USA, Europa, Russland, China – die große imperialistische Umwälzung: Welche Welt wird uns bevorstehen?

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Die Bilder von Selenskyj, wie er von Trump im Oval Office gedemütigt, für seine Uniform ohne Krawatte verspottet, dann aufgefordert, sich zu bedanken, und schließlich zu schweigen geheißen wurde, haben weltweit eine Welle der Empörung ausgelöst.

Dass die Beziehungen innerhalb der herrschenden Klasse von Dominanz, Erpressung und Einschüchterung geprägt sind, ist nicht überraschend. Nur, dass sie ihre Gangster-Sitten normalerweise hinter den Kulissen austragen und vor Kameras und neugierigen Ohren versteckt halten, während Trump sie für alle sichtbar zur Schau stellt.

Der Grund für die Welle der Empörung liegt jedoch woanders, viel tiefer als die bloße Vulgarität, die in aller Öffentlichkeit zur Schau gestellt wird. Dieses Ereignis hat der Welt die Bilder eines großen historischen Umbruchs vor Augen geführt, den die Medien „den großen Umbruch der Allianzen“ nannten. Hinter dieser Abkehr der USA von der Ukraine steht nichts weniger als der Bruch mit Europa. Die Strukturierung der Welt seit 1945 wird weggefegt.

Die Reaktion in Europa war unmittelbar. Von Paris bis London jagte ein Gipfel den nächsten, ein 800-Milliarden-Euro-Plan zur „Wiederbewaffnung Europas“ wurde verabschiedet, Frankreich, Deutschland und Großbritannien erklärten lautstark, dass angesichts der neuen russischen Bedrohung die Kriegswirtschaft ausgebaut werden müsse, nachdem der militärische Schutz durch die USA nun hinfällig zu sein scheint.

Seitdem folgt in allen Ländern der Welt eine Ansprache auf die andere, in der die Notwendigkeit unterstrichen wird, neue Opfer zu bringen, weil nach Ansicht aller Bourgeoisien mehr aufgerüstet werden muss, um den Frieden zu schützen (sic!). So hat Indien gerade ein großes Projekt zur Entwicklung seiner Rüstungsindustrie angekündigt, um den chinesischen Bestrebungen in ganz Asien entgegenzutreten.

„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Sturm“, rief Jean Jaurès an einem Abend im Juli 1914, am Vorabend des Ersten Weltkriegs, auf der Rednertribüne aus. Die gleiche Aussicht auf Krieg ist heute in allen Köpfen. Für die Arbeiterklasse wird die nahe Zukunft immer beängstigender. Welche neue Katastrophe steht bevor? Die Invasion Russlands in Europa? Eine militärische Konfrontation zwischen den USA und China, oder zwischen Indien und China, oder zwischen Israel und dem Iran? Ein dritter Weltkrieg?

Die Rolle revolutionärer Minderheiten besteht gerade darin, dass es ihnen gelingt, inmitten von Lärm und Wut, zwischen den täglichen Lügen, den ständigen Manipulationen und der Propaganda die Realität der laufenden historischen Entwicklung zu erkennen. Die Zukunft wird für die Arbeiterklasse eine der schwierigsten sein! Darauf muss man sich vorbereiten. Aber nein, es droht nicht der Dritte Weltkrieg oder gar eine Invasion Europas. Es ist eine Barbarei, die weniger frontal und allgemein, sondern vielmehr hinterhältig und schleichend ist, aber genauso gefährlich und mörderisch.

Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer und kündigte das Ende des Ostblocks an, das am 25. Dezember 1991 offiziell anerkannt wurde. Um die gegenwärtige Dynamik zu verstehen, müssen wir von diesem historischen Ereignis ausgehen.

Das Ende der Blöcke, die Explosion des „Jeder für sich“, der Aufstieg Chinas

Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks verlor der Westblock seine Daseinsberechtigung und die USA ihren seit über fünfzig Jahren bestehenden Todfeind Russland, der beträchtlich geschwächt war. Die Bourgeoisie der führenden Weltmacht erkannte sofort die neue historische Situation: Die in zwei imperialistische Blöcke geteilte Welt war am Ende; die Disziplin, die notwendig war, um jeden Block zusammenzuhalten, war am Ende; die Unterwürfigkeit der Verbündeten Amerikas, um sich vor dem Appetit Russlands zu schützen, war am Ende. Es eröffnete sie eine Zeit der Zerbrechlichkeit der Allianzen, des Seitenwechsels je nach den Umständen jedes Konflikts, für die Explosion des „Jeder für sich“. Vor allem Europa, das seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Zentrum des Ost-West-Konfliktes stand, wurde aus dieser Umklammerung befreit. Was die stärkeren und ehrgeizigeren Nationen betraf, so war nun der Platz Russlands, des vormaligen großen Gegenspielers Amerikas, zu besetzen.

Die amerikanische Bourgeoisie reagierte daher sofort: „Wir befinden uns heute in einem außergewöhnlichen und außerordentlichen Moment ... eine seltene Gelegenheit, uns auf eine historische Periode der Zusammenarbeit zuzubewegen ... eine neue Weltordnung, kann entstehen: eine neue Ära, weniger bedroht durch Terror, stärker im Streben nach Gerechtigkeit und sicherer im Streben nach Frieden.“ Diese Worte von US-Präsident George H. W. Bush in seiner Rede vor dem Kongress am 11. September 1990 haben sich in das Gedächtnis gebrannt. Zur gleichen Zeit waren als „neue Weltordnung“, „Zusammenarbeit“, „Gerechtigkeit“ und „Frieden“ die von amerikanischen Flugzeugträgern und Abrams-Panzern losgefeuerten Tomahawk-Raketen dabei, den Irak zu überrollen.

Mit diesem ersten Golfkrieg, der fast 500.000 Menschenleben forderte, verfolgten die USA zwei Ziele: eine echte Demonstration militärischer Stärke, um dem wachsenden imperialistischen Hunger aller anderen Nationen, insbesondere ihrer ehemaligen Verbündeten aus dem Westblock, entgegenzuwirken; und sie alle zu zwingen, sich an der Intervention im Irak zu beteiligen und zu gehorchen.

Was war das Ergebnis? 1991 brach der Krieg in Jugoslawien aus: Frankreich, Großbritannien und Russland unterstützten Serbien, die USA wählten Bosnien und Deutschland Slowenien und Kroatien. Deutschland versuchte hier, wieder einen direkten Weg zum Mittelmeer zu finden, und zeigte bereits seine neuen Ambitionen. 1994 brach der Krieg in Ruanda aus, wobei Frankreich auf der Seite der Hutu und ihres Völkermords stand und die USA auf der Seite der Tutsi und ihrer Wiedererlangung der Macht.

Diese fünf Jahre, 1990-1994, fassen für sich genommen die gesamte imperialistische Dynamik zusammen, die darauf folgte und die wir nun seit mehr als drei Jahrzehnten erleben. „Anti-Terror-Operation“ in Afghanistan, zweiter Golfkrieg, Interventionen in Libyen, Jemen und Syrien – das Ergebnis ist jedes Mal das gleiche:

- Erstens eine Machtdemonstration der USA, deren militärische Stärke unübertroffen ist.

- Zweitens ein endloses Chaos, eine Unfähigkeit, die besiegte Region zu regulieren und zu stabilisieren.

- Drittens eine Verschärfung der imperialistischen Spannungen auf internationaler Ebene, wobei jede Nation die Hegemonie, die die USA weiterhin durchsetzen wollen, zunehmend in Frage stellt.

Die USA, die stärkste Macht der Welt, sind auch zum Hauptverursacher der „globalen Unordnung“ geworden.

Was das Ziel betrifft, eine andere Großmacht daran zu hindern, aufzutauchen und sich ihnen entgegenzustellen, so haben die USA dies mit Erfolg getan:

- Gegen Russland, indem sie immer mehr militärische Kräfte auf dem Gebiet der ehemaligen russischen Satellitenstaaten stationiert haben.

- Gegen Japan, indem sie einen gezielten Handelskrieg gegen das Land geführt und es seit mehr als 35 Jahren in die wirtschaftliche Stagnation getrieben haben. 1989 sagte der damalige US-Finanzminister Lawrence Summers: „Japan stellt eine größere Bedrohung für die USA dar als die UdSSR“.

- Gegen Deutschland, das seine Wirtschaft entwickeln durfte, aber in seinen militärischen Ansprüchen eingeschränkt war.

Nur gelang es einer neuen Macht, trotz allem aufzusteigen: China. Als „Fabrik der Welt“, als echte globale Wirtschaftslokomotive, die auch die USA brauchen, wurde der imperialistische Appetit Chinas immer größer, so dass es behauptete, eines Tages den Platz der ersten Weltmacht einnehmen zu können. Aus diesem Grund kündigte Außenministerin Hillary Clinton 2011 die „strategische Ausrichtung nach Asien“ an, eine Vision, die „Asien in den Mittelpunkt der amerikanischen Politik“ stellt und ein militärisches, wirtschaftliches und diplomatisches Engagement der USA vorsieht, um die Präsenz und den Einfluss im indopazifischen Raum zu erhöhen. Im Jahr darauf bestätigte Barack Obama diese Neuausrichtung der US-Streitkräfte auf Asien unter dem Namen „Rebalancing“.

Die chinesische Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Im Jahr 2013 stellt es seine neuen globalen imperialistischen Ambitionen offiziell zur Schau. Präsident Xi Jinping kündigt 2013 das „Jahrhundertprojekt“ an: den Bau einer „Neuen Seidenstraße“, einer Reihe von See- und Eisenbahnverbindungen zwischen China, Europa und Afrika über Kasachstan, Russland, Weißrussland, Polen, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Dschibuti und Somaliland – dieses Projekt umfasst mehr als 68 Länder mit 4,4 Milliarden Menschen und 40% des weltweiten Bruttoinlandprodukts!

Der Krieg in der Ukraine: Russland schwächen, China ins Visier nehmen, Europa unter Druck setzen

Als der russische Imperialismus am 24. Februar 2022 versuchte, in die Ukraine einzufallen, geriet er in eine Falle. Die USA hatten diesen Krieg absichtlich vorangetrieben, indem sie die Ausweitung der Präsenz von NATO-Streitkräften auf ukrainischem Gebiet an der russischen Grenze planten, von der sie genau wussten, dass sie für den Kreml völlig untragbar war. Das Ziel? Russland in einen Morast, eine Sackgasse, hineinzuziehen. Kein Besatzungskrieg seit 1945 war erfolgreich, egal wer der „Invasor“ war. Die USA können ein Lied davon singen, als sie Vietnam besetzten. Es handelte sich dabei um einen von langer Hand geplanten Plan. Alle Präsidenten seit 1990, Bush-senior, Clinton, Bush-junior, Obama, Trump, Biden ... haben einer nach dem anderen das gleiche Werk verfolgt, die NATO in den osteuropäischen Ländern zu etablieren.

Von 2022 bis zur Rückkehr Trumps an die Regierung haben die USA die Ukraine ausreichend unterstützt und bewaffnet, damit der Krieg andauert, damit der russische Imperialismus weder Sieger noch Besiegter ist, damit er dort in der Falle sitzt, die „lebendigen Kräfte der Nation“ an der Front opfern und das gesamte Wirtschaftsgefüge im Hinterland verschleißen muss. Die USA haben hier ein Dreiband-Billard gespielt. Denn im Grunde war China das Ziel des Manövers, da Russland sein wichtigster militärischer Verbündeter war. Dieser Krieg war auch gleichbedeutend mit einem Stopp des Fortschreitens der „Neuen Seidenstraße“. Und die USA nutzten die Gelegenheit, um Europa zu schwächen, allen voran Deutschland, das stark von den Märkten im Osten und von russischem Gas abhängig ist.

Ende 2024 begann die imperialistische Neuausrichtung der USA auf Asien, die 2011 eingeleitet worden war, ernsthafte Auswirkungen auf das Gleichgewicht der Welt zu haben:

- Experten zufolge sollte China 2020 zur führenden Weltmacht werden, dann 2030, dann, 2040, heute 2050 ..., wenn sie nicht schlicht und einfach das Eintreten dieser Prognose ganz aussetzen. Alle Signale stehen für China auf Rot: Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, Immobilienkrise, Stillstand bei der Seidenstraße ... Selbst das Ziel, den militärischen Rückstand gegenüber den USA aufzuholen, rückt in weite Ferne, da das Verteidigungsbudget dreimal kleiner ist als das seines Konkurrenten – und das jedes Jahr!

- Europa, das über 50 Jahre lang ein wichtiger Verbündeter der USA gegenüber der UdSSR war, hat mit dem Aufstieg Chinas an geostrategischer Bedeutung verloren und ist vor allem zu einem harten wirtschaftlichen Konkurrenten und zu einem Lieferanten von Ländern geworden, die in bewaffneten Konflikten im Wege stehen oder sogar Feinde sind. Die Rede des französischen Ministers De Villepin am Rednerpult der Vereinten Nationen am 14. Februar 2003, in der er sich weigerte, sich an der militärischen Intervention im Irak zu beteiligen, bleibt ein Symbol für diese europäischen Länder, die sich zunehmend gegen die USA stellen: "In diesem Tempel der Vereinten Nationen sind wir die Hüter eines Ideals, wir sind die Hüter eines Gewissens. Die schwere Verantwortung und die immense Ehre, die wir haben, müssen uns dazu bringen, der Abrüstung in Frieden Priorität einzuräumen. Und es ist ein altes Land, Frankreich, ein alter Kontinent wie der meine, Europa, der Ihnen dies heute sagt". Die jüngsten Ereignisse Anfang 2025 haben den Bruch endgültig besiegelt, der das weltweite Chaos beschleunigen wird.

Die Trump-Beschleunigung

„Schauen Sie, seien wir ehrlich, die Europäische Union wurde entworfen, um die Vereinigten Staaten zu ärgern“: Das ist 22 Jahre später, aus dem Mund von Donald Trump, die Antwort der amerikanischen Bourgeoisie auf De Villepin und die französische Bourgeoisie.

Der amerikanische Präsident ist ein größenwahnsinniger Spinner. Die Propaganda nutzt diese für alle sichtbare Tatsache, um ihm all die Fäulnis, die Barbarei und die Irrationalität, die sich heute entwickeln, in die Schuhe zu schieben. Aber es ist kein Zufall, dass es ein größenwahnsinniger Spinner ist, der an die Spitze der führenden Weltmacht gelangt ist. Trump ist das Ergebnis des Wahnsinns und der Irrationalität, die das gesamte kapitalistische System zunehmend gangsterartig durchziehen. In dieser Hinsicht bricht seine Präsidentschaft nicht mit der Politik, die vor ihm betrieben wurde, sondern verlängert sie, beschleunigt sie und treibt sie auf die Spitze. Trumps Politik ist nur eine maskenlose Karikatur der Politik der gesamten Bourgeoisie, von der er ein Teil ist.

Hat Europa seine geostrategische Bedeutung verloren? Dann zieht Trump die Konsequenzen daraus bis zum Äußersten. Der «alte Kontinent“ ist in seinen Augen nur noch ein wirtschaftlicher Konkurrent, also ab in den Müll mit den Abkommen und Bündnissen, ab in den Müll mit dem Atomschutzschild, und es lebe die Errichtung von Zollschranken durch extravagante Erhöhungen der Einfuhrzölle. Das Ende des amerikanischen Militärschutzes soll unter anderem dazu führen, dass alle europäischen Länder einen Teil ihrer Wirtschaftskraft für den Aufbau ihrer militärischen Streitkräfte verschwenden müssen.

Ist China der Hauptfeind, den es auszuschalten gilt? Dann lassen Sie uns Clintons und Obamas „Ausrichtung“ bis zum Ende durchziehen: Russland muss China entrissen werden, selbst wenn man dafür die Ukraine opfert, der Panamakanal muss kontrolliert werden, da China den Anspruch hat, ihn für seine „neue Seidenstraße“ zu gebrauchen, Grönland muss unter den Nagel gerissen werden, da China auf die Arktis schielt. Der Nordpol ist derzeit einer der Hotspots des Planeten: Russland, China, Kanada und die USA streben nach der Vorherrschaft in diesem Gebiet. China hat im Übrigen seinen Willen erklärt, eine „neue polare Seidenstraße“ zu eröffnen!

Hinter Trumps wildesten Äußerungen verbirgt sich also die Verfolgung der zentralen Ziele der gesamten amerikanischen Bourgeoisie: China zu schwächen, es endgültig daran zu hindern, eines Tages den Anspruch erheben zu können, die Position der ersten Weltmacht einzunehmen.

Trumps Vorgehen ist einfach viel aggressiver, chaotischer und irrationaler als das seiner Vorgänger, er ist der Inbegriff der Aggressivität, des Chaos‘ und der Irrationalität der gegenwärtigen historischen Epoche! Dies kann Früchte eintragen. So kündigte der panamaische Präsident José Raul Mulino am 7. Februar 2025 nach einem Treffen mit dem US-Außenminister Marco Rubio an, dass er die Zusammenarbeit mit China nicht verlängern werde. Peking erklärte daraufhin sofort, dass es diesen Rückzug „zutiefst bedauere“. „China lehnt es entschieden ab, dass die USA Druck und Zwang anwenden, um die Zusammenarbeit zu verunglimpfen und zu untergraben", sagte Lin Jian, Sprecher des chinesischen Außenministeriums.

Aber von den Ausnahmen abgesehen, wird Trumps Vorgehensweise, die ein Produkt des Chaos in der Welt ist, ihrerseits zum aktiven Faktor und Beschleuniger eben dieses Chaos. Trump und seine Clique führen die wirtschaftliche und imperialistische Politik der größten Weltmacht so, wie sie ihr eigenes Business führen: Sie suchen nach „guten Deals“, ohne langfristigen Plan, es muss sich lohnen, „jetzt und sofort“. Die Folgen sind natürlich katastrophal.

Als Trump die Ukraine fallen ließ, hat er der Welt ins Gesicht gesagt: Das Wort des amerikanischen Staates ist nichts wert, ihr könnt uns nicht trauen. Im Übrigen streben Trump und seine Clique keine internationalen Bündnisse an, sondern punktuelle bilaterale Abkommen, die „jetzt sofort“ gültig sind. Indien, Südkorea und Australien sind heute besonders besorgt und misstrauisch gegenüber ihrem „amerikanischen Freund“. Kanada nähert sich Europa an, dessen Verpflichtungen verlässlicher erscheinen.

Noch schlimmer ist, dass Trump mit der Aufgabe Europas die Verbindungen, die nach 1990 weiter bestanden, endgültig abgebrochen hat. Die Folgen für Europa sind noch nicht absehbar, aber welcher Weg auch immer eingeschlagen wird, er wird sich als nachteilig für die USA erweisen: entweder ein stärkerer Zusammenhalt der wichtigsten europäischen Mächte gegen die USA, mit einem verstärkten Handelskrieg und einem Ausbau europäischer Streitkräfte, oder eine Zuspitzung des „Jeder gegen Jeden“ innerhalb Europas, mit einer Europäischen Union, die teilweise zerfällt, und Mächten, die ihre nationale Kriegswirtschaft ausbauen, um ihre eigenen Karten spielen zu können, wo immer sich die Gelegenheit dazu bietet. Am wahrscheinlichsten ist, dass beide Dynamiken nebeneinander existieren werden, je nachdem, welche Konflikte und welche Ecken des Globus auf dem Spiel stehen. Aber in all diesen Fällen werden die USA einer imperialistischen Welt gegenüberstehen, die ihnen noch feindlicher, weniger stabil und weniger kontrollierbar sein wird.

Und wofür das alles? Trump und seine Clique sind nicht einmal sicher, dass sie Russland für sich gewinnen können. In Wirklichkeit ist es sogar unmöglich. Trump hat also einen Keil zwischen China und Russland getrieben, die einander schon seit langem misstrauen. China besetzt gegen den Willen des Kremls russisches Land, das reich an Mineralien ist. Russland führt ohne Pekings Segen einen Krieg in der Ukraine. So ist es mit allen imperialistischen „Bündnissen“ seit 1990: Sie sind zerbrechlich, wandelbar. Aber niemals wird es gelingen, Russland zu seinem Verbündeten zu machen. Putin wird versuchen, so viel wie möglich von Trumps „gutem Schachzug“ zu profitieren, aber aus dieser „Umwälzung der Allianzen“ wird nichts Stabiles hervorgehen.

Grundsätzlich hat Trump nach den aufeinanderfolgenden und ständigen Misserfolgen der amerikanischen Bourgeoisie, ihre Ordnung durchzusetzen und das „Jeder gegen Jeden“ einzuschränken, die Unmöglichkeit, diese Dynamik zu stoppen, aktenkundig gemacht und den „Krieg Jeder gegen Jeden“ als die eigentliche „Strategie“ der neuen amerikanischen Regierung für eröffnet erklärt.

Nach Trump – gibt es kein Zurück

Indem er die Ukraine und Europa fallen ließ und sich Russland zuwandte, hat Trump gerade die spärlichen Fundamente der internationalen Ordnung zerstört, die den Zusammenbruch der UdSSR 1990 überlebt hatten. Und es wird kein Zurück mehr geben.

Natürlich wird die US-Bourgeoisie angesichts des Dilettantismus und der Inkompetenz der Trump-Clique, der aktuellen und künftigen Misserfolge, des Chaos, das sich weltweit ausbreiten wird, und der absehbaren wirtschaftlichen und imperialistischen Rückschläge für die USA versuchen, zu reagieren und die Zeit nach Trump vorzubereiten. Die US-Bourgeoisie als Ganzes hat ein großes Interesse daran, die Eskapaden und Übertreibungen der Trump-Clique auszumerzen, an die sehr wirksame „Soft Power“ anzuknüpfen und zu versuchen, ihrem Wort und ihren Verpflichtungen wieder Glaubwürdigkeit zu verleihen. In Wirklichkeit wird es jedoch kein Zurück mehr geben. Denn es handelt sich hinter dieser Beschleunigung der Ereignisse um die Bestätigung und Manifestation der historischen Sackgasse, die das Überleben des Kapitalismus für die Gesellschaft darstellt: Die nächste Regierung wird vielleicht die Form ihrer Politik ändern, nicht aber den Inhalt, das Vertrauen in die Verlässlichkeit des amerikanischen Wortes wird nicht zurückkehren, die zerstörten Bündnisse mit Europa werden nicht neu geknüpft, das Chaos in der Ukraine wird nicht aufhören, die Beziehung zu Russland wird nicht befriedet werden.[1]

Im Gegenteil, die Zukunft ist auf lange Sicht der Krieg, der sich im Nahen Osten ausbreitet, wahrscheinlich im Iran, Russland, das auf seine Nachbarländer schielt, Moldawien zum Beispiel, die Zunahme der Spannungen in Asien, um Taiwan, zwischen China und Indien ... Die Zukunft ist ein globaler Kapitalismus, der auf der Stelle verrottet, sich in Barbarei stürzt, jeder für sich selbst, die Zunahme kriegerischer Konflikte ... Die Zukunft ist die Kriegswirtschaft, die sich in allen Ländern ausbreitet und von der Arbeiterklasse verlangt, mehr zu arbeiten, schneller zu arbeiten, weniger zu verdienen, sich weniger zu bilden, weniger zu pflegen ...

Ja, das ist die Zukunft, die der Kapitalismus bereithält! Die Antwort kann einzig der Klassenkampf sein. Die Bedrohung durch die Ausweitung der kriegerischen Barbarei kann Angst machen, lähmen und dazu führen, dass man von „seinem“ Staat „beschützt“ werden will. Aber derselbe Staat wird „seine“ Arbeiterinnen und Arbeiter rücksichtslos angreifen, um den Takt zu erhöhen und seine Kriegswirtschaft auszubauen. Das ist der Weg, den der Klassenkampf in den kommenden Jahren nehmen wird: Die konsequente Weigerung, den Gürtel immer enger zu schnallen, wird zu massiven Arbeiterkämpfen und zur Entwicklung von Solidarität, Bewusstsein und Organisation der Arbeiterklasse führen müssen.

Seit dem „Sommer des Zorns“, der 2022 in Großbritannien ausbrach, dieser monatelangen Serie von Streiks in allen Sektoren, hat die Arbeiterklasse auf globaler Ebene den Willen wiedergefunden, sich zu wehren, auf die Straße zu gehen, sich zusammenzuschließen, zu diskutieren und gemeinsam zu kämpfen. Es ist diese Dynamik, die allein der Menschheit eine andere Zukunft bieten kann: die Zukunft der Überwindung des Kapitalismus, des Endes seiner Kriege, seiner Grenzen und seiner Ausbeutung, die Zukunft der proletarischen Revolution für den Kommunismus.

Und es ist die Aufgabe der revolutionären Minderheiten, aller, die nach wirklicher politischer Klärung suchen, aller, die sich nach einer anderen Perspektive als diesem dekadenten und barbarischen Kapitalismus sehnen, sich zusammenzuschließen, zu diskutieren, den Zusammenhang zwischen Krieg, Wirtschaftskrise und den Angriffen auf die Arbeiterklasse zu verstehen und auf die Notwendigkeit eines geeinten Kampfes als Klasse hinzuweisen.

Gracchus, 24.3.2025

 

[1] Russland ist sich übrigens sehr wohl bewusst, dass die US-Bourgeoisie bereits die Zeit nach Trump vorbereitet, und es besteht eine immense Wahrscheinlichkeit, dass die nächste Clique an der Macht aus der antirussischen historischen Tradition der USA stammen wird, was die derzeitigen Pseudo-Absprachen noch brüchiger macht. Russland ist misstrauisch.

Rubric: 

Imperialistische Konflikte