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Wir veröffentlichen im Folgenden eine Antwort auf den Brief eines unserer Kontakte, der uns schrieb, um die, wie der Genosse sie nannte, „rätistische Bilanz der russischen Revolution“ zu verteidigen. Seit dem Verschwinden der holländischen Gruppe um „Daad en Gedachte“ gibt es innerhalb der proletarischen Bewegung keinerlei organisierten Ausdruck des Rätismus mehr. Nichtsdestotrotz erfreut sich die rätistische Position innerhalb der gegenwärtigen revolutionären Bewegung großer Beliebtheit.
Wie soll man mit dem „Russischen Rätsel“ umgehen?
Wir veröffentlichen im Folgenden eine Antwort auf den Brief eines unserer Kontakte, der uns schrieb, um die, wie der Genosse sie nannte, „rätistische Bilanz der russischen Revolution“ zu verteidigen. Seit dem Verschwinden der holländischen Gruppe um „Daad en Gedachte“ gibt es innerhalb der proletarischen Bewegung keinerlei organisierten Ausdruck des Rätismus mehr. Nichtsdestotrotz erfreut sich die rätistische Position innerhalb der gegenwärtigen revolutionären Bewegung großer Beliebtheit.
Der Rätismus verwirft einerseits liberale, anarchistische und sozialdemokratische Positionen, andererseits aber auch die Positionen der „Leninisten“, Stalinisten und Trotzkisten. Dies sieht auf den ersten Blick sehr attraktiv aus.
Den Kern der rätistischen Position bildet das so genannte „russische Rätsel“, eine Fragestellung von großer Bedeutung für die gegenwärtige und zukünftige Arbeiterbewegung. In ihr wird die Frage aufgeworfen, ob die russische Revolution einen Versuch darstellt, der – kritisch betrachtet, wie es die Art des Marxismus ist - als Grundlage für die nächste revolutionäre Welle dienen kann, oder ob sie - wie die Bourgeoisie, durch den Anarchismus und indirekt durch den Rätismus bestärkt, sagt - völlig abgelehnt werden müsse, da das Monster des Stalinismus seinen Ursprung im „Leninismus“ habe. [1]
Aus unserer Sicht ist es wichtig und notwendig, den Brief des Genossen zu beantworten, denn diese Debatte erlaubt uns, einerseits die rätistische Position zu widerlegen und andererseits zur Klärung innerhalb der revolutionären Bewegung beizutragen.
Werter Genosse,
zu Beginn deines Textes wirfst Du eine Frage auf, die wir vollständig teilen: „Das Verständnis von der Verteidigung der Russischen Revolution ist eine fundamentale Frage für die Arbeiterklasse, denn wir leben noch immer unter der Last des Scheiterns der revolutionären Welle, die mit der Russischen Revolution begonnen hatte: Dies vor allem, weil die Konterrevolution nicht die klassische Form der militärischen Wiederherstellung der alten Herrschaft annahm, sondern die des Stalinismus, der sich selbst ‚kommunistisch’ nannte. Dies bedeutete einen fürchterlichen Schlag für das internationale Proletariat. Die Bourgeoisie hat diesen Vorteil vollständig ausgeschlachtet, um unter den Arbeitern Verwirrung und Demoralisierung zu säen und den Kommunismus als historische Perspektive der Menschheit zu leugnen. Deshalb müssen wir eine historische Bilanz ziehen, die auf dem historischen Versuch der Arbeiterklasse und der wissenschaftlichen Methode des Marxismus beruht, so wie es die Fraktionen der Kommunistischen Linken während der 50 Jahre der Konterrevolution taten. Eine Bilanz, die wir an eine neue Generation von Arbeitern weitergeben können“.
Völlig richtig! Die Konterrevolution wurde nicht im Namen der „Wiederherstellung des Kapitalismus“ durchgeführt, sondern unter dem Banner des „Kommunismus“. Es war nicht die Weiße Armee, die die kapitalistische Herrschaft in Russland errichtete, sondern dieselbe Partei, die einst die Vorhut der Revolution gewesen war.
Dieses Ergebnis hat die gegenwärtigen Generationen von Arbeitern und Revolutionären traumatisiert und dazu verleitet, an der Fähigkeit ihrer Klasse und der Gültigkeit ihrer revolutionären Traditionen zu zweifeln. Trugen Lenin und Marx nicht, wenn auch unbeabsichtigt, zur stalinistischen Barbarei bei? Gab es wirklich eine authentische Revolution in Russland? Besteht nicht die Gefahr, dass „politisches Denken“ das, was die Arbeiter errichtet haben, zerstört?
Die Bourgeoisie hat diese Ängste mit ihren permanenten Verleumdungskampagnen gegen die Russische Revolution, den Bolschewismus und gegen Lenin, die alle von den stalinistischen Lügen genährt wurden, geschürt. Die demokratische Ideologie, die die Bourgeoisie auf hohem Niveau das 20. Jahrhundert hindurch propagiert hat, verstärkt diese Ressentiments durch das Beharren auf der „Unabhängigkeit des Individuums“ sowie dem „Respekt vor jedermanns Meinung“ und die Zurückweisung von „Dogmatismus“ und „Bürokratie“.
Der Begriff der Zentralisierung, die Klassenpartei und die Diktatur des Proletariats, die die Früchte des blutigen Kampfes, das Resultat enormer Bemühungen um politische und theoretische Klärung sind, sind vom schändlichen Stigma des Argwohns besudelt worden. Nicht zu vergessen Lenin, der total abgelehnt wird und dessen Beitrag einem hartnäckigen Scherbengericht ausgesetzt ist, in welchem Phrasen aus ihrem Zusammenhang gerissen werden, wie jene wohl bekannteste, wonach das Bewusstsein von außen komme! [2]
Diese Kombination von Befürchtungen und Zweifeln auf der einen sowie dem Druck der bürgerlichen Ideologie auf der anderen Seite beinhaltet die Gefahr, die Verbindung mit der historischen Kontinuität unserer Klasse, mit ihrem Programm und ihrer wissenschaftlichen Methode, ohne die keine neue Revolution möglich ist, zu verlieren.
Der Rätismus ist Ausdruck dieses Gewichts und zeigt sich durch seine Fixierung auf das Unmittelbare, Lokale und Ökonomische – auf Dinge, die als nahe liegend und am besten kontrollierbar betrachtet werden. Gleichzeitig weist er ostentativ all das zurück, was nach Politik und Zentralisierung riecht, gilt dies doch seit jeher als abstrakt, weit weg und feindlich.
Richtigerweise sprachst Du von „den Beträgen der Fraktionen der Kommunistischen Linken, die gegen den Strom während der 50 Jahre Konterrevolution gerichtet waren“. Wir stimmen damit völlig überein. Doch der Rätismus gehört nicht zu diesen Bemühungen, er steht außerhalb von ihnen.
In diesem Zusammenhang ist es notwendig, zwischen dem Rätekommunismus und dem Rätismus zu unterscheiden. [3] Der Rätismus ist ein extremer Ausdruck der Entartung jener theoretischen Fehler, die in den 1930ern inmitten der originären Bewegung des Rätekommunismus begangen wurden. Er ist ein unverhohlen opportunistischer Versuch, Positionen zur Frage der Russischen Revolution, der Diktatur des Proletariats, der Partei, der Zentralisierung etc., die die Bourgeoisie schon Tausende Male aggressiv vertreten hat und die vom Anarchismus wiedergekäut wurden, in ein marxistisches Gewand zu kleiden.
Indem wir uns fest auf die russische Erfahrung stützen, sehen wir, dass der Rätismus hauptsächlich zwei Pfeiler des Marxismus angreift: den internationalen und den grundsätzlich politischen Charakter der proletarischen Revolution.
Im Folgenden konzentrieren wir uns auf zwei Fragen: Wie bildet sich das Klassenbewusstsein?
Und: Worin besteht die Rolle der Partei und wie sehen ihre Verbindungen zur Klasse aus?
Selbstverständlich gibt es noch viele andere Fragen, die es zu beantworten lohnt. Jedoch können wir aus Platzgründen nicht auf alle eingehen. Vor allem diese beiden, die Du hervorgehoben hast, scheinen uns allerdings für die Lösung des ‚russischen Rätsels‘ besonders entscheidend zu sein.
Weltrevolution oder „Sozialismus in einem Land“?
An verschiedenen Stellen Deines Textes warnst Du davor, die Weltrevolution als Entschuldigung für die Vertagung des Kampfes für den Kommunismus auf unbestimmte Zeit und als Rechtfertigung für die Diktatur der Partei zu nehmen. „Es gibt diejenigen, die alle bürokratischen Entartungen der Revolution mit dem Bürgerkrieg und seinen Verwüstungen, mit der Isolation der Revolution .wegen des Ausbleibens einer Weltrevolution und dem rückständigen Charakter der russischen Ökonomie entschuldigen wollen. All dies erklärt aber nicht die innere Degeneration der Revolution. Warum wurde sie nicht von außen, auf dem Schlachtfeld, sondern vielmehr von innen heraus zerstört? Die einzige Erklärung, die uns solche Entschuldigungen geben, ist, dass wir unsere Wünsche dahingehend formulieren, dass die nächste Revolution doch in den hochentwickelten Ländern stattfinden und nicht isoliert bleiben soll“ Ein wenig später äußerst Du: „Die Revolution kann sich nicht bis zum Sieg der Weltrevolution mit der Verwaltung des Kapitalismus begnügen. Sie muss die kapitalistischen Produktionsverhältnisse (Lohnarbeit und Warenwirtschaft) abschaffen“.
Die bürgerlichen Revolutionen waren nationale Revolutionen. Der Kapitalismus entstand zunächst in den Städten und existierte lange Zeit inmitten einer bäuerlichen Welt, die durch den Feudalismus beherrscht wurde; seine sozialen Beziehungen konnten sich isoliert von anderen Ländern in einem Land entwickeln. So konnte die Bourgeoisie in England 1640 triumphieren, während auf dem übrigen Kontinent noch das Feudalregime herrschte.
Kann das Proletariat denselben Weg gehen? Kann das Proletariat damit anfangen, „kapitalistische Produktionsverhältnisse in einem Land abzuschaffen“, ohne auf die „weit entfernte“ Weltrevolution zu warten?
Wir sind uns sicher, dass Du Stalins Position des „Sozialismus in einem Land“ nicht teilst. Doch wenn Du forderst, dass das Proletariat beginnen soll, Lohnarbeit und Warenwirtschaft abzuschaffen, ohne auf den Sieg der Weltrevolution zu warten, dann lässt Du diese Auffassung durch die Hintertür wieder hinein. Es gibt keinen Mittelweg zwischen der weltweiten Errichtung des Kommunismus und dem Aufbau des „Sozialismus in einem Land“.
Es gibt einen grundsätzlichen Unterschied zwischen den bürgerlichen und den proletarischen Revolutionen. Erstere sind in ihren Wegen, Mitteln und Zielen national. Auf der anderen Seite steht die proletarische Revolution. Sie ist die erste weltweite Revolution der Geschichte und dies sowohl bezogen auf ihr Ziel, den Kommunismus, wie auch in Bezug auf ihre Mittel (den internationalen Charakter sowohl der Revolution selbst wie auch der Errichtung der neuen Gesellschaft).
Die Arbeiter haben kein Vaterland, da mit ihnen„die Großindustrie eine Klasse schuf, die in allen Ländern dasselbe Interesse hat, womit jede Nationalität schon tot ist“ (Deutsche Ideologie, Seite 78, englische Studienausgabe). „Die große Industrie hat schon dadurch, dass sie den Weltmarkt geschaffen hat, alle Völker der Erde, und namentlich die zivilisierten, in eine solche Verbindung miteinander gebracht, dass jedes einzelne Volk davon abhängig ist, was bei einem andern geschieht. Sie hat ferner in allen zivilisierten Ländern die gesellschaftliche Entwicklung so weit gleichgemacht, dass in allen diesen Ländern Bourgeoisie und Proletariat die beiden entscheidenden Klassen der Gesellschaft, der Kampf zwischen beiden der Hauptkampf des Tages geworden ist. Die kommunistische Revolution wird daher keine bloß nationale, sie wird eine in allen zivilisierten Ländern, d.h. wenigstens in England, Amerika, Frankreich und Deutschland gleichzeitig vor sich gehende Revolution sein“ (Grundsätze des Kommunismus, 1847, MEW, Bd. 4, S. 374).
Gegen diese internationalistische Denkweise propagierte Stalin 1926-1927 die These vom „Sozialismus in einem Land“ – eine These, die Trotzki und alle Tendenzen der Kommunistischen Linken (einschließlich der Deutsch-Holländischen Kommunisten) als Verrat betrachteten und die die italienische Linksgruppierung Bilan als Todesurteil der Kommunistischen Internationalen charakterisierte.
Der Anarchismus für seinen Teil argumentiert im Wesentlichen ähnlich wie der Stalinismus. Mit seiner Gegnerschaft zum Prinzip der Zentralisierung grenzt er sich zwar einerseits von der Position des „Sozialismus in einem Land“ ab, aber andererseits propagiert er durch Begrifflichkeiten wie „Autonomie“ und „Selbstverwaltung“ den Sozialismus in einem Dorf oder in einer Fabrik Sicherlich erwecken solche Formulierungen einen „demokratischeren“ Anschein, setzen sie doch auf die Initiative der Massen. Doch letztendlich führen sie genauso wie der Stalinismus zur Verteidigung der kapitalistischen Ausbeutung und des bürgerlichen Staates. [4] Natürlich ist der Weg verschieden: Während der Stalinismus zum Mittel der brutalen bürokratischen Hierarchie griff, zieht es der Anarchismus vor, demokratische Vorstellungen wie die „Souveränität“ und „Autonomie“ des „freien“ Individuums auszubeuten und zu fördern sowie die Arbeiter dazu zu verleiten, ihr eigenes Elend durch lokale und sektorale Organe selbst zu verwalten.
Was ist die Position des Rätismus? Wie wir schon eingangs sagten, hat es eine Entwicklung der verschiedenen Komponenten dieser Strömung gegeben. So führten die von der GIK vertretenen „Thesen des Bolschewismus“ [5] zwar zu großen Verwirrungen. Jedoch stellte die GIK nie die Natur der weltweiten proletarischen Revolution offen in Frage, auch wenn ihre Betonung des angeblich ökonomischen Charakters der Revolution der Abwendung von diesem Prinzip Tür und Tor öffnet. Die nachfolgenden rätistischen Gruppen, besonders jene aus den 1970er Jahren, erörterten hingegen offen die These von der Errichtung eines „lokalen und nationalen“ Sozialismus. Wir haben dies in verschiedenen Polemiken unserer Internationalen Revue bekämpft und uns in etlichen Artikeln gegen die Auffassungen verschiedener rätistischer Gruppen über Fragen wie die der Drittwelttheorien und der Selbstverwaltung gewandt. [6]
Im Gegensatz zu dem, was Du uns zu verstehen gibst, ist der proletarische Internationalismus kein frommer Wunsch oder eine Möglichkeit unter anderen, sondern vielmehr die konkrete Antwort auf die historische Entwicklung des Kapitalismus.
Seit 1914 haben alle Revolutionäre verstanden, dass die einzige Revolution, die auf der Tagesordnung stand, nur die sozialistische, internationale und proletarische sein konnte. „Aber nicht unsere Ungeduld, nicht unsere Wünsche, sondern die vom imperialistischen Krieg erzeugten objektiven Bedingungen haben die Menschheit in eine Sackgasse geführt und sie vor das Dilemma gestellt: entweder zulassen, dass weitere Millionen Menschen zugrunde gehen und die ganze europäische Kultur endgültig vernichtet wird, oder in allen zivilisierten Ländern die Macht dem revolutionären Proletariat übergeben, die sozialistische Umwälzung verwirklichen“ (Lenin, Abschiedsbrief an die Schweizer Arbeiter, April 1917, Gesammelte Werke, Bd. 23, S. 384).
Es ist nicht nur die Reife der historischen Situation, die die Weltrevolution auf die Tagesordnung setzt. Auch die Analyse des Kräfteverhältnisses der Klassen im Weltmaßstab erlaubt diese Schlussfolgerung. Die frühest mögliche Gründung der Internationalen Partei des Proletariats ist auch ein grundlegendes Element, die Balance des Kräfteverhältnisses mit dem Feind zugunsten des Proletariats zu verändern. Denn die rasche Gründung einer internationalen Partei erschwert es der Bourgeoisie, die revolutionären Brennpunkte zu isolieren. Schon vor der Machtübernahme 1917 kämpfte Lenin in den Reihen der Zimmerwalder Linken daher um die unverzügliche Konstituierung einer neuen Internationalen: „Gerade wir müssen, gerade jetzt, ohne Zeit zu verlieren, eine neue revolutionäre, proletarische Internationale gründen, oder richtiger gesagt, wir dürfen uns nicht fürchten, vor aller Welt zu erklären, dass sie schon gegründet ist und wirkt“.
(„Die Aufgaben des Proletariats in unserer Revolution“, 1917. Gesammelte Werke, Bd. 24, S. 68)
Im September 1917 stellte Lenin in einem Brief an den bolschewistischen Kongress der nördlichen Region (8. Oktober 1917) die Notwendigkeit der Machtübernahme fest, wobei er sich auf eine Analyse des internationalen Kräfteverhältnisses zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie stützte: „Unsere Revolution macht eine im höchsten Maße kritische Zeit durch. Diese Krise fällt zusammen mit der großen Krise des Heranreifens der sozialistischen Weltrevolution und ihrer Bekämpfung Durch den Weltimperialismus (...) Die Sowjets der beiden Hauptstädte [müssen] die Macht ergreifen“ (Brief an die Genossen Bolschewiki, 8. Okt. 1917, Lenin, Werke, Bd. 26, S. 169) „Dadurch retten sie sowohl die Weltrevolution (...) wie auch die russische Revolution“ (ebenda, 1. Okt. 1917, S. 125) Die Revolution in Russland befand sich nach dem Fehlschlag des Kornilow-Putsches in einer delikaten Lage: Wenn die Sowjets nicht in die Offensive gegangen wären (die Machtübernahme), hätten Kerenski und seine Freunde neue Anstrengungen unternommen, sie zu lähmen und später zu liquidieren, um auf diese Weise die Revolution zu zerstören.
Dies hatte eine noch größere Bedeutung für Deutschland, Österreich, Frankreich, England etc., wo die Unzufriedenheit der Arbeiter entweder einen mächtigen Impuls durch die russische Revolution erhielt oder im Gegenteil Gefahr lief, sich in einer Reihe von Einzelgefechten aufzureiben.
Die Machtübernahme in Russland wurde überall als ein Beitrag zur Weltrevolution betrachtet und nicht als eine Aufgabe nationalen Wirtschaftsmanagements. Einige Monate nach jenem Oktober sprach Lenin auf der Konferenz der Fabrikkomitees in der Moskauer Region in diesem Sinne „Die russische Revolution ist nur ein Kontingent der internationalen sozialistischen Armee, von deren Aktion der Erfolg und der Triumph unserer Revolution abhängt. Dies ist ein Fakt, den niemand von uns aus den Augen verlieren darf (…) Angesichts der Isolation ihrer Revolution ist sich das russische Proletariat sehr wohl bewusst, dass eine wesentliche Bedingung und eine zentrale Erfordernis für ihren Sieg die gemeinsame Aktion der Arbeiter der ganzen Welt ist“.
Ökonomische oder politische Revolution?
Indem Du Dir die rätistische Position zu Eigen machst, betrachtest Du als die treibende Kraft die Durchführung der kommunistischen ökonomischen Maßnahmen vom ersten Tag der Revolution an. Du bringst das in zahlreichen Passagen deines Textes zum Ausdruck, so wenn Du schreibst „… im April 1918 veröffentlichte Lenin ‚Die unmittelbaren Aufgaben der Sowjetmacht’, worin er die Idee der Errichtung eines Staatskapitalismus unter der Kontrolle der Partei mit dem Ziel untersucht, die Produktivität, Rentabilität und Arbeitsdisziplin zu erhöhen sowie um der kleinbürgerlichen Mentalität und dem anarchistischen Einfluss ein Ende zu bereiten, und wo er ohne Zweifel bürgerliche Methoden propagierte wie zum Beispiel: den Einsatz bürgerlicher Spezialisten, Akkordarbeit, die Anwendung des Taylorismus, Ein-Mann- Management [7]… Als ob die Methoden der kapitalistischen Produktion neutral seien und ihre Anwendung durch die Arbeiterpartei ihren sozialistischen Charakter garantieren würde. Der Zweck des sozialistischen Aufbaus rechtfertigt die Mittel.“ Als eine Alternative schlägst Du vor, dass sich „die Revolution nicht selbst auf die Verwaltung des Kapitalismus beschränken darf bis zum weit entfernt liegenden Triumph der Revolution, sie muss die kapitalistischen Produktionsverhältnisse (wie Lohnarbeit und Warenwirtschaft) abschaffen“, indem „sie die Vergesellschaftung der Produktionsverhältnisse mit der Berechnung der notwendigen, gesellschaftlichen Arbeit für die Herstellung der Güter“ entwickelt.
Der Kapitalismus hat die Bildung des Weltmarktes mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts abgeschlossen. Dies bedeutet, dass das Wertgesetz in der ganzen Weltwirtschaft wirksam ist und sich kein Land oder keine Ländergruppe diesem Gesetz entziehen kann. Die proletarische Bastion (das Land oder die Länder, in denen die Revolution gesiegt hat) bildet darin keine Ausnahme. Die Machtergreifung in der proletarischen Bastion bedeutet nicht die Bildung eines „befreiten Gebietes“. Im Gegenteil, dieses Gebiet wird solange dem Feind gehören, wie es weiterhin dem Wertgesetz der kapitalistischen Welt unterworfen ist.[8] Die Macht des Proletariats ist hauptsächlich politisch und die wesentliche Rolle des Gebietes, das gewonnen wurde, besteht darin, als Brückenkopf der Weltrevolution zu agieren.
Der Kapitalismus hat der Menschheitsgeschichte zwei Vermächtnisse hinterlassen: die Bildung des Proletariats und den objektiv internationalen Charakter der Produktivkräfte. Diese zwei Vermächtnisse werden von der Theorie der „unmittelbaren Vergesellschaftung der Produktionsverhältnisse“ grundsätzlich angegriffen: so durch die vermeintliche „Abschaffung“ der Lohnarbeit und die Errichtung eines Marktes auf der Ebene der Fabrik, der Stadt oder des jeweiligen Landes. Einerseits kehrt dies die Produktion um in eine Mischung kleiner, autonomer Einheiten, wodurch sie zum Gefangenen der Tendenz zur Explosion und Fragmentierung wird, die den Kapitalismus in dieser Phase der Dekadenz prägt und in dramatischer Art und Weise in ihrer Endphase des Zerfalls konkretisiert wird. [9] Andererseits führt es zur Spaltung des Proletariats, wenn es an die Interessen und Bedürfnisse einzelner lokaler, sektoraler oder nationaler Einheiten gebunden wird, die von den kapitalistischen Produktionsverhältnissen „befreit“ sind.
Du sagst weiter, dass „in Russland sich seit 1917 ein revolutionärer Zyklus geöffnet hat, der sich 1937 schloss. Die russischen Arbeiter waren zwar fähig, die Macht zu übernehmen, aber nicht dazu fähig, sie für eine kommunistische Umwandlung zu nutzen. Rückständigkeit, Krieg, ökonomischer Zusammenbruch und internationale Isolation als solche erklären aber nicht den Rückfluss. Diese Erklärung wäre eine politische, die die Macht fetischisiert und von der ökonomischen Umwandlung abgekoppelt ist, welche von den Klassenorganen durchgeführt wird: Versammlungen und Räte, in denen die Spaltung zwischen politischen und gewerkschaftlichen Aufgaben überwunden ist. Die leninistische Konzeption überschätzt die Frage der politischen Macht, die in ihren Augen die Vergesellschaftung der Wirtschaft und die Umwandlung der Produktionsverhältnisse bestimmt: Der Leninismus ist die bürokratische Krankheit des Kommunismus. Wenn die Revolution in erster Linie eine politische ist, dann beschränkt sie sich selbst darauf, den Kapitalismus in der Hoffnung auf die Weltrevolution zu verwalten. Damit stärkt sie eine Macht, die keine andere Aufgabe hat als die Unterdrückung und den Kampf gegen die Bourgeoisie. Ein Kampf, der dazu führt, dass diese Macht sich verewigt, zunächst mit dem Anspruch, die Perspektive der Weltrevolution zu verfolgen, dann um sich selbst zu erhalten“.
Der wahre Grund, warum Du so verzweifelt „kommunistische, wirtschaftliche Maßnahmen“ in den Mittelpunkt stellst, ist Deine Furcht davor, dass die proletarische Revolution „auf der politischen Ebene steckenbleiben könnte“ und sie in eine hohle Phrase verwandelt, die keinerlei bedeutsame Veränderung in den Bedingungen der Arbeiterklasse erbringt.
Die bürgerliche Revolution war in erster Linie ökonomischer Natur und schloss die Aufgabe der Ausmerzung der politischen Macht der alten Feudalklasse ab oder erreichte zumindest eine Verständigung mit ihr. „ Jede dieser Entwicklungsstufen der Bourgeoisie war begleitet von einem entsprechenden politischen Fortschritt. Unterdrückter Stand unter der Herrschaft der Feudalherren, bewaffnete und sich selbst verwaltende Assoziation in der Kommune; hier unabhängige städtische Republik (…) dort dritter steuerpflichtiger Stand der Monarchie (…), dann zur Zeit der Manufaktur Gegengewicht gegen den Adel in der ständischen oder in der absoluten Monarchie, Hauptgrundlage der großen Monarchien überhaupt, erkämpfte sie sich endlich seit der Herstellung der großen Industrie und des Weltmarktes im modernen Repräsentativstaat die ausschließliche politische Herrschaft“. („Kommunistisches Manifest“, 1848, MEW, Bd. 4, S. 464) Die Bourgeoisie erlangte im Verlauf von drei Jahrhunderten eine unumstrittene Position auf ökonomischem Gebiet (Handel, Kreditwesen, Manufaktur, Großindustrie), was sie schließlich in die Lage versetzte, die politische Macht durch die Revolution zu erobern, wofür Frankreich 1789 beispielhaft stand.
Diese historische Entwicklung entspricht ihrem Wesen als eine ausbeutende Klasse (wobei sie eine neue Form der Ausbeutung anstrebt, nämlich die „freie“ Lohnarbeit als Gegenstück zur feudalen Leibeigenschaft) und den Charakteristiken ihrer Produktionsweise: private und nationale Aneignung des Mehrwertes.
Soll das Proletariat in seinem Kampf für den Kommunismus etwa denselben Weg folgen? Sein Ziel ist nicht die Schaffung einer neuen Form der Ausbeutung, sondern die Abschaffung jedweder Ausbeutung. Das bedeutet, es darf nicht danach streben, innerhalb der alten Gesellschaft eine ökonomische Machtposition zu errichten, von der aus es zur Eroberung der politischen Macht startet. Vielmehr muss es den entgegengesetzten Weg verfolgen: die Ergreifung der politischen Macht auf Weltebene und von hier aus den Aufbau einer neuen Gesellschaft.
Die Ökonomie bedeutet die Unterwerfung des menschlichen Lebens unter die objektiven Gesetze, unabhängig von ihrem Willen. Die Ökonomie bedeutet Ausbeutung und Entfremdung. Marx sprach nicht von einer „kommunistischen Wirtschaft“, sondern von der Kritik der politischen Ökonomie. Kommunismus bedeutet die Herrschaft der Freiheit anstatt der Herrschaft der Notwendigkeit, die die Geschichte der Menschheit unter der Ausbeutung und Unterdrückung bestimmt hat. Der grundsätzliche Irrtum der „Prinzipien der Kommunistischen Produktion und Verteilung“ [10], ein zentraler Text für die Rätebewegung, besteht in dem Versuch, die Arbeitszeit als neutralen und unpersönlichen Automatismus darzustellen, der die Produktion reguliert. Marx kritisierte diese Idee in der „Kritik des Gothaer Programms“, indem er aufzeigte, dass sich die Vorstellung „gleiche Arbeit für gleiches Geld“ durchaus noch im Rahmen des bürgerlichen Rechtsraumes bewegt. Lange zuvor hatte er bereits im „Elend der Philosophie“ betont: „In einer zukünftigen Gesellschaft, wo der Klassengegensatz verschwunden ist, wo es keine Klassen mehr gibt, würde der Gebrauch nicht mehr von dem Minimum der Produktionszeit abhängen, sondern die Produktionszeit, die man den verschiedenen Gegenständen widmet, würde bestimmt durch die gesellschaftliche Nützlichkeit“. (MEW, Bd. 4, S. 93) „Die Konkurrenz führt das Gesetz durch, nach welchem der Wert eines Produktes durch die zu seiner Herstellung notwendige Arbeitszeit bestimmt wird. Die Tatsache, dass die Arbeitszeit als Maß des Tauschwertes dient, wird auf diese Art zum Gesetz einer beständigen Entwertung der Arbeit “. (idem, Seite 94 f) [11]
In Deinem Text stellst Du den „Leninismus“ als „Fetischisierung“ des Politischen dar. Demnach hätte sich die gesamte Arbeiterbewegung, bei Marx angefangen, dieses „Fehlers“ schuldig gemacht. Aber es war gerade Marx in seiner Polemik gegen Proudhon (siehe den oben angeführten Band 4) der aufzeigte, dass „der Gegensatz zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie ein Kampf Klasse gegen Klasse (ist), ein Kampf, der, auf seinen höchsten Ausdruck gebracht, eine totale Revolution bedeutet. Braucht man sich übrigens zu wundern, dass eine auf dem Klassengegensatz gegründete Gesellschaft, auf den brutalen Widerspruch hinausläuft auf den Zusammenstoß Mann gegen Mann als seine letzte Lösung?“.
Man sage nicht, dass die gesellschaftliche Bewegung die politische ausschließt. Es gibt keine politische Bewegung, die nicht gleichzeitig auch eine gesellschaftliche wäre.
Nur bei einer Ordnung der Dinge, wo es keine Klassen und keinen Klassengegensatz gibt, werden die gesellschaftlichen Entwicklungen aufhören, politische Revolutionen zu sein. Bis dahin wird am Vorabend jeder allgemeinen Neugestaltung der Gesellschaft das letzte Wort der Gesellschaftswissenschaft stets lauten:
„Kampf oder Tod, blutiger Krieg oder das Nichts. So ist die Frage unerbittlich gestellt.“ (aus der Einleitung zu Georg Sands historischem Roman: „Jean Ziska“) (MEW, Bd. 4, S. 182)
Die Rätebewegung begründet die Verteidigung des ökonomischen Charakters der proletarischen Revolution mit folgendem Syllogismus: Da die Grundlage der Ausbeutung des Proletariats die Ökonomie ist, ist es erforderlich, kommunistisch-ökonomische Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu beseitigen.
Um auf diesen Sophismus zu antworten, ist es nötig, den schlüpfrigen Boden der formalen Logik zu verlassen und sich stattdessen auf den festen Boden der historischen Entwicklung zu begeben. In der Geschichte der menschlichen Entwicklung haben zwei, sich eng aufeinander beziehende, aber auch voneinander unabhängige Faktoren eine wesentliche Rolle gespielt: einerseits die Entwicklung der Produktivkräfte sowie die Ausgestaltung der Produktionsverhältnisse (der ökonomische Faktor) und andererseits der Klassenkampf (der politische Faktor). Die Aktionen der Klasse basieren sicherlich auf der Entwicklung des ökonomischen Faktors, aber sie sind beileibe keine bloße Widerspiegelung dessen; sie sind nicht bloße Antworten auf ökonomische Impulse in der Art der Pawlowschen Hunde. Wir haben in der Geschichte der menschlichen Entwicklung eine klare Tendenz zu einem wachsenden Gewicht des politischen Faktors (dem Klassenkampf) gesehen: Die Auflösung des alten primitiven Kommunismus und sein Ersatz durch die Skavenhaltergesellschaft war ein von Grund auf gewaltsamer, objektiver Prozess, das Produkt Jahrhunderte langer Entwicklungsgeschichte. Der Übergang von der Sklavenhaltergesellschaft zum Feudalismus entstand aus dem allmählichen Prozess des Niederganges der alten Ordnung und der Herausbildung einer neuen, wobei der bewusste Faktor nur ein begrenztes Gewicht hatte. Dagegen hatten in der bürgerlichen Revolution die Aktionen der Klassen ein größeres Gewicht, obgleich „die Bewegung der übergroßen Mehrheit im Interesse einer Minderheit stattfand“. Nichtsdestoweniger wurde, wie wir oben gezeigt haben, die Bourgeoisie von der überwältigenden Stärke der enormen ökonomischen Umwälzung getragen, die in großen Teilen das Produkt eines objektiven und unvermeidlichen Prozesses war. Das Gewicht des ökonomischen Faktors war immer noch erdrückend.
Andererseits ist die proletarische Revolution das Endergebnis des Klassenkampfes zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie, was von Anfang an ein hohes Maß an Bewusstsein und eine aktive Teilnahme erfordert. Diese fundamentale und grundlegende Dimension des subjektiven Faktors (das Bewusstsein, die Einheit, die Solidarität, das Vertrauen der Arbeiterklasse) kennzeichnet den Vorrang des politischen Charakters der proletarischen Revolution, die die erste wirklich massenhafte und bewusste Revolution in der Geschichte ist.
Du bevorzugst eine proletarische Revolution, die durch die aktive und bewusste Teilnahme der großen Mehrheit der Arbeiter getragen wird, was sich durch ein Maximum an Einheit, Solidarität, Bewusstsein, Hingabe und kreativen Willen ausdrückt. Gut, genau darin liegt der politische Charakter der proletarischen Revolution.
„Die ökonomische Revolution“ des Rätismus in der Praxis.
Deine Bilanz der russischen Revolution kann wie folgt zusammengefasst werden: Wenn sie statt der Fetischisierung des Politischen und der doch „so weit entfernten Weltrevolution“ die Abschaffung der Lohnarbeit und des Warentausches in Angriff genommen hätte, dann hätte sie keinen „Bürokratismus“ hervorgebracht und die Revolution wäre vorangeschritten. Diese Lehre übte einen großen Reiz auf den Rätekommunismus aus und wird vom heutigen Rätismus vulgarisiert.
Indem der Rätismus diese Position bezieht, bricht er mit der Tradition des Marxismus und verbindet sich mit dem Anarchismus und dem Ökonomismus. Diese Position des Rätismus ist nicht neu: Proudhon vertrat sie – und wurde von Marx in seiner Kritik auseinandergenommen. Später wurde sie von der Theorie der Genossenschaften einverleibt und anschließend vom Anarchosyndikalismus und revolutionären Syndikalismus, sowie in Russland vom Ökonomismus vertreten. 1917-1923 wurde sie durch den Austromarxismus [12] sowie von Gramsci und seiner „Theorie“ der Fabrikräte wiederbelebt; [13] Otto Rühle und einige Theoretiker der AUUD schlugen denselben Weg ein. Trotz richtiger Argumente, wie jene von der Gruppe Demokratischer Zentralismus, verfiel Kollontais Arbeiteropposition in Russland denselben Ideen. 1936 kürte der Anarchismus die spanischen „Kollektive“ zur großen Alternative zur bolschewistischen [14] „Bürokratie und zum Staatskommunismus“.
Das Gemeinsame all dieser Anschauungen – und damit auch die Wurzel des Rätismus- ist eine Konzeption von der Arbeiterklasse als eine rein ökonomische und soziologische Kategorie. Sie betrachtet die Arbeiterklasse nicht als geschichtliche Klasse, geprägt durch die Kontinuität ihres Kampfes und ihres Bewusstseins, sondern als Summe von Individuen, die durch die beschränktesten ökonomischen Interessen motiviert werden [15].
Die Rechnung des Rätismus ist die folgende: Um die Revolution zu verteidigen, müssen die Arbeiter „sicherstellen“, dass es unmittelbare Erfolge gibt, dass sie sich der Früchte der Revolution bemächtigen. Darunter wird ihre „Kontrolle“ der Fabriken verstanden, die ihnen erlaubt, sich selbst zu verwalten. [16]
„Fabrikkontrolle“? Welche Kontrolle soll es geben, wo doch die Produktion den Kosten und der Profitrate unterworfen ist, die Ausdruck der Konkurrenz auf dem Weltmarkt ist?
Entweder - oder: Entweder verkündet man die Autarkie und bewirkt damit einen Rückschritt unkalkulierbaren Ausmaßes, was die ganze Revolution vernichten würde, oder man arbeitet inmitten eines kapitalistischen Weltmarktes, wobei man sich seinen Gesetzmäßigkeiten zu unterwerfen hat.
Der Rätismus proklamiert die “Aufhebung der Lohnarbeit“ durch Beseitigung der Löhne und ihren Ersatz durch „Arbeitszeitgutscheine“. Dies umgeht das Problem mit schön klingenden Worten: Es ist notwendig, eine bestimmte Anzahl von Stunden zu arbeiten und wie korrekt auch immer die Arbeitszeitgutscheine sind, es fallen immer Stunden an, die bezahlt werden, und Stunden, die unbezahlt bleiben - der so genannte Mehrwert. Die Losung: „ein gerechtes Tagewerk für einen gerechten Lohn“ ist Teil des bürgerlichen Gesetzes und beinhaltet die schlimmsten Ungerechtigkeiten, wie Marx schon aufzeigte.
Der Rätismus proklamiert die „Abschaffung der Warenwirtschaft“ und ihren Ersatz durch die „Buchhaltung zwischen den Fabriken“. Aber auch hier befinden wir uns in demselben Dilemma: Was produziert wird, muss sich nach dem Tauschwert richten, den die Konkurrenz auf dem Weltmarkt vorgibt.
Der Rätismus versucht das Problem der revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft durch „Formen und Namen“ zu lösen, vermeidet es aber, das Problem an der Wurzel zu packen.
„Herr Bray ahnte nicht, dass dieses egalitäre Verhältnis, dieses Verbesserungsideal, welches er in die Welt einführen will, selbst nichts anderes ist als der Reflex der gegenwärtigen Welt und dass es infolgedessen total unmöglich ist, die Gesellschaft auf einer Basis rekonstruieren zu wollen, die selbst nur der verschönerte Schatten dieser Gesellschaft ist. In dem Maße, wie der Schatten Gestalt annimmt, bemerkt man, dass diese Gestalt, weit entfernt, ihre erträumte Verklärung zu sein, just die gegenwärtige Gestalt der Gesellschaft ist.“ („Das Elend der Philosophie“, MEW, Bd. 4, S. 105).
Die Vorstellungen des Anarchismus und Rätismus zur „ökonomischen Revolution“ gehen in dieselbe Richtung wie die des Herrn Bray: Wenn dieser Schatten Gestalt annimmt, wird deutlich, dass er nichts anderes als die aktuelle Gestalt der bestehenden Gesellschaft ist. 1936 tat der Anarchismus mit seinen Kollektiven nichts anderes, als ein Regime von extremer Ausbeutung im Dienst der Kriegswirtschaft zu errichten. Das Ganze versuchte er mit den Ideen von der „Selbstverwaltung“, der „Abschaffung des Geldes“ und anderem Unsinn zu verschönern.
Wie dem auch sei, es gibt einige sehr ernste Konsequenzen aus diesen rätistischen Vorstellungen: Sie verleiten die Arbeiterklasse dazu, ihre historische Mission für einen Apfel und ein Ei, für die „sofortige Beschlagnahme der Fabriken“ zu verraten.
In Deinem Text hast Du betont, dass „Klasse und Partei nicht die gleichen Absichten haben. Die Bestrebungen der Arbeiter gehen in Richtung der Übernahme der Führung der Fabriken und ihrer Produktionsleitung“. „Übernahme der Führung der Fabriken“ bedeutet, dass jeder Teil der Arbeiterklasse seinen Teil der Beute an sich nimmt, die dem Kapitalismus zuvor entrissen worden war, und ihn nun, natürlich in Koordination mit den Arbeitern anderer Fabriken, zu seinem Nutzen verwendet. Das heißt, wir kommen vom Eigentum des Kapitalisten zum Eigentum des einzelnen Arbeiters. Nur den Kapitalismus, den haben wir nicht überwunden!
Schlimmer noch, es bedeutet, dass jene Arbeitergeneration, die die Revolution macht, die Reichtümer, die sie zuvor dem Kapitalismus genommen hat, konsumieren wird, ohne auch nur einen Gedanken an die Zukunft zu „verschwenden“. Dies führt die Arbeiterklasse dazu, ihre historische Aufgabe, den Kommunismus im Weltmaßstab zu errichten, zu verleugnen und stattdessen der Illusion zu verfallen, „alles sofort zu haben“.
Die Versuchung, die Fabriken „unter sich aufzuteilen“, stellt eine reale Gefahr für den nächsten revolutionären Versuch dar, weil der heutige Kapitalismus in seine letzte Phase, die des Zerfalls, getreten ist.[17] Zerfall bedeutet Chaos, Auflösung, Zusammenbruch der Wirtschaft und Zersplitterung der gesellschaftlichen Strukturen in ein aus den Fugen geratenes Mosaik von Fragmenten, und auf der ideologischen Ebene den Verlust einer historischen, weltweiten und einheitlichen Sichtweise, die die bürgerliche Ideologie als „Totalitarismus“ und „Bürokratie“ zu verunglimpfen sucht. Die Kräfte der Bourgeoisie tun dies im Namen der „demokratischen Kontrolle“, der „Selbstverwaltung“ und anderer ähnlicher Phrasen. Es besteht die Gefahr, dass die Klasse aufgrund des völligen Verlustes der historischen Perspektive geschlagen und in die einzelne Fabrik oder Lokalität eingesperrt wird.
Dies wird nicht nur eine fast endgültige Niederlage sein, sondern bedeutet auch, dass die Arbeiterklasse durch den Mangel an einer historischen Perspektive, durch den Egoismus, den Drang zur Unmittelbarkeit und die völlige Abwesenheit von Zielen zermürbt wird. Genau das ist es, was von der gesamten bürgerlichen Ideologie in der gegenwärtigen Phase des Zerfalls propagiert wird.
Die wirklichen Lehren der Russischen Revolution
Die proletarische Bastion wird inmitten eines brutalen und quälenden Widerspruchs geboren: Einerseits führt der Kapitalismus einen Kampf auf Leben und Tod gegen diese Bastion mit wirtschaftlichen, militärischen und imperialistischen Mitteln (militärische Invasion, Blockade, den Zwang, Warenhandel selbst zu den ungünstigsten Bedingungen zu betreiben, um zu überleben). Andererseits muss die Arbeiterklasse das Eisen um ihren Hals mit den einzigen Waffen, die sie hat, brechen: die Einheit und das Bewusstsein der gesamten Klasse sowie die weltweite Ausdehnung der Revolution.
Dies zwingt sie dazu, eine komplexe, zeitweilig widersprüchliche Politik zu betreiben, um eine Gesellschaft, die vom Zerfall bedroht ist, über Wasser zu halten (Versorgung, minimales Funktionieren des Produktionsapparates, militärische Verteidigung) und gleichzeitig den Hauptteil ihrer Kräfte auf die Ausdehnung der Revolution und die Auslösung weiterer proletarischer Aufstände zu richten.
In den ersten Jahren der Räteherrschaft verfolgten die Bolschewiki diese Politik standhaft. In ihrer kritischen Studie der russischen Revolution verdeutlichte Rosa Luxemburg dies: „Die Revolution Russlands war in ihren Schicksalen völlig von den internationalen (Ereignissen) abhängig. Dass die Bolschewiki ihre Politik gänzlich auf die Weltrevolution des Proletariats stellte, ist gerade das glänzendste Zeugnis ihres politischen Weitblicks und ihrer grundsätzlichen Treue, des kühnen Wurfs ihrer Politik“ (Rosa Luxemburg, „Zur russischen Revolution“, Werke Bd. 4, S. 334).
So stellte die Resolution des territorialen Moskauer Büros der Bolschewistischen Partei vom Februar 1918 bezüglich der Brest-Litowsk-Debatte fest „Im Interesse der internationalen Revolution gehen wir das Risiko des Verlustes der Macht der Räte ein, die zu etwas rein Formalen gemacht werden; heute wie gestern gilt das Ziel der Ausdehnung der Revolution auf alle Länder.[18]
Innerhalb dieser Politik begingen die Bolschewiki eine Reihe von Fehlern. Und dennoch konnten diese Fehler korrigiert werden, solange die Kräfte der Revolution weiterlebten. Erst von 1923 an, als der Revolution in Deutschland ein tödlicher Schlag versetzt worden war, setzte sich die Tendenz der Bolschewiki, sich zum Gefangenen des russischen Staatsapparates zu machen und sich damit endgültig in einen nicht lösbaren Widerspruch zum internationalen Proletariat zu begeben, endgültig durch. Die bolschewistische Politik fing, an, zu einem bloßen Sachwalter des Kapitals zu werden.
Eine marxistische Kritik dieser Fehler hat nichts gemein mit der Kritik, wie sie vom Rätismus vorgetragen wird. Die rätistische Kritik führt zum Anarchismus und zur Bourgeoisie, während die marxistische Kritik die Stärkung der proletarischen Positionen ermöglicht. Viele Fehler wurden vom Rest der internationalen Arbeiterbewegung (Luxemburg, Bordiga, Pannekoek) geteilt. Unser Ziel hier ist es nicht, die Bolschewiki von „ihren Sünden rein zu waschen“, sondern einfach aufzuzeigen, dass dies ein Problem der gesamten internationalen Arbeiterklasse war und nicht das Produkt des „Bösen“, des „Machiavellismus“ und des „versteckten bourgeoisen Charakters der Bolschewiki“, wie die Rätisten annehmen.
Wir können hier nicht die marxistische Kritik der bolschewistischen Fehler darlegen, aber wir haben ausführlich dazu in der Presse unserer Strömung geschrieben. Wir möchten besonders die folgenden Texte hervorheben:
- die Artikelserien zum Kommunismus in der englischen Ausgabe der Internationalen Revue
- die Broschüre „Die Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Kommunismus,
- die Broschüre „Die Russische Revolution“.
Diese Dokumente könnten als Grundlage für die Fortsetzung der Diskussion dienen.
Wir hoffen, einen Beitrag zu einer klaren und brüderlichen Debatte geleistet zu haben.
Mit kommunistischen Grüßen
Accion Proletaria/Internationale Kommunistische Strömung
Fußnoten:
[1] Die extremsten Vertreter des Rätismus lassen es nicht dabei bewenden, Lenin in Frage zu stellen. Sie machen auch vor Marx nicht Halt und umarmen dabei Proudhon und Bakunin. Tatsächlich folgen sie der unerbittlichen Logik einer Position, die behauptet, es gäbe eine Kontinuität zwischen Lenin und Stalin. Siehe hierzu unseren Artikel „Zur Verteidigung des proletarischen Charakters des Oktobers 1917“ in der Internationalen Revue, Nr. 5 und 6, der ein grundsätzlicher Artikel für die Diskussion über die russische Frage ist.
[2] Natürlich weisen wir die Kampagne der Bourgeoisie gegen Lenin auf das Schärfste zurück. Dies bedeutet aber nicht, dass wir alle seine Positionen blind akzeptieren. Im Gegenteil, in verschiedenen Texten haben wir seinen Irrtümern und Verwirrungen bezüglich des Imperialismus sowie bezüglich des Verhältnisses von Partei und Klasse Rechnung getragen. Solche Kritik stellt einen Teil der revolutionären Tradition dar. (Sie ist für uns, wie Rosa Luxemburg sagt, die notwendige Luft zum Atmen). Aber die revolutionäre Kritik hat eine Methode und eine Zielrichtung, die den Lügen und Verdrehungen der Bourgeoisie und der Parasiten diametral entgegengesetzt ist.
[3] Wir wollen hier die Frage nicht vertiefen. Wir haben Dir das Buch über die deutsch-holländische Linke, das wir auf Französisch und Englisch herausgegeben haben, zugeschickt.
[4] Siehe hierzu unseren Artikel „Der Mythos der anarchistischen Kollektive“, veröffentlicht in der Internationalen Revue, Nr.4, und in unserem Buch „1936: Franco y la Republica aplastan al proletariado“. Leider können wir hier die Frage nicht vertiefen: Verglichen mit dem vermeintlich bürokratischen und autoritären russischen „Modell“, galt das spanische Modell von 1936 demgegenüber als „demokratisch“, „selbst bestimmt“ und „auf der autonomen Initiative der Massen basierend“.
[5] Im Rahmen dieser Antwort können wir die Schlüsselbehauptung der „Thesen zum Bolschewismus“ – in denen von der bürgerlichen Natur der Russischen Revolution die Rede ist - nicht widerlegen. Wir haben jedoch in der International Review, Nr. 12, 13 (s. Fußnote 1) und in der„Antwort von Pannekoek auf Lenin als Philosoph“ in: International Review Nr.25, 27 und 30 auf diesen Punkt ausreichend geantwortet. Dieser Artikel Pannekoeks stellt einen Bruch mit der früheren Position dar, die von vielen Mitgliedern der Rätebewegung einst vertreten worden war: 1921 stellte Pannekoek fest, dass „die Taten der Bolschewiki von unermesslichem Nutzen für die Revolution in Westeuropa sind. Sie haben dem Weltproletariat erstmalig mit der Machtergreifung ein Beispiel gegeben. Durch ihre Praxis haben sie das große Prinzip des Kommunismus aufgezeigt: Diktatur des Proletariats und das System der Räte oder die Räteversammlungen (zitiert aus unserem Buch „Die deutsche und holländische kommunistische Linke“, Fußnote 69, S. 194 in der englischen Ausgabe).
[6] siehe hierzu „Die Epigonen des Rätismus in der Praxis“ in der International Review, Nr.2, „Brief an Arbetamarket“ in der International Review, Nr.15, „Die rätistische Gefahr“ in der International Review, Nr.40, sowie den Artikel „Die Armut des modernen Rätismus“ in der International Review, Nr. 42.
[7] Wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass wir gewisse Produktionsmethoden, die von Lenin befürwortet wurden, kritisieren und dass sie auch innerhalb der Partei von Gruppen wie die Gruppe Demokratischer Zentralismus kritisiert wurden. Siehe hierzu den Artikel aus der Serie zum Kommunismus veröffentlicht in der International Review, Nr.99.
[8] Das proletarische Bollwerk muss Nahrungsmittel, Medizin, Rohstoffe, Industriegüter etc. zu hohen Preisen kaufen. Zudem wird es mit Blockaden und, was ebenso wahrscheinlich ist, mit einem äußerst schlecht organisierten Transportwesen zu tun haben. Dies war nicht allein ein Problem des rückständigen Russlands. Wie wir in unserer Broschüre „Russland 1917:Der Beginn der Weltrevolution“ aufgezeigt haben, wird uns dieses sehr schwerwiegende Problem gerade auch in zentralen Ländern wie Deutschland oder England begegnen. Hinzu kommt der Kampf, den die Bourgeoisie gegen die proletarische Bastion führen wird, die Handelsblockaden, militärische Kriege, Sabotage etc. Und schlussendlich werden die zukünftigen revolutionären Versuche des Proletariats mit der schweren Last der Konsequenzen des dahinsiechenden, verfaulenden Kapitalismus konfrontiert sein: mit dem Zusammenbruch der Infrastruktur, der chaotischen Kommunikation und Versorgung, den verheerenden Folgen einer endlosen Reihe regionaler Kriege, mit der Umweltzerstörung.
[9] All das gegenwärtige Gerede über die „Globalisierung“ des Kapitalismus, das sowohl von den Anhängern des „Neoliberalismus“ als auch von seinen Gegnern, der „Antiglobalisierungsbewegung“, geteilt wird, leugnet die Tatsache, dass sich der Weltmarkt vor einem Jahrhundert gebildet hat und dass das Problem, vor dem das System heute steht, seine unheilbare Tendenz zur Explosion und brutaler Selbstzerstörung vor allem durch imperialistische Kriege ist.
[10] Wir können an dieser Stelle keine Kritik der ‚Grundprinzipien‘ entwickeln. Wir möchten, wie bereits geschehen, nochmals auf unser Buch zur Geschichte der Deutsch-Holländischen Linken verweisen: hier die Seiten 248 bis 269 in der englischen Ausgabe.
[11] Pannekoek formulierte aus gutem Grund ernsthafte Bedenken gegen die ‚Grundprinzipien‘, siehe unser o.g. Buch.
[12] siehe den Artikel „Vom Austromarxismus zum Austrofaschismus“ in der International Review, Nr.2.
[13] siehe hierzu die deutliche Kritik, die Bordiga an Gramscis Spekulationen übt, in dem Buch „Debatte um die Betriebsversammlungen“.
[14] siehe Fußnote [4].
[15] Es ist keineswegs paradox, dass der Rätismus denselben Fehler begeht, den Lenin in „Was tun?“ macht. Nämlich zu sagen, dass die Arbeiter nur zu einem gewerkschaftlichen Bewusstsein in der Lage wären. Und doch gibt es eine ganze Welt von Unterschieden zwischen Lenin und den Rätisten: Obwohl Lenin seinen Fehler korrigieren konnte, und zwar nicht, wie Du ihm unterstellst, aus taktischen Gründen, sind die Rätisten nicht in der Lage, dies anzuerkennen.
[16] Bei allen Differenzen und ohne den Vergleich zu übertreiben, sehen die Rätisten die Arbeiter in derselben Rolle wie die Bauern in der Französischen Revolution. Letztere wurden vom Joch des Feudalismus sowie von der bäuerlichen Armut befreit und wurden zu enthusiastischen Soldaten in der revolutionären Armee, besonders in der napoleonischen. Abgesehen von dieser Einschätzung wird hier eine Sichtweise deutlich, die das Proletariat gering schätzt und als ‚bewusstlos‘ betrachtet. Sie widerspricht allen Plädoyers für die „Teilnahme“ und die „Initiative“ der Massen, die der Rätismus hält. Was aber noch ernster zu nehmen ist, ist, dass vergessen wird, dass, während die Bauern durch eine Umverteilung des Landbesitzes befreit werden können, sich die Arbeiter niemals durch einen Besitzerwechsel der Fabriken befreien können. Die proletarische Revolution besteht nicht lediglich aus der lokalen und juristischen Befreiung vom kapitalistischen Herrn, sondern vielmehr aus der Befreiung des Proletariats und der ganzen Menschheit vom Joch der globalen und objektiven gesellschaftlichen Verhältnisse, die über die persönlichen und die Eigentumsverhältnisse hinaus wirken: die Verhältnisse der kapitalistischen Produktion, basierend auf der Warenwirtschaft und der Lohnarbeit.
[17] siehe Internationale Revue, Nr. 12, „Thesen zum Zerfall des Kapitalismus“.
[18] Unter Bezug auf den Vertrag von Brest-Litowsk sagst Du, „die Zurückweisung des revolutionären Krieges, obwohl dieser in der kurzen Zeit den vorläufigen Verlust der Städte bedeutete, habe die Entwicklung eines Volkskrieges mit der Herausbildung von Milizen auf dem Lande und des Zusammenschlusses der revolutionären Arbeiter mit den Bauern unmöglich gemacht. Dabei hätte genau das, wie die Bolschewistische Linke behauptete, die Chancen der Herausbildung einer kommunistischen Produktionsform begünstigt“. Wir können diese Frage hier nicht vertiefen, verweisen aber auf unsere französische Broschüre, siehe Fußnote [8]. Wie dem auch sei, Deine Überlegungen werfen einige Fragen auf. An erster Stelle: Was ist die „bäuerliche Revolution?“. Welche „Revolution“, die mit dem „revolutionären Arbeiter“ verschmelzen muss, können die Bauern machen? Die Bauern sind keine Klasse, sondern eine soziale Schicht, in der verschiedene Gesellschaftsklassen mit völlig entgegengesetzten Interessen vorkommen: Gutsbesitzer, mittlere und kleine Landbesitzer, Tagelöhner…
Andererseits: wie soll auf Basis des Guerillakrieges auf dem Lande und mit Städten, in denen der Feind herrscht, eine „kommunistische Produktionsform“ aufgebaut werden?