 war die Arbeitslosigkeit in den USA auf 25% angestiegen; die Inlandsproduktion um 30% gesunken, die Aktien um ca. 90% gefallen, und mehr als ein Drittel der Banken des Landes waren bankrott. Um Vergleich dazu ist die gegenwärtige Arbeitslosenrate von 7.2% noch ganz günstig und die Wachstumszahlen sehen noch nicht so verheerend aus.

Aber damit haben wir noch nicht das ganze Bild gesehen. Die "Spezialisten" vergessen oft, dass die gegenwärtige Krise nicht erst 2007 begonnen hat. Wie wir öfter hervorgehoben haben, ist die gegenwärtige Rezession nur ein Moment in der offenen Krise des Kapitalismus, die Ende der 1960er Jahre begann, und die sich seitdem nur noch verschlechtert hat, trotz all der Wiederankurbelungen, die jeweils den immer schlimmeren Rezessionen während der letzten vier Jahrzehnte folgten. Während all dieser Jahre hat es diese staatskapitalistische Politik - bislang - geschafft, eine dramatischen Zusammenbruch so wie seinerzeit in der Zeit der großen Depression zu verhindern, aber das geschah nur auf Kosten der langfristigen Zuspitzung der chronischen Wirtschaftskrise. So stellt die gegenwärtige Rezession - in den USA und auf der ganzen Welt - mit all den dramatischen Erschütterungen im Finanzbereich und der mangelnden Kehrtwende ungeachtet der zahlreichen Ankurbelungsprogramme der Staaten, eine Abrechnung mit der Wirklichkeit eines Systems dar, welches durch die staatskapitalistische Politik künstlich am Leben erhalten wird.

Die jetzt von Obamas ‚schlauen Leuten' propagierte Politik ist nicht neu. Sie ist nur eine Variante der gleichen kapitalistischen Politik, welche seit den letzten 40 Jahren praktiziert wurde, und die zuvor schon unter Rooselvelt zur Anwendung kam. Aber die Unfähigkeit der wirtschaftlichen Maßnahmen des Staates, eine Änderung herbeizuführen und auch die Unfähigkeit, dieses todgeweihte System am Leben zu halten, verleiht der gegenwärtigen Rezession ihre wahre historische Bedeutung. Und das ist kein gutes Omen für Obama. Heute ist der Spielraum des Staates für sein Eingreifen viel geringer als den 1930er Jahren. Es ist auch ein Mythos zu behaupten, der New Deal habe seinerzeit die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre überwinden können. Nachdem es ihm gelang, den 1929 begonnen Abwärtstrend aufzuhalten, ging dem New Deal schnell die Luft aus. Erneut kam es 1937 zu einem katastrophalen Absturz. Der Zeitraum der Depression wurde nur durch die Kriegswirtschaft während der Massaker des 2. Weltkriegs beendet. Und die Blütephase der Zeit nach dem 2. Weltkrieg in der Wiederaufbauphase war nicht nur das Ergebnis staatskapitalistischer Maßnahmen, sondern ein Ergebnis einer besonderen historischen Konstellation, die heute nicht mehr denkbar ist (siehe dazu unsere Artikel in der Internationalen Revue zur Erklärung des Wirtschaftswunders nach dem 2. Weltkrieg).

Wie wir immer wieder betont haben, verfügt die herrschende Klasse über keine Mittel, die Krise zu lösen. Sie kann nur eine noch größere  Zuspitzung der Krise und mehr imperialistische Kriege anbieten. Staatskapitalistische Maßnahmen sind nur ein letztes "aufschiebendes" Mittel für ein todgeweihtes kapitalistisches System.  E.S.  15.01.09

Aktuelles und Laufendes: 

  • Obamas Rettungspakete [9]
  • Staatskapitalismus USA [10]

Source URL:https://de.internationalism.org/en/node/2611

Links
[1] https://de.internationalism.org/en/tag/historische-ereignisse/kommunistische-internationale [2] https://de.internationalism.org/en/tag/historische-ereignisse/grundung-der-kommunistische-internationale-1919 [3] https://de.internationalism.org/en/tag/entwicklung-des-proletarischen-bewusstseins-und-der-organisation/dritte-internationale [4] https://de.internationalism.org/en/tag/2/37/die-revolution-re-welle-1917-1923 [5] mailto:[email protected] [6] https://groups.google.com/g/esparevol?hl=es [7] https://de.internationalism.org/en/tag/aktuelles-und-laufendes/weltwirtschaftskrise [8] https://de.internationalism.org/en/tag/aktuelles-und-laufendes/arbeiterkampfe-2009 [9] https://de.internationalism.org/en/tag/aktuelles-und-laufendes/obamas-rettungspakete [10] https://de.internationalism.org/en/tag/aktuelles-und-laufendes/staatskapitalismus-usa