Published on Internationale Kommunistische Strömung (https://de.internationalism.org)

Home > IKSonline - 2000s > IKSonline - 2009 > Mai 2009

Mai 2009

  • 818 reads

Der G20 Gipfel in London: eine neue kapitalistische Welt ist nicht möglich

  • 3821 reads

„Die erste globale Krise der Menschheit“ (Welthandelsorganisation, April 2009)[1]. Die „schlimmste und am stärksten überall gleichzeitig wirkende Rezession in der Menschheitsgeschichte“ (OECD, März 2009)[2]! Selbst die großen internationalen Institutionen müssen eingestehen, dass die gegenwärtige Wirtschaftskrise ein bisher noch nie da gewesenes Ausmaß erreicht hat. Um ihr entgegenzuwirken, mobilisiert die herrschende Klasse seit Monaten alle Kräfte. Sie versucht mit allen Mitteln, den Abstieg in die Hölle der Weltwirtschaftskrise zu verhindern. Das Treffen der G20 ist sicherlich das stärkste Symbol dieser internationalen Reaktion[3]. Alle Hoffnungen der Kapitalisten ruhten auf London, wo dieser rettende Gipfel Anfang April stattfand; er sollte die „Wirtschaft wieder ankurbeln und dem Kapitalismus einen moralischen Auftrieb“ verleihen. Den Erklärungen der verschiedenen Führer der Welt zufolge war dieser Gipfel ein echter Erfolg. „An diesem Tag hat sich die Welt versammelt, um gegen die Rezession anzukämpfen“, erklärte der britische Premierminister Gordon Brown. „Wir haben viel mehr erreicht als erwartet“, äußerte bewegt der französische Präsident Nicolas Sarkozy. „Es handelt sich um einen historischen Kompromiss gegenüber einer außergewöhnlichen Krise“, meinte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und aus Barack Obamas Sicht war der Gipfel eine „Wende“.

Natürlich sieht die Wirklichkeit ganz anders aus.

Der einzige Erfolg des Gipfeltreffens der G20 ist, dass es stattgefunden hat!

In den letzten Monaten hat die Wirtschaftskrise die internationalen Spannungen stark angefacht. Zunächst ist die Versuchung des Protektionismus gestiegen. Jeder Staat neigt zunehmend dazu, einen Teil seiner Wirtschaft durch Subventionen und die Gewährung von Privilegien für einheimische Unternehmen gegen die ausländische Konkurrenz zu retten. Das war zum Beispiel beim Unterstützungsplan für die französische Automobilindustrie der Fall, der von Nicolas Sarkozy beschlossen wurde und der von seinen europäischen „Freunden“ scharf kritisiert wurde. Schließlich gibt es eine wachsende Tendenz, ohne gemeinsame Absprachen Ankurbelungsprogramme zu verabschieden, insbesondere um den Finanzsektor zu retten. Dabei versuchen viele Konkurrenten, die missliche Lage der USA, dem Epizentrum des Finanzbebens und Schauplatz einer schlimmen Rezession, auszunutzen, um die wirtschaftliche Führungsrolle der USA weiter zu untergraben. Dies ist jedenfalls das Anliegen hinter den Aufrufen Frankreichs, Deutschlands, Chinas, der südamerikanischen Staaten zum „Multilateralismus“ …

Der Gipfel von London war von Spannungen überschattet, die Debatten müssen in der Tat sehr erregt gewesen sein. Aber man hat den Schein bewahren können. Die Herrschenden konnten das katastrophale Bild eines chaotischen Gipfels vermeiden. Die herrschende Klasse hat nicht vergessen, in welchem Maße mangelnde internationale Abstimmung und die Tendenz des „Jeder für sich“ zum Desaster von 1929 beigetragen haben. Damals wurde der Kapitalismus von der ersten großen Wirtschaftskrise im Zeitalter seines Niedergangs erfasst[4]; die herrschende Klasse wusste noch nicht, wie sie reagieren sollte. Und so reagierten die Staaten zunächst überhaupt nicht. Von 1929 bis 1933 wurde fast keine Maßnahme ergriffen, während Tausende von Banken der Reihe nach Bankrott gingen. Der Welthandel brach buchstäblich zusammen. 1933 zeichneten sich erste Reaktionen ab – der New Deal Roosevelts[5] wurde beschlossen. Dieser Ankurbelungsplan umfasste eine Politik der großen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und der staatlichen Verschuldung, aber auch ein protektionistisches Gesetz, den „Buy American Act“[6]. Damals stürzten sich alle Länder in ein protektionistisches Wettrennen. Der Welthandel, der bereits sehr stark geschrumpft war, erlitt einen weiteren Schock. So haben die herrschenden Klassen in den 1930er Jahren durch ihre eigenen Maßnahmen die Weltwirtschaftskrise noch verschärft.

Heute also wollen alle herrschenden Klassen eine Wiederholung dieses Teufelskreises von Krise und Protektionismus verhindern. Sie sind sich dessen bewusst, dass sie alles unternehmen müssen, um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Es war unbedingt erforderlich, dass dieser Gipfel der G20 die Einheit der Großmächte gegenüber der Krise zur Schau stellt, insbesondere um das internationale Finanzsystem zu stützen. Der IWF hat dazu gar einen besonderen Punkt in seinem „Arbeitsdokument“ zur Vorbereitung des Gipfels formuliert, um gegen diese Gefahr des „Jeder für sich“ zu warnen[7]. Es handelt sich um den Punkt 13: „Das Gespenst des Handels- und Finanzprotektionismus stellt eine wachsende Sorge dar“: „Ungeachtet der von den G20-Ländern [im November 2008] eingegangenen Verpflichtungen, nicht auf protektionistische Maßnahmen zurückzugreifen, ist es zu besorgniserregenden Entgleisungen gekommen. Es ist schwer, zwischen dem öffentlichen Eingreifen, das darauf abzielt, die Auswirkungen der Finanzkrise auf die in Schwierigkeiten geratenen Bereiche einzudämmen, und den nicht angebrachten Subventionen für die Industrien zu unterscheiden, deren langfristige Überlebensfähigkeit infrage gestellt werden muss. Bestimmte Unterstützungsmaßnahmen für den Finanzbereich verleiten auch die Banken dazu, Kredite in ihre Länder zu lenken. Gleichzeitig gibt es wachsende Risiken, dass bestimmte Schwellenländer, die mit einem von Außen kommenden Druck auf ihre Konten konfrontiert sind, danach streben, Kapitalkontrollen aufzuerlegen.“ Und der IWF war nicht der einzige, der solche Warnungen äußerte: „Ich befürchte, dass eine allgemeine Rückkehr des Protektionismus wahrscheinlich ist. Denn die defizitären Länder wie die USA glauben damit ein Mittel gefunden zu haben, die Binnennachfrage und die Beschäftigung anzukurbeln. […] Wir befinden uns in einem entscheidenden Moment. Wir müssen eine Wahl treffen zwischen einer Öffnung nach Außen oder einem Rückzug auf Lösungen ‚innerhalb‘ eines Landes. Wir haben diesen zweiten Lösungsansatz in den 1930er Jahren versucht. Dieses Mal müssen wir den ersten versuchen.“ (Martin Wolf, vor der Kommission auswärtiger Angelegenheit des US-Senats, am 25. 6.2009)[8].

Der Gipfel hat die Botschaft vernommen: Die Führer der Welt konnten das Bild einer scheinbaren Einheit bewahren und dieses in ihrer Abschlusserklärung schriftlich festhalten: „Wir werden die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen“. Die Welt atmete auf. Wie die französische Wirtschaftszeitung „Les Echos“ am 3. April schrieb: „Die erste Schlussfolgerung, die man nach dem gestrigen G20 von London ziehen kann, ist, dass er nicht gescheitert ist, und das ist schon viel wert. Nach den Spannungen der letzten Wochen haben die 20 größten Länder ihre Einheit gegenüber der Krise gezeigt.“

Konkret haben sich die Länder verpflichtet, keine Handelsschranken zu errichten, auch nicht gegen Finanzströme. Die Welthandelsorganisation wurde beauftragt, sorgfältig darauf zu achten, dass diese Verpflichtungen eingehalten werden. Darüber hinaus wurden 250 Milliarden Dollar für die Unterstützung des Exports oder von Investitionen zugesagt, um den internationalen Handel wieder anzukurbeln. Aber vor allem haben die gestiegenen Spannungen die Atmosphäre auf diesem Gipfel nicht vergiften können, der sonst in einen offenen Faustkampf ausgeartet wäre. Der Schein bleibt also gewahrt. Dies ist der Erfolg des Gipfels der G20. Und dieser Erfolg ist sicherlich zeitlich beschränkt, denn der Stachel der Krise wird die internationalen Divergenzen und Spannungen weiter verschärfen.

Die Verschuldung von heute bereitet die Krisen von morgen vor

Seit dem Sommer 2008 und der berühmten „Subprime“-Krise verabschiedeten die Regierungen wie entfesselt ein Konjunkturprogramm nach dem anderen. Nach der ersten Ankündigung von massiven Kapitalspritzen im Milliardenumfang kam vorübergehend Optimismus auf. Doch da sich die Krise unbeirrt weiter zuspitzte, wuchs mit jedem jeden neuen Programm auch die Skepsis. Paul Jorion, ein auf den Wirtschaftsbereich spezialisierter Soziologe (er war zudem einer der ersten, die die gegenwärtige Krise ankündigten) macht sich lustig über dieses wiederholte Scheitern: „Wir sind unbemerkt von den kleinen Anschüben des Jahres 2007 im Umfang von einigen Milliarden Euro oder Dollar zu den großen Paketen von Anfang 2008 übergegangen, dann kamen schließlich die gewaltigen Pakete von Ende 2008, die mittlerweile Hunderte von Milliarden Euro oder Dollar umfassen. 2009 ist das Jahr der ‚kolossalen‘ Anschübe, die diesmal Summen von ‚Trillionen‘ Euro oder Dollar beinhalten. Und trotz pharaonischer Ambitionen gibt es noch immer nicht das geringste Licht am Ende des Tunnels“[9].

Und was schlägt der Gipfel vor? Man überbietet sich mit einer Reihe von Maßnahmen, von denen die eine noch unwirksamer ist als die andere! Bis Ende 2010 sollen 5.000 Milliarden Dollar in die Weltwirtschaft gepumpt werden[10]. Die Bourgeoisie verfügt über keine andere „Lösung“; sie offenbart damit ihre eigene Machtlosigkeit[11]. Die internationale Presse hat sich in dieser Hinsicht nicht geirrt. „Die Krise ist noch lange nicht vorüber, man muss naiv sein zu glauben, dass die Beschlüsse des G20 alles ändern werden“ (La Libre Belgique), „Sie sind zu einem Zeitpunkt gescheitert, als die Weltwirtschaft dabei war zu implodieren“ (New York Times).

Die Vorhersagen der OECD, die normalweise ziemlich optimistisch sind, lassen für 2009 keinen Zweifel daran aufkommen, was auf die Menschheit in den nächsten Monaten zukommen wird. Ihnen zufolge wird die Rezession in den USA zu einer Schrumpfung des Bruttoinlandprodukts von vier Prozent, in der Euro-Zone von 4.1 Prozent und in Japan von 6.6 Prozent führen. Die Weltbank prognostizierte am 30. März für das Jahr 2009 „einen Rückgang des Welt-BIP von 1.7 Prozent, was den stärksten, je registrierten Rückgang der globalen Produktion bedeutet“. Die Lage wird sich also in den nächsten Monaten noch weiter zuspitzen, wobei die Krise bereits heute verheerendere Ausmaße als 1929 angenommen hat. Die Ökonomen Barry Eichengreen und Kevin O’Rourke haben errechnet, dass der Rückgang der Weltindustrieproduktion allein in den letzten neun Monaten schon so stark war wie 1929, die Aktienwerte zweimal so schnell verfielen und auch der Welthandel schneller schrumpft[12].

All diese Zahlen entsprechen einer sehr konkreten und dramatischen Wirklichkeit für Millionen von ArbeiterInnen auf der Welt. In den USA, der größten Wirtschaftsmacht der Erde, wurden allein im März 2009 663.000 Arbeitsplätze vernichtet, womit sich die Zahl der vernichteten Arbeitsplätze innerhalb der letzten beiden Jahre auf 5.1 Millionen erhöht hat. Heute werden alle Länder von der Krise brutal erfasst. So erwartet Spanien 2009 einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf über 17 Prozent.

Aber diese Politik ist heute nicht nur einfach unwirksam; sie bereitet auch noch gewaltigere Krisen in der Zukunft vor. Denn all diese Milliardenbeträge können nur dank massiver Verschuldung zur Verfügung gestellt werden. Doch eines Tages (und dieser Tag liegt nicht in der fernen Zukunft) müssen diese Schulden zurückgezahlt werden. Selbst die Bourgeois sagen: „Es liegt auf der Hand, die Folgen dieser Krise sind mit hohen Kosten verbunden. Die Menschen werden Reichtümer, Erbgüter, Einkommen, Ersparnisse, Arbeitsplätze verlieren. Es wäre demagogisch zu denken, dass irgendjemand davon verschont werden wird, alles oder einen Teil dieser Rechnung zu bezahlen“ (Henri Guaino, Sonderberater des französischen Staatspräsidenten, 3.04.2009).[13] Durch die Anhäufung dieses Schuldenbergs ist letzten Endes die wirtschaftliche Zukunft des Kapitalismus mit einer gewaltigen Hypothek belastet.

Und was soll man zu all den Journalisten sagen, die sich darüber freuen, dass der IWF eine viel größere Bedeutung erlangt hat? Seine Finanzmittel sind in der Tat vom Gipfel verdreifacht worden; er verfügt nun über 750 Milliarden Dollar Mittel, hinzu kommen 250 Milliarden Dollar Sonderziehungsrechte.[14] IWF-Präsident Dominique Strauss-Kahn erklärte, dass es sich um den größten „jemals in der Geschichte beschlossenen koordinierten Ankurbelungsplan“ handelt. Er wurde beauftragt, „den Schwächsten zu helfen“, insbesondere den am Rande der Pleite stehenden osteuropäischen Staaten. Aber der IWF ist eine seltsame letzte Rettung. Denn diese Organisation ist zu Recht verrufen wegen der drakonischen Sparmaßnahmen, die sie in der Vergangenheit stets dann erzwungen hat, wenn ihre „Hilfe“ gefordert wurde. Umstrukturierungen, Entlassungen, Arbeitslosigkeit, Abschaffung bzw. Kürzung von medizinischen Leistungen, Renten usw.- all das sind die Folgen der „Hilfe“ des IWF. Diese Organisation hat – um nur ein Beispiel zu nennen – am vehementesten jene Maßnahmen vertreten, die Argentinien in den 1990er Jahren auferlegt wurden, bis dessen Wirtschaft 2001 kollabierte…

Der Gipfel der G20 hat also nicht nur den kapitalistischen Horizont nicht aufgehellt, sondern im Gegenteil bewirkt, dass noch dunklere Wolken aufziehen werden.

Der große Bluff eines moralischeren Kapitalismus

In Anbetracht der sattsam bekannten Unfähigkeit der G20, wirkliche Lösungen für die Zukunft anzubieten, fiel es den Bourgeois schwer, eine schnelle Rückkehr zum Wachstum und zu einer strahlenden Zukunft zu versprechen. Unter den Arbeitern breitet sich eine tiefe Verachtung gegen den Kapitalismus aus; immer mehr machen sich Gedanken über die Zukunft. Die herrschende Klasse ihrerseits ist eifrig darum bemüht, auf ihre Art auf diese Infragestellungen einzugehen. So hat denn auch dieser Gipfel mit großem Tamtam einen neuen Kapitalismus versprochen, der besser reguliert, moralischer, ökologischer sein werde…

Aber dieses Manöver ist so auffällig wie lächerlich. Um zu beweisen, wie ernst sie es mit einem „moralischeren“ Kapitalismus meinen, haben die G20-Staaten ihren Zeigefinger gegen einige „Steuerparadiese“ erhoben und mit eventuellen Sanktionen gedroht, über die man bis zum Ende des Jahres nachdenken werde (sic!), falls diese Länder keine Anstrengungen um größere „Transparenz“ unternehmen. Insbesondere wurde auf vier Länder verwiesen, die nunmehr die berühmte „schwarze Liste“ anführten: Costa Rica, Malaysia, die Philippinen, Uruguay. Auch anderen Ländern wurden Vorhaltungen gemacht; sie wurden auf eine „graue Liste“ gesetzt. Unter anderem gehören Österreich, Belgien, Chile, Luxemburg, Singapur und die Schweiz dazu.

Die großen „Steuerparadiese“ dagegen kommen allem Anschein nach ihren Pflichten nach. Die Kaiman-Inseln und ihre Hedgefonds, die von der britischen Krone abhängigen Territorien (Guernsey, Jersey, Ilse of Man), die Londoner City, die US-Bundesstaaten wie Delaware, Nevada oder Wyomin - all diese Gebiete sind offiziell weiß wie Schnee und gehören der weißen Liste an. Diese Klassifizierung der Steuerparadiese durch den Gipfel der G20 bedeutet, den Bock zum Gärtner zu machen.

Als Gipfel der Heuchelei kündigte nur wenige Tage nach dem Gipfel in London die OECD, die für diese Einstufungen verantwortlich ist, die Streichung der vier o.g. Länder von der schwarzen Liste an, nachdem diese Anstrengungen zu mehr Transparenz angekündigt hatten!

All dies kann nicht überraschen. Wie könnte man von all diesen Verantwortlichen des Kapitalismus, die in Wirklichkeit Gangster ohne Gesetz und Glauben sind, eine „moralischere Haltung“ erwarten?[15] Und wie kann ein System, das auf Ausbeutung und Profitstreben beruht, „moralischer“ werden? Niemand erwartete übrigens von diesem Gipfel einen „menschlicheren Kapitalismus“. Dieser existiert nicht, auch wenn die politischen Führer davon reden, wie Eltern ihren Kindern vom Weihnachtsmann erzählen. Diese Krisenzeiten enthüllen im Gegenteil noch deutlicher die unmenschliche Fratze dieses Systems. Vor fast 130 Jahren schrieb Paul Lafargue: „Die kapitalistische Moral […] belegt das Fleisch des Arbeiters mit einem feierlichen Bannfluch: Ihr Ideal besteht darin, die Bedürfnisse des Produzenten (das heißt des wirklich Produzierenden) auf das geringste Minimum zu reduzieren, seine Genüsse und Leidenschaften zu ersticken und ihn zur Rolle einer Maschine zu verurteilen, aus der man ohne Rast und ohne Dank Arbeit nach Belieben herausschindet“ (Paul Lafargue, Das Recht auf Faulheit, Vorwort). Wir könnten hinzufügen: Die einzig mögliche „Ruhe“ ist die Arbeitslosigkeit und das Elend. Wenn die Krise zuschlägt, werden Beschäftigte entlassen und fliegen auf die Straße wie Ausschuss. Der Kapitalismus ist und bleibt stets ein brutales und barbarisches Ausbeutungssystem.

Aber das Manöver ist so offensichtlich wie entlarvend. Es zeigt, dass der Kapitalismus der Menschheit keinen Ausweg mehr anzubieten hat, außer noch mehr Verarmung und Leid. Die Aussichten auf einen „ökologischen“ oder „moralischen“ Kapitalismus sind genauso groß wie die Aussichten eines Alchimsten, Blei in Gold zu verwandeln.

Der Londoner Gipfel belegt jedenfalls eins: Eine andere kapitalistische Welt ist nicht möglich. Es ist wahrscheinlich, dass der Krisenverlauf Höhen und Tiefen durchschreiten wird, wobei es zeitweise auch zu einem Wachstum kommen kann. Aber im Wesentlichen wird der Kapitalismus weiter in der Krise versinken, noch mehr Armut und Kriege hervorrufen.

Von diesem System kann man nichts erwarten. Mit ihren internationalen Gipfeln und Konjunkturprogrammen stellt die herrschende Klasse keinen Teil der Lösung dar, sondern sie selbst ist das Problem. Nur die Arbeiterklasse kann die Welt umwälzen, dazu muss sie aber Vertrauen in die Gesellschaft entwickeln, die sie aufbauen muss: den Kommunismus! Mehdi, 16.04.09

[1]Déclaration de Pascal Lamy, Erklärung des Generaldirektors der Welthandelsorganisation.

[2]Rapport intermédiaire – Zwischenbericht der OECD.

[3]Der G20 besteht aus den Mitgliedsländern des G8 (Deutschland, Frankreich, USA, Japan, Kanada, Italien, Großbritannien, Russland), zu dem jetzt Südafrika, Saudi-Arabien, Argentinien, Australien, Brasilien, China, Südkorea, Indien, Indonesien, Mexiko, Türkei und schließlich die Europäische Union dazu gekommen sind. Ein erster Gipfel hatte im November 2008 inmitten der Finanzerschütterungen stattgefunden.

[4]Siehe unsere Artikelserie „Die Dekadenz des Kapitalismus begreifen“

[5]Weit verbreitet ist heute der Mythos, dass der New Deal von 1933 es der Weltwirtschaft ermöglicht habe, aus dem wirtschaftlichen Schlamassel herauszukommen. Daher die logische Schlussfolgerung, heute zu einem neuen „New Deal“ aufzurufen. Aber in Wirklichkeit blieb die US-Wirtschaft zwischen 1933-38 besonders kraftlos. Erst der zweite New Deal, der 1938 beschlossen wurde, ermöglichte die Ankurbelung der Wirtschaft. Doch dieser zweite New Deal war nichts anderes als der Beginn der Kriegswirtschaft (die den 2. Weltkrieg vorbereitete). Es ist verständlich, dass diese Tatsache weitestgehend verschwiegen wird!

[6]Dieses Gesetz verpflichtete die US-Behörden zum Kauf von auf US-Märkten hergestellten Produktionsgütern.

[7]Quelle: contreinfo.info/prnart.php3?id_article=2612

[8]Martin Wolf ist ein britischer Wirtschaftsjournalist. Er war assoziierter freischaffender Redakteur und Chef-Kommentator im Bereich Wirtschaftsfragen bei der Financial Times.

[9]„L’ère des ‘Kolossal’ coups de pouce“ (Die Ära der „kolossalen“ Anschübe), veröffentlicht am 7 April 2009.

[10]Tatsächlich handelt es sich um 4.000 Milliarden Dollar, die von den USA als Rettungsmaßnahmen während der letzten Monate angekündigt wurden.

[11]In Japan wurde jüngst ein neues Konjunkturprogramm im Umfang von 15.400 Milliarden Yen (116 Milliarden Euro) beschlossen. Dies ist das vierte Programm, das innerhalb eines Jahres von Tokio beschlossen wurde!

[12]Quelle : voxeu.org [1]

[13]Zur Rolle der Verschuldung im Kapitalismus und zu seinen Krisen siehe den Artikel in dieser Ausgabe der Internationalen Revue Nr. 43, „Die schlimmste Wirtschaftskrise in der Geschichte des Kapitalismus“.

[14]Die Sonderziehungsrechte sind ein Währungskorb, der aus Dollar, Euro, Yen und britischen Pfund-Sterling besteht.

Insbesondere China hat auf diesen Sonderziehungsrechten bestanden. In den letzten Wochen hat das Reich der Mitte mehrere offizielle Erklärungen abgegeben und zur Schaffung einer internationalen Währung aufgerufen, die den Dollar ablösen soll. Zahlreiche Ökonomen auf der Welt haben diese Forderung aufgegriffen und vor dem unaufhaltsamen Verfall der US-Währung und den wirtschaftlichen Erschütterungen gewarnt, die daraus resultieren würden.

Es stimmt, dass die Schwächung des Dollars mit jedem weiteren Versinken der US-Wirtschaft in der Rezession eine echte Bedrohung für die Weltwirtschaft darstellt. Kurz vor Ende des II. Weltkrieges als internationale Leitwährung eingeführt, fungierte der Dollar seither als ein Stützpfeiler für die kapitalistische Stabilität. Dagegen ist die Einführung einer neuen Leitwährung (ob Euro, Yen, Britisches Pfund oder die Sonderziehungsrechte des IWF) vollkommen illusorisch. Keine Macht wird die USA ersetzen können, keine wird deren Rolle als internationaler ökonomischer Stabilitätsanker übernehmen können. Die Schwächung der US-Wirtschaft und ihrer Währung bedeutet somit wachsendes monetäres Chaos.

[15]Lenin bezeichnete den Völkerbund, eine andere internationale Institution, als „Räuberbande“.

Aktuelles und Laufendes: 

  • Weltwirtschaftskrise [2]
  • G 20 London [3]

Filmbesprechung: Charles Darwin und der Baum des Lebens

  • 2963 reads

 

David Attenboroughs BBC-Beitrag zur 200-Jahresfeier Darwins (Charles Darwin und der Baum des Lebens, 1.2.09) war eine meisterhafte Verteidigung der Evolutionstheorie. Attenborough vermittelte dabei mit seiner bekannten Fähigkeit komplexe wissenschaftliche Ideen. Er benutzte eine unkomplizierte Sprache und viele tolle Darstellungen durch Filme. Sein Enthusiasmus sprang wieder auf den Zuschauer über, und wie immer zeigte er Respekt vor der Natur.

 

David Attenboroughs BBC-Beitrag zur 200-Jahresfeier Darwins (Charles Darwin und der Baum des Lebens, 1.2.09) war eine meisterhafte Verteidigung der Evolutionstheorie. Attenborough vermittelte dabei mit seiner bekannten Fähigkeit komplexe wissenschaftliche Ideen. Er benutzte eine unkomplizierte Sprache und viele tolle Darstellungen durch Filme. Sein Enthusiasmus sprang wieder auf den Zuschauer über, und wie immer zeigte er Respekt vor der Natur.

Indem er die Ideen Darwins in ihren historischen Kontext einbettete, hob Attenborough die subversiven Folgen der Evolutionstheorie durch natürliche Zuchtwahl hervor, da das wissenschaftliche Establishment, mit dem Darwin es in den 1840er und 1850er Jahren zu tun hatte, noch stark durch eine statische Sicht der Natur beeinflusst war, der zufolge Wesen durch göttliche Schöpfung geschaffen wurden. Damals wurden weite Bereiche der Frühgeschichte der Erde durch die Entwicklung der Geologie zum ersten Mal erforscht. Attenborough zeigte sehr deutlich auf, wie Darwin mitgerissen wurde von der Kraft dieses neuen Fortschrittes des Bewusstseins der Menschen über ihre Stellung in der Natur, trotz seines Widerwillens, seine fromme Frau zu beleidigen und einen Skandal in der ‚höflichen’ Welt hervorzurufen. Abgesehen davon, dass sie ein mächtiger Ansporn für Darwin war die Veröffentlichung seines Werkes voranzutreiben, belegte die zeitgleiche Formulierung einer Theorie der natürlichen Zuchtwahl durch Alfred Wallace die unwiderstehliche Macht der Entwicklung der Ideen, wenn die Bedingungen dafür gereift sind.

Als er auf die zeitgenössischen Einwände gegen Darwins Theorie einging, behandelte Attenborough diese aber nicht mit Verachtung. Er ordnete sie lediglich auf dem Hintergrund der historischen Grenzen ein und zeigte mit großer Überzeugung, wie neue Erkenntnisse der Paläontologie und der Zoologie deren Grundlagen zerstörten. Mit besonderer Freude erzählte er die Geschichte der Archaeopteryx und des Schnabeltiers, Übergangsformen zwischen Reptilien und Vögeln und Säugetieren, die eine solide Antwort auf die Frage lieferte: „Wenn sich Arten entwickeln, wo sind die fehlenden Glieder?“

Natürlich war Darwin das Erzeugnis eines Bürgertums, das sich noch sehr in seiner Aufstiegsphase befand. Ein klares Zeichen, dass diese Phase lange hinter uns liegt, sieht man darin, dass heute, im 21. Jahrhundert, ziemlich einflussreiche Flügel der herrschenden Klasse – ob die christliche Rechte in den USA oder die verschiedenen islamischen Parteien in der ganzen Welt – sich zurückentwickelt haben und an der wortgetreuen Version des Kreationismus der Bibel oder des Korans klammern und Darwin weiterhin verteufeln, obgleich in den letzten 150 Jahren eine Menge Beweise für seine grundlegenden Ideen zusammengetragen wurden. Aber wie Pannekoek und andere hervorgehoben haben, wurden die Tendenzen des Bürgertums, in Religion zu flüchten und die kühnen, bilderstürmerischen Auffassungen ihrer revolutionären Blütezeit aufzugeben, ersichtlich, sobald das Proletariat offen als eine dem Kapitalismus entgegen gesetzte Kraft in Erscheinung trat (vor allem nach den Aufständen von 1848). Und ebenso begriff die Arbeiterbewegung sofort die revolutionären Folgen einer Theorie, die aufzeigte, dass Bewusstsein aus den unbewussten Schichten des Lebens als Reaktion auf ein materielles Umfeld entstehen kann und nicht durch die Vermittlung eines Herrschers von Oben. Die offensichtlichen Konsequenzen daraus waren, dass die weitestgehend unbewussten Massen auch ihr Bewusstsein über sich selbst entwickeln können mittels ihres Kampfes zur Befriedigung ihrer eigenen materiellen Bedürfnisse.

Natürlich hat sich nicht gesamte bürgerliche Klasse zum Kreationismus zurück entwickelt; es gibt nämlich auch einen bürgerlichen Konsensus, dem zufolge Wissenschaft und Technologie als solche fortschrittlich seien. Aber indem man sie von den gesellschaftlichen Verhältnissen abstrahiert, die deren Entwicklung ermöglichten, ist es unmöglich zu erklären, warum so viel wissenschaftliche Forschung und so viele technologische Durchbrüche dazu verwandt wurden, die Gesellschaft und die Natur zugrunde zu richten. Gerade diese Entwicklung hat viele derjenigen, die aus dem gegenwärtigen Gesellschaftssystem keinen Nutzen ziehen, dazu bewogen, nach Antworten in den Mythologien der Vergangenheit zu suchen. Das gleiche Phänomen der Abstoßung trifft auch auf die Auffassung von der Stellung des Menschen im Universum zu, die so viele bürgerliche 'Verteidiger' der Wissenschaft vertreten. Es handelt sich dabei um eine grenzenlos düstere Sicht, denn sie bringt eine zutiefst entfremdete Auffassung der grundlegenden Trennung des Menschen von einer feindlichen Umwelt zum Vorschein. Aber Attenborough gehört nicht dieser Kategorie an. Fliegende Vögel bewundernd oder spielende Schimpansen anlachend, schloss Attenborough seine Vorstellung im Film damit ab, indem er an eine andere Konsequenz der Darwinschen Theorie erinnerte, dass sie nämlich eine Infragestellung der Auffassung der Bibel vom Menschen als einem Wesen ist, das die Natur "beherrscht". Stattdessen bekräftigt er das tiefgehende Verhältnis der Menschen mit anderen Lebewesen und unsere völlige gegenseitige Interdependenz mit diesen. An dieser Stelle hörte sich Attenborough ein wenig an wie Engels und dessen Aussage in "Der Anteil der Arbeit in der Menschwerdung des Affen“ der eine Warnung gegen Hybris (Anmaßungen) aber auch eine Perspektive für die Zukunft enthält:

„Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unsern menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns. Jeder hat in erster Linie zwar die Folgen, auf die wir gerechnet, aber in zweiter und dritter Linie hat er ganz andre, unvorhergesehene Wirkungen, die nur zu oft jene ersten Folgen wieder aufheben. Die Leute, die in Mesopotamien, Griechenland, Kleinasien und anderswo die Wälder ausrotteten, um urbares Land zu gewinnen, träumten nicht, daß sie damit den Grund zur jetzigen Verödung jener Länder legten, indem sie ihnen mit den Wäldern die Ansammlungszentren und Behälter der Feuchtigkeit entzogen. Die Italiener der Alpen, als sie die am Nordabhang des Gebirgs so sorgsam gehegten Tannenwälder am Südabhang vernutzten, ahnten nicht, daß sie damit der Sennwirtschaft auf ihrem Gebiet die Wurzel abgruben; sie ahnten noch weniger, daß sie dadurch ihren Bergquellen für den größten Teil des Jahrs das Wasser entzogen, damit diese zur Regenzeit um so wütendere Flutströme über die Ebene ergießen könnten. Die Verbreiter der Kartoffel in Europa wußten nicht, daß sie mit den mehligen Knollen zugleich die Skrofelkrankheit verbreiteten. Und so werden wir bei jedem Schritt daran erinnert, daß wir keineswegs die Natur beherrschen, wie ein Eroberer ein fremdes Volk beherrscht, wie jemand, der außer der Natur steht - sondern daß wir mit Fleisch und Blut und Hirn ihr angehören und mitten in ihr stehn, und daß unsre ganze Herrschaft über sie darin besteht, im Vorzug vor allen andern Geschöpfen ihre Gesetze erkennen und richtig anwenden zu können.“ [Engels: Dialektik der Natur, S. 274. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 8597 (vgl. MEW Bd. 20, S. 453)]

Amos 6.2.09, aus World Revolution, Zeitung der IKS in Großbritannien

Stellungnahme des Treffens kommunistischer Internationalisten in Lateinamerika

  • 3175 reads

Wir veröffentlichen nachfolgend die gemeinsame Stellungnahme, die von sieben Gruppen oder Organisationen verabschiedet wurde, welche in acht lateinamerikanischen Staaten existieren[1]. Diese Stellungnahme berichtet über ein  Internationalistisches Treffen, das neulich stattfand[2]. Dieses Treffen, dessen Projekt vor einem Jahr geplant worden war, ist in erster Linie möglich geworden durch die Entstehung dieser Gruppen, von denen die meisten (mit Ausnahme von OPOP und der IKS) vor drei Jahren noch nicht existierten. Zweitens wäre dieses Treffen nicht möglich gewesen ohne den gemeinsamen Willen aller Teilnehmer, die Isolierung zu durchbrechen und eine gemeinsame Arbeit zu entfalten[3]. Die Grundlage dieser Arbeit bestand darin, dass die Teilnehmer die Kriterien akzeptieren – welche in der Stellungnahme aufgeführt werden -, die diese als Bestandteile einer Abgrenzung zwischen der proletarischen und bürgerlichen Seite betrachten.

Der erste Schritt dieses Treffens war notwendigerweise die politische Diskussion, welche eine Klärung der bestehenden Konvergenzen und Divergenzen unter den Teilnehmern ermöglichen sollte, mit dem Ziel, einen Diskussionsrahmen zu erstellen, welcher zu einer Klärung der Divergenzen führen sollte.

Wir begrüßen aufs wärmste, dass dieses Treffen stattgefunden hat und dazu in der Lage war, wichtige Diskussionen abzuhalten wie zum Beispiel zum Thema gegenwärtige Lage des internationalen Klassenkampfes und Wesen der gegenwärtigen Krise, welche den Kapitalismus erschüttert. Wir haben volles Vertrauen, dass die Fortsetzung der Debatte fruchtbringende Klärungen hervorbringen wird[4].

Wir sind uns dessen bewusst, dass das Treffen nur ein kleiner Schritt hin zur Bildung eines internationalen Bezugspols ist, dessen Existenz, öffentliche Debatten und Interventionen, den Genossen, Kollektiven und Gruppen eine Orientierung bieten kann, die jetzt überall auf der Welt auftauchen und die Suche nach einer proletarischen internationalistischen Antwort auf eine immer schlimmere Lage darstellen, in welche der Kapitalismus die Menschheit treibt.

Aber wenn wir mit früheren Erfahrungen vergleichen – wie zum Beispiel den Internationalen Konferenzen der Kommunistischen Linken vor 30 Jahren[5] – stellt dieses Treffen eine Überwindung gewissser Schwächen dar, die damals aufgetreten waren. Während diese Konferenzen unfähig waren, eine gemeinsame Position gegenüber dem Afghanistankrieg zu verabschieden, welcher eine große Bedrohung für die Menschheit darstellte, vertritt die jetzige, einstimmig von den Teilnehmern angenommene Stellungnahme klare proletarische Positionen gegenüber der Krise des Kapitalismus.

Insbesondere wollen wir die entschlossene Anprangerung der kapitalistischen Alternativen der ‘Linken’ durch die Stellungnahme hervorheben, die überall auf dem amerikanischen Kontinent in Mode sind und auf der Welt nicht wenige Illusionen verbreiten. Von den USA mit dem Phänomen Obama bis zum argentinischen Patagonien, wird der Kontinent heute von Regierungen beherrscht, die von sich behaupten, die Armen, die Arbeiter, die Marginalisierten zu verteidigen, und die sich als Beschützer eines ‘sozialen’, ‘menschlichen’ Kapitalismus darstellen, oder in seinen ‘radikaleren’ Versionen, die  – wie im Falle Chávez in Venezuela, Morales in Bolivien und Correa in Ecuador – beanspruchen, nichts weniger als den “Sozialismus des 21. Jahrhunderts” zu verkörpern.

Es erscheint uns höchst wichtig, dass gegenüber solchen Betrügern ein einheitlicher, brüderlicher und kollektiver Pol von internationalistischen Minderheiten seine Stimme erhebt, welche den Weg bereiten für Diskussionen und Stellungnahmen für internationale Solidarität, den unnachgiebigen Klassenkampf für die Weltrevolution, gegenüber dem Staatskapitalismus, dem Nationalismus, der Verewigung der Ausbeutung, welche von diesen “neuen Propheten” verkörpert wird.   IKS, 26.4.09

Stellungnahme des Treffens in Lateinamerika

Nachfolgend veröffentlichen wir die gemeinsame Stellungnahme, die von dem Internationalistischen Treffen verabschiedet wurde. Demnächst werden wir die Beiträge der verschiedenen Teilnehmer für die Vorbereitung des Treffens und auch eine Synthese der Diskussionen veröffentlichen, die während des Treffens stattfanden.

Gemeinsame Stellungnahme

Der Kampf für den authentischen Kommunismus, d.h.. für eine klassenlose Gesellschaft, ohne Armut und ohne Kriege, ruft erneut ein wachsendes Interesse in einer Minderheit auf der ganzen Welt hervor. Als Zeuge dieses Phänomens hat im März 2009 aufgrund einer Initiative der Internationalen Kommunistischen Strömung und von Oposição Operaria (OPOP) in Lateinamerika ein Treffen internationalistischer Diskussion stattgefunden, an dem sich verschiedene Gruppen, Zirkel und einzelne Genoss/Innen des Kontinentes beteiligt haben, die klar internationalistische und proletarische Positionen vertreten. Neben der IKS und OPOP haben die folgenden Gruppen teilgenommen:

  • Grupo de Lucha Proletaria (Perú)
  • Anarres (Brésil)
  • Liga por la Emancipación de la Clase Obrera (Costa Rica und Nicaragua)
  • Núcleo de Discusión Internacionalista aus der Dominikanischen Republik
  • Grupo de Discusión Internacionalista aus Ecuador

Darüber hinaus haben Genoss/Innen aus Peru und Brasilien ebenfalls an den Arbeiten dieses Treffens teilgenommen. Andere Genoss/Innen aus anderen Ländern wollten ebenfalls teilnehmen, konnten dies aber wegen materieller oder administrativer Schwierigkeiten nicht tun. Alle Teilnehmer erkennen die Kriterien an, welche wir nachfolgend zusammenfassen und die global ebenfalls bei der Durchführung der Konferenzen der Gruppen der Kommunistischen Linken in den 1970er und 1980er Jahren angenommen worden waren:

  1. Berufung auf den proletarischen Charakter des Oktober 1917 und der Kommunistischen Internationale, wobei diese Erfahrungen einer kritischen Bilanz unterzogen werden müssen, welche dann neue revolutionäre Anstürme des Proletariats leiten sollen.
  2. Bedingungslose Verwerfung jeglicher Idee, dass heute auf der Welt Länder bestehen, die sozialistisch wären oder von einer Arbeiterregierung geführt würden, auch wenn sie als “degeneriert” bezeichnet werden; Verwerfung ebenso jeglicher staatskapitalistischer Regierungsformen und der Ideologie des “Sozialismus des 21. Jahrhunderts” .
  3. Verwerfung der Sozialistischen und Kommunistischen Parteien und all deren Anhängsel als Parteien des Kapitals.
  4. Kategorische Verwerfung der bürgerlichen Demokratie, des Parlamentarismus und der Wahlprozesse, da dies Waffen sind, mit denen die Herrschenden es wiederholt geschafft haben, die Arbeiterkämpfe einzudämmen und abzulenken, indem fälschlicherweise zwischen Demokratie und Diktatur, Faschismus und Antifaschismus gewählt werden soll.
  5. Verteidigung der Notwendigkeit, dass die internationalistischen Revolutionäre hin zur Bildung einer internationalen Organisation der politischen Avantgarde voranschreiten sollen, die eine unabdingbare Waffe für den Sieg der proletarischen Revolution ist.
  6. Verteidigung der Rolle der Arbeiterräte als Organe der Arbeitermacht, sowie der Autonomie der Arbeiterklasse gegenüber den anderen Klassen und Schichten der Gesellschaft.

Auf der Tagesordnung der Diskussion standen die folgenden Punkte:

  1. Die Rolle des Proletariats und die gegenwärtige Situation, das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen;
  2. Die Lage des Kapitalismus [der Hintergrund für die Entwicklung der gegenwärtigen Kämpfe], und als eine globalere Überlegung das Konzept der Dekadenz des Kapitalismus und/oder Strukturkrise des Kapitalismus;
  3. Die sich zuspitzende Umweltkatastrophe, in welche uns das System treibt. Obgleich dieser Punkt aus Zeitgründen nicht mehr behandelt werden konnte, wurde beschlossen, die Diskussion dazu im Internet durchzuführen.

Hinsichtlich des ersten Punktes wurden Beispiele aus Lateinamerika verwendet, um die Analyse der gegenwärtigen Entwicklung des Klassenkampfes zu verdeutlichen, aber das Anliegen der meisten Teilnehmer war, dies als einen Teil der allgemeinen Bedingungen des Arbeiterkampfes auf internationaler Ebene einzuordnen. Dennoch hat das Treffen beschlossen, die Entblößung der verschiedenen Regierungen hervorzuheben, die sich “links” schimpfen, und in den meisten Ländern Lateinamerikas an der Macht sind. Sie sind Todesfeinde der Arbeiterklasse und deren Kampfes. Auch wurden die Kräfte angeprangert, die die ‘linken’ Regierungen ‘kritisch’ unterstützen. Ebenso hat das Treffen die Kriminalisierung der Arbeiterkämpfe durch diese Regierungen verworfen. Es hat betont, dass die Arbeiterklasse keine Illusionen in legalistische und demokratische Kampfmethoden haben darf, sondern nur Vertrauen haben darf in ihren eigenen, autonomen Kampf.Dabei wurden insbesondere die folgenden Regierungen angeprangert:

· Kirchner in Argentinien,

· Morales in Bolivien,

· Lula in Brasilien,

· Correa en Ecuador,

· Ortega in Nicaragua

· Und insbesondere Chávez in Venezuela, dessen proklamierter "Sozialismus des 21. Jahrhunderts” nichts anderes ist als seine große Lüge, die dazu dient, Arbeiterkämpfe in diesem Land zu sabotieren und niederzuschlagen und den Arbeitern in den anderen Ländern Sand in die Augen zu streuen.

Beim zweiten Punktes stimmten alle Teilnehmer überein hinsichtlich der Schwere der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus und der Notwendigkeit, sie tiefer innerhalb des Rahmens einer theoretischen und historischen Perspektive zu begreifen. Als Schlussfolgerung haben die Teilnehmer übereinstimmend erklärt:

  • Die Durchführung des Treffens ist ein Ausdruck der gegenwärtigen Tendenz der Entwicklung des Kampfes und der revolutionären Bewusstwerdung des Proletariats auf internationaler Ebene.
  • Die beträchtliche Zuspitzung der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus kann langfristig nur diese Tendenz zur Entfaltung der Arbeiterkämpfe verstärken; damit wird die Verteidigung von revolutionären Positionen innerhalb des Proletariats immer notwendiger.
  • In diesem Sinn halten alle Teilnehmer die Fortführung der Anstrengungen für erforderlich, die dieses Treffen mit dem Ziel zum Ausdruck bringt, eine aktive Rolle beim Kampf des internationalen Proletariats  zu spielen. 

Konkret haben wir als ersten Schritt dieser Anstrengungen beschlossen:

  1. Einrichtung einer Internet-Webseite auf Spanisch und Portugiesisch unter der gemeinsamen Verantwortung der Teilnehmergruppen am Treffen. Auch haben wir die Möglichkeit der Veröffentlichung einer Broschüre auf Spanisch mit Texten von der Webseite erörtert.
  2. Auf dieser Webseite sollen veröffentlicht werden:
  • Diese Stellungnahme (welche ebenso auf den Webseiten der teilnehmenden Gruppen veröffentlicht wird)
  • Die Beiträge zur Vorbereitung des Treffens
  • Eine Synthese der Protokolle der verschiedenen Diskussionen
  • Jeder Beitrag der anwesenden Gruppen und Einzelpersonen sowie jeder anderen Gruppe oder Genoss/In, die mit den Prinzipien und Anliegen, die in diesem Treffen im Mittelpunkt standen, übereinstimmen.

Das Treffen legt insbesondere Wert auf der Notwendigkeit einer offenen und brüderlichen Debatte unter Revolutionären und verwirft jedes Sektierertum und Kapellengeist.

[1]Mexiko, Dominikanische Republik, Brasilien, Costa Rica, Nicaragua, Ecuador, Peru und Venezuela.

[2]Die Teilnehmer waren OPOP, IKS, LECO (Liga por la Emancipación de la Clase Obrera, Costa Rica - Nicaragua), Anarres (Brasil), GLP (Grupo de Lucha Proletaria, Peru), Grupo de Discusión Internacionalista de Ecuador, Núcleo de Discusión Internacionalista aus der Dominikanischen Republik, sowie einzelne Genossen.  

[3]Wir haben von diesen neuen Regungen in unserem Artikel “Zwei neue Sektionen der IKS” berichtet. Siehe es.internationalism.org/cci-online/200902/2494/salud-a-las-nuevas-secciones-de-la-cci-en-turquia-y-filipinas [4]

[4]Eine der Entscheidungen des Treffens war die Schaffung eines Internet Forums [5], in dem die gemeinsame Stellungnahme und die Debatten veröffentlicht werden sollen.

[5]Siehe z.B.  https://es.internationalism.org/node/2065 [6]

Aktuelles und Laufendes: 

  • Sozialismus 21. Jahrhundert [7]
  • Internationalisten Lateinamerika [8]

Leute: 

  • Chavez [9]

Theoretische Fragen: 

  • Internationalismus [10]

Source URL:https://de.internationalism.org/en/node/2613

Links
[1] https://cepr.org/voxeu [2] https://de.internationalism.org/en/tag/aktuelles-und-laufendes/weltwirtschaftskrise [3] https://de.internationalism.org/en/tag/aktuelles-und-laufendes/g-20-london [4] https://es.internationalism.org/cci-online/200902/2494/salud-a-las-nuevas-secciones-de-la-cci-en-turquia-y-filipinas [5] https://en.internationalism.org/forum [6] https://es.internationalism.org/node/2065 [7] https://de.internationalism.org/en/tag/aktuelles-und-laufendes/sozialismus-21-jahrhundert [8] https://de.internationalism.org/en/tag/aktuelles-und-laufendes/internationalisten-lateinamerika [9] https://de.internationalism.org/en/tag/leute/chavez [10] https://de.internationalism.org/en/tag/3/44/internationalismus