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Im ersten Artikel dieser Serie zur Umweltfrage, der auf unserer Webseite und in der Internationalen Revue Nr. 41 veröffentlicht wurde, haben wir eine Bestandsaufnahme gemacht und versucht, das Wesen der Gefahr herauszuarbeiten, vor der die ganze Menschheit steht. Zu den bedrohlichsten Erscheinungen auf dem ganzen Erdball gehören:
- Die Zunahme des Treibhauseffektes
- Die enorme Müllproduktion und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für dessen Entsorgung
- Die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen und die Tatsache, dass diese von Umweltverschmutzung bedroht sind.
Wir setzen die Artikelserie mit diesem zweiten Artikel fort. Wir wollen aufzeigen, dass die Umweltprobleme nicht die Schuld irgendeiner Einzelperson oder bestimmter Unternehmen sind, die Umweltschutzgesetze nicht respektieren würden – obgleich man natürlich auch von der Verantwortung Einzelner oder einzelner Betriebe sprechen muss –, sondern dass der Kapitalismus mit seinen Gesetzen der Profitmaximierung der wahre Verantwortliche ist.
Anhand einer Reihe von Beispielen wollen wir versuchen aufzuzeigen, auf welcher Ebene die spezifischen Mechanismen des Kapitalismus die ausschlaggebenden Probleme der Umweltverschmutzung hervorrufen, unabhängig vom Willen irgendeines Kapitalisten. Die weit verbreitete Auffassung, der zufolge der heute erreichte wissenschaftliche Fortschritt uns immer besser vor Naturkatastrophen schützen und entscheidend dazu beitragen könnte, Umweltprobleme zu vermeiden, werden wir verwerfen. Anhand einiger Zitate von Amadeo Bordiga werden wir aufzeigen, dass die moderne kapitalistische Technologie keinesfalls gleichzusetzen ist mit Sicherheit, und dass die Entwicklung der Wissenschaft und der Forschung nicht von der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse geleitet wird, sondern den kapitalistischen Erfordernissen der Realisierung des größtmöglichen Profits unterworfen ist. Diese unterliegen den Gesetzen des Kapitalismus, der Konkurrenz und den Regeln des Marktes – und wenn notwendig – auch den Erfordernissen des Krieges. Im dritten und letzten Artikel wollen wir dann auf die Lösungsvorschläge der verschiedenen Bewegungen der Umweltschützer usw. Eingehen, um deren völlige Wirkungslosigkeit ungeachtet des guten Willens der meisten Umweltschützer aufzuzeigen und zu verdeutlichen, dass aus unserer Sicht nur die kommunistische Weltrevolution eine Lösung bringen kann.
Die Identifizierung des Problems und seiner Ursachen
Wer ist für die verschiedenen Umweltkatastrophen verantwortlich? Die Beantwortung dieser Frage ist von größter Wichtigkeit, nicht nur aus ethischer und moralischer Sicht, sondern auch und vor allem weil die richtige oder falsche Identifizierung der Ursachen des Problems entweder zur richtigen Lösung des Problems oder in eine Sackgasse führen kann. Wir werden zunächst eine Reihe von Gemeinplätzen, falschen Antworten oder nur teilweise richtigen Antworten besprechen, von denen es keiner gelingt, die wirkliche Ursache und den Verantwortlichen für die heute wachsende Umweltzerstörung zu identifizieren. Wir wollen im Gegenteil zeigen, in welchem Maße diese Dynamik keine gewünschte oder bewusste, sondern eine objektive Folge des kapitalistischen Systems ist.
Das Problem wäre nicht so schwerwiegend, wie man uns glauben machen will.
Heute stellt sich jede Regierung jeweils "grüner" dar als alle anderen. Die Aussagen der Politiker, die man jahrzehntelang hören konnte, haben sich geändert. Aber diese Einschätzung ist immer noch eine klassische Position der Unternehmer, die gegenüber einer Gefahr, welche Arbeiter, die Bevölkerung oder die Umwelt bedroht, ganz einfach dazu neigt, die Tragweite des Problems herunterzuspielen, weil Maßnahmen für die Sicherheit am Arbeitsplatz bedeutet, mehr Geld auszugeben und aus den Arbeitern weniger Profit herauszupressen. Dies wird jeden Tag ersichtlich anhand der Hunderten von Toten, die tagtäglich auf der ganzen Welt auf der Arbeit sterben, was den Aussagen der Unternehmer zufolge nur als einfache Fatalität angesehen werden soll, obwohl es sich in Wirklichkeit um ein echtes Produkt der kapitalistischen Ausbeutung der Arbeitskraft handelt.
Das Problem besteht, aber seine Wurzeln sind umstritten
Der große Müllberg, der von der gegenwärtigen Gesellschaft produziert wird, wäre einigen Erklärungen zufolge auf „unseren“ Konsumrausch zurückzuführen. Tatsächlich aber haben wir es mit einer Wirtschaftspolitik zu tun, die zur Förderung von Wettbewerbsvorteilen beim Verkauf von Waren seit Jahrzehnten danach strebt, Kosten zu senken, indem ungeheure Mengen nicht abbaubares Verpackungsmaterial verwendet werden[1].
Anderen zufolge wäre die Umweltverschmutzung des Planeten die Folge eines mangelnden Bürgersinns, dem gegenüber man reagieren müsse, indem man Kampagnen zur Säuberung von Stränden, Parks usw. anleiert, um so die Bevölkerung besser zu erziehen. Aus gleicher Perspektive beschuldigt man einen Teil der Regierungen unfähig zu sein, die Anwendung der Gesetze im Schiffsverkehr usw. zu überwachen. Oder auch die Mafia und ihr Handel mit verseuchtem Müll werden herangezogen, als ob die Mafia diesen produzieren würde und nicht die Industrie, welche zum Zweck der Kostensenkung bei der Produktion auf die Mafia zurückgreift, um ihre schmutzigen Geschäfte zu verrichten. Industrielle seien tatsächlich schuld, aber nur die schlechten unter ihnen, die Habgierigen.
Als ein Vorfall bekannt wurde wie der Brand bei Thyssen Krupp in Turin im Dezember 2007, bei dem sieben Arbeiter aufgrund der Nichtbeachtung der Sicherheitsnormen und des Brandschutzes ums Leben kamen, kam es auch unter Industriellen zu Solidaritätsäußerungen. Aber dabei wurde nur die irreführende Idee geäußert, dass solche Vorfälle nur eintreten, weil es skrupellose Manager gebe, die sich auf Kosten der anderen bereicherten.
Aber stimmt das wirklich? Gibt es auf der einen Seite gierige Kapitalisten, und auf der anderen solche, die sich verantwortlich verhalten und gute Manager ihres Unternehmens sind?
Einzig verantwortlich für die Umweltkatastrophe - das kapitalistische Produktionssystem
Alle Ausbeutungsgesellschaften, die dem Kapitalismus vorhergingen, haben zur Umweltverschmutzung insbesondere im Bereich der Produktion mit beigetragen. Einige Gesellschaften, die die ihnen zur Verfügung stehenden Reichtümer der Natur exzessiv ausgebeutet haben, wie dies wahrscheinlich bei den Bewohnern der Osterinseln[2] der Fall war, sind aufgrund der Erschöpfung dieser Reichtümer untergegangen. Aber die dadurch entstandenen Schäden stellten in diesen Gesellschaften keine solch große Gefahr dar, dass dadurch das Überleben des Planeten selbst bedroht gewesen wäre, wie das heute mit dem Kapitalismus der Fall ist. Ein Grund dafür liegt darin, nachdem der Kapitalismus einen ungeheuer gewaltigen Schub des Wachstums der Produktivkräfte ermöglichte, hat der Kapitalismus auch zu einem ähnlich gewaltigen Anwachsen der damit verbundenen Gefahren geführt, die nun den gesamten Erdball bedrohen, nachdem das Kapital diesen vollständig erobert hat. Aber dies ist nicht die wesentlichste Erklärung, da die Entwicklung der Produktivkräfte als solche nicht notwendigerweise bezeichnend für die mangelnde Beherrschung derselben ist. Es geht vor allem darum, wie diese Produktivkräfte von der Gesellschaft verwendet und verwaltet werden. Dabei stellt sich der Kapitalismus als der Höhepunkt eines historischen Prozesses dar, bei dem alles der Herrschaft der Waren geopfert wird und ein weltweit bestimmendes, Waren produzierendes System regiert, in dem alles verkauft werden kann. Wenn die Gesellschaft aufgrund der Herrschaft der Warenbeziehungen in ein Chaos gestürzt wird, das weit über das enge Phänomen der Umweltverschmutzung hinausgeht, sondern auch zu einer Verknappung der Reichtümer der Natur führt, es dabei immer mehr zu einer wachsenden Verwundbarkeit durch "Naturkatastrophen" kommt, geschieht dies aufgrund einer Reihe von Gründen, die wir kurz zusammenfassen können:
- die Arbeitsteilung, mehr noch die Produktion unter der Herrschaft des Geldes und des Kapitals spaltet die Menschheit in eine Vielzahl von konkurrierenden Einheiten ;
- das Ziel ist nicht die Produktion von Gebrauchswert, sondern die Produktion von Tauschwert; von Waren, die um jeden Preis abgesetzt werden müssen, egal welche Konsequenzen dabei für die Menschheit und den Planeten entstehen, damit so Profite realisiert werden können.
Diese Notwendigkeit zwingt die Kapitalisten ungeachtet der mehr oder weniger großen Moral der einzelnen Kapitalisten dazu, ihr Unternehmen der Logik der größtmöglichen Ausbeutung der Arbeiterklasse zu unterwerfen.
Dies führt zu einer Verschwendung und einem gewaltigen Verschleiß der menschlichen Arbeitskraft und der Ressourcen der Erde, auf die Marx schon in Das Kapital hingewiesen hat:
"Wie in der städtischen Industrie wird in der modernen Agrikultur die gesteigerte Produktivkraft und größre Flüssigmachung der Arbeit erkauft durch Verwüstung und Versiechung der Arbeitskraft selbst. Und jeder Fortschritt der kapitalistischen Agrikultur ist nicht nur ein Fortschritt in der Kunst, den Arbeiter, sondern zugleich in der Kunst, den Boden zu berauben, jeder Fortschritt in Steigerung der Fruchtbarkeit für eine gegebne Zeitfrist zugleich ein Fortschritt im Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit. (…) Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt : die Erde und den Arbeiter" (Karl Marx, Das Kapital, Bd 1, IV. Abschnitt: Die Produktion des relativen Mehrwerts; 13. Kapitel: Maschinerie und große Industrie, 10. Große Industrie und Agrikultur, MEW Bd 23, S. 529).
Als Gipfel der Irrationalität und der Absurdität der Produktion im Kapitalismus findet man nicht selten Unternehmen, die chemische Erzeugnisse herstellen, welche die Umwelt stark verschmutzen aber gleichzeitig auch Kläranlagen verkaufen, die den Boden und das Wasser von den gleichen Umweltverschmutzern säubern sollen. Andere stellen Zigaretten her und Produkte, die den Zigarettenkonsum verhindern sollen, wiederum andere sind Waffenhändler, verkaufen aber gleichzeitig pharmazeutische Produkte und medizinische Geräte.
Dies sind Gipfel, die in früheren Gesellschaften nicht existierten, als die Güter im Wesentlichen noch wegen ihres Gebrauchswertes hergestellt wurden (oder weil sie nützlich für die Produzenten oder die Ausgebeuteten waren oder dem Prunk der herrschenden Klasse dienten).
Das wahre Wesen der Warenproduktion macht es den Kapitalisten unmöglich, sich für den Nutzen, die Art und die Zusammensetzung der hergestellten Güter zu interessieren. Ihn interessiert einzig und allein, wie man damit Geld machen kann. Dieser Mechanismus hilft uns zu verstehen, warum eine Reihe von Waren nur eine begrenzte Haltbarkeit hat, wenn sie nicht gar vollständig nutzlos sind.
Da die kapitalistische Gesellschaft vollständig auf Konkurrenz fußt, bleiben die Kapitalisten, auch wenn sie in Teilbereichen Absprachen treffen können, im Wesentlichen unnachgiebige Konkurrenten. Die Marktlogik verlangt nämlich, dass das "Glück" des einen dem "Pech" des anderen entspricht. Dies bedeutet, dass jeder Kapitalist nur für sich selbst produziert, jeder ist Rivale des anderen, und es kann keine wirkliche Planung geben, die von allen Kapitalisten lokal und international abgestimmt wird, sondern nur einen ständigen Wettbewerb mit Verlierern und Gewinnern. Und in diesem Krieg ist einer der Verlierer gerade die Natur.
Bei der Wahl eines neuen industriellen Produktionsstandortes oder der Flächen und der Modalitäten eines neuen landwirtschaftlichen Anbauproduktes berücksichtigt der Unternehmer nur seine unmittelbaren Interessen; für ökologische Belange gibt es keinen Raum. Auf internationaler Ebene gibt es kein zentralisiertes Organ, welches über genügend Autorität verfügt, um eine Orientierung zu geben oder einzuhaltende Grenzen oder Kriterien zu erzwingen. Im Kapitalismus werden Entscheidungen nur getroffen aufgrund der Realisierung des höchst möglichen Profites, so dass z.B. ein Einzelkapitalist am profitträchtigsten produzieren und verkaufen kann, oder der Staat die Maßnahmen durchsetzt, die am besten den Interessen des nationalen Kapitals entsprechen und damit global den Kapitalisten der jeweiligen Nation.
Es gibt zwar in jedem Land Gesetze, die gewisse Grenzen setzen. Wenn sie zu starke Einschränkungen mit sich bringen, geschieht es häufig, dass ein Unternehmen zur Erhöhung seiner Rentabilität einen Teil seiner Produktion in Länder verlagert, wo diese Auflagen geringer sind. So hatte Union Carbide, ein amerikanischer Chemie-Multi eines seiner Werke in Bhopal, Indien, errichtet, ohne dort allerdings ein ausreichendes Kühlsystem zu installieren. 1984 entwich in diesem Werk eine giftige Gaswolke mit 40 Tonnen Pestiziden. Unmittelbar und in den darauffolgenden Jahren starben mindestens 16.000 Menschen, ca. Eine Million Menschen erlitten irreparable physische Schäden[3]. Die Regionen und Meere in der Dritten Welt werden oft als billige Müllhalden benutzt, wo Firmen, die ihren Sitz in den entwickelten Ländern haben, ihren Giftmüll entweder legal oder illegal entsorgen, weil die Kosten für die Entsorgung in den Industriestaaten sehr viel höher liegen.
Solange es auf internationaler Ebene keine koordinierte und zentralisierte Planung für die Landwirtschaft und Industrie gibt, welche die notwendige Abstimmung der heutigen Bedürfnisse und die Erhaltung der Umwelt für morgen sicherstellt, werden die Mechanismen des Kapitalismus weiterhin die Natur mit all ihren dramatischen Folgen zerstören.
Häufig wird die Schuld für diese Zustände den Multis oder einer besonderen Industriebranche aufgrund der Tatsache zugeschoben, dass die Ursprünge des Problems in den "anonymen" Mechanismen des Marktes liegen.
Aber könnte der Staat diesem Wahnsinn ein Ende setzen, wenn er verstärkt eingreifen würde? Nein, weil der Staat diese Anarchie nur "regulieren" kann. Durch die Verteidigung der Landesinteressen trägt der Staat zur Verstärkung der Konkurrenz bei. Im Gegensatz zu den Forderungen der NGO (Nicht-Regierungsorganisationen) und der Antiglobalisierungsbewegung vermag ein verstärktes Eingreifen des Staates die Probleme der kapitalistischen Anarchie nicht zu lösen. Übrigens hat der Staat ungeachtet des früher proklamierten "Liberalismus", und wie die jüngste Krisenentwicklung wieder offenbarte, in Wirklichkeit schon verstärkt eingegriffen.
Quantität gegen Qualität
Wie wir gesehen haben ist das einzige Anliegen der Verkauf von Waren zu einem Höchstprofit. Aber es geht hier nicht um den Egoismus eines einzelnen, sondern um ein Gesetz des Systems, dem sich kein Unternehmen, ob groß oder klein, entziehen kann. Das wachsende Gewicht der Investitionskosten in der Industrie bedeutet, dass diese gewaltigen Investitionskosten nur durch einen immer größeren Absatz amortisiert werden können.
So muss zum Beispiel der Flugzeughersteller Airbus mindestens 600 Exemplare seines Großflugzeuges A 380 absetzen, bevor er damit Gewinn macht. Oder PKW-Hersteller müssen Hunderttausende Autos verkauft haben, bevor sich ihre Investitionskosten amortisieren. Kurzum, jeder Kapitalist muss so viel wie möglich verkaufen und dafür ständig nach neuen Märkten suchen. Aber dazu muss er sich auf einem gesättigten Markt gegenüber seinen Konkurrenten durchsetzen, was ihn wiederum zwingt, mit einem Riesenaufwand Werbung zu betreiben, die eine große Verschwendung menschlicher Arbeit und natürlicher Ressourcen mit sich bringt, wie z.B. der Druck von Tausenden Tonnen Werbematerial auf Hochglanzpapier.
Diese Gesetze der Wirtschaft (welche zur Kostensenkung treiben, und damit auch eine Minderung der Produktionsqualität und Massenproduktion erforderlich machen) bewirken, dass der Kapitalist sich kaum um die Zusammensetzung seiner Produkte kümmert und sich auch nicht die Frage stellen muss, ob die Erzeugnisse gefährlich sind. Obwohl die Gesundheitsgefährdung durch fossile Brennstoffe (als Krebserreger) seit langem bekannt ist, ergreift die Industrie keine entsprechenden Maßnahmen, um das Übel zu bekämpfen. Die Gesundheitsgefährdungen durch Asbest sind auch seit Jahren bekannt. Aber erst das qualvolle Dahinsiechen und der schreckliche Tod von Tausenden von Arbeitern haben die Industrie gezwungen, sehr spät zu reagieren. Viele Nahrungsmittel sind mit Zucker und Salz oder mit Glutamaten angereichert, um deren Absatz auf Kosten von Gesundheitsschädigungen zu erhöhen. Eine unglaublich große Menge von Nahrungsmittelzusätzen wird verwendet, ohne dass die daraus entstehenden Risiken für den Verbraucher bekannt sind, obwohl man mittlerweile festgestellt hat, dass viele Krebsarten ernährungsbedingt sind.
Einige altbekannten Irrationalitäten der Produktion und des Verkaufs
Einer der irrationalsten Aspekte des gegenwärtigen Produktionssystems ist, dass die Waren oft um die Welt befördert werden, bevor sie als Endprodukt auf den Markt gelangen. Dies hängt keineswegs mit der Beschaffenheit der Waren zusammen oder einem Erfordernis der Produktion, sondern einzig weil die Verarbeitung in dem einen oder anderen Land günstiger ist. Ein berühmtes Beispiel ist die Herstellung von Joghurt. Milch wird von Deutschland nach Italien über die Alpen transportiert, wo sie zu Joghurt verarbeitet wird, um dann wieder von Italien nach Deutschland befördert zu werden. Ein anderes Beispiel ist das der Automobilproduktion. Die Einzelteile kommen aus verschiedenen Ländern, bevor sie in der Endmontage am Fließband zusammengeführt werden. Im Allgemeinen, bevor ein Gut auf dem Markt zur Verfügung steht, haben seine Bestandteile schon Tausende von Kilometern in der unterschiedlichsten Form zurückgelegt. Elektro- oder Haushaltsgeräte werden z.B. in China in diesem Fall aufgrund der sehr niedrigen Löhne hergestellt, und weil es dort quasi keine oder nur ganz wenige Umweltauflagen gibt, obwohl es aus technischer Sicht keine Schwierigkeiten gegeben hätte, diese Produkte dort zu produzieren, wo sie verkauft werden. Oft werden Produkte zunächst im "Verbraucherland" auf den Markt gebracht, bevor deren Produktion dann später ausgelagert wird, weil die Produktionskosten, vor allem die Löhne anderswo niedriger sind.
Das Beispiel von Weinen, die in Chile, Australien oder in Kalifornien hergestellt und auf europäischen Märkten verkauft werden, während gleichzeitig in Europa die Reben aufgrund der Überproduktion verfaulen, oder das Beispiel der Äpfel, die aus Südafrika importiert werden, während die europäischen Apfelbauern nicht mehr wissen wohin mit ihren Überschüssen, sprechen auch für sich.
Aufgrund der Logik des maximalen Profits anstatt eines rationalen Einsatzes und aufgrund des minimalen Einsatzes von Menschen, Energie und natürlichen Ressourcen, werden die Waren irgendwo auf dem Planeten hergestellt, um dann in andere Teile der Welt zum Verkauf befördert zu werden. Deshalb wundert es nicht, dass Waren mit gleicher technologischer Zusammensetzung und Wert wie Automobile, die von verschiedenen Herstellern auf der Welt produziert werden, in Europa zusammengebaut werden, um anschließend in Japan oder den USA verkauft zu werden, während gleichzeitig in Japan oder Korea fabrizierte Autos auf dem europäischen Markt verkauft werden. Dieses Transportnetz an Waren – in dem nur Waren hin- und her gekarrt werden aufgrund der Profitgesetze, der Konkurrenz und den Marktgesetzen, ist völlig wahnwitzig und ursächlich mitverantwortlich für die katastrophalen Folgen der Umweltzerstörung.
Eine rationale Planung der Produktion und des Vertriebs könnte diese Güter zur Verfügung stellen, ohne dass sie diese verrückten Transportwege hinter sich gelegt haben, die nur ein Ausdruck des kapitalistischen Wahnsinns sind.
Der Gegensatz zwischen Stadt und Land
Die Umweltzerstörung, die aufgrund des aufgeblähten Transportnetzes entsteht, ist keine vorübergehende Erscheinung, da deren Wurzeln im tiefgreifenden Widerspruch zwischen Stadt und Land zu finden sind. Ursprünglich hat die Arbeitsteilung innerhalb der Länder Industrie und Handel von der Arbeit auf dem Land abgeschnitten. Daraus ist der Gegensatz zwischen Stand und Land mit den daraus folgenden Interessensgegensätzen entstanden. Im Kapitalismus hat dieser Gegensatz seinen Höhepunkt des Wahnsinns erreicht[4].
Zur Zeit der Landwirtschaft im Mittelalter, als die Produktion ausschließlich aus Subsistenzgründen erfolgte, war es kaum erforderlich, Waren zu transportieren. Anfang des 19. Jahrhunderts, als die Arbeiter oft in der Nähe der Fabrik oder des Bergwerkes lebten, war es meist möglich, zu Fuß zu Arbeit zu gehen. Seitdem haben sich die Entfernungen zwischen Arbeitsplatz und Wohnort immer mehr erhöht. Zudem haben die Konzentration von Kapital an bestimmten Standorten (wie zum Beispiel in Industriegebieten oder unbewohnten Gebieten, um Steuervorteile oder günstige Bodenpreise auszunutzen), die Deindustrialisierung und die Explosion der Arbeitslosigkeit, verbunden mit dem Verlust von Arbeitsplätzen, die Transportwege ohnehin stark verändert. So müssen jeden Tag Hunderte von Millionen Menschen oft über lange Entfernungen pendeln. Viele von ihnen sind dabei auf Autos angewiesen, weil sie oft mit öffentlichen Verkehrsmitteln ihre Arbeitsstätte nicht erreichen.
Aber schlimmer noch: die Konzentration von großen Menschenmassen am gleichen Ort wirft eine Reihe von Problemen auf, die ebenso die Umwelt in bestimmten Gebieten gefährden. Die Funktionsweise einer Bevölkerungskonzentration von 10-20 Millionen Menschen auf engstem Raum führt zu einer Anhäufung von Müll (menschliche Ausscheidungen, Haushaltsmüll, Abgase aus Fahrzeugen, der Industrie und Heizungen…), an einem Ort, der zu eng und klein geworden ist, um die Abfälle ausreichend zu entsorgen.
Der Albtraum der Nahrungs- und Wasserknappheit
Mit der Entwicklung des Kapitalismus wurde die Landwirtschaft den tiefst greifenden Umwälzungen ihrer mehr als 10.000 jährigen Geschichte unterworfen. Diese traten ein, weil die Landwirtschaft im Kapitalismus im Gegensatz zu den früheren Produktionsformen, als die Landwirtschaft für die direkten Bedürfnisse der Menschen produzierte, sich seitdem den Gesetzen des Weltmarktes unterwerfen musste. Dies bedeutete immer auf Kostensenkungen ausgerichtet zu sein. Die Notwendigkeit, ständig die Rentabilität zu erhöhen, hat katastrophale Auswirkungen auf die Qualität der Böden gehabt.
Diese Konsequenzen, die untrennbar mit dem Aufkommen des starken Gegensatzes zwischen Stadt und Land verbunden sind, wurden schon im 19. Jahrhundert von der Arbeiterbewegung angeprangert. Anhand der folgenden Zitate kann man erkennen, wie schon Marx auf die untrennbare Verbindung zwischen der Ausbeutung der Arbeiterklasse und der Verwüstung der Böden hingewiesen hat: "Auf der anderen Seite reduziert das große Grundeigentum die agrikole Bevölkerung auf ein beständig sinkendes Minimum und setzt ihr eine beständig wachsende, in großen Städten zusammengedrängte Industriebevölkerung entgegen; es erzeugt dadurch Bedingungen, die einen unheilbaren Riss hervorrufen in dem Zusammenhang des gesellschaftlichen und durch die Naturgesetze des Lebens vorgeschriebenen Stoffwechsels, infolge wovon die Bodenkraft verschleudert und diese Verschleuderung durch den Handel weit über die Grenzen des eigenen Landes hinausgetragen wird." (Marx, Das Kapital, Bd 3, VI. Abschnitt, Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente; 47. Kapitel-Genesis der kapitalistischen Grundrente; V. Die Metäriewirtschaft und das bäuerliche Parzelleneigentum, MEW Bd 25, S. 821).
Die Landwirtschaft musste ständig immer mehr chemische Produkte verwenden, um höhere Erträge zu erzielen und mehr Anbauflächen zu schaffen. In den meisten Gebieten der Erde praktizieren Bauern Anbaumethoden, die ohne den Einsatz von großen Mengen Pestiziden, Düngemitteln und künstlichen Bewässerungen unmöglich wären. Dabei wäre es möglich, durch den Anbau von Pflanzen in anderen Gebieten auf diese Mittel zu verzichten oder diese nur in geringen Maßen zu verwenden. Alfalfa in Kalifornien, Zitrusfrüchte in Israel, Baumwolle am Aralsee in der ehemaligen Sowjetunion, Getreide in Saudi-Arabien oder im Jemen, d.h. Pflanzen in Gegenden anzubauen, in denen die natürlichen Wachstumsbedingungen nicht gegeben sind, führt zu einer gigantischen Wasserverschwendung. Die Liste der Beispiele ist endlos, denn gegenwärtig werden 40% der landwirtschaftlichen Erzeugnisse durch künstliche Bewässerung angebaut mit der Folge, dass 75% des auf der Erde verfügbaren Wassers von der Landwirtschaft verwendet wird.
So hat zum Beispiel Saudi-Arabien ein Vermögen ausgegeben, um Grundwasser abzupumpen und eine Million Hektar Fläche in der Wüste zu bewässern, weil dort Getreide angebaut wird. Für jede Tonne Getreide liefert die Regierung 3000 Kubikmeter Wasser, d.h. dreimal mehr als der übliche Wasserbedarf von Getreide. Und dieses Wasser kommt aus Brunnen, die nicht durch Regenwasser aufgefüllt werden. Ein Drittel der Bewässerungsanlagen auf der Welt greift auf Grundwasser zurück. Aber obgleich diese Grundwasservorkommen nicht wieder erneuert werden und dabei sind auszutrocknen, bestehen die Bauern der indischen Region Gujarat, die verzweifelt Wasser brauchen, darauf, Milchkühe zu züchten. So erfordert die Gewinnung von einem Liter Milch den Aufwand von 2000 Liter Wasser. In einigen Gebieten der Erde benötigt man bis zu 3000 Liter Wasser zur Gewinnung von einem Kilo Reis. Die Folgen der Bewässerung und des breitgefächerten Einsatzes von chemischen Produkten sind desaströs: Versalzung, Überdüngung, Verwüstung, Bodenerosion, sinkende Grundwasserpegel und infolge dessen versiegende Trinkwasserreserven.
Verschwendung, Urbanisierung, Dürre und Umweltverschmutzung verschärfen die weltweite Wasserkrise. Millionen und Millionen Liter Wasser verdunsten beim Einsatz von offenen Bewässerungskanälen. Vor allem in den Gebieten um die Megastädte, aber auch in ganzen Landstrichen sinkt der Grundwasserpegel ständig und irreversibel.
In der Vergangenheit war China ein Land der Wasserwirtschaft. Seine Wirtschaft und Zivilisation haben sich dank seiner Fähigkeit entwickelt, trockene Flächen zu bewässern und Dämme zu bauen, um das Land vor Überschwemmungen zu schützen. Aber im heutigen China erreicht das Wasser des mächtigen Gelben Flusses, der großen Arterie im Norden, an mehreren Monaten im Jahr nicht das Meer. 400 der 600 Städte Chinas leiden an Wassermangel. Ein Drittel der chinesischen Brunnen sind ausgetrocknet. In Indien sind 30% der Anbauflächen durch Versalzung bedroht. Auf der ganzen Welt sind insgesamt ca. 25% von dieser Geißel gefährdet.
Aber die Gewohnheit, Pflanzen in Gegenden anzubauen, die aufgrund ihres Klimas oder der Beschaffenheit ihres Bodens für deren Anbau nicht geeignet sind, ist nicht die einzige Absurdität der gegenwärtigen Landwirtschaft. Insbesondere aufgrund des Wassermangels ist die Kontrolle über Flüsse und Deiche zu einer grundlegenden strategischen Frage geworden, gegenüber der alle Nationalstaaten sich rücksichtslos über die Interessen der Natur hinwegsetzen.
In mehr als 80 Ländern wurde eine Wasserknappheit gemeldet. Einer UN-Prognose zufolge werden in den nächsten 25 Jahren ca. 5.4 Milliarden Menschen unter Wasserknappheit leiden. Obgleich es viele Anbauflächen gibt, nimmt die Zahl der tatsächlich nutzbaren Anbauflächen aufgrund der Versalzung und anderer Faktoren ständig ab. In Urgesellschaften mussten Nomadenstämme weiterziehen, als das Wasser knapp wurde. Im Kapitalismus fehlt es an Grundnahrungsmitteln, obgleich das System selbst an Überproduktion leidet. Aufgrund der verschiedenen Schäden in der Landwirtschaft ist die Nahrungsmittelknappheit vorprogrammiert. So hat zum Beispiel seit 1984 das Wachstum der Getreideproduktion nicht mehr mit dem Bevölkerungswachstum Schritt gehalten. Innerhalb von 20 Jahren ist die Getreideproduktion von 343 kg pro Person auf 303 kg pro Person gesunken.
So scheint das Gespenst der Nahrungsmittelknappheit, das von Anfang an über der Menschheit hing, jetzt wieder Einzug zu halten, nicht weil es an Anbauflächen oder an Mitteln für die Landwirtschaft fehlt, sondern aufgrund der absoluten wahnsinnigen Verwendung der Ressourcen der Erde.
Eine fortgeschrittene Gesellschaft garantiert nicht mehr Sicherheit
Während der Fortschritt der Wissenschaften und der Technologie der Menschheit Werkzeuge zur Verfügung gestellt hat, deren Existenz man in der Vergangenheit sich nicht einmal vorstellen konnte, und die heute Unfälle und Naturkatastrophen verhindern können, ist nicht von der Hand zu weisen, dass dieser Einsatz sehr kostspielig ist und die Werkzeuge nur benutzt werden, wenn sich daraus ökonomische Vorteile ergeben. Wir wollen erneut betonen, dass nicht eine egoistische und habsüchtige Haltung einzelner Unternehmer ursächlich dafür verantwortlich ist, sondern dahinter steckt der Zwang, dem sich alle Betriebe und Länder beugen müssen, die Produktionskosten der Waren oder Dienstleistungen so stark wie möglich zu senken, um in der weltweiten Konkurrenz zu überleben.
In unserer Presse haben wir dieses Problem oft aufgegriffen. Dabei haben wir aufgezeigt, dass die angeblichen Naturkatastrophen kein Zufall und auch keine Schicksalsfügung sind, sondern das logische Ergebnis der Senkung der Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen, um Geld zu sparen. So schrieben wir beispielsweise anlässlich des Wirbelsturms Hurrikans Katrina in New Orleans 2005:
"Das Argument, demzufolge diese Katastrophe nicht vorhergesehen wurde, ist Unfug. Seit fast 100 Jahren haben Wissenschaftler, Ingenieure und Politiker darüber diskutiert, wie der Verletzbarkeit New Orleans durch Überschwemmungen und Hurrikans begegnet werden könnte. Mitte der 1980er Jahre wurden durch verschiedene Gruppen von Wissenschaftlern und Ingenieuren mehrere Projekte entwickelt, die (unter der Verwaltung Clinton) 1998 zum Vorschlag des Projektes Küste 2050 führten. Dieses Projekt beinhaltete die Verstärkung und den Umbau der bestehenden Deiche, den Bau eines Systems von Schleusen und die Schaffung neuer Kanäle, durch welche das mit Sedimenten gefüllte Wasser abgeleitet würde, um die Sumpfgebiete wieder herzustellen, welche als Pufferzone im Delta dienten. Dieses Projekt erforderte allerdings die Investition von 14 Milliarden Dollar in einem Zeitraum von 10 Jahren. Washington gab zur Zeit Bushs nicht seine Zustimmung,erst unter Clinton" (International Review, 2005, Nr. 124).
Letztes Jahr hat die Armee 105 Mio. Dollar für den Kampf gegen Zyklone und Überschwemmungen in New Orleans angefordert, aber die Regierung hat nur 42 Millionen gebilligt. Gleichzeitig stimmte der Kongress der Zahlung von 231 Mio. Dollar für den Bau einer Brücke zu einer kleinen, unbewohnten Insel in Alaska zu[5]. Wir haben auch den Zynismus und die Verantwortung der Herrschenden beim Tod von 160.000 Menschen infolge des Tsunamis vom 26. Dezember 2004 angeprangert.
Heute wird selbst offiziell klar eingestanden, dass keine Warnung ausgegeben wurde aus Furcht vor Schäden für den Tourismus! Mit anderen Worten: Zehntausende Menschenleben wurden geopfert für die Verteidigung von schmutzigen ökonomischen und finanziellen Interessen.
Diese Verantwortung der Regierungen zeigt erneut den wahren Charakter dieser Klasse auf, die sich wie Haifische bei der Verwaltung des Lebens und der Produktion in dieser Gesellschaft verhält. Die bürgerlichen Staaten sind bereit, wenn notwendig genau so viele Menschenleben zu opfern, um die Ausbeutung und die kapitalistischen Profite zu verteidigen. Und die Interessen der Kapitalisten bestimmen ebenso die Politik der herrschenden Klasse. Im Kapitalismus ist die Vorbeugung keine rentable Tätigkeit, wie heute alle Medien zugeben müssen: "Bislang haben Länder der Region sich taub gestellt, wenn es darum ging, ein Frühwarnsystem zu installieren, weil damit gewaltige finanzielle Kosten verbunden sind. Den Experten zufolge würde ein Frühwarnsystem Dutzende Millionen Dollar kosten, aber damit könnten Zehntausende Menschenleben geschützt werden." (Les Echos, 30.12.)[6]
Man könnte auch noch das Beispiel des Öls nehmen, das jedes Jahr ins Meer geschüttet wird (egal ob absichtliche oder ungewollte Verknappungen von Öl, ob aus endogenen Quellen oder ob das Öl aus Flüssen mitgeschleppt wurde usw.): Man spricht von drei bis vier Millionen Tonnen Öl jedes Jahr. Die Legambiente berichtete: "Wenn man die Ursachen der Störfälle untersucht, kann man von 64% Störfällen ausgehen, die auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. 16% aufgrund technischer Pannen und 10% aufgrund der Struktur von Schiffen, während die verbleibenden 10% keiner eindeutig festzulegenden Ursache zuzuordnen sind"[7].
Man kann leicht nachvollziehen, wenn man von "menschlichem Versagen" spricht – wie zum Beispiel bei Unfällen im Eisenbahnbetrieb, die auf Fehler eines Eisenbahners zurückzuführen sind -, meint man Fehler, die ein Beschäftigter begangen hat, weil seine Arbeitsbedingungen starken Stress und Erschöpfung hervorrufen. Zum Beispiel lassen Ölgesellschaften oft Öltanker verkehren, selbst wenn sie alt und heruntergekommen sind, um das schwarze Gold zu befördern, denn im Fall eines Schiffuntergangs verlieren sie höchstens den Wert der Ladung, während der Kauf eines neuen Schiffs sie sehr viel mehr kostet. Deshalb sieht man immer häufiger untergegangene oder havarierte Öltanker vor den Küsten, deren Ladung entweicht. Man kann behaupten, dass insgesamt mindestens 90% der Ölpest-Vorfälle die Folge einer totalen Schlampigkeit der Ölgesellschaften sind, die darauf zurückzuführen ist, dass sie die Kosten so stark wie möglich senken und den Profit so hoch wie möglich schrauben wollen.
Es ist das Verdienst Amadeo Bordigas[8] in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg die durch den Kapitalismus verursachten Katastrophen auf eine systematische, scharfsinnige, tiefgreifende und argumentierte Art und Weise entblößt zu haben. In dem Vorwort zu seinem Buch "Drammi gialli e sinistri della moderna decadenza sociale" (Gelbe und finstere Dramen des modernen gesellschaftlichen Niedergangs), in dem verschiedene Artikel Amadeo Bordigas zusammengetragen wurden, schrieb dieser: "In dem Maße, wie der Kapitalismus sich entfaltet und dann in sein Stadium der Fäulnis eintritt, prostituiert er mehr und mehr diese Technik, die eigentlich eine Befreiung sein könnte, den Bedürfnissen der Ausbeutung, der Vorherrschaft und der imperialistischen Plünderung. Dabei wird der Punkt erreicht, wo er dessen eigene Fäulnis überträgt und sie gegen den Gattung Mensch richtet. (…) In allen Bereichen des Alltagslebens der "friedlichen" Phasen, wo wir in einer Zeit zwischen zwei imperialistischen Massakern oder zwei Unterdrückungsmaßnahmen leben, pfercht das ständig auf der Suche nach einem Höchstprofit befindliche Kapital die Menschen zusammen, und die prostituierte Technik vergiftet, erstickt, verstümmelt, massakriert die Individuen. (…) Der Kapitalismus trägt auch seine Verantwortung bei den sogenannten "Naturkatastrophen". Ohne das Wirken von Naturkräften, die der Mensch nicht kontrollieren kann, beiseite zu lassen, zeigt der Marxismus auf, dass viele Katastrophen indirekt durch gesellschaftliche Ursachen hervorgerufen oder verschlimmert wurden. (…) Die bürgerliche Zivilisation kann nicht nur aufgrund ihrer Jagd nach Profiten und durch den überragenden Einfluss des Geldes auf den Verwaltungsapparat direkt Katastrophen hervorrufen (…), sondern sie erweist sich als unfähig, einen wirksamen Schutz vor diesen Gefahren zu organisieren, weil die Vorbeugung keine rentable Angelegenheit ist."[9]
Bordiga entschleierte die Legende, der zufolge: "die gegenwärtige kapitalistische Gesellschaft mit der gemeinsamen Entwicklung der Wissenschaften, Technik und Produktion die Gattung Mensch in die ausgezeichnete Lage versetzen würde, gegen die Schwierigkeiten der natürlichen Umwelt zu kämpfen"[10]. Bordiga fügte hinzu, "während das wirtschaftliche und industrielle Potential der kapitalistischen Welt weiter anwächst und nicht zurückgeht, kann man sagen, je größer dessen Kraft ist, desto schlimmer sind die Lebensbedingungen der Menschen gegenüber den Katastrophen der Natur und der Geschichte."[11] Zur Beweisführung seiner Behauptungen analysierte Bordiga eine Reihe von Katastrophen, die an verschiedenen Orten der Welt stattfanden. Er zeigte jedes Mal auf, dass sie keinem Zufall oder einer Fatalität geschuldet waren, sondern der dem Kapitalismus immanenten Tendenz, Höchstprofite herauszuschlagen, indem so wenig wie möglich in Sicherheit investiert wird, wie das Beispiel des Flying Enterprise aufzeigt.
"Das ganz neue prunkvolle Schiff, das Carlsen so polieren ließ, dass es wie ein Spiegel glänzte, und welches eine garantiert sichere Überquerung ermöglichen sollte, fuhr mit Flachkiel. Wie war es möglich, dass ganz moderne Werften wie Flying die Methode des "flachen Kiels", d.h. der Seeschiffe übernommen haben? Eine Zeitung schrieb es ungeschminkt: um die Produktionskosten pro Einheit zu reduzieren; (…) hier handelt es sich um den Schlüssel der ganzen modernen Wissenschaft. Ihre Untersuchungen, ihre Forschungen, ihre Berechnungen, ihre Innovationen zielen auf dieses Ziel ab: die Kosten (auch Transportkosten) zu reduzieren. Daher der Prunk der Spiegelsäle und Vorhänge um die Wohlhabenden anzulocken, verlauste Knauserigkeit bei den tragenden Teilen, die am Rande der mechanischen Haltbarkeit liegen, und auch bei Größe und Gewicht. Diese Tendenz zeichnet die ganze moderne Ingenieurswissenschaft aus, vom Bau bis zur Mechanik, d.h. einen Eindruck des Reichtums zu erwecken, um die Bürgerlichen zu beeindrucken; Erscheinungen und Ausführungen zu benutzen, die jeder Dummkopf bewundern kann (die gerademal ein Kulturniveau des Schunds erreichen, welches man sich im Kino und in den Klatschblättern abgeschaut hat), und bei den tragenden Strukturen. welche dem Laien unsichtbar und unverständlich sind, ist mannachlässig"[12].
Auch wenn die von Bordiga analysierten Katastrophen keine ökologischen Konsequenzen hatten, ändert das nichts an den Kernaussagen. Denn anhand dieser Beispiele wie auch anhand der Beispiele, die in dem Vorwort zu seiner Artikelreihe "Menschliche Gattung und Erdoberfläche" dargestellt werden, von denen wir einige zitieren, kann man sich leicht die Auswirkungen der gleichen kapitalistischen Logik vorstellen, wenn diese sich direkt und entscheidend auf die Umwelt auswirkt, wie zum Beispiel bei der Planung und Wartung der Atomreaktoren: "In den 1960er Jahren, explodierten mehrere britische Flugzeuge des Typs "Comet", welches als der letzte Schrei der höchst entwickelten Technik galt, in der Luft und töteten dabei alle Insassen. Die langwierigen Untersuchungen brachten schließlich hervor, dass die Explosionen auf eine Materialermüdung der Metallschichten des Flugzeugs zurückzuführen waren, weil diese zu dünn angelegt worden waren, denn man wollte beim Metall, bei der Reaktorstärke, den gesamten Produktionskosten sparen, um höhere Profite zu machen. 1974 führte die Explosion einer DC 10 über Ermenonville zum Tod von mehr als 300 Menschen. Man wusste, dass das Türschließsystem des Gepäckraums schadhaft war, aber dieses zu erneuern, hätte Geld gekostet… Aber der wahnsinnigste Bericht erschien in der englischen Zeitschrift The Economist (24.9.1977) nach der Entdeckung von Rissen im Metall von 10 Trident Flugzeugen und der unerklärlichen Explosion eines Boeing-Flugzeuges. Der "neuen Auffassung" zufolge, die beim Bau von Transportflugzeugen angewandt wird, werden diese nicht mehr nach einer gewissen Anzahl von Flugstunden aus dem Verkehr gezogen und generalüberprüft, sondern man ging davon aus, dass diese "sicher" wären… bis man erste Risse aufgrund von Materialermüdung des Metalls feststellte. Man kann sie also so lange wie möglichen nutzen, da sie bei einer zu frühen Stilllegung zu große Verlust für die Fluggesellschaften verursachen würden."[13] Wir haben schon im ersten Teil dieser Artikelserie den Unfall im Atomkraftwerk 1986 in Tschernobyl erwähnt. Im Wesentlichen handelt es sich um das gleiche Problem, das 1979 bei der Fusion eines atomaren Reaktors auf der Insel Three Mile Island in Pennsylvania, USA, zum Tragen kam.
Die Wissenschaft im Dienste der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft
Es ist von größter Bedeutung, den Platz der Technik und der Wissenschaft in der kapitalistischen Gesellschaft zu begreifen, wenn man herausfinden will, ob diese eine Hilfe sind, um das Voranschreiten der Umweltzerstörung einzudämmen und wirksame Instrumente gegen einige der Auswirkungen derselben zu entwickeln.
Wenn die Technik, wie eben gesehen, sich im Dienst der Bedürfnisse des Marktes prostituieren muss, trifft das auch zu auf die Entwicklung der Wissenschaften und der wissenschaftlichen Forschung? Gibt es Mittel sicherzustellen, dass diese außerhalb des Interessensbereichs der Wirtschaft wirken?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir von der Erkenntnis ausgehen, dass die Wissenschaft eine Produktivkraft ist und ihre Entwicklung eine schnellere Entfaltung und Bereicherung der Ressourcen der Gesellschaft ermöglicht. Die Kontrolle der Entwicklung der Wissenschaften ist deshalb eine wichtige Frage für die Verwalter der Wirtschaft und des Staates. Deshalb wird die wissenschaftliche Forschung, insbesondere einige Bereiche besonders üppig, mit großen finanziellen Mitteln ausgestattet. Die Wissenschaft ist deshalb kein neutraler Bereich – in einer Klassengesellschaft wie dem Kapitalismus könnte es nicht anders sein -, in dem es eine Freiheit der Forschung gäbe, und die vor ökonomischen Interessen geschützt wäre, weil die herrschende Klasse sehr davon profitiert, die Wissenschaft und die Wissenschaftler ihren Interessen unterzuordnen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die Entwicklung der Wissenschaften und der Erkenntnis im Zeitraum des Kapitalismus nicht durch eine eigenständige und unabhängige Dynamik getrieben wird, sondern dem Ziel untergeordnet ist, einen höchst möglichen Profit zu erwirtschaften.
Dies hat wichtige Folgen, über die man sich selten bewusst ist. Nehmen wir zum Beispiel die Entwicklung der modernen Medizin. Die medizinischen Untersuchungen und Behandlungen des Menschen sind unter Dutzende verschiedene Spezialisten aufgeteilt worden, denen in letzter Instanz eine Gesamtübersicht der Funktionsweise des menschlichen Körpers fehlt. Warum ist es dazu gekommen? Weil das Hauptziel der modernen Medizin in der kapitalistischen Welt nicht darin besteht, dass jeder Mensch gut lebt, sondern "die menschliche Maschine" wieder "repariert" werden muss, wenn sie eine Panne hat und sie so schnell wie möglich wieder hergerichtet werden soll, um weiter arbeiten zu können. Auf diesem Hintergrund versteht man gut, warum so massiv auf Antibiotika zurückgegriffen wird, und warum die Diagnosen immer die Ursachen der Erkrankungen unter den Besonderheiten suchen anstatt in den allgemeinen Lebensbedingungen der untersuchten Menschen.
Eine andere Folge der Abhängigkeit von der wissenschaftlichen Entwicklung gegenüber der Logik der kapitalistischen Welt ist, dass Forschung ständig auf die Produktion neuen Materials gerichtet ist (resistenter und billiger), deren Auswirkungen aus toxikologischer Sicht auf unmittelbarer Ebene nie ein großes Problem dargestellt haben, wodurch auf wissenschaftlicher Ebene sehr wenig oder gar nichts ausgegeben wird, um das auszulöschen oder unschädlich zu machen, was die Sicherheit der Produkte bedroht. Aber Jahrzehnte später muss man die Rechnung begleichen, oft weil bei den Menschen irgendein Schaden aufgetreten ist.
Anhand nachfolgender Zitate kann man sehen, in welchem Maße die wissenschaftliche Entwicklung der staatlichen Kontrolle und militärischen Bedürfnissen untergeordnet ist, so dass in der Nachkriegszeit überall wissenschaftliche "Kommissionen" entstanden, die geheim für das Militär arbeiteten, während anderen Wissenschaftlern das Endziel der Forschungen unbekannt war, die verdeckt betrieben wurden : "Die Wichtigkeit der Mathematik für die Offiziere der Kriegsmarine und der Artillerie erforderte eine besondere Ausbildung in Mathematik; so war im 17. Jahrhundert die größte Gruppe, die von sich behaupten konnten, über Kenntnisse in Mathematik zu verfügen (zumindest Grundlagenkenntnisse), Armeeoffiziere. (…) (Im Großen Krieg) wurden zahlreiche neue Waffen geschaffen und perfektioniert – Flugzeuge, U-Boote, Sonaranlagen zum Kampf gegen diese, Chemiewaffen. Nach einigen Zögerungen des Militärapparates wurden zahlreiche Wissenschaftler für die Entfaltung des Militärs eingesetzt, auch wenn es nicht darum ging, Forschung zu betreiben, sondern sie waren als Ingenieure tätig, die auf höchster Ebene ihren schöpferischen Beitrag leisteten. (…) Auch wenn es nicht mehr im 2. Weltkrieg wirksam zum Einsatz kommen konnte, wurde 1944 das "Mathematische Forschungsinstitut Oberwolfach" in Deutschland gegründet. Zwar gefällt dies deutschen Mathematikern nicht so sehr, aber es handelte sich um eine sehr klug geplante Struktur, die darauf abzielte, den ganzen Bereich der Mathematik "nützlich" zu machen : der Kern bestand aus einer kleinen Gruppe Mathematiker, die gut im Bilde waren über die Probleme, vor denen das Militär stand, und die in der Lage waren, die Probleme zu entdecken, die sich mathematisch lösen ließen. Um diesen Kern sollten andere, sehr kompetente Mathematiker, welche sich gut in den Kreisen der Mathematiker auskannten, diese Probleme in mathematische Fragen übersetzen und sie nach deren Aufbereitung spezialisierten Mathematikern vorlegen (die sich mit militärischen Fragen, welche am Anfang der Fragestellungen standen, nicht auskennen mussten und sie auch gar nicht kennen sollten). Sobald die Lösungen vorlagen, funktionierte das Netz in der entgegengesetzten Richtung.
In den USA gab es während des Krieges schon eine ähnliche Struktur, auch wenn sie ein wenig improvisiert war, um Marston Morse. In der Nachkriegszeit war eine ähnliche Struktur namens „Wisconsin Army Mathematics Research Center" (…) tätig, die jedoch nicht mehr improvisiert war.
Der Vorteil solcher Strukturen besteht darin, dass sie es der Militärmaschinerie ermöglichen, die Kompetenzen vieler Mathematiker auszunutzen, ohne dass sie "direkt für sie" arbeiten, mit all dem, was damit verbunden ist : Verträge, die Notwendigkeit von Abmachungen, Unterordnung usw"[14].
1943 wurden in den USA spezialisierte Forschungsgruppen eingerichtet, die sich eigens mit Fragen beschäftigten wie der Größe von Schiffskonvois, der Wahl von Kriegszielen bei Luftangriffen, dem Aufspüren und der Abwehr von feindlichen Flugzeugen. Während des 2. Weltkriegs wurden im Vereinten Königreich, in Kanada und in den USA allein 700 Mathematiker eingesetzt. "Im Vergleich zur britischen Forschung zeichnete sich die amerikanische Forschung seit dem Anfang durch einen höher entwickelteren Einsatz der Mathematik aus, und insbesondere der Wahrscheinlichkeitsrechnung und ein häufigerer Rückgriff auf Modellrechnungen (…). Operations Research (die in den 1950er Jahren ein eigenständiger Bereich der angewandten Mathematik wurde) machte somit ihre ersten Schritte als eine Reaktion auf strategische Schwierigkeiten und der Optimierung kriegerischer Ressourcen. Was ist die beste Taktik im Luftkampf? Was ist die beste Aufstellung von Soldaten bei bestimmten Angriffspunkten? Wie können Rationen an die Soldaten verteilt werden, indem man am wenigsten verschwendet und die bestenfalls sättigen?"[15]
"(…) Das Projekt Manhattan(…) war das Zeichen für eine große Wende, nicht nur weil darin die Arbeit von Tausenden von Wissenschaftlern und Technikern aus verschiedenen Fachbereichen in einem Projekt zusammengebündelt wurde, welches von Militärs gesteuert und kontrolliert wurde, sondern auch weil es einen gewaltigen Sprung für die Grundlagenforschung bedeutete, da es – wie man es später nannte – die "big science" einläutete. (…) Die wissenschaftliche Gemeinschaft für ein genaues Projekt, das unter direkter Kontrolle der Militärs stand, einzuspannen, war eine Notmaßnahme gewesen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht ewig dauern konnte (dazu gehörte azch die "Freiheit der Forschung", die von den Wissenschaftlern beansprucht wurde) Das Pentagon konnte jedoch auf die wertvolle, unverzichtbar gewordene Mitarbeit der Gemeinschaft der Wissenschaftler verzichten. Auch musste es eine Form der Kontrolle ihrer Aktivitäten aufrechterhalten: man musste zwangsweise eine neue Strategie einschlagen und eine andere Sprache benutzen. (…) 1959 wurde aufgrund einer Initiative von anerkannten Wissenschaftlern, die auch die US-Regierung berieten, eine halb-ständig tagende Expertengruppe eingerichtet, die regelmäßig Treffen abhielt. Diese Gruppe wurde "Divsion Jason" genannt, in Anlehnung an den mythischen griechischen Helden, der sich auf die abenteuerliche Suche nach dem Goldenen Vlies mit dem Argonauten, Jason, begab. Es handelte sich um eine Elitegruppe von ca. 50 Wissenschaftlern, von denen mehrere mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden waren. Sie trafen sich jeden Sommer einige Wochen lang, um ganz unbeschwert die Fragen der Sicherheit, der Verteidigung und der Kontrolle der von dem Pentagon angeschafften Waffen zu besprechen, sowie dem Energieministeriums und anderen Bundesbehörden. Sie erstellten detaillierte Berichte, welche zum Großteil 'geheim' blieben und direkt die Politik der nationalen Sicherheit mit bestimmten. Die Division Jason spielte während des Vietnamkrieges eine herausragende Rolle gegenüber Verteidigungsminister Robert McNamara, indem sie drei besonders wichtige Studien lieferten, welche einen wichtigen Einfluss auf die Strategie der USA haben sollten. Hinsichtlich der Wirksamkeit der strategischen Bombardierungen zur Unterbrechung der Nachschublinien der Vietkong, zum Bau einer elektronischen Schranke durch Vietnam und zu den taktischen Nuklearwaffen."[16]
Die Angaben aus diesen langen Zitaten zeigen, dass die Wissenschaft heute ein wichtiger Eckpfeiler der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems und der Festlegung des Kräfteverhältnisses zwischen den Klassen ist. Die wichtige Rolle der Wissenschaftler während und nach dem 2. Weltkrieg konnte nur noch weiter anwachsen, auch wenn die Bourgeoisie diese systematisch vertuscht.
Zusammenfassend können wir sagen, dass wir versucht haben aufzuzeigen, wie die ökologischen und Umweltkatastrophen, selbst wenn sie von Naturphänomen ausgelöst wurden, die Menschen, insbesondere die Ärmsten brutal treffen, weil dahinter eine bewusste Wahl seitens der herrschenden Klasse hinsichtlich der Verteilung der Ressourcen und dem Einsatz der wissenschaftlichen Forschung selbst steckt. Die Auffassung, dass die Modernisierung, die Entwicklung der Wissenschaften und der Technologie automatisch mit der Schädigung der Umwelt und einer stärkeren Ausbeutung des Menschen verbunden sind, muss kategorisch verworfen werden. Im Gegenteil, es gibt ein großes Potential zur Entwicklung der menschlichen Ressourcen, nicht nur auf der Ebene der Produktion von Gütern sondern – was am wichtigsten ist- hinsichtlich der Möglichkeiten anders zu produzieren, in Harmonie mit der Umwelt und dem Wohlergehen des Ökosystems, zu dem der Mensch gehört. Die Perspektive ist also nicht die einer Rückkehr in die Vergangenheit, weil es unmöglich ist, zu unserem Ursprung zurückzukehren, als die Umwelt noch mehr verschont war. Im Gegenteil, die Menschheit muss auf einem anderen Weg vorwärts gehen, den der Entwicklung, die wirklich in Harmonie mit dem Planeten Erde steht.
Ezechiele, 5. April 2009.
[1]Siehe den ersten Teil dieses Artikels "Die Welt am Vorabend einer Umweltkatastrophe", veröffentlicht in Internationale Revue Nr. 41.
[2]Siehe den ersten Teil dieser Serie in Internationale Revue Nr. 42.
[3]ebenda
[4]Im 20. Jahrhundert gab es eine wahre Explosion des Wachstums der Megacities. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es sechs Städte mit mehr als einem Millionen Einwohner; Mitte des 20. Jahrhunderts gab es nur vier Städte mit mehr als fünf Millionen Einwohnern. Vor dem 2. Weltkrieg gab es Megacities nur in den Industriestaaten. Heute befinden sich die meisten Megacities in den Ländern der Peripherie. In einigen Städten ist die Bevölkerung innerhalb von Jahrzehnten um das Zehnfache angestiegen. Gegenwärtig lebt die Hälfte der Erdbevölkerung in Städten, 2020 werden es zwei Drittel sein. Aber keine dieser Städte, in die jeden Tag mehr als 5.000 Zuwanderer strömen, ist in der Lage, solch einem unnatürlichen Bevölkerungswachstum Stand zu halten, so dass die Zuwanderer, die nicht in das soziale Netz der Stadt integriert werden können, die Vorstadtslums weiter anschwellen lassen, und fast immer fehlt es völlig an Dienstleistungen und adäquaten Infrastrukturen.
[5]"Hurrikan Katrina – der Kapitalismus ist verantwortlich für die gesellschaftliche Katastrophe", International Review Nr. 123,
[6]Tödliche Flutwelle in Südostasien: die wahre Katastrophe ist der Kapitalismus" Révolution Internationale, Nr. 353
[8]Bordiga, Führer der linken Strömung der Kommunistischen Partei Italiens, zu deren Gründung er 1921 wesentlich mit beitrug, und aus der er 1930 nach dem Prozess der Stalinisierung ausgeschlossen wurde, beteiligte sich aktiv an der Gründung der Internationalen Kommunistischen Partei 1945.
[9](Anonymes) Vorwort zu "Drammi gialli e sinistri della moderna decadenza sociale" von Amadeo Bordiga, Edition Iskra, Seiten 6, 7, 8 et 9. auf Französisch: Vorwort zu "Espèce humaine et Croûte terrestre“; Petite Bibliothèque Payot 1978, Préface, pages 7,9 et 10)
[10]Veröffentlicht in Battaglia Comunista n°23 1951 und auch in "Drammi gialli e sinistri della decadenza sociale", édition Iskra, Seite 19.
[11]ebenda
[12]A. Bordiga, Politica e ”costruzione”, veröffentlicht in Prometeo, serie II, n°3-4, 1952 und auch in "Drammi gialli e sinistri della decadenza sociale", edition Iskra, Seiten 62-63.
[13]Vorwort zu "Espèce Humaine et Croûte terrestre", op.cit. (Menschengattung und Erdkruste)
[14]Jens Hoyrup, Universität von Roskilde, Dänemark. "Mathematik und Krieg", Konferenz Palermo, 15. Mai 2003. Forschungshefte Didaktik, N°13, GRIM (Départment of mathematics, University of Palermo, Italy) http//math.unips.it/-grim/Horyup_mat_guerra_quad13.pdf.
[15]Annaratone, http//www.scienzaesperienza.it/news.php?/id=0057
[16]Angelo Baracca, "Fisica fondamentale, ricerca e realizzazione di nuove armi nucleari”.