Ken Loachs Film: ‘Land and Freedom’

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Ken Loachs Film: ‘Land and Freedom’

Der Mythos der ‘Spanischen Revolution’

Von 1931 bis 1936 kämpften alle spanischen Arbeiter wie Löwen, aber ihre Kämpfe waren gekennzeichnet von der Niederlage des Weltproletariats. Die 30er Jahre waren eine Zeit des tiefgreifenden Rückflusses des Klassenkampfes weltweit. Es waren die Jahre des weltweiten Sieges der Konterrevolution, besonders in Rußland mit dem Triumph des Stalinismus und seiner Ausrufung des ‘Sozialismus in einem Land’. Die Kämpfe des spanischen Proletariats, so dynamisch sie auch waren, waren geprägt von der tiefen Isolation und Niederlage dieser Zeit. Das spanische Proletariat wurde für die Verteidigung der spanischen Republik mobilisiert und für die Milizen der Volksfront angeworben, um den ‘Faschismus zu bekämpfen’ und ‘die Demokratie zu verteidigen’. Dadurch wurden sie von ihrem Klassenterrain auf das Terrain des Kapitalismus gezerrt.

„Land and Freedom" nimmt das physische Abschlachten der spanischen Arbeiter und den ideologischen Angriff des Antifaschismus gegen die ganze Weltarbeiterklasse und stellt dies dar als die ‘spanische Revolution’. Dieser schreckliche Zeitraum der Niederlage für unsere Klasse wird von K. Loach dargestellt als ein Sieg der Arbeiter und Bauern. Darüberhinaus kann dieser Film nicht die Wahrheit der Niederlage für das spanische Proletariat wiedergeben, denn er ist in die Schablone des Antifaschismus gepreßt. Loach berichtet zum Beispiel nicht von der Niederlage in Barcelona im Mai 1937, als die POUM und die Anarchisten der CNT/FAI die Arbeiter zwangen, die Barrikaden niederzureißen, die gegen die staatliche Repression errichtet worden waren. Im Film wird darauf bloß angespielt, als eine Szene im Kampf um die Telefonzentrale von Barcelona eingeblendet wird. Es wird verschwiegen, daß die POUM bis zu ihrer Unterdrückung vollständig in die arbeiterfeindlichen Manöver eingebunden war durch ihre Beteiligung an der Regierung. Dieser Film verschweigt die Tatsache, daß die Volksfront Streiks für ungesetzlich erklärte und verbot, damit die Rüstungsproduktion und der Krieg reibungslos durchgeführt werden konnten. Er verschweigt weiterhin die Teilnahme der POUM an der Generalmobilmachung durch die Volksfront, d.h. an der kompletten Militarisierung der Gesellschaft durch diese; er verheimlicht die Tatsache, daß der Führer der POUM, Andres Nin, in die Regierung als Justizminister eintrat, daß die Anarchisten sich ebenfalls an der Regierung beteiligten. Des weiteren vertuscht er die Tatsache, daß die POUM und die Anarchisten auf der von der republikanischen Regierung verlangten militärischen Disziplin (Streiks wurden verboten, alles wurde dem Kriegsrecht untergeordnet)) bestanden - all dies im Namen des Kampfes gegen den Faschismus.

1996 jährt sich der Beginn des spanischen Bürgerkriegs zum sechzigsten Mal. Wiedermal wird uns die alte Lüge aufgetischt vom ‘ruhmreichen’ Kampf gegen den Faschismus, von der Glorie der spanischen Kollektive und vor allem die Lüge von der Notwendigkeit, die bürgerliche Demokratie zu verteidigen.

Nachfolgend veröffentlichen wir einen Artikel der Genossen der Italienischen Linken, die in den 30er Jahren die Zeitschrift BILAN herausgaben. In dieser Zeit der Konterrevolution verstanden die Genossen, daß der Krieg ein Ausdruck der Niederlage des spanischen und internationalen Proletariats war. Der Krieg in Spanien stellte einen Auftakt zum 2. Weltkrieg dar. Er wurde erst möglich durch das Treiben der Antifaschisten und der Volksfront. In diesem Artikel hob BILAN hervor, daß es die Aufgabe der Stunde war, keinen Verrat zu begehen und keinen Flügel der Bourgeoisie in diesem Kampf zu unterstützen, d.h. weder die ‘demokratischen’ noch die ‘faschistischen’ Kräfte. Nur so konnte eine internationalistische Position aufrechterhalten werden. Wir unterstützen diese Position und verteidigen sie gegen die Verteidiger des Antifaschismus.

 

 

Ken Loach’s Film „Land and Freedom" war ein Erfolg in ganz Europa. Er spielt im spanischen Bürgerkrieg, welcher in erster Linie eine Periode der Niederlage in der Geschichte der Arbeiterklasse darstellt, und der so gezeigt wird, als wäre er ein Sieg des spanischen und internationalen Proletariats in seinem Kampf gegen den Faschismus. Dies ist die große Lüge des Films.

Artikel von BILAN

Gegen die imperialistische Front und das Massaker an den spanischen Arbeitern

Für die Klassenfront des internationalen Proletariats

Die allgemeine Auffassung, daß heute in Spanien ein blutiger Kampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat im Gange sei, weit davon entfernt, eine politische Position zu beziehen zugunsten der Verteidigung und des Sieges des Proletariats, könnte derzeit zur schlimmsten Katastrophe und zu einem Massaker an den Arbeitern führen. Um zu einer positiven Einschätzung zu kommen, ist es in erster Linie notwendig zu sehen, ob die Massen auf ihrem eigenen Terrain kämpfen und sich dadurch vorwärts entwickeln, ob sie die Fähigkeit entwickeln, die Angriffe des Klassenfeindes zurückzuschlagen. Im Moment gibt es mehrere Erklärungen der politischen Situation. Folgen wir mal der, die die Volksfront vertritt und zu welcher die Zentristen eine ‘theoretische’ Beschönigung hinzufügten. Demzufolge kämpfen die ‘Dissidenten, die Rebellen, die Faschisten’ gegen die legale Regierung, welche Brot und Freiheit verteidigt’. Die Aufgabe des Proletariats sei deshalb die Verteidigung der fortschrittlichen Bourgeoisie gegen die Kräfte des Feudalismus. Wieder einmal hätten die Arbeiter geholfen, diese feudalen Elemente niederzuschlagen; sie könnten nur vorrücken zur nächsten Stufe ihres Kampfes: zum Kampf für den Sozialismus. In unserer letzten Ausgabe zeigten wir auf, daß - obwohl der spanische Kapitalismus unfähig war, die gleiche soziale Organisationsform zu erreichen, die in anderen europäischen Ländern existiert, die spanische Bourgeoisie an der Macht ist und einzig und allein das spanische Proletariat fähig ist, Spaniens ökonomische und politische Strukturen umzuwälzen.

Die Volksfront hingegen hat sich im Verlauf der Ereignisse nicht als ein Instrument der Arbeiter erwiesen, sondern als eine mächtige Waffe in den Händen der Bourgeoisie, um die Arbeiterklasse zu zerschlagen. Wir rufen nur in Erinnerung, daß unter der Volksfrontregierung die Rechte die Möglichkeit hatte, sich zu organisieren; daß es ihr möglich war, ihre Pläne und Verschwörungen vorzubereiten. (...) Bedeutender als dies ist die Tatsache, daß die Volksfrontregierung zur Demoralisierung der Bauernmassen und zu einer tiefen Feindschaft gegen die Bauern auf Seiten der Arbeiter beitrug, welche sich wieder in einer großen Streikwelle vorwärtsbewegten wie in der von 1931-32, die aber durch den Terror einer Linksregierung, die der heutigen Volksfrontregierung sehr ähnlich sah, erdrückt wurde.

Von Anfang an betrieb die Volksfront eine Politik der Kompromisse mit der Rechten, wie wir zum Beispiel beim Errichten der Barrios-Regierung sehen können. Seither ist nichts Überraschendes mehr an der Tatsache, daß Franco Azana nicht verhaftete, obwohl er am Anfang mit ihm fertig geworden wäre. Der springende Punkt ist, daß die ganze Situation sehr instabil war und obwohl die Kapitalisten für einen Frontalangriff in jeder Stadt waren, waren sie unsicher, ob ihr rechter Flügel fähig wäre, einen vollständigen Sieg zu erringen. Deshalb war die Verhaftung Azanas unmöglich, und es waren tatsächlich die weiteren Aktionen der Volksfront, welcher der kapitalistischen Offensive die größeren Erfolgschancen gaben.

Der Angriff der Rechten stieß zuerst in Barcelona und dann in anderen Arbeiterzentren auf einen Volksaufstand, der - weil er auf proletarischem Klassenterrain stand und mit der bürgerlichen Staatsmaschine in Konflikt geriet - sehr schnell zur Zersetzung der Armee führte. Als sich der Aufstand in den Straßen entfaltete, brach der Klassenkampf in den Regimentern aus und die Soldaten rebellierten gegen ihre Offiziere. An diesem Punkt bewegte sich das Proletariat auf eine intensive politische Bewaffnung zu, welche nur in einer direkten Offensive gegen die Kapitalistenklasse enden konnte; in Richtung der kommunistischen Revolution.

Infolge dieser vehementen und kraftvollen Antwort des Proletariats fühlte der Kapitalismus, daß er seinen ursprünglichen Plan des Frontalangriffs aufgeben mußte. Angesichts der aufständischen Arbeiter, welche ein mächtiges Klassenbewußtsein entwickelten, sah sich die Bourgeoisie gezwungen, sich zu schützen und der Volksfront die Aufgabe zu übertragen, die politischen Aktionen der Arbeiter zu steuern. Die Bewaffnung der Massen wurde nur toleriert innerhalb der Grenzen des ‘vereinigten Kommandos’ mit einer spezifischen kapitalistischen Orientierung. Derzeit ist Caballero dabei, dieses Instrument vom technischen Gesichtspunkt aus auszubauen und zu vervollkommnen. Anfangs waren die Arbeiter materiell schlecht und politisch gut bewaffnet; nachher wurden sie gut ausgerüstet, dafür aber gezwungen, nicht mehr auf ihrem Klassenterrain zu kämpfen. Sie wurden geradewegs auf das gegenteilige Terrain gedrängt, auf das der Bourgeoisie.

Die Volksfront erreichte ihre Ziele schnell in Madrid und weniger leicht in Asturien. Und heute befinden sich die Arbeitermassen im Glauben, daß die bürgerliche Staatsmaschinerie unzerstörbar sei und gut funktionieren müsse, um die Rechte zu schlagen, um die ‘Rebellen’ in ihre Schranken zu weisen. Dies sei die Aufgabe der Stunde.

Das Proletariat hat seine eigenen Waffen niedergelegt und einem Kompromiß mit der Volksfront zugestimmt. Anstelle des proletarischen Kampfes (des einzigen, der Franco’s Regimenter außer Gefecht setzen und das Vertrauen der durch die Rechten terrorisierten Bauern hätte wiederherstellen können) trat ein neuer Kampf, ein spezifisch bürgerlicher, und das Heilige Bündnis wurde erreicht, wodurch das imperialistische Abschlachten beginnen konnte: Stadt gegen Stadt, Region gegen Region in Spanien selber, später Staat gegen Staat im Krieg zwischen zwei Blöcken, dem demokratischen und faschistischen.

Die Tatsache, daß der Weltkrieg noch nicht ausgebrochen ist, heißt noch lange nicht, daß das spanische und internationale Proletariat nicht mobilisiert wurde, um unter den imperialistischen Slogans von Faschismus und Antifaschismus sich abzuschlachten.

Nach der Erfahrung in Italien und Deutschland ist es sehr bedrückend zu sehen, wie politisch entwickelte Arbeiter ihre Analyse auf der Tatsache aufbauen, daß die spanischen Arbeiter bewaffnet sind und dadurch zum Schluß kommen, daß weil die Volksfront diese Armeen anführt, die Bedingungen für den Sieg des Proletariats vorhanden seien. Nein, Azana und Caballero sind wertvolle Verbündete deritalienischen und deutschen Sozialchauvinisten, denn in einer äußerst schwierigen Situation verrieten sie erfolgreich die Arbeiter. Sie haben die Bewaffnung der Arbeiter zugelassen, nur weil dies zugunsten eines Klassenkampfes war - aber nicht dem des Proletariats gegen das spanische und internationale Kapital, sondern dem des Kapitals gegen die Arbeiterklasse in Spanien und weltweit - ein Kampf, der die Form eines imperialistischen Krieges annahm.

In Barcelona war die Wahrheit hinter einer Fassade versteckt. Weil die Bourgeoisie sich zeitweilig von der politischen Bühne zurückgezogen hatte, und weil einige Unternehmen ohne Bosse geführt wurden, kamen einige Leute zum Schluß, daß die politische Macht der Bourgeoisie nicht länger existiere. Aber wenn diese nicht länger existieren würde, würden wir eine andere Macht auftauchen sehen, die des Proletariats. Aber gerade hier ist die tragische Antwort der Ereignisse grausam. Alle existierenden politischen Gruppen und Parteien, gerade die extremste, die CNT, hat offen erklärt, daß nicht von der Zerstörung des kapitalistischen Staates die Rede sein könne, sondern von seiner ‘Benützung’ durch die Arbeiterklasse. Unsere Position zu dieser Frage ist klar: es gibt hier zwei direkt entgegengesetzte Prinzipien, zwei Klassen, zwei Realitäten. Es ist entweder eine Frage der Kollaboration und des Verrates oder des Kampfes. In solch einer extremen Situation greifen auch die Kräfte der Kollaboration zu extremen Methoden. Wenn in einem sozialen Zusammenstoß, wie er in Barcelona ablief, die Arbeiter sich nicht in Richtung Zerstörung des kapitalistischen Staates bewegen, sondern in Richtung Verteidigung desselben, dann hat nicht Klassenkampf, sondern Klassenkollaboration gesiegt. Klassenkampf entwickelt sich nicht durch eine Serie materieller Eroberungen, sondern durch den Ausbruch entschlossener proletarischer Aktionen. Unternehmen zu sozialisieren und dabei den Staat nicht anzutasten, ist ein Glied in der Kette, welche das Proletariat an seinen Klassenfeind fesselt, an die innere und imperialistische Front des Kampfes zwischen Faschismus und Antifaschismus. Während hingegen ein Streikausbruch, der auf einfachsten Klassenforderung basiert, gerade in einer ‘sozialisierten’ Industrie ein Moment im etwaigen Sieg des spanischen und internationalen Proletariats sein kann. Es ist unmöglich, das Proletariat mit der Bourgeoisie zu identifizieren; die gegenwärtige territoriale Front, die Armeen des Heiligen Bündnisses mit einer Klassenarmee auf eine Ebene zu stellen.

Der Unterschied zwischen diesen beiden Seiten ist grundlegend und keine Detailfrage. Von Anfang an gibt es einen Grundwiderspruch zwischen den Einzelheiten und dem Grundlegenden; dem Heldentum der in die Volksfront eingebundenen Arbeiter und der historischen politischen Funktion der Volksfront. Wie Lenin im April 1917 haben wir der Frage auf den Grund zu gehen, und es ist dies die einzige politische Unterscheidung, die wir machen können. Der Angriff des Kapitals kann nur auf proletarischer Ebene beantwortet werden. Diejenigen, die dieses zentrale Problem ignorieren, stellen sich freiwillig auf die andere Seite der Barrikade. Und in den heftigsten sozialen Eroberungen heißt dies die Arbeiter an die Bourgeoisie zu binden.

Die Arbeiterklasse hat nur eine Waffe: ihren eigenen Klassenkampf. Sie kann nicht siegreich sein, wenn sie in den Fallen des Feindes gefangen ist. Und die gegenwärtige militärische Front stellt für die Klasse nichts anderes dar. Die heldenhaften Verteidiger Iruns sind zur Niederlage verurteilt. Sie kämpfen auf dem kapitalistischen Terrain der Volksfront, welche sie erfolgreich zum Verlassen des proletarischen Klassenterrains zwang und den Armeen Francos auslieferte.

Bewaffneter Kampf als Teil einer imperialistischen Front ist eine Katastrophe für das Proletariat. Die einzige Antwort des Proletariats ist ein bewaffneter Kampf auf seinem eigenen Terrain (...)

In allen Ländern, wo die Bourgeoisie dafür oder dagegen ist, Franco oder die Volksfront mit Waffen zu beliefern, müssen die Arbeiter mit ihren eigenen Klassendemonstrationen antworten, mit Streiks gegen legale Waffenlieferungen, mit Kämpfen gegen jeden Imperialismus. Nur auf diese Weise können sie ihre Solidarität mit dem spanischen Proletariat zum Ausdruck bringen.

BILAN, Nr. 34, August/Sept. 1936

 

 

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