Am 8. November 2014 wurde in Marseille eine Konferenz über das Thema „Die radikale Linke in den 1920er Jahren, der Internationalismus und die proletarische Autonomie“ abgehalten.
Bevor wir über das Treffen selbst berichten, möchten wir unsere LeserInnen mit einigen Hintergrundinformationen über den Redner auf der Konferenz, Philippe Bourrinet, versorgen, der der Öffentlichkeit als „Autor zahlreicher Artikel und Bücher über die revolutionäre Arbeiterbewegung und Mitglied des Smolny Pressekollektiv“ präsentiert wurde1. Andernfalls wäre es unmöglich, Philippe Bourrinets Präsentation oder die darauffolgende Diskussion zu verstehen.
Man könnte Marx‘ berühmte Polemik gegen Proudhon2 wie folgt paraphrasieren:
„Philippe Bourrinet hat das Pech, auf eigenartige Weise falsch gewürdigt zu werden. Unter jenen, die für die Kommunistische Linke Interesse bekunden oder behaupten, ihr anzugehören, gilt er als seriöser und ehrlicher Historiker. Unter Historikern gilt er als Vertreter der Idee der Kommunistischen Linken und als Kenner ihrer Hauptorganisation, der IKS, da jeder weiß, dass er mehr als fünfzehn Jahre lang Mitglied der IKS gewesen war. Der IKS angehörend und daher einem seriösen und ehrlichen Verständnis der Geschichte zugeneigt (auch wenn wir nicht behaupten, Historiker zu sein), möchten wir gegen diesen doppelten Irrtum Einspruch einlegen.“
Kehren wir – nach unserem Protest gegen die Ignoranz, der Philippe Bourrinet zum Opfer gefallen ist - zu einigen Episoden seiner politischen Karriere zurück, weil dies uns gestatten wird, viele falsche Vorstellungen über ihn, die in diesen Tagen im Umlauf sind, zu widerlegen.
Nach einem kurzen Aufenthalt in den Reihen der trotzkistischen Organisation Lutte Ouvrière Anfang der 1970er Jahre trat Philippe Bourrinet in die Gruppe Révolution Internationale ein, die kurz danach französische Sektion der IKS werden sollte. Da er eine gewandte Feder führte und große Kenntnisse hatte, wurde ihm bald die Verantwortung übertragen, unter dem Pseudonym Chardin Artikel für die Organisation zu verfassen. Er trat auch dem Zentralorgan der IKS kurz nach dessen Einrichtung 1975 bei, wobei einer der Gründe für seine Nominierung seine sprachlichen Fähigkeiten, besonders im Deutschen, waren.
Philippe Bourrinet hatte da seine historischen Untersuchungen bereits begonnen, und es wurde zwischen ihm und der IKS vereinbart, dass er seine Magister-Dissertation einer Studie der Italienischen Kommunistischen Linken widmen sollte, damit jene von unserer Organisation als Broschüre publiziert werden konnte. Er erhielt vollste Unterstützung für diese Arbeit, von der selbstverständlich seine Universitätskarriere profitierte, durch unsere Organisation: nicht nur materielle Unterstützung, sondern auch politische Unterstützung, da unser Genosse Marc Chirik3, der ein Mitstreiter jener Italienischen Linken gewesen war, ihn mit umfangreichen Dokumenten und Informationen aus erster Hand wie auch mit wertvollen Ratschlägen versorgte. Wie geplant, wurde seine Dissertation kurz darauf von unserer Organisation in Buchformat veröffentlicht. Als ein Werk der IKS, das Analysen der IKS vorstellte, blieb es ohne Autorenangabe, wie alle unseren Broschüren.
Nachdem das Buch veröffentlicht worden war, ermutigten wir Philippe Bourrinet dazu, eine ähnliche Studie über die deutsch-holländische Linkskommunisten für seine Doktorarbeit zu erstellen. Die ersten Kapitel wurden in den Ausgaben 45, 50 und 52 der Internationalen Revue der IKS (engl., franz. und span. Ausgabe) veröffentlicht. Auch hier profitierte Philippe Bourrinet von der umfangreichen politischen und materiellen Unterstützung der IKS.4 Er legte seine Arbeit im März 1988 vor, und anschließend begannen wir mit der langen Arbeit am Buch-Layout, um es im November 1990 in den Druck zu geben; Philippe Bourrinet hatte die IKS einige Monate zuvor verlassen. Er gab keine politischen Gründe für seinen Rückzug an und sagte lediglich, dass er nicht mehr Militanter sein wolle.
Zwei Jahre später erhielten wir in unserem Postfach, ohne jeglichen Begleitbrief, eine Kopie zweier erstaunlicher Dokumente [1]. Das erste Dokument, datiert vom 21. August 1992, war der „Beleg für die Einsendung eines Manuskripts von Philippe Bourrinet mit dem Titel Die deutsch-holländische Linke 1907-1950“. Dieser Beleg war ausgestellt worden von der Urheberrechtsabteilung der Société des Gens des Lettres.5 Das zweite Dokument, datiert vom 27. Juli 1992, war noch verwunderlicher. Es war ein maschinengeschriebener Text mit dem Titel „Betreffs der anonymen Veröffentlichungen, die von der Gruppe Internationale Kommunistische Strömung (IKS) in Frankreich und anderswo verbreitet werden“.
In diesem Dokument lesen wir: „Das Buch mit dem Titel DIE HOLLÄNDISCHE LINKE, unterschrieben mit ‚Internationale Kommunistische Strömung‘, gedruckt im November 1990 von ‚Litografia Libero, Napoli‘ und in Frankreich sowie Belgien verbreitet, wurde vollständig von Philippe Bourrinet, Doktor an der Universität von Paris 1 – Sorbonne (22. März 1988) - verfasst“. Dies traf vollständig zu. Doch dann folgte eine Reihe von Anschuldigungen, die die IKS der „Piraterie“ bezichtigten und die wir mit Philippe Bourrinet aufzuklären wünschten. Folglich traf sich eine Delegation der IKS mit ihm in einem Café am Place de Clichy in Paris in der Nähe seiner damaligen Wohnung. Diese Delegation betonte gegenüber Philippe Bourrinet den wahren Sachverhalt, dem er sich nicht zu widersetzen versuchte. Die Delegation fragte ihn, warum er plötzlich so viel Aufhebens darüber macht, dass sein Name nicht auf dem Buch über die Holländische Linke erscheint, hatte er doch nie zuvor diese Forderung gestellt. Er entgegnete, dass es für ihn mit Blick auf anstehende Stellenbewerbungen vorteilhaft sei, wenn er als Autor dieses Buches erscheine und dass er wünsche, dass sein Name auf künftigen Ausgaben steht. Obwohl Philippe Bourrinet in seiner Stellungnahme eine Reihe von empörenden Attacken gegen die IKS geritten hatte, entschlossen wir uns, ihm dies nicht übelzunehmen; wir legten ihm beispielsweise keinen Stein in den Weg, was seine beruflichen Ambitionen anbetraf. Wir beschlossen, auf seine Forderung einzugehen, aber da die französische Ausgabe bereits gedruckt worden war, teilten wir ihm mit, dass es für diese Ausgabe zu spät sei, worauf er dennoch der Verbreitung dieser Ausgabe zustimmte. Wir unsererseits verpflichteten uns, in allen zukünftigen Ausgaben folgende kurze Stellungnahme zu veröffentlichen: „Dieses Buch, das zuerst in Frankreich 1990 erschien, wird unter der Verantwortung der IKS veröffentlicht. Es wurde geschrieben von Philippe Bourrinet im Zusammenhang mit seiner Arbeit für sein Doktorat, aber es wurde vorbereitet und diskutiert von der IKS, als der Autor eines ihrer Mitglieder war. Aus diesem Grund wurde es konzipiert und veröffentlicht als das kollektive Werk der IKS, ohne Autorenangabe und in dessen völligem Einverständnis.
Philippe Bourrinet ist seit April 1990 nicht mehr Mitglied der IKS, und er hat seither Ausgaben seines Buches unter seinem eigenen Namen veröffentlicht, unter Hinzufügung gewisser ‚Korrekturen‘ in Verbindung mit der weiteren Entwicklung seiner politischen Positionen.
Die IKS ihrerseits beabsichtigt auch weiterhin, dieses Buch zu veröffentlichen. Es sollte klar sein, dass unsere Organisation für keinerlei zusätzliche oder divergierende politische Positionen verantwortlich gemacht werden kann, die Philippe Bourrinet in die Ausgaben eingebaut hat, die unter seiner eigenen Verantwortlichkeit veröffentlicht werden.“6
Philippe Bourrinet akzeptierte diesen Vorschlag.
Für die IKS war damit die Angelegenheit erledigt, und wir schenkten der Karriere von Dr. Bourrinet keine Aufmerksamkeit mehr.7 Unser Desinteresse war umso größer, als seine späteren literarischen Bemühungen von unvergleichlich geringerer Qualität waren als die beiden Bücher über die Italienische und die Deutsch-Holländische Linke. Selbstverständlich haben wir via Internet zur Kenntnis genommen, dass Dr. Bourrinet die beiden Dokumente neu veröffentlicht hat, mit einigen Modifikationen am IKS-Original, die den Text näher an die Positionen des Rätismus rückten. Es stellte sich heraus, dass Dr. Bourrinet im Nachwort zu der neuen Ausgabe der Deutsch-Holländischen Linken schrieb: „Die aktuelle Ausgabe enthält Mängel, die in einer Arbeit, die innerhalb des universitären Rahmens ausgeführt wird, unvermeidbar sind. Es erscheint ebenfalls die Mitgliedschaft des Autors in der oben genannten Gruppe (die IKS) in Form von ideologischen Spuren mit einigem Abstand von einer stringenten marxistischen Analyse der revolutionären Bewegung und Theorie (…) Ich habe soweit wie möglich versucht, die Passagen zu entfernen oder abzuschwächen, die zu viel ‚anti-rätistische‘ Polemik enthielten, die diese Gruppe kennzeichnete, unter deren Einfluss ich mich damals befand.“
Aus dieser Passage entnehmen wir einige Dinge. Erstens, dass Dr. Bourrinet die IKS verlassen musste, um sich endlich „eine stringente marxistische Analyse der revolutionären Bewegung und Theorie“ anzueignen. Er vergisst zu erwähnen, dass es die Gruppe Révolution Internationale gewesen war, die ihm die Basics des Marxismus beibrachte, als er gerade Lutte Ouvrière verlassen hatte, eine Gruppe, die – was immer sie im Gegenteil vorgibt zu sein – weder mit dem Marxismus noch mit der revolutionären Bewegung irgendetwas zu tun hat. Er erkennt auch die im universitären „Marxismus“ sehr beliebte Idee als legitim an, dass man „Marxist“ bleiben kann, auch wenn man jegliche Form von politischer Organisation vermeidet, die für die Verteidigung proletarischer Prinzipien kämpft. Diese Idee kommt der Ablehnung der Notwendigkeit solch einer Organisation durch den degenerierten Rätismus sehr entgegen – was erklärt, warum viele „marxistische Professoren“ solch eine Affinität zum Rätismus haben. Wir könnten auf Dr. Bourrinets Standpunkt mit den Worten des IKS-Mitglieds… Philippe Bourrinet antworten: „Anders als die Otto Rühle-Spielart des ‚Rätismus‘ in den 1920ern oder die holländische Spielart in den 1930ern hat die heutige rätistische Strömung mit den ‚rätekommunistischen‘ Traditionen der Kommunistischen Linken gebrochen. Sie korrespondiert viel mehr mit der Revolte von Fraktionen des Kleinbürgertums oder mit proletarischen Elementen, die gegenüber jeglichen politischen Organisationen misstrauisch sind. Die rätistische Gefahr von Morgen wird nicht mit der Niederlage der Revolution auftauchen, wie dies in den 1920er Jahren in Deutschland der Fall gewesen war, sie wird zu Beginn der revolutionären Welle auftreten und das negative Moment der Bewusstwerdung des Proletariats sein“ (aus dem Protokoll eines Studientages über die Gefahr des Rätismus, der von der IKS-Sektion in Frankreich im April 1985 abgehalten wurde, S. 19).
„Arbeitertümelei koexistiert allzu gut, ja man kann sagen: perfekt mit dem Intellektualismus. In diesem Sinn haben wir eine Art von kleinbürgerlichem Anarchismus gesehen, im Sinne einer Ablehnung jeglicher Autorität oder Organisation, etc., etc.; ähnlich der Vision von arbeitertümelnden Intellektuellen, die bereits Lenin in Was tun? verurteilt hatte.“ (ebenda, S. 32)
Und schließlich erfahren wir, dass das Mitglied Philippe Bourrinet damals diese Fehler begangen hatte, weil er unter fremdem Einfluss stand. Dr. Bourrinet, ausnahmsweise bist Du diesmal viel zu bescheiden!8 Das Mitglied Philippe Bourrinet befand sich nicht „unter dem Einfluss“ der IKS-Positionen, im Gegenteil, er war ihr entschlossener und talentierter Vertreter im Kampf der Organisation gegen die Tendenzen in ihrer Mitte zu rätistischen Positionen. Genau aus diesem Grund vertraute ihm die IKS auch den Artikel an, der öffentlich gegen diese Tendenzen Stellung bezog (siehe Internationale Revue Nr. 9: Die ‚rätistische‘ Gefahr).
Nachdem er die beiden Texte über die Italienische Linke und die Deutsch-Holländische Linke überarbeitet hatte, ließ Dr. Bourrinet neue Ausgaben drucken, die er zum Verkauf ins Internet stellte. Diese Texte hatten einen geringfügig größeren Inhalt und etwas weniger Fehler als jene, die von der IKS veröffentlicht wurden. Unter anderem drückten sie die neue theoretische Linie des guten Doktors aus. Und diese Änderungen hatten ihren Preis: Während die IKS ihr Buch über die Deutsch-Holländische Linke für 12 Euro veräußerte, betrug der Preis des guten Doktors 75 Euro [2]. Ähnlich bei der Italienischen Linken: hier betrug der Preis nicht 8 Euro, sondern 50 Euro [3] (40 Euro für die englische Ausgabe) [4].9 Natürlich, die Ausgabe des guten Doktors hatte einen bunten Einband! In einem berühmten Brief vom 18. März 1872 an den französischen Verleger des Kapital schrieb Marx: „Ich begrüße Ihre Idee, die Übersetzung des ‚Kapitals‘ in periodischen Lieferungen herauszubringen. In dieser Form wird das Werk der Arbeiterklasse leichter zugänglich sein, und diese Erwägung ist für mich wichtiger als alle anderen.“ Es liegt auf der Hand, dass diese Betrachtungsweise für Dr. Bourrinet keine große Relevanz besitzt, dessen Methoden eher jenen der Privatärzte ähneln, deren Honorare zehnmal höher sind als die der Allgemeinärzte, und die den angenehmen Nebeneffekt haben, jeglichen Kontakt zu den verschwitzten Massen vermeiden zu können.
Ist Habsucht die Erklärung für den exorbitanten Preis von Dr. Bourrinets Werken? Gut möglich, war doch der Militante Philippe Bourrinet für seine Knauserigkeit in der IKS bekannt; er wurde deswegen von Marc Chiric, damals der Schatzmeister der IKS-Sektion in Frankreich, auf die Schippe genommen. Abgesehen davon ist es jedoch unwahrscheinlich, dass seine Geldgier, wie obsessiv sie sein mag, den guten Doktor völlig töricht gemacht hat. Selbst ein Idiot kann sehen, dass die Werke des Doktors mutmaßlich keine Käufer finden, selbst wenn die IKS ihren eigenen Verkauf einstellen würde, wie der Doktor nie aufgehört hat zu fordern.10 Es ist wahrscheinlicher, dass die überhöhten Preise des Doktors seiner eigenen überhöhten Wertschätzung für seine Werke und sich selbst entsprechen. Seine literarische Produktion „billig“ zu veräußern (und sie muss in seiner Einschätzung mehr wert sein als das Kapital) hieße, ihren Wert zu vermindern, gemäß der klassischen und verachtenswerten bürgerlichen Logik, die wir bereits in seinem Appell an die „Société des Gens des Lettres“ wahrgenommen haben. Wenn unsere Erklärung falsch ist, muss Dr. Bourrinet nur seine eigene liefern, die wir mit Freude veröffentlichen werden, so wie jegliche Antwort, die er auf diesen Artikel zu geben bemüht ist.
Doch all diese Beispiele von Dr. Bourrinets Kleinkariertheit und Böswilligkeit verblassen bis zur Unkenntlichkeit, verglichen mit den Verleumdungen, die er 1992 über unsere Organisation verbreitet hat. Damals hatten wir nicht öffentlich darauf reagiert; nun beabsichtigen wir es zu tun, weil sie seit März 2012 über das Internet verbreitet werden. Auf der Seite www.left-dis.nl/f [5] gibt es nun den Titel: „Une mise au point publique (Paris, décembre 1991) sur le parasitisme ‚instinctif‘ de la secte ‚CCI‘“ („Öffentliche Stellungnahme [Paris, Dezember 1991] über den ‚instinktiven‘ Parasitismus der ‚IKS‘-Sekte“). Der Text ist mit einer PDF-Datei11 verknüpft, die die oben genannten Dokumente enthält, die die IKS 1992 erhalten hatte und auf die wir nun zurückkommen wollen.
In der „Stellungnahme“ vom 27. Juli 1992 lesen wir:
„Anlässlich der Veröffentlichung der Doktorarbeit des Autors und seiner vorherigen Magister-Dissertation über die Italienische Kommunistische Linke (1926-1945) ohne Zustimmung des Autors und versehen mit willkürlichen Ergänzungen und Kürzungen durch diese Gruppe, die meint, sie besäße das Dokument unter dem Vorwand, dass der unterzeichnende Autor einst Mitglied der IKS war, ist folgende Klarstellung für den Leser notwendig:
Diese Arbeit wurde 1991 von der IKS anonym auf Französisch ohne Zustimmung des Autors und ohne ihn im Voraus darauf hinzuweisen sowie ohne seine Korrekturen veröffentlicht. Der Autor wurde vor vollendete Tatsachen gestellt, ein wahrhaftiger Akt der ‚Piraterie‘.“
(Dann folgt die oben zitierte Passage, der wir entnehmen, dass Philippe Bourrinet Doktor auf der Universität von Paris 1 ist, und ein weiteres Zitat, das die Umstände wiedergibt, unter denen er seine These vorgetragen hat.)
„Dieses Buch ist eine Fortsetzung des Buches über DIE ITALIENISCHE KOMMUNISTISCHE LINKE 1912-1945, eine Magister-Dissertation desselben Autors (Paris 1 – Sorbonne, 1980, betreut von Jacques Droz).
Diese Dissertation wurde 1981 und 1984 anonym – auf Französisch und Italienisch – von der IKS-Gruppe veröffentlicht, mit der stillschweigenden, und nur stillschweigenden, Zustimmung des Autors.“
Beginnen wir mit der „stillschweigenden, und nur stillschweigenden, Zustimmung“, die der Militante Philippe Bourrinet für die Publizierung des Werkes über die Italienische Kommunistische Linke ohne Benennung des Autors gab. Was ist das für eine komplizierte Geschichte, Dr. Bourrinet, Du bemitleidenswerter Heuchler? Hast Du zugestimmt oder hast Du nicht zugestimmt, dass der Text, den Du geschrieben hast, als IKS-Broschüre veröffentlicht werden sollte? Als Du ausführlich mit anderen Militanten der Organisation über das Layout und das Cover dieser Broschüre (wo in der Tat der Name des Autors keine Rolle spielte) diskutiert hast, tatest Du dies „stillschweigend“?
Was das Werk über die Deutsch-Holländische Linke anbelangt, das angeblich ohne Zustimmung des tollen neuen „Doktors“ Bourrinet veröffentlicht wurde, so sind wir überrascht, dass Deine Nase Dir nicht im Weg stand, als Du diese Zeilen geschrieben hast: Sie muss länger gewachsen sein als Pinocchios Nase! Wirklich, Dr. Bourrinet, Du bist ein durchtriebener Lügner, wenn Du vorgibst, „vor vollendete Tatsachen gestellt“ worden zu sein. Und hier ist der Beweis, dass Du ein Lügner bist, ein Artikel, der in der Internationalen Revue Nr. 58, 1989 (engl., franz. und span. Ausgabe) veröffentlicht wurde und den Titel trug: „Beitrag zu einer Geschichte der revolutionären Bewegung: Einführung in die Deutsch-Holländische Linke“, wo wir lesen: „Die Geschichte der Internationalen Kommunistischen Linken seit Beginn des Jahrhunderts, auf die wir uns in unseren Broschüren zu beziehen begonnen haben, ist keine Sache für simple Historiker. Nur von einem militanten Standpunkt, dem Standpunkt jener, die sich dem Befreiungskampf der Arbeiter verpflichten, kann man sich der Geschichte der Arbeiterbewegung annähern. Und für die Arbeiterklasse ist die Geschichte nicht eine Frage des reinen Wissens, sondern wegen der Lehren aus der Vergangenheit, die sie enthält, auch und vor allem eine Waffe in ihren gegenwärtigen und künftigen Kämpfen. Von diesem militanten Standpunkt aus veröffentlichen wir als einen Beitrag zur Geschichte der revolutionären Bewegung eine Broschüre über die deutsch-holländische Kommunistische Linke, die auf Französisch später in diesem Jahr erscheinen wird. Die Einführung in diese Broschüre, unten veröffentlicht, beschäftigt sich mit der Frage, wie man sich der Geschichte dieser Strömung am besten annähert.“
Wer also ist der Schleimscheißer von IKS-Mitglied, der die „Piraterie“ der Thesen des Dr. Bourrinet im Voraus rechtfertigt, der willige Komplize in einem Manöver, das darauf abzielt, den guten Doktor vor „vollendete Tatsachen“ zu stellen? Der Artikel ist unterschrieben mit „Ch“ alias Chardin alias…. Bourrinet.
So haben wir hier den Militanten Philippe Bourrinet (höchstwahrscheinlich „unter fremdem Einfluss“), der öffentlich die Verantwortung für die Veröffentlichung übernimmt, und nun über das schändliche Verbrechen schreibt, das die IKS im Begriff ist, an dem armen Dr. Bourrinet zu begehen. Doch als dieser Artikel geschrieben wurde, hatte er bereits seinen Doktortitel von der Universität von Paris 1 – Sorbonne – erhalten. Mit anderen Worten: einer der Hauptverantwortlichen für die niederträchtigen Handlungen gegen Dr. Bourrinet ist kein anderer als Dr. Bourrinet selbst. Ist Dr. Bourrinet ein Masochist? Auf jeden Fall ist er ein ausgemachter Lügner, daran gibt es nicht den leisesten Zweifel. Ein verachtenswerter Lügner und Verleumder.
Man mag denken, dass Dr. Bourrinet sich nicht tiefer erniedrigen konnte als im März 2012 mit dieser Veröffentlichung seiner 20 Jahre alten Dokumente. Nichts könnte irriger sein. Zur gleichen Zeit erhielten etliche Mitglieder der IKS ein Einschreiben [1], datiert von 23. März 2012, von der Rechtsabteilung der Société des Gens des Lettres. Hier folgen die Hauptpassagen:
„Wir intervenieren im Namen von Herrn Philippe Bourrinet, Mitglied der Société des Gens des Lettres, in der Sache seiner Dissertation und seiner Doktorarbeit (…)
Wir sind sehr überrascht zu entdecken, dass diese beiden Werke das Objekt systematischer Nachahmungen sind und somit sowohl die Eigentumsrechte als auch die moralischen Rechte von Herrn Bourrinet verletzen.
Wir fordern Sie daher auf, sofort die Verwendung dieser Texte einzustellen, sowohl auf den verschiedenen Internet-Seiten, wo sie anzutreffen sind, als auch in Print-Publikationen.
Falls er keine Entschädigung erhält, behält sich der Autor das Recht vor, die ihm geeignet erscheinenden Schritte einzuleiten.“
Mit anderen Worten: Dr. Bourrinet „behält sich das Recht vor“, einen Richter auf bestimmte IKS-Mitglieder zu hetzen, sollte die IKS fortfahren, die Bücher über die Deutsch-Holländische Linke und die Italienische Linke zu verbreiten. Und die Spitze ist, dass einer dieser Militanten, die Ziel dieser Drohbriefe waren, zu jenen gehörte, die Dr. Bourrinet bei seiner Doktorarbeit am meisten unterstützt haben, indem er den Photokopierer auf der Arbeit nutzte (unter dem Risiko, sich ernsthaften Ärger, bis hin zur Kündigung, mit seinem Arbeitgeber einzuhandeln), um Hunderte und Aberhunderte von Seiten (Entwürfe von Philippe Bourrinets Arbeit, so dass sie von anderen Militanten überprüft werden konnten, Publikationssammlungen der Kommunistischen Linken, die ihm ausgeliehen worden waren, Kopien seiner Dissertation und Doktorarbeit für die Universität…) zu kopieren.
Heute besitzt Dr. Bourrinet – mit seiner charakteristischen Feigheit, da er sich hinter der Société des Gens des Lettres versteckt, die er mit seinen Lügen an Bord geholt hat – die groteske Anmaßung, Anspruch auf das Vermächtnis der Kommunistischen Linken und auf Texte der Arbeiterbewegung zu erheben, die niemand gehören außer der Arbeiterklasse und derer die proletarischen Organisationen die politischen und moralischen Bürgen und Treuhänder sind. Dieser Spießbürger denkt, er könne sich wie irgendein gewöhnlicher Kapitalist benehmen, der seine Patente schützt, indem er verbreitet, dass das Produkt der universellen Geschichte der ausgebeuteten Klasse eine Ware sei, die auf das „geistige Eigentum“ seiner eigenen erbärmlichen Persönlichkeit reduziert werden kann. Dies ist ein notbedürftiger Schwindel, ein feindliches Übernahmeangebot, das Hollywood-reif ist. Die Arbeiterklasse bringt keine Militanten als Individuen hervor, sondern revolutionäre Organisationen, die das Produkt von Kämpfen und einer historischen Kontinuität sind. Dies ist bereits in den Statuten der IAA 1864 enthalten: „In seinem Kampf gegen die vereinigte Macht der herrschenden Klassen kann das Proletariat nur dann als Klasse auftreten, wenn es sich selber zu einer politischen Partei konstituiert, die allen früheren, von den besitzenden Klassen gebildeten Parteien gegenübersteht“ (Artikel 7a). Arbeiterorganisationen vertreten Prinzipien, die die Frucht historischer Erfahrungen sind. In diesem Sinn ist die Arbeit ihrer Militanten Teil einer Bewegung, die nicht ihr „persönliches Eigentum“ ist und nicht sein kann. Die Statuten der IKS stellen mit äußerster Klarheit fest, was einst eine moralisch selbstverständliche Tatsache im Proletariat war: „… muss jedes Mitglied, das die IKS verlässt, selbst im Falle einer Spaltung der Organisation, die Gesamtheit des Materials der Organisation zurückgeben (Geld, technisches Material, Publikationslager usw.), die vorher eventuell zu seiner Verfügung gestellt wurden“ (unsere Hervorhebung).
Hier zeigt Dr. Bourrinet also sein wahres Gesicht! Die Beute ergreifen und sich dann an die bürgerliche Justiz wenden, aus persönlicher Rache und um seine verletzte Eitelkeit zu schmeicheln. Diese Missachtung seiner einstigen moralischen Verpflichtung, als er noch Militanter war, ist nicht bloß erbärmlich, sie ist der Arbeiterbewegung völlig fremd. Dieser pedantische, kleinbürgerliche Legalismus ist, angefeuert von persönlicher Rachsucht, etwas Beispielloses in der Kommunistischen Linken, die dieser Hochstapler zu vertreten behauptet. Welche Begriffe kann man benutzen, um über Dr. Bourrinet zu sprechen? Es fallen einem viele ein, so dass wir uns in der Verlegenheit befinden, irgendeinen Begriff zu wählen; also sagen wir einmal, er ist „unglaublich“.
Dies sind nicht alle Heldentaten des unglaublichen Doktors. Nicht nur dass er willens ist, die widerwärtigsten Methoden zu benutzen, um seiner einstigen Organisation, der IKS, zu schaden, er macht sich auch auf, das Andenken an einen Militanten zu attackieren, der eine entscheidende Rolle bei der Formierung der IKS gespielt hatte: Marc Chiric, verstorben im Dezember 1990.
Zu diesem Zweck nutzt er einen biografischen Abriss [6], den er auf seiner Webseite veröffentlichte und der unter anderem Bemerkungen miteinschließt, die er am Ende seiner neuen Version des Buches über die Italienische Linke veröffentlichte.
In dem biografischen Abriss, der am Ende des Buches publiziert wurde, erlaubt er sich eine kleinkarierte Attacke gegen Marc Chiric: „Für Jean Malaquais, einen langjährigen Freund, verkörperte er eine gewisse Art von politischem ‚Propheten‘, der ständig versucht, anderen und sich selbst zu beweisen, dass er ‚niemals einen Fehler begangen‘ hat.“ Wir erkennen hier den Stil des doppelgesichtigen Dr. Bourrinet. Er beginnt mit dem „langjährigen Freund“, um ihm dann umso besser ein negatives Image überzustülpen, ohne zu sagen, dass Malaquais zwar ein großartiger Schreiber und subtiler Polemiker war, der die Positionen der Kommunistischen Linken teilte, aber nicht die Persönlichkeit eines kommunistischen Militanten und auch kein Verständnis dessen hatte, was es bedeutete, einer zu sein. In den Tagen, als Malaquais in Paris lebte und häufig zu unseren öffentlichen Veranstaltungen kam, bat er einmal darum, der IKS beitreten zu dürfen; Marc Chiric hatte einige Schwierigkeiten, die anderen Genossen davon zu überzeugen, dass wir seine Kandidatur angesichts seines oft hochfahrenden Verhaltens sowohl unseren Mitgliedern als auch unseren Aktivitäten gegenüber nicht akzeptieren sollten.
Dr. Bourrinets Charakterisierung von Marc Chiric ist ein kleingeistiger Angriff aus dem Hinterhalt, aber es sollte noch schlimmer kommen. In einem Zusatz wiederholt er die widerlichsten Verleumdungen, die gegen unsere Organisation in Umlauf gebracht wurden, insbesondere durch die Meute von Hooligans und Spitzel, die sich selbst die „Interne Fraktion der IKS“ nennen.
„1991-93, kurz nach seinem Tod, wurde Marc Chirics Gruppe von einem heftigen ‚Erbfolgekrieg‘ zwischen den ‚Führern‘ geschüttelt, die sich selbst an die Spitze der ‚Massen‘ der IKS setzten, wobei es sich in Wahrheit um groteske Konflikte handelte, die eines Irrenhauses würdig sind.“
Dr. Bourrinet reicht sodann das Mikrophon weiter an die „Gegner“ unseres Genossen und unserer Organisation, um eine Wagenladung Mist auf beide zu kippen:
„Für seine politischen Gegner blieb Marc Chiric eine Figur aus der Vergangenheit, die den schlimmsten Aspekten der leninistischen und trotzkistischen Strömung anhing, ein ferngesteuerter Jünger von Albert Treint, der sich zu ‚sinowjewistischen‘ Manövern herabließ und nicht zögerte – während einer anderen Spaltung 1981 -, ‚tschekistische Angriffe‘ gegen ‚Dissidenten‘ durchzuführen, um ‚die Organisation zu verteidigen‘ und ihr ‚Zubehör zu überholen‘.
Eine monolithische Kontrolle über ‚seine‘ Organisation ausübend, half Marc Chiric mit, sie schon in einem frühen Stadium in eine Art paranoider Psychose zu stürzen. Eine triste Realität, die in den Augen vieler Ex-Mitglieder die ‚chirikistische‘ Organisation auseinanderriss, deren sichtbarste Defekte waren: politische Unehrlichkeit, die auf die Ebene eines kategorischen Imperativs gehoben wird, ‚schikanöse Polizeitaktiken‘, eine sorgsam gepflegte Atmosphäre ultra-sektiererischer Paranoia, die bis zum Erbrechen die ‚Komplotttheorie‘ benutzt und zur Lösung politischer Divergenzen die prophylaktische Ausmerzung des ‚Parasitismus feindlicher Organisationen‘ empfiehlt.
Um zu schließen:
eine triumphierende (und gewollte) Rückkehr des ‚unterdrückten‘ Stalinismus in der ‚Praxis‘;
eine oberflächliche Anbindung an die ‚Errungenschaften des Freudianismus‘, wo der ‚Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie’ neben dem ‚ewigen Kampf des Eros und Thanatos‘ und zwischen ‚Gut‘ und ‚Böse‘ existiert, die ‚proletarische Moralität‘, deren Treuhänder die IKS und ihre ‚Zentralorgane‘ sind;
eine quasi-religiöse Hingabe zum Darwinismus als eine Methode zur ‚Auswahl‘ der ‚angepasstesten‘ politischen Spezies, unter dem Deckmantel der Entwicklung des ‚sozialen Instinkts‘, dessen ultimative Inkarnation die IKS ist;
unter dem ‚rechtschaffenen‘ Mantel der ‚proletarischen Moralität‘ der Triumph der politischen Amoralität, die ‚ewige Rückkehr‘ von ‚Netschajews Katechismus‘, der alles erlaubt, was den politischen Gegner zerstört.“
Wie jeder sehen kann, zielen die Anschuldigungen, die von Dr. Bourrinet wiederholt werden, nicht nur gegen Marc Chiric und die IKS zu seinen Lebzeiten, sondern auch und größtenteils gegen Letztere nach seinem Tod. Zum Beispiel diskutierte die IKS nie den Darwinismus oder veröffentlichte Artikel über dieses Thema zu Marc Chirics Lebzeiten. Erst seit 2009, Jahre nach seinem Tod, hat sich die IKS mit der Frage in unseren internen Diskussionen beschäftigte und veröffentlichte Artikel zu diesem Thema. In der Tat ist es Dr. Bourrinets Absicht, zwei Fliegen mit einer Klatsche zu schlagen: sowohl Marc Chiric als auch die IKS zu vernichten, deren wichtigstes Gründungsmitglied er gewesen war.
Im Grunde bietet uns dieser Wust von Anschuldigungen eine kondensierte Version der „Bourrinet-Methode“ an. Er beugt sich formal den historiographischen Standards, indem er seinen Abriss mit einem Quellennachweis versieht, wo wir in der Tat die Quellen all dieses Irrsinns finden. Aber der Quellennachweis ist so umfangreich, dass die verleumderischen Veröffentlichungen darin ertränkt werden. Darüber hinaus ist es selbst für „Spezialisten“ derart schwierig, Zugang zu vielen Texten zu finden, auf die Bezug genommen wurde, so dass die meisten LeserInnen schon gar nicht überprüfen können, „wer was sagte“. Und genau darum geht es. Wenn man in einer Biographie über Trotzki eine Passage mit einfließen lässt, was seine politischen Gegner über ihn sagten, und wenn in einer unter vielen Anschuldigungen behauptet wird, dass er „ein Agent Hitlers“ gewesen sei, dann reicht die bloße Tatsache, dass diese Beschuldigungen von Wyschinski kamen, dem Ankläger in den Moskauer Prozessen, aus, um die Anschuldigungen zu diskreditieren. Wir haben nicht die Absicht, den Leser/die Leserin mit einer systematischen Widerlegung all der gegen Marc Chiric und die IKS gerichteten Verleumdungen in den Artikeln zu behelligen, auf die der gute Doktor sich so geflissentlich bezog. Es reicht aus zu sagen, dass die meisten von Ex-Mitgliedern der IKS kamen, die, aus welchen Gründen auch immer, zerfressen sind von einem zähen Hass gegen unsere Organisation. Manche stehen noch immer unter dem Einfluss anarchistischer Ideen, die sie dazu verleiteten, den Slogan „Lenin = Stalin“ zu ihrem eigenen zu machen. Andere meinten, dass die Organisation ihre Arbeit nicht genug würdigte, oder konnten keine Kritik aushalten und fanden, dass ihr verletzter Stolz wichtiger ist als die Verteidigung kommunistischer Positionen. Andere haben sich selbst durch aggressives Verhalten isoliert und waren gleichzeitig bereit, die Polizei zu alarmieren, als die IKS sie besuchte, um sich die unserer Organisation gestohlenen Ausrüstung wieder zu bemächtigen. Andere – oder dieselben – fuhren fort, das dubiose Element Chénier zu verteidigen, der 1981 ausgeschlossen wurde und kurz danach Karriere in der damals an der Macht befindlichen Sozialistischen Partei machte.
Wenn Dr. Bourrinet bestimmte Anschuldigungen wiederholt, deren absurder und gar irrsinniger Charakter für jeden ersichtlich ist, geschieht dies möglicherweise nicht, weil er denkt, dass sie als solche geglaubt werden, sondern weil sie es ermöglichen, die Idee zu verbreiten, dass „es keinen Rauch ohne Feuer gibt“ und dass „hinter den Übertreibungen ein Körnchen Wahrheit steckt“. Wieder die Bourrinet-Methode: wenn man mit genug Dreck um sich wirft, bleibt immer etwas hängen.
Ein letztes Wort dazu. Dr. Bourrinet hat zu vielen Militanten der Kommunistischen Linken biographische Anmerkungen gemacht, doch nur Marc Chiric hatte das „Privileg“ gehabt, dass nicht nur sein militantes Leben, sondern auch die Vorwürfe gegen ihn im Detail dargelegt wurden. All dies, versteht sich, ohne ein Wort oder einen Bezug zu den Texten (Artikeln, Interventionen auf Foren, etc.), die diese Vorwürfe widerlegen, und all dies im Namen einer „seriösen“, „ehrlichen“ historischen Untersuchung!12
Kehren wir zurück zu der Idee, dass Dr. Bourrinet ein „seriöser und ehrlicher Historiker“ ist. Wie Marx einst sagte, müssen wir uns gegen solche Idee „schützen“. In seinem 1989er Artikel für unsere Presse, die die bevorstehende Veröffentlichung des IKS-Buches über die Deutsch-Holländische Linke ankündigte, bezog sich der gute Dr. Bourrinet auf etliche seriöse und ehrliche Historiker der Arbeiterbewegung: Franz Mehring, Leo Trotzki, beide revolutionäre Militante, aber auch Georges Haupt, der „alles andere als revolutionär war“, um Dr. Bourrinets Worte zu benutzen: „In diesem Punkt lohnt es sich, erneut den Historiker Georges Haupt zu zitieren, der 1980 verstarb und für die Seriosität seiner Werke über die II. und III. Internationale bekannt war:
‚Mit Hilfe unerhörter Fälschungen, die die elementarsten historischen Realitäten mit Verachtung strafen, hat der Stalinismus systematisch das Feld der Vergangenheit ausradiert, verstümmelt, umgestaltet, um es mit seinen eigenen Darstellungen, seinen eigenen Mythen, seiner eigenen Selbst-Glorifizierung zu ersetzen…‘.“
Das letzte, was man sagen kann, ist, dass dieselbe Integrität Dr. Bourrinet charakterisiert. Wie wir gesehen haben, zögert er keinen Augenblick, um die kolossalsten Lügen auszusprechen, wenn es ihm gerade passt – d.h. wann immer die historische Realität nicht zu seiner „Selbst-Glorifizierung“ passt. Als er Mitglied der IKS war, war Dr. Bourrinets Beitrag interessant, wichtig und ehrlich. Seither sind seine Studien durchaus ehrlich, wenngleich nicht zwangsläufig interessant oder gar wichtig. Doch was feststeht, ist, dass seine Ehrlichkeit sich verflüchtigt, sobald das Thema seine obsessiven Lieblingshassobjekte betrifft: den Militanten Marc Chiric und die Internationale Kommunistische Strömung. Sicherlich gibt es stalinistische Historiker, die exzellente Untersuchungen über die Pariser Kommune angefertigt haben, doch es wäre des Guten zuviel, von ihnen zu erwarten, dass sie in der Lage sind, Gleiches für die Geschichte der „Kommunistischen“ Parteien zu leisten.
Was die anderen Illusionen über Dr. Bourrinet betrifft – dass er ein „Vertreter der Idee der Kommunistischen Linken und ein Kenner ihrer Hauptorganisation, die IKS“ sei -, auch hier gilt, was wir oben bereits gesagt haben, nämlich dass dies alles andere als wahr ist. Wir haben schon bessere Kenner der IKS erlebt: Entweder er nimmt die irren Anschuldigungen der „politischen Gegner“ der IKS und Marc Chirics für bare Münze; in diesem Fall wären seine „Kenntnisse“ dem Magazin Hello oder Minute13 würdig, oder er tut es nicht, was noch schlimmer wäre. Was die Verteidigung der Ideen der Kommunistischen Linken anbelangt, kann man nichts von jemand erwarten, dessen vorrangige Obsession die Verteidigung… seines geistigen Eigentums ist und der dabei nicht zögert, den bürgerlichen Staat dazu zu holen. Wenn jemand behauptet, bestimmte Ideen zu vertreten, dann ist das Mindeste, was man erwarten kann, dass er nicht in flagrantem Widerspruch zu diesen Ideen steht. Man kann nichts von jemand erwarten, der von Hass zerfressen ist, der soweit geht, das Andenken an Marc Chiric zu beschmutzen, einen der sehr wenigen Militanten der Kommunistischen Linken, der, statt sich krampfhaft an seine anfängliche Positionen zu klammern, fähig war, die wichtigen Erkenntnisse sowohl der italienischen als auch der deutsch-holländischen Linkskommunisten zu integrieren und sie bis zu seinem Tode zu verteidigen.
Für Dr. Bourrinet sind die Ideen der Kommunistischen Linken ein bloßer Warenbestand, die er aus jenen Tagen mitgenommen hat, als er ein Militanter war, und die er so gut wie möglich zugunsten seines Bedürfnisses nach gesellschaftlicher Anerkennung zu vermarkten versucht (da er sie nicht direkt versilbern kann).
Um diese Aussage schwarz auf weiß zu beweisen, lohnt es sich, den biographischen Abriss zu lesen, der Latif Lakhdar (verstorben im Juli 2013) gewidmet wurde und auf der Internet-Seite Controverses veröffentlicht wurde, die sich selbst als ein „Forum für die Internationalistische Kommunistische Linke“ darstellt – ein Abriss, der mit Ph.B. unterzeichnet ist (niemand Geringeres als der gute Doktor in Person)14. In der Einleitung wird Latif Lakhdar dargestellt als „arabischer Intellektueller, Schriftsteller, Philosoph und Rationalist, ein Kämpfer in Algerien, im Nahen Osten und in Frankreich. Bekannt als ‚der arabische Spinoza‘.“ Im Abriss selbst lesen wir: „Ab 2009 nahm er mit dem Philosophen Mohammed Arkoun (1928-2010) am Aladin-Projekt der UNESCO teil, einem ‚intellektuellen und kulturellen Programm‘, das unter der Schirmherrschaft der UNESCO von Jacques Chirac und Simone Weil angestoßen wurde“. Wir lesen auch: „Im Oktober 2004 war er zusammen mit zahllosen liberalen arabischen Schriftstellern Ko-Autor eines Manifestes, das – veröffentlicht im Web (elaph.com [7], middleeasttransparent.com [8] – die UN dazu aufrief, ein internationales Tribunal einzurichten, um über Terroristen und Organisationen oder Institutionen, die zum Terrorismus anstiften, zu richten“. Offen gestanden, haben wir große Schwierigkeiten, zu erkennen, was diese Biographie auf einem „Forum für die Internationalistische Kommunistische Linke“ zu suchen hat und warum jemand, der der Kommunistischen Linken anzugehören behauptet, sie geschrieben hat. Soweit wir ermessen können, war Latif Lakdhar wahrscheinlich ein Mann voller guter Absichten und nicht ohne einen gewissen Mut, bot er doch den Drohungen der islamistischen Fanatiker die Stirn, dessen Aktionen jedoch völlig im Rahmen der bürgerlichen „Demokratie“ und im Sinne einer Verteidigung der Illusionen stattfanden, dank derer die Bourgeoisie ihre Vorherrschaft aufrechthält. Für jeden, der irgendetwas mit der Kommunistischen Linken zu tun hat, käme es überhaupt nicht in den Sinn, die UN (eine „Räuberhöhle“, um Lenins Ausdruck über den Völkerbund zu benutzen) aufzurufen, „ein internationales Tribunal einzurichten, um über Terroristen zu richten“. Sollen wir auf Terroristen reagieren, indem wir fordern, dass der bürgerliche Staat seine Polizei und sein juristisches Arsenal stärkt?15 In der Tat, unter den Leistungen Latif Lakhdars gibt es eine, die Dr. Bourrinet nicht erwähnt hat (hat er sie vergessen oder wollte er sie verschweigen?): einen Offenen Brief, datiert vom 16. November 2008, an den neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Barrack Obama, in dem er diesem vorschlägt, „die Welt in 100 Tagen zu verändern, indem eine Versöhnung zwischen Juden und Arabern besiegelt wird“.16 In dem Brief lesen wir folgende Passage:
„Diesen Konflikt mit seiner explosiven Mischung aus Religion und Politik zu lösen wäre eine angenehme Überraschung von Ihnen für die Völker der Region und der Welt. Es hätte zweifellos positive psychologische Auswirkungen auf all die anderen Krisen, einschließlich der Weltfinanzkrise.
Wie kann dies erreicht werden? (…) Entsenden Sie eine amerikanische Friedensdelegation, angeführt von Präsident Clinton und dem scheidenden israelischen Präsidenten Ehud Olmert17 und zusammengesetzt aus Prinz Talal Ben-Abdul Al-Aziz, dem symbolischen Repräsentanten der arabischen Friedensinitiative, und Walid Khalid sowie Shibli Talham als Repräsentanten des palästinensischen Volkes.
Und was ist die Lösung?
Zunächst die Umsetzung von Mr. Clintons Parametern, die den Juden gibt, was sie seit der Zerstörung des Tempels 586 v.Chr. vermissen, und den Palästinensern, was sie nie in ihrer Geschichte hatten: einen unabhängigen Staat. Dann die Umsetzung von Ehud Olmerts ‚Ratschlag‘ an seinen Nachfolger, den Palästinensern den Großteil ihrer Forderungen zuzugestehen…“
Und der Brief schließt:
„Präsident Barrack Obama, es heißt, dass Sie wenig Erfahrung haben; indem Sie in den ersten hundert Tagen ihrer Administration einen hundert Jahre alten Konflikt beilegen, der fünf blutige Kriege und zwei Intifadas auslöste, würden Sie der Welt demonstrieren, dass Sie ein kompetenter und verantwortungsvoller Führer sind, und 80 Prozent der Weltbevölkerung, die für Ihren Erfolg beteten und Ihren Sieg so sehr feierten, ein Geschenk machen.“ – Was hat das mit der Kommunistischen Linken zu tun?
Dr. Bourrinets biographischer Abriss von Latif Lakhdar ist auf der Website Controverses unter der Rubrik „Internationalistes“ veröffentlicht. Doch was genau ist ein Internationalist? Jemand, der nicht nur den Chauvinismus und die militärische Barbarei anprangert, sondern auch bis zum Äußersten die einzige Perspektive verteidigt, die ihnen ein Ende bereiten könnte: der Sturz des kapitalistischen Systems durch die proletarische Weltrevolution. Und dies beinhaltet zwangsläufig auch die Anprangerung aller pazifistischer und demokratischer Illusionen sowie aller politischen Kräfte der Bourgeoisie, die sie verbreiten, wie „demokratisch“, „aufgeklärt“ oder gutgläubig sie sein mögen. Wer auch immer dies nicht verstanden hat, steht nicht auf proletarischem Boden, sondern auf dem Boden der Bourgeoisie oder des Kleinbürgertums. Unser toller Doktor (wie auch die gleichermaßen ausgezeichneten Publizisten von Controverses) kennt offensichtlich nicht den Unterschied zwischen einem demokratisch-humanistischen Bourgeois und einem Internationalisten, mit anderen Worten: einem Revolutionär. Und dies, weil Dr. Bourrinets Auffassung nicht die Auffassung der Arbeiterklasse, sondern des Kleinbürgertums ist. Dies wird deutlich genug in unserem Bericht über das Verhalten des Doktors, seitdem er die IKS verlassen hat, doch sein Abriss über Latif Lakhdar bekräftigt es auf eine so auffällige Weise, wie man es sich nur wünschen kann.
Dr. Bourrinets hektische Suche nach offizieller gesellschaftlicher Anerkennung, seine Verwendung bürgerlicher Institutionen und des Staates, um sein „Copyright“ und sein „geistiges Eigentum“ zu verteidigen, sein Kleinkrämergeist, seine Arglist, seine Lügen, seine Feigheit, sein verachtungswürdiges Verhalten seit 1992 und, um alles zu toppen, sein Hass gegen die Organisation und ihre Mitglieder, dank derer er in der Lage gewesen war, seine beiden Bücher zu schreiben – all dies sind tatsächlich nicht bloße Ausdrücke seiner Persönlichkeit. Sie sind auch und vor allem Ausdrücke seiner Zugehörigkeit zu der gesellschaftlichen Kategorie, die all diese moralische Defekte in sich konzentriert: das Kleinbürgertum.
Wie wir jetzt sehen werden, bestätigt die Konferenz, auf der Dr. Bourrinet als Redner figurierte, gänzlich alles, was wir über seine Person gesagt haben.
Dr. Bourrinet begann mit einer langen und einschläfernden Einleitung. Doch die Lethargie, die sich über die Zuhörer (einschließlich der Diskussionsleitung) legte, lag nicht nur an Dr. Bourrinets Charisma einer Auster. Sie war vielmehr das Ergebnis einer Rede ohne Seele oder Kampfgeist, so dass am Ende die Diskussionsleitung den Schluss ziehen konnte, dass „die Vergangenheit Vergangenheit ist“ und dass „sich heute andere Fragen stellen“.
Es folgte natürlich eine ganze Reihe von „neuen“ Fragen aus dem Publikum, wie über „die Lage in den Gefängnissen“ (sehr neu!) und über die „prekäre Arbeit“, etc. Kurz, die einzige Wirkung, die Dr. Bourrinets Diskurs hinterließ, war, dass die Tradition der Kommunistischen Linken als etwas Belangloses für die Gegenwart oder die Zukunft erschien, als etwas aus einer verschwundenen Vergangenheit, die in Büchern steht, welche als Staubfänger auf den Regalen dienen und zur Verfügung von Universitätswissenschaftlern stehen.
Mit anderen Worten, Dr. Bourrinets Präsentation bestätigte, was sein ganzes Verhalten bis dahin bereits enthüllt hatte: dass fortan für unseren guten Doktor die Geschichte der Kommunistischen Linken zu einer bloßen akademischen Disziplin geworden ist und nichts mit den Worten des Militanten Philippe Bourrinet zu tun hat, als dieser unter dem Pseudonym Chardin schrieb, dass sie „wegen der Lehren aus der Vergangenheit, die sie enthält, in erster Linie eine Waffe in den gegenwärtigen und zukünftigen Kämpfen“ ist (Internationale Revue, Nr. 58, engl./frz./span. Ausgabe, ebenda).
Aber das ist noch nicht alles! Dr. Bourrinet nutzte die ermüdende Wirkung seiner Präsentation aus, um, wie er es gerne tut, einige historische Verfälschungen einfließen zu lassen – in vollkommener Übereinstimmung mit seinem Hang, die Geschichte „neu zu arrangieren“, so wie sie ihm passt.
So schilderte er die unterschiedlichen Strömungen der Kommunistischen Linken (Italiens, Hollands und Deutschlands), als seien sie untereinander völlig isoliert gewesen, als habe es kein Zusammenwirken zwischen ihnen gegeben. Nichts könnte falscher sein! Es trifft zu, dass 1926 die italienische Linke sich einem Vorschlag von Karl Korsch (damals Mitglied einer Gruppe in Deutschland rund um die Zeitschrift Kommunistische Politik) für eine gemeinsame Deklaration aller damaligen linken Strömungen verweigert hatte (vgl. Brief von Bordiga an Korsch am 28. Oktober 1926).18 Doch die linke Fraktion der Italienischen Kommunistischen Partei, die ab 1929 Prometeo und dann ab 1933 Bilan auf Französisch herausgab, verfolgte nicht nur die feste Absicht, ihre Position jenen der anderen linken Strömungen gegenüberzustellen, vor allem Trotzkis Linksopposition und der Deutsch-Holländische Linken, sondern nahm auch etliche Positionen der letztgenannten Strömung an. Zum Beispiel wurde die Analyse der nationalen Befreiungskämpfe, die von Rosa Luxemburg in der deutschen und polnischen Sozialdemokratie ausgearbeitet worden war und daraufhin von der deutschen Linken aufgegriffen wurde, Ende der 1930er Jahre in die Positionen von Bilan integriert.
Noch besser, dieser „Experte“ der Kommunistischen Linken schaffte es sogar, die Existenz der Französischen Kommunistischen Linken (Gauche Communiste de France, GCF) völlig zu ignorieren. So wie zu Stalins Lebzeiten Leute bei jedem Umschreiben der offiziellen Geschichte aus den Fotos verschwanden, so „vergaß“ unser guter Doktor irgendwie alles über diese Gruppe, die Ende des II. Weltkriegs, genauer: 1944, gebildet worden war. Und dies aus gutem Grund: das charakteristische Merkmal der GCF war eben ihre profunde Synthese der Linken verschiedener Länder in Kontinuität mit der Arbeit von Bilan. Indem sie ihre Inspirationen aus den theoretischen Fortschritten von Bilan und noch mehr aus ihren Visionen eines lebendigen, nicht-dogmatischen Marxismus bezogen, der jedem Ausdruck des Proletariats international offen stand, verhinderte die GCF, dass diese kleine Gruppe in Vergessenheit geriet, und machte sie im Gegenteil zu einer Brücke zwischen den besten proletarischen Traditionen der Vergangenheit und der Zukunft des proletarischen Kampfes. Mit anderen Worten, als Dr. Bourrinet die GCF von der Tafel der Geschichte wischte, löschte er in einem gewissen Sinn auch Bilan aus, brach er die historische Kontinuität zwischen revolutionären Gruppen ab und unterbrach die Überlieferung dieser kostbaren Erfahrungen unserer mutigen Vorgänger. In einem Wort, er entwaffnet das Proletariat noch vor dem Klassenfeind.
All dies geschieht völlig bewusst auf Seiten Dr. Bourrinets. Er kennt sehr gut die Existenz der GCF und ihren Platz in der Geschichte. Dies ist nicht das Resultat einer bedauernswerten Vergesslichkeit oder Unwissenheit; es ist ein bewusstes Bemühen darum, eine Wahrheit zu verbergen, die er zu ignorieren vorzieht: dass die GCF einen Beitrag höchster Wichtigkeit zum Gedankengut der Kommunistischen Linken geleistet hat.
Warum? Die Antwort ist einfach. Aus reinem Hass gegen die IKS, der einzigen Organisation, die ausdrücklich zu ihrer Herkunft von der GCF steht, und aus Hass gegen den Mitstreiter, der eine Schlüsselrolle bei der Bildung der IKS spielte und der Hauptdenker hinter der GCF war: Marc Chiric.
Dr. Bourrinets Hass, den wir bereits in seinen zahllosen schriftlichen Machwerken wahrgenommen hatten, trat auf dieser öffentlichen Konferenz für jeden sichtbar zu Tage.
Als die IKS-Delegation versuchte, den guten Doktor wegen seiner Fälschungen und seines „geistigen Eigentums“ zur Rede zu stellen, wurde er völlig hysterisch (wie für jeden ersichtlich): „Ihr seid Terroristen und Sozialschmarotzer“, schrie er, „Ihr habt viele Militante gezwungen, aus der IKS auszutreten, indem Ihr sie abgewürgt habt“ – mit anderen Worten, er wiederholte all die Verleumdungen von „Marc Chirics politischen Gegnern“, über die er im biographischen Abriss auf seiner Webseite so „objektiv“ berichtet hatte.
Bis jetzt hat unser Doktor sein Gift im Schutz offizieller Körperschaften, „frisierter“ biographischer Abrisse und von „Stellungnahmen“ im Internet verbreitet. Diesmal allerdings hatte er es gewagt, dies in aller Öffentlichkeit zu tun, vor den Augen und Ohren von vier Mitgliedern der IKS. Solch eine Verhaltensänderung verlangt nach einer Erklärung.
Wie wir gesehen haben, ist Dr. Bourrinet der Prototyp eines Kleinbürgers: feige, unehrlich und mit wenig Neigung, seine Galle bei Tageslicht zu verspritzen, außer – wenn er spürt, dass in der Gerüchteküche die Schreie des Hasses gegen die IKS anschwellen. Dann wird er trunken vor „Mut“ und ist bereit, seinen Teil zu den widerlichsten Verleumdungen und niveaulosesten Drohungen gegen unsere Organisation beizutragen. Pogromaufrufe sehen immer so aus: Jeder Beteiligte leistet seinen eigenen erbärmlichen Beitrag entsprechend seiner Motive, alle unterschiedlich, aber alle gleichermaßen schäbig und voller Hass. Fast jedes Mal wird diese Art von barbarischer Dynamik durch eine Art Provokateur gestartet – ob ein Professioneller oder Amateur ist unerheblich. Genau dem ist unser unglaublicher Doktor voll auf den Leim gegangen. Nachdem er die Anti-IKS-Prosa der IGKL19, jenes schäbige Pack von polizei-ähnlichen Hinterzimmer-Intriganten mit ihrem Provokateur Juan, gelesen hatte, war der gute Doktor geradezu munter geworden und ist nun bereit, der Aufforderung zur Schurkerei und zum Hass nachzukommen.
Am 28. April 2014 veröffentlichte die IGKL20 einen unbeschreiblich schlechten Artikel im Stil professioneller Provokation. Dieser verleumderische Text hatte den Titel „Eine neue (und endgültige?) Krise der IKS“21 und kündigte mit ironischem Vergnügen das Verschwinden der IKS an… was sich als „stark übertrieben“ herausstellte.22 Doch wie unbegründet auch immer, die schiere Vorstellung, dass die IKS angeschlagen ist, fast auf dem Sterbebett liegt, hat all jene wachgerüttelt, die von der Hoffnung besessen sind, uns tot und begraben zu sehen. Und in dieser „mutigen“ Meute erblicken wir Dr. Bourrinet, heiß und aufgeregt angesichts der Vorstellung, dass er nun mit den Wölfen gegen die IKS heulen kann. Doch selbst die Ermutigung durch den Provokateur der IGKL reichte nicht aus, um ihm einen Stoß zu geben; er benötigte zudem die angenehme Begleitung eines Gefolgsmannes, mit wenig Hirn, aber mit großen Muskeln ausgestattet und vor allem mit der Mentalität eines Strolchs, der zu jeder Schandtat gegen die IKS bereit ist: kein anderer als Pédoncule23, stets bereit, unseren Doktor zu beruhigen und anzutreiben, wenn Letzteren der Mut während der Konferenz verließ. Dieses Individuum hat ein ganz erbauliches und gewalttätiges Register aufzuweisen: körperliche Aggressionen gegen eine unserer Genossinnen, Aggressionen gegen einen anderen Genossen, der mit einem Springmesser bedroht wurde, das dieses Individuum stets bei sich trägt. Dasselbe Individuum drohte, einem weiteren Genossen „die Kehle aufzuschlitzen“.24
Die Verbindung zwischen dem Doktor und dem Hooligan (wie aus einem französischen Film mit Jean-Louis Trintignant und Depardieu in den Hauptrollen) mag paradox erscheinen, aber sollte eigentlich keine Überraschung sein. Das Bündnis zwischen dem intellektuellen Kleinbürgertum und dem Lumpenproletariat ist nicht neu und kommt im Allgemeinen immer dann zustande, wenn sie sich einem gemeinsamen Feind gegenübersehen: dem revolutionären Proletariat. 1871 tat sich die Mehrheit der französischen Schriftsteller (mit den bemerkenswerten Ausnahmen von Arthur Rimbaud, Jules Vallès und Victor Hugo) mit dem Abschaum von Paris zusammen, um den Versaillern zuzujubeln, die die Kommune abschlachteten: die Erstgenannten mit dem Stift, die Zweitgenannten konkreter durch Denunzierung und Mord.25 1919 benutzten die „ehrenwerten“ Führer der deutschen Sozialdemokratie das Lumpenproletariat, das sich in den Freikorps (den Vorgängern der Nazis) versammelt hatte, um Tausende von ArbeiterInnen und gleichzeitig Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die Hauptakteure in der Deutschen Revolution, zu ermorden. Heute tut sich der Kleinbürger Bourrinet, Doktor der Universität Paris 1 – Sorbonne, mit Pédoncule, dem Schlitzer, zusammen – nichts normaler als dies. Beide teilen denselben obsessiven Hass gegen die IKS; beide möchten die IKS, mit anderen Worten, die Hauptorganisation, die die Positionen der Kommunistischen Linken international vertritt, untergehen sehen.
Was uns angeht, beabsichtigen wir die beiden Bücher über die Italienische Linke und die Deutsch-Holländische Linke weiterhin zu verbreiten, ob Dr. Bourrinet dies gefällt oder nicht. Und wir möchten unsere LeserInnen dazu drängen, diese Bücher zu lesen, die von Philippe Bourrinet geschrieben worden waren, als er noch ein Militanter der IKS gewesen war. Sie haben nichts an Wert eingebüßt, seitdem aus dem Kämpfer ein Doktor wurde, der die Sache, der er sich in seiner Jugend verpflichtet hatte, verraten hat. Auch werden wir nicht aufhören, die Niederträchtigkeit des Doktors, seine Lügen, seine Verleumdungen und seine verachtenswerten Bestrebungen zu brandmarken, die darin bestehen, die Einrichtungen des bürgerlichen Staates zu Hilfe zu rufen, um unsere Mitglieder zu bedrohen und seinen Hass auszuleben. Er braucht sich jedoch keine Sorgen zu machen, dass wir ihm ein Kommando schicken werden, um „ihm die Kehle aufzuschlitzen“ – wir überlassen es seinem Bodyguard, Pédoncule, dem Schlitzer, solche Drohungen auszusprechen.
Die Geschichte der Arbeiterbewegung ist übersät von Mitstreitern, die einst revolutionäre, proletarische Positionen vertraten, nur um später die Seite zu wechseln, vor der bürgerlichen Ideologie zu kapitulieren und sich in den Dienst der herrschenden Klasse zu stellen. Wir alle wissen, was mit Mussolini geschah, der vor dem I. Weltkrieg ein Führer des linken Flügels der italienischen Sozialistischen Partei gewesen war. Plechanow, der den Marxismus in Russland eingeführt hatte und einer der führenden Figuren im Kampf gegen Bernsteins Revisionismus Ende des 19. Jahrhunderts gewesen war, verwandelte sich 1914 in einen eingefleischten Chauvinisten. Kautsky, der „Papst des Marxismus“ in der II. Internationalen und bis 1906 Rosa Luxemburgs Mitstreiter, griff 1914 zur Feder, um de facto dem imperialistischen Krieg einen Dienst zu erweisen, und verurteilte die Revolution in Russland 1917, alldieweil er bis zu seinem Tod 1938 formal seine Verbundenheit mit dem Marxismus bekundete.
Heute bekundet Dr. Bourrinet unbeirrt seine formale Verbundenheit mit der Kommunistischen Linken und ihren Positionen. Doch dies ist ein Schwindel. Die Kommunistische Linke ist nicht einfach eine Sache der politischen Positionen. Sie bedeutet auch Prinzipientreue, keine Kompromisse, den Willen, für die Revolution zu kämpfen, einen enormen Mut – alles Qualitäten, derer es Dr. Bourrinet gänzlich mangelt. Man lese Die Italienische Kommunistische Linke und Die Deutsch-Holländische Linke, und zwar nicht als Dr. Bourrinets „geistiges Eigentum“, sondern im Geiste von Philippe Bourrinet ein Vierteljahrhundert zuvor: „Man kann sich nur von einem militanten Standpunkt aus, vom Standpunkt jener, die sich dem Kampf der Arbeiter für ihre Emanzipation verpflichtet haben, der Geschichte der Arbeiterbewegung annähern.“
Internationale Kommunistische Strömung, 15. Januar 2015
1 Das Smolny-Kollektiv ist ein Verlag, der sich auf die Veröffentlichung von Büchern über die Arbeiterbewegung spezialisiert hat, insbesondere der Kommunistischen Linken. Siehe unseren Artikel auf Französisch "Les éditions participent a la récupération démocratique de Rosa Luxemburg [9].
2 „Herr Proudhon genießt das Unglück, auf eigentümliche Art verkannt zu werden. In Frankreich hat er das Recht, ein schlechter Ökonom zu sein, weil man ihn für einen tüchtigen deutschen Philosophen hält; in Deutschland darf er ein schlechter Philosoph sein, weil er für einen der stärksten französischen Ökonomen gilt. In unserer Doppeleigenschaft als Deutscher und Ökonom sehen wir uns veranlaßt, gegen diesen doppelten Irrtum Protest einzulegen“. (Marx, Vorwort zu Das Elend der Philosophie, 1847, MEW Bd.4, S. 65)
3 Siehe unsere Artikel in Internationale Revue Nr. 65-66 (engl., franz. und span. Ausgabe [10],
4 Diese materielle Unterstützung schloss die Bezahlung vieler Kosten seines Aktenstudiums mit ein, einschließlich der Anschaffung großer Mengen von Mikrofilmen aus dem Amsterdamer Internationalen Institut für Gesellschaftsforschung.
5 Die Société des Gens des Lettres ist ein französischer Organismus, der aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt und sich besonders dem juristischen Schutz des Copyrights zugunsten ihrer Autorenmitglieder widmet. Kopien der fraglichen Dokumente sind dem Artikel beigefügt.
6 Dies erschien in der englischen Ausgabe The Dutch and German Communist Left, die 2001 veröffentlicht wurde.
7 Wir werden fortan dem Doktor seinen Titel zugestehen. Dies kann eigentlich nur sein intensives Verlangen nach gesellschaftlicher Anerkennung befriedigen.
8 Und, würden wir hinzufügen, ein Heuchler. Doch das ist eher die Regel als die Ausnahme.
9 Die Preisliste findet man bei: left-dis.nl/f/livre.htm [11]. Sollte der Link verschwunden sein – man weiß ja nie! -, so haben wir natürlich einen Bildschirm-Ausdruck aufgehoben, nachdem sie Seite am 15. Januar 2015 erschienen war.
10 Die KS hatte beschlossen, die englischen Ausgaben der deutsch-holländischen und italienischen Linken auf Amazon anzubieten, um ihre Verbreitung zu erhöhen. Im Oktober 2009 erhielten wir einen Brief von Amazon, in dem wir in Kenntnis darüber gesetzt wurden, dass diese Bücher nach dem Erhalt eines Briefes von Dr. Bourrinet zurückgezogen worden seien und dass ihr Verkauf nur mit der Zustimmung des Letztgenannten möglich sei. In einem Brief an Amazon vom 7. Oktober 2009, unterzeichnet mit „Doktor Philippe Bourrinet, Historiker“ steht: „Mein geistiges Eigentum ist von zwei Artikeln auf der Seite von Amazon.co.uk verletzt worden. Es hat mit dem kommerziellen Verkauf zweier Bücher von mir (mein Name wurde getilgt) durch die so genannte ‚Internationale Kommunistische Strömung‘ zu tun, die offensichtlich Akte der geistigen Piraterie begeht (es folgen Details zu den beiden Büchern). Diese beiden Bücher sind (elektronisch und in Papierform) unter meinen eigenen Namen auf meiner eigenen mehrsprachigen Webseite in den Niederlanden veröffentlicht worden (…) Sie sind seit langem (1989) durch das Gesetz über das geistige Eigentum geschützt (…) Ich bin der wahre Eigentümer der beiden erwähnten Bücher und dazu befugt, zusammen mit der SGDL in Paris für die oben geschilderten Rechte zu streiten.“ Die IKS schrieb am 24. Oktober 2009 an Dr. Bourrinet. In unserem Brief sagten wir: „Wir müssen eingestehen, dass wir ziemlich überrascht sind, erstens von der Tatsache, dass Du das Bedürfnis verspürtest, über dieses Thema an Amazon zu schreiben, und zweitens dass Du uns nichts darüber im Vorhinein mitgeteilt hast. Wir hatten den Eindruck, dass die Frage des ‚geistigen Eigentums‘ über die beiden Bücher über die deutsch-holländische Linke und die italienische Linke einvernehmlich zwischen uns auf einem Treffen zu Beginn der 1990er Jahre geklärt worden sei (…) Auf alle Fälle wollen wir nicht, dass dieses Problem des ‚geistigen Eigentums‘ die Verbreitung dieser Geschichte und dieser Idee behindert. Wenn Du willst, sind wir sofort bereit, die gleiche Bemerkung [siehe oben und Fußnote 6] (oder irgendeine Variante, die Dir genehm ist) auf der Amazon-Seite (wir können auch Deinen Namen mitberücksichtigen) und auf Deiner eigenen Internet-Seite zu veröffentlichen.“ Dieser Brief wurde niemals beantwortet. Vielleicht hätten wir dem Doktor eine Autorenvergütung an unseren Verkäufen zahlen sollen. Abgesehen davon, sollten wir betonen, dass die englischen Ausgaben, die von Dr. Bourrinet verbreitet werden, mit den von den Mitgliedern unserer Organisation angefertigten Übersetzungen identisch sind (mit der Ausnahme seiner Veränderungen seit seinem Austritt aus der IKS). Doch dem guten Doktor sei versichert: Wir haben nicht die Absicht, Copyright für unsere Übersetzungen zu beanspruchen.
12 Dieser abscheuliche Angriff gegen das Andenken unseres Genossen Marc Chiric ist nichts anderes als widerlich. Marc Chiric genoss einen großen Respekt unter der breiten Mehrheit der Militanten der alten Kommunistischen Linken, trotz ihrer Meinungsverschiedenheiten und der Kritik, die er gegen sie gerichtet haben mag. Die Tiefe und die Strenge seines Denkens, seine Hingabe für die revolutionäre Sache, sein starker Charakter und gleichzeitig die Wertschätzung und Zuneigung, die er für jene Militante hatte, denen es gelungen war, der Konterrevolution zu widerstehen, waren Wesenszüge seines politischen Charakters, die allgegenwärtigen Respekt verdienen. Wenn wir den Irrsinn über ihn lesen, der von nichtigen Widerlingen verbreitet wird, deren Stolz einen kleinen Kratzer abbekommen hat oder deren „geistiges Eigentum“ ignoriert wurde, empfinden wir nichts anderes als Ekel. Diese Art von Verleumdungskampagne weist starke Ähnlichkeiten mit der von der stalinistischen Clique gesteuerten Kampagne auf, deren Opfer Trotzki ab Mitte der 1920er Jahre, noch vor seinem Ausschluss aus der bolschewistischen Partei, war; eine Kampagne, die von Bordiga (damals die bekannteste Figur der italienischen Kommunistischen Linken) energisch angeprangert wurde, trotz seiner profunden Meinungsverschiedenheiten mit Trotzki. Die servile Kanaille, die, ob aus Feigheit oder um der Karriere willen, Stalins Spuren hinterherkroch, stand Modell für die Verleumder von Marc Chiric heute.
13 Magazin der französischen Rechtsaußen.
15 Doktor Bourrinet hat keine Probleme damit. Wenig überraschend, da er selbst bereit ist, das bürgerliche Rechtssystem gegen Revolutionäre zu nutzen.
16 Latif Lakhdar schreibt an Präsident Obama.
17 Ehud Olmert, ein enger Verbündeter von Ariel Sharon (verantwortlich für das Massaker von Sabra und Schatila 1982), war israelischer Ministerpräsident von Januar 2006 bis März 2009 und verantwortlich für den israelischen Angriff gegen Libanon im Juli 2006, der mehr als 1200 Zivilisten das Leben kostete. Im September 2009 wurde er wegen „Betrugs“, „Untreue“ und „Erschleichung illegaler Einkünfte“ vor Gericht gestellt und im September 2012 zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt.
18 Bordiga an Korsch. [14]
19 Die „Internationale Gruppe der Kommunistischen Linken“ (IGKL) erblickte im Oktober 2013 das Licht der Welt. Sie besteht aus einer Verschmelzung zweier Elemente der Gruppe „Klasbatalo“ in Montreal und Elementen der selbst ernannten „Internen Fraktion“ der IKS, die 2003 als Denunzianten aus der IKS ausgeschlossen worden waren.
20 Siehe unsere Antworten: „Die polizeiähnlichen Methoden der ‚IFIKS‘“, [15] "Kein Zugang für Spitzel zu den öffentlichen Veranstaltungen der IKS [16]" "Calomnie et mouchardage, les deux mamelles de la politique de la FICCI [17]".
21 Siehe unsere Antwort: "Kommuniqué an unsere Leser: Die IKS unter Beschuss durch eine neue Agentur des bürgerlichen Staates [18]" oder "Weltrevolution 179".
22 Wir haben auf diesen ebenso niederträchtigen wie absurden Angriff in unserem Artikel über die Außerordentliche Konferenz beantwortet.
23 Wie Dr. Bourrinet ist auch dieser Pédoncule Mitglied des Smolny-Kollektivs. Er war ebenfalls jahrelang Mitglied dieser Meute von Spitzel und Ganoven, die unter dem Namen IFIKS firmieren.
24 Siehe unseren Artikel in Révolution Internationale Nr. 354: Défense de l'organisation: Des menaces de mort contre des militants de CCI [19]
25 Vgl. Paul Lidsky, Les écrivains contre la Commune, La Découverte Poche, Paris, 2010.
Nach der Berichterstattung in den Medien soll der Wahltriumph der Koalition von Syriza[1] in Griechenland die kapitalistischen Mächte nervös gemacht haben. Diese „Nervosität“ ist zur Schau getragen und passt zu den Manövern im Hinblick auf die Neuverhandlung der griechischen Schulden, Syriza ist Teil dieser Mächte, denn sie teilt mit ihnen die Sorge der Verteidigung der Nation, dies ist die Fahne, hinter der jedes nationale Kapital seine Interessen gegen das Proletariat und gegen seine imperialistischen Rivalen verteidigt.
Tsipras, der Chef von Syriza, fasste anlässlich seines letzten Auftritts vor dem Wahlerfolg sehr gut zusammen, wofür Syriza steht: „Ab Montag ist die nationale Erniedrigung vorbei, keine aus dem Ausland kommenden Anweisungen mehr.“ Dieses Programm steht in unvereinbarem Widerspruch zu demjenigen des Proletariats, dessen Ziel die Herstellung eines weltweiten menschlichen Gemeinwesens und dessen Triebkraft der Internationalismus ist.
Der Sieg Syrizas ist nicht derjenige des „Volkes“, sondern der Bedürfnisse des griechischen Kapitals. Seine Politik wird noch mehr Angriffe auf die gesamte Arbeiterklasse nach sich ziehen.
Die Daten über die griechische Wirtschaft sind erschreckend. Wir nennen hier nur zwei Zahlen: Das nominale Einkommen hat sich in 7 Jahren um 25% verringert, und die Exporte sind heute, trotz der drastischen Lohnkürzungen, 12% niedriger als 2007. Die Sportstadien und anderen Einrichtungen, die im Rahmen einer gigantischen Geldverschleuderung 2004 für die Olympischen Spiele aufgebaut wurden, sind Ruinen, die den Zustand der Wirtschaft versinnbildlichen.
Doch die Krise, unter der Griechenland leidet, ist keine lokale, die durch die schlechte Geschäftsführung der verschiedenen Regierungen hervorgerufen worden wäre, sondern Ausdruck der historischen Sackgasse der kapitalistischen Produktionsweise, die einer seit 1967 andauernden Krise unterworfen ist – seit fast einem halben Jahrhundert! –, einer Krise, in der diejenige der Subprimes von 2007 nur ein weiteres Kettenglied war, mit der darauf folgenden großen Finanzpanik 2008 und der Rezession 2009, die man die „Große Rezession“ nannte.
Die durch die großen kapitalistischen Staaten ergriffenen Maßnahmen konnten die gefährlichsten Auswirkungen dieser Ereignisse eindämmen, aber sie griffen nicht das Grundproblem der allgemeinen Überproduktion auf, in dem der Kapitalismus seit fast einem Jahrhundert feststeckt. Die gefundene „Lösung“ – eine noch stärkere Überdosis an Verschuldung unter der direkten Verantwortung der Staaten – verschlimmert nur die Lage, auch wenn sie für einen Augenblick als Flicken dient.
Eine der Folgen ist: „Es waren jetzt ganze Staaten, die mit einem enormen Gewicht an Schuldenlasten konfrontiert waren, mit „Staatsschulden“, was ihre Interventionsfähigkeit, die eigenen nationalen Ökonomien mit Budgetdefiziten zu beleben, noch mehr schwächte.“[2] Dieser Zustand ist unhaltbar geworden „in denjenigen Ländern der Eurozone, deren Wirtschaft am zerbrechlichsten oder am meisten abhängig von den illusorischen Präventivmaßnahmen war, die zuvor ergriffen worden waren – den PIIGS (Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien)“[3].
In Griechenland hat die Staatsverschuldung 180% des BIP erreicht, das Defizit des Staatshaushalts betrug 2013 12,7%, es handelt sich dabei um eine Last, welche die Wirtschaft in einen Teufelskreis stößt: Um wenigstens die Zinsen für die Schulden bezahlen zu können, müssen neue Schulden aufgenommen und im Gegenzug drakonische Sparmaßnahmen ergriffen werden, welche die Wirtschaft noch mehr hinunterziehen, was nach einer neue Dosis Verschuldung ruft mit weiteren Sparmaßnahmen.
Der Teufelskreis, in dem sich die griechische Wirtschaft dreht, zeigt den Teufelskreis auf, in dem der gesamte Weltkapitalismus steckt. „Dies bedeutet aber nicht, dass es zu einer vergleichbaren Situation wie 1929 oder in den 1930er Jahren kommt. Vor 70 Jahren war die Bourgeoisie angesichts des Kollapses ihrer Wirtschaft komplett überrumpelt, und die Politik, in die sich jeder Staat im Alleingang stürzte, führte nur zu einer Verschärfung der Krise. Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten 40 Jahre hat gezeigt, dass, auch wenn es unmöglich ist, die Talfahrt in die Krise zu vermeiden, die herrschende Klasse fähig geworden ist, diese Dynamik zu verlangsamen und ein Szenario der allgemeinen Panik wie am „Schwarzen Donnerstag“ des 24. Oktobers 1929 zu verhindern. Es gibt einen weiteren Grund, weshalb wir nicht auf eine Situation wie in den 1930er Jahren zusteuern. Damals ging die Schockwelle von der stärksten Macht der Welt aus, den USA, und breitete sich danach auf die zweitgrößte aus, Deutschland.“ [4]
Im Gegensatz zu damals ist es der Bourgeoisie – durch die systematische Verstärkung des Staatskapitalismus – gelungen, die Weltwirtschaft so zu „organisieren“, dass die Auswirkungen der Krise mit viel größerer Gewalt auf die schwächsten Länder fallen, während sie in den stärkeren Ländern in geringerem Maße spürbar sind. Deutschland und die USA waren 1929 die Epizentren der Krise, wohingegen sie heute am besten wegkommen und ihre Stellung gegenüber den Rivalen haben verbessern können.
Diese Politik erlaubt es dem Kapitalismus als Ganzes dem Versinken in der Krise insofern zu widerstehen, als es ihm gelingt, sich auf die Verteidigung der neuralgischen Zentren zu konzentrieren. Sie ist auch ein Mittel zur Spaltung des Proletariats, denn „dieser wichtige Faktor bei der Entwicklung der Krise unterliegt keinem strikt ökonomischen Determinismus, sondern spielt sich auf der Ebene der sozialen Verhältnisse ab - dem Kräfteverhältnis zwischen den zwei wichtigsten sozialen Klassen der Gesellschaft - zwischen der Bourgeoisie und der Arbeiterklasse.“ [5] Die Wirtschaft ist nicht einfach eine blinde Maschine, die von selbst läuft, die Gesetzmäßigkeiten des Klassenkampfes spielen dabei eine Rolle. Indem es der Bourgeoisie gelingt, die schlimmsten Auswirkungen der Krise auf die schwächsten Länder abzuschieben, verschafft sie sich Mittel zur Spaltung des Proletariats.
Dieses politische Krisenmanagement führt dazu, dass die griechischen Arbeiter_innen die wirtschaftliche Lage nicht so sehr als Ausdruck der Sackgasse wahrnehmen, in welcher der Kapitalismus weltweit steckt, sondern als Folge des „Wohlstandes“ der Klassenbrüder und -schwestern in Deutschland. Umgekehrt erschwert es der scheinbar gute Zustand der deutschen Wirtschaft den Arbeiter_innen in diesem Land, den Ernst der Lage wahrzunehmen, und macht sie empfänglich für die „Erklärungen“, wonach ihre „privilegierten“ Bedingungen durch die „Faulheit und Verantwortungslosigkeit“ der griechischen Klassenbrüder und -schwestern in Frage gestellt würden, und ganz allgemein durch die Migrant_innen, die an die Türen klopfen.
Dieses „politische Krisenmanagement“ begünstigt die Sichtweise bei den Proletarier_innen jedes Landes, die Probleme, die eigentlich weltweit bestehen und nur eine weltweite Lösung finden könnten, als solche „ihres Landes“ zu sehen – mit einer „Lösung im eigenen Land“. In Griechenland hat die Arbeitslosigkeit, die untragbare Rate von 27% erreicht, die Zahl der öffentlichen Angestellten – die normalerweise eine Anstellung fürs Leben hatten – ist von 900‘000 auf 656‘000 verringert worden; ein Drittel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, etwa 40‘000 Menschen haben die Städte verlassen und sind aufs Land geflohen auf der verzweifelten Suche nach einem Überleben als bäuerliche Selbstversorger. Der Mindestlohn in Griechenland ist in den letzten Jahren um 200 € geschrumpft, die Altersrenten verringern sich jedes Jahr um 5% … Diese Entwicklung, die ein extremer Ausdruck einer Situation ist, die sich in sehr verschiedenem Ausmaß in allen Ländern abspielt, erscheint als ein Phänomen, das auf Griechenland reduziert und durch die rein griechischen Probleme hervorgerufen worden sei. Sie erlaubt es der Bourgeoisie, einen dicken Rauchvorhang aufzuziehen und mit ihm das Verständnis für die allgemeinen Tendenzen, die den Kapitalismus auf der Welt beherrschen, zu vernebeln.
Syriza ist ein Produkt der Entwicklung des politischen Apparats des griechischen Staats und somit von allgemeinen Tendenzen, die sich in den zentralen Ländern des Kapitalismus bemerkbar machen. Wie der Marxismus tausendfach aufgezeigt hat, ist der Staat ein ausschließliches und ausschließendes Organ des Kapitals, auch in seiner demokratischen Form hört er nicht auf, die Diktatur der herrschenden Klasse über die ganze Gesellschaft zu sein, und insbesondere über das Proletariat. In der Niedergangsphase des Kapitalismus wird der Staat totalitär, was sich in einer Tendenz zur Einheitspartei ausdrückt. Doch in den demokratischeren Ländern, die sich mit einem hochentwickelten Wahl- und Abstimmungssystem ausgestattet haben, drückt sich diese Tendenz in dem aus, was man „Zweiparteien-System“ nennt. Zwei Parteien, die eine mehr nach rechts orientiert, die andere mehr nach links, wechseln sich bei der Führung der Regierungsgeschäfte ab. Dieses Schema hat seit dem Zweiten Weltkrieg in Europa, Nordamerika etc. perfekt funktioniert.
Doch mit der ständigen Zuspitzung der Krise und dem Gewicht des Zerfalls ist es ziemlich abgenutzt worden. Denn einerseits hat das Ansehen der „partnerschaftlich rivalisierenden“ Parteien unter dem Krisenmanagement unweigerlich gelitten, da sie einmal an der Regierung Sparmaßnahmen ergriffen, die ihren früheren Versprechen, die sie als Oppositionspartei gemacht hatten, widersprachen; in der Opposition sagen sie, was sie nie tun, als Regierungspartei tun sie, was sie nie gesagt haben.
Und andererseits führte der Zerfall in den Reihen der beiden „großen Parteien“ zu einer zunehmenden Zersetzung und einer immer offener auftretenden Verantwortungslosigkeit, die ihren spektakulärsten Ausdruck in einer Korruption fand, die alle Rekorde schlägt und bei der jeder neue Fall die früheren übertrifft, was die Geldgier, den Zynismus und die Schamlosigkeit betrifft.
Die beiden traditionellen großen Parteien Griechenlands – die Nea Dimokratia auf der rechten Seite, die Pasok auf der linken – stellen gewissermaßen die Karikatur dieses Systems dar. Dazu gehört – Zeichen der Rückständigkeit des griechischen Kapitals –, dass diese beiden Parteien von Dynastien geführt werden, welche sich an den Spitzen seit 70 Jahren ablösen – die Familie Karamanlis auf der Rechten und der Papandreu-Clan zur Linken. Die Gelder, die von Europa aus nach Griechenland geflossen sind, waren Gegenstand von „transversaler Korruption“: ohne jede Scham haben sich die Politiker beider Parteien die Taschen mit den abgeschöpften Kommissionen gefüllt.
Woher kommt Syriza? Sie ist eine Koalition, die sich 2012 in eine Partei umgewandelt[6] und die ein Sammelbecken für Fraktionen des Stalinismus und der Sozialdemokratie zur Verfügung gestellt hat, welcher Eintopf mit trotzkistischen, maoistischen und grünen Gruppen gewürzt worden ist. Der Gründungskern war das Resultat einer wichtigen Abspaltung von der stalinistischen Partei KKE, die mit dem Zusammenbruch der UdSSR 1989 die alten Formeln vom „Realsozialismus“ gegen neue in „demokratischem“ Gewand eintauschte, die besser zu den neuen liberalen Kostümen des Staatskapitalismus passten. Genau Tsipras war eine jener Ratten, die Karriere in der entsprechenden Gewerkschaft gemacht hatten und dann das sinkende Schiff des Stalinismus verließen.
So gleicht also Syriza den üblichen Erneuerungsbemühugen im Zweiparteien-System des politischen Schemas - wie ein Ei dem andern. Solche Bemühungen haben wir schon in anderen Ländern gesehen, wie zum Beispiel in Italien, wo das alte Modell, das während 40 Jahren auf der Christdemokratie als faktischer Einheitspartei – mit der Unterstützung der Sozialdemokratie – beruht hatte, durch ein neues ersetzt wurde, das aus einer rechten Partei unter dem viel geschmähten Berlusconi und einem linken Flügel mit einer chaotischen Koalition besteht, deren Gerippe die alte Kommunistische Partei ist, die sich zur „Demokratischen Partei“ erneuert hat. Es ist überaus bezeichnend, dass sich Syriza als Koalitionspartner für die Regierungsbildung die Partei ANEL von der äußeren Rechten ausgesucht hat.
Dieser Partner von Syriza, ANEL, verteidigt gegenüber den Migrant_innen eine ganz ähnliche Politik wie diejenige der schändlichen Goldenen Morgenröte. Diese Politik des Fremdenhasses und der Verfolgung von Migrant_innen, die als Eindringlinge dargestellt werden, die den Griech_innen die Arbeit und die Sozialleistungen stehlen würden, verfolgt zwei Zwecke:
Einerseits soll gegenüber den Arbeiter_innen und anderen Teilen der Bevölkerung mit dieser niederträchtigen Ideologie ein Sündenbock vorgeführt werden – personifiziert in den Schwarzen, den Arabern, den Slawen, allen, die das Pech haben, nicht Hellenen zu sein. Doch andererseits zielt diese politische und wirtschaftliche Rechnung darauf ab, sich die Rolle des Bullen an den Pforten Europas durch die EU möglichst teuer bezahlen zu lassen, eine Rolle, die auch noch andere ähnlich gelegene Länder wie Italien und Spanien zu spielen haben gegenüber den verzweifelten Massen, die vor dem schlimmsten Elend und dem Krieg fliehen. In diesem Game, das die Gangster der EU spielen, weiß die neue griechische Regierung sehr gut, welchen Trumpf sie mit der harten Haltung gegenüber Migranten in der Hand hat.
Die Verteidigung der Nation ist die Wertegemeinschaft aller Parteien des Kapitals, in welcher Farbe sie sich immer zur Schau stellen mögen. Eines der unheimlichsten Argumente auf der Linie der nationalen Verteidigung ist dasjenige, das Syriza mit ANEL und der Goldenen Morgenröte teilt: „Griechenland für die Griechen“, der fanatische Anspruch, sich in einer angeblichen „nationalen Gemeinschaft“ einzuschließen, in der man anständig leben könne. Das ist eine reaktionäre Utopie, aber es ist insbesondere ein frontaler Angriff auf das Bewusstsein und die Solidarität der Arbeiter_innen, deren Macht genau darin besteht, eine Gemeinschaft zu bilden, in der Menschen aller Rassen, Religionen und Nationalitäten sich vermischen und vereinen.
Der Nationalismus und die Verteidigung des Interesses des griechischen Kapitals ist das echte Programm Syrizas. Das gegenüber der Bevölkerung zur Schau getragene Programm der Strukturreform war lediglich Wahlpropaganda, das je länger je wässriger wurde, je näher der Regierungsantritt rückte. Wir stoßen dabei auf die alten und verbrauchten Litaneien der kapitalistischen Linken. Eine verstaatlichte Bank, die Wiedererwägung und eventuelle Rückgängigmachung von gewissen Privatisierungen, ein Plan zur Beschäftigungsgarantie, einige Notmaßnahmen zur Abfederung von Situationen extremer Armut … und nicht viel mehr.
Diese Maßnahmen sind schon tausend Mal angewandt worden im Kapitalismus, und nie haben sie dazu beigetragen, die Lebensbedingungen der Arbeiter_innen zu verbessern. Der Kapitalismus, sogar auf seiner rechten Flanke, „vergesellschaftet die Bank“, wenn sie sich in Gefahr befindet. De Gaulle, Hitler, Franco, und weitere Figuren der extremen Rechten schufen mächtige Staatsbanken. Bush ergriff in der Krise 2007-2008 radikale staatliche Interventionen gegenüber gewissen Banken, was den mittlerweile verstorbenen venezolanischen Präsidenten Chavez im Delirium veranlasste, Bush als Genossen zu bezeichnen und mit Lenin zu vergleichen.
Was das Versprechen eines „Plans der garantierten Anstellung“ betrifft, das an Luft verlor, je mehr sich Syriza der Macht näherte (aus den ursprünglich 300‘000 versprochenen neuen Stellen, sind inzwischen 15‘000 geworden), können wir die Ernsthaftigkeit der neuen Regierung in ihrer Politik gegenüber den Staatsangestellten sehen: Das Programm der Bestandesaufnahme, das die frühere Regierung erstellt und das Lohneinbußen, die Versetzung auf schlechtere Stellen oder sogar in die „Arbeitsreserve“ vorgesehen hat, was nur eine versteckte Form der Kündigung ist, ist nicht etwa außer Kraft gesetzt worden, sondern soll „gewissenhaft umgesetzt“ werden, wie der neue zuständige Minister versichert und dabei zudem angekündigt hat, dass die Löhne im öffentlichen Dienst weiterhin eingefroren bleiben.
Hinsichtlich der Bezahlung der gewaltigen griechischen Schulden betreibt Syriza im Stile eines echten Pokerspielers eine Bluff-Strategie. Mit dem Ziel des Stimmenfangs begann sie mit ultra-radikalen Positionen. Aber schon während der Wahlkampagne dämpfte sie die Parolen langsam ab. Im dem Maße, wie der Wahlsieg wahrscheinlicher wurde, gab es neue Abstriche. Nun, wo die Herren an der Regierung sind, verwässern sie ihren Wein noch mehr, bis er keine Farbe mehr hat. So ging es zuerst um die totale Weigerung, die Schuld zu bezahlen, später sprachen sie von einem Schuldenerlass, noch später von einem teilweisen Erlass, und schließlich schlagen sie einen Umtausch der Schulden in Dauerschuldscheine und andere Instrumente der „Finanzingenieure“ vor, was ziemlich dem Brady-Plan ähnelt, den die US-amerikanische Regierung in den 1980er Jahren gegenüber der argentinischen Schulden umsetzte und der berüchtigt wurde wegen der grausamen Angriffe, die er für das Leben der Arbeiter_innen in diesem Land bedeutete.
Die Schwierigkeiten des Proletariats
Das Proletariat erleidet in der gegenwärtigen Situation einen Verlust an Klassenidentität, an Selbstvertrauen. Zu dieser tiefen Schwäche, die nicht einfach durch die Erfahrung einer neuen Kampfwelle aufgehoben werden könnte, kommt eine Reihe von politischen, ideologischen Angriffen des „Linkspopulismus“ hinzu, die das Werk der „Rechtspopulisten“ vervollständigen. Syriza in Griechenland, Podemos in Spanien, Die Linke in Deutschland, die Linksfront in Frankreich etc. nutzen diese Schwäche unserer Klasse aus und sprechen systematisch vom „Volk“, den „Bürgern“, um schamlos die Nation zu verteidigen als „Gemeinschaft derer, die auf dem gleichen Boden geboren“ worden sind …
Mit dieser Propaganda nutzen sie nicht nur wie Aasgeier die Schwierigkeiten des Proletariats aus, sondern streuen auch noch Salz in seine Wunden, ziehen Schranken hoch, welche die Rückgewinnung der Klassenidentität, des Selbstvertrauens der Arbeiter_innen noch mehr erschweren. Die Aufgabe, die vor uns steht, ist die Entlarvung der Lügen dieser neuen antiproletarischen Apparate, indem wir die wirklichen Positionen unserer Klasse vertiefen.
G, 15.02.15
[1] SYRIZA ist die Abkürzung für „Koalition der Radikalen Linken“ auf Griechisch.
[2] Resolution zur internationalen Lage von unserem 20. internationalen Kongress (2013), Internationale Revue Nr. 51, https://de.internationalism.org/20-Kongress-der-IKS-Resolution-zur-inter... [20]
[3] A.a.O.
[4] A.a.O.
[5] A.a.O.
[6] Syriza in Griechenland oder PODEMOS in Spanien stellen sich als Protagonisten einer „neuen Politik“ dar, die ehrlich, den „Bürgern“ verpflichtet und weit entfernt von den Manövern und Schleichwegen des üblichen Polit-Establishments sein soll. Ein Beweis dafür, dass diese „guten Absichten“ ein Betrug sind, lieferte Syriza, als sie sich 2012 als Partei registrieren ließ, um von der Prämie von 50 zusätzlichen Abgeordneten profitieren zu können, die gemäß griechischem Wahlgesetz derjenigen Partei winkt, welche die Wahlen gewinnt – unter der Voraussetzung allerdings, dass es sich dabei nicht um eine Koalition handelt. Das ist ein schlagender Hinweis auf die moralische Haltung der Herren von Syriza.
Ein Text der ehemaligen Mitglieder der Sektion der IKS in der Türkei mit dem Titel „Unser Austritt aus der Internationalen Kommunistischen Strömung“ ist seit kurzem auf ihrer neuen Website https://palebluejadal.tumblr.com/ [24] veröffentlicht.
Die IKS bedauert, dass diese Genossen verfrüht ausgetreten sind und nicht auf unsere wiederholte Aufforderung ihre Kritiken in geduldiger Weise innerhalb der Organisation darzulegen eingegangen sind, so wie es der geschichtlichen Tradition der Kommunistischen Linken entspricht. Wir bedauern ebenfalls, dass diese Genossen unsere Einladung für den kommenden Internationalen Kongress der IKS – dem höchsten Organ unserer Organisation – abgelehnt haben, um dort den anderen Genossen ihre Kritiken zu präsentieren und zu versuchen sie davon zu überzeugen.
Wir müssen klar aussprechen, dass nebst der fehlenden Verantwortung für die politische Debatte innerhalb der Organisation und einem Austritt ohne genügende vorgängige Klärung, der jetzt veröffentlichte Text eine Menge von Darstellungen enthält, die den Eindrücken der anderen Mitglieder der IKS entgegengesetzt sind.
Die IKS wird in einigen Wochen detailliert auf diesen Text antworten.
Wir rufen die ehemaligen Mitglieder der Sektion in der Türkei erneut zu einer ernsthaften Debatte mit uns auf.
IKS
Links
[1] https://fr.internationalism.org/files/fr/lettre_de_societe_des_gens_de_lettres_a_des_militants_du_cci_noms_effaces.jpg
[2] https://en.internationalism.org/files/en/paiement_la_gauche_communiste_germano-hollandaise.jpg
[3] https://fr.internationalism.org/files/fr/paiement_courant_bordiguiste_0.jpg
[4] https://fr.internationalism.org/files/fr/the_bordigist_current_vente.jpg
[5] https://www.left-dis.nl/f/
[6] https://fr.internationalism.org/files/fr/notice_bio_de_marc_chirik_0.pdf
[7] https://elaph.com
[8] https://middleeasttransparent.com/
[9] https://fr.internationalism.org/revolution-internationale/201411/9150/editions-smolny-participent-a-recuperation-democratique-rosa-l
[10] https://en.internationalism.org/series/1998
[11] https://left-dis.nl/f/livre.htm
[12] https://www.left-dis.nl/f/puntofinal91.pdf
[13] https://www.leftcommunism.org/spip.php?article368&lang=fr
[14] https://www.quinterna.org/lingue/deutsch/historische_de/brief_von_amadeo_bordiga_an_korsch.htm
[15] https://en.internationalism.org/262_infraction.htm
[16] https://de.internationalism.org/content/932/kein-zugang-fuer-spitzel-zu-den-oeffentlichen-veranstaltungen-der-iks
[17] https://fr.internationalism.org/icconline/2006_ficci
[18] https://de.internationalism.org/die-iks-unter-beschuss-durch-eine-neue-agentur-des-buergerlichen-staates
[19] https://fr.internationalism.org/node/715
[20] https://de.internationalism.org/20-Kongress-der-IKS-Resolution-zur-internationalen-Lage
[21] https://de.internationalism.org/en/tag/geographisch/griechenland
[22] https://de.internationalism.org/en/tag/politische-stromungen-und-verweise/linksextreme
[23] https://de.internationalism.org/en/tag/2/31/der-parlamentarische-zirkus
[24] https://palebluejadal.tumblr.com/