Ehrung des Genossen Robert

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Am 28.Dezember 2003 starb der Genosse Robert im Alter von 90 Jahren. Robert war seit über 28 Jahren ein wirklicher Lebensgefährte unserer Organisation.

Seit der Gründung der IKS nahm er als Beobachter an zahlreichen Konferenzen und Kongressen sowie als regelmäßiger Teilnehmer an unseren öffentlichen Veranstaltungen in Belgien teil. Trotz reeller Differenzen identifizierte er sich mit der grundsätzlichen Orientierung unserer Organisation und unterstützte sie nach besten Kräften.

Heute erweisen wir mit Robert nicht nur einem Genossen die Ehre, den Loyalität, Hingabe und Leidenschaft für die revolutionäre Sache des Proletariats auch in den dunkelsten Kapiteln der Geschichte auszeichnete. Wir ehren ihn auch als Mitglied einer ganzen Generation von Militanten der Arbeiterklasse in Belgien, die nun zusammen mit ihm ausstirbt.

Robert war der letzte überlebende revolutionäre Kommunist einer Generation von Militanten, die auch in der schlimmsten Periode der Konterrevolution, die die Arbeiterklasse zwischen den 30ern und 60er Jahren heimsuchte, das Banner des Internationalismus hochhielt.

In seiner Jugend erlebte Robert in den Arbeitervierteln von Brüssel die ganzen Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft; hier wurde er zum ersten Mal mit der harten Realität des Klassenkampfes konfrontiert. 1930 war Brüssel das politische Zentrum Belgiens, der Brennpunkt der meisten wichtigen politischen Debatten. Diese Diskussionen trugen zu Roberts revolutionärem Werdegang bei. In den Diskussionen ging es darum zu klären, ob es an der Zeit sei, eine neue Kommunistische Partei zu gründen oder besser die Arbeit als Fraktion fortzusetzen. Ferner um die Klärung des Wesens des Krieges in Spanien, darum, ob die Gründung der trotzkistischen 4. Internationale richtig war, um den Klassencharakter der UdSSR, den Aufstieg des Faschismus sowie die Verteidigung des Internationalismus angesichts des drohenden Weltkrieges.

Die wichtigsten Bestandteile des damaligen revolutionären Milieus waren die „trotzkistischen“ Gruppen der internationalen Linksopposition (PSR, Contre le Courant, etc) und die internationale, kommunistische Linke (die italienische Fraktion um die Zeitschrift Bilan und die belgische Fraktion um Communisme).

Robert entschied, sich der trotzkistischen Opposition um Vereeken (Contre le Courant) anzuschließen, die gegen die Gründung der 4. Internationale war. Sie erkannte die Voreiligkeit dieser Gründung und wies darauf hin, dass Trotzki zu den Schwierigkeiten und der Zersplitterung der wenigen revolutionären Kräfte beigetragen habe. Diese Gruppe denunzierte das sozialpatriotische Auftreten der offiziellen Trotzkisten während des 2.Weltkrieges und praktizierte eine Politik des revolutionären Defätismus gegenüber allen sich bekämpfenden imperialistischen Mächten.

Bei Kriegsausbruch am 1.September 1939, entschieden sich einige Militante, konfrontiert mit Verhaftungen und schwerster Repression, ins Exil zu gehen und dort die politische Arbeit fortzusetzen. Robert floh zunächst nach Paris, dann nach Marseille, einer Stadt, die zeitweilig vielen Revolutionären Asyl bot. Viele von ihnen verloren in den kritischsten Momenten ihre Überzeugung. Robert hingegen vertraute auf die Arbeiterklasse und verteidigte standfest die internationalistische Position gegenüber beiden Krieg führenden Lagern.

Durch seine politischen Beziehungen mit dem internationalistischen Milieu kam Robert mit jenem Zirkel in Kontakt, der unter dem Einfluss unseres alten Genossen Marc stand. Letzterer hatte von 1940 an versucht, die politische Arbeit der Fraktion der internationalen Linkskommunisten wiederzubeleben, die angesichts des Krieges zum Stillstand gekommen war. Von 1941 an kam es immer wieder zu Diskussionen und Kontakten.

Im Mai 1942 konstituierte sich der französische Kern der internationalen kommunistischen Linken. Es nahmen verschiedene neue Elemente daran teil, unter ihnen Robert. Durch ihn kam es zur Zusammenarbeit mit der Gruppe RKD, einer österreichischen Gruppe, die mit dem Trotzkismus gebrochen hatte, sowie den Communistischen Revolutionären, ihrer Schwestergruppe in Frankreich. Tatsächlich war es die RKD über ihre Kontakte mit der Vereekengruppe, auf die er stieß, durch die er das Interesse der RKD an den politischen Positionen des französischen Kerns der kommunistischen Linken weckte.

Die Charakterisierung der UdSSR als Ausdruck einer generellen Tendenz zum Staatskapitalismus, die Haltung des proletarischen Internationalismus gegenüber dem Krieg und die Kritik an der trotzkistischen 4. Internationale - all dies waren gemeinsame Positionen, die die politischen Bande stärkte. Es wurden gemeinsame Aktionen und Propaganda an die Adresse der Arbeiter und Soldaten aller Nationen einschließlich der deutschen Arbeiter in Uniform gegen den imperialistischen Krieg durchgeführt. Im Dezember 1944 fragte der Kern als französische Fraktion der internationalen kommunistischen Linken um die Aufnahme im Internationalen Büro der Fraktion nach.

Die Maikonferenz der Fraktion entschied 1945 in Folge der Ankündigung der Gründung einer kommunistischen Partei in Italien sowie des politischen Wiedererscheinens von Bordiga die Auflösung der italienischen Fraktion und forderte ihre Mitglieder auf, als Individuen dieser neuen Partei beizutreten. Unser Genosse Marc bekämpfte diesen unverantwortlichen Schritt, der ohne jede vorherige Diskussion oder ein politisches Abwägen stattfand, auf das Schärfste; er war völlig gegen die Integration in eine Partei, deren politische Positionen nicht einmal der Fraktion bekannt waren. Gleichzeitig wurde der Aufnahmeantrag des französischen Kerns abgelehnt und eine Namensänderung in Gauche Communiste de France erzwungen. Auf der anderen Seite vereinigte sich die belgische Fraktion, die sich nach dem Krieg wieder um Vercese rekonstruiert hatte, mit der PCInt um Damen, Maffi und Bordiga.

Nach dem Krieg kehrte Robert wieder nach Belgien zurück. Da er politisch nicht auf sich allein gestellt sein wollte, beschloss er, die belgische Fraktion wiederzubeleben, ohne jene Überzeugung über Bord zu werfen, zu der er in der Periode des französischen Kerns gekommen war.

Er hielt Kontakt mit der GCF, insbesondere mit Marc. Die Gruppe in Belgien blieb den wesentlichen Positionen Bilans vor dem Krieg treu und stand faktisch in Widerspruch zur PCInt. Die belgische Fraktion öffnete sich, so wie sie es vor dem Krieg getan hatte, zunehmend den internationalen Diskussionen. Ende 1945, Anfang 1946 fragte die belgische Fraktion nach weiteren Erläuterungen der Gründe für die Nichtaufnahme der GCF in die Reihen der Kommunistischen Linken. Es scheint, dass Robert sehr vehement diese Anfrage unterstützt hat. Die belgische Fraktion schlug ebenfalls vor, ein theoretisches Organ gemeinsam mit den belgischen Trotzkisten um Vereeken herauszugeben. Dies zu einem Zeitpunkt, bevor diese Gruppe endgültig an die 4. Internationale verloren wurde. Dieser Vorschlag wurde von der PCInt abgelehnt.

Im Mai 1947 nahm die belgische Fraktion auch an einer internationalen Konferenz teil, die vom holländischen kommunistischen Spartacusbond organisiert worden war. Ihr wohnten Gruppen bei, die ebenso wie die belgische Fraktion der Gruppe Spartacus in Belgien nahe standen. Mit dabei waren die GCF, die CR, die RKD, die Schweizer Gruppe Lutte de Classe und die autonome Turiner Fraktion der PCInt.

1950-52 zerschlugen sich die Hoffnungen auf eine revolutionäre Nachkriegswiederbelebung des Klassenkampfes, ähnlich jener nach dem 1. Weltkrieg. Viele revolutionäre Organisationen gerieten in die Isolation, die GCF eingeschlossen. Robert unterhielt mit Marc, der nun in Venezuela lebte, regelmäßigen Briefkontakt, worin er ihn über die Situation des revolutionären Milieus informierte.

Nach Vercesis Tod 1957 weigerte sich die belgische Fraktion, sich den Positionen der bordigistischen PCI zu unterwerfen, aber tatsächlich fiel sie allmählich noch dahinter zurück.

Robert nahm weiter an verschiedenen organisatorischen Ausdrücken der Kommunistischen Linken teil, so auch an dem Studienzirkel um Roger Dangevilles Zeitschrift „Le Fil du Temps“ (einem Ableger der PCI, der eine Zeitlang an einem Diskussionszirkel teilnahm, der auf Initiative von Maximilian Rubel entstanden war, seinerseits ehemaliges Mitglied der GCF).

Schließlich kam er nach 1968 über Marc mit der Gruppe Révolution International in Frankreich in Kontakt. Trotz deutlicher Meinungsverschiedenheiten in Fragen des historischen Kurses und der Partei war Robert sich der politischen Bedeutung der revolutionären Organisation und der Notwendigkeit der Verteidigung des revolutionären Erbes sehr bewusst.

Eben deshalb verhielt er sich loyal gegenüber der Internationalen Kommunistischen Strömung (IKS). Er unterstützte uns auch während der schwierigsten Perioden, indem er Stellung für unsere Verteidigung bezog.

Die Militanten der IKS, die den revolutionären Kampf, für den er lebte und kämpfte, fortsetzen, erbieten ihm die letzte Ehre. Sie werden sein Andenken in lebendiger Erinnerung behalten.