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Die Frage des Klimawandels steht heute im Mittelpunkt des politischen und medialen Interesses. Die Herausforderung besteht nicht darin, uns heute von der Realität dieser gegenwärtigen und zukünftigen Katastrophe zu überzeugen. Es besteht kein Zweifel daran, dass das derzeitige System die Menschheit in eine Öko-Katastrophe führt. Jeden Tag werden uns neue Beweise vor Augen geführt: beispiellose Hitzewellen, Waldbrände im Amazonasgebiet, schmelzende Gletscher, Überschwemmungen, Aussterben ganzer Arten - mit der möglichen Folge, dass die menschliche Spezies selbst ausstirbt. Und selbst wenn es keine globale Erwärmung gäbe, wären Boden, Luft, Flüsse und Meere immer noch vergiftet und am Rand des Kollapses. Die Herausforderung besteht darin, zu wissen, was wir mit dieser Feststellung anfangen – welche Möglichkeit gibt es, dieser destruktiven Spirale ein Ende zu setzen?
Das ist im Grunde genommen der Kern der Sache. Wie können wir gegen diese destruktive Logik kämpfen? Wer kann das tun? Diese Fragestellung ist legitim und zeigt sich bei der neuen Generation, die in Riesendemos mit Hunderttausenden von Menschen mobilisiert wird. Es ist kein Wunder, dass so viele Menschen, vor allem aber so viele junge Menschen, die vor einer bedrohlichen Zukunft stehen, sich große Sorgen um diese Lage machen und etwas dagegen unternehmen wollen.
Aber die meisten Antworten, die auf diese Frage gegeben werden, sind bestenfalls fruchtlos, schlimmstenfalls Fallen, die das Bewusstsein darüber vernebeln, wie dieser Kampf zu führen wäre ...
„System change, not climate change“ – „Systemwechsel statt Klimawandel"
Dies ist eine der beliebtesten Parolen bei Demonstrationen gegen den Klimawandel. Hinter der scheinbaren Radikalität der Schlagworte, der angeblichen Internationalisierung von Demonstrationen, steckt die Idee, ein Kräfteverhältnis zu schaffen, um die Welt "zu verändern".
Und die Welle der Proteste, die von "Youth for Climate", "Extinction Rebellion", den Grünen und den linken Parteien organisiert werden, wird als Ausweg präsentiert, der am ehesten ein echtes Kräfteverhältnis für diese Transformation schaffe und auf dem man in die Lage versetzt werde, auf den Notfall zu reagieren und die Staaten zu zwingen, die Verantwortung für den ökologischen Kampf zu übernehmen. Aber diejenigen, die derzeit ihrem Beispiel folgen, sollten sich fragen: Warum werden diese Proteste von denen, die das derzeitige System verwalten und verteidigen, so unterstützt? Warum haben einige Regierungen in letzter Zeit sogar die Streikenden in Schutz genommen und die Schüler*innen ermuntert, ihre Schulen zu verlassen, damit sie zu Tausenden an Demonstrationen teilnehmen? Warum wird Greta Thunberg, die als exemplarische und lobenswerte Aktivistin für den Impuls des Kampfes dargestellt wird, eingeladen, vor Parlamenten, Regierungen, den Vereinten Nationen zu sprechen, oft mit harten Worten? Sind all diese bürgerlichen Institutionen selbstmörderisch geworden? Schlagen sie einen neuen Kurs ein und werden zu den neuen weißen Rittern für den Umweltschutz?
Natürlich verunglimpfen bestimmte Politiker wie Trump, Bolsonaro oder Farage Greta und die „Kämpfer*innen für die Umwelt“ ständig und beschuldigen sogar Umweltschützer*innen, sie hätten den Amazonas in Brand gesetzt! Sie argumentieren, dass der Klimawandel ein Schwindel sei und dass Maßnahmen zur Verringerung der Umweltverschmutzung das Wirtschaftswachstum gefährdeten, insbesondere in Bereichen wie der Automobilindustrie und der fossilen Brennstoffe. Sie sind die schamlosen Verteidiger des kapitalistischen Profits und bieten sich als Sündenböcke an für diejenigen, die gewisse "böse Kapitalisten" ins Visier nehmen wollen.
Aber was ist mit Merkel, Macron, Corbyn, Alexandria Ocasio-Cortez und anderen, die die Klimaproteste loben? Sind sie weniger Teil des derzeitigen Systems? Was ist mit der Finanzierung des Kampfes von Greta Thunberg, die heute, wie es scheint, nur noch mit dem Schiff unterwegs ist, um den Planeten zu retten?
Viele der Teilnehmenden an den aktuellen Protesten, darunter sogar Kapitalist*innen, die sich ebenfalls Sorgen wegen der für ihre eigenen Familien, für die Menschheit selbst drohende Katastrophe machen, werden zustimmen, dass die Wurzeln der ökologischen Zerstörung im System liegen und dass dieses System kapitalistisch ist. (Der "Climate Emergency Fund“ (CEF) zum Beispiel, ein Fonds zur Finanzierung des zivilen Ungehorsams für das Klima, wurde im vergangenen Juli von drei Multimillionären gegründet, die von den gigantischen Bränden in Kalifornien betroffen waren ...) Letztendlich spielt es keine Rolle: Die Organisationen hinter den Protesten, alle Politiker*innen, die scheinheilig behaupten, sie zu unterstützen, verteidigen in Wirklichkeit eine Politik, die die wahre Natur des Kapitalismus verschleiert. Die Verbesserung der Leistungszahlen (bei der Energieeffizienz) von Kälteanlagen oder Wärmepumpen seit 1992 zum Beispiel und die Verpflichtung der Regierungen, etwas gegen die globale Erwärmung zu tun, haben an dieser ganzen Logik nichts geändert ...
Eines der scheinbar radikalsten großen Programme dieser Politiker ist heute der so genannte "New Green Deal", der uns ein Bündel von Maßnahmen anbietet, die von den bestehenden Staaten zu ergreifen seien und die massive Kapitalinvestitionen zur Entwicklung von "umweltfreundlichen" Industrien erfordern, aber dennoch in der Lage sein sollen, einen angemessenen unmittelbaren Profit zu erzielen – oder andernfalls das Risiko einzugehen, den Platz der Konkurrenz zu überlassen, die halt womöglich "umweltschädlicher" produziert. Ökologisch sinnvoll und nachhaltig zu produzieren, kann für ein kapitalistisches Unternehmen oder einen Staat im internationalen Wettbewerb nur eine Fessel sein. Und die einzigen konkreten Maßnahmen, die ergriffen oder umgesetzt werden, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, ein Bluff, um die Illusion zu vermitteln, dass der Kampf stattfinde. Selbst Versuche der ökologischen Produktion, die Bemühungen um eine gesunde Herstellung von Gütern, werden zu einem neuen Feld fürs Marketing – um teurer zu verkaufen. Mit anderen Worten: Solche Programme sind voll und ganz bestimmt von den Gesetzen des kapitalistischen Systems. Wie der New Deal der 1930er Jahre ist es ihr Ziel, den Kapitalismus in diesen schwierigen Zeiten zu retten, nicht ihn zu ersetzen. Es ist daher ein Betrug, von Regierungen auf der ganzen Welt zu verlangen, dass sie sich "zusammenreißen" und etwas tun sollen, um den Planeten zu retten - eine Forderung aller Gruppen, die die aktuellen Märsche und Demonstrationen organisieren.
Was ist das kapitalistische System?
Oft wird der Kapitalismus als "Konsumgesellschaft" dargestellt, als eine Marktwirtschaft, in der globalisierte kapitalistische Unternehmen Bedürfnisse schaffen, um dann um jeden Preis ihre Produkte zu verkaufen, die wir gar nicht wirklich bräuchten, - Unternehmen, die natürliche Ressourcen verschwenden und plündern, alles verschmutzen auf ihrem Weg der Gewinnmaximierung. Und für viele Umweltschützer*innen und Verbände würde es ausreichen, diesen Unternehmen, der kapitalistischen Finanzwelt ein Pflichtenheft in die Hand zu drücken, damit sie ihre Produktion nach neuen, gerechten Prinzipien ausrichten, ihre Produktion in ein wirklich kontrolliertes Wachstumswasser führen; man könnte so, meinen sie, die Messlatte neu ein- und alle Gleichgewichte wieder herstellen, Mensch und Natur versöhnen ...
Um dies zu erreichen, müsste man die Staatenführer an einen Tisch bringen, angeblich im Dienste der allgemeinen Interessen der Bevölkerung auf der Welt, insbesondere der Industrieländer, um diese Neuorientierung zum Wohle der Menschheit durchzusetzen ...
Wir sprechen hier eine zentrale Frage an: Kann der Kapitalismus verwandelt, reformiert werden? Das ist der Diskurs, den wir jeden Tag hören, auch und gerade in der Klimafrage. Es gebe keinen anderen Weg, als das System von innen heraus zu verändern.
Leider verschwindet der Kapitalismus nicht so einfach, und er lässt sich auch nicht grundlegend verändern, selbst wenn er von Technokraten statt von privaten Chefs verwaltet wäre oder wenn er grün gestrichen würde. Das Kapital ist ein globales Verhältnis zwischen gesellschaftlichen Klassen, das auf der Ausbeutung von Lohnarbeit und auf der Produktion zum Verkauf basiert, um Profite zu erzielen. Die ständige Suche nach Absatzmöglichkeiten für die Waren führt zu einem gnadenlosen Wettbewerb zwischen den Nationalstaaten um die Vorherrschaft auf dem Weltmarkt. Und dieser Wettbewerb führt dazu, dass jedes nationale Kapital entweder wächst – oder stirbt. Ein Kapitalismus, der nicht mehr danach strebt, bis in die letzte Ecke des Planeten vorzudringen und ohne Grenzen zu wachsen, kann nicht existieren. "Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Überall muß sie sich einnisten, überall anbauen, überall Verbindungen herstellen.
Die Bourgeoisie hat durch ihre Exploitation des Weltmarkts die Produktion und Konsumption aller Länder kosmopolitisch gestaltet." (Kommunistisches Manifest, Marx/Engels).
Ebenso ist es im Kapitalismus völlig ausgeschlossen, auf globaler Ebene zusammenzuarbeiten, um auf die ökologische Krise zu reagieren, wie bereits das vielfache traurige Scheitern der verschiedenen Klimagipfel und -protokolle gezeigt hat. Die Verteidigung des Nationalstaates gegen andere Länder bleibt der ersatzlose Kompass für den Kampf in der Konkurrenz bürgerlicher Interessen.
Die Jagd nach Profit, die nichts mit den menschlichen Bedürfnissen zu tun hat, ist seit Beginn des Kapitalismus die Ursache für die Plünderung der Natur. Die Fragen der Umweltzerstörung, der Regellosigkeit und der Veränderungen im Zusammenhang mit der konkurrenzgetriebenen und anarchischen kapitalistischen Ausbeutung sind nämlich nicht erst ein paar Jahre oder Jahrzehnte alt. So schrieben Marx und Engels 1848 schon ins Kommunistische Manifest: "Die Bourgeoisie hat das Land der Herrschaft der Stadt unterworfen. Sie hat enorme Städte geschaffen, sie hat die Zahl der städtischen Bevölkerung gegenüber der ländlichen in hohem Grade vermehrt." – Doch: "Die bürgerlichen Produktions- und Verkehrsverhältnisse, die bürgerlichen Eigentumsverhältnisse, die moderne bürgerliche Gesellschaft, die so gewaltige Produktions- und Verkehrsmittel hervorgezaubert hat, gleicht dem Hexenmeister, der die unterirdischen Gewalten nicht mehr zu beherrschen vermag, die er heraufbeschwor." (Kommunistisches Manifest)
Tatsächlich hat der Kapitalismus eine Geschichte, und seit einem Jahrhundert ist er kein Faktor des Fortschritts mehr, sondern in eine tiefe historische Krise gestürzt. Er ist ein dekadentes Produktionssystem, denn seine wirtschaftliche Grundlage, die dem Zwang unterworfen ist, ohne Grenzen zu wachsen, erzeugt Krisen der Überproduktion, die tendenziell dauerhaft werden. Und wie die Weltkriege und der "Kalte Krieg" des 20. Jahrhunderts gezeigt haben, kann dieser Prozess des Verfalls und sogar der Zersetzung den Kurs des Kapitals zur Zerstörung nur beschleunigen. Noch bevor das globale Massaker an der Natur sichtbar wurde, drohte der Kapitalismus bereits damit, die Menschheit mit ihren unaufhörlichen imperialistischen Auseinandersetzungen und Kriegen zu vernichten, die heute in weiten Teilen der Welt andauern, von Nordafrika und dem Nahen Osten bis hin zu Pakistan und Indien. Solche Konflikte können durch die ökologische Krise nur noch verschärft werden, denn die Nationalstaaten konkurrieren um Ressourcen, Einflusszonen, während der Wettlauf um die Produktion - und vor allem um den Einsatz - zunehmend alptraumhafter Waffen den Planeten nur weiter verwüsten kann. Der Einsatz von Atomwaffen oder chemischer Waffen wie in Hiroshima oder der Einsatz von "Agent Orange" während des Vietnamkriegs, unter dessen Spätfolgen die lokale Bevölkerung immer noch leidet, sind nur spektakuläre Beispiele dafür, die nicht hinter uns liegen, sondern von brennender Aktualität sind. Diese unerhörte Kombination kapitalistischer Verwüstung macht bereits Teile des Planeten unbewohnbar und zwingt Millionen von Menschen dazu, Flüchtlinge zu werden.
Die Notwendigkeit und Möglichkeit des Kommunismus
Dieses kranke kapitalistische System kann die Wirtschaftskrise, den ökologischen Notstand und die Tendenz zum Krieg nicht überwinden.
Engels sagte bereits 1876: "Die entfesselte Konkurrenz, der Kampf ums Leben, der von Ökonomen als die höchste Errungenschaft der Geschichte gefeiert wird, ist der Normalzustand im Tierreich. Nur eine bewusste Organisation der gesellschaftlichen Produktion, in der Produktion und Verteilung geplant sind, kann die Menschen über den Rest der Tierwelt erheben ... Die geschichtliche Entwicklung macht eine solche Organisation von Tag zu Tag wichtiger, aber auch von Tag zu Tag realistischer. Sie wird ein neues Zeitalter einläuten, in der die Menschen selbst und mit ihnen alle Zweige ihrer Tätigkeit, insbesondere die Naturwissenschaften, Fortschritte erleben werden, die alles, was ihr vorausging, in den tiefsten Schatten stellen werden."
Die einzige Hoffnung der Menschheit liegt in der Zerstörung des gegenwärtigen Systems, seiner Logik des Profits, des Wettbewerbs – und umgekehrt in der Schaffung einer neuen Gesellschaftsform. Es ist der Kommunismus – eine globale menschliche Gemeinschaft ohne Nationalstaaten, ohne Ausbeutung der Arbeiterinnen und Arbeiter, ohne Markt und ohne Geld, in der die gesamte Produktion auf globaler Ebene geplant wird, mit dem einzigen Ziel, die menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Es versteht sich von selbst, dass diese Gesellschaft nichts mit der Form des Staatskapitalismus zu tun hat, die wir in Ländern wie China, Nordkorea oder Kuba oder früher der Sowjetunion sehen bzw. sahen.
Der eigentliche Kommunismus ist die einzige Grundlage für die Herstellung einer neuen Beziehung zwischen den Menschen und der übrigen Natur. Und das ist keine Utopie. Das hat nichts mit der Idee der "Wachstumskritik" zu tun, die viele Umweltschützer*innen propagieren, um angeblich die Grundlagen des Kapitalismus zu untergraben, und die vorschlagen, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Im Gegenteil, der Kommunismus ist möglich, weil der Kapitalismus die materiellen Grundlagen dazu geschaffen hat: die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie, die von ihren Verzerrungen in diesem System befreit werden können, auch deshalb, weil die globale wechselseitige Abhängigkeit aller produktiven Tätigkeiten, die vom kapitalistischen Wettbewerb und nationalen Gegensätzen befreit werden können, zu einer echten Rationalisierung von Produktion und Umgang mit Ressourcen führen wird.
Aber der Kommunismus ist insbesondere deshalb möglich, weil der Kapitalismus auf der Existenz einer Klasse beruht, die nichts weiter zu verlieren hat als ihre Ketten, einer Klasse, die ein Interesse daran hat, der Ausbeutung zu widerstehen und sie zu beseitigen: der internationalen Arbeiterklasse, dem Proletariat aller Länder. Es ist eine Klasse, die nicht nur alle diejenigen umfasst, die bei der Arbeit ausgebeutet werden, sondern auch diejenigen, die studieren, um einen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu finden, und diejenigen, die arbeitslos und vom Kapital ausgestoßen werden. Der massenhafte Kampf des Proletariats und seine Bewusstseinsentwicklung über die Verantwortung, die gesamte Menschheit von den Ketten des Kapitalismus zu befreien, sind schwierige Herausforderungen voller Hindernisse, aber dieser Weg ist der einzige, der uns dazu führt, auf die historischen Herausforderungen der Gesellschaft zu reagieren, einschließlich der ökologischen und klimatischen.
Bürgerdemonstrationen oder proletarische Kämpfe?
Und gerade hier dient die Ideologie der Klimamärsche, die das ökologische Thema im Namen des "Klimanotstands" oder der Gefahr des Artensterbens in den Vordergrund stellt, dazu, zu verhindern, dass wir die verfügbaren Mittel ergreifen, um wirklich gegen das kapitalistische System zu kämpfen.
Sie sagt uns zum Beispiel, dass die Welt in Schwierigkeiten steckt, weil sich die "alte Generation" daran gewöhnt habe, zu viel zu konsumieren.
Erstens verdeckt die Rede von „den Generationen“ im Allgemeinen die Tatsache, dass das Problem gestern und heute in der Spaltung der Gesellschaft in zwei Hauptklassen besteht – einer Klasse einerseits, der Kapitalistenklasse, der Bourgeoisie, die über die gesamte Macht verfügt, und einer viel größeren Klasse andererseits, die ausgebeutet und jeder Entscheidungsmacht beraubt wird, selbst in den "demokratischsten" Ländern. Es sind die unpersönlichen Mechanismen des Kapitals, die diesem System innewohnenden Gesetze, auch über das Bewusstsein hinaus, das die Kapitalisten selbst von ihm haben können, die uns in das gegenwärtige Chaos gebracht haben, und nicht das persönliche Verhalten von Individuen oder die Gier einer früheren Generation.
Zweitens, was bedeutet es, zu viel zu konsumieren? Hunderte von Millionen Menschen auf der Welt leben immer noch in extremer Armut. Und auch wenn der Lebensstandard in den zentralen Ländern noch relativ hoch ist, wird die Arbeiterklasse zunehmend mit der Frage konfrontiert, ob es reicht bis zum Ende des Monats, konfrontiert mit der Wahl zwischen Wohnen oder Gesundheit usw. Hinter dem Gedanken des Überkonsums steht vor allem die Frage des Abfalls. Und die Frage der Verschwendung natürlicher Ressourcen, um immer mehr zu produzieren; die programmierte Veraltung der meisten Gebrauchsgegenstände unseres täglichen Lebens, um noch mehr verkaufen zu können; das Wegwerfen von Tausenden von Tonnen produzierter, aber nicht verkaufter Lebensmittel – all dies ist aber die Logik des Kapitalismus, des Profits, des Wettbewerbs, nicht die Verantwortung jedes/r Einzelnen für seinen/ihren eigenen Konsum oder seine/ihre persönliche Einstellung.
So werden wir schon vor der Einladung zur nächsten Demo dazu aufgerufen, individuell "politisch korrekt und ökologisch" zu konsumieren, den richtigen Behälter für unsere Abfälle zu wählen, unsere alten umweltschädlichen Dieselautos loszuwerden usw. .... Es ist eine breite ideologische Produktion von Schuldgefühlen über unser eigenes tägliches Funktionieren, zu essen, sich zu kleiden und zu bewegen. Es wird unterstellt, dass unsere individuelle Verantwortung auf die gleiche Ebene gestellt werden müsse wie die Verantwortung des kapitalistischen Systems.
Das Gleiche gilt für das Gerede über die "Menschen" oder "Bürger*innen", die die Kraft wären, die die Welt retten könne. Es handelt sich dabei um vernebelnde Begriffe, die antagonistische Klasseninteressen verstecken. Der Ausstieg aus einem System, das ohne die Ausbeutung einer Klasse durch eine andere nicht existieren kann, kann nur durch eine Neubelebung des Klassenkampfes erreicht werden, angefangen bei der Verteidigung der grundlegendsten Interessen der Proletarier*innen gegen die Angriffe auf ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen, die von allen Regierungen und Unternehmen als Reaktion auf die Wirtschaftskrise durchgeführt werden - Angriffe, die auch zunehmend im Namen des Umweltschutzes durchgeführt werden. Nur mit ihrem autonomen Kampf kann die Arbeiterklasse den Sinn ihrer eigenen Existenz gegen all die Lügen entwickeln, die uns sagen, dass sie selber bereits eine "ausgestorbene Spezies" sei. Und nur so kann der Klassenkampf die wirtschaftliche und politische Dimension zusammenführen – indem er die Wirtschaftskrise, die Kriegsfrage und die ökologische Katastrophe miteinander verbindet und anerkennt, dass nur eine globale Revolution sie überwinden kann.
In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg nahmen Hunderttausende von Menschen an friedlichen Demonstrationen teil. Sie wurden von der "demokratischen" herrschenden Klasse in verschiedenen Ländern dazu ermutigt, weil diese Märsche die Illusion verbreiteten, dass es einen friedlichen Kapitalismus geben könne. Heute verbreitet sich die Illusion des grünen Kapitalismus immer mehr. Und außerdem verbarg der Pazifismus mit seinem Appell an alle Menschen guten Willens die Tatsache, dass nur der Klassenkampf wirklich gegen den Krieg ankämpfen kann, wie sich 1917-18 zeigte, als der Ausbruch der russischen und deutschen Revolution die führenden Politiker der Welt zwang, diesen Krieg schnell zu beenden. Der Pazifismus hat Kriege nie gestoppt. Und die aktuellen ökologischen Kampagnen, indem sie falsche Lösungen für die Klimakatastrophe verkaufen, müssen als Hindernis auf dem Weg zu einer wirklichen Lösung verstanden werden.
IKS, Oktober 2019