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Vom 14. – 16. Dezember 2007 fand die 12. Linke Literaturmesse in Nürnberg statt. Veranstaltet wird dieses Ereignis von dem Archiv und der Bibliothek Metroproletan sowie dem Gostenhofer Literatur- und Kulturverein Libresso in Nürnberg (www.linke-literaturmesse.org). Dort finden jährlich Veranstaltungen, Buchvorstellungen, Lesungen sowie natürlich eine Verkaufsmesse statt. Die IKS hat sich in diesem Jahr vor allem deshalb daran beteiligt, um ihr soeben auf Deutsch erschienenes Buch über die Italienische Kommunistische Linke bekannt zu machen. Wir nutzten unsere Anwesenheit, um uns an den vor Ort stattfindenden Diskussionen zu beteiligen. Es wurden teilweise sehr interessante neue Bücher vorgestellt, und es fand ein anregender Meinungsaustausch nicht nur auf den Veranstaltungen und Buchvorstellungen statt, sondern auch an den Büchertischen und anderswo. Wir wollen an dieser Stelle ein Echo der Diskussionen wiedergeben, wobei wir über unsere eigene Veranstaltung – auf der wir unser neues Buch vorgestellt haben – gesondert berichten werden.
Demokratie und Reformismus
Da wir erst am Samstagmorgen anwesend sein konnten, bekamen wir die Vorstellung der Ulrike Meinhof-Biografie von Jutta Ditfurth am Freitag Abend nicht mit. Da wir außerdem unseren Büchertisch betreuen mussten, war die Buchvorstellung Kapitalismus versus Barbarei mit dem Autor Michael Klundt (Hrg.) am frühen Nachmittag die erste Veranstaltung, die wir besuchen konnten. Der Autor, ein Vertreter der Linkspartei, wies auf die faktische Entwicklung der Barbarei in der modernen Welt hin. So z.B. auf die geschätzten 6.000 Menschen, die im vergangenen Jahr bei dem verzweifelten Versuch, von Afrika aus die Kanarischen Inseln und somit das Territorium der Europäischen Union zu erreichen, ertrunken waren. Er schien einseitig die „neoliberalen“ Vertreter der Bourgeoisie dafür verantwortlich zu machen. Bezug nehmend auf eine Formulierung Hitlers, derzufolge die wirtschaftliche Form, welche am besten der politischen Institution der Demokratie entspreche, der Kommunismus sei, deutete er an, dass das Großbürgertum seit 1989 der parlamentarischen Demokratie überdrüssig geworden sei und nach Wegen suche, sich dieser zu entledigen. Vor diesem Hintergrund behauptete er, dass selbst die banalsten Reformprojekte der „Linke“ gegenwärtig eine neue Brisanz gewännen. Wir erwiderten darauf, dass es keine Anzeichen einer solchen Entwicklung gibt. Vielmehr haben die Jahrzehnte nach der Niederlage Hitlerdeutschlands dem „Westen“ zu Genüge bewiesen, dass die Demokratie die ideale Herrschaftsform des modernen Kapitalismus liefert und dass die herrschende Klasse gerade heute, in Zeiten steigender Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse, dieses Mittel der sozialen Kontrolle nicht aus der Hand geben wird. Was den angeblich fortschrittlichen Reformismus der „Linke“ betrifft, so wollten wir wissen, ob der Autor auch die SPD-PDS-Koalition in Berlin dazu zähle. Darauf antwortete er, wie die Anderen auch, mit der Behauptung, dass die Vorläuferregierung an allem Schuld sei. Die Diskussion endete mit der Erörterung der Frage, ob Reformen im heutigen Kapitalismus überhaupt möglich sind.
Islamismus und westlicher Imperialismus
Der deutsche Journalist Marc Thörner hat seine Erfahrungen als Reporter an der Kriegsfront im Irak oder auch als Beobachter einer Reihe „islamischer“ Länder in Buchform verarbeitet (Der falsche Bart). In seinem Vortrag thematisierte er die Rolle des Westens gegenüber islamistischen Gruppen wie die GIA in Algerien. Er legte dar, wie die Regierung in Algier, mit Unterstützung Frankreichs, die terroristische GIA - eine Abspaltung der ebenfalls islamistischen FIS – instrumentalisierte, um an der Regierung zu bleiben. Auch wies er darauf hin, wie führende islamistische Theoretiker aus bürgerlichen Ideologien des Westens geschöpft haben, vornehmlich aus den antimodernen und antimaterialistischen Strömungen Europas. Am Beispiel Tunesiens zeigte er auf, wie auch Deutschland im Namen des „Kampfes gegen den Terrorismus“ Folterregimes unter die Arme greift und die dortigen Polizeikräfte auch noch ausbildet. Was die Lage im Irak betrifft, so erläuterte er den Strategiewechsel der USA im Irak, die im „sunnitischen Dreieck“ inzwischen auf die alten Baathisten aus dem Umfeld des inzwischen hingerichteten, ehemaligen Diktators Saddam Hussein setzen. In der Diskussion wies die IKS auf die wachsenden sozialen Spannungen in diesem Teil der Welt hin, welche in den offiziellen Medien verschwiegen werden. Wir erwähnten die Streikbewegungen in Ägypten oder Dubai, die Wut der Bevölkerung im Irak auf die angeblich „eigenen“ Terrorgruppen, aber auch die Unzufriedenheit vieler amerikanischer Soldaten im Irak. Letzteres bestätigte Thörner. Dabei sagte er, dass der schlimmste Kriegstreiber in der US-Armee vor Ort nicht einmal das Offizierskorps sei, sondern die Militärgeistlichkeit.
RAF und Antisemitismus
Joachim Bruhn und Jan Gerber vom Verlag ça ira (Freiburg im Breisgau) stellten ihr Buch vor: Rote Armee Fiktion. Sie begannen mit einer Einschätzung des Buches von Ditfurth über Ulrike Meinhof, das das „Niveau der Bunte“ (eine deutsche Klatschzeitschrift) habe und das Wesentliche an Meinhof übersehen habe: dass sie politisch ungebildet gewesen und mehr oder weniger zufällig in die Illegalität abgerutscht sei. Ebenso entschieden wandten sich Bruhn und Gerber gegen die von den Medien und der politischen Klasse betriebenen Glorifizierung der Opfer des Terrors. Obwohl Attentate zum Berufsrisiko der Manager und Politiker gehören wie die Staublunge zum Bergarbeiter, habe man noch nie von einer öffentlichen Würdigung des Leidens Letzterer gemerkt. Zu Recht verwiesen die Autoren auf die Sinnlosigkeit terroristischer Anschläge sowie auf ihre Verwurzelung im Unverständnis, dass nicht die Führer, die lediglich „Charaktermasken“ des Kapitals sind, sondern die Funktionsweise des Systems das Grundproblem darstellt. Der geplante Brandanschlag der RAF auf ein Kaufhaus in Frankfurt wurde als Beispiel für den kleinbürgerlichen, vom protestantischen Moralismus beeinflussten Moralismus Meinhofs und ihrer Umgebung genannt: Sie predigten Askese, Reinheit und Lustfeindlichkeit, anstatt zu begreifen, dass es darum geht, Luxus und das schöne Leben allen Menschen zu ermöglichen. Auch die autoritäre Staatsgläubigkeit der RAF wurde anhand des Hangs dieser Gruppe thematisiert, sich gegenüber der Bundesregierung als „Gegenstaat“ aufzuspielen. Unter Hinweis auf die Tradition des Rätekommunismus Anton Pannekoeks und Cajo Brendels wurde auch der „Leninismus“ der RAF kritisiert. Gemeint ist damit die Vorstellung, dass dem Proletariat revolutionäres Bewusstsein von Außen, durch linke Intellektuelle, „vermittelt“ werden müsse. Vor allem wurden die antisemitischen Tendenzen der RAF (Anschläge auf jüdische Einrichtungen, Parteinahme für „die Palästinenser“ im Nahostkonflikt, Begrüßung des Anschlags gegen israelische Sportler bei den Olympischen Spielen von 1972 in München u.a. durch Ulrike Meinhof) thematisiert und ebenso verurteilt wie ihr positiver Bezug auf die deutsche Nation als ein angeblich vom amerikanischen Imperialismus zu befreiendes Subjekt. Es wurde aufgezeigt, wie diese reaktionären Vorstellungen mehr oder weniger zum Allgemeingut der damaligen linken, „antiimperialistischen“ Szene gehörten und zum Teil noch gehören. In unserer Wortmeldung unterstützten wir viele Aussagen in beiden Referaten. Was die Rolle des Antisemitismus betrifft, so hat bereits Trotzki darauf hingewiesen, wie dieser wesentlich zum System des Stalinismus gehörte und zur Stabilisierung des eigenen Regimes zielstrebig eingesetzt wurde. Aber auch wenn August Bebel mit seiner Bezeichnung des Antisemitismus als „Sozialismus des dummen Kerls“ die davon ausgehende Gefahr unterschätzte, so war die marxistische Arbeiterbewegung in Deutschland zurzeit der Antisozialistengesetze nicht antisemitisch, sondern der Vorkämpfer dagegen. Erst die Niederlage der Weltrevolution ermöglichte den Vormarsch des Nationalismus und des Rassismus vor allem mit dem Sieg der stalinistischen Konterrevolution. Was die Bezugnahme auf den Rätekommunismus betrifft, so haben wir darauf hingewiesen, dass für den damaligen „Rätekommunismus“ wie für die Kommunistische Linke insgesamt das wirklich bedeutende und zukunftsweisende Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre weder die RAF noch die Studentenbewegung war, sondern das Wiederauftauchen wilder, illegaler, außergewerkschaftlicher und oft antigewerkschaftlicher Kämpfe der Arbeiterklasse. Wir betonten die Wichtigkeit der Wiederaneignung der Lehren dieser Kämpfe gerade heute, im Vorfeld erneuter größerer Arbeiterkämpfe. Diese Wortmeldung löste eine heftige Reaktion Joachim Bruhns aus. Die positive Bezugnahme der Kommunistischen Linken auf die Arbeiterklasse und ihre Kämpfe teile er keineswegs. Die Nazizeit habe in Deutschland eine Volksgemeinschaft zustande gebracht, einen die Kapitalisten und die Arbeiterklasse einschließenden Mob erzeugt, welcher bis heute Bestand habe. So sei für ihn jede positive Bezugnahme auf Arbeiterkämpfe und Arbeiterforderungen ausgeschlossen. An dieser Stelle mussten wir die Veranstaltung verlassen, um unsere eigene abzuhalten. Wir waren aber dankbar für diese Klarstellung. Sie macht deutlich, dass das Milieu der sog. Antideutschen (zu dem ça ira und Bahamas gehören), sofern es die Unterstützung eines imperialistischen Lagers gegen ein anderes (jenes Israels und der USA im Nahostkonflikt) zur Leitlinie seiner Politik macht, nichts zu tun haben kann mit der Tradition eines Anton Pannekoek oder Cajo Brendel, welche sich internationalistisch auf die Seite des Proletariats gegen alle imperialistischen Lagern gestellt haben.
In der Scheiße leben
Ingrid Scherf stellte das lesenswerte Buch von Mike Davis über die Explosion der Megacities vor: Planet der Slums. Davis zieht Parallelen zwischen der Schilderung der Lage der arbeitenden Bevölkerung im Frühkapitalismus durch Friedrich Engels (Die Lage der Arbeiterklasse in England) und das Leben eines Großteils der Menschheit heute. Die Exkremente von fünf Milliarden Menschen werden entweder unbehandelt entsorgt oder nicht einmal das – so dass die Menschen mitten drin leben müssen. Eine Stadt wie Kinshasa in Zentralafrika, welche bald zehn Millionen Einwohner haben wird, verfügt über gar kein Abwassersystem. Davis spricht ein Thema an, welches aus Sicht des Marxismus zu den Grundproblemen der Klassengesellschaft gehört, die eine künftige kommunistische Gesellschaft lösen muss: der wachsende Widerspruch zwischen Stadt und Land. So war es wichtig, dass ein Teilnehmer der Diskussion auf die Notwendigkeit verwies, den Zustrom vom Lande in die Stadt umzukehren. Ingrid Scherf wiederum antwortete darauf, dass dies unmöglich sei, ohne die Ursachen der Landflucht wie die Verarmung der Kleinproduzenten, ihre Vertreibung zugunsten von Weltmarktplantagen, Bürgerkriege usw. zu beseitigen. So entwickelte sich eine Diskussion über die Frage, inwiefern die Slums von heute eine Barriere für die Entwicklung künftiger Kämpfe darstellen aufgrund von Zerfallserscheinungen wie Bürgerkriege, Kriminalität und Bandenwesen, und inwiefern andererseits ein multinationales erwerbstätiges wie auch erwerbsloses Proletariat auch dort entsteht, ohne Vaterland und ohne dass es etwas zu verlieren hat, das sich an einem weltweiten revolutionären Ansturm der Zukunft beteiligen könnte. Es wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Slumgesellschaften weder als homogene noch als passiv-hilflos auf Almosen angewiesene Gemeinschaften zu betrachten. Beispiele wurden gegeben von Kämpfen der Bewohner für den Anschluss an den öffentlichen Verkehr und an andere Infrastrukturen – nicht zuletzt um zur Arbeit gelangen zu können. Dies weist auf die Rolle der lohnarbeitenden, proletarisierten Schichten in diesen Teilen der Welt und der Gesellschaft hin. Auch wurde thematisiert, dass aufgrund der Erwerbslosigkeit der Männer zunehmend Arbeiterfrauen aktiviert werden. Schließlich regte eine junge Teilnehmerin ein Nachdenken über die Slumentwicklung in den kapitalistischen Metropolen an. Dies veranlasste Ingrid Scherf zu der Bemerkung, dass beispielsweise in New York die schlimmsten Elendsviertel inzwischen abgetragen worden sind, ohne dass Klarheit darüber herrsche, was aus ihren einstigen Bewohnern geworden sei.
Die Macht des Geldes
Theo Wentzke vom GegenStandpunkt Verlag stellte sein Buch Das Geld vor. Wir werden seine langen und aus unserer Sicht korrekten und interessanten Ausführungen dazu nicht wiedergeben. Sein Buch ist lehrreich und lesenswert. Man kann das alles natürlich auch bei Marx im Kapital nachlesen. Nachteilig an dieser Buchvorstellung wie auch an der von ça ca ira oder von Robert Kurz (worauf wir gleich zu sprechen werden) war, dass die Einleitungen fast die gesamte vorgesehene Zeit ausfüllten (eine Stunde). Bei der Veranstaltung zur RAF wurde eine Diskussion nur dadurch ermöglicht, dass der Raum am Abend nicht mehr gebraucht, somit die Zeit überzogen werden konnte. Diese Unart erinnert an die Uni, wo der Professor lehrt und die Schüler zuhören, um zu lernen (oder auch nicht). Es entspricht keineswegs dem kollektiven Charakter der Arbeiterklasse, deren Bewusstseinsentwicklung grundsätzlich nur kollektiv vonstatten geht.Somit konnten auch hier am Ende nur wenige kurze Fragen gestellt werden. Ein Genosse vom rätekommunistischen Kreis Revolution Times widersprach zu Recht unter Hinweis auf die Lohnarbeit, Warenproduktion und Geldwirtschaft, Ausbeutung und Entfremdung der Produzenten von ihrem Produkt und ihr Ausschluss von der Bestimmung über die Produktion der Behauptung Wentzkes, derzufolge in den stalinistischen Ländern kein Kapitalismus geherrscht habe. Die IKS wiederum wies darauf hin, dass der Vortrag wesentliche Folgen der kapitalistischen Geldwirtschaft außer Acht gelassen hatte, welche für Marx zentral waren, insbesondere die Überproduktionskrise und die Verarmung des Proletariats aufgrund der Entwicklung der Massenarbeitslosigkeit (industrielle Reservearmee resp. „Surplusbevölkerung“). Wentzke erklärte, diese Aspekte seien nur wegen Zeitmangels nicht angesprochen wurden. Eine Aussage, die wir bemerkenswert finden. Wir haben ganz andere Veranstaltungen von GegenStandpunkt erlebt, wo die Idee der Überproduktionskrise als Blödsinn abgekanzelt wurde. Denn die Frage der Krise stellt die Frage des Klassenkampfes und die Notwendigkeit der Revolution – Fragen, mit denen GSP bislang nichts zu tun haben wollte.
Die Frage der „nachholenden Modernisierung“
Unter dem Titel „Kapitalismuskritik light“ stellte Robert Kurz kein neues Buch vor, sondern einen neuen Arbeitskreis: Exit, der sich von Krisis abgespalten hat. Diese Gruppe treibt u.a. die Frage an: Was war das 1989 zusammengebrochene System im Osten? Was war die damit verbundene „alte“ Arbeiterbewegung? Seine Antwort: ein Prozess der „nachholenden Modernisierung“. Soll heißen: anstatt antikapitalistisch zu sein, hat die alte Arbeiterbewegung, haben Gewerkschaften, Sozialdemokratie sowie der „Kommunismus“ des Ostblocks dem Kapitalismus den Weg gebahnt. Einige Altstalinisten empörten sich über die Idee, dass die Ostblockstaaten nicht sozialistisch gewesen seien, und meinten, mit dieser Behauptung verabschiede man sich überhaupt von der Idee des Sozialismus. Die Kritik der IKS setzte an einer ganz anderen Stelle an. Wir begrüßten die Feststellung, dass die Ostblockländer nicht sozialistisch, sondern kapitalistisch waren. Zugleich äußerten wir die Befürchtung, dass der Begriff der nachholenden Modernisierung zu einer Beschönigung des Stalinismus führen könnte. Denn aus unserer Sicht ist der Stalinismus nicht nur kein Sozialismus gewesen, sondern nicht einmal eine fortschrittliche Entwicklung des Kapitalismus oder eine Tendenz zum Kapitalismus, sondern die Konterrevolution gegen die proletarische Weltrevolution. Das Wesen des Stalinismus war die Vorstellung des „Sozialismus in einem Land“, d.h. der Glaube an die Möglichkeit einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung durch eine Abkoppelung vom Weltmarkt (Autarkie). Damals führten die Marxisten zwei Hauptargumente gegen diese Auffassung an. Zum einen zeigten sie auf, dass der Sozialismus in einem Land unmöglich ist, da der Kapitalismus ein Weltsystem ist und nur als solches überwunden werden kann. Zum anderen wiesen sie darauf hin, dass nicht nur der Sozialismus, sondern selbst eine fortschrittliche Entwicklung des Kapitalismus in einem Land – also abgetrennt vom Weltmarkt – unmöglich, ja eine reaktionäre Utopie darstellt. Das Scheitern des Stalinismus wie auch anderer Autarkiemodelle - wie des Kemalismus in der Türkei - hat in den letzten Jahren diese Aussagen bestätigt.In seiner Erwiderung behauptete Robert Kurz, diese von uns vertretene Argumentationslinie führe geschichtsphilosophische Begriffe wie „fortschrittlich“ oder „reaktionär“ in die Diskussion ein, welche aus der Zeit der Aufklärung und von Hegel stammen und heute fragwürdig geworden sind. Darauf entgegneten wir, dass die Vorstellung, wonach der Kapitalismus, wie jede andere Produktionsweise, nach einer Phase der Förderung der Entwicklung der Gesellschaft zu einer Fessel dieser Entwicklung wird, nicht von Hegel stammt, sondern zu den Grundlagen des zuerst von Marx entwickelten historischen Materialismus gehört. Aufgrund von Zeitmangel konnte jedoch diese Diskussion leider nicht fortgeführt werden.Abgesehen von dieser Frage konzentrierte sich der Vortrag von Kurz im Wesentlichen auf eine Kritik an anderen gängigen „linken“ Auffassungen, die er als „Kapitalismuskritik light“ bezeichnete. Dabei ging er wesentlich behutsamer vor als ein Vertreter der „Antideutschen“, der die „Globalisierungsgegner“ von Heiligendamm undifferenziert als „antisemitischen Mob“ bezeichnete. Was allerdings Kurz wie viele andere „Marxologen“ aus unserer Sicht kennzeichnet, ist, dass sie nichts als Kritik und keine Perspektiven anzubieten haben. Dabei rührt der Reichtum beispielsweise der von Marx entwickelten Kritik an der „politischen Ökonomie“ gerade daher, dass er den Kapitalismus vom Standpunkt seiner Überwindung aus betrachtete – vom Standpunkt des Kommunismus. Dez 2007,