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Zwei Jahre sind seit dem Beginn des Ukraine-Krieges vergangen. Mittlerweile ist Deutschland voll involviert in den größten und gefährlichsten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg, dessen Ende noch immer nicht in Sicht ist. Und seit Beginn des Ukrainekriegs ist mit dem Israel-Hamas-Krieg in Gaza die Gefahr eines neuen Flächenbrandes im Nahen Osten entstanden, bei dem Deutschland auch immer mehr auf verschiedene Art mit von der Partie ist.
Zusätzlich zu diesen beiden genannten Kriegsschauplätzen spitzt sich der Konflikt zwischen China und den USA weiter zu – neben den noch gewissermaßen niedrigschwelligen aber nicht weniger barbarischen „kleineren“ Konflikten in Afrika oder wie jüngst die Spannungen zwischen Venezuela und Guayana.
Gegenüber dieser weltweit tobenden Zerstörungsspirale – den Kriegen, dem sich verschärfenden Handelskrieg, den immer verheerender werdenden Auswirkungen der Umweltzerstörung und anderen Gefahren – muss sich der deutsche Imperialismus entsprechend neu positionieren!
Herstellung der Kriegstüchtigkeit!
Auch wenn Deutschland nicht direkt mit Truppen vor Ort am Ukrainekrieg beteiligt ist, ist die Militarisierung seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs rasant vorangeschritten. Nun heißt die Devise „Kriegstüchtigkeit“ erlangen. Die Botschaft der Ampel-Koalition lautet klar: Mobilisierung aller Kräfte der Bevölkerung für die Kriegstüchtigkeit, und das innerhalb von 5–8 Jahren!. Die Wirtschaft, die Infrastruktur, das Bildungswesen usw. müssen auf diese Bedürfnisse eingestellt werden. Natürlich heißt dies auch die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Ressourcen – schlagartige Verdoppelung des Rüstungshaushaltes. Auch wenn man es nicht offen hinausposaunt: die jüngst beschlossenen Sparpakete werden alle mitbestimmt durch die Bedürfnisse der Finanzierung des Militärs. Deutschland kann sich brüsten, mittlerweile nach den USA in Europa Hauptzahlmeister des Krieges zu sein.[1]
Und die Bundeswehr hat große Bestände ihres eigenen Waffenarsenals an die Ukraine geliefert. Die Rüstungsproduktion, jahrelang nach dem Ende des „Kalten Krieges“ reduziert, wird wieder hochgefahren. Die eigenen Reihen werden auch wieder mit zurückgekauften Leopard Panzern vom braven Schweizer Nachbarn gefüllt, mit dem scheinheiligen Abkommen, diese nicht direkt an die Ukraine weiterzusenden… ein „sauberes Geschäft“. Nahezu alle früheren Tabus bei Waffenlieferungen in Kriegsgebiete sind überwunden. Tag für Tag rollen ausländische Waffen aus dem Westen an die Front der Ukraine.[2] Tausende ukrainische Soldaten werden im Rahmen der EU-Unterstützungsmission EUMAM (European Union Military Assistance Mission Ukraine) an allen möglichen Waffen ausgebildet.
Nun sind auch wieder deutsche Truppen im Baltikum präsent. Obwohl Russland die Nato-Ostexpansion stoppen bzw. abschwächen wollte, agieren Nato-Verbände stärker denn je in Osteuropa, und das neue Stationierungsabkommen von deutschen Truppen in Litauen bedeutet nach Aussage des Verteidigungsministerium eine Zäsur, denn näher standen deutsche Truppen an der russischen Grenze seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr.
Mittlerweile haben sich über 1.2 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine, die verzweifelt fliehen mussten, in Deutschland registrieren lassen. Und deren Zahl könnte noch viel stärker anschwellen… Damit ist die Wohnungsnot für alle, natürlich auch für die Flüchtlinge aus anderen Kriegsgebieten, noch mehr angestiegen. Auf die ökonomischen Folgekosten des Krieges wie explosiver Anstieg der Inflation – allen voran der Energie- und Lebensmittelpreise – gehen wir in einem separaten Artikel näher ein.
Immer mehr stärker militärische Präsenz zeigen
Aber Deutschland spielt nicht nur beim Ukrainekrieg eine führende Rolle. Bei den anderen Kriegsschauplätzen bzw. Spannungsherden mischt es ebenso mit. Nicht nur werden immer mehr Waffen in den Nahen Osten geliefert (von Israel bis nach Saudi-Arabien), überall sind deutsche Waffen begehrt. Und die Marine hat eine Fregatte zur Beteiligung an den Verbänden im Roten Meer geschickt, nachdem der Schiffsverkehr dort durch die Huthi-Rebellen immer mehr bedroht wird. Gleichzeitig verstärkt sich auf dem Hintergrund dieses neuen Wettrüstens die Forderung nach Atomwaffen. Kurzum – das Schreckgespenst des Militarismus hat wieder Mitten im Herzen Europas Einzug gehalten.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr Breuer fordert einen Mentalitätswandel: „Die sicherheitspolitischen Entwicklungen der nächsten Jahre könnten noch nicht abgesehen werden. Deshalb seien nun vor allem Agilität und Flexibilität gefordert“, so Breuer. „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wir uns eigentlich gar nicht richtig vorbereiten können. Sicherheitspolitisch wissen wir nicht, was um die nächste Ecke herumkommt. Aber: Auf genau das müssen wir vorbereitet sein.“ (…) „Die Streitkräfte würden strukturell so aufgestellt, dass sie ihre Aufgaben sowohl in der Landes- und Bündnisverteidigung als auch im internationalen Krisenmanagement erfüllen könnten. Wir sagen immer dazu: one single set of forces. Das heißt, wir müssen Streitkräfte haben, die aus Einem heraus alle Anforderungen dann auch erfüllen können.“[3]
Aus Platzgründen gehen wir hier nicht auf die strategischen Kriegsziele anderer Länder ein. Wir haben dies in vielen Artikeln getan. Stattdessen wollen wir uns hier in diesem Bilanz-Artikel auf einige wesentliche Konsequenzen konzentrieren und einige im Raum stehende Fragen aufwerfen.
In ihrem Machtkampf mit China wollen die USA Deutschland hinter sich zerren
Wie wir in anderen Artikeln aufgezeigt haben, versuchen die USA mit dem Ukrainekrieg Russland auszubluten und so ein Land, das China nahesteht, wesentlich zu schwächen, um letztendlich China zu treffen. In Anbetracht dieses Drucks der USA, die immer noch die Führungsrolle in der Nato ausüben, wurde Deutschland gezwungen, eine diametral gegen seine Interessen gerichtete Position zu beziehen und einen Bruch mit seiner traditionellen „Ostpolitik“ zu vollziehen und die vorherige privilegierte Beziehung zu Russland aufzugeben. Jahrelang hatte man Russland bei dessen imperialistischen Wiedererstarkungsversuchen im Nahen Osten oder auf der Krim wenig Widerstand entgegengesetzt. Das besondere Verhältnis Deutschland-Russland fungierte auch gewissermaßen seit den 1990er Jahren als Gegengewicht angesichts des Drucks der USA gegenüber Deutschland.
Nun mussten die relativ günstigen Energiepreise für russisches Öl und Gas dem Krieg geopfert werden, die Versorgung mit Northstream II wurde gekappt. Seitdem wurde Deutschland in eine Energieabhängigkeit und Erpressbarkeit von den USA bei Energielieferungen getrieben, womit die starke Abhängigkeit von Russland durch die von den USA (und anderen Staaten) „getauscht“ wurde. Aber es reicht nicht, beim deutsch-russischen Verhältnis stehen zu bleiben, wir müssen den Blick weltweit schweifen lassen.
Deutschland will nicht zum Handlanger der amerikanischen China-Politik werden
Bei der globalen Strategie der USA gegen China wollen die USA Deutschland zum Rückzug aus China zwingen. Das umfangreiche Sanktionspaket der USA gegen China hat auch schon deutsche Firmen viel stärker dem Druck der USA ausgesetzt. Zwar hatte Deutschland aus eigener Einsicht einen Abbau der Abhängigkeit von China angestrebt, aber damit zu einer Schachfigur der USA gegen China zu werden, ist für das deutsche Kapital nicht hinnehmbar.
Egal wer der nächste US-Präsident werden wird, der Druck aus den USA wird zunehmen
Nachdem Trump das deutsche Kapital besonders ins Visier genommen und ein Ende der Nato in Erwägung gezogen hatte, erwiesen sich die Demokraten unter Biden als noch viel konfrontativer und rücksichtsloser – auch wenn der Diskurs Bidens als weniger aggressiv rüberkommen sollte. Wenn Trump ein zweites Mandat bekommen sollte, muss das deutsche Kapital noch mehr fürchten – und es wird zu noch mehr offenen Konfrontationen mit den USA kommen. Außerdem ist Trumps Haltung zur Nato und zum Einsatz des atomaren „Schutzschildes“ (Deutschlands Bedrohungsschildes) ungewiss. Während Trump nicht auf die Nato wird verzichten können, wird er mehr Druck auf Deutschland ausüben.
Aber selbst wenn die Demokraten weiter den Präsidenten stellen, werden diese auch weiter auf Konfrontationskurs mit Deutschland gehen. Und falls die Republikaner im Ukrainekrieg weiter den Hahn für die Unterstützungen der Ukraine zudrehen wollen, müssten europäische Länder, vor allem Deutschland als größte Finanzquelle noch mehr Geld in den Krieg pumpen. Dies wirft große Fragen auf, ob sich dies durchsetzen lassen wird. Gegenwärtig liegen die größten Unwägbarkeiten in den USA selbst.
Krieg im Nahen Osten
Wie wir in einem früheren Artikel entwickelt haben, ist nach jahrzehntelanger grenzenloser Unterstützung für Israel das Dilemma der deutschen Bündnispolitik offenbar geworden: während die USA selbst Israel zurückhalten wollen, erteilte Deutschland nach dem 7. Oktober Israel anfangs mehr oder weniger einen Blankoscheck. Das beinhaltet das Risiko, dass sich Deutschland isoliert, und gegenüber dem Nahen Osten in Gegnerschaften gezwungen wird, nachdem es zuvor jahrelang versucht hatte, engere Beziehungen aufzubauen. Das bindet es gleichzeitig punktuell/strategisch noch enger an die USA, obgleich Abgrenzung von diesen geboten ist, und die Schwächung der USA auch Deutschland treffen wird. Ähnlich wie die Position der USA durch den Krieg im Nahen Osten geschwächt wird, wird auch die Position der deutschen Außenpolitik gegenüber Israel Deutschland im Nahen Osten schwächen.
Explodierender Militarismus
Nach 1989 hatte der deutsche Imperialismus durch die Auflösung des Warschauer Paktes das in Osteuropa entstandene Vakuum für seine Expansion ausnutzen können. Zum anderen konnte die Bundeswehr ihre territorialen Streitkräfte reduzieren und Panzer zum Teil verschrotten, während man gleichzeitig anfing, sich an „out-of-area“ Einsätzen (Balkan-Krieg und KFOR, Afghanistan, Mittelmeer, Golf von Aden, Mali usw.) zu beteiligen und somit mehr Gewicht auf Luftwaffe und Marine verlagerte. Bei den Militärausgaben hielt man global den Fuß auf der Bremse und auch bei Rüstungsexporten in Kriegsgebiete proklamierte man ein heuchlerisches Tabu derselben – all das wurde wie oben erwähnt mit dem Ukrainekrieg über Nacht über Bord geworden.
Mit der jetzt erforderlichen Kriegstüchtigkeit müssen die bislang beschränkten Produktionskapazitäten massiv ausgebaut werden, was wiederum eine rigorose Zentralisierung durch den Staat verlangt, was bei der bisherigen Ineffizienz der Bürokratie auf Hindernisse stößt. Ähnlich der staatlichen Steuerung durch die Nazis als Vorbereitung für den Zweiten Weltkrieg muss nun die gesamte Wirtschaft den Diktaten der Kriegswirtschaft unter staatliche Regie unterworfen werden.
Gleichzeitig hat die Bundeswehr ein Problem, dass man nicht genügend neue Kräfte rekrutieren kann, und dass ein großer Teil der Soldaten schon durch die noch beschränkten Auslandseinsätze als traumatisiert eingestuft wurde. Jetzt schon wird laut die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht gefordert, welche Anfang der 2000er Jahre abgeschafft worden war.
Während im Laufe der 2010er schon weitreichende Planungen für den Aufbau eines militärischen Arms – parallel zur Nato, die ja unter US-Dominanz steht – vorangetrieben worden waren, sind diese zumindest mit dem Ukrainekrieg scheinbar in der Versenkung verschwunden. Eine mögliche Rückkehr Trumps wird hier das Blatt vermutlich wieder wenden lassen.
Neue Konfliktfelder in der EU – insbesondere Frankreich...
Während nach 1989 ebenfalls jahrelang das Bündnis mit Frankreich vorangetrieben wurde, hat dieses seit geraumer Zeit auch tiefe Risse bekommen. Mehrere Konfliktfelder – Notwendigkeit und Möglichkeit der Entwicklung europäischer und vor allem deutsch-französischer Waffensysteme oder starke Abhängigkeit von den USA, gemeinsame Kampfverbände, Energiekonkurrenzkampf, Finanzpolitik – werden weiter für Zündstoff sorgen. Auch wird die Verdoppelung des Rüstungshaushaltes das militärische Gewicht von Deutschland und die Forderung nach Anspruch auf eine Führungsrolle verstärken. Vieles wird davon auf Kosten von Frankreich gehen (Tendenz des Jeder für sich).
Während so die Konflikte in Europa und vor allem mit Frankreich an Schärfe zunehmen, wird sich eine stärkere militärische Position Deutschlands gegenüber USA oder anderswo auf der Welt nur zusammen vor allem mit Frankreich aufbauen lassen. Da die Aufrüstung überall die Frage der nuklearen Wiederbewaffnung/Aufrüstung stellen wird, wird jetzt schon die Frage der Gefahr der Unzuverlässigkeit des amerikanischen „Schutzschildes“ unter Trump erörtert und die Unzulänglichkeiten der französischen Nuklearstreitkräfte im Falle eines Krieges in Europa betont.[4]
Fragmentierung in der EU
Auch in Osteuropa zeigen sich die Auswirkungen der Zeitenwende. Nach 1989 gab es in Osteuropa eine „Öffnung nach Westen“, ein Land nach dem anderen wollte in die EU und auch die Nato drang vor (zum Teil gegen den Willen Deutschlands, um nicht Russland zu provozieren, aber wohl auch um den USA nicht noch mehr Einfluss zu überlassen). Aus Kalkül aber auch weil man noch nicht die Mittel hatte, setzte Deutschland nicht prioritär auf eine militärische Karte in Europa, was es aber nicht daran hinderte, auf dem Balkan Kroatien anzustacheln. Seine Joker waren Integration, bzw. Anbindung an die EU/Deutschland. Zirka 2 Jahrzehnte dominierte eine Politik der relativ starken Anbindung und zumindest teilweise Zusammenarbeit, (selbst während des 10 Jahre andauernden Balkankriegs), aber seit einigen Jahren sind Kräfte der Fragmentierung am Werk und das Zerbröseln der EU ist im Gang – am stärksten Ungarn, Polen, Slowakei.
Die zuvor eine Zeit lang eingehegten nationalen Interessen in Osteuropa nehmen nun die Überhand – was sich unter anderem durch Auseinandersetzungen in Polen über eine pro-amerikanische oder eher eine EU Orientierung, in Ungarn über eine Russland-freundliche Orientierung und Blockadehaltung gegenüber der EU äußert. Die jahrelang als „Lockmittel“ eingesetzte Einstimmigkeit innerhalb der EU, die jedem Mitgliedsstaat – unabhängig von Größe/Gewicht) die gleiche Stimmenzahl bei bestimmten Entscheidungen einräumt, erweist sich längst bei vielen Fragen als idealer Hebel des „Jeder für sich“ und als Sprengstoff für die Einheitlichkeit. Man kann generell von wachsender Zerbröselung der EU sprechen.[5]
Der Aufstieg der rechten bzw. populistischen Kräfte in Europa bewirkt einen Einflussverlust der EU-Institutionen und des Gewichtes Deutschlands. All die populistischen und rechten Parteien verwerfen die relative Dominanz Deutschlands in der EU.
Seit dem Vordringen Chinas über die diversen Stoßrichtungen der Seidenstraße war der europäische und insbesondere der deutsche Einfluss in Süd-Osteuropa untergraben worden. Durch dem Ukrainekrieg ist der Vorstoß Chinas in Osteuropa zwar gebremst aber pro-russische Kräfte in Europa haben Auftrieb erhalten. All das beschleunigt das Zerbröckeln der Beziehungen verschiedener Ost-EU-Staaten gegenüber der EU und hat sogar zu neuen, bislang in dem Ausmaß nicht vorhandenen Konflikten geführt, z.B. zwischen Polen und der Ukraine. Weil infolge des Ukrainekrieges der Militarismus durch den Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens auch viel tiefer in Skandinavien und vor allem im Baltikum wuchert, hat Deutschland seine militärische Präsenz in der Ostsee (insbesondere in Litauen) verstärkt.
Deutschland sucht nach Gegengewichten zu den USA
Deutschland wird weiter um das besondere Verhältnis zur Türkei kämpfen, das als klassischer Herausforderer in Konflikte/Kriege mit all seinen unmittelbaren oder mittelbaren Nachbarn geraten ist. Deutschland ist allerdings für die Flüchtlingsabwehr sehr stark auf die Türkei angewiesen, was bedeutet, dass die Türkei u.a. in deren Konflikt mit Griechenland, das stärker von Frankreich gegen die Türkei unterstützt wird, die Interessenskollision Deutschland-Frankreich im östlichen Mittelmeer ausschlachtet und Deutschland zu mehr Zugeständnissen an die Türkei (auf Kosten von Frankreich) zwingt.
Durch den Ukrainekrieg wollten die USA möglichst viele Staaten (insbesondere die BRICS-Staaten) hinter sich gegen Russland scharen. Dies ist den USA nicht gelungen. Deutschland wird gegenüber Indien, Brasilien verstärkt Anstrengungen zur Intensivierung der Beziehungen unternehmen, um deren Bestätigung eigener Interessen zu unterstützen und gegenüber den USA mehr Gewicht zu bekommen.
Das deutsche Kapital kann (noch) auf relativ große Einigkeit der Parteien bei der Außenpolitik rechnen
Bislang war es eine Stärke der deutschen Bourgeoisie, dass sie sich auf der Ebene der außenpolitischen Orientierungen als entscheidungsfähig und relativ geschlossen zeigte. Mit der Sozialdemokratie an der Spitze der Ampel-Koalition verfügt die deutsche Bourgeoisie über eine in Sachen Kriegsmobilisierung seit dem 1.Weltkrieg sehr erfahrene Partei, die dabei Bahnbrechendes für das deutsche Kapital geleistet hat.
Die SPD kann zurzeit am besten den Bedürfnissen des deutschen Kapitals dienen. Besonders geschickt wird die Sozialdemokratie dabei gegenwärtig von den Grünen unterstützt. Diese können von der deutschen Bourgeoisie als ein Segen betrachtet werden, denn deren ideologische Mobilisierung zur Zeit des Balkankrieges trug bei den Bombardierungen Belgrads dazu bei, Deutschland auf militärischer Ebene wieder direkt mitwirken zu lassen. Und sowohl beim Ukrainekrieg als auch bei der Unterstützung Israels treten die Grünen mit am aggressivsten auf, dagegen können sie bei der Politik gegenüber China zu einer Belastung werden. Denn ihr vermeintlicher Anspruch des Schutzes der Menschenrechte spielt den USA gegenüber China in die Hände, da dies die Druckmittel der USA erhöht und die deutsche Eigenständigkeit schmälern kann. Dennoch ist ihr Verdienst in den letzten 25 Jahren bei der Rechtfertigung des Militarismus gewaltig.
Das Aufrüsten und Tabubrechen gerade des deutschen Imperialismus und die weltweit stattfindende Zerstörung stellt die Arbeiterklasse vor eine extreme Herausforderung. Sie ist es, die als alleinige Kraft gegen die brutalen Angriffe auf ihre Lebensbedingungen und den zerstörerischen Militarismus reagieren kann – und schlussendlich muss. Die Mobilisierungen und Streiks seit Herbst 2022 in Großbritannien in verschiedensten Ländern sind eine Reaktion auf die Barbarei des Kapitalismus, die kämpferisch sein und noch viel weiter gehen muss.
TW 10. Februar 2024
[1] Seit Februar 2022 hat die Bundesregierung der Ukraine bereits Hilfen im Gesamtwert von 27,8 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, als „humanitäre Unterstützung“, direkte Zahlungen oder in Form von Waffen. Dabei sind Unterstützungsleistungen, die Deutschland der Ukraine über EU-Programme gibt, noch nicht mit eingerechnet, d.h sie sind in Wahrheit noch umfangreicher. Damit ist Deutschland für die Ukraine weltweit der größte Geber nach den USA. Die USA sind nach wie vor die größten Zahler bei Militärhilfen im Umfang von 44 Milliarden Euro. Deutschland folgt an zweiter Stelle mit 17 Milliarden Euro. Für Geflüchtete aus der Ukraine müssen nochmal mindestens pro Monat ca. eine Milliarde Euro aufgebracht werden.
[2] Von den 40.000 ukrainischen Soldaten, die in der EU ausgebildet wurden, wurden 10.000 in Deutschland geschult; weitere 10.000 sollen 2024 folgen. Die Bundeswehr bildet unter anderem am Flugabwehrsystem „Patriot“, der Panzerhaubitze 2000, dem Schützenpanzer „Marder“ und den Kampfpanzern „Leopard 1" und „Leopard 2“ aus. Zudem gibt es Trainings in militärischer Führung und im Sanitätsbereich. (lt. Bundeswehrangaben)
[3] https://www.bundeswehr.de/de/aktuelles/meldungen/generalinspekteur-zur-kriegstuechtigkeit-bundeswehr-5718502
[4] Präsident Emmanuel Macron drängt darauf, das geplante europäische Flugabwehrsystem (European Sky Shield Initiative, ESSI) um eine nukleare Abschreckungskomponente zu erweitern. Da diese nach Lage der Dinge von Frankreich gestellt würde und Paris einen herausragenden Einfluss erlangen würde, lehnt die Bundesregierung die Pläne ab.
[5] Auch wenn jetzt in Polen eine vermutlich EU-freundlichere Regierung unter Tusk angetreten ist und dieser auch Frankreich-Deutschland gegenüber besser gesonnen ist, ist die tiefergehende Dynamik damit nicht gebrochen.