Gespeichert von Weltrevolution am
Wie entwickelt sich das Klassenbewußtsein? Wenn der Klassenkampf in eine Phase des Rückflusses eintritt, bedeutet dies auch, daß das Bewußtsein in der Klasse sich zurückentwickelt, verschwindet, sich auflöst, um erst wieder bei den nächsten Kämpfen zu erscheinen? Kann man von einer unterirdischen, verdeckten Reifung des Klassenbewußtseins sprechen? Woran kann man das Voranschreiten des Klassenbewußtseins einschätzen? Entfaltet sich das Klassenbewußtsein nur mit Hilfe und aufgrund der Anwesenheit der Partei? Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Entwicklung des Klassenbewußtseins für unsere Intervention als Revolutionäre?
Dies sind einige der Kernfragen, die vor mehr als 2 Jahren einen Diskussiorsprozeß in der IKS einleiteten, bei dem es zu der Abspaltung von Minderheitsgenossen kam und der im letzten November auf unserem 6. Kongreß einen vorläufigen Höhepunkt erreichte (siehe dazu u.a. WR 20 sowie die Internationale Revue Nr. 44-engl./ französisch/spanische Ausgabe mit den Kongreßberichten). Das internationale proletarische Milieu hat nur beschränkt zu dieser Debatte in der IKS Stellung bezogen. Nur die Groupe Communiste Internationaliste (GCI) und die Communist Workers Organisation (CWO) in Revolutionary Perspectives (RP) haben sich bislang ausführlicher dazu geäußert. Wir veröffentlichen nachfolgend einen Auszug aus einer Polemik mit der CWO, die wir als Antwort auf ihren Artikel geschrieben haben. Der vollständige Text steht auf engl./franz./span. zur Verfügung und kann bei der Kontaktadresse bestellt werden.
Unterirdische Reifung aus der marxistischen Perspektive
Weil sie den Begriff der unterirdischen Reifung des Klassenbewußtseins vorwerfen, betrachtet die CWO sich als sehr marxistisch. In Revolutionary Perspectives Nr. 21 schreibt die CWO, daß die "Arbeiterklasse in ihren Kämpfen nur etwas wie ‘Klasseninstinkt’ oder eine ‘Klassenidentität’ (Lenin nannte es "Trade-Union-Bewußtsein") entwickeln, kann, die eine "Form des bürgerlichen Bewußtseins bleiben". Das Klassenbewußtsein selbst "entwickelt sich außerhalb der Existenz des gesamten Proletariats". Es wird von denen entwickelt, die die notwendigen intellektuellen Mittel dazu besitzen: die kleinbürgerliche Intelligentsia. Und während sie in den Zeiten offener Kämpfe nur diesen Zustand der "Klassenidentität" erreichen kann, wird alles noch schlimmer, wenn die Kämpfe abebben." Außerhalb der Zeiten offener Kämpfe weicht das Bewußtsein des Proletariats zurück und die Klasse ist atomisiert. Das ist darauf zurückzuführen, dass das Proletariat ein kollektives Bewußtsein hat und dies nur in Kämpfen kollektiv auftritt. Wenn die Klasse atomisiert und durch Niederlagen vereinzelt wird, rfällt dieses Bewußtsein zurück in den bürgerlichen Individualismus, die Reserven trocknen aus".
Dieser Auffassung zufolge ist der Klassenkampf ein rein zyklischer Prozeß, und nur die erleuchtete Intervention der Partei kann Licht in dieses stumpfe, blinde Bestreben der Klasse bringen. Ohne das Eingreifen der Partei würde die Klasse nur instinktiv ihre Ziele verfolgen können.
Hinsichtlich Lenins "Was tun?" haben wir des öfteren gesagt, daß Lenins Kritiken arn den "Rätekommunisten" der damaligen Zeit, den Ökonomisten, im Wesentlichen berechtigt waren, da diese das Klassenbewußtsein von einem aktiven, historischen und politischen Phänomen auf eine einfache Widerspiegelung dos Alltagslebens in den Fabriken reduzieren wollten. Aber dieses grundlegende Einverständnis mit Lenin hält uns nicht davon ab, darauf hinzuweisen, daß Lenin bei dem Kampf gegen den vulgären Materialismus der Ökonomisten den "Bogen zu weit gespannt" hat und sich in einer idealistischen Abweichung verfing, die das Bewußtsein vom Sein trennte.
Wir können hier nicht näher auf Lenins Auffassungen und der Interpretation dieser Ideen durch die CWO eingehen (wir haben dies u.a. in der Broschüre "Klassenbewußtsein und kommunistische Organisationen" getan), wollen deshalb nur die folgerden Bemerkungen machen:
- Lenins Theorie des von "Außen hereingetragenen Bewußtseins" war eine Entstellung, die nie in das Programm irgendeiner revolutionären Partei zur damaligen Zeit aufgenommen wurde; darüberhinaus verwarf Lenin sie später selbst. In ihrer Zeitschrift "Revolutionary Perspectives" Nr. 21 leugnet die CWO dies.
- Lenins (von Kautsky übernonmene) These widerspricht allen Schlüsselausssagen von Marx zum Bewußtsein. Entgegen den Aussagen der "Thesen über Feuerbach" , in denen Marx den betrachtenden Materialismus der Bourgeoisie angreift, welcher die Bewegungen der Wirklichkeit nur als ein äußeres Objekt betrachtet und somit nicht "subjektiv", werden das Bewußtsein und die bewußte Praxis nicht als ein integrales und aktives Element innerhalb der Bewegung aufgefaßt. Die Verbreitung dieses Standpunktes in den Reihen des Proletariats brachte den substitutionistischen Fehler (in seinen Thesen verwies Marx auf Owen als einen Ausdruck dieses Fehlers) hervor, der bedeutet, "die Gesellschaft in zwei Teile zu sondern, von denen der eine über der Gesellschaft erhaben ist", und dabei vergessen wird, "daß der Erzieher selbst erzogen werden muß" (3. These über Feuerbach). Vor allem widerspricht es den Positionen, die in der "Deutschen Ideologie" verteidigt wurden, wonach das gesellschaftliche Sein das gesellschaftliche Bewußtsein bstinmt. Damit wendet es sich auch gegen eine Hauptaussage dieses Buches zum Klassenbewußtsein: "Schließlich erhalten wir noch folgnende Resultate aus der entwickelten Geschichtsauf'assung: 1. In der Entwicklung der Produktivkräfte tritt eine Stufe ein, auf welcher Produktionskräfte und Verkehrsmittel hervorgerufen werden, welche unter den bestehenden Verhältnissen nur Unheil anrichten, welche keine Produktionskräfte mehr sind, sondern Destruktiorskräfte ... und was damit zusammenhängt, daß eine Klasse hervorgerufen wird, welche alle Lasten der Gesellschaft zu tragen hat, ohne ihre Vorteile zu genießen, welche aus der Gesellschaft herausgedrängt, in den entschiedensten Gegensatz zu allen Klassen forciert wird; eine Klasse, die die Majorität aller Gesellschaftsmitglieder bildet und von der das Bewußtsein über die Notwendigkeit einer gründlichen Revolution, das kommunistische Bewußtsein, ausgeht, das sich natürlich auch unter den andern Klassen vermöge der Anschauung der Stellung dieser Klasse bilden kann" (Deutsche Ideologie, I. Feuerbach, MEW 3, S. 69).
Man muß hier fegtstellen, daß Marx hier das Problem ganz anders als Lenin angeht: kommunistisches Bewußtsein "geht" aus dem Proletariat "hervor" und aufgrund dessen können Elemente aus anderen Klassen ein kommunistisches Bewußtsein erreichen, aber nur indem sie - wie das Kommunistische Manifest schreibt, sich dem Proletariat anschließen, zu ihm überwechseln und mit ihrer ursprünglichen Klassenideologie brechen. Nirgendwo gibt es in Marxens Text eine Spur von einem kommunistischen Bewußtsein, das aus den Intellektuellen"hervorginge" und dann in das Proletariat hineingeimpft würde. Zweifelsohne hat die CWO diese Entstellung mit der lobenswerten Absicht neu aufgebracht, um Lenins Kampf gegen den Spontaneismus fortzusetzen. Aber in der Praxis landen die "Einimpfer", "Importeure" des Bewußtseins oft auf dem gleichen Terrain wie die Spontaneisten. In World Revolution haben wir ausführlich darüber geschrieben, wie die Intervention der CWO im Bergarbeiterstreik die gleiche Tendenz zum Vorschein brachte, gegenüber dem unmittelbaren Bewußtsein der Massen zu kapitulieren: genau wie das eine rätistische (englische) Gruppe wie Wildcat tut. Daß diese Übereinstimmung kein Zufall ist, sondern tiefgreifende theoretische Wurzeln hat, wird gerade bei der Frage der unterirdischen Reifung verdeutlicht. So neigen den Begriffen Trotzkis zufolge sowohl die Rätekommunisten wie die Substitutionisten dazu, den "Aufstand der Massen als spontan" zu betrachten, ein "Massenaufstand, den die Führer künstlich ausnutzen". Dabei ist der einzige Unterschied zwischen den beiden, daß die Rätisten die Arbeiter eher als eine führerlose Herde sehen wollen und die Substitutionisten sich als deren Anführer auffassen. Aber beide begreifen nicht, daß es eine Verbindung gibt zwischen dar Handeln der Klasse und dem vorhergehenden Umbruch in dem "geistigen Zustand", dem Bewußtsein der sich bekämpfenden Klassen. Weil diese Veränderungen "halb verdeckt" sind, erkennen die Empiristen diese überhaupt nicht, weil sie nur das Unmittelbare in der Klasse erfassen und darauf fixiert sind. Und als die CWO schrieb, daß es "außerhalb von Zeiträumen des offenen Kampfes zu einer Rückentwicklung des Bewußtseins des Proletariats kommt", stimmte diese Aussage inhaltlich und zeitlich mit den Auftauchen einer Tendenz in der IKS üherein, welche eine rätistische Position vertritt und meinte: "In Zeiträumen des Rückflusses gibt es kein Voranschreiten, sondern ein Zurückweichen, einen Rückschritt des Bewußtseins... Das Bewußtsein kann sich nur im offenen, massiven Kampf der Klasse entwickeln" (siehe Internationale Revue, engl. Ausgabe Nr. 42).
Warum gibt es eine unterirdische Bewusstseinsreifung?
"Für Marxisten ist der Ausgangspunkt aller Diskussionen zum Klassenbewußtsein Marxens unzweideutige Aussage in der Deutschen Ideologie, daß "die Gedanken der herrschenden Klasse in jeder Epoche die herrschenden Gedanken sind..."(MEW 3, S. 46, aus Workers' Voice, Zeitung der CWO): "Entschuldigt uns Genossen, aber steht ihr wieder auf dem Kopf? Für uns als Marxisten muß der Ausgangspunkt jeder Diskussion zum K1assenbewußtsein Marxens klare Aussage in der Deutschen Ideologie sein, "die Existenz revolutionärer Gedanken in einer bestimmten Epoche setzt bereits die Existenz einer revolutionären Klasse voraus" (MEW 3, S 47).
Die CWO betrachtet nur eine Seite des Proletariats: den der ausgebeuteten Klasse. Aber der Marxismus zeichnet sich dadurch aus, daß er darauf besteht, daß das Proletariat als erste ausgebeutete Klasse in der Geschichte eine revolutionäre Klasse ist, die in sich die bewußte Zukunft der menschlichen Gattung, d.h. den Kommunismus trägt. Aus der Sicht der CWO ist das Hegelianismus, eine Irrlehre, mystisches Kauderwelsch."Was? Die Zukunft wirkt schon auf die Gegenwart ein?" "Wir reiben unsere Augen, träumen wir?" schreiben die Wächter des aufgebrachten Verstandes in Revolutionary Perspectives Nr. 21 (Zeitschrift der CWO).
Für uns gibt es keine Zweifel an dem Wesen des Proletariats als einer kommunistischen Klasse. Ebersowenig bezweifelte dies Marx in der Deutschen Ideologie, als er den Kommunismus als nichts anderes als die Aktivität des Proletariats und als "die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt" (MEW 3, S. 35) beschrieb. Für uns lautet die Frage eher: wie wird sich das Proletariat, diese ausgebeutete, beherrschte Klasse, dieses revolutionäre Wesen , seiner historischen Aufgabe bewußt, wenn man davon ausgeht, daß es tatsächlich in einer Welt lebt, wo die herrschenden Ideen die der herrschenden Klasse sind? Und bei der Beantwortung dieser Frage werden wir sehen, wie die Bewegung des Proletariats hin zurr Selbsterkenntnis notwendigerweise Phasen unterirdischer Reifung durchläuft.
Die Entwicklung des proletarischen Bewusstseins
Als eine ausgebeutete Klasse hat das Proletariat keine ökonomische Basis, um das automatische Voranschreiten seines Kampfes sicherzustellen. Desnalb schrieb auch Marx: "Proletarische Revolutionen ... kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihrem eigenen Lauf, kommen auf das scheinbar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen., schrecken stets von neuem zurück vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eigenen Zwecke..."(Marx, 18.Brumaire, MEW 8, S. 118). Aber im Gegensatz zur Auffassung der CWO ist der unvermeidbare Prozeß, diese Bewegung des Klassenkampfes entlang einer Reihe von Höhepunkten und Tiefen, Voranschreiten und Rückzügen kein geschlossener Kreis. Auf einer grundsätzlich historischen Ebene ist es die Bewegung, mittels derer die proletarische Klasse heranreift und ihre Selbsterkenntnis entwickelt. Und gegen die Position der CWO mit ihrem rätistichen Bild einer Klasse, die total auseinanderfällt, wenn die offenen Kämpfe zurückweichen, können wir nur das wiederholen, was wir im Januar 1984 in einer Resolution schrieben: "Die Bedingung für das Bewußtwerden der Klasse zeichnet sich durch die historische Existunz einer Klasse aus, die dazu in der Lage ist, ihre Zukunft zu begreifen und deren Sicht nicht auf die unmittelbaren, vorübergehenden Kämpfe beschränkt ist". M.a.W. das historische Sein, ihre Existenz als Klasse löst sich nicht auf, wenn der unmittelbare Klassenkampf einen Tiefpunkt erreicht. Selbst außerhalb der Zeiträume des offenen Kampfes bleibt die Klasse eine lebendige, kollektive Kraft. Deshalb kann sich das Bewußtsein in solchen Zeiträumen tatsächlich entwickeln. Gleichzeitig jedoch beeinflußt das jeweilige Kräfteverhältnis zwischen den Klassen die Art und Weise, wie diese Entwicklung vonstatten geht. Allgemein gesagt kann man deshalb sagen:
- In einer Zeit der Niederlage und Konterrevolution ist das Klassenbewußtsein in seiner Ausdehnung stark eingeschränkt, da die Mehrheit der K1asse in den Mystifizierungen der Bourgeoisie gefangen ist, aber es kann dennoch in seiner Tiefe voranschreiten, wie die Verfassung des Werks ‘Das Kapital’ nach der Niederlage von 1848 und insbesondere die Arbeiten von ‘Bilan’ in den finsteren Tagen der 30er Jahre verdeutlichen.
- In allgemeinen Zeiträumen des ansteigenden Klassenkampfes - so wie heute - gibt es die Tendenz, daß die unterirdische Reifung beide Dimensionen - Tiefe und Ausdehnung - vorantreibt. Die Klasse wird von einem Voranschreiten der Bewußtseinsentwicklung erfaßt, obgleich dies erst auf verschiedenenen Ebenen zu erkennen ist:
- auf der am wenigsten bewußten Ebene und in den meisten Teilen der Klasse äußert sich dies durch einen wachsenden Widerspruch zwischen dem historischen Wesen, den wirklichen Bedürfnissen der Klasse und der oberflächlichen Unterstützung der Arbeiter für die bürgerlichen Ideen. Dieser Gegensatz mag lange Zeit größtenteils unausgesprochen, verdeckt oder unterdrückt bleiben, oder er mag in seiner negativen Form durch den Verlust von Illusionen und eine Loslösung von den Hauptthemen der bürgerlichen Ideologie auftauchen;
- in einem begrenzteren Teil der Klasse ninmt das in den Reihen vieler Arbeiter, die fest auf einem proletarischen Terrain verwurzelt bleiben, die Form von Diskussionen über die früheren Kämpfe an, mehr oder weniger formalen Diskussionen über die zukünftigen Auseinandersetzungen, das Auftauchen von kämpferischen Kernen in den Fabriken und unter den Arbeitslosen. Die eindruckvollste Verdeutlichung dieses Aspektes des Phänomens der unterirdischen Reifung wurde jüngst mit den Massenstreiks in Polen im Sommer 1980 geliefert, in denen die von den Arbeitern angewandten Kampfmethoden bewiesen, daß sie die Lehren aus den Kämpfen von 1956,1970 und 1976 gezogen hatten.
- In einem Teil der Klasse, der zahlenmäßig noch kleiner, aber dazu bestimmt ist, mit dem Voranschreiten des Kampfes weiter anzuwachsen, nimmt dies die Form einer ausdrücklichen, offenen Verteidigung des kommunistischen Programms an und somit der Umgruppierung einer organisierten marxistischen Avantgarde. Das Auftauchen von kommunistischen Organisationen, das keine Widerlegung des Begriffs der unterirdischen Reifung darstellt, ist sowohl ein Ergebnis wie auch ein aktiver Faktor bei diesem Prozeß. Ein Produkt, weil es im Gegensatz zu den von der CWO verteidigten idealistischen Auffassungen keine kommunistische Minderheit gibt, die vom Himmel auf die Erde herabsteigen würde- sondern es handelt sich um das Ergebnis einer historischen Reifung des Proletariats, der historischen Herausbildung als Klasse. Dieser Prozeß bleibt notwendigerweise gegenüber den immediatistischen, empirischen Methoden der Wahrnehmung, so wie sie die bürgerliche Ideologie praktiziert, verschlossen. Sie sind deshalb ein aktiver Faktor, weil insbesondere in der Periode der Dekadenz, wenn das Proletariat nicht mehr über seine permanenten Massenorganisationen verfügt, und wenn der bürgerliche Staat alle Mittel benutzt, um die Regungen des Klassenbewußtseins einzudämnen und zu übertünchen, kommunistische Fraktionen meistens zu kleinen Minderheiten zusammengeschmolzen sind. Diese Minderheiten betreiben meist eine "unterirdische" Arbeit, deren Einfluß in den Kämpfen nicht immer direkt sichtbar ist. Genau wie die 3. Welle von Kämpfen seit 1969 erst an ihrem Anfang ist, wird auch jetzt erst die Fähigkeit der Revolutionäre, einen offenen Einfluß auf die Kämpfe zu haben, deutlich. Aber das bedeutet keinesfalls, daß die Arbeit der Revolutionäre während der letzten 15 Jahre sich nun im Nichts auflösen würde. Im Gegenteil: die Saat, die sie ausgesät haben, beginnt erst jetzt zu blühen.
Wenn Kommunisten verstehen, daß sie ein Ergebnis der unterirdischen Reifung der Klasse und ihres Bewußtseins sind, bedeutet dies keinesfalls eire passive Haltung gegenüber ihren Aufgaben einzunehmen oder ihre unabdingrbare Rolle zu unterschätzen. Im Gegenteil: zu begreifen, daß nur die Kommunisten die verdeckten Prozesse in der Klasse erkennen und verstehen können, kann nur die Notwendigkeit verstärken- die erforderliche Organisation und die Entschlossenheit bei dem Bestreben einzusetzen, aus dieser Minderh:eit eine Mehrheit werden zu lassen. Wie wir schon mehrfach betont haben, gibt es keine automatische Verbindung zwischen dem historischen Sein der Klasse und ihrem Bewusstsein über dieses Sein. 'Wenn diese Umwälzung von der Minderheit zur Mehrheit nicht stattfindet, wenn das Bewußtsein der Klasse nicht zum Klassenbewußtsein im vollen Sinne des Wortes wird, wird das Proletariat nicht dazu in der Lage sein, seine historische Aufgabe zu erfüllen. Die ganze Menschheit würde darunter leiden".
Wenn man andererseits den Beqriff der unterirdischen Reifung verwirft,wird sie in der Praxis nicht dazu fähig sein, eine Perspektive in den Kämpfen aufzuzeigen.
Weil sie die wirkliche Reifung des Proletariats nicht verstanden haben und die gesellschaftliche Kraft nicht erkennen, die dieses darstellt, selbst wenn es nicht offen kämpft, hat sich die CWO als unfähig erwiesen, zu begreifen warum die Arbeiterklasse heute eine Hürde bei den Kriegsvorbereitungen der Bourgeoisie ist. Es ist deshalb kein Zufall,. daß die CWO einem gewissen Pessimismus und einer Verwirrung, Verlegenheit anheimfallen, wenn sie zu den allgemeinen Perspektiven der Gesellschaft Stellung beziehen müssen. Weil sie den historischen Kurs zu verstärkten Klassenkonfrontationen nicht erkannt haben, haben sie auch nicht die E'ntwicklung des Wiedererstarkens des Klassenkampfes seit 1968 genauer analysiert. Wenn man nicht die wirkliche Bewegung der Klasse begreift, kann man auch nicht ihre zukünftige Richtung erkennen und somit auch kein Element sein, das bei der Gestaltung dieser Zukunft mitwirkt. Uiri man kann einfach diese Bewegung nicht durchschauen, wenn man nicht ein bischen tiefer gräbt als diese oberflächliche "Wirklichkeit", hinter der es der bürgerlichen empiristischen Philosophie zufolge nichts anderes mehr gibt. MU
(gekürzte Fassung aus International Review Nr. 43,4/85).