Gespeichert von Weltrevolution am
Das Kapital kann nur überleben, indem es die Arbeiter spaltet. Für die Arbeiter ist eine der verheerendsten Spaltungen die in Nationen. Anstatt uns dem Kapital vereint entgegenzustellen, sollen wir uns mit einer Nation identifizieren, uns alle als "Deutsche", als "Belgier", "Franzosen" usw. auffassen. Wir sollen vergessen, daß die Arbeiter kein Vaterland haben. Wir sollen vergessen, daß es dem Kapital zunächst mal selber egal ist, woher man kommt, oder welche Hautfarbe man hat, solange es aus uns Mehrwert, Profit rausziehen kann. Ja der Kapitalismus hat sich nur entwickeln können, weil er sich von Anfang an freien Zugriff auf die Arbeitskräfte verschafft hat.
DER KAPITALISMUS HAT SICH DANK DER MIGRATION VON ARBEITSKRÄFTEN ENTWICKELT
Seit dem Entstehen des Kapitalismus ist die Klasse, die all die Waren, die ganzen Reichtümer dieser Gesellschaft produziert, eine Arbeiterklasse gewesen, die von Anfang an international zusammengesetzt war. Ohne das Hin- und Herverschieben von Arbeitskräften hätte die herrschende Klasse, die Bourgeoisie, ihr Produktionssystem, nicht entwickeln können.
So fand vom 15. Jahrhundert an, insbesondere in GB die "primitive Akkumulation" statt, wo die Bauern ausgebeutet, von ihren Besitztümern verdrängt und in die ersten Betriebe gesteckt wurden. Oft waren sie mit Gewalt von ihren Besitztümern vertrieben und aufgrund des Hungers in die Städte getrieben worden. Überall stellten diese ruinierten Bauern und Handwerker die ersten Migrationsarbeitskräfte dar. Das gleiche Bild spielte sich dann in all den Ländern ab, in denen es zu einer "industriellen Revolution" kam.
Und diese riesige Landflucht, die mit dieser wilden, ungestümen Entwicklung des Kapitals einherging, hatte Rückendeckung erhalten durch eine Reihe von blutigen Unterdrückungsmaßnahmen seitens des Kapitals, die an Brutalität nicht zu übertreffen waren. Es gibt eine Vielzahl von Beschreibungen dieser Phase, u.a. bei Marx in "Das Kapital" Band I und bei Engels "Die Lage der arbeitenden Klasse in England".
So konnte z.B. in Großbritannien die herrschende Klasse ihre Vormachtstellung gegenüber den anderen Konkurrenten gerade aufgrund des Zustroms billiger Arbeitskräfte vom Lande, mit einem hohen Anteil aus Irland ausbauen. Diese "Reservearmee", die größtenteils aus den irischen Einwanderern zusammengesetzt war, ermöglichte es dem englischen Kapital, die Konkurrenz unter den Arbeitern zu verschärfen, um größere Lohnforderungen abzublocken und allzu große Konzessionen bei den ohnehin schon schlimmen Lebensbedingungen zu vermeiden.
So war die Migration seit dem Beginn des Kapitalismus ein Teil der Lebens- und Existenzbedingungen der Arbeiterklasse selber. Die Arbeiterklasse ist von ihrem Wesen her eine Klasse von Migranten, von Opfern der blutigen Zerstörung der feudalen Produktionsverhältnisse.
Diese Migration sollte sich Mitte des letzten Jahrhunderts über die nationalen Grenzen hinaus ausdehnen, als der Kapitalismus anfing, auf das Problem der Überproduktion in den großen Industrieballungsgebieten Westeuropas zu stoßen.
Die zyklischen Produktionskrisen, die das kapitalistische Europa Mitte des letzten Jahrhunderts erfaßten, zwangen Millionen von Proletarier dazu, Schutz zu suchen vor der Arbeitslosigkeit und dem Hunger, indem sie in die "neue Welt" auswanderten. Zwischen 1848 und 1914 verließen mehr als 50 Mio. europäische Arbeiter den alten Kontinent, um ihre Arbeitskräfte in den neu "entdeckten" Gebieten zu verkaufen, insbesondere in Amerika.
Ebenso wie es England im 16.Jahrhundert möglich gewesen war, sein kapitalistisches System dank der Migration von Arbeitskräften zu entwickeln, bildete sich die Wirtschaft der USA dank des großen Zustroms von Mio. von Arbeitskräften heraus, die aus Europa gekommen waren (insbesondere Irland, GB, Deutschland und andere Länder).
Bis 1890 gewann das amerikanische Kapital dank einer ungeheuren Ausbeutung, die von "Taylorschen" Produktionstechniken unterstützt wurden, auf dem Weltmarkt an Bedeutung. Nach 1890 kam es aber auch zu einer Verknappung der Felder und Arbeitsplätze. Die neu angekommenen Einwanderer hauptsächlich aus den Mittelmeergebieten und die slawischen Ursprungs blieben in den Ghettos der Großstädte hängen und mußten sich mit viel niedrigeren Einkommen abfinden (Siehe die Romanbeschreibungen dieser Bedingungen durch J. London, U. Sinclair). Die Tore Amerikas fingen auch an, sich zu schließen. Als das amerikanische Kapital keine neuen Einwanderungsarbeitskräfte mehr brauchte, errichtete die herrschende Klasse Einwanderungsschranken, die eine strikte Auswahl der Einwanderer vornahmen. Von 1898 an wurden die Grenzen nur noch sehr selektiv geöffnet, den asiatischen Einwanderern wurde die Einreise ungeheuer erschwert. Man nahm nicht mehr einfach neue Arbeitskräfte ohne Auswahl auf, sondern beharrte auf gut ausgebildeten, die nicht krank oder aufmüpfig waren.
Gerade weil sich damals der Kapitalismus noch in seiner Ausdehnungs- und Eroberungsphase befand - jeder erinnert sich an die Wildwest-Filme, als die Eisenbahnen in Richtung Westküste gebaut wurden, und die Ausdehnungsmöglichkeiten unbegrenzt erschienen - konnte der Kapitalismus die Arbeitslosigkeit in den alten Industriezentren wie GB, Deutschland aufsaugen, denn die Arbeitslosen konnten damals lange problemlos in die USA oder in andere Gebiete ausreisen und dort Arbeit finden.
Das Gleiche traf damals auf die Migration innerhalb Europas zu. In den großen Minen im Norden Frankreichs oder im Ruhrgebiet kamen die Bergleute aus allen möglichen Gegenden Europas: aus Polen, Deutschland selber, Italien usw.
Wenn also heute die Herrschenden uns dazu auffordern, wir sollten uns mit unserer jeweiligen Nation identifizieren, diese verteidigen, dann ist dies eine große Falle. Denn die ganze Entwicklung des Kapitalismus selber ist von Anfang an die einer internationalen Ausdehnung, und einer internationalen Zusammensetzung und Mobilität, freien Verfügbarkeit der Arbeitskräfte im Interesse des Kapitals gewesen. Es hat Arbeitskräfte aus allen möglichen Teilen der Erde in die Zwangsjacke der Lohnarbeit gesteckt und somit für alle Arbeiter - weltweit - die gleichen Interessen geschaffen.
Die Klasse, die für die Kapitalisten den Mehrwert schafft, ist also seit ihrem Bestehen eine zutiefst internationale Klasse. Deshalb hoben Marx und Engels schon im Kommunistischen Manifest, das 1848 geschrieben wurde, hervor: Die Arbeiter sind an keine Nation gebunden, sie haben kein Vaterland.
Aber auch für das Kapital selber ist es das wichtigste Bedürfnis, daß seine Waren in jeder Hinsicht mobil sind. Es muß überall verkaufen, überall erwerben können. Und dies gilt insbesondere für sein Bedürfnis der Arbeitskraft, die ja im Kapitalismus nur eine Ware wie jede andere ist. "Das Kapital kann ohne die Produktionsmittel und die Arbeitskräfte des gesamten Erdballs nicht auskommen, zur ungehinderten Entfaltung seiner Akkumulationsbewegung braucht es die Naturschätze und die Arbeitskräfte aller Erdstriche" (Rosa Luxemburg, "Die Akkumulation des Kapitals").
Als sich aber das kapitalistische System Anfang dieses Jahrhunderts über den ganzen Erdball ausgedehnt hatte, das System an seine Grenzen gestoßen, der Weltmarkt gesättigt war, der Kapitalismus in seine Niedergangsphase (Dekadenz) eintrat, bedeutete dies, daß seitdem dieses System nur noch durch den Zyklus von Krise - Krieg - Wiederaufbau - Krise ... überlebt hat.
Für die Arbeiterklasse hatte dies schwerwiegende Konsequenzen, weil der Bedarf des Kapitals an der Ware Arbeitskraft sich grundlegend geändert hat.
- Während das System im vorigen Jahrhundert gigantische Massen von Arbeitskräften aus der Bauernschaft und dem Handwerkertum kommend in die Produktion integrierte, oder sie in "die neue Welt" emigrieren konnten, um dort Arbeit und Brot zu finden, ist es nun nicht mehr dazu in der Lage. Die weltweite Überproduktion hat den Bedarf des Kapitals an Arbeitskräften schrumpfen lassen. Nur in Wiederaufbauzeiten nach dem Krieg saugt es noch große Massen auf - wohlgemerkt nachdem zuvor gewaltige Menschenmassen umgebracht und verheerende Zerstörungen angerichtet wurden. Ist der Wiederaufbau zu Ende, taucht das Gespenst der Massenarbeitslosigkeit wieder auf, dann ist Schluß mit den "offenen Grenzen". Überall versucht man die Grenzen dicht zu machen - natürlich nicht für die spekulierenden Dollars oder die Drogengelder, die überall zirkulieren, sondern für die Ware Arbeitskraft.
- Der Anteil der Arbeiter an der Gesamtbevölkerung, der im vorigen Jahrhundert noch gestiegen war, ist seitdem rückläufig. Nicht nur nimmt die Weltbevölkerung rapide zu. Das System ist vor allem immer weniger dazu in der Lage, neue, zusätzliche Arbeitsplätze in produktiven Bereichen zu schaffen. Immer weniger Arbeiter liefern heute die Produkte für immer mehr Menschen.
Hinzu kommen weitere Faktoren:
- der wirtschaftliche Konkurrenzkampf zwingt zu immer größeren Rationalisierungen (Arbeitskräftefreisetzungen) und vor allem in Rezessionen zu Entlassungen, wodurch die Zahl der Arbeitslosen gewaltig ansteigt (allein in den Industriestaaten der OECD über 25 Mio.). Aber wenn es nur bei den Arbeitslosen infolge der Krise bliebe. Nein, hinzukommt, daß durch die unzähligen Kriege (der Krieg ist zur Überlebensform des Kapitalismus geworden) Hunderte von Millionen von Menschen zu Flüchtlingen werden, deren Zahl durch die Hungersnöte, Epidemien, Ökokatastrophen nur noch vergrößert wird.
Immer mehr Menschen werden durch den Mechanismus der Zerstörung (Kapitalvernichtung in Krisen, Betriebsstillegungen usw.) aus der Produktion herausgeschmissen und vegetieren außerhalb der Produktion. Und je nach Teil der Erde werden sie verjagt durch Kriege und vagabundieren als Bettler und Bauchladenverkäufer.
Kurzum, die wirtschaftliche Entwicklung ist seitdem derart blockiert, daß eine Integration dieser riesigen Bevölkerungsmassen in eine Industrie heute nicht mehr möglich ist. Flüchtlingswellen von Dutzenden von Mio. von Menschen sind zu einer Alltagserscheinung im dekadenten Kapitalismus geworden. Die Tatsache, daß es heute überall diese Riesenstädte wie Mexiko, Sao Paulo, Kairo usw. gibt, in denen die Menschen in den unmöglichsten Bedingungen hausen, ohne Aussicht auf das Hervorsprießen einer neuen Industrialisierung mit entsprechendem Arbeitskräftebedarf, zeigt, daß diese Gesellschaft total in der Sackgasse steckt.
DIE LÖSUNGEN DES KAPITALISMUS
In der Tat vermag der Kapitalismus die Armee der Arbeitslosen und Flüchtlingsheerscharen überhaupt nicht in die Produktion aufzusaugen. Nur verheizen kann er sie in Kriegen und Massakern, gigantische Zerstörungen anrichten, um später große Menschenmassen im Wiederaufbau zu benötigen... so geschehen nach der Krise von 1929 und dem 2. Weltkrieg. Aber heute gibt es keine Aussichten, all diese hungernden, arbeits- und wohnungslosen, deshalb oft flüchtenden Menschenmassen in die Produktion zu integrieren. Bürgerliche Politiker rufen dazu auf, man müsse die Verhältnisse vor Ort verbessern, damit diese Menschen nicht mehr zu flüchten bräuchten. Stimmt! Nur, warum geschieht dies nicht? Ob das wohl all die Waffenhändler gehört haben, die als Profiteure an dieser Kriegswirtschaft für das Verjagen von so vielen Menschen verantwortlich sind? Und wie verhält es sich mit der Konkurrenz? Die Konkurrenzverhältnisse sind doch heute so, daß keiner der großen Industriegiganten, die sich wegen der gesättigten Märkte heute schon an die Kehle kriegen, das Entstehen von neuen, zusätzlichen Produktionseinheiten, die auf die Märkte der Industrieländer dringen würden, akzeptieren könnte. Nein, die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder ist im Kapitalismus vollständig in Fesseln gelegt, die in diesen kapitalistischen Verhältnissen nicht abgelegt werden können. Deshalb werden die Menschen von dort immer weiter flüchten.
Und die andere Lösung, die von einigen dieser scheinheiligen Humanisten vorgeschlagen wird? Grenzen auf für alle? Nun, das jeweilige nationale Kapital wird sich mit aller Kraft dagegen stemmen, denn der ungehemmte Zustrom der Opfer der kapitalistischen Verhältnisse würde die hiesigen Straßen bald so aussehen lassen wie die von Calcutta und Marrakesch: Bettler, campierende Flüchtlinge auf Frankfurts Zeil in nie gekanntem Ausmaß. Unkontrollierbare Zustände!
Und Grenzen dicht? Solange die Menschen wegen der unerträglichen Verhältnisse in die Flucht getrieben werden, wird auch keine noch so hohe und stark befestigte Grenze die Flüchtlinge davon abhalten, zu versuchen, ihrer Misere zu entkommen. Auch wenn eine "moderne" Grenzbefestigung wie an der US-texanischen Grenze, die GSG 9, oder ein Graben mit Krokodilen errichtet, und alle möglichen Monster an den Grenzen stationiert würden - die Flucht der Elendigen ließe sich nicht aufhalten, weil dieses System immer mehr Elend hervorbringt.
Es gibt eben keine Lösung für die Misere, die Kriegsopfer, die Arbeitslosigkeit innerhalb dieses Systems - da sie allemal die reinrassigen Produkte dieses Systems selber sind. Deshalb muß man die Ursachen dieser Geschwüre selber ausmerzen. Und das heißt: das Befreien der Menschheit aus den Fesseln der kapitalistischen Verhältnisse überhaupt.
D. Khan (9.11.91)
WR 36
Die Fähigkeit der herrschenden Klasse, die Wirklichkeit zu entstellen, scheint unerschöpflich zu sein. Kaum daß sie gezwungen sind, mit der Aufschwungspropaganda leiser zu treten und das Vorhandensein von Massenarmut und Wohnungsnot zuzugeben, da stürzen sie sich auf einen anderen, ebenso unübersehbaren Ausdruck des kapitalistischen Elends - die Aussiedler- und Asylantenfrage -, um den deutschen Arbeitern doch noch zu beweisen, wie gut sie es eigentlich haben. 'Der Spiegel' etwa prägte das Schlagwort "Traumland Bundesrepublik". Die ganze verelendete Welt möchte bei uns wohnen, um an "unserem Wohlstand" beteiligt zu sein, heißt es. Also doch noch eine Bonner Schlaraffenrepublik?
Das grausame Schicksal der hier ankommenden Asylsuchenden, ebenso wie die Tatsache, daß es für einige hunderttausende Aussiedler keinen Platz im 'Wirtschaftswunderland' mehr gibt, beweisen ganz im Gegenteil, wie tief gerade die führenden Industriestaaten in der Krise stecken.
AUSSIEDLER : KEIN PLATZ MEHR IM GOLDENEN WESTEN
Der herrschenden Klasse des "Traumlandes BRD" entgeht heute keine Gelegenheit, um den Aussiedlern klarzumachen, daß sie im Westen nicht mehr erwünscht sind. Die Ausreise aus dem Osten bzw. die Einreise im Westen soll erschwert werden. Die hier angebotenen sozialen Leistungen und Starthilfen sollen gekürzt werden. In den Massenmedien werden sie für die Massenarbeitslosigkeit und die Wohnmisere mit verantwortlich gemacht.
Wahrhaftig eine politische Kehrtwendung um 180ø. Seit dem 2. Weltkrieg gehörte die unbegrenzte Aufnahme von Deutschstämmigen aus dem Osten ununterbrochen zur Politik der Bundesrepublik. Bis vor kurzem bezahlte Bonn beispielsweise 10.000 DM pro Kopf an die rumänische Regierung, um einen Deutschstämmigen loszukaufen. Seit Jahrzehnten fordern die Westmächte pausenlos "freie Ausreisemöglichkeit für jeden Bürger" gegenüber dem Osten.
Heute dagegen werden Absprachen mit dem östlichen Staatskapitalismus getroffen, damit die Ausreisewilligen es schwerer haben, das Land zu verlassen. Der Grund für diese neue Haltung liegt darin, daß auf dem Hintergrund der internationalen Wirtschaftskrise auch das tief in der Krise steckende westdeutsche Kapital mittlerweile absolut unfähig ist, ein paar Millionen Menschen aus dem Osten aufzunehmen. Die 300.000, die z. Zt. jährlich rüberkommen, werden in Baracken, Zelte und Obdachlosenheime, in Container und Rheinschiffe gesteckt. 90.000 Aussiedler sind arbeitslos; Zehntausende mehr erwartet das gleiche Schicksal nach Abschluß ihres einjährigen Sprachkurses. Der Anteil der Aus- und Umsiedler unter den Obdachlosen der Großstädte ist weit überproportional hoch.
Nach dem Krieg, als die BRD noch kein "Traumland" war, sondern ein Trümmerhaufen, kamen 16 Mio. Menschen aus dem Osten herüber. Trotzdem herrschte bald Arbeitskräftemangel. Zig Millionen Ausbeutungsobjekte mußten aus dem Mittelmeerraum herangeholt werden. Nach dem Zustrom der "Flüchtlinge" aus dem Osten setzte der Zustrom von Millionen von "Gastarbeitern" aus Italien, Spanien, der Türkei, Jugoslawien usw. ein. Als 1961 die Berliner Mauer errichtet wurde, protestierten die bundesdeutschen Arbeitgeberverbände lautstark dagegen, daß ihnen damit eine wichtige Quelle billiger Arbeitskräfte verloren ging. Die Krise hatte noch nicht ihren Einzug gehalten, der Wiederaufbau nach dem Krieg lief noch auf Hochtouren.
Heute dagegen ist auch das mächtigste nationale Kapital Westeuropas nicht mal mehr in der Lage, die "Ostarbeiter" profitabel auszubeuten. Sie kommen in eine Wirtschaft hinein, die jetzt schon nicht in der Lage ist, vielen Millionen Arbeitern eine Stelle zu geben. Wenn der hohe Aussiedlerzustrom ein Gradmesser der Wirtschaftsmisere im Osten ist, ist die Misere, in welche die Aussiedler hier weiter reinfallen, ein Zeichen der Tiefe der Krise im Westen. Die Illusionen über den Goldenen Westen zerbröckeln. Das "Traumland" BRD wird zum Alptraum.
Bei einer Arbeitslosigkeit, die selbst nach den offiziellen Zahlen seit 8 Jahren die 2 Mio. Grenze nicht mehr unterschritten hat, braucht das westdeutsche Kapital die Ostarbeiter nicht mal mehr, um das allgemeine Lohnniveau nach unten zu drücken. Die Aussiedler ("unsere lieben Landsleute" - Kohl) stellen für das Kapital vielmehr eine riesige finanzielle Belastung dar - für den Staatshaushalt und für die Nürnberger Kassen. Und, indem sie das Heer der Arbeitslosen, die Armut der Arbeiter, der Wohnungssuchenden vergrößern, gefährden sie den jedem Kapitalisten teuren "sozialen Frieden". Auch wenn sie heute die Möglichkeit, Aussiedler und einheimische Arbeiter gegeneinander auszuspielen, um die Arbeiterklasse zu dividieren, voll ausschlachten: was die Herrschenden vor allem befürchten, ist eine durch die Aussiedler bedingte weitere Vergrößerung des Arbeitslosenheeres, und daß dies zu einer Verschärfung der Klassengegensätze führen könnte.
Die Hetze über die Privilegien der Aussiedler, die Maßnahmen, um ihren "Zustrom" zu drosseln, werden damit gerechtfertigt, daß man "das arme Drittel der Wohnstandsgesellschaft" (Lafontaine) vor zu viel Konkurrenz auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt schützen will. Sie wollen als unsere "Beschützer" anerkannt werden, obwohl gerade sie unsere sämtlichen Sozialleistungen, für Hunderttausende selbst den Arbeitsplatz gekürzt, bzw. weggenommen haben. Sämtliche Parteien, die für die Multimillionäre dieser Gesellschaft sprechen, wollen für Gerechtigkeit sorgen, indem sie die angeblichen Privilegien der Aussiedler wegnehmen.
Nein, nicht die Aussiedler, sondern das Kapital genießt sämtliche Privilegien dieser Gesellschaft. Nicht die Aussiedler, das Kapital ist der wirkliche Feind der Arbeiterklasse.
ASYLANTEN: ALPTRAUMLAND BRD
Da die Aussiedler immerhin Deutsche sein sollen, müssen die Asylanten als Hauptsündenbock der derzeitigen bürgerlichen Überfremdungspanik herhalten. Hiernach besteht fast die gesamte Welt ausschließlich aus Menschen, die in die BRD übersiedeln wollen. Kommt auch nur ein Bruchteil davon hierhin, wird München so übervölkert sein wie Kalkutta, und der deutsche Lebensstandard auf das Niveau von Bangladesh herabgedrückt.
Schlimmer noch: wir sollen dieser Überfremdungswelle sogar hilflos ausgeliefert sein. Unsere "demokratische Verfassung" gewährt angeblich jedermann politisches Asyl, der darum bittet. Das Ende vom Lied: das Traumland BRD ist von Außen durch eine neue Sintflut der Verdammten dieser Erde bedroht. "Unser Wohlstand" ist gefährdet, der wirkliche Feind ist nicht das Kapital, sondern der Asylant und Wirtschaftsflüchtling. Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Tatsache ist, daß der Löwenanteil der vielen Millionen Menschen, die vor Hungerstod, Krieg, Folter und Katastrophen auf der Flucht sind, nicht mal über die finanziellen oder Transportmittel verfügen, um nicht ständig zwischen irgendwelchen Kriegsfronten in ihrer sog. Heimat zu geraten.
Glatt gelogen ist die auf Panikmache und Angsteinjagerei ausgerichtete Behauptung, der moderne, mit Computern und Abhorchsatelliten ausgerüstete Polizeistaat wache und bestimme nicht darüber, wer die kapitalistischen Grenzen überquert. Das humanitäre Gefasel über Asylrecht dient dazu, die Tatsache zu verschleiern, daß die Anzahl der reingelassenen Flüchtlinge in erster Linie vom Bedarf der kapitalistischen Wirtschaft hierzulande an extrem billigen Arbeitskräften bestimmt wird.
Die Anzahl der Aufgenommenen wird genau bestimmt; die Aufnahmebedingungen je nach Bedarf entweder erleichtert (z.B. die Geduldung von bereits abgelehnten Antragstellern) oder erschwert (schnelleres Abschieben, erschwerte Visumerteilung in den "Ausreiseländern" usw).
Indem der Staat die Asylsuchenden mit oft langjährigen Arbeitsverboten belegt und fast ohne Geldmittel läßt, zwingt er sie, für 3,- DM die Stunde ohne Kranken- und Sozialversicherung in der illegalen "Wirtschaft" zu arbeiten, die heute bis 10% des BSP der BRD herstellt (Baubranche, Zulieferindustrien, usw.). Durch die Asylanten kann die BRD Wirtschaft in manchen Sektoren mit den Billig-Lohnländern wieder konkurrieren.
Im 2. Weltkrieg wurden Millionen von Ostarbeitern nach Deutschland verschleppt und dort zu Tode gearbeitet. Wer nicht mehr konnte oder wollte, wurde erschossen. Heute aber - im Traumland BRD - droht jedem der sog. geduldeten Asylsuchenden täglich die Todesstrafe, falls er sich gegen das Diktat des Kapitals auflehnt. Da wir aber heute in einer "Demokratie" leben, wird das Todesurteil nicht hier vollstreckt. Die Abgeschobenen werden einfach der sie verfolgenden Heimatregierung ausgeliefert. Der Terror gegen die NS-Zwangsarbeiter fand in einer Ausnahmesituation statt - nämlich während des 2. Weltkrieges. Heute dagegen, ist die Barbarei zum Alltag geworden. Das ist das Traumland, das ist der Wohlstand, den wir verteidigen sollen? Diese terrorisierten Arbeiter, unsere Klassenbrüder und Schwestern sollen unsere Feinde sein?
Nein, das grausame Schicksal der Aussiedler und Asylanten ist heute das Schicksal der gesamten Arbeiterklasse. Mit ihren infamen rassistischen Spaltungskampagnen zeigen die Bürgerlichen in Wirklichkeit das barbarische Wesen ihres Systems, das sie eigentlich vertuschen wollen. Wir können nur Feindschaft empfinden gegenüber dem Kapital.
Arbeiter: Wir lassen uns nicht in "Deutsche", "Gastarbeiter", "Aussiedler", "Umsiedler", "Asylanten" aufspalten. Wenn wir uns gegeneinander aufhetzen lassen wegen der angeblichen Privilegien anderer Arbeiter, die genauso unter dem Joch des Kapitals leiden wie wir, werden wir gespalten der Barbarei dieses Systems hilflos ausgeliefert sein.
Blücher
In der nächsten WR:
- nicht die Zuwanderer bringen die Krise hervor, sondern umgekehrt;
- Arbeiteremigration: nicht mehr die Folge kapitalistischer Expansion, sondern kapitalistischer Barbarei.