Internationale Revue Nr. 1 - Einleitung

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Was ist die Internationale Revue der IKS?

Die IKS veröffentlicht seit April 1975 eine dreimonatige Zeitschrift. Diese Zeitschrift erscheint gleichzeitig auf Französisch, Englisch und Spanisch. Sie erscheint seit April 1976 auf Holländisch, seit Anfang 1977 auf Italienisch und ab Anfang 1978 auf Deutsch.

Die Internationale Revue beinhaltet Artikel der IKS zur theoretischen Vertiefung der Positionen und der Geschichte der Arbeiterbewegung. Weiterhin werden mit diesem Organ Diskussionen mit anderen revolutionären Organisationen geführt und Beiträge oder Berichte zum Leben der Organisation sowie Stellungnahmen der IKS zu aktuellen Problemen veröffentlicht. Die Internationale Revue ist das internationale Organ einer internationalen Organisation. Broschüren zu einzelnen Positionen werden ebenfalls auf internationaler Ebene herausgegeben. (Auf Deutsch wurden bereits Broschüren über die Gewerkschaftsfrage und die nationale Frage veröffentlicht. In den "Grundprinzipien" stehen die Grundsatzpositionen der IKS). In den einzelnen territorialen Sektionen werden des Weiteren aktualisierte regelmäßige Zeitschriften bzw. Zeitungen der IKS herausgebracht.

Ein solches Organ auf internationaler Ebene ist nicht aus Eitelkeit entstanden, sondern hat seine Grundlage in dem Klassencharakter unserer Organisation. Das Proletariat ist keine Ansammlung einzelner nationaler Klassengebilde, sondern die Weltarbeiterklasse, die auch nur als internationale Klasse das Kapital besiegen kann. Um dies zu erreichen, muss jede proletarische Organisation zur Internationalität streben, um dadurch zur größtmöglichen Homogenität des Arbeiterbewusstseins zu gelangen.

Warum eine Internationale Revue auf Deutsch?

In der BRD, Skandinavien, Österreich und der Schweiz sowie im restlichen Teil des Planeten vertieft sich immer mehr die Todeskrise des Kapitalismus. Diese Krise öffnet eine neue revolutionäre Periode, ein Wiedererwachen des Proletariats auf Weltebene. Trotz der Aussagen der Linken aller Art ist die BRD keine Ausnahme in dieser Krise. Die Arbeitslosigkeit, die steigenden Preise, die immer schlimmeren Lebens- und Arbeitsbedingungen, die zunehmenden Schwierigkeiten gegenüber der Krise (s. die Konjunkturprogramme), die politische Krise in den verschiedenen Fraktionen der Bourgeoisie sind deutliche Beweise dafür, dass auch die stärksten kapitalistischen Länder die Krise nicht vermeiden können. Diese Krise offenbarte schon 1969 und 1973, dass die deutsche Arbeiterklasse nicht verschwunden ist und in den nächsten Jahren immer stärker auf der historischen Bühne auftreten wird. Die Perspektive ist in der BRD, Österreich, der Schweiz und Skandinavien die gleiche wie in den anderen Ländern der Welt: eine immer tiefere Krise und eine Welle von revolutionären Kämpfen des Proletariats.

Als Ausdruck und Produkt des Wiedererwachens des Proletariats auf Weltebene gibt es immer mehr revolutionäre Elemente, die mit der bürgerlichen Ideologie gebrochen haben. Die revolutionären Organisationen müssen diesen Elementen einen organisatorischen Rahmen anbieten können, durch welchen die revolutionären Ideen in die Klasse vermittelt werden können. Dieser Prozess findet in allen Ländern statt; die Internationale Revue der IKS in deutscher Sprache verfolgt das gleiche Ziel: die Verbreitung der revolutionären Ideen in der Arbeiterklasse.

Warum ein theoretisches Organ?

Die Notwendigkeit der Vertiefung der marxistischen Theorie als ein Instrument für den Kampf gegen die alte kapitalistische Ordnung wird oft missverstanden.

Einerseits lehnen viele die Notwendigkeit der Theorie ab, die sie mit dem Akademismus verwechseln, und halten sowohl Programm wie theoretische Vertiefung der proletarischen Grundsätze für unnötig. In diesem Zusammenhang sei auf die gesamten K-Gruppen verwiesen, die die Theorie nicht ausdrücklich ablehnen, sie aber von ihrer Praxis vollkommen trennen und nur als eine Rechtfertigung für ihr eigenes Handeln betrachten. Für sie besteht die einzige revolutionäre Handlungsmöglichkeit in der unmittelbaren Aktion („man muss in der Bewegung sein“ – gleichgültig, ob diese sogenannte Bewegung etwas mit proletarischen Ansätzen zu tun hat oder ob es eine revolutionäre Perspektive gibt). Hierzu zählen wir auch die Ouvrièristen (Arbeitertümler). Sie bestimmen den Charakter einer Bewegung nicht auf der Grundlage historisch entstandener Grundsatzpositionen, sondern nach der soziologischen Herkunft ihrer Protagonisten. Auf der Basis des „Die-Arbeiter-haben-immer-recht“-Standpunktes erübrigt sich für sie faktisch jede Notwendigkeit einer theoretischen Arbeit.

Andererseits gibt es diejenigen, die die Theorie als einen Selbstzweck und als ein Forschungsinstrument betrachten: all die Akademiker und Intellektuellen mit „linken“ Ansprüchen. Ihre einzige Praxis besteht in der Veröffentlichung ihrer Theorie in zahlreichen Zeitschriften. Sie wollen die Welt nicht verändern, sondern nur interpretieren. Sie sind nicht zu verwechseln mit solchen revolutionären Elementen, die in Reaktion auf die theoretische Armut der K-Gruppen einen Ausweg in der Theorie suchen, dabei jedoch die dialektische Beziehung zwischen Theorie und Praxis und meist auch den Klassenkampf selbst außer Acht lassen.

Die Ablehnung der Theorie sowie ihr Gegenteil (bzw. ihre Ergänzung), die Vergötterung der Theorie, sind gleichzeitige eine Ablehnung des Marxismus. In der Tat hat der Marxismus als theoretischer Ausdruck der Arbeiterklasse zum ersten Mal auf dialektische Weise den Bezug zwischen Theorie und Praxis als untrennbare Seiten des gleichen Prozesses hergestellt; beide sind notwendige Instrumente für die Weiterentwicklung der Menschheit und Voraussetzung für den Sieg des Proletariats auf Weltebene. Die Theorie ist kein Selbstzweck, sondern sie dient dazu, auf möglichst hohem Niveau die Welt zu analysieren und die Lehren aus den Erfahrungen der Arbeiterklasse zu ziehen. Die Aktion der Revolutionäre ist historisch und nicht unmittelbar: Sie müssen in voller Kenntnis der Bedingungen, unter denen die Umwälzung zum Kommunismus stattfinden wird, die endgültigen Ziele des Proletariats aufzeigen, d.h. die kapitalistischen Produktionsbedingungen, die Fallen der Bourgeoisie gegen das Proletariat, die Notwendigkeiten für das Proletariat. Nur wenn das Proletariat den höchsten Grad an Homogenität und Bewusstsein erreicht hat, kann es die Welt verändern.

Es ist die Rolle der Revolutionäre, eine kohärente Auffassung der Welt in einem kohärenten Programm auszudrücken, das aus den Erfahrungen des Proletariats entstanden ist und mit der ständigen Auseinandersetzung mit der Erfahrung des Proletariats und mit der Realität, mit der lebendigen Praxis der Klasse bereichert wird. Nur durch diese Theorie kann die Praxis der Revolutionäre eine Perspektive für das Proletariat anbieten. Nur durch die Praxis der Klasse kann wiederum diese Theorie zu einem noch besseren Instrument im Klassenkampf werden.

Über den Inhalt dieser Internationalen Revue

Vier Texte der IKS sind in dieser Nummer veröffentlicht, von denen zwei von internationalen Kongressen der IKS stammen. Das Manifest der IKS ist der Ausdruck der Wiedergeburt des Proletariats in dieser neuen revolutionären Periode und seiner Organisation der Revolutionäre. Es wurde für den ersten Kongress der IKS im Januar 1976 geschrieben, so wie auch die Plattform und die Statuten der Organisation. Es soll die historischen Ziele des Proletariats aufzeigen und auch bekräftigen, dass die Arbeiterklasse nicht besiegt ist, sondern die Mystifikationen des Kapitals (vor allem seines linken Flügels) erkennen muss und wird, um ihren Kampf durchzuführen. Entgegen den demoralisierenden Analysen der Linken müssen die Revolutionäre erneut daran erinnern, dass ihre Klasse eine historische Mission zu erfüllen hat: den Aufbau der kommunistischen Gesellschaft. Dieses Manifest ist in diesem Sinne ein Appell an alle bestehenden revolutionären Kräfte der Welt. Die Revolutionäre haben eine große Verspätung gegenüber der Entwicklung der Krise und der historischen Aufgabe des Proletariats. Es ist absolut wesentlich für den Erfolg der Revolution, dass sie sich früh genug zusammenfinden und vereinigen, um ihre Rolle als Faktor im revolutionären Klassenkampf erfüllen zu können.

Diese Umgruppierung der Revolutionäre auf Weltebene ist eine der Hauptaufgaben, die sich die IKS gegeben hat. Als die programmatisch und organisatorisch am weitesten entwickelte Organisation heutzutage muss sie diese lebenswichtige Aufgabe erfüllen. Sie ist der Pol der Umgruppierung, der den anderen entstehenden oder bestehenden Organisationen ein klares kohärentes Programm und einen international entwickelten organisatorischen Rahmen anzubieten hat.

Dieses Manifest wird auf Jahre seine Gültigkeit behalten, und deshalb können wir es jetzt in dieser Nummer veröffentlichen.

An zweiter Stelle veröffentlichen wir den ersten Teil aus einem Text der Internationalen Revue, Nr. 2 (engl., franz., span. Ausgabe). Dieser Text versucht einerseits die Ereignisse der Deutschen Revolution wiederzugeben, die meistens total unbekannt geblieben sind (abgesehen von akademischen Kreisen) und von der offiziellen, stalinistischen Geschichtsschreibung verdreht und geleugnet worden sind. Die Deutsche Revolution bildet mit der Russischen Revolution die wichtigsten Erfahrungen des Proletariats in diesem Jahrhundert, von denen die nächste revolutionäre Welle viel zu lernen hat. Diese Lehren haben die revolutionären Organisationen bereits in den 20er Jahren gerade in Deutschland (KAPD) zum großen Teil gezogen. Die heutigen Revolutionäre müssen diese Ereignisse weiter untersuchen, um einen Beitrag zum Verständnis der Geschichte zu bringen und vor allem der Klasse Fehler aufzuzeigen, die nicht mehr passieren dürfen. Gerade in Deutschland muss die Arbeiterklasse ihre vergangenen Erfahrungen wieder in Erinnerung rufen. Dieser Text soll ein Beitrag dazu sein.

Der Text "Staat und Terrorismus: ein Feind der Arbeiterklasse" ist ursprünglich als Flugblatt bzw. lose Beilage zu unseren Broschüren im Dezember letzten Jahres erschienen. Wir haben damit versucht, in all den Wirren der Terroristenhatz die revolutionäre Perspektive des Proletariats zu behaupten. In dieser Internationalen Revue veröffentlichen wir den Text als Ausdruck unserer Intervention in der BRD, aber gleichzeitig als einen Beitrag in der Diskussion, die sich um das Verständnis der jetzigen Entwicklung des Staates bemüht. In diesem Sinne ist der Artikel auch weiterhin aktuell.

Als ein Resultat des 2. Kongresses der IKS (Juni 1977) veröffentlichen wir schließlich den Bericht über die internationale Situation. Dieser Bericht soll einen analytischen Rahmen geben, um die Lage des Kapitals und der Krise sowie die Entwicklung der Klassenkämpfe zu würdigen. Dank dieser Aufgabe kann die IKS eine Grundlage für ihre Analyse des Klassenkampfes schaffen, um eine entsprechende Intervention entwickeln zu können.

In diesem Sinne ist die Internationale Revue ein Kampfmittel und keine bloße Sammlung von Texten. Die Internationale Revue muss zu einem Anstoß revolutionärer Handlung und revolutionären Bewusstseins werden.