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Nach den von den Globalisierungsgegnern in den letzten Jahren organisierten Sozialforen gegen die neoliberale Ideologie und der Botschaft: "Eine andere Welt ist möglich" hat die wichtigste Gruppe, Attac, anlässlich der Wahlen in Frankreich 2007 ein Manifest veröffentlicht. Ähnlich den sieben Todsünden der katholischen Religion hat Attac "die sieben Pfeiler des Neoliberalismus ermittelt (…) die niedergeworfen werden müssen, um eine demokratische, solidarische und ökologische Welt zu errichten". Dieses ca. 100 Vorschläge umfassende Manifest beansprucht, eine "Anregung für die öffentliche Debatte" zu sein, eine Hilfe unter anderem für die "Wahl der Bürger".
Das Manifest ruft eingangs in Erinnerung, dass "Attac seit seiner Gründung 1998 die überall auf der Welt betriebene neoliberale Politik, insbesondere in Europa und Frankreich (egal, welche Regierungen an der Macht sind) als die Hauptursache der zunehmenden Ungleichheiten, des Auseinanderbrechens der Gesellschaft durch Arbeitslosigkeit und Prekarisierung, der sozialen Unsicherheit und der Zunahme der militärischen Konflikte ansieht". Dieser zu Beginn der 1980er Jahre aufgekommene Neoliberalismus sei die Hauptursache all der Kalamitäten der Menschheit, denn "seine Methoden sind gut bekannt: Ausbreitung des Warenhandels, Handlungsfreiheit der Arbeitgeber und der Investoren, Ausdehnung der Jagdgründe der Multis auf den gesamten Planeten". Mit anderen Worten, wenn es uns gelingt, die Jäger zu vertreiben, d.h. diejenigen, die das Kapital in ihren Händen halten, könnten wir eine "solidarische Globalisierung gegen den Freihandel und die freien Kapitalströme" schaffen. Um dies zu verwirklichen, schlägt Attac eine Reihe von Maßnahmen zur Regelung des Welthandels vor: die Welthandelsorganisation unter die Kontrolle der UNO stellen, den IWF und die Weltbank reformieren, eine Weltumweltorganisation schaffen, die Handelsströme kontrollieren, die Kapitaltransfers gleichmäßig besteuern, die direkten Steuern wieder einführen, die Ungleichheiten durch "revolutionäre" Maßnahme abbauen, d.h. die "Festlegung einer Maximalspanne zwischen den Einkommen der Firmenmanager und den am wenigsten Bezahlten".
Gegen die Logik des Profits und des Konkurrenzkampfes, gegen die Politik der Regierungen im Dienste der Kapitalbesitzer vertritt das Manifest von Attac die Notwendigkeit der "Aufrechterhaltung der weltweit bestehenden öffentlichen Dienste" und "stellt die Grundprinzipien einer neuen Welt vor: die Menschenrechte und das Völkerrecht, die sozialen, ökologischen, ökonomischen, kulturellen und politischen Rechte". Mit anderen Worten: Aus der Sicht der Antiglobalisierer gibt es keine Wirtschaftskrise, sondern schlicht und einfach eine schlechte Politik, mit der die Kapitalisten, welche nur ans Geld denken, sich die Taschen füllen können. Wenn diese mit Hilfe der Bürger kontrolliert werde, d.h. wenn man alles reguliere, reformiere und besteuere, wenn die Staaten eine vernünftige Politik betrieben und die Grundprinzipien der Demokratie umsetzten, werde es uns allen besser gehen.
Tatsächlich spielt Attac eine Hauptrolle bei der Aufrechterhaltung dieser Verhältnisse, wenn sie uns eintrichtern will, dass es möglich sei, in einem "gerechteren" und "menschlicheren" Kapitalismus zu leben, der gar ohne Profite auskommen könne.
Der Profit ist der Motor der kapitalistischen Ausbeutung
Im Gegensatz zu den Falschaussagen der Antiglobalisierer hat die kapitalistische Ausbeutung nicht erst Anfang der 1980er Jahre begonnen. Der Marxismus hat schon vor 150 Jahren aufgezeigt, dass das Profitstreben das Wesen dieses Systems ausmacht. Wie Rosa Luxemburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einer Schrift, die in Kontinuität mit Marx' Untersuchungen in "Das Kapital" steht, hervorhob:
"Der kapitalistische Produktionsprozess wird nur durch den Profit bestimmt. Für jeden Kapitalisten macht die Produktion nur Sinn, wenn er jedes Jahr einen Reingewinn einstreichen kann. Aber das grundlegende Gesetz der kapitalistischen Produktion im Unterschied zu anderen, sich auf Ausbeutung stützenden Wirtschaftsformen ist nicht nur die Verfolgung eines realisierbaren, sondern auch eines ständig wachsenden Profits". (Akkumulation des Kapitals - Antikritik). Die Aussagen von Attac bringen also nichts Neues. Man muss unterstreichen, dass die kapitalistische Ausbeutung und ihre Auswirkungen auf der Erde durch keine Änderung der Wirtschaftspolitik in Frage gestellt werden. Wie Rosa Luxemburg schrieb:
"Die kapitalistische Produktionsform hat das Besondere an sich, dass der Verbrauch der Menschen, der in allen früheren Wirtschaftsformen das Ziel war, nur ein Mittel im Dienste des eigentlichen Ziels ist - die kapitalistische Akkumulation (...) Das grundlegende Ziel aller gesellschaftlicher Produktionsformen - Unterhalt der Gesellschaft durch Arbeit, Befriedigung der Bedürfnisse - erscheint hier als auf den Kopf gestellt, denn die Produktion für den Profit und nicht für den Menschen wird zum überall auf der Welt geltenden Gesetz, und die Unterkonsumtion, die ständige Unsicherheit des Konsums und zeitweise der mangelnde Konsum der großen Mehrheit der Menschheit werden zur Regel" (Einführung in die Nationalökonomie).
Dieses eherne Gesetz, diese unveränderliche Regel stellt das Wesen des Kapitalismus dar. Wenn man von den Kapitalisten und ihren jeweiligen Staaten verlangt, die Profite gerecht zu verteilen, hieße das eigentlich von ihnen zu verlangen, sich umzubringen. Deshalb überrascht es nicht, wenn Unternehmen und Nationalstaaten aufgrund der immer heftigeren Konkurrenz unter den Staaten immer schärfere und räuberischere Maßnahmen ergreifen, um ihr wachsendes Profitstreben zu befriedigen. Attac prangert dies wortgewaltig als "Neoliberalismus" an, obwohl es sich eigentlich um die ganz normale Funktionsweise der kapitalistischen Produktionsweise handelt. Und ihre Profitgier ist um so größer, je mehr sich die Wirtschaftskrise zuspitzt, weil die Akkumulationsbedingungen des Kapitals immer ungewisser werden. Deshalb verschärfen sich die Ausbeutungsbedingungen der Arbeiter überall auf der Welt.
Die Aufgabe des Staates ist die Verteidigung des Kapitalismus
In Anbetracht der überall festzustellenden Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsbedingungen fehlt es Attac nicht an Vorschlägen und Lösungen. Aber bei der Aufzählung all der Mittel, die eingesetzt werden müssten, um "die Welt zu ändern", handelt es sich in Wirklichkeit um eine Reihe von Maßnahmen, die alle die Hilfe des Staates in Anspruch nehmen. Abgesehen von einigen frommen Wünschen beinhalten all diese Lösungsvorschläge einen Hilferuf an den Staat.
Attac will uns damit vergessen machen, dass der Staat die kapitalistische Wirtschaft bestimmt und als Garant dafür eintritt, dass das kapitalistische Räderwerk Profite machen kann. Attac verteidigt den Staat als das beste Mittel des Kampfes gegen den Profit und zur Verbesserung der Lage der Arbeiter und der Bevölkerung, wo doch gerade der Staat der Hauptdrahtzieher bei den meisten Angriffen gegen die Arbeiter ist. Der Staat ist nämlich kein neutrales, über den Klassen stehendes Organ und auch kein Garant der sozialen Gerechtigkeit. Im Gegenteil: Schon Engels schrieb im 19. Jahrhundert von einer "... mit den Namen Staat bezeichneten politischen Organisation, einer Organisation, deren Hauptzweck von jeher war, durch bewaffnete Gewalt, die ökonomische Unterdrückung der arbeitenden Mehrzahl durch die begüterte Minderzahl sicherzustellen" (Engels an von Patten, 18.4.1883, MEW, Bd. 36).
Attac prangert ebenso die Multis und die Privatwirtschaft an, die sich die Profite auf Kosten der Bevölkerung unter den Nagel rissen. Indem Attac diese Sündenböcke präsentiert, sollen wir glauben, dass der Staat die Aufgabe hat, den Reichtum der Nation gerecht zu verteilen. Der Staat sei irgendwie Garant des Kommunismus. Aber diese Multis vertreten nicht ausschließlich die Interessen von Privatkapitalisten, sie sind nicht sozusagen "staatenlos". Oft handelt es sich bei ihnen nämlich um Großkonzerne, die mit den mächtigsten Staaten verbunden sind; manchmal stehen sie gar direkt im Dienst der Handels-, politischen und militärischen Interessen dieser Staaten. Auch wenn es Divergenzen zwischen den Staaten und bestimmten Konzernen gibt, ändert dies nichts an der Tatsache, dass sie letztendlich gemeinsam vorgehen müssen bei der Verteidigung des nationalen Interesses und der Länder, von denen sie abhängig sind. Der Staat regelt die Preise, greift bei Tarifverhandlungen ein, beim Export, in der Wirtschaft überhaupt. Durch seine Steuer- und Finanzpolitik, durch die Festlegung der Zinsen usw. diktiert er die Bedingungen am "freien" Markt. Und der Staat und seine "respektabelsten" Institutionen werden zu wahren Croupiers einer Kasinowirtschaft, wenn sie die Agonie des Systems verwalten müssen. Schon seit dem Ende der 1960er Jahre war der Staat Architekt der großen Entlassungspläne im Namen der industriellen Umstrukturierung in der Stahlindustrie, im Bergbau, im Schiffsbau, in der Automobilwirtschaft - und der Aderlass geht heute weiter in der Luftfahrtindustrie, in der Telekommunikation, der Automobilindustrie.
Der Staat ist für die Tausenden von Stellenstreichungen bei der Post, der Bahn, im Gesundheitswesen, im Erziehungsbereich und in anderen Teilen des öffentlichen Dienstes verantwortlich. Er ist stets die treibende Kraft, um das Lebensniveau und die Sozialstandards zu senken, er ist mitverantwortlich für die Zunahme der Armut, der prekären Arbeitsbedingungen; er senkt die Sozialausgaben (Mietzuschüsse, Renten, Gesundheit, Erziehung usw.). Er ist der Hauptverantwortliche für die Verarmung von Tausenden von Arbeitern, die obdachlos sind und auf der Straße überleben müssen. Wenn man, wie Attac meint, das "liberale" Management in der Wirtschaft ‚überwinden' will, um zur dirigistischen Politik des "Wohlfahrtstaates" der 1970er Jahre und später zurückzukehren, verwischt man nur das wirkliche Verhältnis zwischen Staat und Privatwirtschaft.
Die "alternativen" Vorschläge dieses Manifest der Antiglobalisierer stellen für die herrschende Klasse überhaupt keine Gefahr dar, weil sie sich völlig innerhalb des Rahmens der kapitalistischen Gesellschaft bewegen. In Wirklichkeit sind sie nur ein Mittel zur Verschleierung der einzigen Perspektive, die die kapitalistische Barbarei und Verarmung überwinden kann: die Überwindung des dahinsiechenden Kapitalismus durch die proletarische Revolution. Donald, 21.03.2007
(leicht gekürzter Artikel aus Révolution Internationale, März 2007, Zeitung der IKS in Frankreich)