Katastrophen des Sommers 2007: Kapitalismus tötet

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Neben der Klimakatastrophe (die schlimmsten Monsunregenfälle seit einem Jahrhundert in Indien, Bangladesh, China, Überschwemmungen in Großbritannien, Hitzewelle in Süd- und Südosteuropa usw.) haben diesen Sommer gleich mehrere Katastrophen geprägt: ein Eisenbahnunglück in der Ukraine, bei dem Giftstoffe freigesetzt wurden, ein Erdbeben in Japan, das im Reaktor eines Atomkraftwerks Risse verursachte, ein tödlicher Flugzeugunfall in Brasilien, der Zusammenbruch einer Brücke in den USA. Die Häufigkeit all dieser tragischen Katastrophen verschiedenster Art nimmt zu. Dabei haben sie alle die gleichen grundlegenden Ursachen. Während die Medien jedes Mal so tun, als ob es sich um etwas Unumgängliches handelte und uns jedes Mal ekelhafte Lügen auftischen, ist tatsächlich aber das kapitalistische System mit seinen Rentabilitätsgesetzen, dem Konkurrenzkampf und seiner verrückten Jagd nach Profiten der Hauptschuldige dieser Desaster: Billigproduktion, Verschleiß von Maschinen, Vernachlässigung der Infrastruktur, Überausbeutung der Arbeitskräfte und Menschenverachtung allerorten.

Eine Gift versprühende Produktionsweise, die überall den Tod sät

 

In der Westukraine, in der Nähe der an der polnischen Grenze gelegenen Stadt Lemberg, entgleisten am 16. Juli 15 Kesselwagen mit gelbem Phosphor, das leicht entzündlich und sehr giftig ist. Bei den völlig veralteten Waggons, die schon vor fünf Jahren aus dem Verkehr gezogen hätten werden müssen, waren Überdruckventile defekt. Sechs Kesselwagen, die mit dem für die Düngemittelherstellung bestimmten Phosphor beladen waren, schlugen leck. Es entwich eine giftige Wolke, die sich auf einem Gebiet von mehr als 86 km² ausdehnte. Davon waren mehr als 110.000 Einwohner betroffen. 16.000 Menschen mussten sich ärztlichen Untersuchungen unterziehen; 184 mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden, weil sie giftige Phosphordämpfe eingeatmet hatten. Einige von ihnen lagen drei Wochen später immer noch im Krankenhaus. Trotz der Verschmutzung des Bodens und der Luft wurden keine Evakuierungsmaßnahmen ergriffen; die einheimische Bevölkerung wurde sich selbst überlassen. Man versicherte, die Gase würden sich ohne irgendwelche Schäden in die Atmosphäre zerstreuen, und ein Sprecher des zuständigen Ministeriums behauptete, „die Lage sei unter Kontrolle“ und berge keinerlei Gefahren. Aber diese Aussagen wurden schon bald durch die Wirklichkeit widerlegt: Phosphorreste gerieten selbstständig in Brand, nachdem sie am 3. August mit Luft in Berührung gekommen waren, wodurch erneut eine Gefährdung der Bevölkerung (Atemwege wie Gehirn) entstand. Man kann sich ein Bild vom Ausmaß des Risikos machen, wenn man berücksichtigt, dass allein in einem Land wie der Ukraine jährlich ca. 50 Millionen Tonnen Güter, davon 70% Gefahrengut wie Chlor, Stickstoff, Ammoniak und Öl auf der Schiene befördert werden. In der Umgebung von Lemberg stieß eine Lokomotive an eben jenem 3. August auf drei mit Öl beladene Kesselwagen. Dadurch entstand ein Brand ganz in der Nähe einer Raffinerie und eines Malereibetriebes. Eine Woche zuvor war im gleichen Bahnhof schon ein Zug entgleist und mit anderen Waggons zusammengeprallt.

 

In Japan kam es bereits am 16. Juli in der Gegend von Niigata im Nordwesten des Landes zu einem Erdbeben mit der Stärke von 6.8 auf der Richterskala. Während die Zahl der Opfer des Bebens (9 Tote, ca. 1000 Verletzte, mehr als 500 zerstörte Privathäuser wie 300 Wohnblocks) weit unter denen des Bebens vom 17. Januar 1995 liegt (6400 Tote, 40.000 Verletzte, 200.000 zerstörte Wohnungen), wurde jedoch in diesem Jahr ein Transformator im größten Kernkraftwerk der Welt, Kashiwazaki Kariwa, in Brand gesetzt. Nachdem zunächst der Betreiber des AKWs, Tokyo Electric Power Co. (Tepco), behauptet hatte, dass das Beben keine Auswirkungen auf das AKW gehabt habe und jegliche Risse geleugnet worden waren, verkündete man erst Stunden später das Austreten von 1.200 Litern verseuchten Wassers. Später berichtete die Presseagentur Kyodo von ca. 100 undichten Stäben mit Austritt von verseuchtem Material. Das Institut zur Überwachung von Atomanlagen und nuklearer Sicherheit (URSN) hat jüngst nicht weniger als 67 Unregelmäßigkeiten beim Betrieb des AKWs festgestellt. Tepco und ein konkurrierendes Unternehmen hatten bereits eingestanden, vor einigen Monaten eine Vielzahl von Störfällen verschwiegen zu haben. Die japanische Regierung beteuerte jedoch weiter, dass der Austritt keine Auswirkungen auf die Umwelt gehabt habe. Auch haben einige „Wissenschaftler“ versichert, es bestünde keine Gefahr für die Bevölkerung. „Ich glaube, die AKWs können nur betrieben werden mit dem Vertrauen der Bevölkerung“, erklärte zynischerweise Premierminister Shinzo Abe den Journalisten. „Persönlich denke ich, dass ein AKW der sicherste Ort bei einem Erdbeben ist“, übertrieb unerschütterlich ein berühmter Professor, Spezialist für Nuklearenergie am Tokioter Institut für Technologie (1).

 

Zurzeit sind 13 andere AKWs im Bau befindlich, und die japanischen Behörden haben keine Absicht, auf eine Energieform zu verzichten, die 30-40% des nationalen Elektrizitätsbedarfes liefert. Doch die Regierung musste sich dazu entschließen, das AKW auf unbestimmte Zeit zu schließen (Mindestdauer: ein Jahr), und die AIEA musste diese Entscheidung akzeptieren. Das Risiko beschränkt sich nicht auf Japan und auch nicht auf mögliche Erdbeben. Ende Juni hat ein Vorfall im AKW Krümmel in Norddeutschland Aufsehen erregt, weil eine Pumpe am Wasserreservoir des Reaktors defekt war und nach und nach eine Reihe von Störfällen bei der  Brandüberwachung des Reaktors an die Öffentlichkeit durchsickerten, wodurch ein neuer Streit über die Zukunft des Atomstroms entbrannte. Das Gespenst eines neuen Tschernobyls taucht überall auf (2).

 

Hinzu kommt eine aktuelle Untersuchung der Weltbank, die von 350.000 bis 400.000 Toten pro Jahr allein in China ausgeht, die Opfer der Luftverschmutzung werden (darunter 30.000 Kinder). Zusätzlich sterben 300.000 Menschen aufgrund der schlechten Lüftung in den Gebäuden, der Werkstätten und der Fabriken (ohne die Folgen der schlechten Arbeitsbedingungen und ohne den Umgang mit gefährlichen Produkten zu berücksichtigen). Auf dem Lande geht man von 60.000 Toten pro Jahr aufgrund verschmutzten Wassers aus.

 

Der Kapitalismus ist eine Katastrophe für die Menschheit

 

Am 1. August brach eine Brücke über den Mississippi in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota zusammen. Etwa 50 Fahrzeuge stürzten ca. 20 m tief in den Fluss: 5 Tote, 79 Verletzte, ein Dutzend Vermisste. Die 160 m lange Brücke aus Stahl und Beton, auf der eine vor 40 Jahren gebaute achtspurige Autobahn verlief, war 2005 und 2006 untersucht worden; damals war kein Substanzfehler entdeckt worden. Aber seit 2005 war sie dennoch als ein Bauwerk mit Schäden eingestuft worden (3). Zum Zeitpunkt des Dramas, bei einsetzendem Berufsverkehr am Nachmittag, fanden Arbeiten am Stahlrahmen statt; aber der Verkehr war in keiner Form eingeschränkt worden. Gemäß den Angaben des örtlichen Straßenverkehrsamtes befuhren jeden Tag ca. 200.000 Fahrzeuge diese Brücke. Ein mit etwa 60 SchülerInnen besetzter Reisebus wäre um Haaresbreite in den Fluss gestürzt (4). Es gibt weitere 756 Brücken mit ähnlicher Stahlkonstruktion; davon werden allein 27% als in einem ebenso besorgniserregenden Zustand eingeschätzt wie die nun zusammengebrochene.

 

Die Gesetze des Profits, die unmittelbare Rentabilität und der gnadenlose Konkurrenzkampf zwischen den Staaten stellen gegenwärtig und in der Zukunft eine ständige Bedrohung für die Welt dar. Die Apostel des Fortschritts und der Zivilisation sind zu Hexenmeistern geworden. Sie sind die Hohepriester eines wahrlichen Totentanzes. Wir sind Zeugen eines schrecklichen Höllenspektakels um den Altar des dekadenten Kapitalismus, der Menschenleben total verachtet und seine Lohnsklaven den absurdesten und barbarischsten Ritualopfern ausliefert, die viel schlimmer und grauenhafter sind, als sie frühere Gesellschaften kannten.

 

Auch ein anderes Beispiel verdeutlicht dies. Am 17. Juli schoss ein Airbus der brasilianischen Fluggesellschaft TAM über die Landebahn des Flughafens von Sao Paulo, Congonhas, hinaus und raste über eine stark befahrene Straße in ein Wohnviertel, bevor er in einem Kerosinlager und einem Lager der TAM zum Stehen kam, die alle in Brand gerieten. Bilanz: mindestens 207 Tote - das größte Flugzeugunglück in der Geschichte Brasiliens!

 

Seit Jahren protestieren die Beschäftigten der brasilianischen Flughäfen gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen, denn aus Gründen der Kostenersparnis werden Flugzeuge kaum auf ihre Sicherheit geprüft, Billigkerosin wird en masse verwendet, verschlissenes Material nicht erneuert, der Flugverkehr nimmt immer mehr zu, und zudem werden immer mehr Techniker und Fluglotsen entlassen.

 

Erste Untersuchungen des Unglücks in Sao Paulo haben eine Reihe von Unregelmäßigkeiten aufgedeckt: die Landebahn war seit Jahren als notorisch gefährlich bekannt, weil sie auf Grund einer zu kurzen Landebahn, einer unzureichenden anschließenden Sicherheitszone und einem zu hohen Flugaufkommen nicht die nötigen Sicherheitsnormen erfüllte.

 

Reparaturarbeiten waren im Monat zuvor begonnen, aber noch nicht abgeschlossen worden. Dennoch war die Landebahn Ende Juni erneut in Betrieb genommen worden, obwohl noch nicht ausreichend Regenrinnen zum Abfließen des Regenwassers errichtet worden waren. Damals schon wurde die zu frühe Wiedereröffnung des Flughafens aus reinen Rentabilitätsgründen angeprangert. Vier weitere ähnliche Vorfälle (Abrutschen von der Landebahn) waren bereits in den letzten Monaten gemeldet worden. Als das Flugzeug am jenem 17. Juli landete, war die Landebahn aufgrund von heftigen Regenfällen vollständig vom Wasser überflutet. Am Vorabend des Unglücks hatte die Regierung sich geweigert, die Landebahn zu schließen, obwohl die Fluglotsen dies gefordert hatten. Zudem verfügte das verunglückte Flugzeug der TAM nicht über die Schubumkehr, die ein Abbremsen des Flugzeugs nach dem Aufsetzen auf der Landebahn ermöglicht. Der Fernsehsender Globo TV meldete, dass diese Ausrüstung eine Woche vor dem Unglück entfernt worden sei und dass das Flugzeug schon am Vorabend des Unfalls Schwierigkeiten beim Landen auf dieser Landebahn gehabt habe. Eine Aufnahme des Unglücks zeigt, dass das Flugzeug nach dem Aufsetzen ab einem gewissen Punkt beschleunigt worden ist. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Pilot versucht hat durchzustarten, nachdem er festgestellt hatte, dass er nicht mehr rechtzeitig zum Stehen kommen würde. Ein Verantwortlicher der Fluggesellschaft hatte jedoch versichert, dass die technischen Sicherheitsvorkehrungen ausreichten, selbst ohne die beiden Schubumkehrer zu fliegen. Aber 1996 hatte eine Störung der gleichen Art auf eben diesem Flughafen schon 99 Menschen das Leben gekostet.  Die Regierung hat offensichtlich versucht, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Landebahn Congonhas nicht infragegestellt werden darf. Sie wird alles unternehmen, um dem Piloten dafür die Schuld zuzuschieben“, äußerte der Vorsitzende einer Pilotenvereinigung. Tatsächlich versuchte man zwei Wochen nach dem Unglück in der offiziellen Untersuchung, dem Piloten die Schuld in die Schuhe zu schieben (6). Um sich gegen solche Gefahren und Arbeitsbedingungen zu wehren, waren die Fluglotsen Brasilias, Curitibas, Manaos und Salvadors am vergangenen 30. März spontan in den Streik getreten. Bevor sie den Flugverkehr lahm legten, in den Hungerstreik traten und sich vor Ort einschlossen, um Druck auf die militärische Führungsspitze der Luftfahrt auszuüben (in Brasilien ist ein Militärorgan für die Kontrolle des Luftverkehrs verantwortlich),  hatten sie in einem Manifest einen Aufruf an alle ArbeiterInnen verabschiedet:

 

Wir sind an die Grenzen des Unmenschlichen gelangt. Aufgrund der Bedingungen, unter denen wir arbeiten und wie wir behandelt werden, sind wir nicht mehr in der Lage, unsere für unser Land so wichtige Arbeit zu erledigen. Wir haben kein Vertrauen mehr in unsere Ausrüstung und auch nicht mehr in diejenigen, die uns regieren. Wir arbeiten, während man Gewehre auf uns richtet…“ 

 

Bereits Ende September 2006 waren bei einem Zusammenstoß zwischen einer Boeing und einem Geschäftsflugzeug in Mato Grosso 154 Menschen gestorben. Die Fluglotsen hatten schon mehrfach gestreikt, um gegen die Beschuldigungen der Regierung und der Militärführung  zu protestieren, weil diese sie für den Zusammenstoß verantwortlich gemacht haben. In ihrem Manifest wehren sich die Beschäftigten gegen diese Verleumdungen: „Sechs Monate nach dem Zusammenstoß vom 29. September gibt es kein positives Zeichen zur Lösung der bestehenden Schwierigkeiten. Im Gegenteil – die Schwierigkeiten nehmen nur zu. Als ob die technischen Schwierigkeiten und die schlechten Arbeitsbedingungen nicht schon reichen würden; stattdessen beschuldigt man uns der Sabotage, mit dem Ziel, so die Mängel des Systems zu vertuschen…“ Der Streik brachte die Empörung der Fluglotsen über die Reaktion der Regierung und der Militärführung zum Ausdruck, die zudem noch beschlossen haben, einige der Fluglotsen zu verhaften. Die Fluglotsen prangern mit ihren Streiks und ihrem Manifest die grenzenlose Heuchelei der gesamten brasilianischen Bourgeoisie und ihre Verantwortung für die Krise der Luftfahrt an, wobei sowohl die Linke, die heute in der Regierung sitzt, als auch die Rechte mitschuldig sind. Denn die Bourgeoisie versuchte auch zu verheimlichen, dass die Entfesselung der Konkurrenz unter den Fluggesellschaften, die Finanzpolitik der Kostensenkung, die Überbuchung von Maschinen, die Überfüllung des Luftraums, die Zunahme der Flugverbindungen zur Folge haben, dass der Flugverkehr und die Steuerung des Verkehrs unter immer extremeren Bedingungen stattfinden.

 

Heute sind die Bedingungen noch schlechter geworden. Sechs Tage nach dem Unfall von Congonhas haben ein Strom- und Generatorausfall erneut das Flugkontrollzentrum des Amazonas lahmgelegt. Infolgedessen wurden 10% der innerbrasilianischen Flüge gestrichen und dies wiederum  zwang die Fluglotsen unter noch prekäreren Bedingungen zu arbeiten.

 

Nur indem die Arbeiterklasse ihre Kämpfe ausbreitet, kann der wahre Verantwortliche all dieser Tragödien bei Namen genannt und bekämpft werden: die kapitalistische Gesellschaft.    Wim (10. 08. 07).

 

 

(1) Es stimmt zwar, dass die AKWs in Japan bei weitem am besten ausgerüstet sind für Erdbeben. In einem Land wie Frankreich gibt es einige AKWs, die in der Nähe von oder auf erdbebengefährdeten Breitengraden stehen (Elsass, PACA…) und ohne jeglichen Erdbebenschutz sind. Unvorstellbar, welchen Horror ein Erdbeben dort verursachen würde.

 

(2) Am 26. April 1986 war der Reaktor 4 des AKW Tschernobyl explodiert.  Radioaktiver Fallout wurden überall verbreitet. Dieser verursacht Schilddrüsenkrebs, der insbesondere die Bevölkerung in vielen Gebieten Weißrusslands, Russlands und der Ukraine heimsuchte. Man wollte uns damals Glauben machen, dass die radioaktiv verseuchte Wolke an den Blockgrenzen Halt machen würde, weil über den Azoren ein Sturmtief tobte. Später musste man zugeben, dass die Wolke über ganz Ost- und Westeuropa gezogen war. Offiziell schwankt die Zahl der Toten infolge des GAU von Tschernobyls zwischen 50.000 – 100.000. Aber der ehemalige Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, musste später eingestehen, dass mindestens sieben Millionen Menschen durch diese Katastrophe betroffen waren.

 

Auf dem Dach und der Umgebung des Reaktors wurden ca. 50 Einsatzkräfte in den ersten Tagen nach dem Vorfall beauftragt, die sehr radiaktiv verstrahlten Bauteile einzusammeln. Jeder Eingesetzte durfte nur 90 Sekunden arbeiten, um die Aufgabe zu erledigen. Dabei wurden sie sehr hohen Strahlungen ausgesetzt; sie verfügten kaum über Schutzausrüstung, die ohnehin nur ein Einatmen des radiaktiven Staubs verhindern sollte. Viele der Einsatzkräfte sind danach an Krebs erkrankt und in den nachfolgenden Jahren gestorben.

 

Man geht davon aus, dass ca. 350.000 „Entseuchungskräfte“, die aus der Armee, dem Personal des AKWs, der örtlichen Polizei oder der Feuerwehr stammten, in der Zeit von 1986-87 vor Ort bei den Entseuchungsmaßnahmen eingesetzt wurden. Ca. 240.000 der eingesetzten Kräfte, die nur 5 Minuten lang arbeiten durften, wurden während ihrer Arbeiten den höchsten Strahlenbelastungen in einem 30 km großen Umkreis des Reaktors ausgesetzt. Später kamen ca. 600.000 Menschen zum Einsatz. Unter dem Reaktor drohte die Betonplatte zu brechen. Daraufhin wurden Zehntausende Bergarbeiter aus der Umgebung Moskaus und des Donbass herbeigeholt, um einen Tunnel bis unter den Reaktor zu legen, um dort weitere Stützungsmaßnahmen vorzunehmen. Die Bergarbeiter arbeiteten aufgrund der hohen Hitze und der hohen radioaktiven Strahlung unter schwierigsten Bedingungen. Ein mit Helium gefülltes Kühlsystem sollte dort errichtet werden, um die Platte zu kühlen. Ihre Opfer waren letztlich umsonst, denn das Kühlsystem wurde nie in Betrieb genommen. Stattdessen wurde ein Sarkophag aus Beton darüber gegossen. Seit einigen Jahren hat man in eben diesem Sarkophag Risse festgestellt. Aber weder die Ukraine noch Russland noch irgendjemand anderes möchte neue Risiken eingehen und vor allem die hohen Kosten für notwendige Reparaturarbeiten übernehmen. Heute will man uns eintrichtern, diese Tragödie sei eine Ausnahme aufgrund der Rückständigkeit Osteuropas gewesen, die auf die dort eingesetzte Technologie und der mangelnden Wartungsarbeiten zurückzuführen sei, die für die stalinistische Ära typisch seien. Angeblich bestünden für die hoch entwickelten Staaten des Westens keine solchen Risiken. Aber die Risse im AKW in Japan sowie der Unfall in Three Mile Island in den USA beweisen das Gegenteil. Diese Risiken bestehen überall auf der Welt.

 

(3) Eine ähnliche Untersuchung berichtete auch über ca. 60 „schadhafte“ und „risikoreiche“ Staudämme in einem Land wie Frankreich.

 

(4)Zum gleichen Zeitpunkt wurden andere „Unglücke“, deren Konsequenzen noch dramatischer hätten sein können, noch so gerade vermieden. Wie z.B. die Havarie eines Gasrohres mitten in Manhattan am 18. Juli an der Kreuzung Lexington Avenue und 41. Straße, ganz in der Nähe der Central Station. Sie rief eine große Panik hervor, denn aufgrund der Druckwelle befürchtete die Bevölkerung einen neuen terroristischen Anschlag wie den vom 11. September 2001. Ein Mensch starb infolge eines Herzinfarktes, ca. 30 weitere wurden verletzt. Die 60 cm dicke, 1924 gelegte  Leitung sei aufgrund von Hitze zerborsten. Der Bürgermeister befürchtete die eventuelle Freisetzung von Asbest. In New York gibt es überall veraltete Rohre. Es nimmt daher nicht Wunder, dass es in den letzten 20 Jahren immer wieder zu Rohrbrüchen aller Art gekommen ist. Und am 29. Juli brannte es in einer Pariser U-Bahn auf einer der am stärksten befahrenen Linien. Ca. 150 Reisende, die sich in einer U-Bahn-Station befanden, atmeten giftige Gase ein. 35 Menschen mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Ein völlig verschlissener, in Brand geratener Bremsklotz war die Brandursache. Die Zahl der Opfer hätte viel höher sein können, wenn nicht das Unglück an einem Sonntagmorgen (also mit einem geringeren Passagieraufkommen) stattgefunden hätte. Dieses Beispiel zeigt, von welchen Gefahren die Menschen auf der Welt ständig bedroht sind.

 

(5) Dies ist nicht das erste Flugzeugunglück, bei dem eine Maschine in ein Wohngebiet raste oder stürzte (1969 starben in Venezuela 163 Menschen, 1992 in einem Amsterdamer Vorort 52 Menschen, 2000 gab es einen Absturz einer Concorde auf einem Pariser Flughafen)

 

(6) Die Hypothese „menschliches Versagen“ in solchen Fällen war nicht überraschend in Anbetracht der Arbeitsbelastung und den Bedingungen, unter denen die Piloten meistens Inlandsstreckenflüge mit Hin- und Rückflügen an einem Tag durchführen müssen, wobei gerade mal eine Stunde Pause eingeplant wird, während derer die Maschinen aufgetankt und gewartet werden.

 

 

 

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