Kapitel 4: Weshalb BILAN? Abstecken einer Niederlage, Voraussetzung des Sieges - Das Gewicht der Konterrevolution

Printer-friendly version

In der letzten Nummer des "Bulletin d'information de la fraction de gauche itali­enne" (Februar 1933) schrieb Vercesi: ".... der Sieg des Faschismus in Deutschland markiert den Bruch mit dem revo­lutionären Kurs, der 1917 eingeschlagen worden war und im Sieg des in­ternationalen Proletariates hätte enden kön­nen. Die­ser Sieg mar­kiert aber auch die Wende zum kapitalistischen Ausgang der aktuellen Situation: zum Krieg."

 

Im November 1933 erschien die erste Ausgabe des "theoretischen Organs der linken Fraktion der KPI" : "Bilan". Da es in der Italienischen Frakti­on keine Franzosen gab, war Gaston Davou­ste (Chazé) von der Union Com­muni­ste offizieller Her­aus­geber, der seinen Namen zur Verfügung stellte, um der Zeitung ein legales Erschei­nen zu ermögli­chen. “Bilan” wurde in Brüssel in französischer Sprache ge­druckt. Auf dem Titelblatt konnte man lesen: "Le­nin 1917 - Noske 1919 - Hitler 1933". Bis zu ih­rem Verschwinden im Februar 1938 wurden 46 Nummern der monatlich erschei­nenden Zeitschrift herausgege­ben. “Bilan” übernahm die Nachfolge des "Bulletin d'information", auf dessen Cover die Losung stand: "Die Zukunft gehört dem Kom­munismus!".

 

“Bilan” verkündete, dass es nicht der Absicht der Fraktion entsprochen habe, dieses internationa­le Bulletin auf sich allein gestellt herauszubringen; man habe gehofft, es zusammen mit der französischen und deutschen Opposition herauszugeben:

 

 "Unsere Fraktion würde es vorziehen, ein solches Werk durch ei­nen internatio­nalen Organismus auszuführen. Wir sind überzeugt von der Notwendigkeit der politischen Konfronta­tion zwi­schen den Gruppen, die fä­hig sind, die proletarische Klasse verschiedener Länder zu repräsentieren. Somit wären wir sehr froh, wenn wir diese Zeitschrift einer internationalen Initiative anvertrauen könnten, die die Anwendung gewissenhafter Arbeitsmetho­den garantieren kann und die Sorge hat, eine ge­sunde politische Polemik voran­zu­treiben."

 

Aber von der trotzkistischen Op­position hat­ten sich die Wege bereits getrennt. “Bilan” ver­öffentlichte Bei­träge von Mitgliedern der Ligue des Com­munistes Internationali­stes (LCI), wie Mitchell und Hennaut, und öffnete seine Seiten auch der Hollän­dischen Lin­ken. Von nun an wurden keine Texte Trotzkis mehr publiziert, was in "Prometeo" noch gemacht worden war.

 

1917 und 1933 - zwei Schlüsseldaten: Das eine Datum eröffnete einen revolu­tionären Kurs, das andere schloss diesen Kurs auf dramatische Art und Weise ab. Das Ziel war es nun, die Lehren aus dieser 16 Jahre dauernden Periode zu ziehen, die reich an wel­thistori­schen Ereignissen und bedeutungsvoll für die Menschheit war. War dies ein zu ambitioniertes Unternehmen? “Bilan” war sich der damit verbundenen enormen Schwie­rig­keiten voll bewusst und beschrieb seine Auf­gaben sehr be­scheiden:

 

"Unsere Fraktion glaubt nicht, durch die Veröffentli­chung der vorlie­genden Publikation endgültige Lösungen für die schrecklichen Pro­bleme zu lie­fern, die sich für die Proletarier aller Länder stellen.

 

Gewiss, unsere Fraktion stützt sich auf eine lange politische Ver­gangen­heit, ei­ne tiefe Tradition innerhalb der italienischen und internationalen Be­we­gung und auf eine Summe von politischen Grundsatzpositionen. Aber sie beab­sichtigt nicht, sich durch ihre politischen Vorläufer Zustimmung für die Lösun­gen zu verschaffen, die sie in der aktuellen Situation vorschlägt. Im Gegen­teil, wir laden alle Revolutionäre dazu ein, ihre Positionen, die sie in der aktu­ellen Situation vertreten, sowie die in den Grundsatzdo­kumen­ten enthaltenen politischen Posi­tionen einer Prüfung anhand der Realität zu unterwerfen."         

 

Es gab zwei Methoden, um die vergangene Erfahrung zu überprüfen: Entwe­der klammerte man sich an Lenins Texte wie an eine Bibel, oder "man setzt die Kon­gresse der Kommunistischen Internationa­len und der einzelnen Par­teien der Feuerprobe der Kritik und der Realität aus". Die Fraktion wählte die zweite Me­thode. "Sich ganz auf die Grundsätze der Kommunisti­schen Interna­tionale stützend", strebte sie ein tiefes Verständnis der Ursachen für die Niederlagen an, und dies ohne "Tabus und Scherbengerichte".

 

In diesem offenen Geist, frei von gefährlichen Vorurteilen, schlug “Bilan” vor, "das Werk ganz zu vollen­den, das uns die Russische Revo­lution vermacht hat". Sie erklärte: “Eine Bilanz zu ziehen heißt (...) die Bedingungen für den Sieg des Proletariats in allen Ländern zu schaffen".

 

Die Mitternacht des Jahrhunderts”

 

Was war das Resultat dieser politischen und theoretischen Refle­xion? Ihre Früchte wa­ren bitter! Der Kapitalismus war zwar in eine Krise geraten und hatte so die objektiven Bedingungen für eine neue revolutionäre Periode geschaf­fen. Doch der subjektive Faktor fehlte völlig. Eine konterrevolutionäre Pe­riode hatte begonnen; das Proletariat war geschlagen:

 

"Es ist nicht eine Änderung der historischen Situation, die es dem Kapitalismus erlaubt hat, den Sturm der Nachkriegsereignisse zu überleben; mehr noch als 1917 ist der Kapitalismus 1933 als Gesellschaftsform unwi­der­ruflich zum Scheitern verurteilt. Was sich geändert hat zwischen 1917 und 1933, ist das Kräfteverhält­nis zwischen den zwei Hauptklassen, die in der ak­tuellen Pe­riode agieren: dem Kapita­lismus und dem Proletariat."

 

Außerhalb Russlands war das Proletariat nicht fähig gewesen, die Mitglieder zu schmieden, die seine Parteien benötigten. Diese Verspätung hat "die Serie von Niederla­gen, welche das Proletariat in der Nachkriegszeit einstecken musste, vorbestimmt". Es war vor allem das Gewicht des russischen Staates, der die Kommunistische In­ter­nationale zu seinem eigenen Instrument machte und so zur entscheidenden Ursache für die Niederlage wurde. Dies spielte sich in drei Etappen ab:

 

·          1923 in Deutschland, "wo die Interessen des proletarischen Staates sich nicht mehr mit dem Kampf des internationalen Prole­tariats verbinden ließen".

 

·           1927/28, ein Schlüsseldatum in dem Prozess der Umwandlung der Kommunistischen Parteien in konterrevolutionäre Organe, durch die Verwer­fung des Inter­nationalismus ("Sozialismus in einem Land") und den Ausschluss der Kommuni­sti­schen Linken, ein subjektiver Faktor, der eine bestimmende Rolle beim Zu­sammen­bruch der revolutionären Welle in China spielte.

 

·           1933, der Höhepunkt, der lediglich die letzte Konsequenz aus dem Verra­t der Kommunistischen Internationale war, “die mit dem Sieg des Faschismus in Deutschland verstarb”.

 

Die Einsicht, dass die Kommunistische Internatio­nale tot war und ih­re Par­teien durch den Anschluss an das jewei­lige nationale Kapital Ver­rat began­gen hatten, war das Ergebnis einer langen Diskussion innerhalb der Italie­nischen Frak­tion. Eine knappe Formel brachte diese Erkenntnis auf den Punkt: "Die Partei stirbt nicht, sie verrät".

 

Lange Zeit konnte sich diese Position nicht durchsetzen. Obgleich eine Mehr­heit darauf drängte, den Tod der Internationale zu verkünden, schrieb Vercesi im Namen der Exekutivkommission am Vorabend ihres Kongresses von 1933 einen langen Brief an die Füh­rung der KPI. Darin er­klärte sie, weshalb sie eine Fraktion gebildet hatte, und fragte um Betei­ligung am Kongress nach. Die­ser Vorschlag provozierte eine lebhafte Reaktion der New Yorker Föderation und der Mehrheit der Föderation von Paris. Die Schlussfolgerung nach der Diskussion war, dass es un­möglich sei, den KP‘s als Parteien auch nur im Ge­ringsten entgegen­zukommen, solange ihre “Wiederherstellung” nicht stattgefunden habe.

 

 Dennoch blieb die Definition der KP’s bis zum Krieg sehr vage. Sie wurden stets als "zentristisch" bezeichnet. In der Terminologie der Komin­tern in ihrer Anfangsphase war das "Zentrum" die Linksfraktion der II. Internationale gewesen, die, wie die USPD und die PSI, zwi­schen der II. Internationale und der Komintern hin und her schwankte. Spä­ter bezog sich der Begriff "Zentrismus" auf Stalins Zentrum, das sowohl Bucharins rechten Flügel als auch die von Trotzki angeführte Linke bekämpfte. Dieses Konzept war also die Erbschaft aus einer früheren Pe­riode und nicht eine neue Theorie. Es verhalf der Italienischen Linken zu einer Definition der Par­tei­en links von der Sozialdemokratie, die sie entweder als "zentristische Arbeiterparteien" oder als "Verräterparteien" bezeich­nete.

 

Es waren also die Linksfraktionen, die in Kontinuität zur al­ten revolu­tionä­ren Bewegung standen. Sie waren es, die sich der Kontinuität des Proletariats als revolutionäre Klasse annahmen. "Die Frak­tion ist der einzige Organis­mus, in dem das Proletariat seine Klassenorganisation verwirklicht, ein Organismus, der aus einer vergangenen historischen Phase stammt und eine neue vorbe­rei­tet".

 

Angesichts der "zahlenmäßigen Schwäche" und der "aktuellen theoretischen Unzulänglichkeit der Links­fraktionen", die ein Ausdruck der "Unfähigkeit des Weltproletariates waren, den Angriffen des Kapitalismus unter den Be­din­gungen der Wirtschaftskrise etwas entgegenzusetzen", stand die Gründung neuer Parteien nicht auf der Tages­ordnung. Die Italienische Fraktion wi­der­setzte sich ganz und gar dem Versuch Trotzkis, eine IV. Internationale zu gründen, der sich 1933 mit den linken Sozia­listen (SAPD, Sneevliets RSP, die norwegische Par­tei) verband. In den Augen der Fraktion konnte die Partei nicht aus dem Nichts gegründet werden, sondern muss­te durch die so­lide Arbeit eines theoretischen Denkprozesses vorbereitet werden: "Diese Partei wird sich die Fragen stellen, welche von den historischen Bedingungen zugelassen werden. Diese Partei wird ihre Aufgabe unter der einzigen Bedingung vollbrin­gen, dass sie die Probleme, die im Entstehen begriffen sind, voraus­sieht." (“Bilan” Nr. 1, "Vers l'Internationale deux et trois-quart?") Es sei selbst einem Mann wie Trotzki “trotz seiner Verdien­ste für die Sa­che des Prole­tariats" nicht möglich, die Bewegung der Geschichte zu erzwingen. Das Indivi­duum könne, wie angesehen auch immer, keine Garantie sein:

 

"... eine Loyalität gegenüber Trotzkis Werk kann sich einzig darin ausdrücken, seine gegenwärtigen Irrtümer zu bekämpfen, denn es ist absolut falsch, dass die persönliche Kontinuität eine Garantie für den späteren revolutionären Kampf des Proleta­riates ist. Im Gegenteil, diese Kontinuität gründet sich allein auf der Grundlage poli­tischer Positionen. Es geht darum zu schauen, ob die neuen Positionen des Ge­nossen Trotzki den Notwendigkeiten des proletarischen Kampfes entsprechen oder nicht." (“Bilan” Nr. 1, a.a.O.)                

 

Die Perspektive der Revolution habe sich entfernt, und einzig der Sieg der Frak­tionen könne den Marsch in den Krieg aufhalten. Und schließlich könne eine Revolution nur aus dem Krieg hervorkommen:

 

 "Im Falle, dass es den Fraktionen nicht gelingt, das Proletariat ge­gen den Wil­len des Zentrismus zum Sieg zu führen, kann kein individueller Wille die Folgen verhindern: den Krieg. Und es wäre dann erst im Verlaufe dieses Krieges oder danach möglich, die Frak­ti­on in eine Partei umzu­wandeln, die das Pro­letariat schließlich zum Sieg führen könnte."

 

Der historische Ausweg aus der Krise von 1929 war mit größter Wahr­schein­lichkeit der Krieg. Zu dieser Frage nahm die Fraktion 1933 eine schwan­kende Position ein. Mal behauptete sie, dass "die Alternative, die sich in der aktuel­len Phase des Kapita­lismus stellt, die Revolution oder der Krieg" sei; mal verkün­dete sie, dass der Krieg nach der Niederlage des deutschen Prole­tariats und dem Tod der Kommunistischen Internationale un­ausweichlich sei: "... das Proletariat ist möglicherweise nicht mehr in der Lage, die Ent­fesselung eines neuen imperialistischen Krieges durch den Triumph der Re­volution zu verhindern (...) wenn es noch Chan­cen für ein unmittelbares revolutionä­res Wiederaufleben gibt, be­ruhen sie ausschließlich auf der Fähig­keit, die vergangenen Nie­derlagen zu begreifen." (“Bilan” Nr. 1, "Introduction")   

 

Welches war der entscheidende Faktor für die Mobilisierung der Klasse für den Krieg? Auf der ideologischen Ebene ermöglichte es die internationale Po­sition Russlands, die Arbeiter der europäischen Länder für den Krieg zu mobilisieren. Schon im Fe­bruar 1933 erklärte die Italienische Linke, dass sich Russ­land in einem der im­pe­rialistischen Blöcke, dem deutschen Block, integrieren werde:

 

"......der Zentrismus hat die fundamentale Rolle, die der russi­sche Staat im Falle eines Krieges spielen könnte, erledigt. Indem er den Sowjetstaat sicherte, anstatt eine Stütze für die Front des inter­nationalen Proletariats zu sein, ist er nichts anderes geworden als ein Element, das der einen oder anderen imperialistischen Gruppe zur Verfü­gung steht. Wir müssen ab sofort anerkennen, dass der einzige Ausgang dieser Situation darin besteht, dass der Zentrismus die Interessen des revolutionären Proletariats verraten und im Falle eines Krieges die von Russland vertretene Position rechtfertigen wird." ("Bulletin d`information" Nr. 6, "Le fascisme au pouvoir en Allemagne")

 

 

Und sie fügte an: "Es ist auf längere Sicht sehr wohl möglich, dass es der Block der faschistischen Staaten sein wird, der sich Russland mit einem Bündnis er­kenntlich zeigt". Damit schloss sie aber nicht aus, dass der entscheidende Faktor die ideologi­sche Mo­bilisierung für die "Demokratie in Gefahr" sein könnte: "Die Bour­geoisie, die aufgrund ökonomischer Be­din­gungen Überbleibsel der frei­heitlichen Demo­kratie aufrechterhalten kann, könn­te das Proletariat im Namen der ‚Demokratie‘ und des Kampfes gegen die faschistischen Staaten in den Krieg rufen."

 

Diese zwei Hypothesen sollten sich eine nach der anderen bewahrheiten. Die Italienische Linke durchschaute also die Integration Russlands in das Spiel der antagonistischen Großmächte. Dies bedeutete, dass "... der Arbei­ter­staat im welt­weiten kapitalistischen System einverleibt war und sich dessen Gesetzen und Entwicklungen unterwarf".

 

In dieser Analyse gab es einen Widerspruch. Im internationalen Rahmen war der russi­sche Staat kapitalistisch, im nationalen Rahmen dagegen war dieser als "proletarisch" bezeichnete Staat nicht kapi­ta­listisch, sondern aufgrund der "Vergesellschaftung der Arbeit" sozialistisch.

 

Die Stärke der Italienischen Linken war es, jedes Phänomen immer in einem internationalen Rahmen zu verstehen. Doch ihre Verbundenheit zur UdSSR, die einst das Land war, das die revolutio­näre Komintern aufgenommen hatte, hinderte sie lange daran, sich einer genaueren Untersuchung des Wesens der russischen Ökonomie und des staat­lichen Überbaus zu widmen. Es brauchte den Zweiten Weltkrieg, damit ein Teil der Italienischen Linken das Konzept des "Arbeiterstaates" endgültig fallen ließ.

 

Um ihre Unsicherheiten zu überwinden, setzte die Italienische Linke von 1934 bis zum Krieg und sogar noch während des Krieges die Frage des Staates in der Übergangsperiode und die Frage der Haltung des Proleta­riats sowie der Kommuni­stischen Par­tei gegenüber dem Staat auf die Tagesordnung.

 

Allgemein wurden alle grundlegenden theoretischen Fra­gen ei­ner Kritik unterzogen. Durch die Kontakte mit der LCI in Belgi­en und speziell mit Mitchell (Jehan) entdeckte die Italienische Fraktion die Texte von Ro­sa Luxemburg wieder, die sich mit der Dekadenz des Kapitalismus befassen. Nachdem sie ihnen anfangs wenig Aufmerksamkeit gezollt hatte, begann sich die Fraktion nun für ökonomische Fragen zu in­teres­sieren. Daraus entstand eine entwickeltere Analyse der Krisenphäno­mene und der ökonomischen Probleme in der Übergangsperiode.

 

Von Rosa Luxemburg übernahm die Italienische Linke auch die Ab­lehnung der natio­nalen Befreiungskämpfe, die diese als Feld für die Manöver der ver­schiedenen Imperialis­men bezeichnete, und, auf der theoretischen Ebene, die Bestätigung der Unmöglich­keit bürger­licher Revolutionen in der dekadenten Epoche des Kapitalismus.

 

Geleitet von ihren Prinzipien und ihrer enormen theoretischen Denk­ar­beit, setzte sich “Bilan” auch mit so wichtigen Ereignissen wie die Volksfront, die Kriege und die Erschütterungen in Spanien auseinander. Gegen den Strom ar­bei­tend, wurde ihre Isolierung um so größer, je mehr sich der Kurs zum Krieg ver­stärkte.

 

In der Geschichte der Fraktion lassen sich zwei Perioden klar un­terschei­den: die eine von 1933 bis 1935, in der sie ihre Positionen konsolidierte; die andere zwischen 1936 und 1939, die Zeuge der totalen Isolation der Italienischen Linken, des Abbruchs der Kontakte zum politischen Milieu und der Spaltungen in ihren eigenen Reihen war.

 

 Dies war der Preis, den die Fraktion bezahlen musste, um sich selbst als Strömung bis zum Krieg und ihr politisches Erbe bis heute lebendig zu halten.

 

  Bilans” Auseinandersetzung mit dem Antifaschismus und der Volksfront

 

Die Zeit zwischen 1933 und der Bildung der Volksfront war weltweit eine dramatische Periode. Die Wirtschaftskrise dauerte an und brachte Fabrikschließungen und Massenarbeitslosigkeit mit sich, die in einigen Ländern 20 bis 30 Prozent der Arbeiterklasse betraf. Es war eine Phase der Austerität und der Verarmung. Trotz Anti-Krisen-Plänen, bei denen Inflation und Deflation sich einander abwechselten und die die Arbeitsplätze durch gesetzlich dekretierte Lohnkürzungen erhalten wollten (z.B. setzten die Laval-Dekrete die Löhne der Staatsangestellten herab), gelang es nicht, die Weltwirtschaftskrise aufzuhalten. 1933, das Jahr des New Deal und der deutschen Wiederaufrüstung, war der Anfang einer langen Reihe von Wirtschaftsmaßnahmen, welche die Produktion durch die Errichtung einer Kriegswirtschaft in allen Ländern wieder mehr oder weniger ankurbelten - sei es direkt, durch die Umwandlung der Wirtschaft, sei es indirekt, durch eine Politik der staatlichen Großprojekte, die eine ganze Infrastruktur von Transportwegen und die Schwerindustrie entwickelte. Diese Tendenz verstärkte sich nach 1936.

 

Der Staat, die letzte Zuflucht der Wirtschaft, erwies sich als der letzte Rettungsanker der Verteidiger des kapitalistischen Systems. In Frankreich und in Belgien wurden “nationale Pläne” entwickelt. Der De-Man-Plan in Belgien drückte den Versuch aus, die ökonomischen Mechanismen, die zusammenzubrechen drohten, durch eine Reihe von Verstaatlichungen in den Griff zu bekommen. In den USA setzte Roosevelt den National Industrial Recovery Act in Kraft, der sich in der Bildung der Tennessee-Valley-Behörde konkretisierte. Unter Hitler und Mussolini übte der Staat eine direkte Kontrolle über die Gesamtwirtschaft aus. In Russland wurde mit den Fünfjahresplänen, begleitet vom Stachanowismus, der Aufbau einer Schwerindustrie (Stahl, Energie, etc.) angestrebt, mit dem erklärten Ziel, die russische Militärmacht auszubauen. Überall in der UdSSR wurden Arbeitslager errichtet; die Entwicklung der Industrie wurde mit der Auspowerung und dem Tod von Millionen erkauft. Die Welt schien fest im Griff des Wahnwitzes bzw. der primitivsten Barbarei zu sein, die sich hinter den raffiniertesten Produkten einer modernen Technologie verbarg. Es hatte den Anschein, als herrschte überall die, in den schrecklich-schönen Worten Victor Serges, "Mitternacht des Jahrhunderts".

 

Dieser wirtschaftliche Angriff des Weltkapitalismus drückte sich politisch in einer allmählichen oder brutalen Umwandlung der demokratischsten Regimes in offen autoritäre, diktatorische Regimes aus. Die Legislative, das Parlament, verlor an Bedeutung zugunsten der Exekutive. Die Folge war eine unerbittliche Kontrolle des gesellschaftlichen Lebens. Schlichtungsgesetze wurden erlassen, um die Streiks zu kontrollieren und einzugrenzen, die wegen der Einfrierung der Löhne massenhaft auszubrechen drohten. In Ländern wie Belgien oder Frankreich wurden die Gewerkschaften, nach dem Vorbild der angelsächsischen Länder, zu den bevorzugten Partnern des Staats und in Zeiten des allgemeinen Konflikts zum letzten Damm - wie Politiker und Gewerkschaftssprecher jener Zeit nicht müde wurden zu betonen.

 

1933 schien es allerdings, dass die Stärkung des Staates sich nicht auf "demokratischem" Weg durchsetzen würde, sondern durch die Ausbreitung der faschistischen Bewegung, die rasch zu einer universellen Tendenz wurde. In allen europäischen Ländern bildeten sich Parteien, die sich entweder auf Hitler oder auf Mussolini beriefen und deren Programm die Stärkung und die Konzentration der politischen und ökonomischen Macht in den Händen eines Einparteienstaates war. Ihr Aufkommen ging mit einem breiten staatlichen Angriff gegen die Arbeiterklasse einher, der sich auf einen durch die Armee verstärkten Unterdrückungsapparat und nötigenfalls auf die Truppen der faschistischen Parteien stützen konnte. Diese Offensive begann lange vor der Machtergreifung Hitlers. Die Hauptbühne war Deutschland zwischen 1928 und 1932 gewesen; 1929 z.B. hatte der Sozialdemokrat Zörgiebel seine Polizei auf eine Ansammlung von Arbeitern anlässlich der 1.Mai-Demonstration schießen lassen.

 

1932, während des Generalstreiks der Bergarbeiter in Belgien, ließ die Regierung Panzerwagen mit Maschinengewehren und Kampfwagen auffahren, welche die Förderanlagen besetzten. Aufklärungsflugzeuge wurden eingesetzt, um Ansammlungen von Streikenden zu lokalisieren und Gendarmen loszuschicken. Das Radio unterlag einem Verbot, über die Ereignisse zu berichten. Der Streik wurde im Wesentlichen durch die Gewerkschaften und die Arbeiterpartei Belgiens (POB) zerschlagen, die die Arbeiter aufriefen, "sich nicht von verantwortungslosen Agitatoren, die vielleicht im Solde der Bosse stehen, mitreißen zu lassen" ("Le peuple", Tageszeitung des POB, 22. Juni 1932). Diese großen Streiks machten die Notwendigkeit einer strikteren gewerkschaftlichen Kontrolle deutlich. Der Bondas-Report empfahl - und die neue Linksregierung folgte seinen Empfehlungen - die Zwangsmitgliedschaft in der Gewerkschaft unter Gewährung gewisser Vergünstigungen wie Entschädigungen im Streikfall oder die Sozialversicherung.

 

Die Aufrechterhaltung eines demokratischen Rahmens, dessen Inhalt durch den schwindelerregenden Ausbau der staatlichen Organe zunehmend ausgehöhlt wurde, war nur in den Industrieländern möglich, die von der Krise am wenigsten betroffen waren. Die Entwicklung der sozialen Unzufriedenheit mündete bereits vor der Volksfront in eine Serie von Linksregierungen bzw. Koalitionsregierungen. In allen Fällen waren die Planwirtschaft und die Verstaatlichungen Ausdruck der gleichen Tendenz zu einer Stärkung des Staates, die auf einer außerordentlich schmalen wirtschaftlichen Grundlage basierten.

 

In den Ländern, die weniger industrialisiert waren, wie Österreich, Spanien und die mitteleuropäischen Länder, nahm der Angriff der Unternehmer und des Staates eine brutalere Form an. Es war die Armee, die, gestützt auf die örtliche Nazipartei, im Februar 1934 den verzweifelten Aufstand der Wiener Arbeiter niederschlug. Im gleichen Jahr sandte die republikanische Regierung Spaniens die Truppen Francos nach Asturien, um den leidenschaftlichen Widerstand der Bergarbeiter niederzuschlagen. Von Rumänien bis Griechenland entstanden Organisation von faschistischem Zuschnitt, die es sich in ihrer Komplizenschaft mit dem Nationalstaat zur Aufgabe machten, jede Reaktion der Arbeiter zu unterbinden. Die Diktatur, wie immer auch ihre verfassungsmäßige Form aussah, enthüllte sich offen und nahm meist die Form des "Modells" Hitlers oder Mussolinis an. Sie nahm um so offenere Formen an, als der politisch und wirtschaftlich schwache Staat sich auf eine große Masse von unzufriedenen Kleinbürgern stützen konnte, die durch das Fehlen einer breiten Reaktion der Arbeiterklasse in die Hände von Bewegungen getrieben wurden, die ihnen eine glänzende Zukunft versprachen.

 

All diese Bewegungen waren zweifellos aus der langen Serie von Niederlagen hervorgegangen, die das europäische Proletariat seit 1923 erlitten hatte. Jeder Rückschlag im Arbeiterkampf zog notwendigerweise einen um so stärkeren Angriff des kapitalistischen Staates nach sich.

 

Die Krise, die nicht mehr eine "klassische", zyklische Krise wie im 19. Jahrhundert war, führte unausweichlich zum Weltkrieg. Während die 20er Jahre eine Periode der Rüstungsbegrenzungen waren, standen die 30er Jahre unter dem Zeichen der Kriegswirtschaft. Diese wurde ab 1933/34 vor allem in Deutschland und Russland sehr stark forciert. Nach 1936 folgten alle anderen Länder diesem Beispiel, unabhängig von ihrer Regierungsform. In einer Welt, die zu eng geworden zu sein schien, um die Ausdehnung der modernsten Produktionsapparate nach einer Wiederaufbauphase, die kaum sechs Jahre angedauert hatte (1923-29), weiter zu kompensieren, wurde der Krieg für jeden Staat zur letzten Zuflucht angesichts des Bankrotts der Weltwirtschaft. Ohne die Möglichkeit der Eroberung von neuen Märkten blieb nur noch die Neuaufteilung des Weltmarktes. In dieser Lage waren die schwächeren kapitalistischen Staaten notwendigerweise am aggressivsten.

 

Der Einsatz der Kriegswirtschaft verleitete viele Ökonomen der damaligen Zeit zu Träumereien über eine Wiederbelebung der Wirtschaft ohne den Sturz in einen allgemeinen Konflikt. Auch revolutionäre Gruppen, wie die Italienische Linke, gingen dieser Illusion auf den Leim.

 

Tatsächlich waren der italienisch-abessinische Konflikt 1935 und schließlich die Remilitarisierung des Rheinlandes 1936 entscheidende Schritte bei der Vorbereitung des Weltkrieges. Die Waffen, die produziert worden waren, mussten in lokalen Kriegen eingesetzt werden, mussten ihren militärischen Wert erweisen, da sie keinen realen Warenwert für die Kapitalakkumulation besaßen.

 

In dieser düsteren Phase des Klassenkampfes, die von der Italienischen Linken als die lange Nacht der Konterrevolution beschrieben wurde, schienen Faschismus und Krieg allgegenwärtig zu sein; Russland und die mit ihm verbundenen Parteien reihten sich via Völkerbund und durch die Politik der “nationalen Verteidigung” in die internationalen Manöver des Kapitalismus ein.

 

Im politischen und gesellschaftlichen Leben schien sich alles um die Kriegsfrage zu drehen, und zwar im Namen der verschiedensten Ideologien: Faschismus und Antifaschismus, Demokratie und Totalitarismus.

 

Die Streiks 1936 in Frankreich und Belgien schienen einen Hoffnungsschimmer in eine Arbeiterschaft hineinzutragen, die den drastischsten Austeritätsmaßnahmen ausgesetzt war. Aber welche Hoffnung konnten sich die Revolutionäre machen, als sie sahen, dass jeder Streik unter dem Banner der Trikolore stand und die Streikenden die Marseillaise zu ihrer Hymne erkoren? Wenn der Klang des Akkordeons 1937 in Clichy durch das Pfeifen der Kugeln unterbrochen wurde? Wenn auf die Lohnerhöhungen die Inflation und der brutale Absturz der Einkommen in den Rachen der unersättlichen Kriegswirtschaft folgten?

 

Demokratie, Faschismus und Stalinismus schienen, wenn auch mit unterschiedlichen Methoden, dem gleichen Ziel zuzustreben. Für die Italienische Linke, die den Enthusiasmus der revolutionären Ereignisse Italiens, Russlands und Deutschlands kannte, war die Periode von 1933 bis 1936 und schließlich von 1936 bis zum Krieg – als sie immer noch meinte, die Revolution stehe nahe bevor - die dunkelste in ihrer Existenz, aber gleichzeitig auch die reichste an theoretischen Vertiefungen.

 

Gab es einen wesentlichen Unterschied zwischen Faschismus und Demokratie? War der Faschismus im Begriff, sich in allen Ländern zu entwickeln? Wie wäre in diesem Fall das Auftauchen von Linksregierungen von der Art der Volksfront zu erklären? Welches Reaktionsvermögen besaßen die verschiedenen Fraktionen der Arbeiterklasse noch? Inwieweit konnten sie noch einem allgemeinen Angriff gegenüber Widerstand leisten? Waren die Streiks, die ausbrachen, revolutionär? Hoben sie die Perspektive des allgemeinen Kriegs auf? Dies waren die Fragen, denen sich die Italienische Linke gegenübersah, Fragen, die sie nicht nur auf der theoretischen Ebene beantworten musste - wie in ihrer Plattform, die hauptsächlich auf den Erfahrungen in Italien und Deutschland basierte -, sondern auch in der Praxis, von Tag zu Tag, in den sich überstürzenden Ereignissen, die ihre Analyse entweder bestätigten oder oder widerlegten.

 

Für “Bilan” lag es ebenso wie für die PCI vor der Ausschaltung Bordigas auf der Hand, dass der Faschismus nichts anderes als eine Form des Kapitalismus ist. Wenn es einen Unterschied zwischen den beiden Methoden, die kapitalistische Gesellschaft am Laufen zu halten, gab, so lag er in dem historischen Epochenwechsel begründet, der mit dem Ersten Weltkrieg eingeläutet worden war. In der aufsteigenden Phase des Kapitalismus, im 19. Jahrhundert, war die Demokratie die Funktionsweise der herrschenden Klasse, mit der sie versuchte, die Konflikte zwischen den verschiedenen Fraktionen durch das parlamentarische System zu regeln. Aber "zwischen der Demokratie und den proletarischen Positionen  gibt es einen unerbittlichen und unversöhnlichen Gegensatz (...) die Lebensbedingung der demokratischen Herrschaft besteht gerade im Verbot der Macht spezifischer Gruppen". Dagegen "stellt die Gründung einer Organisation der Arbeiterklasse einen direkten Angriff auf die Theorie der Demokratie dar", und "historisch gesehen drückt sich der Gegensatz zwischen ‚Demokratie‘ und Arbeiterorgane auf blutige Weise aus". Wenn die Arbeiterbewegung damals eine Orientierung "zur Eroberung von Rechten hatte, die den Arbeitern den Zugang zu Regierungs- und Staatsfunktionen ermöglichte (...), so wendete sich mit 1914 mit der Revision des Marxismus und diesem Verrat das Blatt". (3)

 

Der Faschismus war das typische Produkt des "Kapitalismus in der Agonie". Er markierte das Verschwinden des Parlamentarismus als tatsächliche Regierung der Bourgeoisie, deren innere Widersprüche in der allgemeinen Krise aufbrachen. Der Krieg und die Revolution drängten die herrschende Klasse in die politische Zersetzung. So erklärten sich die physischen Angriffe des Faschismus auf die Vertreter des Liberalismus oder der sozialistischen Parteien, "die seit 1914 nicht mehr zum Lager der Arbeiter gehören, sondern zu den Kapitalisten, was sie im übrigen durch das Massaker am revolutionären Proletariat unmittelbar nach dem Krieg bewiesen haben". Das friedliche Spiel der "demokratischen Regeln" war definitiv gestört: "Während sich früher der Regierungswechsel zwischen den Rechten und den Linken parlamentarisch abspielte, nimmt er heute, bedingt durch den Niedergang des Kapitalismus, gewalttätige Formen an." (“Bilan” Nr. 9, Juli 1934, "La situation en France")

 

Die Entwicklung der faschistischen Gruppen, ihre Machtergreifung in Italien, Deutschland und schließlich auch in Österreich sind nicht Ausdruck eines Antagonismus zwischen dem Faschismus auf der einen und der Demokratie auf der anderen Seite. Beide ergänzten sich einander bei der Einleitung der Konterrevolution. Der Faschismus wurde durch die Demokratie erzeugt, die ihm auf legale Weise die Macht überließ:

 

"In Italien überließ eine Regierung, in der sich Vertreter des demokratischen Antifaschismus befanden, in einem Ministerium den Faschisten das Feld, die auf diese Weise zu einer Mehrheit in diesem antifaschistischen und demokratischen Parlament gelangten, obwohl die sie lediglich mit einer 40-köpfigen Gruppe unter 500 Abgeordneten vertreten waren. In Deutschland war es der Antifaschist von Schleicher, der Hitler Platz machte, und der Antifaschist Hindenburg, der, von den Stimmen der demokratischen und sozialdemokratischen Kräften gewählt, ihn dazu einlud." (“Bilan” Nr. 13, Dezember 1934, "Fascisme-démocatie: communisme")

 

In der Tat war der “Faschismus” das Kind der “Demokratie” oder, genauer, der Linken der Sozialdemokratie. Die Sozialdemokratie musste nach Einschätzung von “Bilan” aus dem Regierungsspiel ausscheiden, sobald sie ihre konterrevolutionären Aufgaben ausgeführt hatte. Nachdem die Sozialdemokratie das Proletariat physisch (in Deutschland) bzw. ideologisch (in Italien) zerschlagen hatte, hatte sie ihren Job getan und konnte Platz machen für den Faschismus, der das von ihr angefangene Werk vollenden konnte:

 

"Zwischen der Demokratie, zwischen ihrer schönsten Blumen Weimar und dem Faschismus gibt es keinen Gegensatz: Die eine ermöglicht es, die revolutionäre Bedrohung zu zerschlagen, das Proletariat auseinanderzujagen, sein Bewusstsein zu benebeln; der andere ist, wenn dieses Geschäft getan ist, die eiserne Faust des Kapitalismus, indem er eine rigide Einheit der kapitalistischen Gesellschaft ohne jegliche Bedrohung durch das Proletariat sicherstellt." (“Bilan” Nr. 16, "L'écrasement du proletariat allemand et l'evenement du fascisme")

 

Aber warum war es notwendig, die Klasse auf diese Weise niederzuwerfen, wenn von ihr in Deutschland oder gar in Österreich keine revolutionäre Gefahr mehr ausging? “Bilan” verwies auf die Forcierung der Kriegsvorbereitungen als den einzigen Ausweg aus der Krise. Diese Lösung drängte sich um so stärker in Ländern wie Deutschland und Italien auf, die durch den Vertrag von Versailles übers Ohr gehauen worden waren und, da sie über keine kolonialen Absatzmärkte verfügten, gezwungen waren, sich in eine neue imperialistische Schlacht um die Neuaufteilung der Welt zu stürzen. Somit erntsprach der "Faschismus" dem "Bedürfnis eines Herrschaftsapparates, der nicht nur den Widerstand oder die Revolte der Unterdrückten im Keime ersticken will, sondern auch die Arbeiter für den Krieg mobilisieren kann" (“Bilan” Nr. 10, August 1934, "Les evenements du 30 juin en Allemagne").

 

Deshalb stand die Ablösung des Faschismus trotz Differenzen und Diskussionen innerhalb des deutschen und italienischen Staatsapparates nicht auf der Tagesordnung. Weder die Affäre Matteoti noch die Liquidierung von Röhms SA führten zum inneren Zusammenbruch des Faschismus:

 

"Nichts erlaubt die Annahme, dass wir uns auf eine Schwächung des Faschismus in Deutschland hinzu bewegen (...) vielmehr bedeutet die Repression eine beachtliche Festigung seiner Diktatur, verknüpft mit den realen Schwierigkeiten, die er nur durch den Ausbruch des Weltkrieges überwinden kann." (“Bilan” Nr. 26, Januar 1936, "L'execution de R. Claus")

 

Die Italienische Linke ging nicht davon aus, dass diese Konsolidierung des Faschismus bedeutete, dass sich der Kapitalismus insgesamt zum Modell der Nazis oder Mussolinis neigte. Im Gegenteil, der Faschismus verstärkte die "demokratischen" Kräfte, indem er den Antifaschismus in die Welt setzte. Diese Polarisierung Faschismus - Antifaschismus erwies sich sogar als äußerst nützlich für die ideologische Mobilisierung für den anstehenden Weltkrieg. Wie “Bilan” betonte, gelang es der französischen und belgischen Bourgeoisie durch die Beschwörung des faschistischen Schreckgespenstes, die staatlichen Kriegsvorbereitungen zu forcieren. Die Wahl zwischen Kapitalismus und Kommunismus wurde durch die Wahl zwischen der Diktatur und der Demokratie ersetzt:

 

"Wir werden beispielsweise feststellen, dass heute die faschistische Bewegung nach 14 Jahren Faschismus in Italien und in einer Situation verschärfter interimperialistischer Gegensätze überhaupt nicht allgegenwärtig ist, dass im Gegenteil der Verlauf der Ereignisse, die uns zum Krieg führen werden, im Zeichen des Antifaschismus stattfindet. Dies ist der Fall in Frankreich und, trotz der totalen Abwesenheit einer Grundlage für den Faschismus und Antifaschismus dort, auch in Großbritannien, in einem der reichsten Ländern angesichts seines Kolonialreiches. Die Erfahrung beweist jeden Tag, dass die Diversität der faschistisch-diktatorischen und der liberal-demokratischen Regimes es erlaubt, alle zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen unter das Motto ‚Diktatur versus Demokratie‘ zu platzieren, das Motto, unter dem die Arbeitermassen für die neue Weltgemetzel mobilisiert werden sollen." (“Bilan” Nr. 22, August/September 1935, "Rapport sur la situation en Italie")

 

Die Entstehung der Volksfront in Frankreich bestätigte die Positionen von “Bilan” voll und ganz. Die Fraktion stellte fest, dass die Reaktion der französischen Arbeiter durch die Linken und die Gewerkschaften auf das Terrain des Kapitalismus abgelenkt worden war, "denn ihre Fahne war die Verteidigung der Republik, der Demokratie". (“Bilan” Nr. 16, März 1935, "La grève generale: expression de la lutte de classe"). Die Tatsache, dass die französischen Arbeiter unter der Fahne der Gewerkschaftseinheit, der Volksfront und der Trikolore marschierten, machte die Niederlage des Proletariats deutlich und zeigte darüber hinaus, dass es unausweichlich in den Krieg gezogen wurde:

 

"Im Zeichen eindrucksvoller Massendemonstrationen löst sich das französische Proletariat im kapitalistischen Regime auf. Trotz Abertausender von Arbeitern, die durch die Straßen von Paris marschieren, können wir sagen, dass in Frankreich wie in Deutschland keine proletarische Klasse mehr vorhanden ist, die für ihre eigenen historischen Ziele kämpft. Der 14. Juli markiert einen entscheidenden Moment im Auflösungsprozess des Proletariats und in der Wiederherrichtung der sakrosankten Einheit der kapitalistischen Nation. Es war wahrhaftig ein nationaler Feiertag, eine offizielle Versöhnung zwischen den antagonistischen Klassen, den Ausbeutern und den Ausgebeuteten; es war der Triumph des Republikanismus, zu dem die Bourgeoisie, weit entfernt davon, die Begeisterung durch übereifrige Ordner zu bremsen, bis zur Vergötterung angespornt hat. Die Arbeiter tolerierten also die Trikolore ihres Imperialismus, sangen die Marseillaise und applaudierten sogar den Daladier, Cot und anderen kapitalistischen Ministern, die zusammen mit Blum, Cachin und dem Rest feierlich schworen, ‚den Arbeitern Brot, der Jugend Arbeit und der Welt Frieden zu geben‘, mit anderen Worten: Blei, Kasernen und imperialistischer Krieg für alle." (“Bilan” Nr. 21, Juli/August 1935, "Sous le signe du 14 juillet")

 

Mehr noch als der Faschismus war die Demokratie der wirkliche Feind des französischen und des belgischen Proletariats.

 

"Die demokratische Herrschaft eignet sich am besten, um die Privilegien der Bourgeoisie zu erhalten, denn sie durchdringt besser als der Faschismus das Gehirn der Arbeiter, unterminiert sie von innen, während der Faschismus Gewalt benutzt, um jegliche Regung der Klasse auszumerzen, die der Kapitalismus bis dahin noch nicht aus dem Weg geschafft hat."  (“Bilan” Nr. 22, August 1935, "Les problèmes de la situation en France").

 

Unter dem Banner der Volksfront hat die Demokratie das gleiche Resultat erreicht wie der Faschismus: Die Niederschlagung des französischen Proletariats und sein Verschwinden von der historischen Bühne. “Das Proletariat existiert zur Zeit aufgrund von weltweiten schweren Niederlagen nicht mehr als Klasse." (“Bilan” Nr. 29, März/April 1936, "L'écrasement du prolétariat français et ses enseignements internationaux")

 

Diese Analyse rief Divergenzen innerhalb der Italienischen Fraktion hervor. Eine Minderheit vertrat die Position, dass die Volksfront unter dem Druck des Klassenkampfes entstanden sei und Ausdruck eines bestimmten Grades der Radikalisierung und Reifung der Arbeiter sei. Die Mehrheit teilte aber diese Ansicht nicht; sie stritt zwar nicht den Klassencharakter der wilden Streiks von Brest und Toulon im Jahre 1935 ab, erkannte aber, dass die Streiks im Juni 1936 auf das Terrain des Kapitalismus gelenkt worden waren. In “Bilan”, Nr. 31 (Mai-Juni 1936) schrieb die Mehrheit:

 

“... repräsentiert die Volksfront nur eine Form der kapitalistischen Herrschaft, diejenige Form, die am besten den Interessen der Bourgeoisie entspricht. Weit entfernt davon, den Ausbruch von Arbeiterkämpfen zu erleichtern, ist es vielmehr ihr Job, die Arbeiter vom ersten Tag ihres Machtantritts an, ja bereits zuvor zu verfolgen.”

 

Diese Analyse von “Bilan” bestritt nicht die Macht der Streiks. Sie stellte fest, dass die französischen Streiks "eher wie die Streiks in Belgien im Mai 1936" ausgebrochen waren: "außerhalb und gegen die Gewerkschaften, kurz: als eine 'wilde' Bewegung" (“Bilan” Nr. 31, "La victoire electorale du Front populaire en France"). Ohne dem Enthusiasmus der trotzkistischen Gruppen anheimzufallen, die in diesen Streiks den Beginn der "französischen Revolution" erblickten, beobachtete die Italienische Fraktion, dass "der enthusiastische Elan der Proletarier hinter die Trikolore gesteckt wurde, was ihre reale Bedeutung unterminierte"; dass "die Fabrikbesetzungen unter strikter Wahrung der Gewerkschaftsdisziplin durchgeführt worden sind: 'Keine Schraubenmutter darf fehlen'". Zusammenfassend behauptete “Bilan”, dass "es weder für ein neues Bewusstsein noch für eine neue Organisationsform eine Gelegenheit gegeben hat, während der Einfluss der Parteien des Kapitalismus und der Griff der CGT beträchtlich gestärkt worden sind" (Nr. 32, Juni/Juli 1936, "Le prolétariat a répondu au Front populaire").

 

Der französischen Bourgeoisie gelang es also, die Streikbewegung zu ihren Gunsten zu kanalisieren; die Volksfront, alles andere als ein "Ausdruck der Schwäche der französischen Bourgeoisie", war im Gegenteil "ein Ausdruck der Stärke" (“Bilan” Nr. 32, s.o.). Die Mobilisierung der Arbeiter in Frankreich hinter die Volksfront, die ein ganzes Wiederaufrüstungsprogramm entwickelte, war somit im Gange. Nachdem die Volksfront aus der Regierung gedrängt war und es ernst wurde mit den Repressionsmaßnahmen - wie die Schießerei von Clichy und das Verbot des Generalstreiks vom 30 November 1938 -, schlussfolgerte “Bilan”, dass die Linke ihre Aufgabe bei der Demobilisierung der Arbeiter erfüllt hatte. Der Faschismus in Italien und Deutschland sei dadurch gestärkt worden:

 

"Durch ihren Kampf gegen das französische Proletariat hat die Volksfront die Arbeiter Italiens und Deutschlands um die einzige Unterstützung gebracht, die ihnen in ihrem erbitterten Kampf gegen den Faschismus helfen kann; die Volksfront ist der direkte Handlanger von Mussolini und Hitler." (“Bilan” Nr. 40, April/Mai 1937, "Premier mai 1937")

 

Doch mehr noch als die Volksfront spielte für “Bilan” Russland die entscheidende Rolle beim Triumph der Konterrevolution. Auf ideologischer Ebene "hat die Rolle Russlands mehr dazu beigetragen, die Idee der proletarischen Revolution, des proletarischen Staates zu begraben, als jede grausame Unterdrückung durch den Kapitalismus" (“Bilan” Nr. 17, April 1935, "De la Commune de Paris à la Commune russe").

 

Für “Bilan” hatte der russische Staat immer noch eine Doppelnatur: proletarisch aufgrund seines Ursprungs im russischen Rahmen und kapitalistisch durch seine Mitgliedschaft ("im kapitalistischen Weltsystem") und in den “Kriegsbündnissen” (“Bilan” Nr. 2). Die Anerkennung Russlands durch die USA, sein Beitritt zum Völkerbund waren Zeichen der Beschleunigung der Kriegsvorbereitungen. “Russlands Eintritt in den Völkerbund stellt unmittelbar die Frage seiner Beteiligung an einem der imperialistischen Blöcke für den nächsten Krieg”. Konsequenterweise lehnte die Italienische Linke im Gegensatz zu den Trotzkisten jede Verteidigung der UdSSR ab: “Die Aufgabe des Proletariats der ganzen Welt wird also darin bestehen, einen simultanen und identischen Kampf sowohl gegen sie als auch gegen die anderen Staaten zu führen" (“Bilan” Nr. 2, Dezember 1933, "Une victoire de la contre-révolution mondiale: les Etats-Unis reconaissent l'Union Soviétique").

 

Als Stalin 1935 die Kriegsvorbereitungen der Regierung Laval als "positiv" bezeichnete und dabei sofort durch die Kommunistische Partei Frankreichs unterstützt wurde, zögerte die Italienische Fraktion nicht mehr, all ihre Verbindungen zu den Kommunistischen Parteien abzubrechen.

 

Bis 1935 nannte sich die Italienische Linke "Italienische Linksfraktion der Kommunistischen Partei Italiens". Dass die Fraktion ihren Namen von 1928 beibehalten hatte, war eher dem Bezug zur revolutionären Vergangenheit dieser Partei zur Zeit Bordigas geschuldet als einer wirklichen Überzeugung vom revolutionären Charakter der KPI. Der Beginn einer konterrevolutionären Phase, die lange Serie von Niederlagen seit 1927 überzeugten die Italienische Fraktion, dass es keine Hoffnung mehr gab, die italienische Partei durch die Eliminierung ihrer "zentristischen Führung" zurückzuerobern. Es erschien der Mehrheit der Mitglieder der Fraktion mehr und mehr als ein Anachronismus, irgendeinen Bezug zur PCI unter den damaligen Bedingungen aufrechtzuerhalten, wo die Kommunistischen Parteien das Prinzip der Vaterlandsverteidigung unterstützten und Russlands Eintritt in die internationalen Bündnisse verteidigten.

 

Der Kongress der Fraktion 1935

 

Der Kongress der Italienischen Fraktion, der im Herbst 1935 in Brüssel stattfand, hatte die Aufgabe, über diese Frage zu entscheiden. Eine Minderheit, die vor allem durch die zentralen Organe (Exekutivkomitee) vertreten wurde, zögerte aus Treue gegenüber der Vergangenheit, aber vor allem, um die organische Verbindung zur Kommunistischen Internationale, wie sie zu Beginn gewesen war, aufrechtzuerhalten. Sie befürchtete, die Beseitigung der Bezeichnung "Fraktion der KPI" werde innerhalb der Organisation Anlass zur Hoffnung geben, die Partei ausrufen zu können, obwohl die Periode keine revolutionäre sei.

 

Vercesi war beauftragt worden, zur Vorbereitung des Kongresses einen Resolutionsentwurf über die Probleme der Organisation zu verfassen. Dieser Entwurf, der unter dem Namen Alphonse veröffentlicht wurde, strebte an, einen endgültigen Schlussstrich unter einer ganzen historischen Epoche zu ziehen. Er unterstrich die Tatsache, dass die Kommunistischen Parteien Teil des "Konzerts der Konterrevolution" geworden seien und es folglich unmöglich sei, sie zu reparieren. Dies war ein sehr wichtiger Text in der Geschichte der Fraktion, weswegen es notwendig ist, ihn ausführlich zu zitieren. Er erklärte:

 

·          "dass 1933, mit dem Tod der III. Internationale, die Phase endgültig abgeschlossen war, in der eine Wiederbelebung der Kommunistischen Internationale dank des Sieges der proletarischen Revolution in einem Bereich des Kapitalismus möglich gewesen wäre. Ein Sieg, der als Vorbedingung die Eroberung der Führung des Kampfes durch die Linke erfordert hätte.

 

·          dass die zentristischen Parteien, die organisch noch mit dem Leichnam der III. Internationale verbunden sind, schon im Konzert der Konterrevolution mitwirken und sich heute anbieten, eine Funktion als direkte Organe des Imperialismus zu übernehmen, um das Proletariat in den Abgrund des imperialistischen Krieges zu drängen. 

 

·          Die Fraktion erklärt, dass die Phase einer möglichen Regeneration der Parteien und der Kommunistischen Internationale, die 1928 ins Auge gefasst worden war, abgeschlossen ist und dass folglich:

 

·          die linke Fraktion die Aufgabe übernimmt, durch ihre Arbeit der Ausbildung von Militanten, ausschließlich um sich herum und unabhängig, die Kommunistische Partei von morgen wiederherzustellen;

 

·          dass der Linken Fraktion der PCI einzig Genossen beitreten können, welche die von der Konferenz von Pantin verabschiedeten Texte akzeptieren und die grundlegende Aufgabe anerkennen, die ganze Erfahrung der III. Internationale und des degenerierten proletarischen Staates kritisch zu untersuchen, um damit auf einer höheren historischen Ebene das Material für die Weltpartei von morgen zu erarbeiten." (“Bilan” Nr. 18, April/Mai 1935, "Projet de résolution sur les problèmes d'organisation" von Alphonse)

 

Vor dem Kongress entwickelte sich eine Diskussion über die Notwendigkeit, die Beziehungen zur PCI abzubrechen, und über den gebotenen Moment für die Parteigründung. Die Entscheidung darüber wurde in der Resolution einzig der Fraktion überlassen.

 

Ein von Vercesi im Namen der Fraktion verfasstes Manifest auf Französisch vom 21. Juli, das unter den Arbeitern in Frankreich und Belgien verteilt wurde, rief dazu auf, die Kommunistischen Parteien unverzüglich zu verlassen. Es rief ferner dazu auf, "gegen alle Vaterländer, ob faschistische, demokratische oder sowjetische, zu kämpfen". Vor allem aber verkündete es, "keinen Moment länger in diesen Instrumenten der weltweiten Konterrevolution” zu verweilen, in den KP’s, die sich “mit den Interessen des Weltkapitals versöhnt hatten." (“Bilan” Nr. 23, September/Oktober 1935, "En dehors des partis communistes devenus des instruments du capitalisme mondial!")

 

Der Aufruf, die KP’s zu verlassen, war logischerweise auch eine Aufforderung, jeglichen Bezug zur PCI loszuwerden. Dies war die Schlussfolgerung, welche Vercesi, unterstützt von der Basis der Organisation, zog:

 

".....auf dem Weg zur Bildung der Partei von morgen wird es eine tiefgreifende Umwandlung geben, die auch durch eine Namensänderung unserer Organisation berücksichtigt werden sollte. Wir können uns nicht länger auf eine Partei beziehen, die zum Kapitalismus übergegangen ist, eine Partei, die für den Kapitalismus die ebenbürtige Funktion ausfüllt, den Krieg vorzubereiten (...) deshalb schlage ich vor, dass der Kongress die Bezeichnung ‚Italienische Fraktion der Kommunistischen Linken‘ annimmt." (“Bilan”, s.o.)

 

Dies entsprach jedoch nicht der Auffassung von führenden Genossen der Organisation wie Jacobs, Pieri und Bianco, welche davon ausgingen, dass "der Bezug auf die KPI kein Hindernis für die künftige Funktion der Fraktion darstellt", und dass er sogar die "Entwicklung von Mitgliedern der Fraktion, welche morgen in Italien im revolutionären Sturm die wahre Kommunistische Partei wiederaufbauen werden", begünstigen werde. Viel wichtiger als der Name war für sie die Feststellung, dass die Partei nicht aus dem Nichts entstehen könne, dass die Fraktion, die sie aufbauen werde, notwendigerweise mit den alten Parteien der Komintern verbunden sei. Im selben Sinne fügten sie an, dass diese Bezugnahme "mit einem historischen Körper verknüpft ist, der durch die Parteigründung von Livorno und  den Bürgerkrieg im italienischen Proletariat noch verankert war."

 

Tatsächlich befürchtete diese Minderheit, die aus den erfahrensten Genossen der Fraktion zusammengesetzt war, dass die Fraktion, in Nachahmung der Trotzkisten und Trotzkis, in einer historischen ungelegenen Zeit zur Parteigründung aufrufen werde. Wie Jacobs es formulierte: "Die Annahme, die Fraktion könne Bewegungen der proletarischen Hoffnungslosigkeit steuern, bedeutet, die Intervention in die Ereignisse von morgen zu kompromittieren". Andererseits zeige "die Beibehaltung der Bezeichnung PCI unseren Willen, die Fraktion so lange aufrechtzuerhalten, bis die Ereignisse es erlauben, sie in die Partei zu verwandeln".

 

Diese Befürchtung schien sich auf Stellungnahmen wie der des Genossen Candiani zu gründen, der behauptete, dass "die Partei durch ihre theoretische und organische Aktivität ihre Funktion auch in einer Periode der Niedergeschlagenheit beibehält", dass das Manifest des Kongresses ein "Anzeichen dafür ist, dass die eine Periode abgeschlossen ist und eine andere sich eröffnete, eine Epoche, die die politische Arbeit ermöglicht".

 

Um die Debatte abzuschließen, wurden dem Kongress drei Anträge unterbreitet:

 

·          Vercesis Antrag: Er erklärte im Wesentlichen, dass der Kongress anerkennen müsse, dass "der Prozess der Umwandlung der Fraktion in die Partei dasselbe ist wie die Umwandlung der aktuellen reaktionären Situation in eine neue revolutionäre Situation". Doch paradoxerweise wurde im Antrag Vercesis hinzugefügt, dass "jeder Moment der aktuellen Situation ein Moment gegen unsere unvermeidliche Umwandlung in die Partei ist".

 

·          der Antrag von Jacobs, Pieri, Bianco: Darin wurde festgehalten: "Einzig im Laufe des Krieges, in einer Situation, welche die Perspektive revolutionärer Bewegungen in sich birgt, kann die Fraktion Positionen einnehmen, die direkt auf die Umwandlung in die Partei ausgerichtet sind".

 

·          der Antrag von Candiani, Gatto Mammone, Piero: "Der Kongress erkennt an (...), dass er sich nicht länger als Fraktion einer Partei bezeichnen kann, die definitiv zu den Reihen des Feindes übergetreten ist, und beschließt die Umbenennung in ‚Italienische Fraktion der Kommunistischen Linken‘".

 

Um eine Spaltung der Organisation zu vermeiden, zog Vercesi seine Resolution zugunsten des Antrages von Gatto, Piero und Candiani zurück, schlug jedoch folgende Abänderung vor:

 

"Der Kongress der Fraktion begreift den Prozess ihrer Umwandlung in die Partei als Triumph ihrer Positionen und ihrer Kader und erst nach dem Ausschluss aller sozialistischen, zentristischen und anderen Strömungen aus der Arbeiterklasse. Allein auf dieser Grundlage wird sie in die Klassenkonflikte und im Laufe des Krieges intervenieren können."

 

Diese Resolution wurde mit einer sehr dünnen Mehrheit von acht Delegierten gegen sieben angenommen. Doch auf diese Weise war nun die Bezeichnung der Fraktion abgeändert worden, was eine Antwort auf den Wunsch der Mehrheit der Militanten war. Gleichzeitig bekräftigte sie die Position der Italienischen Linken, dass die Partei nur in einer revolutionären Periode geboren werden könne, die nach ihrer Ansicht aus dem Krieg entsteht.

 

Wie wir später sehen werden, hatten sich die Differenzen alles andere als aufgelöst. Sie sollten in der Zeit vom Krieg in Spanien bis zum II. Weltkrieg immer wieder auftauchen und zu großen Spaltungen führen.

 

Im Grunde verstand die Minderheit des Kongresses - die 1935 vermutlich die Mehrheit der Organisation darstellte – nicht, dass die historische Periode, welche zwischen 1927 und 1933 eröffnet worden war, eine Periode des breiten Rückflusses war. Sehr dynamisch, oft ungeduldig und voluntaristisch (einige ihrer bekanntesten Mitglieder kamen aus dem "Réveille communiste"), dachten sie, dass es eine Perspektive sich ausbreitender Klassenkämpfe mit revolutionärem Inhalt gebe. Obwohl sie die Analyse der Fraktion unterschrieben hatten, nahmen sie nicht wirklich  die Unabwendbarkeit des Krieges wahr. Es war diese Minderheit, die sich Ende 1936 abspaltete, nachdem sie den Milizen der POUM gedient hatte, um schließlich in der Union Communiste zu enden.

 

Die Mehrheit des Kongresses war dagegen sehr viel vorsichtiger. Sie ging davon aus, dass der konterrevolutionäre Kurs nur durch den Krieg abgebrochen werden könne. Weniger "interventionistisch" und zweifellos ein gewisses nach innen gekehrtes Verhalten an den Tag legend, glaubte sie, dass die vorrangige Aufgabe darin bestünde, eine Bilanz der revolutionären Periode, die von der Russischen Revolution eröffnet worden war, zu erstellen, um sich auf die Zukunft vorzubereiten.

 

Der Werdegang der Italienischen Fraktion, besonders nach 1937, zeigt, dass sich die zwei Tendenzen oft miteinander vermischten. Die eine betrachtete den Krieg in Spanien als den Eröffnungsakt der Weltrevolution, die andere sah in den "lokalen Kriegen" einen Ausdruck der sich zuspitzenden Konflikte zwischen Bourgeoisie und Proletariat, welche zur proletarischen Revolution führen.

 

Dennoch bekräftigte der Kongress der Fraktion deutlich, dass der Krieg die einzige Perspektive sei. Der italienisch-äthiopische Konflikt stellte eine entscheidende Etappe auf dem Weg zum weltweiten Großbrand dar. Dieser Krieg war der einzige Ausweg für einen geschwächten Kapitalismus, der buchstäblich am Ende seiner Kräfte und zu jedem Abenteuer bereit war. Doch für “Bilan” spiegelte Italiens Eintritt in den Krieg nur die Lage des Weltkapitalismus in seiner Gesamtheit wider.

 

Obwohl die Fraktion trotz der Streiks in Belgien, Frankreich, England und Amerika kein Zeichen eines revolutionären Wiederaufschwungs erkannte und obwohl sie erkannte, dass Hoffnungslosigkeit in der Klasse herrschte, machte sie dennoch im Falle Italiens eine Ausnahme. Der “kranke Mann Europas” habe das Proletariat zwar physisch, aber nicht ideologisch niedergeschlagen. Der Bericht, der von Jacobs auf dem Kongress vorgetragen wurde, sah in der Existenz der Fraktion, der einzigen Organisation, die kompromisslos revolutionäre Positionen vertrete, ein unbestreitbares Anzeichen des Klassenbewusstseins in der italienischen Arbeiterklasse: "Die Tatsache, dass die linke Fraktion im Moment isoliert ist - so wie die Bolschewiki in der Vorkriegszeit -, könnte anzeigen, dass die Bedingungen für eine revolutionäre Reifung heute lediglich in Italien existieren."

 

Die Aufgabe der Fraktion war dennoch mit einer schweren Verantwortung für die Zukunft belastet, da "dieses Element von Bewusstsein vollständig von der Fähigkeit oder Unfähigkeit des marxistischen Kerns des Proletariats abhängt,  sich nach der historischen Lage der Arbeiterklasse zu richten." ( “Bilan” Nr. 17, April 1935, "Projet de résolution sur les problèmes de la fraction de gauche, soumis à la discussion") Doch als es 1943 Aufruhr unter den italienischen Arbeitern gab, war die linke Fraktion nicht zur Stelle.

 

Die isolierte Fraktion

 

In der Tat konnte es für die Italienische Fraktion der Kommunistischen Linken bis zum Krieg, und besonders zwischen 1933 und 1936 keinen Zweifel an ihrer tragischen Isolation geben. Diese zermürbende Periode, in der jede Niederlage von den verschiedenen Parteien, welche die Arbeiterklasse beeinflussten, als ein Sieg dargestellt wurde, führte Stück für Stück zu einem Bruch oder zumindest zu einem Nachlassen der Kontakte mit dem Arbeitermilieu und auch mit dem ohnehin schwachen revolutionären Milieu.  

 

 

Die Italienische Fraktion schien ihre Mitgliederzahl, die 1936 wahrscheinlich 60 bis 70 Militante betrug, aufrechterhalten zu haben. Auch wenn einige von ihnen die Fraktion verlassen hatten, traten andere - aus der Union Communiste kommend – der Fraktion bei und weigerten sich, jegliche Position, die nach Antifaschismus oder einer “kritischen Unterstützung” der Volksfront roch,  zu unterstützen.

 

Auf der Mehrzahl der Genossen, von denen die überwiegende Mehrheit Arbeiter waren, lasteten große materielle Schwierigkeiten. Die Arbeitslosigkeit drückte immer schwerer auf ihre ohnehin schon mäßigen Lebensbedingungen. Die Ausweisung aus Belgien und vor allem aus Frankreich war gemeinsames Los dieser italienischen Emigranten. In Belgien konnte der bloße Besitz der "Prometeo" dazu führen, immer und immer wieder durchsucht zu werden. Allein die guten Beziehungen von Vercesi zu den sozialistischen Führern konnten in geringem Maße die bekanntesten "bordigistischen" Arbeiter vor den drastischsten polizeilichen Maßnahmen beschützen. (4)

 

Wenn sie nicht gerade unter der Überwachung durch die örtliche Polizei standen, wurden sie von der italienischen OVRA beobachtet, die auch in Paris und Brüssel präsent war und die Mitglieder der Italienischen Fraktion lebhaft ausspionierte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass in Brüssel die Aktivitäten der Fraktion unter ständiger Beobachtung eines Spions standen, der sogar bis zu den Sektionstreffen vordrang. (5)

 

Noch über der OVRA stand die russische GPU. Die Spezialwaffe der GPU war Ersilio Ambrogi, ein alter Militanter der Italienischen Linken. 1932, von Berlin nach Moskau zurückgekehrt, kapitulierte er rasch. Seine frühere Funktion als Leiter einer Abteilung der GPU erleichterte es diesem Polizeiorgan, ihn in den Klauen zu halten. Drohungen, seinen Sohn und seine Ehefrau zu deportieren, taten den Rest. Aus der KP Russlands ausgeschlossen, ersuchte er 1932 um eine Wiederaufnahme. In einem an die Kontrollkommission der Partei gerichteten Brief behauptete er, dass ihn "die Erfahrung der unbestrittenen Erfolge, die erreicht wurden, des gigantischen Fortschritts in der Industrialisierung der Landwirtschaft, der Kontrolle über das Land, die auf diese Weise abgesichert wird, der Tendenz der Klassen zu verschwinden", dazu gedrängt habe, die Situation neu zu überprüfen. Dieser Brief wurde selbstverständlich unter Zwang geschrieben. Der "Fortschritt" der stalinistischen Landwirtschaft könnten einen zum Lachen bringen, wüsste man nicht, dass Ambrogi wie auch andere nach Russland exilierten Militante dazu verleitet wurden, zu kapitulieren und ihre tiefsten Überzeugungen zu verleugnen. In einem letzten Aufbäumen zog er – mit einem doppeldeutigen Ausdruck – den Schluss, dass er "nicht die Absicht habe, die Verantwortung vergangener fraktioneller Aktivitäten abzulehnen". Den Bezug, den er zum II. Kongress der Kommunistischen Internationale und zu den 21 Aufnahmebedingungen herstellte, für die die stalinistische Komintern "eine verstärkte Kampagne für deren Anwendung" unternahm, war ähnlicher Art (siehe “Bilan” Nr. 6, April 1934, "Maximo rejoint le front de la contre-révolution centriste").

 

“Bilan” nahm zur Kenntnis, dass "Maximo die Zweideutigkeit, welche seit zwei Jahren bestanden hat, nun durch eine totale Verleugnung der Positionen der Linken beseitigt hat".

 

Zwei Jahre später nahm Ambrogi, ohne Zweifel mit dem Einverständnis der GPU, Kontakt mit dem italienischen Konsulat in Moskau auf. Er erhielt die Genehmigung, nach Belgien einzureisen. Seine Dokumente ließ er auf diplomatischem Weg übermitteln. Im Wissen, dass er ein Doppelagent war, verweigerte die Fraktion jeden Kontakt mit ihm. Ambrogi wurde sowohl von der GPU als auch von der OVRA überwacht. 1940 schrieb er in einer belgischen Zeitung einen Artikel, der den Faschismus preiste. 1942, nach seiner Rückkehr nach Italien, wurde er freigesprochen, um bald darauf aber nach Deutschland deportiert zu werden. 1956 wurde er Mitglied der KPI. (6)

 

Dieser Werdegang ist nicht zufällig. Er war geradezu symbolisch. Ambrogi spiegelte die Erdrosselung der revolutionären Epoche der 20er Jahre wider; eine Epoche, welche das kleine revolutionäre Milieu schwächte. Statt Loyalität gegenüber den revolutionären Positionen der Vergangenheit war die Desertion, wenn nicht der Verrat die Regel. Im Oktober 1934 wandte sich “Bilan” an ihre Leser, um die schmerzliche Tatsache zu offenbaren:

 

 "Unsere Isolation steht also in Proportion zum Debakel an der ganzen proletarischen Front. Die einen wollen um jeden Preis diesen degenerierten Staat vor einem endgültigen Zerfall retten und werden deshalb zu Verbündeten der Sozialdemokratie, die anderen verlassen das Terrain des Kampfes und versinken in der Gleichgültigkeit." (Nr. 12, Oktober 1934).      

 

Im selben Maße, wie sich die UdSSR und die KP’s in die Kriegsvorbereitungen einordneten, wurde die Lage für die Italienische Fraktion schwieriger. Sie litt nicht nur unter der Repression der "demokratischen" oder "faschistischen" Polizei, sondern auch unter jener der KP’s (7). In Russland verschwand ein Militanter der Italienischen Linken - trotz der Kampagne der Fraktion für seine Freilassung - in einem Konzentrationslager (8). In Ländern wie Frankreich und Belgien wurden die italienischen Genossen auf Versammlungen und Demonstrationen von der PCI, der PCF und der PCB als "Bordigo-Faschisten" denunziert und waren oft der physischen Gewalt, ja den Todesdrohungen durch stalinistische Greifkommandos ausgesetzt.

 

Einen Einfluss in den "Massenorganisationen" zu erlangen wurde unmöglich. Die Genossen, mehrheitlich zwischen 1926 und 1929 aus der KPI ausgeschlossen, wurden gleichzeitig auch aus den Gewerkschaften hinausgeworfen. So zum Beispiel Bruno Proserpio (bekannt als "Milanese"), ein Mitglied der Fraktion in Marchienne-au-pont (Belgien), 1929 aus der KPI und der Gewerkschaft ausgeschlossen. Als politische Flüchtlinge, oft in der Illegalität und permanent von der Ausweisung bedroht, versuchten die Genossen Unterstützung bei den Sektionen der "Roten Hilfe" zu finden. Nachdem "Milanese" 1930 aus Luxemburg ausgewiesen worden war, konnte er dank dieser Organisation nach Frankreich einreisen. Jedoch wurden die Mitglieder der Fraktion sehr bald von dieser Hilfe ausgeschlossen, obwohl die "Rote Hilfe" behauptete, für alle Arbeiter offen zu sein, die Opfer der Repression sind. Unter der Kontrolle der stalinistischen Komintern wollte sie nur diejenigen verteidigen und ihnen materiell helfen, welche sich den Direktiven der KP’s unterwarfen. (9)

 

Diese politische (nicht physische) Isolierung der Fraktion gegenüber der Arbeiterklasse manifestierte sich am auffälligsten im Fehlen jeglicher Verbindungen zur proletarischen Jugend. Die "Flamme der Revolution", wie Liebknecht sie nannte, wurde schmerzlich in den Reihen der Fraktion vermisst. Die Mehrheit der Genossen war zwischen 30 und 50 Jahre alt. Es strömte kein frisches Blut in ihre Reihen, so wie in der revolutionären Periode von 1917 bis 1923 (10).

 

Die Gleichgültigkeit der Arbeiterjugend gegenüber revolutionären Aktivitäten – die manchmal eine feindschaftliche Form gegenüber den alten Revolutionären annahm, die "zu Objekten der Verachtung der jungen Arbeiter und oftmals Opfer ihrer fanatischen Blindheit wurden" (11) - war ebenfalls ein Produkt der konterrevolutionären Periode. Die Jugend war sich selbst überlassen und wirkte bei der Verbreitung von antiproletarischen Ideen und Illusionen mit:

 

 

"Durch den Impuls des Oktobers 1917 strahlte die Arbeiterjugend weltweit die Hoffnungen aus, die dieser großen Sieg des Weltproletariats ausgelöst hatte. Als das Proletariat bald darauf erste Niederlagen erlitt, neigte die Jugend dazu, sich in sich selbst zu kehren. Und als Niederlage auf Niederlage folgte, als die daraus resultierenden Spaltungen sich vervielfältigten, die Dauer und das Ausmaß der Krise die Reihen der Arbeiter lichtete, wurde die Jugend zuerst von Zweifeln, dann von Gleichgültigkeit ergriffen und schließlich völlig desorientiert. Sie erlag der vorherrschenden Atmosphäre der Aktion um der Aktion willen, mit der die konterrevolutionären Organisationen hausieren gingen.

 

Sich selbst überlassen, allein gelassen angesichts einer ungeheuer komplexen Situation, ungübt in theoretischer Arbeit und fieberhaft nach einer Beschäftigung suchend, die es ihr ermöglichen würde zu vergessen, wurde die Jugend leicht ein Element bei der Beschleunigung, der Reifung und des Triumphes der Ziele der Kapitalistenklasse." (“Bilan” Nr. 12, Oktober 1934, "Le problème de la jeunesse, par Hilden")

 

In einer solchen Situation war es verständlich, dass einige der Fraktion nahe stehende Genossen sich der Hoffnungslosigkeit ergaben und zu unüberlegten Handlungen schritten. So im Fall von Beiso, einem früheren PCI-Militanten, der für ihre Aktivitäten in Frankreich verantwortlich gewesen war. Er wurde von der Partei als Agent provocateur beschuldigt. Da er die Politik Stalins, der den gefeierten Pakt mit Laval unterzeichnet hatte, angefeindet hatte und Sympathisant "bordigistischer" Positionen geworden war, wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Aufgebracht durch die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen, erschoss er im August 1935 den Führer der KPI in Paris, Montanari. Zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, wurde er nur von der Fraktion verteidigt; die Trotzkisten solidarisierten sich nicht mit ihm. 

 

  Eine solche Tat zeigt, welchem Druck und welchen Feindseligkeiten Genossen ausgesetzt waren, die sich weigerten, mit der Strömung zu schwimmen. Die Schwächsten antworteten auf ihre Isolation oftmals mit Verzweiflungstaten.

 

Die Fraktion war sich dieser dramatischen und erdrückenden Situation vollkommen bewusst und versuchte erst gar nicht, diese Tatsache zu verbergen. Ihre Isolation war der Preis, den sie zu bezahlen hatte, weil sie ihre Positionen nicht verleugnete. Ihre Aktivitäten beschränkten sich auf Propaganda innerhalb eines zunehmend eingeschränkten Milieus:

 

"Es ist klar, dass wir in der gegenwärtigen Situation nur unsere politischen Positionen verteidigen können, ohne dass das Proletariat die Möglichkeit hätte, sie umzusetzen. Dies bedeutet nicht, dass unsere Positionen falsch sind, sondern vielmehr, dass es notwendig ist, die Massen von den zersetzenden kapitalistischen Einflüssen wegzureißen (...) wenn es eine Chance gibt, die Massaker eines neuen Krieges zu verhindern und einen neuen Aufstand zu entfesseln, dann liegt sie in der strikten Bewahrung der prinzipiellen Positionen des Kommunismus, denen die Vorhut folgen muss, um sich erfolgreich breiten Bewegungen von Kämpfen anzuschließen." (“Bilan” Nr. 12, Oktober 1934, "Le problème de la Sarre: Non! Non! Non!")

 

Rückzug, Verrat, die feindselige Stimmung in der Arbeiterklasse, welche schwer auf der Fraktion lasteten, konnten die besten der durch die Revolution und die Repression abgehärteten Mitglieder nicht beirren. Obwohl die Fraktion aus Arbeitern bestand, war sie nicht arbeitertümlerisch. Sie war durch ihre Vergangenheit sowie durch ihren theoretischen Rahmen genügend gefestigt. Für die Zukunft und nicht für die unmittelbare Gegenwart arbeitend, ging die Fraktion davon aus, dass - wie im russischen Beispiel - allein der Krieg und die von ihm provozierte Revolution sie aus der Dunkelheit hervorholen könne. Weit davon entfernt, Aktionen der Arbeiter zu schmeicheln, die nur einen weiteren Rückzug, eine weitere Prozession hinter der Trikolore und weitere Ausdrücke des antideutschen Chauvinismus bewirkten, fuhr die Fraktion damit fort, die Ereignisse kritisch zu analysieren. "Die Wiederherrstellung der Arbeiterklasse, die von der Bourgeoisie in die Auflösung getrieben wurde”, könne nur durch die revolutionäre Machtergreifung kommen.

 

Die Fraktion sah diese Wiederaufnahme des Kampfes durch die revolutionäre Klasse vor allem auf dem ökonomischen Terrain, im defensiven Generalstreik "gegen die Lohnsenkungen und die Angriffe auf die Errungenschaften der Arbeiter". Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Generalstreik nicht von den "Volksfront"-Regierungen benutzt wurde, die sich unweigerlich gegen das Proletariat stellten. Das Scheitern der Streiks in Österreich 1934 und die Isolierung und Entstellung der Streiks in Belgien und Frankreich im Jahre 1936 schien der Fraktion der krönende Schlusspunkt des kapitalistischen Triumphmarsches zu sein.

 

 Eine entscheidende Rolle spielte daher die politische Schulung der Arbeitermilitanten durch die Ausweitung des Einflusses der Fraktion im kleinen revolutionären Milieu. Weit davon entfernt, die eigene Isolation zu theoretisieren, widmete sich “Bilan” der Diskussion und Konfrontation ihrer Positionen mit anderen politischen Gruppen, welche sich außerhalb des Stalinismus und der Sozialdemokratie befanden. Solche Gruppen mussten eine Menge politischer Klarheit und einen wirklichen Willen an den Tag legen, um sich der Diskussion über eine Arbeitsgemeinschaft mit der Italienischen Fraktion zu stellen.

 

Die Diskussionen mit Union Communiste

 

 1933 war es jedoch weniger die Italienische Linke, die die revolutionären Militanten polarisieren sollte, als vielmehr die Opposition, der es sogar gelang, eine Spaltung zwischen zwei Mitgliedern der Pariser Sektion zu provozieren: Mathieu (tatsächlicher Name Severino) und Gandi (Compegni), der ein kurzlebiges Bulletin (drei Ausgaben) veröffentlichte: “Pour la Renaissance Communiste”. Diese Spaltung fand anlässlich der Definition Russlands als staatskapitalistisch statt. Die Umgruppierung, die rund um Union Communiste stattfand, schien ihnen ein weiteres Interventionsfeld zu bieten. Ihre Versuche, ihre Positionen mit in diese neue Organisation zu nehmen, scheiterten, und die beiden genannten Mitglieder zogen sich aus dem politischen Leben zurück.

 

Im Jahr 1933, dem Jahr der Niederlage in Deutschland, gab es eine Menge Abspaltungen vom Trotzkismus. Angesichts Trotzkis Versuche, eine IV. Internationale auszurufen (13) und durch die Praxis des “Entrismus” mit der Linkssozialdemokratie und schließlich auch mit dem rechten Flügel der Sozialdemokratie zusammenzuarbeiten, spaltete sich die halbe französische Communist League ab. 35 Militante traten der ersten Union Communiste bei, die von Chaze und dem XV. Rayon (Courbevoie, Nanterre) zusammen mit Bagnolets Opposition gebildet wurde. Diese Gruppe, die bis zum Krieg existierte, wurde numerisch zur wichtigsten Gruppierung und hatte mehr Mitglieder als die Italienische Linke und die kleine trotzkistische Gruppe, die durch die Abspaltung auf eine Handvoll Mitglieder reduziert wurde. (14)

 

Auch wenn die Fraktion mündlich auf den Sammlungstreffen intervenierte, blieb der Kontakt zwischen den beiden Organisationen sehr schwierig. In ihren ersten Ausgaben war Union Communiste kaum vom Trotzkismus zu unterscheiden, außer darin, dass sie dessen Eile kritisierte, eine IV. Internationale zu bilden. Wie Trotzki kritisierte sie die SP und die KP, weil diese die Einheitsfront gegen den Faschismus nicht wahr gemacht hätten. Während der Ereignisse vom Februar 1934 rief sie zu Arbeitermilizen auf und warf den beiden Parteien vor, nichts unternommen zu haben, um den Faschismus zu bekämpfen. Im April 1934 bemerkte sie befriedigt, dass die sozialistische Linke “ein revolutionäres Verhalten annimmt”. Bezüglich der Demokratie behauptete das Organ der Union Communiste, “Internationale”, in der Nummer 3, dass es für die Verteidigung der bedrohten bürgerlichen Freiheiten und für eine eingeschränkte Verteidigung der bürgerlichen Demokratie sei. 1935, zurzeit des Stalin-Laval-Paktes, stellte sie einen Kontakt zu Revolution Proletarienne, einigen pazifistischen und den trotzkistischen Gruppen her, um diese dazu aufzurufen, zu einem neuen Zimmerwald zusammenzukommen. 1936 beteiligte sie sich in beratender Funktion an der Schaffung der neuen trotzkistischen Partei (Parti Ouvriere Internationaliste).

 

Dies änderte sich, als Union Communiste begann, den Antifaschismus zu hinterfragen und der Volksfront jegliche Unterstützung zu versagen, die sie nun als ideales Instrument der Bourgeoisie bezeichnete.

 

Auch gab es in der Gruppe eine rasche Entwicklung in der Frage Russlands, die von Chaze-Lasterade angeregt worden war. Sie lehnte jegliche Verteidigung der UdSSR ab und prangerte die “russische Bürokratie” als neue Bourgeoisie an.

 

Die Italienische Fraktion verfolgte die Entwicklungen bei Union Communiste mit einer großen Portion Misstrauen. Die Abspaltungen, die in Union Communiste in Richtung Linkssozialdemokratie stattfanden, ihr Aktivismus in den Komitees gegen die “Heilige Union”, in Fronten, die Anarchisten und Trotzkisten innerhalb der Techniker-Föderationen umfassten und in denen Chaze aktiv war – nichts von dem schien für “Bilan” ermutigend zu sein. Letztere bemerkte, dass “... die Union endlos zu einem ‚Zusammenkommen‘, Symbol der Konfusion und Mystifikation, aufgerufen hat”, und fragte, ob die UC “die Zickzacks und Schwankungen beenden” wolle. 1936 zog “Bilan” den Schluss, dass es keine Möglichkeit einer Zusammenarbeit gebe, auch wenn es möglich sei, mit der Gruppe Internationale zu diskutieren:

 

“... zurzeit sehen wir keine Möglichkeit, eine ernsthafte gemeinsame Arbeit mit der Union zu bewerkstelligen. Wir sind und bleiben völlig bereit, mit ihr zu diskutieren, so dass die Genossen der Union und auch unsere Genossen etwas Klarheit aus solchen Polemiken ziehen können.” (“Bilan”, Nr. 29, März – April 1936, “L’ecrasement du proletariat francais et ses enseignments internationaux”, Bericht für die Diskussion von Jacobs)

 

Auch UC war misstrauisch gegenüber “Bilan”. “Internationale” erblickte im Verhalten der Fraktion den Ausdruck eines Stolzes, den unersetzlichen Messianismus der italienischen Immigranten:

 

“... die Bordigisten sehen sich selbst im Grunde als prädestiniert, um zum Kern der künftigen internationalen Organisation zu werden, nur weil sie Italiener und somit gewappnet sind mit einer unübertroffenen Erfahrung sowie mit einem politisch-doktrinären Rahmen.” (“Bulletin d’Informations et de Liaisons”, Nr. 2, November 1935)

 

Genauso schwierig waren die Beziehungen zu den amerikanischen Gruppen, die sich vom offiziellen Trotzkismus entfernt hatten.

 

Die Communist League of Struggle

 

Die erste Gruppe,  die Communist League of Struggle, tauchte nach einer Spaltung der Gruppe Cannon, die den offiziellen Trotzkismus vertrat, im Jahre 1931 auf. Diese von Vera Bush und Weisbrod angeführte Gruppe nahm mit allen gegen Trotzki opponierenden Gruppen Kontakt auf, um eine "linkskommunistische" internationale Organisation zu gründen. Sie kontaktierte die Föderation in New York und schickte sogar Delegierte nach Europa, die sowohl mit der Italienischen Linken als auch mit der UC diskutierten. 1935 schlug sie “Bilan” eine internationale Konferenz vor, an der die Fraktion nicht teilnehmen wollte. Die "Communist League of Struggle" warf den "Bordigisten" vor, sich selbst zu isolieren:

 

"Indem sie jegliche Art einer Assoziation mit anderen Gruppen ablehnt, ist die Italienische Fraktion zu einem Leben in der Isolation verdammt, abgeschnitten nicht nur von den Aktivitäten anderer Oppositionsgruppen, sogar von solchen, die euch in verschiedenen Hinsichten ziemlich nahe stehen, sondern darüber hinaus von den Aktivitäten der Arbeiterklasse, sofern sich diese Aktivitäten in ihren politischen Organisationen manifestieren." (Vera Bush, in: “Bilan”, Nr. 26, Dezember 1935)

 

Tatsächlich waren die Divergenzen beträchtlich. Die Communist League verteidigte das Regime des Negus während des italienisch-äthiopischen Krieges im Namen des "nationalen Befreiungskampfes". Indem sie die UdSSR unterstützte, griff sie die Thesen Trotzkis über die "permanente Revolution" wieder auf, die die Möglichkeit bürgerlicher Revolutionen in Aussicht stellte, welche von Russland unterstützt wurden, einem Land, in dem die Wirtschaft “sozialistisch” und “proletarisch” in Form und Inhalt sei.

 

Die Italienische Linke lehnte zwar die Diskussion und Polemik nicht ab, verwarf jedoch jeglichen voluntaristischen Versuch, internationale Oppositionen oder Allianzen zu bilden, die darauf abzielten, willkürlich eine neue Internationale zu proklamieren. Die Erfahrung aus ihrer Arbeit mit der Internationalen Linksopposition überzeugte sie, dass solche Methoden nur zu Verwirrung führen konnten, solange die neuen Fragen, die sich aus der russischen und deutschen Niederlage ergeben, nicht geklärt und bis zu den Wurzeln vertieft worden waren:

 

"Wir weigern uns kategorisch, in einer Initiative zur Bildung einer internationalen Organisation mitzuarbeiten, wenn wir nicht gegen eine Wiederholung der zahllosen verwirrten Unternehmungen abgesichert sind, die die kommunistische Bewegung in den letzten Jahren angesteckt haben.

 

Trotz unserer Weigerung, an einer solchen Konferenz teilzunehmen, und solange ihr euren prinzipientreuen Kampf gegen die beiden Internationalen und gegen alle Strömungen fortsetzt, die mit ihnen verbunden sind (selbst die Linksextremen des Trotzkismus), betrachten wir eine Polemik zur Klärung zwischen unseren zwei Organisationen über die Probleme, die sich dem Proletariat stellen, als sehr nützlich." ("Réponse de la F.I.G.C.", Jacobs, “Bilan” Nr. 26)

 

Die Revolutionary Workers‘ League und Oehler

 

Die zweite Gruppe, einer von Hugo Oehler (daher die Benennung "Oehlerismus", die ihr von Trotzki verliehen wurde) 1935 gegründeten Abspaltung von der trotzkistischen Workers Party, nannte sich Revolutionary Workers League. Sie veröffentlichte die Zeitschrift "Fighting Workers" und erklärte sich zur Anhängerin der IV. Internationale. In aktivistischer Manier stellte sie 1936 einen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen auf. Sie trat für die Verteidigung der UdSSR ein, wo die "Diktatur des Proletariats weiter Bestand hat". Ihre Position zu Russland war sehr widersprüchlich. Sie definierte dieses Land als bürgerlich: "In den Händen der Stalinisten wird der Staat durch eine industrielle, politische Bürokratie gebildet, die die Massen in ihrem eigenen und im Interesse der Weltbourgeoisie unterdrückt." Diese Position stand jener von “Bilan” ziemlich nahe, aber die logische Schlussfolgerung, die die Italienische Linke daraus zog, war, dass die UdSSR nicht verteidigt werden dürfe.

 

Beide Organisationen hatten auch in anderen Punkten unterschiedliche Positionen, wie zum “fortschrittlichen” Charakter der nationalen Befreiungskämpfe, zu den demokratischen Losungen und zum Antifaschismus.

 

 

Eine andere, den ersten beiden nahestehende Gruppe, die vom Ökonomen Field angeführte "League for a Revolutionary Workers Party", war sehr arbeitertümlerisch und wollte sofort, ohne vorherige Diskussion über Absichten und Prinzipien, eine Partei schaffen.

 

Alle Diskussionen in New York zwischen der Italienischen Fraktion und diesen drei Gruppen waren Misserfolge. Die Ereignisse in Spanien (s.u.) führten zu einem totalen Bruch dieser Gruppen mit der "bordigistischen" Strömung.

 

Die Italienische Fraktion warf diesen Gruppen weniger ihre politischen Positionen als ihre zusammenhangslose Haltung vor. Die Italienische Linke war keine Organisation, die Positionen plötzlich und auf konfuseste Weise veränderte. Sie änderte ihre Positionen erst nach einem langsamen, aber zielstrebigen Diskussionsprozess.

 

Für die Fraktion war eine kommunistische Organisation eine zu ernsthafte Angelegenheit, als dass man sie 180º-Kehrtwenden ausgesetzt hätte. Sie hatte ein zu starkes Verantwortungsgefühl – eine Erbschaft aus der Zeit, als sie die Führung der PCI stellte -, um die Organisation durch Aktionen oder Positionen zu kompromittieren, die sie selbst als voreilig beurteilt hat.

 

Doch vor allem war sie, abgesehen vielleicht von einem Teil der deutsch-holländischen Linken und der Gruppe um Mattick in den USA, praktisch die einzige Organisation, welche die durch den Sieg des Nazismus in Deutschland eingeleitete Periode als konterrevolutionär einschätzte. In solch einer Periode ging es darum, Widerstand gegen den Kurs zum Krieg zu leisten, und nicht darum, zu einer voreiligen Neugruppierung zu hasten. Sie sah die politische Konfusion, die die Gruppen charakterisierte, die auftauchten und rasch als Ausdruck der allgemeinen Unreife der revolutionären Bewegung wieder verschwanden, welche einen hohen Tribut an die konterrevolutionäre Atmosphäre entrichtete. Sie erkannte die Bedeutung, ihre eigene Stärke zu bewahren. Nicht dass sie Diskussionen und Polemik ablehnte. "Prometeo" und “Bilan” waren voller Polemiken und Diskussionstexte mit allen Gruppen links vom Trotzkismus, die sich auf die Basis der III. Internationale stellten. Doch sie erkannte, dass ihre erste Aufgabe die theoretische Klärung war, um ohne Gefahr im politischen Milieu intervenieren zu können und ihre zukünftigen Aufgaben als Partei bei einer Wiederbelebung der revolutionären Bewegung, die weit entfernt war, vorzubereiten.

 

Der endgültige Bruch mit dem Trotzkismus

 

1934 war der Bruch mit dem Trotzkismus vollkommen. Trotzki proklamierte die Notwendigkeit einer IV. Internationale, da er an baldige revolutionäre Aufwallungen glaubte. Während der Ereignisse im Mai 1936 erklärte er, dass "die französische Revolution begonnen" habe; dieselbe Haltung nahm er während des Krieges in Spanien sowie des chinesisch-japanischen Krieges 1937 ein, wobei für ihn die "nationale Befreiung" Chinas nicht das Vorspiel des Weltkrieges, sondern den Prolog zur "chinesischen Revolution" darstellte.

 

Zu Beginn unterschied “Bilan” sorgfältig zwischen Trotzki und der trotzkistischen Bewegung, die sie als die falschen Freunde des illustren Führers der Roten Armee und der Komintern betrachtete. Noch als Trotzki im April 1934 aus Frankreich verjagt wurde, sah die Revue der Fraktion in ihm "das leuchtende Beispiel für revolutionären Mut" und forderte, dass "dem alten kommunistischen Chef die Rückkehr nach Russland erlaubt wird, damit er dort seinen Kampf für die Weltrevolution fortsetzen kann" (“Bilan”, Nr. 6, "La bourgeoisie française expulse Léon Trotsky"). Einige Monate später, als sich der "alte kommunistische Führer" für den Eintritt der "bolschewistisch-leninistischen" Gruppen in den SFIO in Frankreich und in den POB in Belgien entschieden hatte, änderte “Bilan” ihr Urteil und machte fortan keinen Unterschied mehr zwischen dem Führer und seinen Schülern:

 

"Trotzki hat uns schnell enttäuscht. Gegenwärtig ist sein Stern am Verglühen und man fragt sich, ob es sich um einen endgültigen Sturz oder aber um eine Finsternis handelt, die mit den Ereignissen von morgen verschwinden wird. Auf jeden Fall muss man in der gegenwärtigen Situation einen gnadenlosen Kampf gegen ihn und seine Anhänger führen, die den Rubikon überschritten und sich erneut der Sozialdemokratie angeschlossen haben." (“Bilan”, Nr. 11, September 1934, "Les bolcheviks-léninistes entrent dans la SFIO")

 

Die Italienische Linke hatte vom Bolschewismus gelernt, dass die Sozialdemokratie mit der Verteidigung des Krieges und des "bedrohten Vaterlandes" im I. Weltkrieg endgültig Verrat begangen hatte und dass dieser Verrat unwiderruflich war. Sie erklärte daher, dass der Eintritt der Trotzkisten in den SFIO ihr Verschwinden als revolutionäre Strömung  "in die Internationale der Verräter und der Renegaten" bedeutete. So sei die IV. Internationale eine "Totgeburt", die "den Weg der Massen und die Krise der Revolution umgehen und sich die Geschichte zurechtfeilen wollte, damit diese ihren verzweifelten Wünschen entsprach". Die Konsequenz war ein gnadenloser Kampf gegen Trotzki, den in den Sumpf gestürzten "großen Adler", und die "Bolschewiki-Leninisten", die "zwischen den Kräften des Feindes Platz nehmen und die es gilt wegzufegen, um neue proletarische Organismen zu bilden" (“Bilan”, Nr. 10, August 1934, "De l'Internationale deux et trois quart à la Deuxième Internationale").

 

Erste Arbeitsgemeinschaft mit der belgischen Ligue des Communistes Internationalistes

 

Bis 1936/37 stand nur die Ligue des Communistes Internationalistes (LCI) aus Belgien in engem Kontakt mit der Italienischen Fraktion.

 

Wie wir gesehen haben, war die LCI aus einer Spaltung mit der von Lesoil geführten Gruppe aus Charloi entstanden. Wirklich gegründet wurde sie 1932. Im Gegensatz zu "Prometeo" wollte sie ihre Arbeit auf die Bildung einer zweiten kommunistischen Partei orientieren und verwarf "den Vorschlag, sich selbst als interne Fraktion der offiziellen KP zu konstituieren, als gefährlich, da dies zu neuen bitteren Enttäuschungen über die Entwicklung des kommunistischen Einflusses in Belgien führen würde" ("Déclaration", November 1930). In Kontakt mit der Italienischen Fraktion in Belgien griff sie 1932 auf ihre ursprüngliche Idee einer Parteigründung zurück; sie war der Auffassung, dass die Aufgabe jedes Revolutionärs sei, "sich in Organisationen zusammenzuschließen, die vollständig unabhängig von den offiziellen kommunistischen Parteien für den Triumph des Kommunismus kämpfen" ("Le Communiste", Nr. 9, November 1932, "Comment l'Opposition s'est elle scindée?" von Hennaut).

 

In Bezug auf den Charakter des russischen Staates verfolgte sie mehr oder weniger dieselbe Spur wie Union Communiste. In ihrer Grundsatzerklärung vom Februar 1932 betrachtete sie sich selbst als "den besten Vollstrecker der bolschewistischen Doktrin, die in der Russischen Revolution vom Oktober 1917 triumphierte"; sie sah ihre Pflicht darin, "das sowjetische Regime gegen jeglichen imperialistischen Angriff zu verteidigen".

 

 

Ein oder zwei Jahre später definierte sie Russland als staatskapitalistisch und den Sowjetstaat als bürgerlich. Infolge ihrer Kontakte mit der holländischen Linke begann sie, mehr oder weniger "rätekommunistische" Positionen über den Charakter und die Rolle der Partei zu vertreten. Die Partei habe nicht die Aufgabe, die Macht zu ergreifen und ihre Diktatur zu errichten. Sie dachte, dass die vorrangige Rolle in der Revolution den Arbeiterräten zustehe. Diese Position führte zu einem Austausch von Texten zwischen der Fraktion und der LCI; dies wiederum trug maßgeblich zu einer Klärung der russischen Frage innerhalb der Italienischen Linken bei.

 

In den ständigen Debatten in Brüssel kamen die gleichen Meinungsunterschiede wie mit der Union Communiste ans Tageslicht. 1933 dachte die LCI, wie einst die UC, dass "sich die Anstrengungen der Linkskommunisten hauptsächlich auf die sozialdemokratische Reserve konzentrieren sollten"; sie fasste dabei die Möglichkeit einer Entstehung "revolutionärer Kerne innerhalb der unabhängigen sozialistischen Parteien unter dem unwiderstehlichen Druck der Massen" ins Auge.

 

Doch im Unterschied zur UC nahm die LCI an den Wahlen teil (15). Sie stellte sich schon 1928 und 1929 als Opposition zur Wahl. Später beteiligte sie sich nicht mehr direkt an den Wahlen, auch wenn sie sich 1932 für eine Stimmabgabe zugunsten des PCB aussprach, weil er "trotz allem die Idee der proletarischen Revolution darstellt". Dasselbe geschah 1935 anlässlich von Teilwahlen. 1936 sprach sich die LCI in ihrem "Bulletin" offiziell für eine Stimmabgabe zugunsten des POB aus, um nicht "das Aufkommen des Faschismus zu erleichtern". (Die belgischen Royalisten stellten zahlreiche Kandidaten in Verbindung mit den flämischen Nationalisten.)

 

Trotz des tiefen Grabens, der in gewisser Hinsicht sogar tiefer war als jener zwischen der Fraktion und der UC, pflegte die Italienische Linke den Kontakt mit der LCI und etablierte sogar eine "Arbeitsgemeinschaft" in der Form von gemeinsamen Versammlungen sowie von gelegentlichen gemeinsamen Interventionen. Laut “Bilan” 1935 (Nr. 22, August/September, "Projet de résolution sur les liaisons internationales", von Jacobs) war die Gruppe von Hennaut "die einzige Gruppierung, die eine programmatische Definition anstrebte, welche erforderlich ist, um dem belgischen Proletariat seine Klassenpartei zu geben".

 

Diese differenzierte Haltung gegenüber der LCI stützte sich auf die Bildung einer Minderheit innerhalb der League (die die Mehrheit in Brüssel stellte), die in allen wichtigen Fragen (Wahlen, Antifaschismus, russische Frage, Partei und Räte usw.) gegen Hennaut opponierte. Diese Minderheit, deren Hauptrepräsentant Mitchell war - der als Jéhan in den Bulletins der LCI signierte -, stimmte zutiefst mit der Italienischen Linken überein. Weder die Italienische Fraktion noch die Minderheit um Mitchell wollte eine Spaltung. In vollem Bewusstein ihrer Aufgabe, die Klärung der politischen Positionen, solange die Möglichkeit dazu bestand, strebten sie keinen unmittelbaren Erfolg an, der die Italienische Fraktion rein numerisch verstärkt hätte, jedoch ohne dass sich eine klare Trennung vollzogen hätte. Gleichzeitig war die Diskussion mit der Mehrheit um Hennaut noch nicht blockiert und hat gezeigt, dass sie der Entwicklung der Gruppe zu den Positionen der Italienischen Linken förderlich war. Vor allem die Offenheit der LCI gegenüber der Konfrontation von Ideen stellte einen viel günstigeren Boden dar als die UC, die stark von ihren trotzkistischen Wurzeln geprägt war.

 

Die Arbeitsgemeinschaft wurde fortgesetzt, solange es keine dramatischen Ereignisse gab, die die Orientierung der LCI ins Wanken gebracht hätten. Der Krieg in Spanien sollte jedoch eine ernsthafte Krise auslösen, die wiederum eine Entzweiung zwischen der LCI und der belgischen Fraktion bewirkte.

 

Was die holländische Linke betrifft, mit der die LCI in Kontakt stand, so waren die Beziehungen nur indirekt. Zweifelsohne gab es sprachliche Probleme sowie eine gewisse Unkenntnis der gegenseitigen Positionen. Die GIK, die die "Rätekorrespondenz" veröffentlichte, war mit der Gruppe um Mattick in Chicago und mit einigen dänischen Elementen liiert. Die in Holland seit den 20er Jahren isolierte Linke um Gorter und Pannekoek, Canne-Meijer und Appel unternahm wenig Anstrengungen, um mit der Italienischen Linken in Kontakt zu treten. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg gab es zwischen beiden Hauptströmungen der Kommunistischen Linken auf Vermittlung von Gauche Communiste de France einige Jahre lang Diskussionen und Polemiken. (16)

 

Darüber hinaus waren die Divergenzen sowohl in der Frage der Partei als auch in der Frage der Arbeiterräte sehr tief. Die Tatsache, dass die GIK in den 1935 veröffentlichten "Thesen über den Bolschewismus" die russische Revolution als bürgerlich definierte, vertieften die Kluft noch weiter. Dennoch erkannte die Italienische Fraktion, anders als die “bordigistische” Strömung nach 1945, die KAPD, schließlich auch ihre Nachfolgerin, die GIK, als eine revolutionäre proletarische Strömung an. Sie sprach keinen Bann gegen sie aus, wie es Bordiga in den 20er Jahren tat, als er Lenin nacheiferte und sie mit “infantile Linke” und “Anarchosyndikalisten” titulierte. Die Strömung der deutschen Linken war tatsächlich die erste linke Reaktion innerhalb der Komintern in Fragen der Volksfront, der Gewerkschaften, des Parlamentarismus und der russischen Innen- und Außenpolitik gewesen. Die Italienische Linke unterstrich diesen Punkt, während sie gleichzeitig auf der praktischen Unmöglichkeit beharrte, Arbeitsbeziehungen mit anderen Gruppen außer der LCI zu unterhalten:

 

"...Wir denken, dass der II. Kongress (...) nicht den Ausschluss der kommunistischen Internationalisten von Holland (die Tendenz um Gorter) sowie der Elemente der KAPD beinhaltet. Man muss sehen, dass diese Strömungen die erste Reaktion auf die Schwierigkeiten des russischen Staates darstellten, der ersten Erfahrung der proletarischen Verwaltung, sich durch ein System von durch die Internationale erarbeiteten Prinzipien mit dem Weltproletariat zu verbinden; dass ihr Ausschluss keine Lösung der Probleme brachte." (“Bilan”, Nr. 22,  "Projet de résolution sur les liaisons internationales", von Jacobs)

 

Die Italienische Fraktion war also nicht völlig isoliert; sie versuchte, einen ständigen Kontakt mit allen Gruppen links vom Trotzkismus aufrechtzuerhalten. Sie wies den Dialog nicht zurück; vielmehr brach dieser allmählich zusammen. In einer Periode der äußersten Konfusion der politischen Gruppen (von denen etliche nicht direkt aus der alten Arbeiterbewegung stammten), in einer Periode der Demoralisierung, dann der willkürlichen Hochstimmung, der angesichts des beschleunigten Abgleitens in den Krieg sogleich die Depression folgte - in solch einer Zeit war der Rückzug die Regel. Dies war der Preis, den die Italienische Linke für die Aufrechterhaltung ihrer eigenen Positionen zahlte. Für die Fraktion waren Prinzipien die Waffe der Revolution. In einer ungünstigen historischen Situation hatte sie nur die Wahl, mit dem Strom zu schwimmen, der die Menschheit in den Abgrund drängte, um aus ihrer Isolation auszubrechen und die Aufmerksamkeit der Massen zu erlangen, oder mit all ihrer bescheiden Kraft die Prinzipien zu verteidigen, auch wenn sie dafür Beschimpfungen und gar Hass von den Arbeitern sowie den politischen Strömungen erntete, die revolutionär zu sein behaupteten. Die Italienische Linke traf die schwierigere Wahl.

 

 

Fußnoten:

 

(1) Vereeken, Juli 1932, “Journees revolutionaires insurrectionelles et greve generale des mineurs”, 1932, Pamphlet.

 

(2) Viele Elemente der Krise können Sternberg, “Der Jahrhundertkonflikt” entnommen werden.

 

(3) “Fascisme, Democratie, Communisme” in “Bilan”, Nr. 13, Dez. 1934.

 

(4) O. Perrone (Vercesi), der Mitglied der Büroarbeitergewerkschaft war, hatte exzellente Beziehungen zur sozialistischen Schriftsetzergewerkschaft in Brüssel.

 

(5) Die Polizeiberichte aus dieser Zeit, die 1945 und auch danach den Militanten, die unter Beobachtung gestanden hatten, zugänglich gemacht worden waren, gaben nie den Namen des Informanten an. Er scheint zu allen Treffen der Brüsseler Sektion und selbst zum Zentralkomitee, das sich in dieser Stadt befand, Zugang gehabt zu haben (s. Spriano, “Storia partito comunista italiano”, II, in dem Abschnitt, der sich mit der Italienischen Fraktion befasst). 1938 fiel der Verdacht auf Bianco, einem ZK-Mitglied in Paris; er wurde ausgeschlossen. Erst kürzlich, nach dem Krieg, zögerte Dante Corneli (in “Lo stalinismo in Italia e nell’emigrazione antifascista”) nicht, Alfredo Morelli zu beschuldigen, jener Informant gewesen zu sein. Tatsächlich aber scheinen die Beschuldigungen – bis zum Beweis des Gegenteils – weder auf den einen noch auf den anderen zuzutreffen. Wir müssen dabei die äußerst schwierige Atmosphäre der 30er Jahre berücksichtigen. Jeder Militante fühlte sich angesichts einer feindlichen Umwelt ständig überwacht und bedroht. Verdächtigung schossen wie Pilze aus dem Boden. Die Leute neigten dazu, den Kopf zu verlieren. Dieses historische Rätsel bleibt ungelöst. (Bruno Bibbi, bekannt als Bianco, 1901 – 1979, trat der PCInt nach dem Krieg bei. Nach 1952 und bis zu seinem Tod war er Mitglied von “Programma Comunista”.)

 

(6) Um die “Odyssee” von E. Ambriogi zu verfolgen, siehe A. Mettewie-Morelli: Lettres et Documents d’Ersilio Ambriogi, Annali Feltrinelli, 1977.

 

(7) Ein Militanter der Fraktion in Lyon, “Piccino”, verkaufte 1931 “Prometeo”. Er wurde von italienischen Stalinisten angegriffen, die ihn mit dem Tode bedrohten. Um sich von ihnen freizumachen, musste er in die Luft schießen. Seine Angreifer denunzierten ihn bei der französischen Polizei, die ihn derart zusammenschlug, dass er für den Rest seines Lebens behindert blieb.

 

(8) Dieser in Russland inhaftierte Militante, Luigi Calligaris, war der Herausgeber eines klandestinen kommunistischen Blatts in Triest von 1926 bis 1932. Er wurde auf die Insel von Lipari verbannt, von der er flüchten konnte. Nachdem er Asyl in Russland gefunden hatte, wurde er 1935 in Moskau verhaftet und in das Gebiet um das Weiße Meer deportiert. Briefe der Fraktion, die nach seinem Verbleib fragten, wurden nicht beantwortet. Die PCI ließ sie über den “Perückenmacher” Germanetto verstehen, dass Calligaris “bereut” habe und nun “zufrieden” sei, in Sibirien “für den Sozialismus” zu arbeiten. Die Gefährtin von Virgilio Verdaro hatte mehr “Glück”. Nachdem sie in die äußerste Armut in Moskau gedrängt worden war, die soweit ging, dass ihr Kind vor Hunger starb, gelang es ihr auf wundersame Weise, 1944/45 Russland zu verlassen und sich in der Schweiz ihrem Gefährten anzuschließen.

 

(9) Diese Information über die Aktivitäten der Fraktion in Marchienne-au-Pont ist einem Interview mit Bruno Proserpio (von A. Morelli) in ihren Thesen entnommen, die über die italienische Immigration in Belgien zwischen den beiden Weltkriegen veröffentlicht wurden. Wir sind äußerst dankbar, dass sie uns die Seiten gezeigt hat, die sich mit der “bordigistischen” Strömung in Belgien befassen.

 

(10) Bordiga schrieb in seiner Todesanzeige für Perrone (in “Programma Comunista”, Oktober 1957): “1921, auf dem Livorno-Kongress war Ottorino 20 Jahre alt; zusammen mit der gesamten sozialistischen Jugend jener Zeit war er mit uns. Die Serratisten und Turatinisten rückten uns in die Minderheit, doch wir verließen sie dann ohne die Jugend.”

 

(11) “Communisme”, Nr. 4, Juli 1937, “Le rile de la jeunesse proletarienne dans le mouvement ouvrier”.

 

(12) Siehe “Bilan”, Nr. 22, September 1935, “L‘attentat de Beiso”. Trotzki bemerkte in einem Artikel, den er dieser Affäre widmete (“Für eine Jury der Arbeiterorganisationen”), dass “Beiso durch äußerst schmerzvolle Feuerproben gegangen war, die anscheinend unerträglich für ihn waren und die am Ende ihn aus dem Gleichgewicht geworfen und dazu gebracht haben, eine sowohl irrationale als auch kriminelle Handlung zu begehen”. Er schloss, dass es notwendig sei, “soviel Licht wie möglich auf diese Affäre zu werfen”, um zu verhindern, dass “es zu einer Wiederholung kommt und Leute im revolutionären Milieu mit Revolvern erschossen werden.”

 

(13) Zu den Beziehungen zwischen der trotzkistischen Bewegung und Organisationen wie der SAP und RSP siehe M. Dreyfus, “Bureau de Londres ou IV Internationale? Socialistes de gauche et Trotskystes en Europe”, Thesen aus einer Doktorarbeit, Nanterre, Paris, 1978.

 

(14) Der Exodus der “jüdischen Gruppe” 1933, die daraufhin der Union Communiste beitrat, reduzierte die Ligue Communiste von Frank-Molinier auf eine kleine Gruppe von vielleicht 30 Militanten.

 

(15) Eine starke Opposition gegen diese “elektoralistische” Politik der LCI kristallisierte sich um Mitchell heraus, der einen kritischen Text (“La Ligue devant le problème des elections”, 1936) veröffentlichte.

 

(16) “Bilan” publizierte Texte von einem alten Freund Gorters, A. Soep, einem Syndikalisten seit Beginn des Jahrhunderts und Holländer, der mit Van Overstraeten Gründungsmitglied der PCB gewesen war. Die Fraktion veröffentlichte in den Nummern 19 bis 21 ihrer Zeitschrift auch Beiträge von Hennaut, der die “Grundprinzipien kommunistischer Produktion und Verteilung” zusammenfasste (Berlin 1930). Die wichtigsten Texte der deutsch-holländischen GIK in den 30er Jahren wurden wiederveröffentlicht von Rowohlts Klassiker: “Gruppe Internationaler Kommunisten Hollands”, Hamburg, 1971.

Entwicklung des proletarischen <br>Bewusstseins und der Organisation: