Spanien 1936: Die Linke gegen die Arbeiterklasse

Printer-friendly version

In den 30er Jahren wurde nach der Niederschlagung der revolutionären Welle von Kämpfen zwischen 1917-23 überall der Weltkrieg vorbereitet. Die Arbeiterklasse war besiegt, vom Kapitalismus erdrückt. So konnte es der Kapitalismus schaffen, die Arbeiterklasse von ihrem Kampf als Klasse abzulenken, um sie vor die falsche Alternative 'Faschismus oder Demokratie' zu stellen. Gleichzeitig gingen nach dem Tod der Kommunistischen Internationalen, nachdem diese den 'Sozialismus in einem Land' erklärt hatte, die meisten Arbeiterorganisationen, die entartet waren, in das Lager der Bourgeoisie über oder neigten dazu, völlig auseinanderzubrechen. Die 'Kommunistischen' Parteien wurden zu einfachen Instrumenten der 'Verteidigung des sozialistischen Vaterlandes' im Dienste der stalinistischen Konterrevolution. Nur einige wenige Stimmen erhoben sich gegen diese Entwicklung. Dazu gehörte eine Gruppe wie BILAN (zwischen 1933 - 38 veröffentlichte die Italienische Linke im Ausland eine Zeitschrift mit diesem Namen).

Die Linken unterwarfen die Arbeiterklasse dem bürgerlichen Staat

Spanien, wo sich noch ein Teil der Arbeiterklasse befand, der deshalb noch nicht besiegt worden war, weil Spanien selbst nicht am 1. Weltkrieg teilgenommen hatte, sollte im Mittelpunkt eines umfassenden Manövers einer vereinigten Bourgeoisie stehen, die danach strebte, die Arbeiter von ihrem Kampfterrain wegzudrängen, damit sie sich in eine rein militärische und imperialistische Schlacht auf kapitalistischer Grundlage stürzte. Aufgrund seiner geopolitischen Lage an der Tür zu Europa, da am Mittelmeer und am Atlantik sowie gegenüber Afrika gelegen, war Spanien ein ideales Gebiet, wo die durch die Krise verschärften Spannungen sich weiter zuspitzen konnten. Das trifft insbesondere für die Interessen des deutschen und italienischen Imperialismus zu, die eine starke Stellung im Mittelmeer anstrebten und den Kurs zum Krieg beschleunigten.

Die archaischen Strukturen dieses Landes, das durch das Toben der Wirtschaftskrise in den 30er Jahren zutiefst erschüttert worden war, boten darüber hinaus einen günstigen Nährboden, um die Arbeiterklasse von ihrem Kampf abzulenken. Der Mythos einer 'bürgerlich demokratischen Revolution', die von den Arbeitern abgeschlossen werden sollte, wurde in Gestalt der Formel 'Republik gegen Monarchie' in Umlauf gebracht, womit der 'antifaschistische Kampf gegen den Faschismus' vorbereitet wurde. Nach der Militärdiktatur Primo de Riveras, die 1923 errichtet worden war und die aktive Unterstützung durch die sozialistische Gewerkschaft UGT erhielt, arbeitete die spanische Bourgeoisie vom August 1930 an den 'Pakt von San Sebastian' aus, dem die beiden Gewerkschaften UGT und CNT beitraten. Die CNT wurde von den Anarchisten beherrscht, die für eine 'republikanische Alternative' gegenüber der Monarchie eintraten. Am 14. April 1931 war König Alfons XIII in Anbetracht eines drohenden Eisenbahnerstreiks gezwungen abzutreten. Die Republik wurde ausgerufen. In den Wahlen siegte eine 'sozial-republikanische' Koalition. Die neu 'gewählte' Regierung fing sofort mit der Unterdrückung der Streikbewegungen an, die als Reaktion auf die Zunahme der Arbeitslosigkeit und die Preissteigerungen entflammte. Hunderte von Arbeiter wurden erschossen und verletzt. So wurden allein in Casas Viejas in Andalusien 33 Arbeiter erschossen. Während dieser Welle der Repression befahl der 'Sozialist' Azana den Soldaten: 'Wir wollen keine Verwundeten oder Gefangenen, schießt in die Herzen!'. Diese blutige Niederschlagung der Arbeiterkämpfe, die im Namen der Demokratie stattfand und ca. zwei Jahre dauerte, ermöglichte es den Rechten, sich zu organisieren und der Regierungskoalition das Steuer zu entreißen. 1933 gewannen die Rechten dann die Wahlen. Ein Teil der Sozialistischen Partei, die ihre Glaubwürdigkeit aufgrund ihrer führenden Rolle bei der Repression verloren hatte, nutzte die Lage aus, um eine Linkswende zu vollziehen. Die Vorbereitung des imperialistischen Krieges, d.h. die Notwendigkeit, die Arbeiterklasse von ihren Streiks abzubringen und sie in Sackgassen zu lenken, zwang die linken Parteien zu handeln. Im April-Mai 1934 nahmen die Streiks weiter an Schärfe zu. Die Metaller in Barcelona, die Eisenbahner und vor allem die Bauarbeiter in Madrid nahmen ihre Kämpfe auf. Die Linken und Vertreter der extremen Linken legten den Schwerpunkt ihrer Gegenstrategie voll auf den Antifaschismus, um die Arbeiter dazu zu bewegen, 'eine Einheitsfront aller Demokraten' aufzustellen. Damit wollten sie die Arbeiter in eine Zwangsjacke stecken.

Von 1934 bis 1935 wurde die Arbeiterklasse immer wieder dazu aufgerufen, sich bei den Wahlen hinter die Volksfront zu stellen, um 'der faschistischen Gefahr entgegenzutreten'.  Im Oktober 1934 schafften es die linken Kräfte, die Arbeiter in Asturien in die Falle eines selbstmörderischen Zusammenstoßes mit dem bürgerlichen Staat zu locken. Das sollte die Arbeiter teuer zu stehen kommen. Der Sozialistischen Partei PSOE und der UGT gelang es, den heldenhaften Widerstand der Arbeiter in den Bergarbeitergebieten und im Industriegürtel von Oviedo und Gijon zu isolieren und die Ausbreitung ihrer Kämpfe auf den Rest des Landes, insbesondere auf Madrid zu verhindern. Die Regierung schickte 30.000 Soldaten mit Panzern und Flugzeugen nach Asturien, um die Arbeiter niederzuschlagen. Dies leitete schließlich die Repression im ganzen Land ein.

Die 'Volksfront' trieb die Arbeiter ins Massaker

Am 15. Jan. 1935 wurde das Wahlbündnis der Volksfront von allen linken Organisationen wie auch von der zum Trotzkismus neigenden linken Gruppe POUM unterzeichnet. Die anarchistischen Führer der CNT und der FAI machten von ihrem 'Prinzip  der Parlamentsgegnerschaft' eine Ausnahme, um schweigend diesem Bündnis ihre Unterstützung zukommen zu lassen. Im Februar 1936 wurde die erste Regierung der Volksfront gewählt. Während eine neue Streikwelle entflammte, rief die Regierung zu Ruhe und zur Beendigung der Streiks auf, da die Streiks nur dem Faschismus dienten. Die 'Kommunistische' Partei (KP) ging sogar soweit zu behaupten, die 'Unternehmer provozieren und heizen die Streiks an, weil sie damit politische Sabotage betreiben' wollen. In Madrid, wo am 1. Juni ein Generalstreik ausbrach, verhinderte die CNT jede direkte Konfrontation mit dem Staat, indem sie die Forderung nach Selbstverwaltung aufstellte. Mit dieser 'Selbstverwaltung' sollten die Arbeiter in 'ihrer' Fabrik, 'ihrem' Dorf oder 'ihrer' Stadt eingesperrt werden.

Das Militär griff im Juli 1936 von Marokko aus an, nachdem es sich stark genug dazu fühlte. Es stand unter der Führung von Franco, der als General in der von den Sozialisten beherrschten Republik seine ersten Auszeichnungen erhalten hatte.

Die Arbeiter reagierten sofort: Am 19. Juli traten sie gegen das Militär Francos in den Streik; in großen Scharen zogen sie zu den Kasernen, um die Soldaten zu entwaffnen. Dabei stellten sie sich gegen die Direktiven der Volksfront und der republikanischen Regierung. Indem sie ihre ökonomischen Forderungen mit dem politischen Kampf verbanden, boten sie dem mörderischen Treiben Francos Einhalt. Aber gleichzeitig wurden in anderen Gegenden die Aufrufe der Volksfront zur Ruhe respektiert. In Sevilla beispielsweise, wo die Arbeiter den Anordnungen der Volksfrontregierung gefolgt waren, richteten die Militärs ein furchtbares Massaker an. Damit konnten die linken Kräfte des Kapitals ihre Rekrutierungsbemühungen für das Kapital entfalten. Innerhalb von 24 Stunden trat die Regierung, die mit den Truppen Francos verhandelte und mit ihr die Massaker an den Arbeitern organisierte, zugunsten einer Regierung Girals zurück, die 'noch mehr links' stand und 'noch antifaschistischer war. Diese Regierung richtete die Erhebung der Arbeiter ausschließlich gegen die Truppen Francos und beschränkte alles auf die rein militärische Auseinandersetzung. Die Arbeiter erhielten nur Waffen, um damit an die 'Front' gegen Franco geschickt zu werden. Von dem Klassenkampf sollten sie abgehalten werden. Die Bourgeoisie verbreitete die Lüge von einem angeblichen 'Verschwinden des republikanischen kapitalistischen Staates', während dieser sich in Wirklichkeit hinter einer angeblichen Arbeiterregierung versteckte. Die Illusion einer 'Doppelmacht' wurde verbreitet. Überall wurden die Arbeiter von den Truppen Francos niedergemetzelt. Hunderttausende von Arbeitern wurden für die antifaschistischen Milizen der Anarchisten und des POUM rekrutiert.

Nachdem es so von seinem Klassenterrain abgebracht worden war, wurden große Teile des Proletariats massakriert und in die Zwangsjacke einer gigantischen Ausbeutungsmaschine im Namen der 'antifaschistischen' Kriegswirtschaft durch die Volksfront gesteckt. So wurden sie aufgefordert, Lohnkürzungen, Rationierungen, Militarisierung der Arbeit, Verlängerung des Arbeitstages usw. hinzunehmen.

Im Mai 1937 erhob sich das Proletariat Barcelonas erneut verzweifelt. Die Volksfrontregierung ließ es niederschlagen - mit der KP und der PSUC an der Spitze, während die Truppen Francos freiwillig ihren Vormarsch stoppten, um es den stalinistischen Henkern zu ermöglichen, die Arbeiter niederzuschlagen: 'Am 19. Juli 1936 wehrten die Proletarier Barcelonas mit ihren bloßen Fäusten den Angriff der Bataillone Francos, die bis an die Zähne bewaffnet waren, ab. Am 4. Mai 1937 mußten die gleichen Arbeiter, die diesmal bewaffnet waren, mehr Opfer als im Juli hinnehmen, als sie Franco zurückschlugen, und es war die antifaschistische Regierung - der die Anarchisten beigetreten waren, und mit der sich der POUM indirekt solidarisch erklärte - die die Kräfte der Repression auf die Arbeiter hetzte', schrieb BILAN 1938 in dem Artikel 'Blei, Maschinengewehre, Gefängnis - so reagiert die Volksfront auf die Arbeiter Barcelonas'.

In dieser blutigen Tragödie haben damals alle Organisationen, die vorgaben im Namen der Arbeiter aufzutreten, nicht nur bewiesen, daß sie in den bürgerlichen Staat integriert waren, sondern sie haben sich direkt an der Niederschlagung der Arbeiterklasse beteiligt: die KP, PSCU, PSOE, UGT haben direkt die Rolle des Henkers übernommen, während die CNT, FAI und POUM die Arbeiter dazu gebracht haben, ihr Klassenterrain im Namen des Antifaschismus zu verlassen, damit haben sie sie vor die Gewehre ihrer Mörder getrieben, um im imperialistischen Krieg aufgerieben zu werden. Die Beteiligung der Anarchisten und der CNT als Minister  an der Regierung in Katalonien und dann an der Zentralregierung Caballeros hat stark zur Verschleierung der Volksfront beigetragen. Die Anarchisten haben für die Bourgeoisie eine sehr nützliche Rolle gespielt, denn sie haben das Klassenwesen der Volksfrontregierung mit übertüncht: 'Sowohl von den Prinzipien als auch von der Überzeugung her war die CNT immer gegen den Staat eingestellt und ein Gegner jeder Regierung. Aber die Verhältnisse haben das Wesen der spanischen Regierung und des Staates geändert. Heute ist die Regierung als ein Kontrollinstrument der Staatsorgane keine die Arbeiterklasse unterdrückende Kraft mehr, genauso wenig wie der Staat kein Organismus mehr ist, der die Gesellschaft in Klassen spaltet. Die beiden werden das Volk sogar weniger unterdrücken, nachdem ihnen jetzt Mitglieder der CNT angehören' (Federica Montseny, 4.11.1936).

Alle Teile der CNT führten einen erbitterten Krieg gegen die wenigen Leute, die in dieser großen Verwirrung für die Verteidigung der revolutionären Positionen eintraten, indem sie sie an die gefährlichsten Stellen der Front schickten oder sie von der Polizei der 'republikanischen Kräfte' ins Gefängnis stecken ließen. Die Ereignisse in Spanien zeigten die ganze Drecksarbeit auf, die diejenigen verrichteten, die behaupteten, auf der Seite der Arbeiter zu stehen, ob sie sich nun  'Demokraten', Anarchisten, Sozialisten, 'Kommunisten' nennen, die aber in Wirklichkeit unnachgiebige Verteidiger des bürgerlichen Staates und des nationalen Kapitals waren. Sie alle waren die schlimmsten Feinde des Proletariats.               CB

(FAI: Anarchistische Föderation Iberiens)

(PSUC= Sozialistische Einheitspartei Kataloniens)