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Juli 2007

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Ein internationalistisches Flugblatt zum Flüchtlingstag 2007 in der Schweiz

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Unter dem Titel „Wir sind nicht die Schweiz - Ein Aufruf zur Zerstörung der Nation“ schrieben und verteilten die Gruppen Eiszeit, Libertäre Aktion Ostschweiz und Systembruch im Juni 2007 ein zweisprachiges Flugblatt (deutsch und französisch), dessen deutsche Version wir nachstehend abdrucken. Das Flugblatt ist bei uns sofort auf Zustimmung gestossen, da es gegenüber der linken staatsbejahenden Ideologie Klartext spricht: Nicht irgendein Nationalstaat ist der Hebel für eine Veränderung, sondern die Arbeiterklasse, deren Interessen mit denjenigen des bürgerlichen Staates nicht zu vereinbaren sind, auch wenn dieser noch so demokratisch ist. Demokratie und Menschenrechte sind nicht eine Gefahr für die herrschende Ordnung, sondern „schlicht die Grundlage der kapitalistischen Gesellschaft“, wie das Flugblatt sagt.

 

Unter dem Titel „Wir sind nicht die Schweiz - Ein Aufruf zur Zerstörung der Nation“ schrieben und verteilten die Gruppen Eiszeit, Libertäre Aktion Ostschweiz und Systembruch im Juni 2007 ein zweisprachiges Flugblatt (deutsch und französisch), dessen deutsche Version wir nachstehend abdrucken. Das Flugblatt ist bei uns sofort auf Zustimmung gestossen, da es gegenüber der linken staatsbejahenden Ideologie Klartext spricht: Nicht irgendein Nationalstaat ist der Hebel für eine Veränderung, sondern die Arbeiterklasse, deren Interessen mit denjenigen des bürgerlichen Staates nicht zu vereinbaren sind, auch wenn dieser noch so demokratisch ist. Demokratie und Menschenrechte sind nicht eine Gefahr für die herrschende Ordnung, sondern „schlicht die Grundlage der kapitalistischen Gesellschaft“, wie das Flugblatt sagt.

 

Wir sind nicht die Schweiz

Ein Aufruf zur Zerstörung der Nation

Bereits zum dritten Mal findet unter dem Titel «Wir sind die Schweiz» eine schweizweite Grossdemonstration statt. «Gleiche Rechte für alle» fordern die OrganisatorInnen im Untertitel des Aufrufes und machen sich für ein «Recht auf Mitsprache im Staat» für alle stark. Dass Illegalisierte die gleichen Rechte fordern, welche SchweizerInnen besitzen, ist verständlich. Die Verbesserung des Rechtsstatus ist für viele MigrantInnen ein materielles oder gar existenzielles Interesse. Doch die Parole der Demonstration lautet nicht «Nieder mit den Grenzen» oder «für freies Fluten», was dringend nötig wäre: Es geht im Aufruf nicht um eine autonome Organisierung für materielle Interessen und uneingeschränkten Aufenthalt für alle. Stattdessen wird die konstruktive Teilnahme am Staat unter dem Motto «Wir sind die Schweiz» gefordert. Um zu erkennen, was diese Forderung letztlich bedeutet, muss man sich erstmal Rechenschaft darüber ablegen, was denn diese Schweiz ist, die wir alle sein sollen. Die Schweiz ist ein Staat mit festen Grenzen, Gesetzen und Institutionen zur Sicherung der bestehenden kapitalistischen Verhältnisse. Wenn sich nun einige (linke) PatriotInnen dazu bemüssigt fühlen, innerhalb dieser staatlichen Grenzen ein «Wir» zu konstruieren, so beziehen sie sich positiv auf die repressive Einrichtung namens Nationalstaat - auch wenn sie die MigrantInnen in dieses «Wir» mit einbeziehen. Das machen sie gleich selbst deutlich, indem sie sich auf die durch den Staat zumindest formell gewährten Rechte und Pflichten beziehen und eine Mitsprache – und damit faktisch eine konstruktive Beteiligung – am Staat fordern. Dem Aufruf ist der erste Artikel der «Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte» beigestellt. Wie alle Rechte brauchen auch die Menschenrechte eine bewaffnete Instanz, welche ihre Durchsetzung garantieren kann und so ist es auch: Noch im hinterletzten von einer demokratischen Nation geführten Krieg geht es doch hochoffiziell um die Durchsetzung der Menschenrechte. Sei dies nun im Kosovo, in Afghanistan oder kürzlich im Irak. Die realen nationalen Interessen verschwinden hinter humanem Geraune. In der Regel decken sich die wirklichen materiellen Interessen auch mit den Menschenrechten, da der Normalmodus kapitalistischer Ausbeutung in stabilen gesellschaftlichen Verhältnissen leichter rund läuft. Und genau dies versprechen die Menschenrechte, indem sie das Recht auf Privateigentum, die Freiheit, seine Arbeitskraft zu verkaufen, die Zugehörigkeit zu einer Nation und den Rechtsstatus als solchen garantieren. So ist die Frage zwischen Diktatur und demokratischer Herrschaft eine der ökonomischen und politischen Nützlichkeit. Kurzum: Die Menschenrechte sind (in Form der Bürgerrechte) schlicht die Grundlage der kapitalistischen Gesellschaft.

Natürlich ist es zu unterstützen, dass niemand gefoltert oder in Sklaverei gehalten wird! Doch dass dieser menschenvernünftige Umstand in Gesetze gegossen werden muss, sagt vieles über die kapitalistische Gesellschaft aus. In einer Welt, in der die Menschen in Konkurrenz gegeneinander geworfen werden und sich Klassen objektiv unversöhnlich gegenüberstehen – unabhängig davon, ob diese an der Oberfläche wahrnehmbar sind –, braucht es eine Rechtsform und deren Garanten, damit sich die einzelnen Menschen, die Klassen und letztlich die Staaten nicht gegenseitig an die Gurgel gehen. Dass der grösste Teil der Weltbevölkerung als Teil der ausgebeuteten Klasse allen Grund hätte, dem System und seinen RepräsentantInnen an die Gurgel zu gehen, das will weder die linke Politikerin, noch der nette Sozialarbeiter hören.

Ausbeutung findet immer statt, wo unter kapitalistischen Bedingungen gearbeitet wird. Denn Arbeitsplätze gibt es ganz grundsätzlich nur, wenn ein Mehr an Wert produziert wird, als den ArbeiterInnen ausbezahlt werden muss. Das ist auch schon der ganze Witz der Ausbeutung: Wir produzieren mehr, als wir erhalten. Dass diese Tatsache sich bei Illegalisierten in elenden Lebens- und Arbeitsverhältnissen widerspiegelt, ist dabei die krasseste Ausformung eines Systems, das grundsätzlich auf der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft basiert. Was wir mit den Illegalisierten teilen, ist der Umstand, dass wir unsere Arbeitskraft verkaufen müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Dieser Erkenntnis steht eine nationale Identität («Wir sind die Schweiz») im Wege. Der Staat ist eben keine neutrale Sphäre, die über den wirtschaftlichen Zwängen schwebt, sondern er ist der Staat des Kapitals, der die optimalen Ausbeutungsbedingungen erst garantiert. Wirtschaftsflüchtlinge, Kriege und kontinentale Abschottungen sind Produkte des gesellschaftlichen Fundaments, der kapitalistischen Produktionsweise, welche durch den Nationalstaat aufrechterhalten wird. Diesen Zustand (den Kapitalismus) abzuschaffen, mitsamt den Kräften und Instanzen, die ihn zu verewigen trachten, dass ist das gemeinsame Interesse, welches wir als weltweite Klasse der Lohnabhängigen haben. Und genau da müssen wir gemeinsam ansetzen: An der Abschaffung dieser scheiss Verhältnisse; an der Abschaffung von Klassengesellschaft und Nationen!

Wir sind nicht die Schweiz

Klassenkampf statt (linkem) Nationalismus

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Eine Abrechnung mit der MLPD: Vorwort der IKS

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Wir veröffentlichen hiermit einen Leserbrief, den wir aus Bayern erhalten haben. Es handelt sich um eine Abrechnung mit der linkskapitalistischen MLPD, geschrieben von einem Genossen, der einst unter dem Einfluss dieser Organisation stand. Wir begrüßen die Vorgehensweise des Genossen, die darin besteht, die politische Klärung ehrlich und systematisch zu betreiben, indem das Unzulängliche nicht unter den Teppich gekehrt, sondern kritisiert und überwunden wird.

Wir veröffentlichen hiermit einen Leserbrief, den wir aus Bayern erhalten haben. Es handelt sich um eine Abrechnung mit der linkskapitalistischen MLPD, geschrieben von einem Genossen, der einst unter dem Einfluss dieser Organisation stand. Wir begrüßen die Vorgehensweise des Genossen, die darin besteht, die politische Klärung ehrlich und systematisch zu betreiben, indem das Unzulängliche nicht unter den Teppich gekehrt, sondern kritisiert und überwunden wird.

Wie weit der Genosse sich von den Vorstellungen linksreformistischer und antifaschistischer Politik bereits entfernt hat, beweist sein Beitrag. Nichts zeigt die Dynamik bei der Überwindung der Einflüsse der radikaleren Ideologien der Bourgeoisie besser als die Klarheit, mit der der Genosse den Zweiten Weltkrieg als imperialistisches Gemetzel auf allen kriegsführenden Seiten bezeichnet und die Arbeiterklasse zur Verteidigung der eigenen Klassenautonomie aufruft. Neben dem Antifaschismus und der damit einhergehenden „kritischen“ Verteidigung der bürgerlichen Demokratie bezeichnet der Text auch die Gewerkschaften als Staatsorgane, die ein wesentlicher Bestandteil des Systems geworden sind. Wir freuen uns auf eine Fortsetzung dieser Diskussion über die Gewerkschaftsfrage, wo es dann beispielsweise um die Frage gehen könnte, warum die Gewerkschaften als einstige Organisationen der Arbeiterklasse für die Bedürfnisse des Klassenkampfes unzulänglich und gar schädlich geworden sind und warum sie ab diesem Zeitpunkt nicht einfach verschwanden, sondern in die Hände des Klassenfeindes fielen.

Besonders wichtig erscheint es uns, dass der Genosse nicht nur die politischen Positionen der MLPD (und vergleichbarer linker Organisationen) in Frage stellt, sondern ebenso sehr ihre Geisteshaltung (etwa die quasi-religiöse Gläubigkeit gegenüber den eigenen „Parteidoktrin“ wie etwa die der „Arbeiteroffensive“ der MLPD) oder ihre Interventionsweise (die Verpulverung der Energien und der Opferung des Idealismus von Militanten zugunsten eines sinnlosen Aktivismus). Er zeigt uns auf, wie die Politik solcher linker Organisationen – ähnlich der bürgerlichen Gesellschaft insgesamt, z.B. in der Werbung – systematisch Camouflage betreibt, um eine eigene, nicht vorhandene Wichtigkeit und Radikalität vorzutäuschen. Diese und andere Hinweise des Textes sind in der heutigen Zeit umso wichtiger, da die Mythen der linken Ideologie immer mehr ins Wanken geraten sind und immer mehr ihrer Militanten auf der Suche nach wirklich revolutionären Alternativen sind. Der Genosse schreibt in seinem Text, dass beispielsweise bei den antifaschistischen Mobilisierungen der Linken regelmäßig nur Kleinbürger anwesend sind. Dass dies nicht immer ganz der Fall ist, dass auch aufrichtig nach einer kommunistischen Perspektive suchende Klassenkämpfer unter den Einfluss solcher Kreise geraten, aber sich auch wieder davon lösen können, beweist am besten der Brief des Genossen selbst.

In einem Punkt des Briefes besteht offenbar eine wichtige Meinungsverschiedenheit des Genossen gegenüber den Positionen der Kommunistischen Linken. Der Genosse kritisiert die (klassisch maoistische) Vorstellung der MLPD, derzufolge der Kapitalismus in der UdSSR nach dem Tod Stalins wiedereingeführt wurde. Er weist zurecht darauf hin, dass die herrschende Nomenklatura vor und nach dem Tod Stalins dieselbe war. Es ist in der Tat mehr als unwahrscheinlich, dass zwei entgegengesetzte Gesellschaften wie der Sozialismus und der Kapitalismus von ein und derselben herrschenden Gruppe verwaltet wurden! Daraus schließt der Genosse allerdings, dass der Kapitalismus in Russland erst nach dem Sturz Gorbatschows und der Wiederentstehung einer konventionelleren Herrschergruppe, die auch persönliches Eigentum an Produktionsmitteln kannte, wiederhergestellt wurde. Der Genosse argumentiert, dass die herrschende Nomenklatura in der UdSSR keine Bourgeoisie war, da sie keine Produktionsmittel besaß und die Arbeiter auch keine freien Lohnarbeiter waren.

Es ist nicht leicht ist, den Klassencharakter der UdSSR nach der Niederlage der Weltrevolution zu verstehen, denn die Erscheinungsform der stalinistischen Gesellschaft war alles andere als die klassische Form des Kapitalismus. So ist es sozusagen nicht normal, dass im Kapitalismus die Herrschenden persönliche Anteile an den Produktionsmitteln nicht erwerben können, dass die Anteile der Herrschenden am Produkt der Mehrarbeit der Arbeiterklasse stattdessen von einer Behörde verteilt werden. Es ist auch nicht „normal“ – und für das gute Gelingen der kapitalistischen Ausbeutung alles anders als günstig –, wenn die Lohnarbeiter nicht entlassen werden oder wenn unproduktive Betriebe nicht pleite gehen können. Aber dass der Stalinismus kein normaler und auch kein halbwegs vernünftig funktionierender Kapitalismus war, beweist noch lange nicht, dass er kein Kapitalismus war oder dass die Arbeiter in der UdSSR keine Lohnsklaven waren.

Um sich von den äußeren Erscheinungen nicht blenden zu lassen, ist es unserer Meinung nach notwendig, auf die Grundlagen des Marxismus zurückzukommen. Und da sehen wir, dass der Kapitalismus, und somit das Lohnsystem, nur auf Weltebene überwunden werden kann. Dies hat beispielsweise Trotzki Mitte der 1920er Jahre gegenüber Stalins bürgerlicher Theorie des „Sozialismus in einem Land“ eindrucksvoll bewiesen – auch wenn Trotzki selbst nicht alle Konsequenzen daraus ziehen konnte. Für uns besteht die Hauptkonsequenz darin, dass der Kapitalismus in der UdSSR niemals abgeschafft wurde – auch damals nicht, als die Diktatur des Proletariat dort herrschte. Da die Weltrevolution scheiterte, da die Diktatur des Proletariats, die Macht der Arbeiterräte sich in der Isolation nicht halten konnte, kam eine konterrevolutionäre Nomenklatura an die Macht, die die Aufgabe vorfand, den Kapitalismus zu verwalten, und allein schon deshalb als ein Teil der Kapitalistenklasse verstanden werden muss.

Wir würden uns jedenfalls über die Fortsetzung dieser Debatte freuen. Denn anders als im Lager der Pseudolinken darf man – nein: muss man – offen, solidarisch und ohne Tabus über alle Fragen diskutieren, damit die kollektive Klärung vorangetrieben wird.


 

 

 

Zur Kritik an Politik und Ideologie der MLPD

 

Zwei Vorbemerkungen: Um gewollte Missverständnisse auszuschließen, einige der nachfolgenden Gedanken und Überlegungen sind keinesfalls dazu da, die Politik der NPD zu verteidigen oder zu relativieren.

Diese Kritik am Beispiel der MLPD gilt sinngemäß auch für vergleichbare Organisationen (Trotzkisten, die Gerontologen der DKP etc.). Die MLPD wurde deshalb ausgewählt, weil sie die größte und aktivste „linksradikale" Organisation der BRD ist.

I. Zur Gewerkschaftsfrage. Das Warten der MLPD im Rahmen ihrer ständigen Behauptung, wir befänden uns mitten in einer „Arbeiteroffensive" auf eine „linke, klassenkämpferische Gewerkschaftsspitze", entspricht dem Warten auf Godot. Anders formuliert, man wartet hier seitens der MLPD auf den St. Nimmerleinstag. Seit Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts sind die Gewerkschaften aller entwickelten kapitalistischen Länder unwiderruflich Teile des die herrschende Bourgeoisie stützenden Machtapparates. Sie stabilisieren besonders die Herrschaft der sich „demokratisch" nennenden Kapitalisten. Sie sind so sehr in das herrschende System integriert, dass sie längst zu einem zentralen Bestandteil des bürgerlichen Herrschaftsapparates geworden sind. Die Vorstellung der MLPD, die Gewerkschaften bzw. deren Führer würden sich ausgerechnet von dieser kleinen Splitterpartei im Sinne ihres Kampfes für den „echten" Sozialismus instrumentalisieren lassen, ist so wirklichkeitsfremd, wie wenn man dies vom BDI oder der CDU erwarten würde: Jeder selbstorganisierte, „wilde" Streik, so beispielsweise der bei Opel Bochum, wird gegen die Gewerkschaftsbürokratie durchgesetzt. Auch von den famosen „linken" Gewerkschaftern ist bei solchen Aktivitäten in der Regel nichts zu sehen und nichts zu hören. Sei es, dass sie abwesend sind oder sei es, dass es sie gar nicht gibt. Das Ergebnis jedenfalls ist immer dasselbe: Ob „links" oder „rechts", die Gewerkschaftsführer sabotieren selbständige Streikbewegungen nach Kräften und das nicht erst seit kurzem, sondern seit langem. Angesichts dieses Sachverhaltes ist das Festhalten der MLPD an den Gewerkschaften bzw. ihr ständiger Versuch, etwaige Ausschlüsse ihrer Mitglieder aus diesen durch Anpassung oder das Ausschöpfen von Rechtsmitteln zu verhindern, rational kaum noch nachvollziehbar. Man kann es sich eigentlich nur noch so erklären, dass der Gründungsvater der MLPD, Willi Dickhut nach seinem Ausschluss aus der KPD in den Gewerkschaften so etwas wie eine politische Ersatzheimat gefunden hatte, an der er emotional hing. Das ist aber nun wirklich kein Grund für Marxisten, auf immer und ewig hinter der Gewerkschaftsbürokratie herzuhecheln, in der - man entschuldige den Ausdruck - wahnhaften Hoffnung, diese für die Sache der Arbeiterklasse an einem fernen Tag gewinnen zu können.

2. Antifaschismus und Faschismus. Der Antifaschismus nicht zuletzt der MLPD fesselt die Arbeiter an die Verteidigung des bürgerlichen Staates. Er lenkt die revolutionäre Linke ab vom Klassenkampf auf das Gebiet der bürgerlichen, der parlamentarischen Demokratie. Der Antifaschismus unterscheidet zwischen den „guten, demokratischen" Kapitalisten und den „bösen, faschistischen". Das klingt nicht nur ähnlich wie die Differenzierung der Faschisten zwischen den „guten, schaffenden" Kapitalisten und ihren „bösen, raffenden" Klassengenossen - es ist im Kern dieselbe Denkweise.

Für die Arbeiterklasse gibt es aber keine „gute, vernünftige, zu unterstützende, demokratische Fraktion", kein kleineres Übel innerhalb der Kapitalistenklasse im Gegensatz zu der „bösen, faschistischen Fraktion." Marxisten verteidigen die Kapitalistenklasse (auch keine Fraktion derselben) unter keinen Umständen, weil es zwischen dieser und der Arbeiterklasse keine Gemeinsamkeit gibt. Das sollte eigentlich eine Binsenweisheit sein, für die MLPD gilt das scheinbar aber nicht. Wer als Marxist meint, die „demokratischen" Kapitalisten und ihre Politiker verteidigen zu müssen, der integriert zwangsläufig die Arbeiterklasse in den nationalen Konsens, der da heißt: „Nie wieder Faschismus!" Bekanntlich hat aber die Arbeiterklasse kein Vaterland, auch keines, das von einer sich „demokratisch-antifaschistisch" tarnenden Bourgeoisie beherrscht wird. Einer Bourgeoisie, die als angebliche Hauptlosung den Kampf gegen den Faschismus ausgibt und glaubt, so die Massen an sich binden zu können. Stattdessen gilt ihr wirkliches Hauptaugenmerk dem Kampf gegen die Interessen der arbeitenden Klasse, ein Sachverhalt, den die MLPD in ihrem zunehmend hysterisch werdenden Antifaschismuskampf zu vergessen scheint.

Einige Beispiele, zu welch manchmal absurden Konsequenzen der Antifaschismus der MLPD zwangsläufig führen muss:

- Stichwort Abbau sozialer Errungenschaften. So habe ich die NPD als Autorin der Hartz IV Gesetze nicht mehr so deutlich in Erinnerung, um mich ganz vorsichtig auszudrücken. Vielmehr waren es aus meiner Sicht doch eher die „demokratisch-antifaschistischen" Parteien CDU/CSU, SPD und Grüne, die Millionen von Arbeitern ins soziale Elend gestürzt haben bzw. stürzen werden. Die Parteien also, die die MLPD als kleineres Übel ansieht und bei der Verteidigung ihrer Privilegien aktiv unterstützt.

- Ist es wirklich revolutionäre Politik, wenn Marxisten-Leninisten zusammen mit den reaktionärsten Vertretern der „demokratisch-antifaschistischen" Kapitalistenklasse, nämlich den Gefolgsleuten von Stoiber, Schäuble und Westerwelle, zusammen demonstrieren gehen? Oder um ein bekanntes Sprichwort abzuwandeln: „Sage mir, mit wem Du demonstrierst und ich sage Dir, wer Du bist!"

- Stichwort Antikriegstag I. September: Sind allen Ernstes nur faschistische Regimes wie das von Hitler oder Mussolini Kriegstreiber gewesen? Sind bzw. waren „demokratisch-antifaschistische" Bourgeoisien wie beispielsweise die US-Administration wirklich nie Kriegstreiber? War u.a. die englische, französische, spanische oder belgische Bourgeoisie zu keinem Zeitpunkt als Haupttäter an imperialistischen Kriegen beteiligt? Sind die Millionen Arbeiter auf Seiten der Alliierten im 2. Weltkrieg wirklich für ihre Klasseninteressen gestorben oder doch nicht eher für die Interessen ihrer jeweiligen Bourgeoisien? Diese Frage stellt sich die MLPD leider auch nicht.

Mit der Unterstützung des Antifaschismus unterwirft sich die MLPD bewusst oder unbewusst der ideologischen Hegemonie der SPD und gesellt sich zu deren Trabanten PDS, WASG und Grüne. Damit wird sie selbst zu einer weiteren - extrem linksliberalen bzw. kleinbürgerlichen – staatstragenden Partei, und dies trotz aller pseudorevolutionären Phraseologie. Für all diese Parteien ist der Antifaschismus konstitutiv und zur Staatsräson geworden. Für Marxisten sollte aber etwas anderes konstitutiv sein: nämlich die Zerschlagung der Kapitalistenklasse und die Errichtung der Arbeitermacht. Das Ziel einer kommunistischen Arbeiterpartei muss es sein, die Produktionsmittel in ihren Besitz zu bringen, den erwirtschafteten Mehrwert zu vergesellschaften und somit der privaten Aneignung zu entziehen. Auch diese Binsenweisheit ist der MLPD fremd. Stattdessen scheint sie bereits zufrieden zu sein, wenn der Austausch von Abgeordneten (z.B. SPD-Parlamentarier statt NPD-Abgeordnete) und sonstigen Würdenträgern des bürgerlichen Staates auf „antifaschistischer" Grundlage erfolgt.

Wie gedankenlos die MLPD ihren Antifaschismus betreibt, das zeigt das Interview mit dem Parteivorsitzenden Stefan Engel in der Roten Fahne 51/52 (2006) auf Seite 19: Dort beschwert er sich, die NPD würde die ihr zustehenden Staatsgelder dazu benutzen „... um ihren faschistischen Parteiaufbau zu forcieren.." Hatte er etwa erwartet, die NPD verwende die Gelder, um eine marxistisch-leninistische Partei aufzubauen? Nein, die Arbeiterklasse hat nun wirklich nicht darauf gewartet, dass auch noch die MLPD daherkommt, um den „demokratisch-antifaschistischen" Kapitalismus gegen dessen faschistischen Doppelgänger zu verteidigen. Das tun bereits alle anderen Parteien des „Verfassungsbogens", von der DKP bis zur FDP.

Wer demonstriert denn bei Antifademos, welche Menschen versuchen da welche Klasseninteressen zu vertreten? Klassenbewusste Arbeiter oder Kleinbürger? Es sind, wie jeder weiß, Kleinbürger (dazu natürlich viele Jugendliche, die in erster Linie ihren Spaß haben wollen), die bei einem zunehmenden Einfluss faschistischer Parteien tatsächlich in Gefahr geraten, ihre Posten im Rahmen des kapitalistischen Systems an die Parteigänger der NPD zu verlieren. Dabei denken sie aber doch nicht im Traum daran, das kapitalistische Wesen des bürgerlichen Staates, der gerade der ihre ist und von ihnen hauptsächlich getragen wird, in Zweifel zu ziehen oder diesen gar zu bekämpfen. Ganz im Gegenteil, sie wollen ihn behalten, genauso wie er ist, ihn konservieren und gegen alle Angriffe anderer - in diesem Falle der Faschisten - verteidigen. Es sind also konservative, gesellschaftlich betrachtet sogar rückschrittliche Personen, mit denen die MLPD hier zusammenarbeitet. Das kann insofern nicht überraschen, weil die MLPD selber ihre Klassenbasis im Kleinbürgertum hat. Dass übrigens die Faschisten noch reaktionärere Einstellungen haben, beweist doch nicht die Fortschrittlichkeit des kleinbürgerlichen Antifaschismus! Um ein Bild zu gebrauchen: Eine versalzene Suppe wird nicht dadurch schmackhafter und gesünder, weil eine andere Suppe noch stärker versalzen ist: Eine richtig gesalzene Suppe wäre die Alternative und zwar nicht nur aus dialektischer Sicht. Die MLPD hat sich so sehr von den Klassenpositionen des Proletariats entfernt, dass ihr die beschriebenen Sachverhalte gar nicht mehr aufzufallen scheinen.

Es sei noch darauf hingewiesen, dass es weitere, ernsthafte Kritikpunkte an der Ideologie und Politik der MLPD gibt. So beispielsweise ihre Behauptung, nach dem Tode Stalins sei in der Sowjetunion der Kapitalismus restauriert worden. Die angeblich neue Bourgeoisie, die Nomenklatura, die sich nach seinem Tode ausbreitete (abgesehen davon war sie natürlich auch schon vor seinem Tode vorhanden, nur vielleicht für manche nicht so offensichtlich erkennbar) besaß weder die Produktionsmittel (allenfalls hatte sie die Verfügungsgewalt über sie) noch mussten die Arbeiter ihre Arbeitskraft als Ware auf dem freien Markt verkaufen, denn ihre Arbeitsplätze waren staatlich garantiert. Diese angeblich kapitalistische Nomenklatura wehrte sich am heftigsten gegen die tatsächliche Einführung des Kapitalismus unter Gorbatschow. Es würde aber zu weit führen, diese Kritik an dieser Stelle weiter auszuführen. Dazu gehört auch der Hinweis, dass natürlich bereits unter Stalin die Macht der Arbeiterräte längst durch eine bürokratische Schicht, die eben erwähnte Nomenklatura, abgelöst worden war.

Abschließend soll nicht verschwiegen werden, dass in den beiden genannten Punkten die IKS (Internationale Kommunistische Strömung) Positionen vertritt, die man als Marxist weitaus besser nachvollziehen kann, weil sie strikt zwischen den Interessen der Arbeiter- und Kapitalistenklasse zu unterscheiden vermag. Sicher ist die IKS, nicht zuletzt in Deutschland, eine zahlenmäßig weitaus unbedeutendere Strömung als die MLPD. Wie die Geschichte aber der russischen Revolution zeigt, ist dies unerheblich. Unerheblich vor allem dann, sobald sich eine revolutionäre Situation ergibt. Es geht nicht darum, wer jetzt die meisten Infostände aufbauen kann oder wer heute bei Gewerkschaftsdemonstrationen die „schönsten" Transparente mit sich rumschleppt, sondern darum, was für eine Information, welche Ideologie, Strategie und Taktik für den zukünftigen Kampf dabei rübergebracht wird. Anders gesagt, wer in der revolutionären Situation in der Lage sein wird, massenwirksam am richtigen Ort das Richtige zu sagen, dem gehört die Zukunft. In einer solchen Situation wird es sich zeigen, wer in der Lage sein wird, die Massen für den Kampf zu mobilisieren und wer nicht. Eine sich vorher „antifaschistisch" ans alte System anbiedernde Kraft wird dabei genauso wenig gefragt sein wie jemand, der jahrzehntelang irgendwelchen Gewerkschaftsführern nachgelaufen ist, deren Interesse stets der Stabilisierung desselben alten Systems gegolten hatte. Eine Perspektive im Sinne eines revolutionären Marxismus sieht jedenfalls anders aus, als es sich die MLPD-Führung heute vorstellt. (Frühjahr 2007).

 

Zusammenstöße zwischen Hamas – Fatah: Die palästinensische Bourgeoisie ist ebenso blutrünstig wie die anderen

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„Für einen freien und selbstständigen Palästinenserstaat - so lautet seit Jahrzehnten der Schlachtruf aller Linken auf dieser Erde. Sie prangern die barbarische Politik des israelischen Staates und die unmenschlichen Bedingungen der Menschen im Gaza-Streifen oder im Westjordanland an. Ihre „Lösung“ lautete stets – die Schaffung einer wahren palästinensischen Nation, mit einem eigenen Staat, einer eigenen Armee, einer eigenen Bourgeoisie.

„Für einen freien und selbstständigen Palästinenserstaat - so lautet seit Jahrzehnten der Schlachtruf aller Linken auf dieser Erde. Sie prangern die barbarische Politik des israelischen Staates und die unmenschlichen Bedingungen der Menschen im Gaza-Streifen oder im Westjordanland an. Ihre „Lösung“ lautete stets – die Schaffung einer wahren palästinensischen Nation, mit einem eigenen Staat, einer eigenen Armee, einer eigenen Bourgeoisie.

Die Bevölkerung in diesem Gebiet ist in der Tat ständig ihrem Elend, einer gewalttätigen Unterdrückung und dem Krieg ausgeliefert. Aber im Gegensatz zu allem Schein, allen „guten Absichtserklärungen“ seitens der Linken dienen ihre Krokodilstränen und humanitär klingenden Aufschreie nur der Rechtfertigung von immer mehr Schrecken und Gewalt. Die Perspektive eines selbstständigen palästinensischen Staates bedeutet in Wirklichkeit eine Sackgasse. Schlimmer noch, sie war immer ein Mythos zur Benebelung und Mobilisierung der palästinensischen Massen in den blutigen Auseinandersetzungen, wobei deren Wut und Verzweiflung ausgeschlachtet wurden, um dem imperialistischen Gemetzel im Mittleren Osten Kanonenfutter zuzuführen.

Die Kämpfe zwischen den Palästinensern während der letzten Wochen belegen dies erneut. Die Bevölkerung geriet ins Sperrfeuer von zwei korrupten und bis an die Zähne bewaffneten Fraktionen, die vorgeben, gemeinsam diesen schönen ‚selbstständigen, menschlicheren Staat“ errichten zu wollen. Tatsächlich aber stürzt der Krieg zwischen Hamas und Fatah die Bevölkerung in einen noch größeren Terror, noch mehr Chaos und Hunger.

Palästinensische Gebiete: Die Errichtung des nationalistischen Mythos‘

Warum kann man sagen, dass der Wunsch nach einem selbstständigen palästinensischen Staat  ein Mythos ist? Hat nicht der nach der ersten Intifada 1987 eingeleitete „Friedensprozess“ das Gegenteil bewiesen? Ende der 1980er Jahre wurden in der Tat offizielle Diskussionen zwischen Israel und Repräsentanten der palästinensischen Bourgeoisie eröffnet. Die Organisation für die Befreiung Palästinas (PLO 1) wurde als „Repräsentant des palästinensischen Volkes“ durch die UNO anerkannt. Diese Organisation handelte anschließend das Osloer Abkommen mit der israelischen Regierung Yitzak Rabins aus, was zur Schaffung der Palästinensischen Autonomiebehörde führte. Nachdem sie 1988 einen eigenen Palästinenserstaat ausgerufen hatte, erhielt die PLO bei der UNO einen permanenten Beobachterstatus. 1996 änderte die PLO gar ihre Charta, die auf die Zerstörung des Staates Israel abzielte. Aber in Wirklichkeit belegte dieser ganze Prozess eigentlich nur, dass es gar keinen eigenständigen Palästinenserstaat geben kann. All diese Abkommen, diese „Fortschritte“, diese „Anerkennungen“ kamen unter dem Druck der USA zustande. Jahrelang verfügten die USA als Supermacht über die Mittel, die imperialistischen Ambitionen aller in dieser Region aktiven Hyänen zu bremsen, den Staat Israel eingeschlossen. Ihr Interesse bestand darin, dass die Lage in Palästina unter ihrer Vorherrschaft so ruhig wie möglich blieb.

Um ihre imperialistischen Interessen zu verteidigen, waren die USA Ende der 1990er Jahre dazu gezwungen, ihre Strategie zu ändern und an der Seite der israelischen Bourgeoisie eine immer offensivere Politik gegenüber der palästinensischen Bourgeoisie zu betreiben. Daraufhin stürzte das palästinensische „Volk“ noch mehr in Not und Verzweiflung.

2000 legte die zweite Intifada dieses Elend bloß. Unvergessen sind die mit Lumpen bekleideten Kinder, die israelische Panzer  verzweifelt mit Steinen bewerfen. Unvergessen sind die in den Lagern eingepferchten Menschen, von denen viele ermordet wurden. Für die Palästinensische Autonomiebehörde und die PLO war es ein willkommener Anlass, um gemeinsam mit allen Linken ihr nationalistisches Gift zu verbreiten und die Forderung zu erheben, dass auch die Palästinenser Anspruch auf einen Staat hätten. Diese nationalistische Sprache versuchte nicht einmal, all die Skandale, den ganzen Betrug und die Ermordungen, an denen die verschiedenen Fraktionen der palästinensischen Bourgeoisie - PLO, Fatah und Hamas - beteiligt waren,  zu vertuschen.

Der Gaza-Streifen – ein Bündel imperialistischer Spannungen

Heute kann der Konflikt zwischen Hamas und Fatah nicht mehr vertuscht werden. Er hat sich zu einem totalen Krieg entwickelt, bei dem der jeweilige Gegner vernichtet werden soll. Jede der beteiligten bürgerlichen Fraktionen hat sich mit ausländischen imperialistischen Mächten verbündet. Dies ist das wahre Gesicht – Blut, Krieg und imperialistische Allianzen; wenn es nach den Linken geht, sollten wir bürgerliche palästinensische Fraktionen unterstützen.

Der Gaza-Streifen befindet sich heute in den Händen der Hamas, man hat ihn gar in ‚Hamastan’ umbenannt. Diese 1978 von Scheich Yassin gegründete Fraktion verfolgt eine sunnitische Ausrichtung. Ihr militärischer Arm ist unter dem Namen Mudschahedin aktiv. Sie unterhält Ausbildungslager im Libanon, Sudan und Iran. Durch ihre Unterstützung hoffen Syrien und vor allem der Iran darauf, von der Schwächung der USA zu profitieren und ihre eigenen Schützlinge in Stellung zu bringen.

Was die Fatah betrifft, ist es kein Zufall, dass ihre bewaffneten Kämpfer nach Ägypten oder Jordanien flüchten konnten. In arabischen Staaten neigen die schiitischen und sunnitischen Gruppen immer mehr zu Zusammenstößen. Länder mit einer sunnitischen Bevölkerungsmehrheit wie Ägypten, Jordanien oder Saudiarabien sind besonders besorgt wegen des Machtzuwachs des schiitisch dominierten Irans. Diese Staaten versuchen also die dahinsiechende Regierung von Mahmud Abbas zu unterstützen. All diese Unterstützungen sind keineswegs beseelt von einer Sorge um das Wohlergehen der  palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen. Die Besorgnis ist sogar so groß, dass Ägypten auch den Einsatz von multinationalen Verbänden im Gazastreifen vorgeschlagen hat, der auch ohne die Zustimmung der palästinensischen Gruppen oder Israel durchgeführt werden sollte.

In den letzten Tagen haben sich all diese imperialistischen Haie, von den großen bis zu den kleinen, getroffen, um eine Eindämmung des Chaos anzustreben. In Scharm El Sheich haben Abbas und Olmert, der ägyptische Präsident Mubarak und der jordanische König Abdallah nach Mitteln zur Unterstützung der auseinanderfliegenden Fatah erörtert.

Der Mittlere Osten am Rande des Abgrunds

Das Drama im Gazastreifen offenbart, dass der ganze asiatische Kontinent am Abgrund kriegerischer Konflikte steht. Heute gibt es dort vier Epizentren von Konflikten und Spannungen: Irak, Iran, Syrien, Libanon und daneben den israelisch-palästinensischen Konflikt. Auch wenn diese Konflikte jeweils ihre eigene kriegerische und barbarische Dynamik haben, sind sie dabei, sich teilweise zu verschmelzen, so dass es nunmehr unmöglich wird, ihre tiefergehende Dynamik auseinanderzuhalten. Einige Wochen vor den kriegerischen Auseinandersetzungen im Gazastreifen wurde diese komplexe Dynamik uns vor Augen geführt durch die bewaffneten Zusammenstöße im Palästinenserlager Nah El Bared im Norden Libanons zwischen der libanesischen Armee und den von Fata-Al-Ilsam unterstützten Milizen, die wahrscheinlich wiederum von Syrien Hilfe erhalten. Die israelische Presse kommentierte dazu: „Die israelische Presse erörtert die Möglichkeit der Auslösung von Militäroperationen gegen Damaskus von diesem Sommer an, die politischen Führer werden aufgefordert, Entscheidungen zu treffen“.  Das Chaos im Gazastreifen wird sich notwendigerweise auf die anderen Palästinenserlager im Libanon und Jordanien ausdehnen. Die palästinensische Regierung Abbas übt nur noch die Kontrolle in einigen wenigen Gebieten im Westjordanland aus. Ihre Macht wird noch weiter abnehmen; die Zusammenstöße zwischen Hamas und Fatah werden sich noch weiter verschärfen. Der Kampf um eine palästinensische Nation war seit jeher nur eine Verschleierung in den Händen der verschiedenen bürgerlichen palästinensischen Fraktionen, um die Arbeiter und die anderen Teile der Bevölkerung auf die Schlachtbank zu führen. Die von Hamas und Fatah betriebene Politik und die nunmehr nicht mehr abreißenden gewalttätigen Auseinandersetzungen zeigen, wohin dies führt: in die Barbarei und ins Nichts.    Rossi, 6.Juli 2007 (aus der Zeitung der IKS in Frankreich).

 (1) Die PLO wurde 1964 gegründet, sie setzte sich aus mehreren Organisationen zusammen – dazu gehörten Fatah, die Volksfront für die Befreiung Palästinas (FPLP) und die Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (FDLP).


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