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Dezember 2007

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Der Kampf der Bahnarbeiter hat das Potential zu einem Kampf mit Weichenstellung

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Zunehmend wird deutlich, dass das Kapital an Grenzen stößt, die Arbeiterklasse mit den herkömmlichen Mitteln zu erpressen und und zu disziplinieren. Der drohende Zeigefinger der ökonomischen Krise, die Argumentation mit der Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen auf dem Weltmarkt, verliert seine Integrationsfähigkeit, mit der sich die Belegschaften hinter die Rezepte ihres Managements und der politische Bourgeoisie einreihen.

Der nachfolgende Text wurde uns als Stellungnahme zum Eisenbahnerstreik zugeschickt. Da wir mit den Hauptaussagen übereinstimmen, veröffentlichen wir ihn hier nachfolgend. IKS


Zunehmend wird deutlich, dass das Kapital an Grenzen stößt, die Arbeiterklasse mit den herkömmlichen Mitteln zu erpressen und und zu disziplinieren. Der drohende Zeigefinger der ökonomischen Krise, die Argumentation mit der Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen auf dem Weltmarkt, verliert seine Integrationsfähigkeit, mit der sich die Belegschaften hinter die Rezepte ihres Managements und der politische Bourgeoisie einreihen. Die ritualisierten Tarifverhandlungen reichen immer weniger aus um das gestörte Gerechtigkeitsempfinden und die materielle Unzufriedenheit der Werktätigen zu dämpfen. Das Gefühl einen Arbeitsplatz zu haben und ihn mittels Schulterschluss mit der Geschäftsleitung gegen die Marktkonkurrenten zu verteidigen, weicht immer mehr der Erkenntnis, dass man vorgeführt wird. War man durchaus massenhaft bereit reale Einkommensverluste und Ausdehnung unbezahlter Arbeit zur Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes hin zu nehmen, und schenkte der Propaganda der politischen Bourgeoisie glauben, beweist die Realität der Werktätigen das genaue Gegenteil und es macht sich die Erkenntnis breit, das Glauben-Warten-Hoffen zu einer immer größeren Verschlechterung der eigenen Situation führt. Die durchaus realen und steigenden Unternehmensprofite sind nicht Ausdruck wachsender Prosperität der Warenproduktion in ihrer Gesamtheit, sondern vor allem durch massive Ausdehnung der unbezahlten Arbeit, Lohnverzicht und Verfügbarkeit für die Unternehmensinteressen erzielt.

Die steigenden Unternehmensprofite erhöhen eben nicht den Wohlstand der Werktätigen, sondern fördern lediglich die weitere Forcierung der nationalen und weltweiten Konkurrenzsituation unter den Lohnabhängigen selber. Das die wachsenden Profite der Konzerne auch gar nicht dafür vorgesehen sind, den allgemeinen Wohlstand der Arbeiterschaft zu erhöhen, sondern lediglich dazu dienen in der Konkurrenzwirtschaft die Ausgangsposition für die eigene Akkumulation zu erhöhen, beweist sich durch die permanenten Mahnungen seitens des Staates und des Kapital, das zarte Pflänzchen ihres Aufschwungs nicht durch überzogene Lohnforderungen zu zerstören.

Die Profite von heute sind eben die Investitionen von morgen.

Genau so argumentieren die Vertreter der Bahn AG. Stolz erklären sie uns ihre Sanierungserfolge der Vergangenheit, um gleichzeitig mahnend an zu heben, welche überlebensnotwendigen, riesigen Investitionssummen im internationalen Konkurrenzkampf, unmittelbar auf sie zu kommt und begründet so die Unverantwortlichkeit der Forderungen der Bahnarbeiter, nach mehr Lohn und Verkürzung der Arbeitszeit, die über die GDL in den Spielregeln des bürgerlichen Tarifkonflikts transformiert werden.

Kapital benötigt eben mehr Kapital um den nächsten Akkumaltionszyklus zu finanzieren.

Die Bahn AG ist nicht fähig das notwendige Investitionskapital für ihre strategischen Ziele aus der Unternehmenskasse zu finanzieren, sondern bedarf der Finanzierung durch Fremdkapital, das man aus einer Umwandlung in eine offenen AG erzielen möchte. Da Aktien Vorschusslorbeeren auf gelungene Geschäfte in der Zukunft sind, muss man bei den Investoren natürlich das Vertrauen in die Rentabilität ihrer Investition erzeugen. Dies funktioniert nur mit einer folgsamen und zugerichteten Belegschaft, die, die strategischen Ziele und Interessen der Geschäftsleitung verinnerlicht hat und bereit ist sich weiter zu opfern.

Das überraschende, bzw. das besondere an diesem Konflikt ist allerdings, wie wenig sich die Arbeiter auf die Argumentation und Szenarien der Unternehmensleitung ein und die Militanz eine konkrete Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen zu erkämpfen.

War die GDL bisher fähig das ganze als einen Konflikt für ihre Anerkennung

als eigenständiger Tarifpartner darzustellen und zu kanalisieren, wird im Verlaufe des Konflikts immer deutlicher, dass diese Forderung eigentlich ein Klotz am Bein der kämpferischen Arbeiter ist. Verhindert sie doch eine Solidarisierung unter der Gesamtbelegschaft der Bahn AG und der Werktätigen im Allgemeinen.

Die GDL fokussiert auf ihre Anerkennung als Tarifpartner mit der Argumention, dass die sparten übergreifenden Konkurrenzgewerkschaften des DGB nicht fähig oder willens sind, die Interessen der Lokführern in angemessenen Maße zu vertreten. Sei ihre Anerkennung als tariflicher Ansprechpartner erst einmal durchgesetzt, werde man die Verbesserung der Arbeitsbedingungen schon den richtigen Ausdruck verleihen können. Diese Argumentation ist ein trojanisches Pferd, das die Kampfbereitschaft der Arbeiter von innen angreift. Denn der Anerkennung der GDL als Tarifpartner werden die unmittelbare Verbesserung der Lebens.- und Arbeitsbedingungen der Bahnarbeiter geopfert und diese Forderungen dienen der GDL Führung lediglich als Druckmittel und Verhandlungsmasse und spaltet die die Gesamtinteressen der Arbeiter in Berufsgruppen auf.

Das Interesse der Arbeiter kann aber nicht eine weitere wie auch immer geartete Gewerkschaft sein, sondern eben nur eine wirkliche Verbesserung ihrer Arbeits.- und Lebensbedingungen. In der GDL sehen sie momentan nur das realistische Instrument zur Durchsetzung dafür.

Allerdings dient die GDL der Bourgeoisie als Kontrollinstrument des Arbeitskampfes, dass die Wut der Bahnarbeiter nicht auf andere Belegschaften überspringt und die Kämpfe sich spontan ausdehnen, oder gar einen internationalen Bezug auf die Situation in Frankreich erhalten.

Dieses Szenario ist nicht abwegig, wenn man die Gleichzeitigkeit des Kampfes der französischen Transportarbeiter und die direkten Folgen eines erfolgreichen Streiks bedenkt.

Der Erfolg des Streiks wäre nicht nur an den Prozenten der Lohnerhöhung zu messen, sondern dass er der Arbeiterschaft als gesamte Klasse eine kämpferische Perspektive eröffnet, die die gesamten Argumentationsketten der Bourgeoisie durchbricht und die autonomen Interessen der Arbeiterschaft als Klasse wieder in den Fokus der gesellschaftlichen Auseinandersetzung bringt.

Die Herrschenden verpacken dies zwar vorsorglich propagandistisch mit den negativen Folgen

auf die gesamtwirtschaftliche Situation und erklären die Streikenden schon mal im Voraus als Schuldige für die nächsten Angriffe auf unsere Lebensbedingungen, ihnen ist allerdings auch nur zu bewusst, dass die Bahnarbeiter nicht ohne Sympathie und unter genauster Beobachtung der gesamten Arbeiterklasse kämpfen.

Eine aktive Solidarisierung muss unter allen Umständen verhindert werden. Deswegen wird der politische Druck auf Tiefensee, Mehdorn und GDL wachsen am Verhandlungstisch rasch eine Lösung zu finden. Ob die Bahnarbeiter auf den Leim der GDL gehen und sich mit der Anerkennung der Gewerkschaft zufrieden geben, sich ihre Kampfkraft erschöpft und sie gedemütigt und geschlagen werden, oder einen neuen Zyklus des Kampfes einläuten, ist abhängig von der Solidarität und Unterstützung der gesamten Arbeiterschaft, die erkennen muss, dass dieser Konflikt weit über das Niveau der üblichen Tarifkonflikte hinausgeht.

Werden die Bahnarbeiter geschlagen, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf uns alle. Denn dafür hat dieser Arbeitskampf schon viel zu große politische Kreise gezogen und an Gesamtbedeutung auf das Bewusstsein der Arbeiterklasse gewonnen.

Die Wechselwirkung der Solidarität unter der Arbeiterschaft ist der Kern dieses Konflikts und der wirkliche Gradmesser des Erfolgs. Hier zeigen sich auch die direkten Aufgaben der Kommunisten, genau dies zu unterstützen und von den Werktätigen einzufordern.

Bruno

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Aktuelles und Laufendes: 

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Krupp- Rheinhausen - vor 20 Jahren

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Wir veröffentlichen nachfolgend einige Artikel, die wir in unserer Zeitung Weltrevolution vor 20 Jahren zum Kampf der Beschäftigten von Krupp-Rheinhausen (Duisburg) veröffentlichten.    Lehren aus den Dezember-Kämpfen

Wir veröffentlichen nachfolgend einige Artikel, die wir in unserer Zeitung Weltrevolution vor 20 Jahren im Jan. 1988 zum Kampf der Beschäftigten von Krupp-Rheinhausen (Duisburg) veröffentlichten.   

Lehren aus den Dezember-Kämpfen Solidarität muß zum Zusammenschluß der Kämpfe führen

 

Am 27. Nov. letzten Jahres brach der Kampf um Krupp-Rheinhausen aus. Zu einer Zeit, in der die Bourgeoisie massive Angriffe gegen die gesamte Arbeiterklasse vornimmt, wurden die Schließung des Duisburger Werkes von Krupp-Rheinhausen und die Entlassung von über 5.000 Arbeitern angekündigt. Diese Nachricht löste den massivsten Kampf aus, der seit den 1920er Jahren in Deutschland stattgefunden hat.. Die Arbeiter dehnen den Kampf aus Als die Entlassungen bekannt wurden, reagierten die Ar­beiter sofort: sie legten die Arbeit nieder und riefen alle Arbeiter der Stadt zu einer Vollversammlung auf. Die Belegschaften von Thyssen und Mannesmann in Duis­burg traten sofort in Solidaritätsstreiks. Somit wurde klar, daß die Entlassungen bei Krupp alle Arbeiter angehen, und daß vor allem im Ruhrgebiet die aktive Solidarität nicht ausbleiben durfte. Am 30.11. fand eine Vollversammlung mit 9.000 Arbeitern von Krupp und massiven Delegationen der anderen großen Fabriken in Duisburg statt. Die Versammlung rief zum gemeinsamen Kampf im Ruhrgebiet auf. Am 1.12. fanden in 14 Krupp-Werken im Bundesgebiet Demos und Vollversammlungen statt, an denen sich starke Delegationen aus Rheinhausen beteiligten. Am 3.12. demonstrierten 12.000 Schüler in Rheinhausen gegen die geplanten Entlassungen. Eine Delegation von Bergarbeitern forderte einen gemeinsamen Kampf von Berg- und Stahlarbeitern. Das gesamte Ruhrgebiet war mobilisiert und kampfbereit! Am 8.12. demonstriertem Bedienstete der Stadt Duisburg (über 10.000) in Rheinhausen, um ihre Solidarität zu bekunden. Die Gewerkschaften, die zunächst Schwierigkeiten hatten, diese Flut der Solidarität der Arbeiter einzudämmen. traten auf den Plan. Sie kündigten am 5.12. einen Aktionstag für den 10.12. an, an dem sich das ganze Ruhrgebiet beteiligen sollte. Ihr Ziel war es, die Kampfbewegung unter ihre Kontrolle zu bringen und sie somit scheitern zu lassen. Da der Solidaritätswille der Arbeiter nicht leicht zu brechen und die Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes für alle Arbeiter klar war, mußten die Gewerkschaften diesen Drängen der Arbeiter zum Schein nachgeben, um der Bewegung so die Spitze zu brechen. Der Aktionstag sollte angeblich den Verkehr im Ruhrgebiet lahmlegen. Was geschah aber tatsächlich? Denn in Wirklichkeit bedeutete dies, daß die Arbeiter nicht gemeinsam und vereinigt demonstrierten, nicht in Massenversammlungen den weiteren Verlauf des Kampfes diskutieren konnten, sondern daß sie isoliert voneinander, über das ganze Ruhrgebiet zerstreut, in Gruppen zersplittert Straßen blockierten. Nach einigen Stunden dieser Aktion waren nur noch wenige Arbeiter an den Straßenkreuzungen von Duisburg anzutreffen. Die meisten waren mit einem miesen Gefühl nach Hause gegangen. Und dennoch hätte es ganz anders kommen können. An diesem Tag fand eine Vollversammlung um 7.30 Uhr bei Krupp statt, an der 3.000 Arbeiter teilnahmen. Um 10.00 Uhr fand eine weitere Vollversammlung der Thyssen-Arbeiter statt. Postbeschäftigte und Arbeiter aus Süddeutschland kamen nach Rheinhausen. 90.000 Stahlarbeiter standen im Kampf, gleichzeitig legten 100.000 Bergleute aus Solidarität für einige Stunden die Arbeit nieder. An verschiedenen Orten verließen die Arbeiter die Fabriken und demonstrierten wie z.B. bei Opel-Bochum. Das Ausmaß der Mobilisierung und der Kampfbereitschaft an diesem Tag hätte zu einer riesigen Machtdemonstration der Kraft der Arbeiterklasse werden können. Wenn all die mobilisierten Arbeiter nicht durch unendlich viele Straßenblockaden zerstreut voneinander gewesen, sondern geschlossen, zusammen auf die Straße gegangen wären, hätte die Kampfbewegung einen starken Impuls bekommen. Der 10.12. war der Höhepunkt des Kampfes um Rheinhausen, gleichzeitig aber zeigte er all die Schwächen des Kampfes auf, die die Gewerkschaften ausnutzen konnten, um den Kampf zu entschärfen. Am 11.12 kündigte Bonn die Entlassung von 30.000 Bergleuten an. Es kam aber nicht zu einem gemeinsamen Kampf von Berg- und Stahlarbeitern. Dafür hatte die IG-Bergbau gesorgt, die vor Solidaritätsaktionen gewarnt hatte mit den Vorwand, daß die Forderungen der Bergarbeiter dann untergehen würden, wenn sich die Bergleute mit den Stahlarbeitern solidarisierten.Die Gewerkschaften ließen dann eine Woche verstreichen, bevor eine erneute Massenaktion stattfand (18.12.)... ein Fackelzug mit anschließendem Gottesdienst. Sicherlich das beste Mittel, um die kämpferischsten Arbeiter fernzuhalten. In den nachfolgenden Wochen wurde klar, daß die Kampfbereitschaft der Kruppianer weiterhin sehr stark war, wie die spontane Reaktion in der Nacht des. 6. Januar aufzeigt, als die Arbeiter die Nachtschicht verließen und auf die Straße gingen, nachdem die Schließung von Rheinhausen als unvermeidlich angekündigt worden war. Dennoch ist die „aufsteigende Dynamik“ die der Kampf bis zum 10.12. aufwies, durch die Sabotagearbeit der Gewerkschaften gebrochen worden. Im neuen Jahr ver­anstalteten- die Gewerkschaften Aktionswochen in Form von sog. "Spaziergängen" mit Bus und Autos zu anderen Fabriken. Das ist eine Karikatur von dem, was die Arbeiter Anfang Dezember als eine Notwendigkeit spürten: die Ausdehnung und Vereinigung des Kampfes.Lehren aus dem Kampf – Nur die Vereinigung der Kämpfe kann die Angriffe zurückdrängenAls Anfang Dezember die Arbeiter in Rheinhausen den Kampf aufnahmen, dehnte er sich innerhalb von ein paar Tagen auf das ganze Ruhrgebiet aus. Heute hingegen "spazieren" die Krupp-Arbeiter von einem Betrieb zum anderen und erhalten schön klingende Solidaritätserklärungen der Betriebsräte dieser Betriebe. Es ist keine Rede mehr vom gemeinsamen Kampf. Das weiß auch die Bourgeoisie, die ihre Position verhärtet und die Schließung von Rheinhausen als unausweichlich erklärt. Die Frage muß also gestellt werden, was diese Wende herbeigeführt hat, wieso nach dem anfänglich so breiten Kampf letztendlich die Krupp-Arbeiter alleine zurückbleiben? Und die Lehre, die man ziehen muß, ist, daß Sympathiestreiks und Solidaritätsbekundungen zwar ein wichtiger Schritt sind, daß sie aber nicht ausreichen, um die Entlassungen und die Angriffe der Bourgeoisie zurückzudrängen. Die Solidarität muß zur Vereinigung der Kämpfe selber führen. Aber was heißt Vereinigung?Wenn die Arbeiter in Rheinhausen den Kampf gegen Entlassungen aufnehmen, dann sind ihr Kampf und ihre Forderungen grundsätzlich die gleichen wie in anderen Betrieben und Branchen. Die Bergleute werden wie die Stahlarbeiter von Massenentlassungen betroffen. Aber auch im öffentlichen Dienst werden die Angriffe stärker Haushaltskürzungen, Streichung von Krankenhausbetten, Privatisierungspläne bei der Post, Stellenstreichungen bei der Bahn...Die Solidarität mit Rheinhausen bedeutet den Kampf für die eigenen Forderungen aufnehmen. Grund genug dazu gibt es.Gerade für die Bergleute bestand kein Anlaß, sich zu verkriechen und sich zurückzuhalten, als die Stahlkocher zum gemeinsamen Kampf, zur Solidarität aufriefen. Denn wenn sich so wichtige Teile wie die Bergleute und die Stahlkocher zusammen in Bewegung setzen und gemeinsam ihr Gewicht in die Waagschale werfen, wenn sich bei; dieser Bewegung andere Beschäftigte anschließen, wie das Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und Opel-Arbeiter ansatzweise taten, entsteht eine Sogwirkung, in der immer mehr Teile der Arbeiterklasse in Fluß geraten. Dann geraten die Kapitalisten und ihr Staat erst richtig unter Druck, und kein Teil der Arbeiterklasse steht dann mehr allein mit seinen Forderungen dem Kapital gegenüber. So haben die Bergleute im Dezember eine große Gelegenheit verpaßt, und es ist kein Zufall, daß just einen Tag nach dem 10.12., als der Zusammenschluß zwischen Bergbau und Stahl nicht hergestellt wurde, der Staat den Abbau von ca. 30.000 Arbeitsplätzen im Bergbau beschloß. Es liegt auf der Hand. Die besten Kampfmöglichkeiten bestehen dann, wenn andere Arbeiter schon in den Kampf getreten sind. Dann sind gemeinsames Auftreten, gemeinsame Demos, gemeinsame Vollversammlungen und Massendelegationen, gemeinsame Aktionen überhaupt einfacher durchzuführen. Aber um das zu erreichen, müssen sich die Arbeiter darüber bewußt werden, daß wenn heute die Arbeiter in einer Fabrik von Angriffen getroffen werden, sie selbst wenig später in die Schußlinie geraten werden. Deshalb: der Kampf der einen Arbeiter muß der Kampf der anderen Arbeiter werden!Und wenn es die Arbeiter irgendwo schaffen, die Angriffe des Kapitals zurückzudrängen, dann nur weil andere Arbeiter ebenfalls in den Kampf getreten sind. So können die Rheinhausener Arbeiter die Entlassungen nur abwehren, wenn das ganze Ruhrgebiet dahintersteht und mitkämpft.Die Krupp-Arbeiter haben durch ihren Kampf eine große Solidaritätswelle hervorgerufen Diese explosiven Reaktionen lassen darauf schließen, daß die aufsteigende Kampfbereitschaft immer größere Teile der Klasse zu neuen, heftigen Klassenauseinandersetzungen führen wird, In diesen werden die Arbeiter wieder den gleichen Schwierigkeiten und Spaltungstaktiken der Gewerkschaften gegenübertreten. Deshalb müssen sich bereits heute alle Arbeiter die Lehre zu Eigen machen, daß aktive Solidarität mehr als Sympathiebekundungen verlangt. Ja, nun muß selbst in den Kampf treten und versuchen, den Widerstand aller Arbeiter wirkungsvoll zusammenzuschließen, ihn  zu "vernetzen", wie es von den Rheinhausener Arbeitern formuliert wurde. Dies heißt aber. daß sich die Arbeiter nicht mehr in den Fangnetzen der Gewerkschaften fangen lassen dürfen. Die Bestrebungen zum Zusammenschluß der Kämpfe können nur gegen den Widerstand, gegen die Sabotagetaktik der Gewerkschaften erfolgen. Und dies erfordert nichts anderes, als daß die Arbeiter selbst die Initiative in die Hand nehmen. Daß diese Perspektive keine Utopie, sondern eine reale Möglichkeit ist, beweist die Initiative von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, wie wir in dieser Zeitung zeigen.17.1.1988 Nat. (Weltrevolution Nr. 30, Jan-März 1988) 

Die Intervention der IKS in den Kämpfen

In Weltrevolution Nr. 29 schrieben wir einen Artikel zum Klassenkampf in der BRD mit dem Titel: "Massive Kämpfe rücken näher". Wir zeigten anhand vieler Beispiele des Widerstands gegen die Flut der Angriffe auf allen Ebenen auf, wie in der BRD zunehmend das Potential für einen breiten Abwehrkampf der Arbeiter heranreift. Diese Einschätzung war Anlaß für die IKS, ein Flugblatt mit dem Titel: "Für bundesweite Aktionen aller Arbeiter gegen alle Angriffe" herauszugeben. Die Gleichzeitigkeit des Widerstands bei Stahl, Kohle und im öffentlichen Dienst bietet die Möglichkeit der massiven Ausdehnung und Vereinigung des Arbeiterkampfes. Demonstrationen und Versammlungen sind dazu besonders geeignete Mittel. "Entschlossene Arbeiter müssen jetzt schon dafür eintreten, bei Diskussionen, Versammlungen, Demonstrationen das Wort ergreifen, um sich für diese Perspektive des gemeinsamen Kampfes stark zu machen. Arbeiter verschiedener Betriebe und Branchen müssen direkten Kontakt zueinander aufnehmen, um den Zusammenschluß der Kämpfe in die Wege zu leiten" (17. Nov.'87). Im Rahmen ihrer Analyse der Lage in der BRD wurde die IKS vom Ausbruch des Kampfes der Krupp-Beschäftigten dessen Ausbreitung nicht überrascht. Das oben erwähnte Flugblatt wurde vor und während des 10. Dezembers an Fabriken im Ruhrgebiet und in Köln, die unterschiedlichen Branchen von Chemie und Automobil über öffentlichen Dienst, Maschinenbau bis zur Stahlindustrie angehören, verteilt. Der 10. Dezember 1987 konnte schon im voraus zumindest als der erste Höhepunkt dieser Kampfbewegung eingeschätzt werden - der Tag, an dem sich das Schicksal der weiteren Bewegung entscheiden sollte. Auf dem Spiel stand, ob es den Arbeitern gelingen würde, der Ausdehnung des Kampfes auf andere Betriebe Schritte näher zu kommen, oder ob die Gewerkschaften trotz der massenhaften Mobilisierung dcr Arbeiter die einzelnen Bereiche voneinander isolieren könnten. In dieser Lage konzentrierte sich unsere Intervention entsprechend unserer bescheidenen Kräfte auf Punkte, wo möglichst viele Arbeiter in Versammlungen zusammenkamen - die Kundgebung  um 7 Uhr vor den Tor I von Krupp-Rheinhausen und die Belegschaftsversammlung  bei Thyssen. Ziel war es, für massive Versammlungen bzw. Demonstrationen zu werben, auf denen die Arbeiter aus verschiedenen Branchen über die Fortführung des Kampfes debattieren und entscheiden könnten, und die Isolierungsstrategie der Gewerkschaften mit ihren Straßenblockaden als Falle zu entblößen. Tatsächlich hat das gewaltsame Eindringen der Rüttger-Arbeiter bei der Thyssen-Versammlung in Duisburg-Hamborn uns mit dieser Orientierung recht gegeben. Diese Arbeiter hatten nämlich den Werkschutz beiseite gedrängt, der nur den Zutritt von Thyssen-Arbeitern zulassen wollte. Dennoch blieben solche Vorstöße auf dem halben Weg stecken, wie bei Thyssen, wo die Rüttger-Arbeiter sich letztlich der Versammlungsleitung des Betriebsrates beugten und einfach ruhig im Saal Platz nahmen, nachdem der BR selbst zu Beginn der Versammlung "betriebsfremde" Arbeiter zum Verlassen des Saales aufgefordert hatte.Dieser Tag hat sowohl die ganze Kraft und das ganze Ausmaß der Bewegung ans Licht gebracht, als auch ihre Grenzen aufgezeigt, die in den nachfolgenden Aktionen überwunden werden mußten, sollte die positive Dynamik des Kampfes nicht endgültig gebrochen werden. Die IKS brachte sofort ein weiteres Flugblatt heraus, mit dem die Lehren des 10.12. gezogen werden sollten, um so auf die weitere Entwicklung Einfluß zu nehmen. "Die Verstärkung des Kampfes liegt aber jetzt darin, die Arbeitsniederlegungen auszunutzen, um möglichst  massive Straßendemonstrationen aller Arbeiter durchzuführen, sowie öffentliche Massenkundgebungen, wo die Arbeiter selber ans Mikrophon gehen, Kampferfahrungen austauschen und gemeinsame Forderungen ausarbeiten. Aus Solidarität die Arbeit niederzulegen und bei Demos mitzumarschieren, ist ein erster Schritt, der aber als solcher nicht ausreicht. Ihm muß ein zweiter folgen: die anderen Arbeiter müssen ihre eigenen Forderungen aufstellen und selbst in den Kampf treten (Flugblatt der IKS 12.12.1988).Die Waffen des Proletariats sind sein Klassenbewußtsein und seine Organisationsfähigkeit. Das eine kann sich ohne das andere nicht entwickeln, und der Kampf selbst ist die Schule, in denen beides gelernt wird. Die Aufgabe der Revolutionäre kann also nicht nur im Aufzeigen des allgemeinen Ziels der Arbeiterkämpfe bestehen. Sie müssen darüber hinaus in der Lage sein, in den Kämpfen der Arbeiter konkret und realistisch die nächsten Schritte aufzuzeigen. Die Klarheit der Prinzipien in allen grundsätzlichen Fragen ist dabei ebenso wichtig wie die Anwendung der marxistischen Methode zur Analyse der Lage im Allgemeinen, wie von Tag zu Tag und die Entschlossenheit nicht abseits zu stehen, sondern einzugreifen und teilzunehmen am Kampf der Arbeiter. EMT (Jan. 1988).  Das unten abgedruckte Flugblatt, von Arbeitern aus Kölner Krankenhäusern herausgegeben , und vertrieben, und unter anderem bei Krupp-Rheinhausen im Dezember verteilt, zeigt konkret auf, daß es möglich ist, völlig unabhängig von  gewerkschaftlichen oder anderen staatlichen Organen, direkt die Initiative zu ergreifen und auf einen Zusammenschluß aller Arbeiter hinzuarbeiten. Leider geben die Herausgeber des Flugblatts keine Kontaktadresse an. Auf jeden Fall ist diese wie ähnliche Initiativen in anderen Ländern ein Beispiel, das Schule machen sollte.

 

Arbeiter- ergreifen selbst die Initiative

Gemeinsam können wir  mehr  erreichen Wir sind eine kleine Gruppe, die sich aus dem Personal der Kölner Krankenhäuser zusammengesetzt hat. Wir sind keiner Gewerkschaft und keiner Partei untergeordnet, sondern wir vertreten hier unsere eigene Meinung. Weshalb wir uns zu Wort melden ist, daß die Bedingungen in den Krankenhäusern für das Personal sowie für die Patienten immer unerträglicher werden. Den Anstoß für diese Stellungnahme haben uns die Beispiele aus dem Ruhrgebiet gegeben, wo Hundertausende sich gemeinsam und solidarisch gegenüber den Massenentlassungen im Bereich der Stahlindustrie und dem Bergbau gezeigt haben.Auch der öffentliche Dienst einschließlich der Krankenhäuser haben sich durch Arbeitsniederlegungen und Teilnahme an Demos daran beteiligt, wobei aber noch keine eigenen Forderungen gestellt wurden. Denn es geht nicht darum, aus Mitleid mit den Kruppianern auf die Straße zu gehen, sondern es gilt zu verstehen, daß wir alle den gleichen Angriffen ausgesetzt werden und uns auch nur gemeinsam dagegen wehren können. Das Gegenstück der Massenentlassungen in der Industrie ist im öffentlichen Dienst der Stellenabbau bzw. Einstellungsstop.Die Auswirkungen sind jeweils die gleichen: auf der einen Seite die Arbeitslosigkeit; auf der anderen die Mehrbelastung der noch Übriggebliebenen. Durch die Streichung der Steuerfreibeträge für Wochenend-, Feiertags- und Nachtarbeit werden gleichermaßen der öffentliche Dienst sowie die Industrie betroffen. Durch Blüms "Reform" des Gesundheitswesens wird nicht nur das Personal der Krankenhäuser sondern die ganze Bevölkerung getroffen.Es hat sich gezeigt, daß "Vater Staat" genauso rücksichtslos und brutal mit seinen Beschäftigten umspringt wie jeder private Unternehmer. Angesichts dieser Tatsache befürworten wir, daß möglichst massive Protestaktionen und Demos zustande kommen, bei denen die Rücknahme der Massenentlassungen, der "Gesundheitsreform" usw. . verlangt wird.Wir sollten dem Beispiel des Ruhrgebiets folgen und uns ebenfalls in Köln solidarisch erklären mit der KHD (2000 Entlassungen).Dieses Schriftstück soll ein Beispiel dafür sein, daß wir auch als kleine Gruppe, ohne die Parteien, Gewerkschaften usw. selbst aktiv werden können. Wir sind keine passive Manövriermasse. Jeder kann und muss sich zu Wort melden.   

"Neue Töne der Linken zur Verteidigung des Kapitals"

Seit Jahren hat man sich daran gewöhnt, bei gewerkschaftlich orientierten Veranstaltungen zum Thema Klassen­kampf mit Schlachtrufen wie "bedingungslose Verteidigung der Gewerkschaften" (die das Kapital angeblich 'zerschlagen' will) regelrecht bombardiert zu werden. Zwar vergaßen die Linken und die Basisgewerkschafter meistens nicht, die Gewerkschaftsführung zu kritisieren. Aber wenn jemand behauptete, die Arbeiter können und müssen ihren eigenen Kampf gegen die gewerkschaftliche Sabotage selber führen, bekamen diese regelrechte Wutanfälle und blockierten jede Diskussion darüber sofort ab.Bei einer öffentlichen Großveranstaltung des basisgewerkschaftlichen Solidaritätskomitees Krupp am 12. Februar 1988 in Berlin konnte man jetzt ganz andere Töne hören. Bereits das Einführungsreferat des Sprechers des Komitees erzählte etwas über eine "neue Arbeiterbewegung", und über die Suche der Arbeiter im Ruhrgebiet im Dezember nach "neuen, wirkungsvolleren Kampfformen", die "mehr Spaß machen" als die "traditionellen, langweiligen, gewerkschaftlichen Methoden". Auch der Hauptredebeitrag des Abends, vom Krupp - Rheinhausener Betriebsratsvertreter T. Steegmann gehalten, der als direktes Ausführungsinstrument der IGM Klassenkampf-Sabotage vor Ort sogar den "Kollegen Steinkühler" in Schutz nehmen wollte, betonte vor allem die Eigeninitiative der Arbeiter während der Dezemberkämpfe.Was steckt hinter dieser neuen Tonart der "kritischen" aber unerbittlichen Verteidiger der Gewerkschaften? Sie haben ihre Rolle nicht aufgegeben; sie haben sich nicht geändert. Sie passen sich lediglich einer veränderten Situation an, damit sie ihre alte Bremserrolle des Klassenkampfes weiterspielen können. Vor Jahren haben sie voller Schadenfreude zu uns gesagt: "wartet ab, bis die Kämpfe richtig ernst werden. Dann werden die Arbeiter euch die Fresse polieren, wenn ihr immer noch vom Klassenkampf außerhalb und gegen die Gewerkschaften sprecht". Aber es ist anders gekommen. Die 'Linken' in Deutschland wissen ganz genau, dass während des Eisenbahnerstreiks in Frankreich im Dezember 1986 oder in den Kämpfen im öffentlichen Dienst in Italien im Frühjahr letzten Jahres eine enorme gewerkschaftsfeindliche Stimmung unter den Arbeitern herrschte, und dass die französischen und italienischen "Linken" vielfach ihre gewerkschaftlichen Mitgliedsbücher und Anstecknadeln wegstecken müssen, um überhaupt in die Arbeiterversammlungen reinkommen zu können. Sie wissen inzwischen auch, dass der IG-Metall Chef Steinkühler, der am 12. Dez. am Rheinhausener Bahnhof noch kritisiert wurde, erst so spät nach Rheinhausen gekommen zu sein, am 17. Februar von den versammelten Belegschaften von Krupp, Thyssen und Mannesmann in Duisburg einfach ausgepfiffen worden ist, als er die Entlassungen dort zu rechtfertigen versuchte. Kurzum, sie wissen, dass der gleiche Reifungsprozess des Arbeiterbewusstseins so wie in Frankreich oder Italien auch in der BRD Fortschritte macht und die gewerkschaftliche Kontrolle über die Kämpfe wackliger macht. GEWERKSCHAFTLICHE "SOLIDARITÄT" = GELDSAMMLUNGEN UND GRUSSBOTSCHAFTEN
Auch wenn die Basisgewerkschafter zu den "traditionellen, bürokratischen, legalistischen Methoden" der Gewerkschaften auf Distanz gehen, auch wenn linkskapitalistische Gruppen wie die stalinistische MLPD von der Initiative "der Basis" schwärmen oder der trotzkistische BSA gegen den "Verrat der IGM - Führung" Sturm läuft, sie vertreten immer noch konsequent die gleiche gewerkschaftliche Ausrichtung, die den Arbeiterkampf unweigerlich in Niederlagen führen will. Denn die Botschaft dieser Veranstaltung, von sämtlichen Podiumssprechern sowie von vielen Vertrauensleuten aus verschiedenen Berliner Betrieben lautete: Solidarität mit Krupp heißt Geld auf das Rheinhausener "Solidaritätskonto" zu überweisen, Sympathiebekundungen und -botschaften zu organisieren usw.WIRKLICHE SOLIDARITÄT HEISST SELBER DEN KAMPF AUFNEHMEN UND IHN ZUSAMMENSCHLIESSENAuch die IKS hat auf dieser Veranstaltung das Wort ergriffen, um eine ganz andere Orientierung vorzuschlagen! Solidarität heißt, selber den Kampf aufnehmen, für die eigenen Forderungen eintreten und diesen Kampf mit dem Kampf der Kruppianer sofort Branchen und Regionen übergreifend verschmelzen. Auch wenn diese Perspektive - die einzige, die genügend Kraft schöpfen kann, um das Kapital zurückzudrängen - nicht sofort im vollen Umfang realisierbar ist, riefen wir alle Anwesenden auf, selber die Initiative zu ergreifen, um diese Perspektive vorzubereiten. Anstatt Geld zu überweisen, sollte man das Geld selber nehmen, um z.B. ein Flugblatt herauszubringen, das sich für die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes aller Arbeiter stark macht. Zu diesem Zweck ist es notwendig, die kämpferischen Arbeiter zusammenzuschließen, Kampfkomitees zu bilden, wo die am meisten fortgeschrittenen Arbeiter außerhalb jeder gewerkschaftlichen Bevormundung zusammenkommen.Während das Präsidium und die linken Gewerkschafter mit keinem Wort auf diesen Beitrag eingegangen sind, beweist die lebhafte Zustimmung, die es unter den mehreren Hundert Anwesenden gab, dass immer mehr Ar­beiter dabei sind, sich mit den wirklichen Lehren aus den Dezemberkämpfen auseinanderzusetzen.Es geht hier um die politische Vorbereitung der kommenden Kämpfe, damit sie weiter gehen können als die bisherigen. Gerade die Kämpfe im Ruhrgebiet im Dezember haben diesem Prozess schon Auftrieb verliehen. Aber die Berliner Großveranstaltung zeigt auf, dass die Basisgewerkschafter die Gefahren dieser Entwicklung für das kapitalistische System - die zu einer offenen Infragestellung der Gewerkschaften führen kann - voll erkannt haben. Sie machen mobil, um zu verhindern, dass die wirklichen Lehren gezogen werden.Sie stellen als die Stärken der Dezemberbewegung gerade ihre Schwächen heraus - ihr Unvermögen, über noch zu beschränkte Solidaritätsgesten hinauszugehen oder die gewerkschaftliche Kontrolle abzuschütteln, Die Geschichte und die Erfahrung aus anderen Ländern zeigen, dass der linke Flügel des Kapitals zu vielerlei "Gesichtsveränderungen" in der Lage ist, um jeweils neue Sackgassen für die Arbeiter aufzubauen. Sie können alle erdenklichen Vorschläge machen, auch z.B. "neue, von den Arbeitern selbst verwaltete Gewerkschaften" zu gründen oder zu befürworten, die Gewerkschaftsführer vor die Tür zu setzen. Ähnlich wie man bei einem Gefängnis den Direktor verjagen kann, das Gebäude bleibt aber ein Knast, auch wenn er jetzt von den Wärtern, den kleinen Basisfunktionären, selbst verwaltet wird!     Kr. (Weltrevolution Nr. 31, April 1988) 

Aktuelles und Laufendes: 

  • Arbeiterkampf [2]

Leserbrief an die Redaktion

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  Nachfolgend veröffentlichen wir einen Leserbrief, der sich mit wichtigen Fragen beschäftigt, und unsere Antwort.  Hallo,
ich bin durch Zufall auf eure Seite gestoßen und hätte ein paar Fragen:
1. Seid ihr als Rätekommunisten grundlegende Gegner des
Parlamentarismus? Oder glaubt ihr nicht auch, dass, solange man die
ArbeiterInnenklasse noch nicht zur Revolution geeint hat, man innerhalb
dieses Systems das Beste  für die ArbeiterInnenklasse rausholen sollte?

2. Wie steht ihr zu sozialistischen Nationalstaaten? Glaubt ihr, dass ihr
eure Ziele nur erreichen könnt in einer großen weltweiten Revolution
oder das es wahrscheinlicher ist, dass die Revolution erst in einem Land
siegt und ein Staat nach dem anderen durch die Räte ersetzt wird?

3. Wie viele Mitglieder habt ihr weltweit/ in Deutschland und in welchen
Städten habt ihr Gruppen?


Vielen Dank in Voraus,
mit roten Grüßen

 

Unsere Antwort

 

Hallo, vielen Dank für Deinen Brief. Bitte entschuldige, dass wir erst jetzt antworten. Wir freuen uns, dass Du auf unsere Homepage gestoßen bist. Hoffentlich hast Du dort Interessantes gefunden. Nun zu Deinen Fragen. Zunächst einmal sind wir mit Dir einverstanden, dass die Arbeiterklasse innerhalb des Kapitalismus so lange das Beste für sich herausholen sollte, bis sie so weit ist, um das System selbst überwinden zu können. Denn die Arbeiterklasse kann die Revolution nur machen, wenn sie vereint ist, wie Du völlig zu Recht festgestellt hast. Wir meinen, dass die Arbeiterklasse lernen muss, sich selbst zu vereinigen – niemanden außerhalb der Arbeiterklasse kann dies stellvertretend für sie bewerkstelligen – und dass die Verteidigungskämpfe innerhalb des Systems eine der wichtigsten Gelegenheiten sind, wo die Arbeiter lernen, sich zu vereinigen, und wo die Vereinigung praktisch vonstatten geht. Wir sind auch einverstanden mit Deiner Formulierung, dass die Klasse für sich das Beste herauszuholen versuchen muss. Allerdings: wenn man die Lage gerade heute anschaut, wird man unweigerlich feststellen, dass „das Beste“ sozusagen nicht mehr genug ist. Selbst wenn in solchen Kämpfen beispielsweise Lohnerhöhungen durchgesetzt werden, so werden diese binnen kurzer Zeit wieder zunichte gemacht durch die Verteuerung, durch Steuer- und Abgabenerhöhungen, durch Entlassungen und Ausgliederungen usw. Dies ist selbstverständlich kein Argument gegen die Notwendigkeit des Kampfes. Denn wenn das Proletariat sich nicht wehrt, wird ihm rasch noch mehr weggenommen. Außerdem wird, wie Marx es formuliert hat, eine Klasse, die es nicht gelernt hat, sich im Alltag zur Wehr zu setzen, niemals imstande sein, eine neue Gesellschaft zu gründen. Aber die Tatsache, dass selbst die selten gewordenen Verbesserungen, die im Kampf errungen werden, rasch zunichte gemacht werden, weist darauf hin, dass im modernen Kapitalismus schon lange keine dauerhaften Verbesserungen mehr möglich sind. Und das ist auch der Grund, warum wir die Ausnutzung des Parlamentarismus im Interesse der Arbeiterklasse in der heutigen Zeit nicht – mehr – für sinnvoll halten. Denn die Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts hat vor allem deshalb das Parlament ausnutzen können, weil es damals noch möglich war, über die parlamentarische Schiene echte und langanhaltende Verbesserungen für die Arbeiterklasse herauszuholen, wie etwa die Einschränkung der Arbeitszeit oder die Begrenzung der Ausbeutung der Frauen und Kinder.

Was Deine zweite Frage betrifft, nämlich ob die Revolution nur weltweit siegen kann oder ob sie eher zunächst in einem Land siegen wird, um dann sozusagen um sich zu greifen, so meinen wir zunächst einmal, dass dies kein Frage des „Entweder - oder“ sein muss. Die Revolution kann in einem Land anfangen, aber sie kann nicht in einem einzelnen Land lange überleben, ohne entweder von außen mit Gewalt niedergeworfen zu werden oder von innen durch einen Prozess der Entartung zu verkommen, wie es in Russland geschehen ist. Warum ist das so? Weil der Kapitalismus ein Weltsystem ist, dessen ökonomische Gesetzmäßigkeiten und politische Herrschaft nur auf Weltebene überwunden werden kann. Und die Arbeiterklasse ist nicht zuletzt deshalb die revolutionäre Klasse heute, weil sie die einzige weltweit durch die Produktion und durch die eigene radikale Eigentumslosigkeit verbundene Klasse mit gemeinsamen Interessen ist. Was die Frage der sozialistischen Nationalstaaten betrifft, so sind wir der Meinung, dass es im Sozialismus weder Klassen noch Staaten noch Nationen geben wird. Was den Prozess der revolutionären Umwälzung selbst betrifft, so ist klar, dass die Arbeiterklasse die Herrschaft der Bourgeoisie zunächst auf nationaler Ebene stürzen muss, da der Kapitalismus ja in Nationalstaaten aufgeteilt ist. Aber die Machtergreifung des Proletariats nur in einem Land setzt bereits das Vorhandensein eines internationalen revolutionären Ansturm des Proletariats voraus. Denn wenn dieser Ansturm nur in einem Land stattfinden würde, so könnten die vereinten Kräfte der Weltbourgeoisie seinen Erfolg sicher verhindern. Außerdem gehen wir davon aus, dass das Proletariat, sobald es die Macht in mehrere Länder ergriffen hat, sich nicht in der Form einer revolutionären Föderation dieser Länder vereinigen wird, sondern eine internationale Klasse, schließlich einen Weltrat der Arbeiterklasse bilden wird. Das Wesen der proletarische Revolution wird nicht bestimmt durch die Natur der in rivalisierende Nationalstaaten gespaltenen Bourgeoisie, sondern wird durch den internationalen Charakter ihrer proletarischen Träger bestimmt.

Aus unserer Sicht gibt es eine Verbindung zwischen den beiden von Dir gestellten Fragen. Dies liegt an der Verbindung zwischen dem Ziel, den Kommunismus, und  dem Weg dorthin, sprich: die Arbeiterbewegung bzw. die Bewegung der Klasse. Wie Rosa Luxemburg in ihrer Schrift gegen Bernstein am Ende des 19. Jahrhunderts festgestellt hat (Sozialreform oder Revolution?), liegt die besondere Herausforderung für die Arbeiterklasse darin, dass ihr Ziel in der Zukunft, außerhalb des Kapitalismus liegt, während die Bewegung dorthin sich innerhalb des Systems abspielt. Deswegen dient nicht jedes x-beliebige Mittel dem Ziel des Kommunismus; die Mittel müssen im Einklang mit diesem Endziel stehen. Auch können die anzuwendenden Mittel sich mit den Bedingungen des Kampfes wandeln, wie dies hinsichtlich der Möglichkeit von Reformen oder der Teilnahme am Parlamentarismus der Fall war, die einst probate Mittel der Arbeiterbewegung waren, aber mittlerweile hinfällig geworden sind.

Zum Schluss noch ein kurzer Hinweis. Du bezeichnest uns als rätekommunistisch. Wenn darunter zu verstehen ist, dass die Macht der siegreichen Arbeiterklasse durch die Arbeiterräte, und nicht durch eine stellvertretend für sie handelnde Klassenpartei ausgeübt werden soll, so trifft dies auf uns zu. Jedoch hat sich die Gewohnheit durchgesetzt, nur diejenigen als „Rätekommunisten“ zu bezeichnen, die die Notwendigkeit von politischen Parteien des Proletariats grundsätzlich ablehnen. Nach dieser Definition ist die IKS nicht als rätekommunistisch zu bezeichnen (und wir bezeichnen uns auch nicht als solche), da wir die Notwendigkeit von politische Organisationen der Arbeiterklasse befürworten.

Die Anzahl der Sektionen der IKS in den verschiedenen Länder und auf den verschiedenen Kontinenten sowie die Orte, an denen wir öffentliche Veranstaltungen abhalten (im deutschsprachigen Raum v.a. Köln und Zürich) sind unserer Website zu entnehmen (www.internationalism.org [3]). Wir hoffen, zumindest erste Antworten auf Deine Fragen gegeben zu haben, und würden uns auf einen weiteren Meinungsaustausch mit Dir freuen.

Mit freundlichen Grüßen

IKS

Politische Strömungen und Verweise: 

  • Rätekommunismus [4]

Theoretische Fragen: 

  • Arbeiterklasse [5]

Erbe der kommunistischen Linke: 

  • Der parlamentarische Zirkus [6]

Vor 20 Jahren - 1987 - Krupp-Rheinhausen

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Wir veröffentlichen nachfolgend einige Artikel, die wir in unserer Zeitung Weltrevolution vor 20 Jahren zum Kampf der Beschäftigten von Krupp-Rheinhausen (Duisburg) veröffentlichten.    Lehren aus den Dezember-Kämpfen Wir veröffentlichen nachfolgend einige Artikel, die wir in unserer Zeitung Weltrevolution vor 20 Jahren zum Kampf der Beschäftigten von Krupp-Rheinhausen (Duisburg) veröffentlichten.    Lehren aus den Dezember-Kämpfen Solidarität muß zum Zusammenschluß der Kämpfe führen  Am 27. Nov. letzten Jahres brach der Kampf um Krupp-Rheinhausen aus. Zu einer Zeit, in der die Bourgeoisie massive Angriffe gegen die gesamte Arbeiterklasse vornimmt, wurden die Schließung des Duisburger Werkes von Krupp-Rheinhausen und die Entlassung von über 5.000 Arbeitern angekündigt. Diese Nachricht löste den massivsten Kampf aus, der seit den 1920er Jahren in Deutschland stattgefunden hat.. Die Arbeiter dehnen den Kampf aus Als die Entlassungen bekannt wurden, reagierten die Ar­beiter sofort: sie legten die Arbeit nieder und riefen alle Arbeiter der Stadt zu einer Vollversammlung auf. Die Belegschaften von Thyssen und Mannesmann in Duis­burg traten sofort in Solidaritätsstreiks. Somit wurde klar, daß die Entlassungen bei Krupp alle Arbeiter angehen, und daß vor allem im Ruhrgebiet die aktive Solidarität nicht ausbleiben durfte. Am 30.11. fand eine Vollversammlung mit 9.000 Arbeitern von Krupp und massiven Delegationen der anderen großen Fabriken in Duisburg statt. Die Versammlung rief zum gemeinsamen Kampf im Ruhrgebiet auf. Am 1.12. fanden in 14 Krupp-Werken im Bundesgebiet Demos und Vollversammlungen statt, an denen sich starke Delegationen aus Rheinhausen beteiligten. Am 3.12. demonstrierten 12.000 Schüler in Rheinhausen gegen die geplanten Entlassungen. Eine Delegation von Bergarbeitern forderte einen gemeinsamen Kampf von Berg- und Stahlarbeitern. Das gesamte Ruhrgebiet war mobilisiert und kampfbereit! Am 8.12. demonstriertem Bedienstete der Stadt Duisburg (über 10.000) in Rheinhausen, um ihre Solidarität zu bekunden. Die Gewerkschaften, die zunächst Schwierigkeiten hatten, diese Flut der Solidarität der Arbeiter einzudämmen. traten auf den Plan. Sie kündigten am 5.12. einen Aktionstag für den 10.12. an, an dem sich das ganze Ruhrgebiet beteiligen sollte. Ihr Ziel war es, die Kampfbewegung unter ihre Kontrolle zu bringen und sie somit scheitern zu lassen. Da der Solidaritätswille der Arbeiter nicht leicht zu brechen und die Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes für alle Arbeiter klar war, mußten die Gewerkschaften diesen Drängen der Arbeiter zum Schein nachgeben, um der Bewegung so die Spitze zu brechen. Der Aktionstag sollte angeblich den Verkehr im Ruhrgebiet lahmlegen. Was geschah aber tatsächlich? Denn in Wirklichkeit bedeutete dies, daß die Arbeiter nicht gemeinsam und vereinigt demonstrierten, nicht in Massenversammlungen den weiteren Verlauf des Kampfes diskutieren konnten, sondern daß sie isoliert voneinander, über das ganze Ruhrgebiet zerstreut, in Gruppen zersplittert Straßen blockierten. Nach einigen Stunden dieser Aktion waren nur noch wenige Arbeiter an den Straßenkreuzungen von Duisburg anzutreffen. Die meisten waren mit einem miesen Gefühl nach Hause gegangen. Und dennoch hätte es ganz anders kommen können. An diesem Tag fand eine Vollversammlung um 7.30 Uhr bei Krupp statt, an der 3.000 Arbeiter teilnahmen. Um 10.00 Uhr fand eine weitere Vollversammlung der Thyssen-Arbeiter statt. Postbeschäftigte und Arbeiter aus Süddeutschland kamen nach Rheinhausen. 90.000 Stahlarbeiter standen im Kampf, gleichzeitig legten 100.000 Bergleute aus Solidarität für einige Stunden die Arbeit nieder. An verschiedenen Orten verließen die Arbeiter die Fabriken und demonstrierten wie z.B. bei Opel-Bochum. Das Ausmaß der Mobilisierung und der Kampfbereitschaft an diesem Tag hätte zu einer riesigen Machtdemonstration der Kraft der Arbeiterklasse werden können. Wenn all die mobilisierten Arbeiter nicht durch unendlich viele Straßenblockaden zerstreut voneinander gewesen, sondern geschlossen, zusammen auf die Straße gegangen wären, hätte die Kampfbewegung einen starken Impuls bekommen. Der 10.12. war der Höhepunkt des Kampfes um Rheinhausen, gleichzeitig aber zeigte er all die Schwächen des Kampfes auf, die die Gewerkschaften ausnutzen konnten, um den Kampf zu entschärfen. Am 11.12 kündigte Bonn die Entlassung von 30.000 Bergleuten an. Es kam aber nicht zu einem gemeinsamen Kampf von Berg- und Stahlarbeitern. Dafür hatte die IG-Bergbau gesorgt, die vor Solidaritätsaktionen gewarnt hatte mit den Vorwand, daß die Forderungen der Bergarbeiter dann untergehen würden, wenn sich die Bergleute mit den Stahlarbeitern solidarisierten.Die Gewerkschaften ließen dann eine Woche verstreichen, bevor eine erneute Massenaktion stattfand (18.12.)... ein Fackelzug mit anschließendem Gottesdienst. Sicherlich das beste Mittel, um die kämpferischsten Arbeiter fernzuhalten. In den nachfolgenden Wochen wurde klar, daß die Kampfbereitschaft der Kruppianer weiterhin sehr stark war, wie die spontane Reaktion in der Nacht des. 6. Januar aufzeigt, als die Arbeiter die Nachtschicht verließen und auf die Straße gingen, nachdem die Schließung von Rheinhausen als unvermeidlich angekündigt worden war. Dennoch ist die „aufsteigende Dynamik“ die der Kampf bis zum 10.12. aufwies, durch die Sabotagearbeit der Gewerkschaften gebrochen worden. Im neuen Jahr ver­anstalteten- die Gewerkschaften Aktionswochen in Form von sog. "Spaziergängen" mit Bus und Autos zu anderen Fabriken. Das ist eine Karikatur von dem, was die Arbeiter Anfang Dezember als eine Notwendigkeit spürten: die Ausdehnung und Vereinigung des Kampfes.Lehren aus dem Kampf – Nur die Vereinigung der Kämpfe kann die Angriffe zurückdrängenAls Anfang Dezember die Arbeiter in Rheinhausen den Kampf aufnahmen, dehnte er sich innerhalb von ein paar Tagen auf das ganze Ruhrgebiet aus. Heute hingegen "spazieren" die Krupp-Arbeiter von einem Betrieb zum anderen und erhalten schön klingende Solidaritätserklärungen der Betriebsräte dieser Betriebe. Es ist keine Rede mehr vom gemeinsamen Kampf. Das weiß auch die Bourgeoisie, die ihre Position verhärtet und die Schließung von Rheinhausen als unausweichlich erklärt. Die Frage muß also gestellt werden, was diese Wende herbeigeführt hat, wieso nach dem anfänglich so breiten Kampf letztendlich die Krupp-Arbeiter alleine zurückbleiben? Und die Lehre, die man ziehen muß, ist, daß Sympathiestreiks und Solidaritätsbekundungen zwar ein wichtiger Schritt sind, daß sie aber nicht ausreichen, um die Entlassungen und die Angriffe der Bourgeoisie zurückzudrängen. Die Solidarität muß zur Vereinigung der Kämpfe selber führen. Aber was heißt Vereinigung?Wenn die Arbeiter in Rheinhausen den Kampf gegen Entlassungen aufnehmen, dann sind ihr Kampf und ihre Forderungen grundsätzlich die gleichen wie in anderen Betrieben und Branchen. Die Bergleute werden wie die Stahlarbeiter von Massenentlassungen betroffen. Aber auch im öffentlichen Dienst werden die Angriffe stärker Haushaltskürzungen, Streichung von Krankenhausbetten, Privatisierungspläne bei der Post, Stellenstreichungen bei der Bahn...Die Solidarität mit Rheinhausen bedeutet den Kampf für die eigenen Forderungen aufnehmen. Grund genug dazu gibt es.Gerade für die Bergleute bestand kein Anlaß, sich zu verkriechen und sich zurückzuhalten, als die Stahlkocher zum gemeinsamen Kampf, zur Solidarität aufriefen. Denn wenn sich so wichtige Teile wie die Bergleute und die Stahlkocher zusammen in Bewegung setzen und gemeinsam ihr Gewicht in die Waagschale werfen, wenn sich bei; dieser Bewegung andere Beschäftigte anschließen, wie das Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und Opel-Arbeiter ansatzweise taten, entsteht eine Sogwirkung, in der immer mehr Teile der Arbeiterklasse in Fluß geraten. Dann geraten die Kapitalisten und ihr Staat erst richtig unter Druck, und kein Teil der Arbeiterklasse steht dann mehr allein mit seinen Forderungen dem Kapital gegenüber. So haben die Bergleute im Dezember eine große Gelegenheit verpaßt, und es ist kein Zufall, daß just einen Tag nach dem 10.12., als der Zusammenschluß zwischen Bergbau und Stahl nicht hergestellt wurde, der Staat den Abbau von ca. 30.000 Arbeitsplätzen im Bergbau beschloß. Es liegt auf der Hand. Die besten Kampfmöglichkeiten bestehen dann, wenn andere Arbeiter schon in den Kampf getreten sind. Dann sind gemeinsames Auftreten, gemeinsame Demos, gemeinsame Vollversammlungen und Massendelegationen, gemeinsame Aktionen überhaupt einfacher durchzuführen. Aber um das zu erreichen, müssen sich die Arbeiter darüber bewußt werden, daß wenn heute die Arbeiter in einer Fabrik von Angriffen getroffen werden, sie selbst wenig später in die Schußlinie geraten werden. Deshalb: der Kampf der einen Arbeiter muß der Kampf der anderen Arbeiter werden!Und wenn es die Arbeiter irgendwo schaffen, die Angriffe des Kapitals zurückzudrängen, dann nur weil andere Arbeiter ebenfalls in den Kampf getreten sind. So können die Rheinhausener Arbeiter die Entlassungen nur abwehren, wenn das ganze Ruhrgebiet dahintersteht und mitkämpft.Die Krupp-Arbeiter haben durch ihren Kampf eine große Solidaritätswelle hervorgerufen Diese explosiven Reaktionen lassen darauf schließen, daß die aufsteigende Kampfbereitschaft immer größere Teile der Klasse zu neuen, heftigen Klassenauseinandersetzungen führen wird, In diesen werden die Arbeiter wieder den gleichen Schwierigkeiten und Spaltungstaktiken der Gewerkschaften gegenübertreten. Deshalb müssen sich bereits heute alle Arbeiter die Lehre zu Eigen machen, daß aktive Solidarität mehr als Sympathiebekundungen verlangt. Ja, nun muß selbst in den Kampf treten und versuchen, den Widerstand aller Arbeiter wirkungsvoll zusammenzuschließen, ihn  zu "vernetzen", wie es von den Rheinhausener Arbeitern formuliert wurde. Dies heißt aber. daß sich die Arbeiter nicht mehr in den Fangnetzen der Gewerkschaften fangen lassen dürfen. Die Bestrebungen zum Zusammenschluß der Kämpfe können nur gegen den Widerstand, gegen die Sabotagetaktik der Gewerkschaften erfolgen. Und dies erfordert nichts anderes, als daß die Arbeiter selbst die Initiative in die Hand nehmen. Daß diese Perspektive keine Utopie, sondern eine reale Möglichkeit ist, beweist die Initiative von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, wie wir in dieser Zeitung zeigen.17.1.1988 Nat. (Weltrevolution Nr. 30, Jan-März 1988) 

Die Intervention der IKS in den Kämpfen

In Weltrevolution Nr. 29 schrieben wir einen Artikel zum Klassenkampf in der BRD mit dem Titel: "Massive Kämpfe rücken näher". Wir zeigten anhand vieler Beispiele des Widerstands gegen die Flut der Angriffe auf allen Ebenen auf, wie in der BRD zunehmend das Potential für einen breiten Abwehrkampf der Arbeiter heranreift. Diese Einschätzung war Anlaß für die IKS, ein Flugblatt mit dem Titel: "Für bundesweite Aktionen aller Arbeiter gegen alle Angriffe" herauszugeben. Die Gleichzeitigkeit des Widerstands bei Stahl, Kohle und im öffentlichen Dienst bietet die Möglichkeit der massiven Ausdehnung und Vereinigung des Arbeiterkampfes. Demonstrationen und Versammlungen sind dazu besonders geeignete Mittel. "Entschlossene Arbeiter müssen jetzt schon dafür eintreten, bei Diskussionen, Versammlungen, Demonstrationen das Wort ergreifen, um sich für diese Perspektive des gemeinsamen Kampfes stark zu machen. Arbeiter verschiedener Betriebe und Branchen müssen direkten Kontakt zueinander aufnehmen, um den Zusammenschluß der Kämpfe in die Wege zu leiten" (17. Nov.'87). Im Rahmen ihrer Analyse der Lage in der BRD wurde die IKS vom Ausbruch des Kampfes der Krupp-Beschäftigten dessen Ausbreitung nicht überrascht. Das oben erwähnte Flugblatt wurde vor und während des 10. Dezembers an Fabriken im Ruhrgebiet und in Köln, die unterschiedlichen Branchen von Chemie und Automobil über öffentlichen Dienst, Maschinenbau bis zur Stahlindustrie angehören, verteilt. Der 10. Dezember 1987 konnte schon im voraus zumindest als der erste Höhepunkt dieser Kampfbewegung eingeschätzt werden - der Tag, an dem sich das Schicksal der weiteren Bewegung entscheiden sollte. Auf dem Spiel stand, ob es den Arbeitern gelingen würde, der Ausdehnung des Kampfes auf andere Betriebe Schritte näher zu kommen, oder ob die Gewerkschaften trotz der massenhaften Mobilisierung dcr Arbeiter die einzelnen Bereiche voneinander isolieren könnten. In dieser Lage konzentrierte sich unsere Intervention entsprechend unserer bescheidenen Kräfte auf Punkte, wo möglichst viele Arbeiter in Versammlungen zusammenkamen - die Kundgebung  um 7 Uhr vor den Tor I von Krupp-Rheinhausen und die Belegschaftsversammlung  bei Thyssen. Ziel war es, für massive Versammlungen bzw. Demonstrationen zu werben, auf denen die Arbeiter aus verschiedenen Branchen über die Fortführung des Kampfes debattieren und entscheiden könnten, und die Isolierungsstrategie der Gewerkschaften mit ihren Straßenblockaden als Falle zu entblößen. Tatsächlich hat das gewaltsame Eindringen der Rüttger-Arbeiter bei der Thyssen-Versammlung in Duisburg-Hamborn uns mit dieser Orientierung recht gegeben. Diese Arbeiter hatten nämlich den Werkschutz beiseite gedrängt, der nur den Zutritt von Thyssen-Arbeitern zulassen wollte. Dennoch blieben solche Vorstöße auf dem halben Weg stecken, wie bei Thyssen, wo die Rüttger-Arbeiter sich letztlich der Versammlungsleitung des Betriebsrates beugten und einfach ruhig im Saal Platz nahmen, nachdem der BR selbst zu Beginn der Versammlung "betriebsfremde" Arbeiter zum Verlassen des Saales aufgefordert hatte.Dieser Tag hat sowohl die ganze Kraft und das ganze Ausmaß der Bewegung ans Licht gebracht, als auch ihre Grenzen aufgezeigt, die in den nachfolgenden Aktionen überwunden werden mußten, sollte die positive Dynamik des Kampfes nicht endgültig gebrochen werden. Die IKS brachte sofort ein weiteres Flugblatt heraus, mit dem die Lehren des 10.12. gezogen werden sollten, um so auf die weitere Entwicklung Einfluß zu nehmen. "Die Verstärkung des Kampfes liegt aber jetzt darin, die Arbeitsniederlegungen auszunutzen, um möglichst  massive Straßendemonstrationen aller Arbeiter durchzuführen, sowie öffentliche Massenkundgebungen, wo die Arbeiter selber ans Mikrophon gehen, Kampferfahrungen austauschen und gemeinsame Forderungen ausarbeiten. Aus Solidarität die Arbeit niederzulegen und bei Demos mitzumarschieren, ist ein erster Schritt, der aber als solcher nicht ausreicht. Ihm muß ein zweiter folgen: die anderen Arbeiter müssen ihre eigenen Forderungen aufstellen und selbst in den Kampf treten (Flugblatt der IKS 12.12.1988).Die Waffen des Proletariats sind sein Klassenbewußtsein und seine Organisationsfähigkeit. Das eine kann sich ohne das andere nicht entwickeln, und der Kampf selbst ist die Schule, in denen beides gelernt wird. Die Aufgabe der Revolutionäre kann also nicht nur im Aufzeigen des allgemeinen Ziels der Arbeiterkämpfe bestehen. Sie müssen darüber hinaus in der Lage sein, in den Kämpfen der Arbeiter konkret und realistisch die nächsten Schritte aufzuzeigen. Die Klarheit der Prinzipien in allen grundsätzlichen Fragen ist dabei ebenso wichtig wie die Anwendung der marxistischen Methode zur Analyse der Lage im Allgemeinen, wie von Tag zu Tag und die Entschlossenheit nicht abseits zu stehen, sondern einzugreifen und teilzunehmen am Kampf der Arbeiter. EMT (Jan. 1988).  

 

Das unten abgedruckte Flugblatt, von Arbeitern aus Kölner Krankenhäusern herausgegeben , und vertrieben, und unter anderem bei Krupp-Rheinhausen im Dezember verteilt, zeigt konkret auf, daß es möglich ist, völlig unabhängig von  gewerkschaftlichen oder anderen staatlichen Organen, direkt die Initiative zu ergreifen und auf einen Zusammenschluß aller Arbeiter hinzuarbeiten. Leider geben die Herausgeber des Flugblatts keine Kontaktadresse an. Auf jeden Fall ist diese wie ähnliche Initiativen in anderen Ländern ein Beispiel, das Schule machen sollte.

 

Arbeiter- ergreifen selbst die Initiative

Gemeinsam können wir  mehr  erreichen Wir sind eine kleine Gruppe, die sich aus dem Personal der Kölner Krankenhäuser zusammengesetzt hat. Wir sind keiner Gewerkschaft und keiner Partei untergeordnet, sondern wir vertreten hier unsere eigene Meinung. Weshalb wir uns zu Wort melden ist, daß die Bedingungen in den Krankenhäusern für das Personal sowie für die Patienten immer unerträglicher werden. Den Anstoß für diese Stellungnahme haben uns die Beispiele aus dem Ruhrgebiet gegeben, wo Hundertausende sich gemeinsam und solidarisch gegenüber den Massenentlassungen im Bereich der Stahlindustrie und dem Bergbau gezeigt haben.Auch der öffentliche Dienst einschließlich der Krankenhäuser haben sich durch Arbeitsniederlegungen und Teilnahme an Demos daran beteiligt, wobei aber noch keine eigenen Forderungen gestellt wurden. Denn es geht nicht darum, aus Mitleid mit den Kruppianern auf die Straße zu gehen, sondern es gilt zu verstehen, daß wir alle den gleichen Angriffen ausgesetzt werden und uns auch nur gemeinsam dagegen wehren können. Das Gegenstück der Massenentlassungen in der Industrie ist im öffentlichen Dienst der Stellenabbau bzw. Einstellungsstop.Die Auswirkungen sind jeweils die gleichen: auf der einen Seite die Arbeitslosigkeit; auf der anderen die Mehrbelastung der noch Übriggebliebenen. Durch die Streichung der Steuerfreibeträge für Wochenend-, Feiertags- und Nachtarbeit werden gleichermaßen der öffentliche Dienst sowie die Industrie betroffen. Durch Blüms "Reform" des Gesundheitswesens wird nicht nur das Personal der Krankenhäuser sondern die ganze Bevölkerung getroffen.Es hat sich gezeigt, daß "Vater Staat" genauso rücksichtslos und brutal mit seinen Beschäftigten umspringt wie jeder private Unternehmer. Angesichts dieser Tatsache befürworten wir, daß möglichst massive Protestaktionen und Demos zustande kommen, bei denen die Rücknahme der Massenentlassungen, der "Gesundheitsreform" usw. . verlangt wird.Wir sollten dem Beispiel des Ruhrgebiets folgen und uns ebenfalls in Köln solidarisch erklären mit der KHD (2000 Entlassungen).Dieses Schriftstück soll ein Beispiel dafür sein, daß wir auch als kleine Gruppe, ohne die Parteien, Gewerkschaften usw. selbst aktiv werden können. Wir sind keine passive Manövriermasse. Jeder kann und muss sich zu Wort melden.   

"Neue Töne der Linken zur Verteidigung des Kapitals"

Seit Jahren hat man sich daran gewöhnt, bei gewerkschaftlich orientierten Veranstaltungen zum Thema Klassen­kampf mit Schlachtrufen wie "bedingungslose Verteidigung der Gewerkschaften" (die das Kapital angeblich 'zerschlagen' will) regelrecht bombardiert zu werden. Zwar vergaßen die Linken und die Basisgewerkschafter meistens nicht, die Gewerkschaftsführung zu kritisieren. Aber wenn jemand behauptete, die Arbeiter können und müssen ihren eigenen Kampf gegen die gewerkschaftliche Sabotage selber führen, bekamen diese regelrechte Wutanfälle und blockierten jede Diskussion darüber sofort ab.Bei einer öffentlichen Großveranstaltung des basisgewerkschaftlichen Solidaritätskomitees Krupp am 12. Februar 1988 in Berlin konnte man jetzt ganz andere Töne hören. Bereits das Einführungsreferat des Sprechers des Komitees erzählte etwas über eine "neue Arbeiterbewegung", und über die Suche der Arbeiter im Ruhrgebiet im Dezember nach "neuen, wirkungsvolleren Kampfformen", die "mehr Spaß machen" als die "traditionellen, langweiligen, gewerkschaftlichen Methoden". Auch der Hauptredebeitrag des Abends, vom Krupp - Rheinhausener Betriebsratsvertreter T. Steegmann gehalten, der als direktes Ausführungsinstrument der IGM Klassenkampf-Sabotage vor Ort sogar den "Kollegen Steinkühler" in Schutz nehmen wollte, betonte vor allem die Eigeninitiative der Arbeiter während der Dezemberkämpfe.Was steckt hinter dieser neuen Tonart der "kritischen" aber unerbittlichen Verteidiger der Gewerkschaften? Sie haben ihre Rolle nicht aufgegeben; sie haben sich nicht geändert. Sie passen sich lediglich einer veränderten Situation an, damit sie ihre alte Bremserrolle des Klassenkampfes weiterspielen können. Vor Jahren haben sie voller Schadenfreude zu uns gesagt: "wartet ab, bis die Kämpfe richtig ernst werden. Dann werden die Arbeiter euch die Fresse polieren, wenn ihr immer noch vom Klassenkampf außerhalb und gegen die Gewerkschaften sprecht". Aber es ist anders gekommen. Die 'Linken' in Deutschland wissen ganz genau, dass während des Eisenbahnerstreiks in Frankreich im Dezember 1986 oder in den Kämpfen im öffentlichen Dienst in Italien im Frühjahr letzten Jahres eine enorme gewerkschaftsfeindliche Stimmung unter den Arbeitern herrschte, und dass die französischen und italienischen "Linken" vielfach ihre gewerkschaftlichen Mitgliedsbücher und Anstecknadeln wegstecken müssen, um überhaupt in die Arbeiterversammlungen reinkommen zu können. Sie wissen inzwischen auch, dass der IG-Metall Chef Steinkühler, der am 12. Dez. am Rheinhausener Bahnhof noch kritisiert wurde, erst so spät nach Rheinhausen gekommen zu sein, am 17. Februar von den versammelten Belegschaften von Krupp, Thyssen und Mannesmann in Duisburg einfach ausgepfiffen worden ist, als er die Entlassungen dort zu rechtfertigen versuchte. Kurzum, sie wissen, dass der gleiche Reifungsprozess des Arbeiterbewusstseins so wie in Frankreich oder Italien auch in der BRD Fortschritte macht und die gewerkschaftliche Kontrolle über die Kämpfe wackliger macht. GEWERKSCHAFTLICHE "SOLIDARITÄT" = GELDSAMMLUNGEN UND GRUSSBOTSCHAFTEN
Auch wenn die Basisgewerkschafter zu den "traditionellen, bürokratischen, legalistischen Methoden" der Gewerkschaften auf Distanz gehen, auch wenn linkskapitalistische Gruppen wie die stalinistische MLPD von der Initiative "der Basis" schwärmen oder der trotzkistische BSA gegen den "Verrat der IGM - Führung" Sturm läuft, sie vertreten immer noch konsequent die gleiche gewerkschaftliche Ausrichtung, die den Arbeiterkampf unweigerlich in Niederlagen führen will. Denn die Botschaft dieser Veranstaltung, von sämtlichen Podiumssprechern sowie von vielen Vertrauensleuten aus verschiedenen Berliner Betrieben lautete: Solidarität mit Krupp heißt Geld auf das Rheinhausener "Solidaritätskonto" zu überweisen, Sympathiebekundungen und -botschaften zu organisieren usw.WIRKLICHE SOLIDARITÄT HEISST SELBER DEN KAMPF AUFNEHMEN UND IHN ZUSAMMENSCHLIESSENAuch die IKS hat auf dieser Veranstaltung das Wort ergriffen, um eine ganz andere Orientierung vorzuschlagen! Solidarität heißt, selber den Kampf aufnehmen, für die eigenen Forderungen eintreten und diesen Kampf mit dem Kampf der Kruppianer sofort Branchen und Regionen übergreifend verschmelzen. Auch wenn diese Perspektive - die einzige, die genügend Kraft schöpfen kann, um das Kapital zurückzudrängen - nicht sofort im vollen Umfang realisierbar ist, riefen wir alle Anwesenden auf, selber die Initiative zu ergreifen, um diese Perspektive vorzubereiten. Anstatt Geld zu überweisen, sollte man das Geld selber nehmen, um z.B. ein Flugblatt herauszubringen, das sich für die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes aller Arbeiter stark macht. Zu diesem Zweck ist es notwendig, die kämpferischen Arbeiter zusammenzuschließen, Kampfkomitees zu bilden, wo die am meisten fortgeschrittenen Arbeiter außerhalb jeder gewerkschaftlichen Bevormundung zusammenkommen.Während das Präsidium und die linken Gewerkschafter mit keinem Wort auf diesen Beitrag eingegangen sind, beweist die lebhafte Zustimmung, die es unter den mehreren Hundert Anwesenden gab, dass immer mehr Ar­beiter dabei sind, sich mit den wirklichen Lehren aus den Dezemberkämpfen auseinanderzusetzen.Es geht hier um die politische Vorbereitung der kommenden Kämpfe, damit sie weiter gehen können als die bisherigen. Gerade die Kämpfe im Ruhrgebiet im Dezember haben diesem Prozess schon Auftrieb verliehen. Aber die Berliner Großveranstaltung zeigt auf, dass die Basisgewerkschafter die Gefahren dieser Entwicklung für das kapitalistische System - die zu einer offenen Infragestellung der Gewerkschaften führen kann - voll erkannt haben. Sie machen mobil, um zu verhindern, dass die wirklichen Lehren gezogen werden.Sie stellen als die Stärken der Dezemberbewegung gerade ihre Schwächen heraus - ihr Unvermögen, über noch zu beschränkte Solidaritätsgesten hinauszugehen oder die gewerkschaftliche Kontrolle abzuschütteln, Die Geschichte und die Erfahrung aus anderen Ländern zeigen, dass der linke Flügel des Kapitals zu vielerlei "Gesichtsveränderungen" in der Lage ist, um jeweils neue Sackgassen für die Arbeiter aufzubauen. Sie können alle erdenklichen Vorschläge machen, auch z.B. "neue, von den Arbeitern selbst verwaltete Gewerkschaften" zu gründen oder zu befürworten, die Gewerkschaftsführer vor die Tür zu setzen. Ähnlich wie man bei einem Gefängnis den Direktor verjagen kann, das Gebäude bleibt aber ein Knast, auch wenn er jetzt von den Wärtern, den kleinen Basisfunktionären, selbst verwaltet wird!     Kr. (Weltrevolution Nr. 31, April 1988) 

Aktuelles und Laufendes: 

  • Arbeiterkampf [2]

Vor 20 Jahren - Krupp Rheinhausen Winter 1987/88

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Wir veröffentlichen nachfolgend einige Artikel, die wir in unserer Zeitung Weltrevolution vor 20 Jahren im Jan. 1988 zum Kampf der Beschäftigten von Krupp-Rheinhausen (Duisburg) veröffentlichten.   

Lehren aus den Dezember-Kämpfen Solidarität muß zum Zusammenschluß der Kämpfe führen

Am 27. Nov. letzten Jahres brach der Kampf um Krupp-Rheinhausen aus. Zu einer Zeit, in der die Bourgeoisie massive Angriffe gegen die gesamte Arbeiterklasse vornimmt, wurden die Schließung des Duisburger Werkes von Krupp-Rheinhausen und die Entlassung von über 5.000 Arbeitern angekündigt. Diese Nachricht löste den massivsten Kampf aus, der seit den 1920er Jahren in Deutschland stattgefunden hat.. Die Arbeiter dehnen den Kampf aus Als die Entlassungen bekannt wurden, reagierten die Ar­beiter sofort: sie legten die Arbeit nieder und riefen alle Arbeiter der Stadt zu einer Vollversammlung auf. Die Belegschaften von Thyssen und Mannesmann in Duis­burg traten sofort in Solidaritätsstreiks. Somit wurde klar, daß die Entlassungen bei Krupp alle Arbeiter angehen, und daß vor allem im Ruhrgebiet die aktive Solidarität nicht ausbleiben durfte. Am 30.11. fand eine Vollversammlung mit 9.000 Arbeitern von Krupp und massiven Delegationen der anderen großen Fabriken in Duisburg statt. Die Versammlung rief zum gemeinsamen Kampf im Ruhrgebiet auf. Am 1.12. fanden in 14 Krupp-Werken im Bundesgebiet Demos und Vollversammlungen statt, an denen sich starke Delegationen aus Rheinhausen beteiligten. Am 3.12. demonstrierten 12.000 Schüler in Rheinhausen gegen die geplanten Entlassungen. Eine Delegation von Bergarbeitern forderte einen gemeinsamen Kampf von Berg- und Stahlarbeitern. Das gesamte Ruhrgebiet war mobilisiert und kampfbereit! Am 8.12. demonstriertem Bedienstete der Stadt Duisburg (über 10.000) in Rheinhausen, um ihre Solidarität zu bekunden. Die Gewerkschaften, die zunächst Schwierigkeiten hatten, diese Flut der Solidarität der Arbeiter einzudämmen. traten auf den Plan. Sie kündigten am 5.12. einen Aktionstag für den 10.12. an, an dem sich das ganze Ruhrgebiet beteiligen sollte. Ihr Ziel war es, die Kampfbewegung unter ihre Kontrolle zu bringen und sie somit scheitern zu lassen. Da der Solidaritätswille der Arbeiter nicht leicht zu brechen und die Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes für alle Arbeiter klar war, mußten die Gewerkschaften diesen Drängen der Arbeiter zum Schein nachgeben, um der Bewegung so die Spitze zu brechen. Der Aktionstag sollte angeblich den Verkehr im Ruhrgebiet lahmlegen. Was geschah aber tatsächlich? Denn in Wirklichkeit bedeutete dies, daß die Arbeiter nicht gemeinsam und vereinigt demonstrierten, nicht in Massenversammlungen den weiteren Verlauf des Kampfes diskutieren konnten, sondern daß sie isoliert voneinander, über das ganze Ruhrgebiet zerstreut, in Gruppen zersplittert Straßen blockierten. Nach einigen Stunden dieser Aktion waren nur noch wenige Arbeiter an den Straßenkreuzungen von Duisburg anzutreffen. Die meisten waren mit einem miesen Gefühl nach Hause gegangen. Und dennoch hätte es ganz anders kommen können. An diesem Tag fand eine Vollversammlung um 7.30 Uhr bei Krupp statt, an der 3.000 Arbeiter teilnahmen. Um 10.00 Uhr fand eine weitere Vollversammlung der Thyssen-Arbeiter statt. Postbeschäftigte und Arbeiter aus Süddeutschland kamen nach Rheinhausen. 90.000 Stahlarbeiter standen im Kampf, gleichzeitig legten 100.000 Bergleute aus Solidarität für einige Stunden die Arbeit nieder. An verschiedenen Orten verließen die Arbeiter die Fabriken und demonstrierten wie z.B. bei Opel-Bochum. Das Ausmaß der Mobilisierung und der Kampfbereitschaft an diesem Tag hätte zu einer riesigen Machtdemonstration der Kraft der Arbeiterklasse werden können. Wenn all die mobilisierten Arbeiter nicht durch unendlich viele Straßenblockaden zerstreut voneinander gewesen, sondern geschlossen, zusammen auf die Straße gegangen wären, hätte die Kampfbewegung einen starken Impuls bekommen. Der 10.12. war der Höhepunkt des Kampfes um Rheinhausen, gleichzeitig aber zeigte er all die Schwächen des Kampfes auf, die die Gewerkschaften ausnutzen konnten, um den Kampf zu entschärfen. Am 11.12 kündigte Bonn die Entlassung von 30.000 Bergleuten an. Es kam aber nicht zu einem gemeinsamen Kampf von Berg- und Stahlarbeitern. Dafür hatte die IG-Bergbau gesorgt, die vor Solidaritätsaktionen gewarnt hatte mit den Vorwand, daß die Forderungen der Bergarbeiter dann untergehen würden, wenn sich die Bergleute mit den Stahlarbeitern solidarisierten.Die Gewerkschaften ließen dann eine Woche verstreichen, bevor eine erneute Massenaktion stattfand (18.12.)... ein Fackelzug mit anschließendem Gottesdienst. Sicherlich das beste Mittel, um die kämpferischsten Arbeiter fernzuhalten. In den nachfolgenden Wochen wurde klar, daß die Kampfbereitschaft der Kruppianer weiterhin sehr stark war, wie die spontane Reaktion in der Nacht des. 6. Januar aufzeigt, als die Arbeiter die Nachtschicht verließen und auf die Straße gingen, nachdem die Schließung von Rheinhausen als unvermeidlich angekündigt worden war. Dennoch ist die „aufsteigende Dynamik“ die der Kampf bis zum 10.12. aufwies, durch die Sabotagearbeit der Gewerkschaften gebrochen worden. Im neuen Jahr ver­anstalteten- die Gewerkschaften Aktionswochen in Form von sog. "Spaziergängen" mit Bus und Autos zu anderen Fabriken. Das ist eine Karikatur von dem, was die Arbeiter Anfang Dezember als eine Notwendigkeit spürten: die Ausdehnung und Vereinigung des Kampfes.Lehren aus dem Kampf – Nur die Vereinigung der Kämpfe kann die Angriffe zurückdrängenAls Anfang Dezember die Arbeiter in Rheinhausen den Kampf aufnahmen, dehnte er sich innerhalb von ein paar Tagen auf das ganze Ruhrgebiet aus. Heute hingegen "spazieren" die Krupp-Arbeiter von einem Betrieb zum anderen und erhalten schön klingende Solidaritätserklärungen der Betriebsräte dieser Betriebe. Es ist keine Rede mehr vom gemeinsamen Kampf. Das weiß auch die Bourgeoisie, die ihre Position verhärtet und die Schließung von Rheinhausen als unausweichlich erklärt. Die Frage muß also gestellt werden, was diese Wende herbeigeführt hat, wieso nach dem anfänglich so breiten Kampf letztendlich die Krupp-Arbeiter alleine zurückbleiben? Und die Lehre, die man ziehen muß, ist, daß Sympathiestreiks und Solidaritätsbekundungen zwar ein wichtiger Schritt sind, daß sie aber nicht ausreichen, um die Entlassungen und die Angriffe der Bourgeoisie zurückzudrängen. Die Solidarität muß zur Vereinigung der Kämpfe selber führen. Aber was heißt Vereinigung?Wenn die Arbeiter in Rheinhausen den Kampf gegen Entlassungen aufnehmen, dann sind ihr Kampf und ihre Forderungen grundsätzlich die gleichen wie in anderen Betrieben und Branchen. Die Bergleute werden wie die Stahlarbeiter von Massenentlassungen betroffen. Aber auch im öffentlichen Dienst werden die Angriffe stärker Haushaltskürzungen, Streichung von Krankenhausbetten, Privatisierungspläne bei der Post, Stellenstreichungen bei der Bahn...Die Solidarität mit Rheinhausen bedeutet den Kampf für die eigenen Forderungen aufnehmen. Grund genug dazu gibt es.Gerade für die Bergleute bestand kein Anlaß, sich zu verkriechen und sich zurückzuhalten, als die Stahlkocher zum gemeinsamen Kampf, zur Solidarität aufriefen. Denn wenn sich so wichtige Teile wie die Bergleute und die Stahlkocher zusammen in Bewegung setzen und gemeinsam ihr Gewicht in die Waagschale werfen, wenn sich bei; dieser Bewegung andere Beschäftigte anschließen, wie das Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und Opel-Arbeiter ansatzweise taten, entsteht eine Sogwirkung, in der immer mehr Teile der Arbeiterklasse in Fluß geraten. Dann geraten die Kapitalisten und ihr Staat erst richtig unter Druck, und kein Teil der Arbeiterklasse steht dann mehr allein mit seinen Forderungen dem Kapital gegenüber. So haben die Bergleute im Dezember eine große Gelegenheit verpaßt, und es ist kein Zufall, daß just einen Tag nach dem 10.12., als der Zusammenschluß zwischen Bergbau und Stahl nicht hergestellt wurde, der Staat den Abbau von ca. 30.000 Arbeitsplätzen im Bergbau beschloß. Es liegt auf der Hand. Die besten Kampfmöglichkeiten bestehen dann, wenn andere Arbeiter schon in den Kampf getreten sind. Dann sind gemeinsames Auftreten, gemeinsame Demos, gemeinsame Vollversammlungen und Massendelegationen, gemeinsame Aktionen überhaupt einfacher durchzuführen. Aber um das zu erreichen, müssen sich die Arbeiter darüber bewußt werden, daß wenn heute die Arbeiter in einer Fabrik von Angriffen getroffen werden, sie selbst wenig später in die Schußlinie geraten werden. Deshalb: der Kampf der einen Arbeiter muß der Kampf der anderen Arbeiter werden!Und wenn es die Arbeiter irgendwo schaffen, die Angriffe des Kapitals zurückzudrängen, dann nur weil andere Arbeiter ebenfalls in den Kampf getreten sind. So können die Rheinhausener Arbeiter die Entlassungen nur abwehren, wenn das ganze Ruhrgebiet dahintersteht und mitkämpft.Die Krupp-Arbeiter haben durch ihren Kampf eine große Solidaritätswelle hervorgerufen Diese explosiven Reaktionen lassen darauf schließen, daß die aufsteigende Kampfbereitschaft immer größere Teile der Klasse zu neuen, heftigen Klassenauseinandersetzungen führen wird, In diesen werden die Arbeiter wieder den gleichen Schwierigkeiten und Spaltungstaktiken der Gewerkschaften gegenübertreten. Deshalb müssen sich bereits heute alle Arbeiter die Lehre zu Eigen machen, daß aktive Solidarität mehr als Sympathiebekundungen verlangt. Ja, nun muß selbst in den Kampf treten und versuchen, den Widerstand aller Arbeiter wirkungsvoll zusammenzuschließen, ihn  zu "vernetzen", wie es von den Rheinhausener Arbeitern formuliert wurde. Dies heißt aber. daß sich die Arbeiter nicht mehr in den Fangnetzen der Gewerkschaften fangen lassen dürfen. Die Bestrebungen zum Zusammenschluß der Kämpfe können nur gegen den Widerstand, gegen die Sabotagetaktik der Gewerkschaften erfolgen. Und dies erfordert nichts anderes, als daß die Arbeiter selbst die Initiative in die Hand nehmen. Daß diese Perspektive keine Utopie, sondern eine reale Möglichkeit ist, beweist die Initiative von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, wie wir in dieser Zeitung zeigen.17.1.1988 Nat. (Weltrevolution Nr. 30, Jan-März 1988) 

Die Intervention der IKS in den Kämpfen

In Weltrevolution Nr. 29 schrieben wir einen Artikel zum Klassenkampf in der BRD mit dem Titel: "Massive Kämpfe rücken näher". Wir zeigten anhand vieler Beispiele des Widerstands gegen die Flut der Angriffe auf allen Ebenen auf, wie in der BRD zunehmend das Potential für einen breiten Abwehrkampf der Arbeiter heranreift. Diese Einschätzung war Anlaß für die IKS, ein Flugblatt mit dem Titel: "Für bundesweite Aktionen aller Arbeiter gegen alle Angriffe" herauszugeben. Die Gleichzeitigkeit des Widerstands bei Stahl, Kohle und im öffentlichen Dienst bietet die Möglichkeit der massiven Ausdehnung und Vereinigung des Arbeiterkampfes. Demonstrationen und Versammlungen sind dazu besonders geeignete Mittel. "Entschlossene Arbeiter müssen jetzt schon dafür eintreten, bei Diskussionen, Versammlungen, Demonstrationen das Wort ergreifen, um sich für diese Perspektive des gemeinsamen Kampfes stark zu machen. Arbeiter verschiedener Betriebe und Branchen müssen direkten Kontakt zueinander aufnehmen, um den Zusammenschluß der Kämpfe in die Wege zu leiten" (17. Nov.'87). Im Rahmen ihrer Analyse der Lage in der BRD wurde die IKS vom Ausbruch des Kampfes der Krupp-Beschäftigten dessen Ausbreitung nicht überrascht. Das oben erwähnte Flugblatt wurde vor und während des 10. Dezembers an Fabriken im Ruhrgebiet und in Köln, die unterschiedlichen Branchen von Chemie und Automobil über öffentlichen Dienst, Maschinenbau bis zur Stahlindustrie angehören, verteilt. Der 10. Dezember 1987 konnte schon im voraus zumindest als der erste Höhepunkt dieser Kampfbewegung eingeschätzt werden - der Tag, an dem sich das Schicksal der weiteren Bewegung entscheiden sollte. Auf dem Spiel stand, ob es den Arbeitern gelingen würde, der Ausdehnung des Kampfes auf andere Betriebe Schritte näher zu kommen, oder ob die Gewerkschaften trotz der massenhaften Mobilisierung dcr Arbeiter die einzelnen Bereiche voneinander isolieren könnten. In dieser Lage konzentrierte sich unsere Intervention entsprechend unserer bescheidenen Kräfte auf Punkte, wo möglichst viele Arbeiter in Versammlungen zusammenkamen - die Kundgebung  um 7 Uhr vor den Tor I von Krupp-Rheinhausen und die Belegschaftsversammlung  bei Thyssen. Ziel war es, für massive Versammlungen bzw. Demonstrationen zu werben, auf denen die Arbeiter aus verschiedenen Branchen über die Fortführung des Kampfes debattieren und entscheiden könnten, und die Isolierungsstrategie der Gewerkschaften mit ihren Straßenblockaden als Falle zu entblößen. Tatsächlich hat das gewaltsame Eindringen der Rüttger-Arbeiter bei der Thyssen-Versammlung in Duisburg-Hamborn uns mit dieser Orientierung recht gegeben. Diese Arbeiter hatten nämlich den Werkschutz beiseite gedrängt, der nur den Zutritt von Thyssen-Arbeitern zulassen wollte. Dennoch blieben solche Vorstöße auf dem halben Weg stecken, wie bei Thyssen, wo die Rüttger-Arbeiter sich letztlich der Versammlungsleitung des Betriebsrates beugten und einfach ruhig im Saal Platz nahmen, nachdem der BR selbst zu Beginn der Versammlung "betriebsfremde" Arbeiter zum Verlassen des Saales aufgefordert hatte.Dieser Tag hat sowohl die ganze Kraft und das ganze Ausmaß der Bewegung ans Licht gebracht, als auch ihre Grenzen aufgezeigt, die in den nachfolgenden Aktionen überwunden werden mußten, sollte die positive Dynamik des Kampfes nicht endgültig gebrochen werden. Die IKS brachte sofort ein weiteres Flugblatt heraus, mit dem die Lehren des 10.12. gezogen werden sollten, um so auf die weitere Entwicklung Einfluß zu nehmen. "Die Verstärkung des Kampfes liegt aber jetzt darin, die Arbeitsniederlegungen auszunutzen, um möglichst  massive Straßendemonstrationen aller Arbeiter durchzuführen, sowie öffentliche Massenkundgebungen, wo die Arbeiter selber ans Mikrophon gehen, Kampferfahrungen austauschen und gemeinsame Forderungen ausarbeiten. Aus Solidarität die Arbeit niederzulegen und bei Demos mitzumarschieren, ist ein erster Schritt, der aber als solcher nicht ausreicht. Ihm muß ein zweiter folgen: die anderen Arbeiter müssen ihre eigenen Forderungen aufstellen und selbst in den Kampf treten (Flugblatt der IKS 12.12.1988).Die Waffen des Proletariats sind sein Klassenbewußtsein und seine Organisationsfähigkeit. Das eine kann sich ohne das andere nicht entwickeln, und der Kampf selbst ist die Schule, in denen beides gelernt wird. Die Aufgabe der Revolutionäre kann also nicht nur im Aufzeigen des allgemeinen Ziels der Arbeiterkämpfe bestehen. Sie müssen darüber hinaus in der Lage sein, in den Kämpfen der Arbeiter konkret und realistisch die nächsten Schritte aufzuzeigen. Die Klarheit der Prinzipien in allen grundsätzlichen Fragen ist dabei ebenso wichtig wie die Anwendung der marxistischen Methode zur Analyse der Lage im Allgemeinen, wie von Tag zu Tag und die Entschlossenheit nicht abseits zu stehen, sondern einzugreifen und teilzunehmen am Kampf der Arbeiter. EMT (Jan. 1988).  Das unten abgedruckte Flugblatt, von Arbeitern aus Kölner Krankenhäusern herausgegeben , und vertrieben, und unter anderem bei Krupp-Rheinhausen im Dezember verteilt, zeigt konkret auf, daß es möglich ist, völlig unabhängig von  gewerkschaftlichen oder anderen staatlichen Organen, direkt die Initiative zu ergreifen und auf einen Zusammenschluß aller Arbeiter hinzuarbeiten. Leider geben die Herausgeber des Flugblatts keine Kontaktadresse an. Auf jeden Fall ist diese wie ähnliche Initiativen in anderen Ländern ein Beispiel, das Schule machen sollte.

 

Arbeiter- ergreifen selbst die Initiative

Gemeinsam können wir  mehr  erreichen Wir sind eine kleine Gruppe, die sich aus dem Personal der Kölner Krankenhäuser zusammengesetzt hat. Wir sind keiner Gewerkschaft und keiner Partei untergeordnet, sondern wir vertreten hier unsere eigene Meinung. Weshalb wir uns zu Wort melden ist, daß die Bedingungen in den Krankenhäusern für das Personal sowie für die Patienten immer unerträglicher werden. Den Anstoß für diese Stellungnahme haben uns die Beispiele aus dem Ruhrgebiet gegeben, wo Hundertausende sich gemeinsam und solidarisch gegenüber den Massenentlassungen im Bereich der Stahlindustrie und dem Bergbau gezeigt haben.Auch der öffentliche Dienst einschließlich der Krankenhäuser haben sich durch Arbeitsniederlegungen und Teilnahme an Demos daran beteiligt, wobei aber noch keine eigenen Forderungen gestellt wurden. Denn es geht nicht darum, aus Mitleid mit den Kruppianern auf die Straße zu gehen, sondern es gilt zu verstehen, daß wir alle den gleichen Angriffen ausgesetzt werden und uns auch nur gemeinsam dagegen wehren können. Das Gegenstück der Massenentlassungen in der Industrie ist im öffentlichen Dienst der Stellenabbau bzw. Einstellungsstop.Die Auswirkungen sind jeweils die gleichen: auf der einen Seite die Arbeitslosigkeit; auf der anderen die Mehrbelastung der noch Übriggebliebenen. Durch die Streichung der Steuerfreibeträge für Wochenend-, Feiertags- und Nachtarbeit werden gleichermaßen der öffentliche Dienst sowie die Industrie betroffen. Durch Blüms "Reform" des Gesundheitswesens wird nicht nur das Personal der Krankenhäuser sondern die ganze Bevölkerung getroffen.Es hat sich gezeigt, daß "Vater Staat" genauso rücksichtslos und brutal mit seinen Beschäftigten umspringt wie jeder private Unternehmer. Angesichts dieser Tatsache befürworten wir, daß möglichst massive Protestaktionen und Demos zustande kommen, bei denen die Rücknahme der Massenentlassungen, der "Gesundheitsreform" usw. . verlangt wird.Wir sollten dem Beispiel des Ruhrgebiets folgen und uns ebenfalls in Köln solidarisch erklären mit der KHD (2000 Entlassungen).Dieses Schriftstück soll ein Beispiel dafür sein, daß wir auch als kleine Gruppe, ohne die Parteien, Gewerkschaften usw. selbst aktiv werden können. Wir sind keine passive Manövriermasse. Jeder kann und muss sich zu Wort melden.   

"Neue Töne der Linken zur Verteidigung des Kapitals"

Seit Jahren hat man sich daran gewöhnt, bei gewerkschaftlich orientierten Veranstaltungen zum Thema Klassen­kampf mit Schlachtrufen wie "bedingungslose Verteidigung der Gewerkschaften" (die das Kapital angeblich 'zerschlagen' will) regelrecht bombardiert zu werden. Zwar vergaßen die Linken und die Basisgewerkschafter meistens nicht, die Gewerkschaftsführung zu kritisieren. Aber wenn jemand behauptete, die Arbeiter können und müssen ihren eigenen Kampf gegen die gewerkschaftliche Sabotage selber führen, bekamen diese regelrechte Wutanfälle und blockierten jede Diskussion darüber sofort ab.Bei einer öffentlichen Großveranstaltung des basisgewerkschaftlichen Solidaritätskomitees Krupp am 12. Februar 1988 in Berlin konnte man jetzt ganz andere Töne hören. Bereits das Einführungsreferat des Sprechers des Komitees erzählte etwas über eine "neue Arbeiterbewegung", und über die Suche der Arbeiter im Ruhrgebiet im Dezember nach "neuen, wirkungsvolleren Kampfformen", die "mehr Spaß machen" als die "traditionellen, langweiligen, gewerkschaftlichen Methoden". Auch der Hauptredebeitrag des Abends, vom Krupp - Rheinhausener Betriebsratsvertreter T. Steegmann gehalten, der als direktes Ausführungsinstrument der IGM Klassenkampf-Sabotage vor Ort sogar den "Kollegen Steinkühler" in Schutz nehmen wollte, betonte vor allem die Eigeninitiative der Arbeiter während der Dezemberkämpfe.Was steckt hinter dieser neuen Tonart der "kritischen" aber unerbittlichen Verteidiger der Gewerkschaften? Sie haben ihre Rolle nicht aufgegeben; sie haben sich nicht geändert. Sie passen sich lediglich einer veränderten Situation an, damit sie ihre alte Bremserrolle des Klassenkampfes weiterspielen können. Vor Jahren haben sie voller Schadenfreude zu uns gesagt: "wartet ab, bis die Kämpfe richtig ernst werden. Dann werden die Arbeiter euch die Fresse polieren, wenn ihr immer noch vom Klassenkampf außerhalb und gegen die Gewerkschaften sprecht". Aber es ist anders gekommen. Die 'Linken' in Deutschland wissen ganz genau, dass während des Eisenbahnerstreiks in Frankreich im Dezember 1986 oder in den Kämpfen im öffentlichen Dienst in Italien im Frühjahr letzten Jahres eine enorme gewerkschaftsfeindliche Stimmung unter den Arbeitern herrschte, und dass die französischen und italienischen "Linken" vielfach ihre gewerkschaftlichen Mitgliedsbücher und Anstecknadeln wegstecken müssen, um überhaupt in die Arbeiterversammlungen reinkommen zu können. Sie wissen inzwischen auch, dass der IG-Metall Chef Steinkühler, der am 12. Dez. am Rheinhausener Bahnhof noch kritisiert wurde, erst so spät nach Rheinhausen gekommen zu sein, am 17. Februar von den versammelten Belegschaften von Krupp, Thyssen und Mannesmann in Duisburg einfach ausgepfiffen worden ist, als er die Entlassungen dort zu rechtfertigen versuchte. Kurzum, sie wissen, dass der gleiche Reifungsprozess des Arbeiterbewusstseins so wie in Frankreich oder Italien auch in der BRD Fortschritte macht und die gewerkschaftliche Kontrolle über die Kämpfe wackliger macht. GEWERKSCHAFTLICHE "SOLIDARITÄT" = GELDSAMMLUNGEN UND GRUSSBOTSCHAFTEN
Auch wenn die Basisgewerkschafter zu den "traditionellen, bürokratischen, legalistischen Methoden" der Gewerkschaften auf Distanz gehen, auch wenn linkskapitalistische Gruppen wie die stalinistische MLPD von der Initiative "der Basis" schwärmen oder der trotzkistische BSA gegen den "Verrat der IGM - Führung" Sturm läuft, sie vertreten immer noch konsequent die gleiche gewerkschaftliche Ausrichtung, die den Arbeiterkampf unweigerlich in Niederlagen führen will. Denn die Botschaft dieser Veranstaltung, von sämtlichen Podiumssprechern sowie von vielen Vertrauensleuten aus verschiedenen Berliner Betrieben lautete: Solidarität mit Krupp heißt Geld auf das Rheinhausener "Solidaritätskonto" zu überweisen, Sympathiebekundungen und -botschaften zu organisieren usw.WIRKLICHE SOLIDARITÄT HEISST SELBER DEN KAMPF AUFNEHMEN UND IHN ZUSAMMENSCHLIESSENAuch die IKS hat auf dieser Veranstaltung das Wort ergriffen, um eine ganz andere Orientierung vorzuschlagen! Solidarität heißt, selber den Kampf aufnehmen, für die eigenen Forderungen eintreten und diesen Kampf mit dem Kampf der Kruppianer sofort Branchen und Regionen übergreifend verschmelzen. Auch wenn diese Perspektive - die einzige, die genügend Kraft schöpfen kann, um das Kapital zurückzudrängen - nicht sofort im vollen Umfang realisierbar ist, riefen wir alle Anwesenden auf, selber die Initiative zu ergreifen, um diese Perspektive vorzubereiten. Anstatt Geld zu überweisen, sollte man das Geld selber nehmen, um z.B. ein Flugblatt herauszubringen, das sich für die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes aller Arbeiter stark macht. Zu diesem Zweck ist es notwendig, die kämpferischen Arbeiter zusammenzuschließen, Kampfkomitees zu bilden, wo die am meisten fortgeschrittenen Arbeiter außerhalb jeder gewerkschaftlichen Bevormundung zusammenkommen.Während das Präsidium und die linken Gewerkschafter mit keinem Wort auf diesen Beitrag eingegangen sind, beweist die lebhafte Zustimmung, die es unter den mehreren Hundert Anwesenden gab, dass immer mehr Ar­beiter dabei sind, sich mit den wirklichen Lehren aus den Dezemberkämpfen auseinanderzusetzen.Es geht hier um die politische Vorbereitung der kommenden Kämpfe, damit sie weiter gehen können als die bisherigen. Gerade die Kämpfe im Ruhrgebiet im Dezember haben diesem Prozess schon Auftrieb verliehen. Aber die Berliner Großveranstaltung zeigt auf, dass die Basisgewerkschafter die Gefahren dieser Entwicklung für das kapitalistische System - die zu einer offenen Infragestellung der Gewerkschaften führen kann - voll erkannt haben. Sie machen mobil, um zu verhindern, dass die wirklichen Lehren gezogen werden.Sie stellen als die Stärken der Dezemberbewegung gerade ihre Schwächen heraus - ihr Unvermögen, über noch zu beschränkte Solidaritätsgesten hinauszugehen oder die gewerkschaftliche Kontrolle abzuschütteln, Die Geschichte und die Erfahrung aus anderen Ländern zeigen, dass der linke Flügel des Kapitals zu vielerlei "Gesichtsveränderungen" in der Lage ist, um jeweils neue Sackgassen für die Arbeiter aufzubauen. Sie können alle erdenklichen Vorschläge machen, auch z.B. "neue, von den Arbeitern selbst verwaltete Gewerkschaften" zu gründen oder zu befürworten, die Gewerkschaftsführer vor die Tür zu setzen. Ähnlich wie man bei einem Gefängnis den Direktor verjagen kann, das Gebäude bleibt aber ein Knast, auch wenn er jetzt von den Wärtern, den kleinen Basisfunktionären, selbst verwaltet wird!     Kr. (Weltrevolution Nr. 31, April 1988) 


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