No War But The Class War: Ein Komitee, das seine Teilnehmer in eine Sackgasse führt

Printer-friendly version

Am Freitag, den 2. Dezember 2022 fand in Paris die erste Veranstaltung des Komitees «No War But The Class War» («Kein Krieg außer dem Klassenkrieg») statt.

Die Existenz solcher Komitees ist nicht neu, sie tauchen seit mehr als 30 Jahren auf. Die Idee, NWBTCW-Gruppen zu gründen, kam erstmals in anarchistischen Kreisen in England als Reaktion auf den ersten Golfkrieg 1991 auf. Es war eine Reaktion, eine Weigerung, sich an den von der Linken des Kapitals organisierten "Stop the War"-Mobilisierungen zu beteiligen, deren wesentliche Funktion darin bestand, den Widerstand gegen den Krieg in die Sackgasse des Pazifismus zu lenken. Der Slogan «Kein Krieg außer dem Klassenkrieg» bezieht sich auf einen Satz, den ein sozialistischer Soldat, der während des Ersten Weltkriegs aus der britischen Armee desertierte, in der ersten Folge von Ken Loachs Serie "Days of Hope" von 1975 sagte: «Ich bin kein Pazifist. Ich werde in einem Krieg kämpfen, aber ich werde in dem einzigen Krieg kämpfen, der zählt, und das ist der Klassenkrieg, und der wird kommen, wenn das alles vorbei ist».

Neue NWBTCW-Gruppen wurden als Reaktion auf die Kriege im ehemaligen Jugoslawien 1993 und im Kosovo 1999, sowie auf die Invasionen in Afghanistan und im Irak 2001 und 2003 gegründet.

Wo es möglich war, intervenierten wir in diesen Komitees, die ein äußerst heterogenes Milieu von bürgerlichen Linken bis hin zu InternationalistInnen versammelten.

Eine andere Gruppe der Kommunistischen Linken, die Communist Workers’ Organisation (CWO), die heute die britische Sektion der Internationalistischen Kommunistischen Tendenz (IKT) ist, beteiligte sich ab 2001 ebenfalls an den NWBTCW-Gruppierungen. Von Anfang an unterstützte die CWO die Gruppen und beteiligte sich aktiv an der Gründung neuer Gruppen, wie zum Beispiel in Sheffield: "Wir beobachten einen deutlichen Anstieg der Streiks, darunter Feuerwehrleute, Eisenbahner und Aktionen außerhalb der Gewerkschaften im Verkehrswesen und in Krankenhäusern in Strathclyde. No War But the Class War gibt uns die Möglichkeit, im ganzen Land mit den Kräften zusammenzuarbeiten, die eine Verbindung zwischen den beiden Themen sehen und den Klassenkampf mit dem Widerstand gegen den imperialistischen Krieg verbinden wollen".[1]

2002 schrieben wir: "Aus diesem Grund haben wir nie geglaubt, dass das NWBTCW ein Vorbote eines Wiederauflebens des Klassenkampfes oder eine definitive politische Bewegung der Klasse ist, der wir uns 'anschließen' sollten. Bestenfalls könnte es ein Bezugspunkt für eine sehr kleine Minderheit sein, die den kapitalistischen Militarismus und die ihn begleitenden pazifistischen und ideologischen Lügen in Frage stellt. Und deshalb haben wir ihre – wenn auch begrenzten – Klassenpositionen gegen die reaktionären Angriffe von Linken wie 'Workers Power' (siehe World Revolution Nr. 250) verteidigt und von Anfang an auf der Bedeutung der Gruppe als Diskussionsforum bestanden und sowohl vor den Tendenzen zur 'direkten Aktion' als auch vor der Angleichung dieser Gruppe an die revolutionären Organisationen gewarnt".[2]

Deshalb waren die Ziele der Intervention der IKS in diesen Gruppen:

- die Prinzipien des proletarischen Internationalismus und die Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung von der Linken des Kapitals und vom Pazifismus deutlich zu machen;

- sich auf die politische Debatte zu konzentrieren und vor Tendenzen zum Aktivismus zu warnen, die in der Praxis die Teilnahme an den "Stop the War"-Demonstrationen bedeuten würden.

Jetzt, zwanzig Jahre später, mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, sind diese NWBTCW-Gruppen wieder aufgetaucht, zuerst in Glasgow, dann in mehreren Städten in Großbritannien und auch weltweit, oft auf Initiative anarchistischer Organisationen. Einige andere NWBTCW-Gruppen wurden direkt von der IKT ins Leben gerufen.

Eine Schwächung der Verteidigung des Internationalismus

Anfang Dezember 2022 besuchten wir das erste Treffen von NWBTCW in Paris. Das Komitee hatte einen wahrhaft internationalistischen Aufruf veröffentlicht: "Was können Revolutionäre gegen den imperialistischen Krieg tun? Der Krieg in der Ukraine hat die weltpolitische Lage verändert, indem er Russland auf der einen Seite und die NATO und die USA auf der anderen Seite positioniert. (...) Wie in den beiden Weltkriegen sagen die internationalistischen Revolutionäre, dass der imperialistische Krieg und seine Fronten verlassen werden müssen – auf welche Weise auch immer. Im Krieg und im Nationalismus hat die Arbeiterklasse alles zu verlieren und nichts zu gewinnen. Die einzige wirkliche Wahl, vor der sie steht, ist die Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Klassenkrieg, um eine Alternative aufzubauen, die ausschließlich auf ihren eigenen unmittelbaren und längerfristigen Interessen beruht. Diese Alternative impliziert bereits die Ablehnung der Kriegswirtschaft und aller Opfer, die wir in ihrem Namen bringen müssten".

Auf dieser Grundlage haben wir alle unsere Kontakte aufgefordert, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.

In der Einleitung zur Diskussion schlug das Präsidium vor, die Diskussion in zwei Teile zu gliedern: erstens die Analyse der imperialistischen Situation und zweitens die Aktionsmittel, die beschlossen werden sollten.

In der Einleitung, mit der das Präsidium die Debatte einleitete, wurde die Position des Internationalismus klar und unmissverständlich vertreten und die gegenwärtige Realität der imperialistischen Barbarei beschrieben.

Es wurde jedoch auch eine Perspektive der Verallgemeinerung des Krieges mit einer Dynamik verteidigt, die zur Konfrontation von Blöcken in einem Weltkrieg führt, eine Perspektive, die wir nicht teilen.

Der gesamte erste Teil der Diskussion verlief ziemlich chaotisch. Einige weigerten sich kategorisch, über die imperialistische Situation zu diskutieren, sie lehnten jeden Versuch einer Analyse als Zeitverschwendung ab und forderten sofortige Aktionen. Sie machten sich über jede als "theoretisch" bezeichnete Intervention lustig, machten sich über das Alter der Redner lustig, brachen bei der Erwähnung historischer Bezüge aus dem letzten Jahrhundert in Gelächter aus und unterbrachen und sprachen über andere Teilnehmer. Das Präsidium musste wiederholt zur Einhaltung der Debatte auffordern, jedoch ohne Erfolg. Einige beschlossen dann, mitten in der Debatte zu gehen.

Diese Atmosphäre und das, was gegen die "Theorie" und für die "Sofortmaßnahmen" gesagt wurde, sagt viel über die Zusammensetzung dieses Treffens und darüber aus, wer der Einladung gefolgt war. Die Einladung endete mit den Worten: "Lasst uns gemeinsam über die Situation diskutieren, lasst uns über mögliche gemeinsame Aktionen nachdenken, die wir gemeinsam durchführen können! Alle internationalistischen Initiativen sind es wert, in Betracht gezogen und gefördert zu werden". Was die möglichen Initiativen angeht, so gab es den Vorschlag, "die Demokratie anzugreifen" (wie? ungeklärt ...), vor der russischen Botschaft zu demonstrieren, die in der Ukraine kämpfenden Menschen finanziell zu unterstützen, russische Deserteure unterzubringen ...

Deshalb mussten in unserer ersten Intervention folgendes unterstreichen:

- Der Krieg in der Ukraine ist ein rein imperialistischer Krieg. Die Arbeiterklasse darf in diesem Krieg, dessen Hauptopfer sie ist, nicht Partei ergreifen;

- die gegenwärtige Phase der imperialistischen Kriege des Kapitalismus, wie sie durch den Krieg in der Ukraine realisiert wird, führt zur Auslöschung der Menschheit;

- nur der Umsturz des Kapitalismus kann den imperialistischen Kriegen ein Ende setzen;

- es ist gefährlich, in Aktivismus abzugleiten, wahnhaft zu glauben, dass die allgemeine Situation durch dramatische Aktionen kleiner Gruppen von Einzelpersonen verändert werden kann;

- das bedeutet, dass nur die bewusste und organisierte Aktion der arbeitenden Massen der kapitalistischen Barbarei ein Ende setzen kann. Für Revolutionäre geht es darum, sich in diesen andauernden Prozess einzubringen und zur allgemeinen Entwicklung des Klassenbewusstseins beizutragen, indem sie die wichtigen Lehren aus der Geschichte ziehen können.

Diese kompromisslose Verteidigung des Internationalismus und der Rolle der Revolutionäre war sicherlich nicht ausreichend. Im Gegenteil, was vor allem aus diesem ersten Teil der Diskussion hervorging, war Verwirrung, die die Verteidigung des Internationalismus schwächte. Denn neben dem Aktivismus gab es auch einen Beitrag, der die Möglichkeit des Kampfes der Arbeiter für die ukrainische Unabhängigkeit unterstützte. Der Sprecher der trotzkistischen Gruppe Matière et Révolution verteidigte diese klassische These der bürgerlichen extremen Linken. Weit davon entfernt, eine starke Reaktion des Präsidiums zu provozieren, gab es überhaupt keine Reaktion. Jemand im Saal prangerte diese nationalistische Haltung an und fragte, warum das Komitee gerade diese trotzkistische Gruppe eingeladen habe. Eines der Präsidiumsmitglieder, der für die Versendung der Einladungen verantwortliche Militante der IKT, antwortete zögerlich, dass Matière et Révolution streng genommen nicht trotzkistisch sei, woraufhin ihr Sprecher ausrief: "Oh doch, ich bin Trotzkist!" Eine wahrhaft komische Situation, falls es etwas zu lachen gegeben hätte.

Erinnern wir uns daran, dass der Aufruf der Internationalistischen Kommunistischen Tendenz, der die Quelle für die Entstehung dieser neuen NWBTCW-Komitees ist, im Punkt 11 erklärt, dass diese "internationale Initiative (...) einen politischen Kompass für Revolutionäre mit unterschiedlichem Hintergrund bietet, die jede sozialdemokratische, trotzkistische und stalinistische Politik ablehnt, die sich entweder direkt auf die Seite des einen oder des anderen Imperialismus stellen, um zu entscheiden, welcher das 'kleinere Übel' ist, oder die einen Pazifismus unterstützen, der die Notwendigkeit ablehnt, den imperialistischen Krieg in einen Klassenkrieg zu verwandeln und so die Arbeiterklasse verwirrt und entwaffnet, damit sie ihren eigenen Kampf nicht aufnehmen kann".

Wir hätten es in Bezug auf diese "internationale Initiative" nicht besser sagen können. In der Tat «verwirrt und entwaffnet sie die Arbeiterklasse»!

Eine leere Hülle

In unserem ersten Beitrag begannen wir auch, unsere grundsätzliche Ablehnung der NWBTCW-Initiative darzulegen. Wie in den Jahren 1991, 1993, 1999, 2001, 2003 ... besteht die Illusion, dass die Arbeiterklasse eine massive Reaktion auf den Krieg geben kann oder dass sie bereits stattfindet, eine Reaktion, bei der diese Komitees in gewisser Weise entweder der Ausdruck oder die ersten Schritte sein würden. Um diese These zu untermauern, wird jeder aktuelle Streik in den Vordergrund gerückt. Dies stellt jedoch die Wirklichkeit auf den Kopf.

Zu Beginn der 1990er und 2000er Jahre war die Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse schwach. Auf der anderen Seite gab es ein echtes Nachdenken über die imperialistische Barbarei, in die die großen demokratischen Mächte alle direkt verwickelt waren. Deshalb haben die linken Parteien des Kapitals die Organisation großer pazifistischer Demonstrationen in ganz Europa und den USA an die Hand genommen. Indem die Komitees des NWBTCW sich dieser Falle und Sackgasse widersetzten, die in der Parole "Stop the War" zum Ausdruck kam, repräsentierten sie trotz aller Verwirrungen zumindest eine gewisse Bewegung, die von Leuten ausging, die eine internationalistische Alternative zu den Linken und zum Pazifismus suchten. Die IKS versuchte, diese Bestrebungen so weit wie möglich voranzutreiben, indem sie in diese Komitees intervenierte. Die CWO hingegen glaubt, in einer Illusion über das Potenzial der Klasse und dieser Komitees, ihren Einfluss innerhalb des Proletariats durch die Aktivitäten dieser Gruppen ausweiten zu können.

Heute wächst die soziale Wut, die Kampfbereitschaft der Klasse nimmt zu. Die Streiks, die seit Juni 2022 in Großbritannien stattfinden, sind der deutlichste Ausdruck der aktuellen Dynamik unserer Klasse auf internationaler Ebene. Aber die Ursache für diese Kämpfe liegt nicht in der Reaktion der Arbeiterklasse auf den Krieg. Nein, es sind die Wirtschaftskrise, die Verschlechterung der Lebensbedingungen, die steigenden Preise und die Hungerlöhne, die diese Streiks auslösen. Es ist unbestreitbar, dass sich die Arbeiterklasse durch diese Kämpfe weigert, die Opfer zu akzeptieren, die die Bourgeoisie im Namen der "Unterstützung der Ukraine und ihres Volkes" fordert. Und diese Weigerung zeigt, dass unsere Klasse nicht auf den Leim gegangen ist, dass sie eindeutig nicht bereit ist, den allgemeinen Marsch in Richtung Krieg zu akzeptieren; obwohl wir wissen, dass sie all diese Zusammenhänge noch nicht bewusst verstanden hat.

Was ist konkret mit dieser Dynamik gemeint? Um dies zu verstehen, müssen wir uns nur ansehen, was in Paris im Verlauf dieser NWBTCW-Veranstaltung geschah.

Es handelt sich nur dem Namen nach um ein „Komitee". In der Tat war es die IKT, die diese Gruppe mit der Unterstützung einer politisch-parasitären Gruppe namens GIGC (Groupe Internationale de la Gauche Communiste - Internationale Gruppe der Kommunistischen Linken) ins Leben gerufen hat. Im Saal saßen fast ausschließlich deren Vertreter und einige politisierte Personen, die diesen beiden Gruppen zugeneigt sind. Die CNT-AIT Paris, Robin Goodfellow, Matière et Révolution, die Asap, und dann einige Einzelpersonen, einige aus dem autonomen Milieu, andere von der CGT oder vom revolutionären Syndikalismus. Also, in keiner besonderen Reihenfolge, trotzkistische, anarchistische, autonome, stalinistische und Vertreter der Kommunistischen Linken ... Die GIGC selbst schreibt: "Sobald der Aufruf der IKT gestartet wurde, haben ihre Mitglieder in Frankreich und wir selbst ein Komitee gebildet, dessen erste Interventionen mittels Flugblätter während der Demonstrationen im letzten Juni in Paris und einigen anderen Städten stattfanden"[3]. Es handelt sich also um eine völlig künstliche Schöpfung, wie für alle sichtbar ist. Ein Komitee ist etwas ganz anderes.

1989 schrieben wir: "In der Zeit, in der wir heute leben, entstehen hier und da in der Arbeiterklasse Kampfkomitees. Dieses Phänomen begann sich in Frankreich Anfang 1988 im Gefolge des großen Kampfes bei der SNCF zu entwickeln. Seitdem wurden in Frankreich in verschiedenen Sektoren (PTT, EDF, Bildung, Gesundheit, Sozialversicherung usw.) und zunehmend auch sektorübergreifend mehrere Komitees gebildet, in denen sich kämpferische ArbeiterInnen zusammengeschlossen haben.

Diese Komitees sind ein Zeichen für die allgemeine Entwicklung des Klassenkampfes und die Reifung des von ihm geschaffenen Bewusstseins und entsprechen einem unter den ArbeiterInnen immer stärker empfundenen Bedürfnis, sich zusammenzuschließen, um gemeinsam auf ihrem eigenen Klassenterrain zu reflektieren (Lehren aus den vergangenen Arbeiterkämpfen zu ziehen) und zu handeln (an entstehenden Kämpfen teilzunehmen), und zwar außerhalb des von der Bourgeoisie (linke Parteien, linke Gruppen und vor allem die Gewerkschaften) vorgegebenen Rahmens.

Es war ein solches Komitee (das "Komitee für die Ausweitung der Kämpfe", das ArbeiterInnen aus verschiedenen Sektoren des öffentlichen Sektors zusammenbrachte und in dem die IKS regelmäßig intervenierte), das im Herbst 1988 mehrfach in die Bewegung der Kämpfe eingriff.“

Es gab also zu dieser Zeit ein Leben und eine konkrete Erfahrung der Klasse. Natürlich muss eine revolutionäre Organisation die Schaffung dieser Komitees fördern, sich in sie einbringen, sie dazu bringen, die Organisierung und das Bewusstsein der Klasse zu entwickeln, aber sie kann sie nicht künstlich schaffen, ohne jegliche Verbindung zur Realität der Klassendynamik.

Heute müssen wir die soziale Situation genau verfolgen. Die Kriegsfrage ist nicht der Ausgangspunkt, die Basis, auf der sich die Arbeiterklasse mobilisiert, und es gibt auch keine Kampfkomitees. Andererseits ist die Möglichkeit der Bildung von Diskussionszirkeln oder Kampfkomitees durchaus denkbar, angesichts der laufenden Entwicklung der Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse, angesichts der Verschärfung der Wirtschaftskrise und der anhaltenden Angriffe auf die Lebensbedingungen. Dann liegt es in der Verantwortung der Revolutionäre, den Zusammenhang mit dem Krieg aufzuzeigen, indem sie den Internationalismus verteidigen. Dies tun im Übrigen alle Gruppen der Kommunistischen Linken bereits durch die Verbreitung ihrer Presse und ihrer Flugblätter. Nebenbei: Diese Stimme würde viel weiter getragen und hätte eine viel tiefere historische Bedeutung, wenn all die Gruppen der Kommunistischen Linken gemeinsam ein und dieselbe internationalistische Botschaft aussenden würden.

Als das Istituto Onorato Damen, Internationalist Voice und die IKS erkennen konnten, dass sie über ihre Meinungsverschiedenheiten hinaus das gleiche internationalistische Erbe verteidigen und verbreiten können, lehnte die IKT einen solchen Ansatz innerhalb der Kommunistischen Linken ab. Sie zieht es stattdessen vor, mit der parasitären GIGC zusammenzuarbeiten, mit leeren Hüllen in Toronto, Montreal, Paris – und nennt sie Komitees. Sie zieht es vor, sich mit trotzkistischen, autonomen und anarchistischen Gruppen zusammenzuschließen, die jede Art von Widerstand verteidigen und glauben machen, dies sei eine Verbreiterung der internationalistischen Basis in der Klasse.

Der gleiche Fehler hat sich seit 1991 dauernd wiederholt. Marx schrieb, die Geschichte wiederhole sich, "das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce". In der Tat wurde auf der Veranstaltung in Paris dreimal die Frage gestellt, wie das Komitee die Erfahrungen des NWBTCW seit 1991 einschätzt. Die Antwort des IKT-Mitglieds des Präsidiums war sehr aufschlussreich: "Es besteht keine Notwendigkeit für eine solche Überprüfung. Es ist wie bei Streiks, sie scheitern, aber das sollte nicht davon abhalten, wieder zu streiken". Doch die Revolutionäre müssen, wie die gesamte Klasse, genau das Gegenteil tun: immer die Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit ziehen. «Selbstkritik, eine unerbittliche, harte Selbstkritik, die den Dingen auf den Grund geht, ist die Luft und das Licht, ohne die die proletarische Bewegung nicht leben kann», sagte Rosa Luxemburg 1915.[4] Und die Lehren aus den Misserfolgen des NWBTCW zu ziehen, würde es der IKT ermöglichen, sich ihren eigenen Fehlern zu stellen.

Das ist es, was unser zweiter Beitrag in der Diskussion unterstreichen wollte und was ein Teilnehmer im Saal missverstanden hat, der darin eine Form von Sektierertum sah, während er selber das Fehlen von Prinzipien in diesen NWBTCW-Komitees hervorhob, einem Komitee nur dem Namen nach, das nicht nur das internationalistische Banner der Kommunistischen Linken befleckt, sondern auch Verwirrung stiftet.

Ein Trick, um seinen Einfluss auszuweiten – der in die Katastrophe führt

Während dieser Veranstaltung wiederholte das IKT-Mitglied im Präsidium mehrmals, um die Forderung nach einer Umgruppierung ohne wirkliches Prinzip oder Grundlage zu rechtfertigen, dass die Kräfte der Kommunistischen Linken isoliert seien und sich darauf beschränkten, "unter uns zu reden", und implizierte damit, dass diese Komitees es ermöglicht hätten, nicht allein zu sein und einen gewissen Einfluss innerhalb der Klasse zu haben.

Abgesehen davon, dass dies ein Eingeständnis des reinsten Opportunismus ist, im Sinne von "ja, ich werde mich mit allen und jedem anfreunden, um meinen Einfluss zu vergrößern", und abgesehen davon, dass dieser angebliche "Einfluss" illusorisch ist, enthüllen diese Worte vor allem die wahre Motivation für die Schaffung dieser Komitees durch die IKT, um sie als Instrument, als "Vermittler" zwischen sich und der Klasse zu benutzen.

Dies war bereits im Jahr 2001 der Fall, als die IKT den NWBTCW-Komitees in Großbritannien beitrat. Bereits im Dezember 2001 hatten wir einen Artikel mit dem Titel "In defence of discussion groups"[5] geschrieben, um uns gegen die vom Partito Comunista Internazionalista (einer Gruppe in Italien, die jetzt zur IKT gehört) entwickelte und später von der CWO aufgegriffene Idee von "Fabrikgruppen" zu wenden, die als "Instrumente der Partei" definiert werden, um in der Klasse Fuß zu fassen und sogar ihre Kämpfe zu "organisieren"[6]. Wir sind der Meinung, dass das Projekt NWBTCW einen Rückschritt in Richtung der Idee von Betriebsgruppen als Grundlage für die politische Organisation darstellt, wie sie von der Kommunistischen Internationale in der Phase der "Bolschewisierung" in den 1920er Jahren verteidigt und von der Italienischen Kommunistischen Linken entschieden bekämpft wurde. Die jüngste Umwandlung dieser Idee von Betriebsgruppen in einen Aufruf zur Schaffung von territorialen Gruppen und dann von Antikriegsgruppen hat zwar die Form, aber nicht wirklich den Inhalt verändert. Die Vorstellung der CWO, dass NWBTCW ein organisiertes Zentrum des Klassenwiderstands gegen den Krieg werden könnte, enthält ein Missverständnis darüber, wie sich das Klassenbewusstsein in der Zeit der kapitalistischen Dekadenz entwickelt. Natürlich gibt es neben der politischen Organisation selbst eine Tendenz zur Bildung informellerer Gruppen, die sich sowohl in betrieblichen Kämpfen als auch im Widerstand gegen den kapitalistischen Krieg formieren. Aber solche Gruppen, die nicht zur kommunistischen politischen Organisation gehören, bleiben Ausdruck einer Minderheit, die versucht, sich selbst zu klären und diese Klärung in der Klasse zu verbreiten, und können sich nicht selbst ersetzen oder vorgeben, die Organisatoren breiterer Bewegungen der Klasse zu sein. Ein Punkt, in dem die IKT unserer Meinung nach zweideutig bleibt.

Die derzeitige Praxis der IKT, diese Ausschüsse künstlich zu schaffen, hat jedoch katastrophale Folgen. Sie schafft Verwirrung über den von der Kommunistischen Linken verteidigten Internationalismus, sie verwischt die Klassengrenzen zwischen den Gruppen der Kommunistischen Linken und der Linken des Kapitals und, was vielleicht am wichtigsten ist, sie lenkt die Überlegungen und die Energie der suchenden Minderheiten in eine aktivistische Sackgasse.

All diese Abenteuer, auf die sich die IKT seit Jahrzehnten einlässt, haben immer zu einer Katastrophe geführt und die derzeit immens schwierigen und wertvollen Bemühungen des Proletariats, Minderheiten auf der Suche nach Klassenpositionen weiterzubringen, entmutigt oder zunichte gemacht.

Deshalb rufen wir die IKT erneut öffentlich dazu auf, mit allen anderen Gruppen der Kommunistischen Linken zusammenzuarbeiten, um gemeinsam das proletarische Banner hochzuhalten und die Tradition der Kommunistischen Linken zu verteidigen und am Leben zu erhalten.

IKS 11.01.2023


[3] Öffentliche Veranstaltung des «Pas de guerre, sauf la guerre de classe»-Komitees in Paris

[4] Juniusbroschüre, 1915

[6] Der von der IKT veröffentlichte Bericht über die Tätigkeit des von ihr – ebenfalls gemeinsam mit der GIGC – in Montreal eingesetzten Komitees ist in dieser Hinsicht erhellend.

Rubric: 

No War But The Class War