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Juli 2018

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Trump in Europa: Ausdruck der politischen Turbulenzen im Kapitalismus

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Im Folgenden veröffentlichen wir einen ‚Bericht über die imperialistische Situation‘, der vom Zentralorgan der IKS auf einer Sitzung im Juni 2018 angenommen wurde. Seit der Erstellung des Berichts haben die Ereignisse um Trumps Besuch in Europa die im Bericht entwickelten Hauptideen sehr deutlich bestätigt, insbesondere die Auffassung, dass die USA inzwischen zur Hauptantriebskraft der Tendenz des "Jeder für sich“ auf globaler Ebene geworden sind, bis hin zum Zertrümmern der Instrumente ihrer eigenen "Weltordnung". 

Der NATO-Gipfel im Juli in Brüssel war geprägt von den lautstarken und drohenden Forderungen des US-Präsidenten Trump, die europäischen NATO-Mitglieder sollten ihre Militärbudgets so schnell und massiv wie möglich erhöhen - zunächst auf 2% und sogar auf 4%, ein Betrag, den die USA angeblich schon seit einiger Zeit ausgeben.

Trumps Beschwerde, dass der gigantische Umfang der amerikanischen Militärausgaben eine furchtbare Belastung für die US-Wirtschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit darstellt, ist sicher keine „fake news“. Die jahrzehntelange Finanzierung eines Militärapparates, der auf allen Kontinenten der Welt präsent ist, und der wirtschaftliche Preis der Fiaskos der USA in Afghanistan und im Irak ersticken die amerikanische Wirtschaft. Das ist das unvermeidliche Ergebnis des Krebsgeschwürs des Militarismus. Und doch sind im laufenden US-Haushalt wieder viel höhere Rüstungsausgaben als in den Vorjahren bewilligt worden - und diese Ausrichtung wurde sowohl von der Demokratischen Partei als auch von den Republikanern vorangetrieben [i]. Trotz der Warnung, dass die steigenden Kosten des Militarismus die Gesamtleistung der US-Wirtschaft untergraben, zwingt der Moloch des Militarismus früher oder später alle Regierungen der Welt, diesem unersättlichen Moloch immer mehr Ressourcen und Ausgaben zu opfern. Die Tatsache, dass die Rüstungskonzerne hieraus fette  Gewinne erzielen, verhindert nicht die Schwächung der Gesamtwirtschaft. Das Beispiel Russlands in den 70er und 80er Jahren dient als Warnung: Das lähmende Gewicht seines Rüstungssektors, das nicht zu gewinnende Wettrüsten mit den USA, war ein Schlüsselfaktor für den Zusammenbruch des gesamten stalinistischen Regimes.

Gleichzeitig bringt Trumps Drohung, dass die USA, wenn die europäischen 'Verbündeten' ihre Militärbudgets nicht entsprechend den Forderungen der USA erhöhen, „auf eigene Faust handeln werden“, ja sogar die NATO verlassen könnten, ihn in einen direkten Konflikt mit denjenigen, die bislang die globalen imperialistischen Interessen des US-Kapitals verteidigt haben. Es gibt sicherlich eine Logik bei Trumps Antipathie gegenüber der NATO,  die in vieler Hinsicht ein Überrest der Zeit der Blöcke ist und deren Rolle in der heutigen multipolaren Welt zunehmend ungewiss geworden ist. Gleich war die NATO zur Zeit des Kalten Krieges das zentrale Instrument eines Militärblocks mit den USA an der Spitze, das es ihr ermöglichte, ihre eigenen Entscheidungen und eine Disziplin im ganzen Block durchzusetzen. Und auch nach dem Zusammenbruch des russischen Blocks in den Jahren 1989-91 diente die NATO noch immer als eine von den USA dominierte Machtstruktur, ein Mittel, um die globale Hegemonie der USA zu erhalten und den zentrifugalen Tendenzen unter ihren ehemaligen Verbündeten entgegenzuwirken. Insbesondere wurde die NATO genutzt, um mehr Truppen in Mittel- und Osteuropa zu stationieren und die US-Offensive gegen Russland voranzutreiben. Und die NATO wirkt in den Augen mehrerer osteuropäischer Länder nach wie vor als Schutzschild gegen Russland.

Natürlich haben die fortschreitenden Tendenzen des "Jeder für sich" und die zunehmenden Spannungen zwischen den Nationalstaaten dazu geführt, dass die Vorherrschaft der USA über die NATO und ihre ehemaligen Verbündeten stetig und unwiderruflich geschwächt wurde. Aber Trumps Drohungen, sich aus der NATO zurückzuziehen, stehen immer noch in direktem Konflikt mit den Interessen des militärischen Flügels in den US, der das, was noch von der immer noch führenden Position der USA innerhalb der NATO übrig bleibt, nicht aufgeben und noch weniger die NATO gänzlich fallen lassen will. Diese Fraktion der herrschenden Klasse begreift, dass die Aufrechterhaltung der US-Vorherrschaft mehr ist als ein wirtschaftliches Problem.

Der NATO-Gipfel und die weitreichenden Drohungen von Trump zeigen die Realität der Auswirkungen des Krebsgeschwürs des Militarismus, aber auch die Tatsache, dass die herrschende Klasse der USA über ihre militärischen Orientierungen tief gespalten ist.

Gleichzeitig konnten die Ergebnisse des NATO-Gipfels die Entschlossenheit der europäischen Mitgliedsländer, ihre Militärausgaben zu erhöhen und mehr Spielraum außerhalb der Kontrollzone der USA zu gewinnen, nur verstärken.  Die Ultimaten von Trump waren für sie ein willkommener Vorwand, diesen Prozess zu beschleunigen und die europäischen Ambitionen zur Entwicklung neuer militärischer Strukturen innerhalb und außerhalb der EU, insbesondere zwischen Frankreich und Deutschland, aber auch mit Großbritannien (unabhängig von Brexit) zu stärken. Wir sehen also, dass das globale Gewicht des Militarismus nicht abnimmt: Wenn die bisherigen militärischen Machtstrukturen erodieren, entstehen nur neue Spannungen und neue, wenn auch kurzlebige Militärbündnisse. Wie bei jeder Gang, wenn der oberste Anführer geschwächt oder gestürzt wird, bilden die nachrangigen Gangster in der Regel neue Allianzen, bevor sie sich gegenseitig angreifen.......

Unmittelbar nach dem NATO-Gipfel stattete Trump Großbritannien einen kurzen Besuch ab, dessen Politik, wie er bemerkte, "etwas in Aufruhr" steckt. Er unternahm dann selbst alles, diese Turbulenzen zu verstärken, als es so aussah, er untergrabe Theresa Mays Bemühungen eine Brexit-Vereinbarung zusammenzuflicken und als er erklärte, dass sie nicht das befolgt hätte, was er ihr gesagt hatte, und dass der Deal mit der EU, den sie vorschlug, einen Deal mit den USA ausschließen würde.  Zuvor hatte er auch noch den Aufwiegler des Kabinetts, Boris Johnson, gepriesen und behauptet, er würde einen "großen Premierminister" hergeben. Der Schaden war angerichtet worden trotz des wütenden Zurückruderns  auf der Pressekonferenz im Chequers, wo er Seite an Seite mit May auftrat. Und nachdem er die EU kurz vor seinem Gipfeltreffen mit Putin als "Gegner" definiert hatte, entspricht die Haltung dieses "Störers" gegenüber der EU, die als Teil des westlichen Blocks errichtet worden war und die die USA in der Weltordnung nach 1989 weiterhin unterstützten, eindeutig seinem Ansatz gegenüber der NATO.

Dann kam der Trump-Putin-Gipfel in Helsinki. Dabei wurde vor allem deutlich, dass die herrschende Klasse in den USA einen Präsidenten an der Spitze hat, der mehr und mehr eigenmächtig handelt oder nur auf ganz bestimmten Interessen, insbesondere auf kurzfristigen wirtschaftlichen Kalkülen, besteht. Anstatt eine zentralisierende Kraft zu sein, die das Militär und  den Sicherheitsapparat führt, handelt er nicht nur ohne Rücksprache mit ihnen, sondern er äußerte sogar ein größeres Vertrauen in die Worte Putins als in die seines Sicherheitsapparats in Bezug auf die Einmischung Russlands in die US-Wahlen.  Es ist offensichtlich, dass Trump unberechenbarer denn je geworden ist, und die lächerlichen Korrekturen seiner seltsamsten Aussagen können den wahren Sumpf, in dem sich die herrschende Klasse der USA befindet, nicht verbergen.

So wie seine Haltung auf dem NATO-Gipfel die Spaltungen innerhalb der herrschenden Klasse zum Vorschein brachte, zeigt das Fiasko des Putin-Treffens zunehmende Konflikte innerhalb und zwischen dem Militär-/Sicherheitsapparat und dem Weißen Haus, innerhalb und zwischen bestimmten Industriezweigen und wichtigen Flügeln des Staates. Die Opposition gegen die imperialistischen Ambitionen Russlands ist seit 1945 tief in der imperialistischen Politik der USA verwurzelt und wurde nur durch Putins aggressive Außenpolitik verstärkt. Die Vorstellung, dass Trump und mit ihm bestimmte Fraktionen der herrschenden Klasse bereit sein könnten, alle möglichen Geschäfte mit Putin zu machen oder sogar als seine Handlanger aufzutreten, verursacht große Ängste in den etablierten Fraktionen der herrschenden Klasse der USA, die nicht von dem Argument überzeugt sind, die USA könnten sich sinnvollerweise mit Russland gegen die größere Bedrohung durch China verbünden und als ein Gegengewicht zur EU handeln.

Als Trump in Großbritannien ankam, wurde er von Zehntausenden, ja Hunderttausenden von Demonstranten "begrüßt", die wütend sind über seine rassistischen Aussagen zur Einwanderung, sein offenes Eingeständnis des sexuellen Missbrauchs, sein Lob für das "feine Volk" der faschistischen Rechten. Aber diese Demonstrationen fanden ganz klar auf bürgerlichem Terrain statt, nicht zuletzt, weil sie von den Sprachrohren der herrschenden Klassen wie The Guardian und The Evening Standard offen unterstützt wurden. Ihr Fokus lag vor allem auf ‚Trump the man‘: seine Orangenfarbene Haut, seine Frisur, seine kleinen Hände und sein Penis, die aufschlussreiche Tatsache, dass eine Bedeutung von "Trump" "Furz" ist. Das Problem bei all dem ist, dass es verbirgt, was wirklich auf dem Spiel steht. So wie vor 10 Jahren die Banker für eine Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht wurden, die in den unpersönlichen Widersprüchen des Kapitals wurzelt, so wird Trump heute für das wachsende politische, wirtschaftliche und militärische Chaos verantwortlich gemacht, obgleich er letzten Endes nur das Produkt dieses Chaos ist, das auf  die Auflösung und Fäulnis eines ganzen sozialen Systems zurückzuführen ist. Wie eines der Plakate auf der Londoner Demo es ausdrückte: "Können wir jetzt bitte die klugen Leute die Dinge regeln lassen?" Aber Trump durch einen klügeren und verantwortungsvolleren Politiker zu ersetzen, wird den Abstieg des Kapitalismus in den Abgrund der Barbarei nicht aufhalten. Nur ein entschlossener Kampf gegen das Weltkapital, ein Kampf, der auf seinen Sturz abzielt, kann der Menschheit diese Hoffnung geben.

DA, 24.7.18


[i] Am 16. März 2017 reichte Präsident Trump seinen Antrag beim Kongress für 639 Milliarden Dollar an Militärausgaben ein - 54 Milliarden Dollar mehr - was einem Anstieg von 10 Prozent für das Geschäftsjahr 2018 sowie 30 Milliarden Dollar für das Geschäftsjahr 20117 entspricht, das im September endet. ... Der Kongress erhöhte das Budget auf insgesamt 696 Milliarden Dollar.  Diese Erhöhung um 61 Milliarden Dollar entspricht oder übertrifft sogar den gesamten russischen Militärhaushalt jedes Jahr (even surpasses [1]). Es ist mehr, als die Trump-Administration ursprünglich wollte. Es ist vergleichbar  mit zwei großen Ausgabenschüben während der Amtszeit von Präsident George W. Bush in den Jahren 2003 und 2008, die den Irak-Krieg finanzierten. "Heute erhalten wir den größten Militärhaushalt der Geschichte, der viele Jahre des Niedergangs und der unvorhersehbaren Zusatzausgaben umkehrt", so Verteidigungsminister Jim Mattis (https://www.npr.org/sections/parallels/2018/03/26/596129462/how-the-pent... [2]).

Aktuelles und Laufendes: 

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Internationale Situation

Karl Marx' Zweihundertjahrfeier: ein Kämpfer der Arbeiterklasse

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In „Staat und Revolution“ schrieb Lenin: "Die großen Revolutionäre wurden zu Lebzeiten von den unterdrückten Klassen ständig verfolgt, die ihrer Lehre mit wildestem Ingrimm und wütendem Hass begegneten, mit zügellosen Lügen und Verleumdungen gegen sie zu Felde zogen. Nach ihrem Tod versucht man, sie in harmlose Götzen zu verwandeln, sie sozusagen heiligzusprechen, man gesteht ihrem Namen einen gewissen Ruhm zu zur „Tröstung“ und Betörung der unterdrückten Klassen, wo man ihre revolutionäre Lehre des Inhalts beraubt, ihr die revolutionäre Spitze abbricht, sie vulgarisiert“ (Lenin, Staat und Revolution, Ges. Werke, Bd. 25, S. 397).  In der Tat unternahm die Bourgeoisie zu Lebzeiten von Marx alles, was sie konnte, um ihn daran zu hindern, zu handeln, indem sie ihn dämonisierte und indem sie ihn ständig mit ihrem ganzen Repressionsapparat verfolgte.[1] Nach seinem Tod tat sie alles, um seinen Kampf gegen den Kapitalismus zu verzerren und den Kommunismus zu verhindern.

Eine niederträchtige Propaganda

Alle Publikationen, Radio- und Fernsehsendungen, die anlässlich des  200. Geburtstags von Marx produziert wurden, bilden keine Ausnahme von der Regel. Viele Akademiker begrüßen Marx' Beiträge zur Ökonomie, Philosophie oder Soziologie, während sie ihn gleichzeitig als einen Denker präsentieren, der "jenseits der Wirklichkeit“ stand, "überholt" oder politisch völlig falsch gelegen hätte. Es geht vor allem darum, Marx‘ „kämpferische Seite“ zu entschärfen und sie abzustumpfen. So sei Marx nur ein "Denker des 19. Jahrhunderts" gewesen,[2] sein Werk würde es uns daher nicht erlauben, die spätere Entwicklung des 20. und 21. Jahrhunderts zu verstehen. Eine revolutionäre Perspektive gäbe es daher heute nicht mehr. Die Arbeiterklasse würde nicht mehr existieren und ihr politisches Projekt könnte nur zu einem Horror wie dem Stalinismus führen. Die gesamte politische Seite von Marx' Werk müsste endlich in den Mülleimer der Geschichte geworfen werden.

Aber ein subtilerer Teil dieser Propaganda behauptet, dass Marx, der "aktuelle" Marx, herangezogen werden sollte, da dies schlussendlich die Verteidigung von Demokratie, Liberalismus und Kritik der Entfremdung bestätigen könnte. Im Grunde wäre es eine Frage des Verständnisses von Marx nicht als dem revolutionären Kämpfer, der er war, sondern als ein Denker, von dem bestimmte Aspekte der Arbeit es ermöglichen würden, den Kapitalismus zu "verstehen" und zu verbessern, welcher, wenn sich selbst überlassen, "ungezügelt" durch die Kontrolle des Staates Ungleichheiten und wirtschaftliche Krisen erzeugen würde. Innerhalb der Bourgeoisie ziehen es die meisten vor, Marx als "einen ökonomisch weitsichtigen Denker" zu präsentieren, der die Krisen des Kapitalismus vorhergesehen und die Globalisierung, die Zunahme von Ungleichheiten usw. vorausgesagt hätte.

Unter Marx' Beweihräuchern sind viele auch seiner  sogenannten selbsternannten Erben, die seit einem Jahrhundert, von den Stalinisten bis zu den Linken, einschließlich der Trotzkisten, nicht aufgehört haben, im gleichen Sinne den revolutionären Marx zu entstellen, zu verunglimpfen, zu beschmutzen, indem sie ihn, wie Lenin richtigerweise vorausgesehen hatte, in einen quasi-religiösen Götzen verwandelten, sie ihn quasi heilig gesprochen und Statuen für ihn aufgestellt haben. All dies geschah, um das als Sozialismus oder Kommunismus zu präsentieren, was bei der Aufrechterhaltung der Herrschaft des Kapitalismus in der Zeit seines Niedergangs durch eine besondere und bedingungslose Verteidigung der Form der Konterrevolution, der Herrschaft des Staatskapitalismus nach dem Vorbild der UdSSR, in den Ländern des ehemaligen Ostblocks oder Chinas geschah.

Marx war in erster Linie ein Kämpfer

Vor allem muss man sich bei Engels daran erinnern, dass Marx zuerst ein Revolutionär, also ein Kämpfer war. Ohne diesen Ausgangspunkt kann man seine theoretische Arbeit nicht begreifen. Einige wollten Marx zu einem reinen Gelehrten machen, der mit seinen Büchern eingeschlossen und von der Welt zurückgezogen und abgeschnitten war. Aber nur ein revolutionärer Kämpfer kann ein Marxist sein. Seit seiner Teilnahme an den junghegelianischen  Aktivitäten in Berlin 1842 war Marx' Leben ein Kampf gegen den preußischen Absolutismus. Dieser Kampf wurde zu einem Kampf für den Kommunismus, als er die Ursachen des Elends eines beträchtlichen Teils der Gesellschaft zu verstehen suchte und mit den Pariser Arbeitern das Potential der Arbeiterklasse spürte. Es war dieser Kampf, der ihn ins Exil trieb, von einem Land ins andere getrieben und der ihn in ein Elend stürzte, das den Tod seines Sohnes verursachte. In dieser Hinsicht ist es wirklich obszön, Marx' Elend der Tatsache zuzuschreiben, dass weder er noch seine Frau wussten, wie man mit  Haushaltsgeld umgeht, weil sie aus wohlhabenden sozialen Schichten stammten, wie es ein Arte-Film darstellte. In Wirklichkeit nutzte Marx, erfüllt von dem Geiste proletarischer Solidarität, regelmäßig sein geringes Einkommen, um dieses in den Dienst der revolutionären Sache zu stellen.

Im Gegensatz zu den Aussagen von Jonathan Sperber war Marx kein „Journalist“, sondern ein Kämpfer, der wusste, dass der Kampf zunächst gegen die autoritäre preußische Monarchie und dann gegen die Bourgeoisie eine Propagandatätigkeit erforderlich machte, die er in [1] der Rheinische Zeitung [6] , dann in der Deutsche-Brüsseler-Zeitung [7], in den Deutsch-Französische Jahrbücher [8] und in der Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie [9], erfüllte. Als Kämpfer beteiligte sich Marx an den Tätigkeiten des Bund der Kommunisten und erfüllte ein Mandat des Bund der Kommunisten, indem er einen Haupttext der Arbeiterbewegung verfasste: Das Manifest der Kommunistischen Partei. Und weil er auch ein Kämpfer war (wie der Titel einer Bibliographie von B. Nicolaevsky [10], O. Maenchen-Helfen auf französisch lautet), stand die Sorge um den Zusammenschluss  der Revolutionäre und den Aufbau der Organisation im Mittelpunkt seines Wirkens. Und auch seine theoretischen Arbeiten wurden getragen von dem Anliegen, den Kampf der Arbeiterklasse voranzutreiben.

Das theoretische Werk Marx‘

Marx konnte eine immense theoretische Arbeit entfalten, weil er von der Sicht der Arbeiterklasse ausging, einer Klasse, die im Kapitalismus nichts zu verteidigen hat und durch ihren Kampf gegen ihre Ausbeutung "nur ihre Ketten verliert". Aus dieser Prämisse heraus verstand er, dass dieser Kampf potenziell das Ende der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beinhaltet, gegen die die Menschheit seit der Entstehung der sozialen Klassen gekämpft hat, und dass die Befreiung der Arbeiterklasse die Entstehung der wiedervereinigten Menschheit, d.h. des Kommunismus, ermöglichen würde. Wenn Jacques Attali als Autor und Mitarbeiter der Zeitung ‚Le Monde Diplomatique‘  behauptet, Marx sei ein "Gründervater der modernen Demokratie", dann ist er nur ein Verfälscher im Dienste der Bourgeoisie, die uns die heutige Gesellschaft als die bestmögliche darstellt. Der Zweck dieser Propaganda ist es zu verhindern, dass die Arbeiterklasse versteht, dass die einzig mögliche Perspektive zur Überwindung des dahinsiechenden Kapitalismus der Kommunismus ist.

Ausgehend von den Bedürfnissen der Arbeiterklasse entfaltete Marx eine wissenschaftliche Methode, den historischen Materialismus, der es der Arbeiterklasse ermöglicht, ihren Kampf zu orientieren. Diese Methode ist kritisch und geht über Hegels Philosophie hinaus, indem sie das, was er entdeckt hatte, nämlich dass die Transformation der Realität immer ein dialektischer Prozess ist, "auf die Beine stellt". Diese Methode ermöglichte es ihm, Lehren aus den großen Kämpfen der Arbeiterklasse wie denen von 1848 und der Pariser Kommune zu ziehen. Seine Weitergabe an die ihm folgenden Generationen von Revolutionären sowie an die der kommunistischen Linken ermöglichte es auch, Lehren aus dem Scheitern der revolutionären Welle von 1917 zu ziehen. Marx' Ansatz ist lebendig; er besteht darin, die Realität mit seiner Methode zu untersuchen und sie im Lichte der erzielten Ergebnissen zu messen; dadurch können die Revolutionäre die Theorie bereichern.

Ausgehend von der Sicht der Arbeiterklasse konnte er auch begreifen, dass es wichtig ist zu verstehen, was die Arbeiterklasse bekämpft und was sie zerstören muss, um sich von ihren Ketten zu befreien. Er beschäftigte sich daher mit der Untersuchung der wirtschaftlichen Grundlagen der Gesellschaft, um daran Kritik zu üben (Kritik der politischen Ökonomie). Diese Studie ermöglichte ihm zu zeigen, dass die Grundlage des Kapitalismus der Warentausch ist und dass der Tausch die Grundlage der Lohnverhältnisse ist, d.h. das Verhältnis der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen im Kapitalismus. Es ist interessant, dieses grundlegende Ergebnis mit dem zu vergleichen, was die Zeitung Libération in einem Artikel zum Jahrestag seiner Geburt getan hat: Karl Marx "zeigt, dass der Erwerb von Arbeitskraft durch den Kapitalisten ein Problem der Unsicherheit über die Realität der Bemühungen der Arbeiter darstellt",  mit anderen Worten, wenn man die Arbeit des Arbeiters so messen könnte, dass seine Bemühungen erträglich sind, wäre die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen eine gute Sache ; hier ist ein gutes Beispiel dafür, wie Marx benutzt wird, um den Kapitalismus zu rechtfertigen ! Für Marx bedeutet "Kauf von Arbeitskraft" die "Produktion von Mehrwert" und damit Ausbeutung!

Auch durch den zutiefst militanten Aspekt seiner theoretischen Arbeiten konnte Marx einerseits erkennen, dass der Kapitalismus nicht ewig bestehen kann, und dass dieses System wie die ihm vorangegangenen Produktionsweisen an Grenzen stößt und historisch in eine Krise gerät. „Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein“ (K. Marx, Zur Kritik der Politischen Ökonomie, Vorwort, MEW 13, S. 9, 1859). Andererseits zeigte Marx, dass der Kapitalismus seinen eigenen Totengräber hervorbringt, das Proletariat, das sowohl die letzte ausgebeutete Klasse in der Geschichte ist, besitzlos, als auch die einzige potenziell revolutionäre soziale Klasse ist aufgrund des assoziierten Charakters ihrer Arbeit. Indem sich die Arbeiterklasse über alle Grenzen hinweg zusammenschließt, entfaltet sie die einzige Kraft ist, die den Kapitalismus auf internationaler Ebene zu stürzen vermag, um eine klassenlose Gesellschaft ohne Ausbeutung aufzubauen.

Die "großen Analysen" des 20. und 21. Jahrhunderts, die an der Oberfläche stehen bleibend, entweder behaupten, dass Marx' Denken überholt sei, oder dass es immer noch aktuell sei, weil er ein "Ökonom", ein "genialer Vorläufer" gegenwärtiger, in Mode befindlicher globalisierungskritischer Theorien zur "Korrektur der Exzesse" des Kapitalismus sei, zielen nur darauf ab, die Notwendigkeit des Kampfes um die proletarische Revolution zu verschleiern.

Die Organisation der Revolutionäre und der Arbeiterklasse

Die Erkenntnis, dass die Arbeiterklasse als einige Kraft dazu in der Lage ist den Kapitalismus zu stürzen und die Entstehung des Kommunismus zu ermöglichen, war aus  Marx‘ Sicht untrennbar verbunden mit der Notwendigkeit , dass sich das Proletariat selbst organisiert. In dieser Hinsicht wie in anderen Bereichen ist der Beitrag von Marx von wesentlicher Bedeutung. Bereits 1846 beteiligte er sich in einem Kommunistische Korrespondenz-Komitee [11], um deutsche, französische und englische Sozialisten zusammenzubringen, denn "zum Zeitpunkt der Aktion ist es sicherlich für jeden von großem Interesse, über den Stand der Dinge im In- und Ausland informiert zu sein". Die Notwendigkeit, sich zu organisieren, verdeutlichte sich später in seiner ständigen Teilnahme an den Kämpfen für die Errichtung und Verteidigung einer internationalen revolutionären Organisation innerhalb des Proletariats. Der Kampf für den Kommunismus und das tiefste Verständnis dessen, was dieser Kampf darstellt,  bedeutete, dass er den Kampf für die Umwandlung des Bund der Gerechten in den Bund der Kommunisten 1847 führte und zur Klärung der Rolle dieser Organisation innerhalb der Arbeiterklasse beitrug. Weil sie sich dieser Rolle sehr wohl bewusst waren, verteidigten Marx und Engels die Notwendigkeit eines Programms innerhalb des Bund der Kommunisten, wodurch 1848 das Kommunistische Manifest verfasst wurde.

Der Bund der Kommunisten konnte der Unterdrückung nach der Niederlage der Revolutionen von 1848 nicht widerstehen. Aber sobald die Kämpfe in den frühen 1860er Jahren wieder aufgenommen wurden, wurden andere organisatorische Anstrengungen unternommen. Von Anfang an war Marx ab 1864 an der  Internationalen Arbeiter-Assoziation [12] (kurz „Erste Internationale“) beteiligt. Bei der Ausarbeitung der Statuten spielte er eine wichtige Rolle und er verfasste auch ihre Inauguraladresse. Seine Überzeugung von der Bedeutung der I. Internationale und seine theoretische Klarheit ließen ihn zur zentralen Figur in der Organisation werden. Sowohl im Bund der Kommunisten als auch in der I. Internationalen führte er einen entschlossenen Kampf, damit diese Organisationen ihre Rolle übernahmen. Seine theoretischen Überlegungen wurden nie von den Bedürfnissen des Kampfes getrennt. Aus diesen Gründen antwortete er im Bund der Kommunisten gegenüber Weitling: "Bis jetzt hat die Unwissenheit niemandem gedient", weil letzterer eine utopische und idealistische Auffassung vom Kommunismus vertrat. Deshalb kämpfte er auch innerhalb der I. Internationale gegen Mazzini, der wollte, dass die Organisation die nationalen Interessen verteidigte, und gegen Bakunin, der einen Komplott betrieb, um die Kontrolle über die I. Internationale zu übernehmen und sie in konspirative Abenteuer verwickelte, die die Massenaktion des Proletariats ersetzten.

Marx' theoretische Ausarbeitung ist eine beeindruckende Sicht, die hilft, die bürgerliche Gesellschaft sowohl im 19. als auch in den beiden nachfolgenden Jahrhunderten zu durchleuchten. Aber wenn wir diese Ausarbeitung nur als eine Sichtweise zum „Verständnis der Welt“ nach dem Vorbild aller Pseudo-Experten der Bourgeoisie betrachten, die dieses Jahr an seinen Geburt erinnern, wird sein Werk von einem Heiligenschein eines Mysteriums umgeben bleiben. Im Gegenteil, während die Bourgeoisie eine „no-future“ Sicht verbreitet,  muss sich die Arbeiterklasse von ihren Ketten befreien. Dazu muss sie nicht nur die theoretischen Entdeckungen von Marx nutzen, sondern sich auch von seinem Leben als Kämpfer inspirieren lassen. Die Mittel, die er zu entwickelte, waren immer in voller Übereinstimmung mit dem Ziel des proletarischen Kampfes, die Welt "umzuwälzen"!

Vitaz, 15. Juni 2018


[1]So erklärte Engels bei Marx' Beerdigung: "Und deswegen war Marx der bestgehasse und bestverleumdete Mann seiner Zeit. Regierungen, absolute wie republikanische, wiesen ihn aus, Bourgeois, konservative wie extrem-demokratische, logen ihm um die Wette Verlästerungen nach“ (Das Begräbnis von Marx, MEW 19, 18.3.1883, S. 336).

[2]Vor allem in der jüngsten Biographie des amerikanischen Gelehrten Jonathan Sperber mit dem Titel: ‚Karl Marx, Mann des 19. Jahrhunderts‘, die in den Medien auf ein großes Echo gestoßen ist.


Leute: 

  • Kar MMarx; Lenin [13]

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Geschichte der Arbeiterbewegung

Vor 170 Jahren - Das Manifest der Kommunistischen Partei: eine Waffe für zukünftige Kämpfe

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Vor 170 Jahren erschien das Manifest der Kommunistischen Partei: "Auf dem Kongress des Bundes in London, der im November 1847 in London stattfand, wurden Marx und Engels beauftragt, die Veröffentlichung eines vollständigen theoretischen und praktischen Parteiprogramms in die Wege zu leiten.  In deutscher Sprache abgefasst, wurde das Manuskript im Januar 1848, wenige Wochen vor der Französischen Revolution vom 24. Februar, nach London zum Druck geschickt. Eine französische Übersetzung wurde kurz vor der Juni-Insurrektion von 1848 in Paris herausgebracht" (Vorwort von Engels zur Ausgabe 1888, MEW 4, S. 578).

Seitdem gab es unzählige Veröffentlichungen und Übersetzungen dieses Buches, das eines der berühmtesten Bücher der Welt geworden ist. Heute muss die offizielle Propaganda des bürgerlichen Staates die Idee des Kommunismus in Anbetracht des relativ neuen Interesses kleiner kämpferischer Minderheiten auf der Suche nach einer revolutionären Perspektive weiterhin stark diskreditieren und das Manifest zum finsteren und tragischen Werk einer blutigen Vergangenheit machen. Indem die stalinistische Konterrevolution betrügerisch und täuschend mit dem Aufkommen eines angeblich bankrotten Kommunismus gleichgesetzt wird, stellt man das Manifest so dar, als ob es ein "veraltetes", ja sogar "gefährliches" Projekt verkörperte. Schließlich ist das Manifest der Kommunistischen Partei wie in den Augen der schlimmsten Reaktionäre des 19. Jahrhunderts auch heute noch "das Werk des Teufels".

Ein Produkt des Klassenkampfes

Auf dem Höhepunkt der weltweiten Welle von revolutionären Kämpfen von 1917-1923, d.h.,  lange bevor der Ostblock zusammenbrach und damit der sogenannte Kommunismus zu Grabe getragen wurde, wurde das Manifest bereits von der herrschenden Klasse, die Sowjetrussland umzingelte, verleumdet und mit der Waffe in der Hand bekämpft. Damals blieb das Manifest mehr denn je ein Kompass für Revolutionäre, um das Proletariat beim Sturz des Kapitalismus für sein weltrevolutionäres Projekt zu leiten. In Riazanovs Vorträgen von 1922 über das Leben und Wirken von Marx und Engels galt das Manifest als reines Produkt eines Kampfes der Arbeiterklasse. Dies zeigt dieser Abschnitt: "Die Arbeiter stellten sich vor und luden Marx und Engels in ihre Vereinigung ein; Marx und Engels erklärten, dass sie nicht eintreten würden, bis ihr Programm angenommen wurde; die Arbeiter stimmten zu, organisierten den Bund der Kommunisten und beauftragten Marx und Engels sofort, das Manifest der Kommunistischen Partei zu schreiben.“ Diese "Zustimmung" war nicht zurückzuführen auf einen plötzlichen Impuls, eine Schwäche, die einer "autoritären Krise" und noch weniger einer "aufgezwungenen Aktion" von Marx und Engels wich. Im Gegenteil, es war das Ergebnis einer wirklichen Reifung des Bewusstseins der Arbeiter und das Ergebnis einer langen Debatte, ein militantes Produkt, das mit der organisierten Tätigkeit des Bund der Kommunisten verbunden war: "Die Debatten dauerten mehrere Tage, und Marx hatte große Schwierigkeiten, die Mehrheit von der Richtigkeit des neuen Programms zu überzeugen. Letzteres wurde in seinen Grundzügen angenommen, und der Kongress beauftragte Marx insbesondere, im Namen des Bund der Kommunisten nicht ein Glaubensbekenntnis, sondern ein Manifest zu schreiben“:[1] Es ist sehr wichtig zu betonen, dass das Manifest in erster Linie ein Mandat war, das Marx und Engels vom Kongress als Militante erhalten hatten und es war keineswegs nur deren eigenes Werk. Daher sollte ein Schreiben der Zentralbehörde an die Brüsseler Kreisbehörde vom 26. März auf der Grundlage einer am 24. Januar angenommenen Entschließung übermittelt werden, in dem sie um einen Bericht über seine Arbeit gebeten wird. Marx riskierte sogar ‚Maßregeln‘, falls er sein Mandat nicht rechtzeitig erfüllte.  „Die Zentralbehörde an die Kreisbehörde Brüssel, Beschluss vom 24. Januar 1848: Die Zentralbehörde beauftragt hiermit die Kreisbehörde Brüssel, dem K. Marx anzuzeigen, dass, wenn das „Manifest der K[ommunistischen] Partei“, dessen Abfassung er auf dem letztem Kongress übernommen, nicht bis Dienstag, 1. Februar d.J., in London angekommen ist, weitere Maßregeln gegen ihn ergriffen werden. In diesem Fall, dass K. Marx das Manifest nicht abfasst, verlangt die Zentralbehörde augenblickliche Zurücksendung der ihm vom Kongress zugestellten Dokumente. Im Namen und Auftrag etc. gez. Schapper, Bauer, Moll“ (Der Bund der Kommunisten, Dokumente und Materialien Band 1, S. 654).  Marx und Engels haben es, wie wir wissen, geschafft, ihre Arbeit pünktlich abzuschließen. Gleichzeitig hatten sie nicht aufgehört, im Sinne der Entwicklung der Einheit des Proletariats zu handeln, indem sie auch eine ganze beispielhafte Organisationsarbeit leisteten, deren Produkt und Werkzeug zugleich das Manifest selbst ist. Dadurch wurde auch eine Weiterentwicklung ihrer Arbeiten ermöglicht. "Die Historiker sind sich nicht dieses organisatorischen Wirkens von Marx bewusst, denn sie haben ihn als jemanden dargestellt, der nur in Hinterzimmern oder in Bibliotheken tätig ist. Seine Rolle als Organisator wurde verkannt; sie haben eine der interessantesten Seiten seines Wesens nicht gewürdigt. Wenn man die Rolle, die Marx (und ich betone Marx und nicht Engels) schon 1846-47 als ein Führer und Inspirator all dieser Organisationsarbeit nicht wahrnimmt, kann man die wesentliche Rolle nicht erkennen, die er als Organisator bei der Bewegung von 1848-49 und zur Zeit der I. Internationalen spielte.“ All diese militante Arbeit im Dienste der Einheit und des Kampfes des Proletariats findet sich in den Formulierungen des Manifests, das die Position der Kommunisten als "Avantgarde" definiert und nicht von der Arbeiterklasse getrennt ist: "Die Kommunisten sind keine besondere Partei gegenüber den anderen Arbeiterparteien. Sie haben keine von den Interessen des ganzen Proletariats getrennten Interessen“ [2]

Ein echter Kompass für die Arbeiterbewegung

Die Bolschewiki hielten auch das Manifest der Kommunistischen Partei für einen echten "Kompass". Lenin selbst sagte über das Manifest: "Dieser Text ist enorm wertvoll: er inspiriert und belebt bis heute das gesamte organisierte und kämpfende Proletariat der zivilisierten Welt".[3] Die theoretische Kraft des Manifests kam über Marx' eigenes unbestreitbares Genie hinaus nur durch die Tatsache zum Tragen, dass  das Proletariat begann, sich als eine von der Gesellschaft unabhängige Klasse zu konstituieren. Dieser Kampf würde es dem Kommunismus selbst ermöglichen, über das abstrakte Ideal der Utopisten hinauszugehen und eine praktische soziale Bewegung zu werden, die auf einer wissenschaftlichen, dialektischen Methode basiert, der des historischen Materialismus. Die wesentliche Aufgabe bestand dann darin, die wahre Natur des Kommunismus, des Klassenkampfes und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels auszuarbeiten, die in einem Programm formuliert werden mussten. Vor zwanzig Jahren sagten wir über das Manifest: "Es gibt kein Dokument, das die Bourgeoisie heute mehr stört als das Kommunistische Manifest, und zwar aus zwei Gründen. Erstens aufgrund der Beweisführung, dass die kapitalistische Produktionsweise nur eine historisch vorübergehende ist, und zweitens weil der unlösbare Charakter ihrer inneren Widersprüche aufgezeigt wurde, die durch die gegenwärtige Realität bestätigt werden. All das belastet  weiterhin die herrschende Klasse. Das Manifest wurde bereits damals geschrieben, um die Verwirrung der Arbeiterklasse über das Wesen des Kommunismus zu zerstreuen“.[4] Das Manifest ist ein echter Schatz für die Arbeiterbewegung. "Seiner Zeit voraus" gibt bietet es alle nötigen Waffen, um die herrschende Ideologie heute zu bekämpfen. Die Kritik am "konservativen oder bürgerlichen" Sozialismus der damaligen Zeit trifft auch ungeachtet der Unterschiede auf den Stalinismus des 20. Jahrhunderts zu und zeigt, was die Abschaffung von Privateigentum wirklich bedeutet. "(....) Durch die Transformation der materiellen Lebensbedingungen bedeutet dieser Sozialismus keineswegs die Abschaffung der bürgerlichen Produktionsbeziehungen, die nur mit revolutionären Mitteln erreicht werden können; damit sind nur Verwaltungsreformen gemeint, die auf der Grundlage dieser Produktionsbeziehungen durchgeführt werden, ohne folglich die Beziehungen von Kapital und Lohnarbeit zu beeinträchtigen, und die es der Bourgeoisie im besten Fall ermöglichen, die Kosten ihrer Herrschaft zu senken und den Staatshaushalt zu entlasten“. Zusätzlich zu diesen kritischen Elementen bekräftigt das Manifest einige wesentliche Elemente, die auch heute noch für den Kampf gültig sind.

- Die erste ist die Krise des kapitalistischen Systems, die Realität der "Überproduktion", die Tatsache, dass Kapitalismus und bürgerliche Gesellschaft durch die Geschichte obsolet  werden: "Die Gesellschaft kann nicht mehr unter ihr [der Bourgeoisie leben[; das heißt, ihr Leben ist nicht mehr verträglich mit der Gesellschaft“ (Manifest, MEW Bd 4, S. 473).

- das zweite wesentliche Element, während die Bourgeoisie nie aufhört zu sagen, dass das Proletariat "verschwunden" ist und dass nur die bürgerlichen "demokratischen" Reformen, angeblich "für das Volk", gültig sind, legt das Manifest im Gegenteil eine revolutionäre Perspektive frei, indem es dies klar unterstreicht: "Von allen Klassen, welche heutzutage der Bourgeoisie gegenüberstehen, ist nur das Proletariat eine wirklich revolutionäre Klasse“ (MEW, Bd 4, S. 472). Ausdruck einer universellen Klasse, die von Natur aus ausgebeutet und revolutionär ist und in den kapitalistischen Produktionsbeziehungen assoziiert und vereint arbeitet, wird ihr Kampf nicht nur durch die Notwendigkeit sondern auch durch die Fähigkeit bestimmt, dieses Projekt zu verwirklichen. Eine der wichtigsten Klarstellungen des Manifests besteht darin, dass es viel deutlicher als zuvor feststellt, dass die Befreiung der Menschheit nun in den Händen des Proletariats liegt. Dieser Befreiungskampf des Proletariats muss sich der Bourgeoisie rücksichtslos entgegenstellen; es kann kein gemeinsames  Vorgehen zwischen Bourgeoisie und Proletariat mehr geben. Dies war ein Aspekt, der bis 1848 nicht so klar war und auch nicht immer danach. Erinnern wir uns, dass der Slogan des Bund der  Gerechten ("Alle Menschen sind Brüder") noch immer die ganze Verwirrung ausdrückt, die in der Arbeiterbewegung herrschte. Im Gegenteil, das Manifest bekräftigt den unüberwindbaren Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie. Es war damit Ausdruck eines entscheidenden Schrittes im Klassenbewusstsein.

- Die dritte betrifft das Wesen und die Rolle der Kommunisten, „Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus“ (Manifest, MEW 4, S. 474).

- der letzte Punkt, last but not least, ist die Bekräftigung des internationalistischen Charakters des Klassenkampfes: "Die Arbeiter haben kein Vaterland", der mehr denn je der Prüfstein für die Verteidigung von Klassenpositionen war und ist, ganz im Gegensatz zum Nationalismus des Klassenfeindes. Die Tatsache, dass das Manifest mit diesem lebendigen Aufruf endet: "Proletarier aller Länder vereinigt euch" ist der stärkste Ausdruck, der die an sich internationalistische Dimension des proletarischen Kampfes und die Verteidigung seines Grundprinzips widerspiegelt.

Wir könnten viele andere wichtige Aspekte hervorheben, die bereits im Manifest enthalten sind, aber wir möchten diese kurze militante Hommage abschließen, indem wir zu den ersten Zeilen der nicht minder berühmten Formel zurückkehren, die unserer Meinung nach ebenfalls noch relevant ist: "Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst des Kommunismus". In der Tat bekräftigen wir, dass das internationale Proletariat trotz der Schwierigkeiten, vor denen es heute steht, dennoch seine Fähigkeiten und die Kraft behält, die kapitalistische Ordnung niederzuschlagen, um sie durch eine Gesellschaft ohne Klassen, ohne Krieg und Ausbeutung zu ersetzen. Dieses "Gespenst" ist - auch wenn es den Herrschenden nicht gefällt - immer noch vorhanden! WH, 3. Juni 2018


[1] Riazanov, Marx und Engels.

[2] Marx und Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, MEW 4, S. 474

[3] Lenin, Karl Marx und seine Lehre.

[4] 1848 - Das kommunistische Manifest: ein unverzichtbarer Kompass für die Zukunft der Menschheit (International Review Nr. 93).

Leute: 

  • Karl Marx; Friedrich Engels [14]

Theoretische Fragen: 

  • Arbeiterklasse [15]

Rubric: 

Geschichte der Arbeiterbewegung

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Links
[1] https://tass.com/defense/982575 [2] https://www.npr.org/sections/parallels/2018/03/26/596129462/how-the-pentagon-plans-to-spend-that-extra-61-billion?t=1532333040329 [3] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/europa [4] https://de.internationalism.org/tag/6/1296/usa [5] https://de.internationalism.org/tag/6/1292/trump [6] https://de.wikipedia.org/wiki/Rheinische_Zeitung [7] https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche-Brüsseler-Zeitung [8] https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-Französische_Jahrbücher [9] https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Rheinische_Zeitung._Organ_der_Demokratie [10] https://de.wikipedia.org/wiki/Boris_Iwanowitsch_Nikolajewski [11] https://de.wikipedia.org/wiki/Kommunistisches_Korrespondenz-Komitee [12] https://de.wikipedia.org/wiki/Erste_Internationale [13] https://de.internationalism.org/tag/leute/kar-mmarx-lenin [14] https://de.internationalism.org/tag/leute/karl-marx-friedrich-engels [15] https://de.internationalism.org/tag/theoretische-fragen/arbeiterklasse