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Seit dem 27. September 2022 sind immer mehr Arbeiter der Ölkonzerne TotalEnergies und Esso-ExxonMobil in den Streik eingetreten. Bei Redaktionsschluss waren sieben von acht Raffinerien blockiert. Ihre Hauptforderung ist klar: um den explodierenden Preisen entgegenzuwirken, fordern sie eine Lohnerhöhung von 10 Prozent.
Alle Arbeitnehmer, Rentner, Arbeitslosen, prekär beschäftigten Studenten, die heute die Inflation, diesen schwindelerregenden Anstieg der Lebensmittel- und Energiepreise, zu spüren bekommen, sind mit demselben Problem konfrontiert: Löhne, Renten oder Vergütungen, die kein würdiges Leben mehr ermöglichen. Die Entschlossenheit der Streikenden in den Raffinerien, ihre Wut und ihr Kampfgeist verkörpern und konkretisieren, was die gesamte Arbeiterklasse in allen Sektoren, im öffentlichen wie im privaten Sektor, empfindet.
Die Medien können noch so viele Bilder von - wegen fehlendem Benzin - endlosen Warteschlangen vor den Tankstellen in Endlosschleife drehen, noch so viele Reportagen über die Mühsal der Autofahrer, die zu ihrem Arbeitsplatz fahren wollen - nichts hilft: Dieser Kampf ruft in den proletarischen Reihen momentan mehr als nur Sympathie hervor, er weckt auch das Gefühl, dass die Arbeiter aller Sektoren im selben Boot sitzen!
Dann können die gleichgeschalteten Medien noch so laut schreien: "Schaut euch diese Wohlhabenden an, die mehr als 5.000 Euro im Monat verdienen!". Aber wer glaubt schon an eine solche Lüge? Umso mehr, als sie uns das bei jedem Streik der Eisenbahner oder der Beschäftigten im Luftverkehr vorhalten... 5.000, 7.000, 10.000 Euro... Wer bietet mehr? In Wirklichkeit verdienen diese Arbeitnehmer nicht mehr als 2.000 Euro als Einstieg, 3.000 für manche am Ende ihrer Laufbahn, wie Lehrer, Krankenschwestern, Facharbeiter usw. Aber diese Propaganda wird im Laufe der Monate immer weniger hörbar, weil in der Arbeiterklasse die Vorstellung wächst, dass wir alle vom Lohnverfall und den immer unerträglicheren Angriffen betroffen sind.
Die spürbare Zunahme der Wut und der Kampfbereitschaft in vielen Bereichen Frankreichs in den letzten Wochen ist daher keine Überraschung. Es ist vielmehr Teil einer breiteren, umfassenderen und internationalen Dynamik, die sich am deutlichsten in den Kämpfen der Arbeiter in Großbritannien in diesem Sommer (und noch immer) widerspiegelt. In unserem internationalen Flugblatt vom 27. August 2022 schrieben wir wie folgt: "Dies ist die größte Bewegung der Arbeiterklasse in diesem Land seit Jahrzehnten; man muss bis zu den riesigen Streiks von 1979 zurückgehen, um eine größere und massivere Bewegung zu finden. Eine Bewegung dieser Größenordnung in einem so großen Land wie Großbritannien ist kein "lokales" Ereignis. Es ist ein Ereignis von internationaler Bedeutung, eine Botschaft an die Ausgebeuteten aller Länder. [...] Die Massenstreiks in Großbritannien sind ein Kampfaufruf an die Proletarier aller Länder". Seitdem haben die Streiks in Deutschland oder die angekündigten Streiks in Belgien diese Tendenz nur bestätigt.
Dennoch sieht sich die Arbeiterklasse einer echten Schwäche gegenüber: der Zersplitterung ihrer Kämpfe. In den letzten zwei Monaten gab es Streiks im Transportwesen (in Metz am 7. Oktober, in Dijon am 8. Oktober, in Saint Nazaire am 11. Oktober, landesweit vom 17. bis 23. Oktober), in der Kinderbetreuung und im öffentlichen Dienst (am 6. Oktober), einen Demonstrationstag am 29. September 2022, der hauptsächlich im öffentlichen Sektor stattfand, usw.
Warum diese Spaltung? Weil die Gewerkschaften heute die Organisation dieser Bewegungen in ihren Händen halten, die sie in viele Körperschaften, Sektoren und spezifische Forderungen zerstreuen und aufteilen. Weil sie die Betreuung der Arbeiter zwischen "radikalen" und "versöhnlichen" Gewerkschaftsorganisationen aufteilen und so mit Spaltungen spielen, die schließlich Zweifel und Misstrauen in den Reihen der Arbeiter erzeugen.
Gegenüber Macron und seiner Regierung präsentieren sich die Gewerkschaften heute als radikal, als Meister des Kampfes ... um uns besser einzukreisen und uns voneinander zu trennen. Indem sie der Idee einer "Besteuerung der Superprofite" und einer besseren "Verteilung des Reichtums" Glauben schenken, die staatliche Bestrafung von Streikenden anprangern sowie die Vorzüge echter Verhandlungen preisen, geben die "Sozialpartner" durch das Spiel ihrer "Opposition" dem Staat Auftrieb, der gerade versucht, als Garant einer wohlwollenden Schiedsgerichtsbarkeit aufzutreten. Die Medien, die Führer der bürgerlichen Klasse, setzen noch einen drauf, indem sie die Gewerkschaften CGT und FO als "unverantwortlich bis zum Äußersten" darstellen, um sie in den Augen der Ausgebeuteten glaubwürdiger zu machen, indem sie ihnen angeblichen Kampfgeist unterstellen, obwohl diese Gewerkschaften selbst perfekt institutionalisierte Staatsorgane sind.
Heute erfahren wir, dass die Beschäftigten des Kernkraftwerks Gravelines, des leistungsstärksten in Westeuropa, ebenfalls in den Streik treten. Ebenso wie die Beschäftigten der SNCF, der RATP oder der großen Einzelhandelsunternehmen. Auch sie fordern höhere Löhne! In einigen Tagen, am 18. Oktober 2022, ist ein "branchenübergreifender" Streik- und Demonstrationstag im Berufsbildungssektor, in den Kliniken, in den privaten Altenheimen, usw. geplant. Mit anderen Worten: Jeder in seiner Ecke, die Einen getrennt von den Anderen. Im Übrigen will der Führer der CGT, Philippe Martinez, in den Sendungen von BFM-TV auf keinen Fall, dass eine einheitliche Bewegung der Klasse notwendig erscheint. Aus diesem Grund orchestriert er mit dem "Generalstreik" die Vervielfachung lokaler Aktionen: "Wir müssen in allen Unternehmen über Aktionen diskutieren und die Streiks verallgemeinern. Das bedeutet, dass es überall Streiks geben muss". Im Klartext: Die Gewerkschaften organisieren die Spaltung und Zersplitterung von Unternehmen zu Unternehmen unter dem Deckmantel der "Verallgemeinerung".
Erinnern wir uns an die Schwäche der sozialen Bewegung gegen die Rentenreform 2019: Es gab große Sympathie für die streikenden Eisenbahner, aber diese Solidarität blieb platonisch und beschränkte sich darauf, Geld in die von der CGT in den Demonstrationszügen herumgereichten "Solidaritäts"-Kassen zu spenden. Die Stärke unserer Klasse liegt jedoch nicht in der Ermutigung aus der Ferne oder in der Zerstückelung in isolierte Streiks.
Nein! Unsere Stärke ist die Einheit, ist die Solidarität im Kampf! Es geht nicht darum, zu "orchestrieren", sich nebeneinander zu stellen. Der Kampf der Arbeitnehmer ist eine einzige Bewegung. In den Streik treten und in Massendelegationen zu den anderen Arbeiterinnen und Arbeiter gehen, die ihnen geografisch am nächsten sind (die Fabrik, das Krankenhaus, die Schule, das Verwaltungszentrum …). Sich treffen, diskutieren und immer mehr Arbeiterinnen und Arbeiter für den Kampf gewinnen. Versammlungen organisieren, um zu debattieren und sich für gemeinsame Forderungen zusammenschließen. Es ist diese Übernahme ihrer Kämpfe durch die Arbeiterinnen und Arbeiter selbst, diese Dynamik der Solidarität, der Ausweitung und der Einheit, die die Bourgeoisie im Laufe der Geschichte immer wieder zum Zittern gebracht hat. Im Klartext: das genaue Gegenteil von dem, was die Gewerkschaften tun.
Heute ist es für die Ausgebeuteten immer noch sehr schwierig, ihren Kampf selbst zu führen. Es scheint ihnen sogar unmöglich, so präsent ist die ständig eingetrichterte Idee, dass man die Führung dieser Kämpfe den gewerkschaftlichen "Spezialisten" anvertrauen müsse. Die Geschichte der Arbeiterklasse beweist jedoch das Gegenteil! Wenn die Führung des Kampfes von den Generalversammlungen übernommen wurde, die kollektiv über die Führung des Kampfes entschieden und gewählte und abwählbare Streikkomitees ernannten, die den Versammlungen gegenüber verantwortlich waren und gerade nicht den verschiedenen Gewerkschaftszentralen (welche nie zögern Spaltungen einzuleiten um die Arbeiter zu demoralisieren), dann waren die Arbeiterinnen und Arbeiter am stärksten und konnten ihre Ausbeuter zurückdrängen.
Internationale Kommunistische Strömung, 13. Oktober 2022