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Vor einem Jahr kam es drei Wochen lang in den Straßen Griechenlands zu massiven Kämpfen gegen die Ermordung des griechischen jungen Anarchisten Alexandros Grigoropoulos durch die Polizei. Aber die Proteste auf der Straße, in den Schulen und Universitäten hatten große Schwierigkeiten, eine Verbindung zu den Kämpfen der Beschäftigten herzustellen. Es gab lediglich einen Streik, den der Grundschullehrer an einem Morgen, zur Unterstützung der Bewegung, obgleich damals die Unzufriedenheit unter den Beschäftigten sehr groß war und es einen Generalstreik gab – nichtsdestotrotz, es gelang nicht, die Verbindung zwischen den Beschäftigten und der Bewegung herzustellen.
Aber in Griechenland sind die Proteste der Beschäftigten nicht abgeklungen, nachdem die Protestbewegung versickerte. Der Arbeitsminister Andreas Lomberdos hat davor gewarnt, dass die für die Überwindung der Verschuldungskrise erforderlichen Maßnahmen, welche Griechenland aus dem Kreis der Eurozone herausdrängen könnte, zu einem Blutvergießen führen könnte. Die neue sozialistische Regierung redet von dem Zusammenschluss aller bürgerlichen Parteien und dem Aufbau einer nationalen Einheitsregierung, die einzelne Artikel der Verfassung wie das Recht auf öffentliche Versammlungen, Demonstrationen und Streiks außer Kraft setzen könnte.
Selbst bevor die Regierung ihre „Reformen“ ankündigte (d.h. Angriffe gegen die Arbeiterklasse), um das Haushaltsdefizit von 12,7% auf 2,8% im Jahre 2012 zu drücken, gab es schon eine große Welle von Arbeiterkämpfen. Hafenarbeiter, Telecom-Beschäftigte, Erzieher und Grundschullehrer, Taxifahrer, Stahlarbeiter und Kommunalbeschäftigte kämpften alle für auf den ersten Blick unterschiedliche Forderungen, aber ihr eigentlicher gemeinsamer Nenner war die Reaktion gegen die Angriffe des Staats und des Kapitals, welche die Kosten der Krise auf die Arbeiterklasse abwälzen wollen.
Bevor das Sparpaket von Premierminister Papandreou vorgestellt (und von der EU unterstützt) wurde, warnte dieser schon, dass es „schmerzhaft“ sein werde. Und am 29. Januar, bevor Details bekannt wurden, fand schon eine Demonstration von wütenden Feuerwehrleuten und anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Athen gegen das bestehende „Stabilitätsprogramm“ statt. Der Dreijahresplan der Regierung umfasst u.a. einen dreijährigen Lohnstopp für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und eine zehnprozentige Kürzung von anderen Leistungen. In der Summe entspricht dies ca. 5-15% Lohnkürzungen. In Pension gehende Beschäftigte werden nicht ersetzt, es ist die Rede von der Erhöhung des Renteneintrittalters, um die Rentenkasse zu sanieren.
Wenn der Staat nun noch heftigere Angriffe gegen eine ohnehin schon kämpferische Arbeiterklasse einleiten muss, zeigt dies das Ausmaß der Krise in Griechenland. Minister Lomberdos brachte es deutlich zum Ausdruck, als er sagte, dass diese Maßnahmen „nur gewaltsam umgesetzt werden können“. Aber diese Angriffe gegen alle Teile der Arbeiterklasse bieten auch die Möglichkeit, dass sich Arbeiter zu einem gemeinsamen Kampf zusammenschließen und gemeinsame Forderungen erheben.
Wenn man genauer hinsieht und untersucht, was die Gewerkschaften unternommen haben, kann man sehen, dass sie alles zur Spaltung der Arbeiter eingesetzt haben. Am 4./5. Februar gab es einen 48stündigen offiziellen Streik von Zoll- und Finanzbeamten, bei dem Häfen und Grenzübergänge dicht gemacht wurden, während gleichzeitig einige Bauern ihre Blockaden aufrechterhielten. „The Independent“ (2.5.10) titelte: „Streiks zwingen Griechenland n die Knie“ und beschrieben die Aktionen „als die ersten einer erwarteten Flut von ruppigen Streiks.“
Diese ‚erwartete Streikflut‘ beinhaltet Pläne von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, zum Parlamentsgebäude zu ziehen und gegen die Rentenkürzungen zu protestieren; am 11. Februar ist ein Streik seitens der stalinistischen Gewerkschaft PAME vorgesehen, die mit zwei Millionen Mitgliedern größte Gewerkschaft GSEE hat Streiks für den 24. Februar angekündigt.
Aber wenn sie so gespalten bleibt, wird die Arbeiterklasse in Griechenland den Staat nicht in die Knie zwingen. Die „Financial Times“ (5.2.10) meinte, dass „bislang die Gewerkschaften noch milde gegenüber den Sparplänen der Regierung reagiert haben, und damit eine gewisse Bereitschaft zum Ausdruck bringen, Opfer zur Überwindung der Wirtschaftskrise zu bringen,“ aber sie bemerkte auch einen „wachsenden Druck seitens der Gewerkschaften gegen die Sparprogramme der Regierung“. In Wirklichkeit haben die Gewerkschaften ihre Unterstützung für die sozialistische Regierung nicht abgeschwächt, aber in Anbetracht der wachsenden Wut in der Arbeiterklasse wissen sie, wenn sie nicht irgendwelche Aktionen durchführen, werden Arbeiter anfangen, ihre Maskeraden zu durchblicken. Gegenwärtig haben die Gewerkschaften ihre „radikale“ Maske aufgelegt; sie haben den Dialog über zukünftige Rentenpläne abgebrochen und mehrere ein- oder zweitägige Streiks angekündigt. Die Gewerkschaften zeigten in der Tat eine Bereitschaft, die Arbeiter zu Opfern zu drängen, aber nun müssen sie mit mehr Druck seitens der Arbeiterklasse rechnen.
Die Arbeiter müssen sich nicht nur vor den Gewerkschaften, sondern auch vor anderen „falschen Freunden“ in Acht nehmen. Die KKE (Griechische Kommunistische Partei) z.B. , die noch immer über einen gewissen Einfluss in der Arbeiterklasse verfügt, bezeichnete vor einem Jahr die Protestierenden als „Spitzel“ der „dunklen ausländischen Kräfte“ und „Provokateure“. Jetzt behauptet sie, dass „Arbeiter und Bauern das Recht haben, zu jedwedem Mittel des Kampfes zu greifen, um ihre Rechte zu verteidigen“. Wenn sie wieder in den alten Ton verfallen, sind andere linke Kräfte zur Stelle wie die Trotzkisten, um Arbeiter dazu aufzurufen, sich gegen Faschisten oder andere Rechtsradikale zu sammeln oder gegen den Einfluss des US-Imperialismus zu kämpfen; sie wollen somit die Arbeiter davon abhalten, dass diese den Kampf in ihre eigenen Hände nehmen. Während es in der Türkei gleichzeitig zu Streiks kam wie in Griechenland, werden die Gewerkschaften und ihre Verbündeten besonders bestrebt sein, all Probleme, vor denen die Arbeiter stehen, als Griechenland-spezifisch darzustellen, die für die Arbeiter international nicht von Belang seien.
Ein besonderes Merkmal der Lage in Griechenland ist, dass mehrere bewaffnete Gruppen in Erscheinung getreten sind, die gegen öffentliche Gebäude Bomben geworfen haben, die aber allemal nur eine kleine Alternative zum gewöhnlichen Medienspektakel liefern, während sie gleichzeitig die staatliche Repression herausfordern. Diese Gruppen mit so exotischen Namen wie „Verschwörung der Feuerzellen“, Guerilla-Gruppen von Terroristen oder die Nihilistische Fraktion haben der Arbeiterklasse nichts zu bieten. Die Arbeiter müssen für Klassensolidarität, Bewusstseinsentwicklung und Selbstvertrauen eintreten, indem sie sich an den Kämpfen selbst beteiligen und ihre eigenen Kampfformen entwickeln, nicht in dem sie zu Hause bleiben und im Fernsehen zuschauen, wie linke Gruppen Bomben werfen. Die Stimme einer Massenvollversammlung der Arbeiter, die ihren eigenen Kampf organisieren, jagt der herrschenden Klasse viel mehr Angst ein als Tausend Bomben. (DD, aktualisiert von World Revolution am 5.2.10).
Von unserer Sektion DD in der Türkei