Über die höheren Ziele des Kommunismus
Es wird oft
behauptet, daß Marx nie daran interessiert war, konkrete Pläne für die zukünftige
kommunistische Gesellschaft zu entwerfen. Das stimmt insofern, als im Gegensatz
zu den utopischen Kommunisten, aus deren Sicht der Kommunismus nur eine reine
Erfindung einiger aufgeklärter Geister war, Marx verstand, daß es nutzlos war,
detaillierte Pläne der Struktur und der Funktionsweise der kommunistischen Gesellschaft
zu entwerfen. Denn diese könnte nur hervorgehen aus einer massiven gesellschaftlichen
Bewegung, d.h. die praktische Lösung für die bislang nie dagewesene Aufgabe
der Schaffung einer Gesellschaftsordnung, die qualitativ höher stünde als alle
bisher dagewesenen. Aber diese sehr berechtigte Ablehnung, die wirkliche Bewegung
der Geschichte in die Zwangsjacke eines vorher aufgezeichneten Schemas
hineinzupressen, bedeutete nicht, daß Marx oder die marxistische Tradition im
allgemeinen kein Interesse daran gehabt hätte, die Endziele der Bewegung zu bestimmen.
Im Gegenteil. Dies ist eines der herausragenden Merkmale der Funktionen der
kommunistischen Minderheiten, denn sie "haben
theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die
Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung
voraus" (Manifest der Kommunistischen Partei, MEW 4, S. 474). Was
den Marxismus von allen Utopisten abhebt, ist nicht, daß die Marxisten keine
Auffassung vom allgemeinen Endziel hätten, sondern daß sie die wirkliche Verbindung
zwischen den Ergebnissen und den Bedingungen und der Bewegung, die dorthin
führt, aufzeigen. Mit anderen Worten: sie gründen ihre Auffassung von der
zukünftigen Gesellschaft auf eine tiefschürfende Analyse der bestehenden Gesellschaft,
daß z.B. die Forderung nach der Abschaffung der Marktwirtschaft nicht aus
irgendeiner rein moralischen Abneigung
gegen Kauf und Verkauf abgeleitet wird, sondern aus der Erkenntnis, daß
eine Gesellschaft, welche auf allgemeiner Warenproduktion ruht, dazu
gezwungen ist, unter dem Gewicht ihrer eigenen Widersprüche zusammenzubrechen,
daher die Notwendigkeit einer höheren Gesellschaftsform, in der Gebrauchswerte
produziert werden. Gleichzeitig entwickelt der Marxismus seine Auffassungen
über den Weg, die Bewegung hin zu dieser höheren Form aus den eigentlichen
Erfahrungen des Arbeiterkampfes gegen den Kapitalismus. Während somit der Ruf
nach der Diktatur des Proletariats schon am Anfang der marxistischen Bewegung
erhoben wurde, wurde die Gestalt, die diese Diktatur annehmen würde, viel
deutlicher durch die großen revolutionären Ereignisse in der Geschichte der
Arbeiterklasse präzisiert, insbesondere in der Pariser Kommune und in der
Oktoberrevolution.
Ohne eine allgemeine
Vorstellung von der Gesellschaft, die sie errichten will, würde die
kommunistische Bewegung blind sein. Anstatt die höchste Verkörperung dieser
einzigartigen menschlichen Fähigkeit des Planens zu sein, denn der Mensch kann
sich Baupläne in seinem Kopf ausdenken, bevor er sie in der Praxis umsetzt,
würde der Kommunismus nicht mehr sein als eine instinktive Reaktion gegen die
kapitalistische Misere. In seinem ständigen Kampf gegen die Herrschaft der
bürgerlichen Ideologie würde der Kommunismus keine Kraft besitzen, die Arbeiter
und all die anderen unterdrückten Schichten der Gesellschaft zu überzeugen,
daß ihre Hoffnung nur in der kommunistischen Revolution liegen kann. Und daß
die scheinbar unlösbaren Probleme innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft
nur durch die kommunistische Gesellschaft gelöst werden können. Und sobald die
revolutionäre Umwälzung in Gang gesetzt worden wäre, würde sie keinen
Gradmesser haben, um den Fortschritt in Richtung seines Endziels zu messen.
Und trotzdem dürfen
wir nicht vergessen, daß es einen Unterschied zwischen dem Endziel und den
"allgemeinen Resultaten" der Bewegung dorthin gibt. Wie schon gesagt,
ist letzteres einer ständigen Klärung durch die praktische Erfahrung der Klassenbewegung
unterworfen. Die Pariser Kommune stellte für Marx und Engels klar, daß das
Proletariat die alte Staatsmaschine zu zerstören hätte, bevor es seinen
eigenen Machtapparat errichten könnte. Das Auftauchen der Sowjets in den
Jahren 1905 und 1917 überzeugte Trotzki und Lenin, daß sie die "endliche
gefundene Form" der proletarischen Diktatur seien. Die höheren Ziele des
Kommunismus auf der anderen Seite müssen sehr allgemeine Schlußfolgerungen
sein, die solange nur eine Kritik an der kapitalistischen Gesellschaft
bleiben, bis die wirkliche Bewegung der Klasse angefangen hat, sie praktisch
zu lösen. Dies stimmt umso mehr, weil die proletarische Revolution per Definition
zunächst eine politische und dann erst eine wirtschaftliche und gesellschaftliche
Umwälzung darstellt. Da die wirklichen Beispiele/Erfahrungen der Arbeiterrevolution
bislang nie weiter gegangen sind als bis zur
Eroberung der politischen Macht in einem
Land, beziehen sich die uns hinterlassenen Lehren hauptsächlich auf die
politischen Probleme der Formen und Methoden der proletarischen Diktatur (die
Beziehungen zwischen Partei, Klasse und Staat usw.). Nur in einem begrenzten
Maße verfügen wir über Orientierungsrichtlinien hinsichtlich der wirtschaftlichen
und gesellschaftlichen Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um die Grundlagen
für die kommunistische Produktion und Verteilung zu umreißen, wobei diese
auch nur meist negativ abgegrenzt werden können (z.B. die Erkenntnis, daß
Verstaatlichung nicht Vergesellschaftung bedeutet). Hinsichtlich der voll
entwickelten kommunistischen Gesellschaft, die nur nach einer mehr oder weniger
langen Übergangsperiode erscheinen wird, hat und konnte die historische Erfahrung
der Arbeiterklasse keinen qualitativen Durchbruch bei den Vorstellungen der
Kommunisten über solch eine Gesellschaft bringen.
Es ist deshalb kein
Zufall, daß die meist inspirierten und inspirierenden Beschreibungen der
höheren Ziele des Kommunismus zu Anfang des politischen Lebens von Marx
aufgezeichnet wurden. Diese wurden nämlich entwickelt, als Marx von der Sache
des Proletariats überzeugt wurde, und als er anfing, sich 1844 als Kommunist
zu bezeichnen. Diese ersten Vorstellungen, wie die Gesellschaft und die
Menschheit aussehen könnte, sobald die Fesseln des Kapitalismus und vorhergehender
Klassengesellschaften über Bord geworfen sein würden, wurden kaum in Marxens
späteren Schriften weiter präzisiert. Wir werden in Kürze auf das Argument
eingehen, demzufolge Marx diese ersten Definitionen als jugendlichen Leichtsinn
verwarf. Aber an dieser Stelle wollen wir nur unterstreichen, daß Marxens Vorgehensweise
gegenüber den Problemen mit seiner allgemeinen Methode vollkommen
übereinstimmt. Auf der Grundlage einer tiefgreifenden Kritik der Verarmung und
der Verunstaltung der menschlichen Tätigkeiten unter den vorherrschenden
gesellschaftlichen Bedingungen, zog er die Schlußfolgerung über die
notwendigen Maßnahmen, um diese Verkrüppelung zu verwerfen und zu überwinden.
Aber nachdem er die Endziele des Kommunismus umrissen hatte, kam es vor allem
darauf an, daß er sich in die entstehende
proletarische Bewegung stürzte, in das Getöse und den Tumult der politischen
und ökonomischen Kämpfe, die als einzige dazu in der Lage waren, sicherzustellen,
daß diese hochgesteckten Ziele zu einer Wirklichkeit wurden.
Im Sommer 1844 lebte
Marx in Paris inmitten von zahlreichen kommunistischen Gruppierungen, die von
solch ausschlaggebender Bedeutung gewesen waren, daß sie ihn von der Sache
des Kommunismus überzeugten. Dort schrieb er die mittlerweile berühmt gewordenen
Ökonomisch-Philosophischen Manuskripte, die er später auch als die Grundlagen
für die "Grundrisse" und "Das Kapital" selber bezeichnete.
In ihnen versuchte er, sich mit der politischen Ökonomie vom Standpunkt der
Ausgebeuteten aus zu beschäftigen. Auch stellte er erste Überlegungen über so
wichtige Fragen wie Lohn, Preis, Grundrente und die Akkumulation des Kapitals;
alles Themen, die später einen großen Platz in seinen Arbeiten einnehmen
sollten; obgleich er in seinen Einleitungsbemerkungen zu den Manuskripten
seinen Plan für eine umfangreiche Serie von "Broschüren"
aufzeichnete, von denen der Teil zur Wirtschaft nur der Anfang sein sollte. In
den gleichen Notizen unternahm Marx auch den ersten umfassenden Versuch, mit
der idealistischen Philosophie Hegels abzurechnen, die damals nicht mehr
nützlich war, nachdem neue Grundlagen durch das Auftauchen einer materialistischen
Theorie der geschichtlichen Entwicklung gelegt worden waren. Aber die
"Manuskripte" sind wahrscheinlich am meisten für ihre Abhandlung
des Problems der entfremdeten Arbeit bekannt und (vielleicht bislang nicht so
stark) für ihre Bemühungen, die Art gesellschaftlicher Tätigkeit zu
definieren, die diese in der zukünftigen Gesellschaft ersetzen würde.
Die
Ökonomisch-Philosophischen Manuskripte wurden erst 1927 veröffentlicht. Mit
anderen Worten: während der wichtigsten revolutionären Periode in der Geschichte
der Arbeiterbewegung waren sie unbekannt. Ihre Veröffentlichung fand statt zu
einem Zeitpunkt, als die revolutionäre Welle, die die kapitalistische Welt in
den 10 Jahren nach 1917 erschüttert hatte, sich zum letzten Mal aufbäumte. 1927
kam es sowohl zur Niederlage der chinesischen Revolution als auch der linken
Opposition innerhalb der kommunistischen Parteien. Ein Jahr später kündigte
die Kommunistische Internationale ihren eigenen Bankrott durch die Verabschiedung
der berüchtigten "Theorie des Sozialismus in einem Land" an. Infolge
dieser Ironie der Geschichte war es die Bourgeoisie und nicht so sehr die Arbeiterbewegung,
die am meisten über die Ökonomisch-philosopischen Manuskripte und deren Bedeutung
sich geäußert hat. Insbesondere gab es eine Kontroverse in der akademischen
und linksbürgerlichen "Theorie" hinsichtlich des angeblichen Bruchs
zwischen dem "jungen" und "alten" Marx. Da Marx die
philosophischen Manuskripte nie selbst veröffentlichte, und da er in ihnen
Ausführungen gemacht hatte, die später nicht mehr erweitert wurden, wird von
einigen behauptet, daß die ÖPM einen unreifen, Feuerbachschen, sogar einen Hegelschen
Marx zeigen, der von dem späteren reifen und wissenschaftlicher arbeitenden
Marx entschieden verworfen wurde. Die Hauptvertreter dieser Richtung sind die
... Altstalinisten und vor allem dieser sehr obskure Althusser. Ihnen zufolge
gab Marx die Auffassung des menschlichen Wesens, so wie sie in den ÖPM entwickelt
worden war, und insbesondere den Begriff der Entfremdung auf.
Es sollte
offensichtlich sein, daß solche Auffassungen nicht vom Klassenwesen des Stalinismus
getrennt werden können. Die Kritik an der entfremdeten Arbeit in den ÖPM ist
eng verbunden mit einer Kritik an einem "Kasernenkommunismus", ein Kommunismus,
in dem die Gesellschaft zu einem abstrakten, lohnzahlenden Kapitalisten wird.
Es war eine Auffassung vom Kommunismus,
die von den damals sehr unreifen proletarischen Strömungen wie den Blanquisten
verbreitet wurde. Marx verwarf diese Auffassung vom Kommunismus in den ÖPM
insgesamt, denn aus seiner Sicht machte der Kommunismus nur einen Sinn, wenn
er die Unterdrückung der schöpferischen Fähigkeiten des Menschen beendete
und die Schinderei der Arbeit zu einer freien, Vergnügen bereitenden Aktivität
werden ließ. Die Stalinisten dagegen zeichnen sich dadurch aus, daß für sie
Sozialismus mit einer Gesellschaft der Entbehrung und schrecklichen Ausbeutung
gleichzusetzen ist, die wir von den Bedingungen in den Fabriken und den Arbeitslagern
in den sog. "sozialistischen Ländern" her kennen. Hier handelt es
sich nicht mehr um einen Ausdruck der "Unreife" der proletarischen
Bewegung, sondern es ist ein Ausdruck der voll entwickelten Konterrevolution.
Da entfremdete Arbeit natürlich in dem "real existierenden
Sozialismus" im Osten vorhanden war, überrascht es kaum, daß die Stalinisten
sich gegenüber dem ganzen Begriff überhaupt unwohl fühlen. Wir könnten hier
jetzt damit fortfahren, daß z.B. Marxens Auffassung über die eigentliche Beziehung
zwischen dem Menschen und der Natur in den ÖPM überhaupt nicht in Übereinstimmung
steht mit der ökologischen Katastrophe, die die Praxis des Stalinismus hier
an den Tag gebracht. Jedenfalls läuft all dies auf den gleichen Punkt
hinaus: die Auffassung vom Kommunismus, die in den ÖPM entwickelt worden war,
steht im direkten Gegensatz zu den Lügen vom "Sozialismus" der
Stalinisten, weil sie beide von unterschiedlichen Ausgangspunkten ausgehen.
Am entgegengesetzten
Ende des bürgerlichen politischen Spektrums haben auch verschiedene Varianten
des liberalen Humanismus, protestantische Theologen und eine ganze Heerschar
von Soziologen versucht, Marx in zwei Teile, zwei Abschnitte zu trennen.
Allerdings ziehen sie diesmal den warm-herzigen, romantischen, idealistischen
jungen Marx gegenüber dem kalten, materialistischen Autor des
"Kapitals" vor. Aber zumindest behaupten diese Leute nicht von sich,
Marxisten zu sein.
In einer Schrift aus
den 50er Jahren war Bordiga einer der wenigen Stimmen in der proletarischen
Bewegung, der versuchte, die ÖPM zu kommentieren. Und er verwarf diese künstliche
Spaltung: "Ein anderer weit verbreiteter
Gemeinplatz ist, daß Marx in seinen Jugendschriften ein Hegelianer gewesen
sei, und daß er erst später zu einem Theoretiker des historischen Materialismus
und mit zunehmenden Alter zu einem Vulgäropportunisten geworden sei(1)".
Gegenüber solchen Clichés verteidigte Bordiga zurecht die Kontinuität im
Denken von Marx, das sich wie ein roter Faden von dem Zeitpunkt an erkennen
läßt, als sich Marx der Sache des Proletariats anschloß. Aber bei seiner
Reaktion gegen die verschiedenen Theorien der damaligen Zeit, die entweder
versuchten, den Marxismus als überholt darzustellen, oder ihn mit verschiedenen
Zusätzen auch "aufzupäppeln" wie der Existentialismus, verwechselte
Bordiga diese Kontinuität mit dem "Monolithismus
des ganzen Systems von seiner Geburt bis zum Tod Marx und selbst danach (die
grundlegenden Konzepte der Invarianz, die grundlegende Verwerfung der
bereichernden Entwicklung der Parteidoktrin)" (ebenda). Diese Auffassung
läßt den Marxismus zu einem staatlichen Dogma wie dem Islam werden, denn aus
der Sicht eines wahren Moslems ist der Koran das Wort des Propheten, gerade
weil kein einziges Komma oder Punkt an den Geboten geändert wurden, seitdem sie
vom Propheten geschrieben wurden. Dies ist eine gefährliche Auffassung, die
dazu führt, daß die Bordigisten die "wirklichen Bereicherungen"
vergessen, die von der Strömung erarbeitet wurden, aus der sie hervorgegangen
waren - die Fraktion der Italienischen Kommunistischen Linken. Und sie sind
damit auf Positionen zurückgefallen, die seit dem Beginn des Niedergangs des
Kapitalismus vollkommen überholt sind. Gegenüber der hier erwähnten Schrift
ist dies fehlgegriffen. Wenn wir die ÖPM mit den Grundrissen vergleichen,
die gewissermaßen der 2. Entwurf der gleichen großen Arbeit waren, erscheint
die Kontinuität als ziemlich offensichtlich. Der Idee entgegentretend, daß
Marx das Konzept der Entfremdung aufgab, kann man sehen, daß sowohl das Wort
als auch das Konzept immer wieder in dieser Arbeit des "reifen Marx"
auftauchen, genauso wie im "Kapital" selber. Aber es gibt keinen Zweifel
daran, daß die Grundrisse eine Bereicherung gegenüber den ÖPM darstellen.
Z.B. werden einige grundlegende Fragen so wie der Unterschied zwischen Arbeit
und Arbeitskraft beleuchtet und auch das Geheimnis des Mehrwertes wird aufgeklärt.
Bei seiner Analyse des Problems der Entfremdung wird das Problem auch historisch
besser dargestellt als in den früheren Arbeiten, weil darin Bezug genommen
wird auf die Produktionsweisen, die dem Kapitalismus vorhergingen. Aus unserer
Sicht besteht die richtige Herangehensweise darin, sowohl die Kontinuität als
auch die schrittweise Bereicherung der "Parteidoktrin" hervorzuheben,
weil der Marxismus sowohl eine tiefe historische Tradition als auch eine lebendige
Methode ist.
Wir bleiben davon
überzeugt, daß das Konzept der Entfremdung wesentlich ist für die Ausarbeitung
einer kommunistischen Kritik an der gegenwärtigen Gesellschaft. Ohne eine
tiefgreifende Untersuchung des Problems, das wir hier zu lösen versuchen;
ohne zu begreifen, wie umfassend das Problem ist, kann man hier keine Lösung
formulieren. Deswegen werden wir hier Marxens Methode aus den ÖPM folgen, um
die Endziele der kommunistischen Umwälzung zu definieren, d.h. um die Umrisse
einer wirklich menschlichen Gesellschaft aufzuzeigen, müssen wir zunächst
verdeutlichen, wieweit der Mensch sich von der eigenen Menschheit entfernt hat.
Die Auffassung,
derzufolge sich der Mensch entfremdet und entfernt hat von der eigenen Macht
und Kraft, ist sehr alt. Aber in allen, dem Kapitalismus vorhergehenden Gesellschaften
mußte diese Auffassung notwendigerweise in mythischen oder religiösen Formen
erscheinen - insbesondere in dem Mythos der Vertreibung des Menschen aus einem
göttlichen Paradies, in dem er göttliche Kräfte besaß.
Dieser Mythos ist
älter als die Klassengesellschaften; er ist ein zentraler Punkt in den Auffassungen
und Praktiken der primitiven kommunistischen Gesellschaften. Die australischen
Ureinwohner z.B. glaubten, daß ihre Vorfahren die verschwenderischen,
schöpferischen Wesen der "Urzeit", der "Zeit der Träume"
waren, und daß seit dem Ende dieser mythischen Zeit die Macht und das Wissen
der Menschen stark zurückgegangen sind.
Wie die Religion, die
daraus hervorgeht, ist der Mythos sowohl ein Protest gegen Entfremdung als
auch ein Ausdruck derselben. Bei beiden projiziert der Mensch die Kräfte, die
tatsächlich ihm gehören, auf übernatürliche Wesen außerhalb seiner selbst.
Aber der Mythos ist die charakteristische Ideologie einer Gesellschaft vor
dem Entstehen von Klassenspaltungen. In dieser ungeheuer langen historischen
Epoche gab es die Entfremdung nur in einer sehr embryonalen Form. Die
brutalen Bedingungen des Überlebenskampfes brachten eine harte Herrschaft
des Stamms über das Individuum hervor mittels der unveränderten Gewohnheiten
und Traditionen, die von den mythischen Vorfahren entwickelt worden waren.
Aber dies ist noch keine Welt der Klassenherrschaft.
Ideologisch wird diese Lage durch einen zweiten Aspekt der "Zeit der
Träume" widergespiegelt: "Die Traumzeit" kann durch die gemeinsamen
Feste periodisch wiederhergestellt werden, und jedes Mitglied des Stamms
besitzt eine geheime Identität und Brücke mit den Urvorfahren. Kurzum der
Mensch fühlt sich noch nicht vollständig getrennt von seinen eigenen
schöpferischen Kräften und Mächten.
Mit der Auflösung der
primitiven Gemeinschaften und der Entwicklung der Klassengesellschaft
spiegelte sich der Beginn der eigentlichen Entfremdung in dem Auftauchen von
eng religiösen Auffassungen wider. In Gesellschaften wie dem alten Ägypten
und Mesopotamien wird die nach Außen gerichtete Form der alten zyklischen
Feste der Erneuerung aufrechterhalten. Aber die Massen werden nun zu bloßen
Beobachtern eines weit entwickelten Rituales, das von Priestern zelebriert
wird mit dem Ziel der Verherrlichung eines vergöttlichten Despoten. Somit war
ein Graben entstanden zwischen dem Menschen und den Göttern, der den wachsenden
Graben zwischen den Menschen selbst zum Ausdruck brachte.
In den
jüdisch-christlichen Religionen wird die zutiefst konservative zyklische Auffassung
der primitiven und asiatischen Gesellschaften ersetzt durch die revolutionäre
Idee, daß das Drama der Vertreibung des Menschen aus dem Paradies und seiner
Erlösung eine ständige geschichtliche Weiterentwicklung ist. Aber parallel zu
dieser Entwicklung wurde der Graben zwischen dem Menschen und Gott nahezu
unüberwindbar. Gott befahl Adam, das Paradies Eden zu verlassen, gerade
aufgrund der Sünde, daß er versucht hatte, selbst auch ein göttliches Niveau zu
erreichen.
Innerhalb der
westlichen religiösen Traditionen entstand jedoch eine Reihe von esoterischen
und mystischen Strömungen, die die Vertreibung aus dem Paradies nicht so sehr
als eine Bestrafung der Menschen infolge des Ungehorsams gegenüber einer weit
entfernten Vaterfigur ansahen, sondern als einen dynamischen kosmischen
Prozeß, in der der ursprüngliche Geist "sich selbst vergessen"
hatte und in die Welt der Spaltung und der offensichtlichen Wirklichkeit eingezogen
war. Dieser Auffassung zufolge war die Entfremdung zwischen der geschaffenen
Welt und dem letzten Daseinsgrund keine absolute: für die entsprechend
gebildeten Menschen bestand weiterhin die Möglichkeit, sich an ihre verdeckte
Einheit mit dem "höchsten Geist" zu erinnern. Diese Auffassungen
wurden z.B. von den jüdisch-kabbalistischen Traditionen und ihren zahlreichen
christlichen, alchimistischen und esoterischen Ablegern vertreten. Es ist bezeichnend,
daß solche Strömungen - die sehr oft in den Bereich der Ketzerei, des Pantheismus
und Atheismus überwechselten- mit dem Zusammenbruch der feudalen katholischen
orthodoxen Welt immer einflußreicher wurden
und man brachte sie, wie Engels in "Die Bauernkriege in
Deutschland" aufzeigte, oft mit den subversiven gesellschaftlichen Bewegungen
in der Zeit des aufsteigenden Kapitalismus in Verbindung.
Es gibt sicher eine,
wenn auch wenig untersuchte Verbindung zwischen dem Denken Hegels und einiger
dieser esoterischen Traditionen, insbesondere in den Schriften eines radikalen Protestanten, der visionäre
Auffassungen hatte, und den Marx einmal als Jakob Boehme bezeichnete (6).
Aber Hegel war auch der am meisten fortgeschrittene Theoretiker der
revolutionären Bourgeoisie und somit ein Erbe der rationalisierenden
Philosophie der alten Griechen. Somit unternahm er einen großartigen Versuch,
das ganze Problem der Entfremdung von der Ebene des Mythos und des Mystizismus
herauszulösen und es wissenschaftlich zu stellen. Aus Hegels Sicht bedeutete
dies, daß das, was früher esoterisch und jeweils der geheime geistige Bereich
einer privilegierten Minderheit gewesen war, bewußt klar, deutlich und
kollektiv gemacht werden mußte: "Erst was vollkommen bestimmt ist, ist
zugleich esoterisch, begreiflich, und fähig, gelernt und das Eigentum Aller zu
sein. Die verständige Form der Wissenschaft ist der Allen dargebotene und für
Alle gleichgemachte Weg zu ihr" (Phänomenologie des Geistes, Vorrede S.
19, Frankfurt 1973, Hegel Werke, Bd. 2, 1832,1841). Hegel unternahm somit den Versuch, die Entfremdung
des Menschen von einem bewußt dialektischen und historischen Standpunkt aus
zu begreifen, und Marx rechnete es ihm sogar hoch an, daß er gewisse
Erkenntnisse über die Schlüsselrolle der Arbeit in der Selbstschöpfung, Selbstentstehung
des Menschen erreicht hatte. Und trotzdem, wie Marx Feuerbach folgend
hervorhob, macht das Hegelsche System nur ein oder zwei Schritte hin zur
Wissenschaft, bevor es wieder zurück in den Mystizismus verfällt. Man kann
schnell sehen, daß die Hegelsche Auffassung von der Geschichte "als die
Entfremdung von der absoluten Idee" eine Wiederholung der kabbalistischen
Vision des ursprünglichen kosmischen Falls ist. Dagegen war aus Marxens
Sicht das Problem nicht die Geschichte Gottes, sondern der "Natur, die
zum Menschen wurde", damit nicht der Übergang von einem ursprünglichen Bewußtsein
in den gewöhnlichen Bereich der Materie, sondern der materielle Aufstieg vom
unbewußten zum bewußten Sein.
Als Hegel sich mit
der Entfremdung als einem Aspekt der konkreten menschlichen Erfahrung
befaßte, wurde diese erneut zeit- und geschichtslos dargestellt, weil als eine
absolute Kategorie der menschlichen Beziehungen zu der äußeren Welt. Mit Marxens
Begriffen: Hegel verwechselte Vergegenständlichung, die menschliche Fähigkeit,
zwischen Subjekt und Objekt zu trennen - mit Entfremdung. Wenn also die Entfremdung
zwischen dem Menschen und der Welt überhaupt überwunden werden könnte, dann
könnte dies nur im abstrakten Bereich der "Gedanken", dem Bereich
der Welt der Philosophen geschehen, die aus Marxens Sicht nichts anderes als
eine Widerspiegelung der Entfremdung war. Aber Marx überließ das Konzept der
Entfremdung nicht den Hegelianern. Anstelle dessen versuchte er es auf die
materiellen Grundlagen zurückzuführen, indem er ihren Ursprung in der menschlichen
Gesellschaft ansiedelte. Feuerbach hatte erklärt, daß Hegels absolute Idee,
wie alle vorherigen Ausdrücke oder Erscheinungen Gottes in Wirklichkeit die
Vorstellungen des Menschen waren, der unfähig sei, seine eigene Macht zu
verwirklichen, da es sich um einen von sich selbst entfremdeten Menschen
handelte. Aber Marx ging weiter, als er die Tatsache anerkannte, daß "die weltliche Grundlage sich von sich
selbst abhebt und sich ein selbständiges Reich in den Wolken fixiert, ist eben
nur aus der Selbstzerrissenheit und dem Sichselbst-Widersprechen dieser
weltlichen Grundlagen zu erklären" (F. Engels, Redigierte Thesen von
Marx über Feuerbach" Nr. 4). Das Konzept der Entfremdung blieb für Marx
ein Schlüsselelement, denn es sollte zu einer Waffe bei seinem Angriff auf
die "weltliche" Basis, d.h. auf die bürgerliche Gesellschaft werden,
und vor allem gegen die bürgerliche politische Ökonomie. Mit dem siegreichen
Einzug der bürgerlichen Gesellschaft konfrontiert, mit all den "Wundern
des Fortschritts", die sie mit sich gebracht hatte, benutzte Marx das
Konzept der Entfremdung, um aufzuzeigen, was all dieser Fortschritt für die
wirklichen Produzenten des Wohlstands, die Arbeiter, Proletarier bedeutete.
Er zeigte, daß der wachsende Wohlstand der kapitalistischen Gesellschaft
tatsächlich die zunehmende Verarmung der Arbeiter mit sich brachte, nicht nur
deren physische Verarmung, sondern die Verarmung ihres ganzen "inneren Lebens". "Je mehr der Arbeiter sich ausarbeitet,
umso mächtiger wird die fremde, gegenständliche Welt, die er sich gegenüber
schafft, um so ärmer wird er selbst, seine innre Welt, um so weniger gehört
ihm zu eigen. Es ist ebenso in der Religion. Je mehr der Mensch in Gott
setzt, je weniger behält er in sich selbst. Der Arbeiter legt sein Leben in den
Gegenstand; aber nun gehört es nicht mehr ihm, sondern dem Gegenstand. Je größer
also diese Tätigkeit, umso gegenstandsloser ist der Arbeiter. Was das Produkt
seiner Arbeit ist, ist er nicht. Je größer also dieses Produkt, je weniger ist
er selbst. Die Entäußerung des Arbeiters in seinem Produkt hat die Bedeutung,
nicht nur, daß seine Arbeit zu einem Gegenstand, zu einer äußeren Existenz
wird, sondern daß sie außer ihm, unabhängig, fremd von ihm existiert und eine
selbständige Macht gegenüber ihm wird, daß das Leben, was er dem Gegenstand
verliehen hat, ihm feindlich und fremd gegenübertritt" (ÖPM, S. 77) (4)
Hier ist Marxens
Vorgehensweise eindeutig: gegen die Abstraktionen Hegels (die eine karikaturale
Form bei den Arbeiten der jungen Hegelianer um Bruno Bauer annahm) siedelte
Marx sein Konzept der Entfremdung in den "gegenwärtigen ökonomischen
Alltagstatsachen" an. Er zeigte auf, daß Entfremdung ein aus dem Lohnarbeitsverhältnis,
aus der kapitalistischen Welt nicht wegzuschaffendes und wegzudenkendes Teil
ist, was dazu führt, je mehr der Arbeiter produziert, desto mehr bereichert
er nicht sich selbst, sondern das Kapital, diese über ihm stehende fremde
Macht.
So hört die
Entfremdung auf ein bloßer Bewußtseinszustand zu sein, ein innewohnender
Aspekt der Beziehungen der Menschen zur Welt (in diesem Fall könnte sie nie
überwunden werden) und wird zu einem besonderen Produkt der menschlichen, geschichtlichen
Entwicklung. Die Entfremdung begann nicht mit dem Kapitalismus: die
Lohnarbeit, wie Marx in den "Grundrissen" aufzeigte, ist nur die
höchste und Endform der Entfremdung. Aber weil sie ihre höchst entwickelte
Form ist, liefert sie auch den Schlüssel für das Begreifen der Geschichte der
Entfremdung im allgemeinen, ebenso wie das Auftauchen der bürgerlichen
politischen Ökonomie es möglich machte, die ökonomischen Grundlagen der
vorherigen Produktionsformen zu untersuchen. Die Wurzeln der Entfremdung
werden unter den bürgerlichen Produktionsbedingungen offengelegt: sie fallen
nicht irgendwo aus den Wolken oder aus den Vorstellungen der Menschen
schlechthin, sondern sie liegen im Arbeitsprozeß, in den konkreten und praktischen
Beziehungen zwischen den Menschen untereinander und zwischen den Menschen und
der Natur. Nachdem dieser theoretische Durchbruch geschafft war, wurde es dann
möglich aufzuzeigen, wie die Entfremdung des Menschen bei der Arbeit nach Außen
in alle anderen Aktivitäten vordrang. Dadurch wird auch die Möglichkeit der
Untersuchung der geschichtlichen Ursprünge der Entfremdung und ihrer
Entwicklung in den vorhergehenden Gesellschaften möglich. Obgleich man betonen
muß, daß Marx und die marxistische Bewegung hier nur die Grundlagen für solch
eine Untersuchung geliefert haben, denn andere Aufgaben waren vorrangiger als
diese.
Obgleich Marxens
Theorie der Entfremdung überhaupt keine "abgeschlossene" Auffassung
war, zeigten seine Schriften in den ÖPM, daß er keinesfalls darauf abzielte,
beim Konzept der Entfremdung irgendwelche Unklarheiten oder Unsicherheiten zu
belassen. In dem Kapitel über "entfremdete Arbeit" untersuchte er
deshalb das Problem sehr präzise, wobei er 4 unterschiedliche, aber
miteinander verbundene Aspekte der Entfremdung feststellte. Der erste Aspekt
ist der, der schon in dem vorherigen Zitat aus den ÖPM aufgegriffen wurde und
kurz an einer anderen Stelle wieder zusammengefaßt wird: "Das Verhältnis des Arbeiters zum Produkt der Arbeit als
fremden und über ihn mächtigen Gegenstand. Dies Verhältnis ist zugleich das
Verhältnis zur sinnlichen Außenwelt, zu den Naturgegenständen als einer fremden, ihm feindlich gegenüberstehenden Welt"
(ÖPM, S. 79).
Unter den Bedingungen
der Entfremdung werden die Produkte der menschlichen Arbeit gegen den Menschen
selbst gerichtet, und obgleich dies auch auf vorhergehende Formen der
Klassenausbeutung zutrifft, erreichte dies im Kapitalismus eine neue Stufe.
Der Kapitalismus ist nämlich eine völlig unpersönliche, unmenschliche Macht,
die von den Menschen selbst geschaffen wird, aber gleichzeitig deren Kontrolle
vollkommen entweicht und die ganze Gesellschaft immer wieder in katastrophale
Krisen stürzt. Diese Definition findet offensichtlich Anwendung auf den
unmittelbaren Ablauf der Produktion: Kapital - in Gestalt der Maschinen und
Technologie - beherrscht die Arbeiter, und anstatt seine Freizeit zu erhöhen,
wird seine Erschöpfung, der Verschleiß seiner Arbeitskraft nur verschärft.
Auch stellt die Kritik der Lohnarbeit, die per Definition entfremdete Arbeit
ist, sich all den Versuchen der Bourgeoisie entgegen, die beiden zu trennen.
Z.B. die trügerischen Themen, die in den 60er Jahren sehr populär waren, und
darauf abzielten, eine größere job satisfaction, Zufriedenheit mit der Arbeit
zu schaffen, indem die für die Fabrikarbeit typische extreme Spezialisierung
reduziert wurde durch die Schaffung von Arbeitsteams oder anderen
"Innovationen" dieser Art. Aus marxistischer Sicht ändert all dies
nichts an der Tatsache, daß die Arbeiter Gegenstände produzieren, über die sie
keine Kontrolle besitzen, und die nur dazu dienen, andere auf ihre Kosten zu
bereichern, und dies bleibt gültig, egal wie "gut" die Arbeiter
angeblich bezahlt sein sollen. Aber diese ganze Problematik erstreckt sich
viel weiter als der unmittelbare Produktionsprozeß. Es wird z.B. insbesondere
in der Zeit der kapitalistischen Dekadenz immer offensichtlicher, daß der gesamte
bürokratische und militärische Apparat des Kapitals ein solches Ausmaß erreicht
hat, daß er die Menschen wie eine große Dampfwalze erdrücken kann. Die Atombombe
verdeutlicht diese Tendenz am klarsten. In einer Gesellschaft, die von unmenschlichen
Kräften - nämlich dem Markt und der kapitalistischen Konkurrenz - regiert wird,
sieht es so aus, daß all das, was die Menschen produzieren, deren Kontrolle entweicht,
und daß die Menschen nunmehr von der Ausrottung bedroht sind. Das Gleiche
trifft im Kapitalismus zu hinsichtlich des Verhältnisses Mensch - Natur:
natürlich hat der Kapitalismus als solcher nicht die Entfremdung zwischen
Menschen und Natur geschaffen, denn dies hat viel tiefergreifende Ursprünge.
Aber er trieb diesen Graben auf seinen Höhepunkt. Indem die Feindschaft zwischen
dem Menschen und der Natur immer weiter ausgedehnt wurde, indem die ganze Welt
der Natur auf den Status einer Ware reduziert wurde, beinhaltet die Entwicklung
der kapitalistischen Produktion jetzt die Gefahr, daß unsere Lebensgrundlagen
zerstört werden. (siehe unsere Internationale
Revue, Nr.13, "Ökologie: Der Kapitalismus vergiftet die Erde")
Die von Marx
aufgegriffene zweite Dimension der Entfremdung zeigt "sich nicht nur im Resultat, sondern im Akt der Produktion,
innerhalb der produzierenden Tätigkeit selbst... Wenn also das Produkt der
Arbeit die Entäußerung ist, so muß die Produktion selbst die tätige
Entäußerung, die Entäußerung der Tätigkeit, die Tätigkeit der Entäußerung
sein.... Erstens, daß die Arbeit dem Arbeiter äußerlich ist, d.h. nicht zu
seinem Wesen gehört, daß er sich daher in seiner Arbeit nicht bejaht, sondern
verneint, nicht wohl, sondern unglücklich fühlt, keine freie physische und
geistige Energie entwickelt, sondern seine Physis abkasteit und seinen Geist
ruiniert. Der Arbeiter fühlt sich daher erst außer der Arbeit bei sich und in
der Arbeit außer sich. Zu Hause ist er, wenn er nicht arbeitet, und wenn er
arbeitet, ist er nicht zu Haus. Seine Arbeit ist daher nicht freiwillig,
sondern gezwungen, Zwangsarbeit. Sie ist daher nicht die Befriedigung eines
Bedürfnisses, sondern sie ist nur ein Mittel, um die Bedürfnisse außer ihr zu
befriedigen. Ihre Fremdheit tritt darin rein hervor, daß, sobald kein
physischer oder sonstiger Zwang existiert, die Arbeit als eine Pest geflohen
wird" (S. 78/79).
Jeder, der irgendeine
"normale" Arbeit in der kapitalistischen Gesellschaft gehabt hat,
aber vor allem jeder, der jemals in einer Fabrik gearbeitet hat, kann sich
in den oben zitierten Aussagen wiederfinden, es nachvollziehen und ebenso
nachempfinden. In einer kapitalistischen Gesellschaft, die seit langem ihre
Herrschaft über die Welt errichtet hat, wird die Tatsache, daß die Arbeit eine
verhaßte Sache für die große Mehrzahl der Menschheit ist, fast als ein
Naturgesetz dargestellt. Aber für Marx und den Marxismus war und ist dies
überhaupt nichts Natürliches. Bei früheren Produktionsformen (z.B. primitive
Gemeinschaftsarbeit, Handwerksarbeit) war diese Spaltung zwischen der
Handlung der Produktion und der Sinnesfreude noch nicht so weit entwickelt.
Dies war ein Beweis dafür, daß die vollständige Trennung, die das Kapital
herbeigeführt hat, eine historische war, aber kein natürliches Ergebnis. Sich
auf diese Erkenntnis stützend, vermochte Marx die wirklich "skandalöse"
Qualität dieser Situation, die durch die Lohnarbeit bewirkt worden war,
aufzudecken. Und dies führt zum nächsten Aspekt der Entfremdung: der
Entfremdung vom Gattungsleben.
Dieser 3. Aspekt der
Marxschen Theorie der Entfremdung ist sicherlich der tiefstgreifende und am
wenigsten verstandene. In dem Teil des gleichen Kapitels behauptet Marx, daß
der Mensch sich vom menschlichen Wesen entfremdet hat. Aus der Sicht
Althussers und anderer Kritiker des "jungen Marx" sind diese
Ideen ein Beweis dafür, daß die Manuskripte
von 1844 keinen entscheidenden Bruch mit Feuerbach und der radikalen Philosophie
im allgemeinen bedeuten. Wir stimmen damit nicht überein. Marx verwarf bei
Feuerbach den Begriff einer "festgeformten und unveränderlichen menschlichen
Natur". Da die Natur selbst nicht festgefügt und unveränderbar ist, wäre
es sicherlich eine theoretische Sackgasse, tatsächlich eine Form der
Abgötterei. Marxens Auffassung vom menschlichen Wesen entsprach dem überhaupt
nicht. Sie war im Gegenteil dialektisch. Der Mensch war noch ein Teil der
Natur. Die Natur war "der anorganische Körper des Menschen", wie er
es in einem Teil der ÖPM formulierte. Der Mensch war immer noch eine Schöpfung
der Instinkte, wie er es an einer anderen Stelle in der gleichen Arbeit umriß
(12). Aber der Mensch unterschied sich von allen anderen Schöpfungen der Natur
durch seine Fähigkeit, diesen Körper durch bewußte schöpferische Aktivitäten
umzuwälzen. Das tiefstgreifende menschliche Wesen, das Gattungswesen, wie
Marx es formulierte, bestand darin, daß der Mensch als Schöpfer, als Umwälzer
der Natur tätig werden konnte.
Vulgärkritiker des
Marxismus behaupten manchmal, daß er den Menschen auf den "homo
faber" reduzierte, der ein reines Arbeitstier, nur eine wirtschaftliche
Kategorie sei. Aber diese Kritiker werden durch die Charakteristiken der
Lohnarbeit verblendet. Als er den Menschen als einen bewußten Produzenten
darstellte, führte ihn Marx eigentlich zum "Tor des Paradies", denn
ist Gott nichts anderes als das entfremdete Bild des Menschen, des
schöpferischen Menschen? Für Marx war der Mensch nur ein Mensch, wenn er in
Freiheit produziert. Dagegen "produziert das Tier "nur unter der Herrschaft des unmittelbaren
physischen Bedürfnisses, während der Mensch selbst frei vom physischen Bedürfnis
produziert und erst wahrhaft produziert in der Freiheit von demselben"(S.
81).
Dies ist sicherlich
eine der radikalsten Aussagen, die Marx jemals machte. Während die
kapitalistische Ideologie meint, es sei
eine ewige Tatsache der Natur, daß Arbeit eine Form der geistigen und
körperlichen Folter sei, behauptete Marx, daß der Mensch nur ein Mensch wird,
nicht nur, indem er einfach produziert, sondern wenn er produziert aus reiner
Freude an der Produktion, wenn er frei ist von der Peitsche der unmittelbaren
physischen Bedürfnisse. Andernfalls führt der Mensch nur eine Existenz wie
ein Tier. Engels hob Jahre später den gleichen Punkt bei seiner Schlußfolgerung
seines Textes "Sozialismus - von der Utopie zur Wissenschaft", als
er sagte, daß der Mensch sich nicht wirklich vom Rest des Tierreiches unterscheidet,
solange er nicht in das Reich der Freiheit, die höchste Stufe der kommunistischen
Gesellschaft eingetreten ist.
Man könnte sogar
meinen, daß die entfremdete Arbeit den Menschen auf eine Stufe unterhalb der
Tierwelt herabdrückt: "Indem daher
die entfremdete Arbeit dem Menschen den Gegenstand seiner Produktion entreißt,
entreißt sie ihm sein Gattungsleben, seine wirkliche Gattungsgegenständlichkeit,
und verwandelt seinen Vorzug vor dem Tier in den Nachteil, daß sein
unorganischer Leib, die Natur, ihm entzogen wird.
Ebenso
indem die entfremdete Arbeit die Selbstätigkeit, die freie Tätigkeit, zum Mittel
herabsetzt, macht sie das Gattungsleben des Menschen zum Mittel seiner
physischen Existenz" (ÖPM S. 82)
Mit anderen Worten,
die Fähigkeit des Menschen zur bewußten Arbeit läßt ihn zum Menschen werden
und ist das, was ihn von allen anderen Schöpfungen unterscheidet. Aber unter
den Bedingungen der Entfremdung wird dieser Fortschritt zu einem Rückschritt.
Die Fähigkeit des Menschen, das Subjekt vom Objekt zu trennen, das ein
grundlegendes Moment in dem spezifisch menschlichen Bewußtsein ist, wird in
eine Beziehung der Feindschaft zur Natur, zu der sinnlichen objektiven Welt
pervertiert. Gleichzeitig hat die entfremdete Arbeit, insbesondere die
kapitalistische Lohnarbeit die grundlegendsten und die am meisten gepriesenen
Eigenschaften - seine spontanen, freien, bewußten Aktivitäten - zu einem bloßen
Überlebensinstrument werden lassen. Ja seine Aktivitäten sind zu etwas
geworden, die auf dem Markt gekauft und verkauft werden können. Kurzum das
"Normale" der Arbeit im Kapitalismus wird zur höchstentwickelten
Verzerrung und Verunstaltung des menschlichen Gattungswesen.
Der vierte Aspekt der
Entfremdung geht direkt aus den vorherigen drei hervor. "Eine unmittelbare Konsequenz davon, daß der
Mensch dem Produkt seiner Arbeit, seiner Lebenstätigkeit, seinem Gattungswesen
entfremdet ist, ist die Entfremdung des Menschen von dem Menschen. Wenn der
Mensch sich selbst gegenübersteht, so steht ihm der andere Mensch
gegenüber." (ÖPM, S. 82)
Die Entwicklung der
Arbeit in ihrer voll ausgereiften Form beinhaltet ein Ausbeutungsverhältnis:
die Aneignung der Mehrarbeit durch eine herrschende Klasse. In den ersten Klassengesellschaften
(Marx erwähnte Ägypten, Indien, Peru; Beispiele, die er später als asiatische
Produktionsformen einstufte) waren ungeachtet der Tatsache, daß dieser
Mehrwert formell Göttern geweiht war, die wirkliche fremde Macht, die über die
Arbeit der Ausgebeuteten herrschte, keine Götter, sondern Menschen.
"Das
fremde Wesen, dem die Arbeit und das Produkt der Arbeit gehört, in dessen
Dienst die Arbeit und zu dessen Genuß das Produkt der Arbeit steht, kann nur
der Mensch selbst sein" (ÖPM, S. 83)
Diese grundlegende
Spaltung im Zentrum des gesellschaftlichen Lebens schuf unvermeidbar eine
grundlegende Entfremdung der Menschen untereinander. Vom Standpunkt der herrschenden
Klassen in irgendeiner Klassengesellschaft sind die Erzeuger des Wohlstands,
die Ausgebeuteten jeweils nur Kräfte, jeweils nur ein Gut, die nur zu ihrem
Nutzen bestehen (obgleich man hier wieder sagen muß, daß nur unter dem Kapitalismus
diese Entfremdung ihren Höhepunkt erreicht hat, da in dieser Produktionsform
die Ausbeutungsverhältnisse ihren an Personen gebundenen Charakter verlieren
und ausschließlich zu unmenschlichen und mechanischen Verhältnissen
werden). Vom Standpunkt der ausgebeuteten
Klasse werden die Herrscher der Gesellschaft auch hinter einem Nebel von
Verschleierungen versteckt, die einmal als "Götter", ein andermal als
"Teufel", je nach den Umständen erscheinen. Erst als das
proletarische Klassenbewußtsein entstand, das ja die Verwerfung aller
ideologischen Formen der Wahrnehmung ist, wurde es der ausgebeuteten Klasse
möglich, ihre Ausbeuter in einem klaren Licht zu erkennen, nämlich als reine
Ergebnisse der gesellschaftlichen und historischen Beziehungen (2).
Aber diese Spaltung
wird nicht auf das direkte Verhältnis zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten
beschränkt. Aus Marxens Sicht ist das Typische der Gattung Mensch kein isoliertes
Wesen, das in jedem einzelnen Individuum enthalten ist, sondern es ist das Gemeinwesen.
Dies ist ein Schlüsselbegriff, der zeigt, daß das menschliche Wesen zutiefst
gesellschaftlich ist, und daß das Gemeinwesen die einzig wirkliche Existenzform
ist. Der Mensch ist kein isolierter, individueller Erzeuger. Per Definition
ist er ein gesellschaftlicher, kollektiver Produzent. Dennoch - dieses Element
wird in den Grundrissen besonders ausführlich entwickelt -kann man die Geschichte
der Menschen seit Stammeszeiten als eine fortgesetzte Auflösung der
ursprünglichen gesellschaftlichen Verbindungen ansehen, die die ersten
menschlichen Gemeinschaften zusammenhielten. Diese Entwicklung ist eng
verbunden mit der Entfaltung der Warenbeziehungen, denn diese sind vor allem
der auflösende Faktor der Existenz einer Gemeinschaft. Dies konnte man schon
in den Zeiten der Antike beobachten, in denen das bis dahin unerreichte Wachsen
der Handelsbeziehungen die alten Gentilverbindungen untergraben hatte und in
der Gesellschaft eine Entwicklung des Krieges, einen Kampf, wo "Jeder
gegen Jeden" antritt emporsprießen ließ. Diese Tatsache wurde von Marx
schon sehr früh wie z.B.in seiner Doktorarbeit über die griechische Philosophie
hervorgehoben. Aber die Vorherrschaft der Warenbeziehungen erreichte ihren
Höhepunkt natürlich erst im Kapitalismus, der ersten Gesellschaft, in der die
Warenbeziehungen sich im eigentlichen
Herzen des gesellschaftlichen Organismus voll ausbreiteten. Dieser Aspekt der
kapitalistischen Gesellschaft als die Gesellschaft des weltweiten,
universellen Egoismus, in der die Konkurrenz einen Graben zwischen den Menschen
entstehen läßt, wodurch jeder mit jedem kämpft, war insbesondere schon in der
frühen Schrift "Zur Judenfrage" aufgeworfen worden, in der Marx
seine erste Kritik an der bürgerlichen Auffassung einer rein politischen
Befreiung äußerte. "Keines der sogenannten
Menschenrechte geht also über den egoistischen Menschen hinaus, über den Menschen,
wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, nämlich auf sich, auf sein
Privatinteresse und seine Privatwillkür zurückgezogenes und vom Gemeinwesen
abgesondertes Indivdiuum ist. Weit entfernt, daß der Mensch in ihnen als Gattungswesen
aufgefaßt wurde, erscheint vielmehr das Gattungsleben selbst, die
Gesellschaft, als ein den Individuuen äußerlicher Rahmen, als Beschränkung
ihrer ursprünglichen Selbständigkeit" (Zur Judenfrage, MEW Bd. 1, S.
366)
Diese Atomisierung
des Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft ist ein unabdingbarer Schlüssel
zur Untersuchung all der gesellschaftlichen Fragen, die außerhalb des unmittelbaren
Produktionsprozesses liegen: das Verhältnis zwischen den Geschlechtern und der
Institution der Familie, das Phänomen der "Einsamkeit der Massen",
das so viele Soziologen vor Rätsel gestellt hat und das so charakteristisch
zu sein scheint für die Zivilisation dieses Jahrhundert und im allgemeinen der
ganze Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen. Aber sie hat auch eine
direkte Auswirkung für den Kampf des Proletariats, denn sie ist von Bedeutung
für die Art und Weise, wie der Kapitalismus das Proletariat selbst spaltet und
jeden Arbeiter zu einem Konkurrent gegenüber den anderen werden läßt; wodurch
die in dem Proletariat innewohnende Tendenz zur Vereinigung bei der Verteidigung
seiner gemeinsamen Interessen gegen die kapitalistische Ausbeutung geschwächt
wird.
Das Phänomen der
Atomisierung ist besonders heute sehr weit entwickelt, d.h. in der Endphase
der kapitalistischen Dekadenz, der Phase des allgemeinen Zusammenbrechens der
gesellschaftlichen Beziehungen. Wie wir in zahlreichen anderen Texten (3)
hervorgehoben haben, wird diese Phase vor allem geprägt durch die Flucht in
den Individualismus und ein Verhalten des "jeder für sich selbst",
und durch Verzweiflung, Selbstmord, Drogenabhängigkeit, Wahnsinn usw., ein
Ausmaß wie noch nie zuvor in der Geschichte angenommen haben. In dieser Phase
der Gesellschaft, deren Motto Thatchers Parole "eine Gesellschaft gibt es
nicht, es gibt nur Individuen und deren Familien" ist tatsächlich - wie
die blutigen Ereignisse in der ehemaligen Sowjetunion beweisen - die eines
weltweiten Kannibalismus, in der Massen von Menschen in die irrationalsten
und mörderischsten Konflikte, Pogrome, Bruderkämpfe und Kriege getrieben werden.
Dadurch entsteht eine direkte Bedrohung für die Zukunft der Menschheit
selbst. Es ist überflüssig zu sagen, daß die Wurzeln dieser Irrationalität in
der Entfremdung, d.h. im Herzen der bürgerlichen Gesellschaft selbst zu
suchen sind, und daß ihre Lösung nur in deren Zentrum durch eine radikale Änderung
der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse selbst liegt.
Wir dürfen nicht
vergessen, daß Marx die Theorie der Entfremdung nicht entwickelte, um die
Armut, die er um sich herum sah, zu bejammern, oder die Geschichte der Menschheit
so wie es viele Arten des "wahren" und feudalen Sozialismus taten,
als eine bedauernswerten Sturz aus dem ursprünglichen Zustand des Reichtums
darzustellen. Aus Marxens Sicht war die Entfremdung des Menschen das notwendige
Ergebnis einer gesellschaftlichen Entwicklung, und als solches behielt sie
schon in sich den Keim für ihre eigene Überwindung: "Auf diese absolute Armut mußte das menschliche Wesen reduziert werden,
damit es seinen inneren Reichtum aus sich herausgebäre" (ÖPM, S. 103).
Aber die Schaffung dieses äußeren Wohlstands, der außerhalb der Reichweite
und des Zugriffs derjenigen liegt, die ihn auch geschaffen haben, macht es damit
auch für den Menschen möglich, daß sie aus der Entfremdung in das Reich der
Freiheit hinübertreten. Wie Marx es in den Grundrissen formulierte: "Daß die äußerste Form der Entfremdung,
worin, im Verhältnis des Kapitals zur Lohnarbeit, die Arbeit, die produktive
Tätigkeit zu ihren eigenen Bedingungen und ihrem eigenen Produkt erscheint,
ein notwendiger Durchgangspunkt ist, und daher an sich, nur noch in verkehrter,
auf den Kopf gestellter Form schon enthält die Auflösung aller bornierten
Voraussetzungen der Produktion, und vielmehr die unbedingten Voraussetzungen
der Produktion schafft und herstellt, daher die vollen materiellen Bedingungen
für die totale, universelle Entwicklung der Produktivkräfte des Individuums..."(Grundrisse,
S. 422) (5)
Hier muß man zwei
Aspekte beachten: erstens in Anbetracht der bislang unerreichten Produktivität
der Arbeit, die in der kapitalistischen Produktionsweise verzeichnet wird,
kann der alte Traum von einer Gesellschaft des Überflusses, in der alle Menschen
und nicht nur einige wenige Privilegierte das Vergnügen haben, sich der
"totalen, universellen Entwicklung" ihrer schöpferischen Kräfte zu
widmen, aufhören ein Traum zu sein, um Wirklichkeit zu werden. Aber die
Möglichkeit des Kommunismus ist nicht nur eine Frage einer rein technischen
Möglichkeit. Sie ist vor allem eine gesellschaftliche Möglichkeit, die sich
entwickelt hat aufgrund der Existenz einer Klasse, die ein materielles
Interesse daran hat, daß diese Möglichkeit verwirklicht wird. Und hier zeigt
Marxens Theorie der Entfremdung ebenfalls, daß sowohl trotz und aufgrund der
Entfremdung, unter der das Proletariat in der bürgerlichen Gesellschaft
leidet, das Proletariat gezwungen ist, gegen seine Existenzbedingungen Sturm
zu laufen: "Die besitzende Klasse
und die Klasse des Proletariats stellen dieselbe menschliche Selbstentfremdung
dar. Aber die erste Klasse fühlt sich in dieser Selbstentfremdung wohl und
bestätigt, weiß die Entfremdung als ihre eigene Macht und besitzt in ihr den
Schein einer menschlichen Existenz; die zweite fühlt sich in der Entfremdung
vernichtet, erblickt in ihr ihre Ohnmacht und die Wirklichkeit einer unmenschlichen
Existenz. Sie ist, um einen Ausdruck von Hegel zu gebrauchen, in der
Verworfenheit die Empörung über diese Verworfenheit, eine Empörung, zu der sie
notwendig durch den Widerspruch ihrer menschlichen Natur mit ihrer Lebenssituation,
welche die offenherzige, entschiedene, umfassende Verneinung dieser Natur ist,
getrieben wird" (Marx & Engels, "Die heilige Familie", IV.
Kapitel, S. 37, MEW Bd 2).
Die Theorie der
Entfremdung ist nichts, wenn sie keine Theorie des Klassenwiderstandes ist,
eine Theorie der Revolution, der historischen Kämpfe für den Kommunismus. Im
nächsten Artikel werden wir uns mit den ersten Umrissen einer kommunistischen
Gesellschaft befassen, die Marx aus dieser Kritik an der kapitalistischen
Entfremdung "ableitete".
CDW
(1) Bordiga, "Kommentare zu den Manuskripten von
1844", in "Bordiga und die
Leidenschaft des Kommunismus", von Jacques Camatte, Edition
Spartacus , 1974,),
(2) siehe
insbesondere Lukacs "Geschichte und Klassenbewußtsein" sowie die Broschüre
der IKS "Klassenbewußtsein und kommunistische Organisationen"
(3) siehe
"Zerfall - die letzte Phase der kapitalistischen Gesellschaft" in
Internationale Revue Nr. 13
(4) Marx-Engels
Studienausgabe II, Frankfurt 1966,
(5) Grundrisse, MEW
42,
Die zwei vorausgegangenen Artikel dieser Reihe (1) haben sich weitgehend auf die Ökonomisch- und Philosophischen Manuskripte (ÖPM) von 1844 konzentriert, weil letztere eine reiche Ader mit Material zum Problem der entfremdeten Arbeit und zu den höchsten Zielen des Kommunismus waren, wie sie von Marx ins Auge gefaßt wurden, als er sich erstmalig einer proletarischen Bewegung anschloß. Aber auch wenn Marx schon 1843 das moderne Proletariat als den Träger der kommunistischen Umwälzung identifizierte, entwickelten die ÖPM hinsichtlich der praktischen sozialen Bewegung, die von der Gesellschaft der Entfremdung in die echte menschliche Gemeinschaft führt, noch nicht ein so genaues Bild. Diese fundamentale Weiterentwicklung in Marx' Denken sollte durch das Zusammentreffen zweier vitaler Elemente eintreten: die Erarbeitung der Methode des historischen Materialismus und die offenkundige Politisierung des kommunistischen Projekts
* * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
Die ÖPM enthalten bereits etliche Reflexionen über die
Unterschiede zwischen eudalismus und Kapitalismus, aber teilweise vermitteln
sie ein irgendwie statisches Bild von der kapitalistischen Gesellschaft. Das
Kapital und die mit ihm verknüpfte Entfremdung erscheinen im Text manchmal
als einfach existierend, ohne wirkliche Erklärung ihres Entstehens. Infolgedessen
bleibt auch der aktuelle Prozeß des Niedergangs des Kapitalismus eher
verschwommen. Nur ein Jahr später jedoch hatten Marx und Engels in der Deutschen
Ideologie einen zusammenhängenden Überblick über die praktischen und objektiven
Grundlagen der geschichtlichen Entwicklung (und damit der mannigfaltigen Ebenen
in der Entfremdung der Menschheit) entworfen. Die Geschichte war nun deutlich
als eine Abfolge von Produktionsweisen, vom Stammeskommunismus über die
antike Gesellschaft bis hin zu Feudalismus und Kapitalismus, dargestellt; und
das dynamische Element in dieser Entwicklung war nicht mehr irgendeine Idee,
irgendeine Überzeugung der Menschen, sondern die materielle Produktion von
Lebensbedürfnissen.
"Wir müssen .... damit
anfangen, daß wir die erste Voraussetzung aller menschlichen Existenz, also
auch aller Geschichte konstatieren, nämlich die Voraussetzung, daß die
Menschen imstande sein müssen zu leben, um 'Geschichte machen' zu können. Zum
Leben aber gehört vor allem Essen und Trinken, Wohnung, Kleidung und noch einiges
Andere. Die erste geschichtliche Tat ist also die Erzeugung der Mittel zur
Befriedigung dieser Bedürfnisse, die Produktion des materiellen Lebens selbst".(MEW
3 S.28)
Diese einfache Wahrheit war die Grundlage für das
Verständnis, daß beim Wandel von einer Gesellschaftsform zur anderen ".... eine bestimmte Produktionsweise
oder industrielle Stufe stets mit einer bestimmten Weise des Zusammenwirkens
oder gesellschaftlichen Stufe vereinigt ist, und diese Weise des
Zusammenwirkens ist selbst eine 'Produktivkraft', daß die Menge den Menschen
zugänglichen Produktivkräfte den gesellschaftlichen Zustand bedingt und also
die 'Geschichte der Menschheit' stets im Zusammenhange mit der Geschichte der
Industrie und des Austausches studiert und bearbeitet werden muß".(MEW 3
S.30)
Von diesem Standpunkt aus hörten die Ideen und Kämpfe
zwischen den Ideen, in der Politik, für Moral und Religion auf, die bestimmenden
Faktoren in der historischen Entwicklung zu sein:
"D.h., es wird nicht
ausgegangen von dem, was die Menschen sagen, sich einbilden, sich vorstellen,
auch nicht von den gesagten, gedachten, eingebildeten, vorgestellten Menschen,
um davon aus bei den leibhaftigen Menschen anzukommen; es wird von den wirklich
tätigen Menschen ausgegangen und aus ihrem wirklichen Lebensprozeß auch die
Entwicklung der ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses
darstellt .... Nicht das Bewußtsein bestimmt das Leben, sondern das Leben
bestimmt das Bewußtsein" (alle Zitate aus Die Deutsche Ideologie, I. Feuerbach
MEW 3 S.26f).
Am Schlußpunkt dieser unermeßlichen historischen
Entwicklung, so hob die Deutsche Ideologie hervor, ist der Kapitalismus so wie
die vorausgegangenen Produktionsweisen dazu verdammt zu verschwinden, nicht
wegen seiner moralischen Verfehlungen, sondern weil seine inneren Widersprüche
ihn in die Selbstzerstörung treiben und weil er einer Klasse zur Entstehung verhalf,
die in der Lage ist, ihn durch eine höhere Form der sozialen Organisation
abzulösen:
"... In der Entwicklung
der Produktivkräfte tritt eine Stufe ein, auf welcher Produktionskräfte und
Verkehrsmittel hervorgerufen werden, welche unter den bestehenden Verhältnissen
nur Unheil anrichten, welche keine Produktionskräfte mehr sind, sondern
Destruktionskräfte (Maschinerie und Geld) - und was damit zusammenhängt, daß
eine Klasse hervorgerufen wird, welche alle Lasten der Gesellschaft zu
tragen hat, ohne ihre Vorteile zu genießen, welche aus der Gesellschaft
herausgedrängt, in den entschiedensten Gegensatz zu allen andern Klassen
forciert wird; eine Klasse, die die Majorität aller Gesellschaftsmitglieder
bildet und von der das Bewußtsein über die Notwendigkeit einer gründlichen Revolution,
das kommunistische Bewußtsein, ausgeht ...." (ebenda MEW 3 S.69).
Im Endeffekt ist "der Kommunismus für uns", in
schroffem Gegensatz zu all den utopischen Visionen, die den Kommunismus als
statisches Ideal ohne jeden Bezug zum tatsächlichen Prozeß der historischen Evolution
ansahen, "nicht ein Zustand, der
hergestellt werden muß, wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben (wird).
Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand
aufhebt".(ebenda S.35)
Nachdem sie den allgemeinen Weg und Rahmen festgelegt
hatten, konnten Marx und Engels zu einer detaillierteren Prüfung der besonderen
Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft schreiten. Auch hier trug die
in den ÖPM enthaltene Kritik an der bürgerlichen Ökonomie viel zum Fundament
bei, auf das Marx immer und immer wieder zurückgriff. Aber mit der Entwicklung
des Konzeptes des Mehrwertes war ein entscheidender Schritt getan, der es
möglich machte, die Entlarvung der kapitalistischen Entfremdung mit den triftigsten
ökonomischen Tatsachen, mit dem Einmaleins der täglichen Ausbeutung zu untermauern.
Dieses Konzept beschäftigte Marx natürlich in vielen seiner späteren Werke
(Grundrisse, Das Kapital, Theorien
über Mehrwert), welche wichtige Klärungen
zum Thema beinhalteten - insbesondere die Unterscheidung zwischen Arbeit und
Arbeitskraft. Nichtsdestotrotz waren die wesentlichen Punkte des Konzeptes
bereits in "Das Elend der Philosophie" und in "Lohnarbeit und
Kapital" 1847 geschrieben, umrissen worden.
Die späteren Schriften sollten auch das Verhältnis zwischen
der Gewinnung und Realisierung von Mehrwert und den periodischen
Überproduktionskrisen, die die kapitalistische Gesellschaft von ihrer Gründung
an alle zehn Jahre durchschüttelten, gründlicher studieren. Aber Engels hatte
bereits 1844 in seiner Kritik der politischen Ökonomie die Bedeutung der
"kommerziellen Krisen" begriffen und Marx sogleich von der
Notwendigkeit überzeugt, sie als Vorboten des kapitalistischen Untergangs zu
begreifen - als konkrete Manifestationen der unlösbaren Widersprüche des
Kapitalismus.
Nachdem der Kommunismus nun als eine Bewegung -
insbesondere als Bewegung des proletarischen Klassenkampfes - und nicht mehr
nur als ein Ziel begriffen wurde, konnte er sich nur noch als praktisches Programm
zur Befreiung der Arbeit, als ein revolutionäres politisches Programm entfalten.
Schon bevor er sich formell eine kommunistische Position aneignete, hatte
Marx all jene hochgeistigen "Kritiker" abgelehnt, die sich
weigerten, ihre Hände an den schmuddeligen
Realitäten des politischen Kampfes schmutzig zu machen. Wie er in seinem Brief
an Ruge im September 1843 erklärte: "Es
hindert uns also nichts, unsre Kritik an die Kritik der Politik, an die Parteinahme
in der Politik, also an wirkliche Kämpfe anzuknüpfen und mit ihnen zu
identifizieren." (MEW 1 S.345)
Und tatsächlich war die Notwendigkeit, sich an den politischen
Kämpfen zu beteiligen, um eine durchgreifende soziale Umwälzung zu erreichen,
in der eigentlichen Natur der proletarischen Revolution eingebettet. "Man sage nicht, daß die gesellschaftliche
Bewegung die politische ausschließt", schrieb Marx in seiner Polemik
gegen den "anti-politischen" Proudhon.
"Es gibt keine
politische Bewegung, die nicht gleichzeitig auch eine gesellschaftliche wäre.
Nur bei einer Ordnung der Dinge, wo es keine Klassen und keinen Klassengegensatz
gibt, werden die gesellschaftlichen Evolutionen aufhören, politische
Revolutionen zu sein".(Das Elend der Philosophie MEW 4 S.182)
Anders ausgedrückt, unterschied sich das Proletariat von der
Bourgeoisie darin, daß es als besitzlose, ausgebeutete Klasse nicht die
ökonomische Basis einer neuen Gesellschaft innerhalb der Schale der alten
bilden konnte. Die Revolution, die allen Formen der Klassenherrschaft ein Ende
bereiten würde, konnte also nur als politischer Angriff gegen die alte Ordnung
begonnen werden; ihr erster Akt würde die Erlangung der politischen Macht
durch die besitzlose Klasse sein, welche auf dieser Basis die ökonomischen
und sozialen Umwälzungen fortsetzen wird, die zu einer klassenlosen
Gesellschaft führen.
Aber das genau definierte politische Programm der
kommunistischen Revolution fiel nicht vom Himmel: Es mußte von den fortschrittlichsten
Elementen des Proletariats erarbeitet werden, von jenen, die sich selbst in
verschiedenen kommunistischen Gruppen organisiert hatten. So waren in den
Jahren 1845-48 Marx und Engels in steigendem Maße am Aufbau einer solchen
Organisation beteiligt. Auch hier war ihre Vorgehensweise von ihrer
Anerkennung der Notwendigkeit diktiert, sich selbst einer bereits existierenden
"realen Bewegung" anzuschließen. Statt eine Organisation "aus
dem Nichts" zu konstruieren, trachteten sie danach, sich mit den fortschrittlichsten
proletarischen Strömungen zu verbinden, mit dem Ziel, sie für eine
wissenschaftlichere Konzeption des kommunistischen Projekts zu gewinnen. Dies
führte sie konkret zu einer vornehmlich aus emigrierten deutschen Arbeitern
zusammengesetzten Gruppe, der Bund der Gerechten. Für Marx und Engels lag die
Bedeutung dieser Gruppe in der Tatsache begründet, daß der Bund der Gerechten
im Gegensatz zu den vielfältigen Sorten des kleinbürgerlichen
"Sozialismus" ein wirklicher Ausdruck des kämpfenden Proletariats
war. Gegründet in Paris 1836, hatte sie sich mit Blanquis "Société des
Saisons" ("Vereinigung der Jahreszeiten") verbunden und mit ihr
am erfolglosen Aufstand von 1839 teilgenommen. Sie war also eine Organisation,
die die Realität des Klassenkrieges und die Notwendigkeit eines gewaltsamen
revolutionären Machtkampfes anerkannte. Sicherlich neigte sie wie Blanqui
dazu, die Revolution in einem verschwörerischen Rahmen zu sehen, als den Akt
einer kleinen Minderheit, und auch ihr eigener Charakter als Geheimgesellschaft
spiegelte solche Auffassungen wider. Auch war sie, besonders in den frühen
1840ern, von den halb-messianischen Konzepten Wilhelm Weitlings beeinflußt.
Aber der Bund hatte auch die Fähigkeit an den Tag gelegt,
sich theoretisch weiterzuentwickeln. Eine der Auswirkungen ihres
"Emigrantenstatus" war ihre Bekräftigung als, in Engels Worten,
"erste internationale
Arbeiterbewegung überhaupt" (MEW, 21, "Zur Geschichte des Bundes
der Kommunisten", S. 207, 1885). Dies bedeutete, daß sie für die wichtigsten
internationalen Entwicklungen im Klassenkampf offen war. In den 1840er Jahren
hatte sich das Hauptzentrum der Liga nach
London verlagert. Und durch ihren Kontakt mit der Bewegung der Chartisten
begannen sich ihre führenden Mitglieder von den alten verschwörerischen Auffassungen
weg- und zu einer Betrachtungsweise hinzubewegen, die den proletarischen
Kampf als eine massive, selbstbewußte und organisierte Bewegung anerkannte,
in der die Schlüsselrolle von den Industriearbeitern gespielt werden würde.
Die Konzepte von Marx und Engels fielen somit auf
fruchtbarem Boden, jedoch nicht ohne harte Auseinandersetzungen mit den Einflüssen
Blanquis und Weitlings. 1847 war aus dem Bund der Gerechten der Bund der
Kommunisten geworden. Sie hatte ihre Organisationsstruktur von der einer konspirativen
Sekte in die einer nahezu zentralisierten Organisation mit klar definierten
Statuten und gewählten Komitees umgewandelt. Und sie hatte Marx mit der Aufgabe
betraut, eine Stellungnahme zu den politischen Prinzipien ihrer Organisation
zu entwerfen - ein Dokument, das besser bekannt ist als "Das Manifest der
Kommunistischen Partei" (2), zuerst in Deutschland veröffentlicht, 1848
in London, kurz vor dem Ausbruch der Februar-Revolution in Frankreich.
Das Manifest der Kommunistischen Partei stellt zusammen mit
seiner "ersten Skizze", die Grundsätze des Kommunismus, die erste
zusammenhängende Stellungnahme des wissenschaftlichen Kommunismus dar.
Obwohl es für ein Massenpublikum und in
einem aufwühlenden, leidenschaftlichen Stil geschrieben worden ist, ist es an
keiner Stelle vulgär oder oberflächlich. Tatsächlich eignet es sich als
ständiges Nachschlagewerk, weil es auf verhältnismäßig wenigen Seiten die
allgemeinen Aussagen der marxistischen Idee in einer ganzen Reihe von
miteinander verknüpften Fragen kristallisiert.
Der erste Teil des Textes befaßt sich mit der neuen
Geschichtstheorie, eingeleitet mit dem berühmten Satz "Die Geschichte
aller bisherigen Gesellschaft ist die von Klassenkämpfen" (3). Es
umreißt kurz den vielfältigen Wandel in den Klassenverhältnissen, die
Entwicklung von der antiken über die feudale zur kapitalistischen Gesellschaft,
um darauf hinzuweisen, daß "die
moderne Bourgeoisie selbst das Produkt eines langen Entwicklungsganges, einer
Reihe von Umwälzungen in der Produktions- und Verkehrsweise ist".
(MEW 4 S.464). Der Text vermeidet jede abstrakte, moralische Verurteilung der
Auswüchse kapitalistischer Ausbeutung und betont die eminent revolutionäre
Rolle der Bourgeoisie, die all die beschränkten, engstirnigen Gesellschaftsformen
hinwegfegte und sie durch eine bisher unerreichte dynamische und expansive
Produktionsweise ersetzte; eine Produktionsweise, die durch ihre derart
schnelle Eroberung und Vereinheitlichung des Globus und durch die Entfesselung
solch immenser Produktivkräfte das Fundament für eine Gesellschaft legte, die
endgültig die Klassenantagonismen überwinden wird. Einerseits gilt für die
ökonomische Krise:
"... die moderne
bürgerliche Gesellschaft, die so gewaltige Produktions- und Verkehrsmittel
hervorgezaubert hat, gleicht dem Hexenmeister, der die unterirdischen
Gewalten nicht mehr zu beherrschen vermag, die er heraufbeschwor. Seit Dezennien
ist die Geschichte der Industrie und des Handels nur die Geschichte der Empörung
der modernen Produktivkräfte gegen die modernen Produktionsverhältnisse, gegen
die Eigentumsverhältnisse, welche die Lebensbedingungen der Bourgeoisie und
ihrer Herrschaft sind. Es genügt, die Handelskrisen zu nennen, welche in
ihrer periodischen Wiederkehr immer drohender die Existenz der ganzen bürgerlichen
Gesellschaft in Frage stellen. In den Handelskrisen wird ein großer Teil
nicht nur der erzeugten Produkte, sondern der bereits geschaffenen Produktivkräfte
regelmäßig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie
aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre - die
Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen
Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner
Vernichtungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die
Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum ? Weil sie zuviel Zivilisation,
zuviel Lebensmittel, zuviel Industrie, zuviel Handel besitzt". (MEW
4 S.467f). In den Grundsätzen des Kommunismus wird gesagt, daß die dem Kapitalismus
innewohnende Tendenz zur Überproduktionskrise nicht allein die Richtung zu
seiner Zerstörung angibt, sondern auch erklärt, warum sie die Bedingungen für
den Kommunismus schafft, in dem die Überproduktion, "statt Elend herbeizuführen, ... über die nächsten Bedürfnisse
hinaus die Befriedigung der Bedürfnisse aller sicherstellen
(wird)".(Grundsätze MEW 4 S.375)
Im Manifest sind die Überproduktionskrisen natürlich zyklische Krisen, die die gesamte Periode
des Aufstiegs den Kapitalismus begleiten. Aber obgleich der Text feststellt,
daß diese Krisen immer noch "durch die Eroberung neuer Märkte und die
gründlichere Ausbeutung alter Märkte" überwunden werden konnten, neigt
er zu der Schlußfolgerung, daß die bürgerlichen Verhältnisse bereits zu einer
dauerhaften Fessel in der Entwicklung der Produktivkräfte geworden waren -
mit anderen Worten, daß der Kapitalismus seine historische Mission bereits erfüllt
hatte und in die Epoche seines Zerfalls eingetreten war. Unmittelbar nach den
Zeilen, die die periodischen Krisen beschreiben, fährt der Text fort: "Die Produktivkräfte, die ihr zur
Verfügung stehen, dienen nicht mehr zur
Beförderung der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse; im Gegenteil, sie sind zu
gewaltig für diese Verhältnisse geworden, sie werden von ihnen gehemmt ...
Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten
Reichtum zu fassen".(Manifest MEW 4 S.468)
Diese Einschätzung des Zustands der bürgerlichen
Gesellschaft steht nicht in Einklang mit anderen Formulierungen im Manifest,
insbesondere nicht mit den taktischen Ausführungen, die zum Schluß des
Textes erscheinen. Aber sie sollten einen wichtigen Einfluß auf die Erwartungen
und Interventionen der kommunistischen Minderheit während der großen
Aufstände 1848 ausüben, die als Vorboten der nahe bevorstehenden proletarischen
Revolution angesehen wurden. Nur wenig später sollten Marx und Engels bei
dem Entwurf einer Bilanz dieser Aufstände die Idee revidieren, der Kapitalismus
hätte bereits die Grenzen seines Aufstiegs erreicht. Wir werden auf diesen
Punkt in einem nachfolgenden Artikel zurückkommen.
"Aber die Bourgeoisie
hat nicht nur die Waffen geschmiedet, die ihr den Tod bringen; sie hat auch
die Männer gezeugt, die diese Waffen führen - die modernen Arbeiter, die Proletarier".(Manifest
MEW 4 S.468)
Hier wird in knapper Form auf den zweiten grundsätzlichen
Widerspruch hingewiesen, der zur Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft
führt: der Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital. Und getreu der
materialistischen Analyse der Antriebskräfte der bürgerlichen Gesellschaft
fährt das Manifest fort, die historische Entwicklung des proletarischen Klassenkampfes
von seinen ersten unvollständigen Anfängen über die Gegenwart bis hin zur Zukunft
zu umreißen.
Es führt Buch über alle Hauptebenen dieses Prozesses: die
anfänglichen "Maschinenstürmer" als Antwort auf die emporstrebende
moderne Industrie, als Arbeiter noch hauptsächlich in kleinen Werkstätten tätig
waren und noch häufig "ihre Angriffe
nicht gegen die bürgerlichen Produktionsverhältnisse (richten), sie richten
sie gegen die Produktionsinstrumente selbst"; (Manifest MEW S.470)die
Entwicklung von Klassenorganisationen zur Verteidigung der unmittelbaren
Arbeiterinteressen (Gewerkschaften) und als Mittel zur Homogenisierung und
Vereinigung der Klasse; die Teilnahme der Arbeiter an den bürgerlichen Kämpfen
gegen den Absolutismus, was für eine politische Erziehung des Proletariats
und somit für "Waffen gegen sie selbst (die Bourgeoisie)" sorgte; die Entwicklung eines spezifisch
proletarischen politischen Kampfes, der zunächst um das Behelfsmittel der Reformen
wie die der Zehnstundenbill gefochten wurde, aber allmählich die Form einer
politischen Herausforderung der eigentlichen Fundamente der bürgerlichen Gesellschaft
annahm.
Das Manifest stellt die Behauptung auf, daß die
revolutionäre Situation eintreten wird, sobald die ökonomischen Widersprüche
des Kapitalismus einen Zustand der Lähmung erreicht haben, wo die Bourgeoisie
nicht einmal mehr fähig ist, "ihrem
Sklaven die Existenz selbst innerhalb seiner Sklaverei zu sichern, weil sie
gezwungen ist, ihn in eine Lage herabsinken zu lassen, wo sie ihn ernähren
muß, statt von ihm ernährt zu werden". (ebenda S.473)Gleichzeitig
faßt der Text eine wachsende Polarisierung der Gesellschaft ins Auge,
zwischen einer kleinen Minderheit von Ausbeutern und einer zunehmend verarmenden
proletarischen Mehrheit: "Die ganze
Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große feindliche Lager, in
zwei große, einander direkt gegenüber stehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat."
(ebenda S.463), da die Entwicklung des Kapitalismus in steigendem Maße das
Kleinbürgertum, die Bauernschaft und selbst Teile der Bourgeoisie in die
Reihen des Proletariats treibt. Die Revolution ist daher das Resultat dieser
Kombination von Wirtschaftselend und sozialer Polarisierung.
Noch einmal, das Manifest erweckt manchmal den Anschein, als
ob diese große Vereinfachung der Gesellschaft bereits vollzogen gewesen sei;
als ob das Proletariat bereits die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sei.
Tatsächlich war dies lediglich für ein Land (Großbritannien) der Fall, als
dieser Text geschrieben wurde. Und da der Text, wie wir gesehen haben, Anlaß
zu dem Eindruck gibt, der Kapitalismus hätte bereits seinen Scheitelpunkt
erreicht, neigt er dazu, den Eindruck zu erwecken, daß die entscheidende
Konfrontation zwischen den "beiden großen Klassen" tatsächlich sehr
nahe sei. Betrachtet man die tatsächliche Evolution des Kapitalismus, so war
dies alles andere als der Fall. Aber trotzdem ist das Manifest ein
außergewöhnlich "prophetisches" Werk. Nur einige Monate nach seiner
Veröffentlichung hatte die Entwicklung der Weltwirtschaftskrise eine Reihe von
revolutionären Aufständen überall in Europa hervorgerufen. Und obwohl viele
dieser Bewegungen eher der letzte Atemzug im Kampf der Bourgeoisie gegen den
Feudalabsolutismus als die ersten
Gefechte der proletarischen Revolution waren, demonstrierte das Proletariat
von Paris mit seinem eigenen politischen Aufstand gegen die Bourgeoisie praktisch
alle Argumente des Manifestes über die revolutionäre Natur der Arbeiterklasse
als lebendige Verneinung der kapitalistischen Gesellschaft. Der
"prophetische" Charakter des Manifestes ist Zeuge für die grundsätzliche
Folgerichtigkeit nicht so sehr der unmittelbaren Prognosen von Marx und
Engels, sondern der allgemeinen historischen Methode, mit der sie die soziale
Wirklichkeit analysierten. Und deshalb ist das Kommunistische Manifest entgegen
all der arroganten Behauptungen der Bourgeoisie, wonach die Geschichte Marx
als falsch überführt hätte, in seinem Kern nicht überholt.
Das Manifest erwartete somit, daß das Proletariat durch die
Peitsche der wachsenden wirtschaftlichen Verelendung zur Revolution gedrängt
wird. Wie wir erwähnt haben, ist der erste Akt der Revolution die Ergreifung
der politischen Macht durch das Proletariat. Das Proletariat muß sich selbst
als herrschende Klasse konstituieren, um seine sozialen und ökonomischen Programme
durchzuführen.
Das Manifest faßt diese Revolution ausschließlich als
"gewaltsamen Sturz der Bourgeoisie" auf, als den Höhepunkt eines
"mehr oder minder verdeckten Bürgerkriegs". Es war unvermeidbar, daß
die Details des Weges, auf dem die Arbeiterklasse die Bourgeoisie überwinden
wird, relativ vage blieben, wurde der Text doch vor dem ersten offenen Auftreten
der Klasse als unabhängige Kraft geschrieben. Der Text spricht tatsächlich
von einem Proletariat, das "die Erkämpfung der Demokratie" anstreben
wird; die Grundsätze sagen, daß die Revolution "eine demokratische Staatsverfassung
und damit direkt oder indirekt die politische Herrschaft des Proletariats herstellen"
wird. Wenn wir einige von Marx' Schriften über die Chartisten oder über die
bürgerliche Republik betrachten, erfahren
wir, daß er selbst nach der Erfahrung
von 1848 immer noch die Möglichkeit einer proletarischen Machtergreifung
durch das allgemeine Wahlrecht und den parlamentarischen Prozeß in Erwägung
zog (z.B. in seinem Artikel über die Chartisten in The New York Daily Tribune
vom 25.August 1852, in dem Marx die Behauptung aufstellte, daß die Gewährung
des Wahlrechts in England die politische
Vorherrschaft des Proletariats bedeuten würde. Dies öffnete seinerzeit
zumindest in einigen Ländern Tür und Tor für Spekulationen über eine insgesamt
friedliche Machtergreifung . Wie wir sehen werden, wurden diese Spekulationen
später von den Pazifisten und Reformisten in der Arbeiterbewegung in der
zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts aufgegriffen, um sämtliche Arten der
ideologischen Freiheit zu rechtfertigen. Nichtsdestotrotz gingen Marx' wesentliche
Gedanken nach der Erfahrung von 1848 und vor allem nach der Erfahrung der Pariser
Kommune 1871 in eine andere Richtung, die die Notwendigkeit für das Proletariat
aufzeigte, seine eigenen politischen Machtorgane zu bilden und den bürgerlichen
Staat zu zerstören statt ihn zu übernehmen, ob
"demokratisch" oder gewaltsam. Tatsächlich war dies in
Engels' späteren Einführungen zum Manifest die wichtigste Änderung, die historische
Erfahrung in das kommunistische Programm eingebracht hat: "... gegenüber den praktischen Erfahrungen, zuerst der Februarrevolution
und noch weit mehr der Pariser Kommune, wo das Proletariat zum erstenmal zwei
Monate lang die politische Gewalt innehatte, ist heute dies Programm
stellenweise veraltet. Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, daß
'die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen
und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann'".(Vorwort zum
Manifest von 1872 MEW 18 S.95)
Was aber gültig bleibt vom Manifest, ist die Bestätigung der
gewalttätigen Natur der Machtergreifung und der Notwendigkeit für die
Arbeiterklasse, ihre eigene politische Herrschaft auszuüben - die
"Diktatur des Proletariats", worauf sich andere Schriften aus
derselben Periode bezogen.
Von gleicher Gültigkeit bis zum heutigen Tag ist die
Aussicht auf das Absterben des Staates. Von seinen ersten kommunistischen
Schriften an hat Marx betont, daß sich
die wirkliche Befreiung der Menschheit nicht nur auf den politischen Bereich
beschränken kann. "Politische Befreiung" war die höchste Errungenschaft
der bürgerlichen Revolution, aber für das Proletariat konnte diese
"Befreiung" nur eine neue Form der Unterdrückung bedeuten. Für die
ausgebeutete Klasse war die Politik nur Mittel zum Zweck - die kompromißlose
soziale Befreiung. Staat und politische Macht waren nur in einer Klassengesellschaft
notwendig; da das Proletariat kein Interesse daran hat, sich selbst in eine
neue ausbeutende Klasse zu verwandeln, sondern gezwungen ist, für die Abschaffung
aller Klassentrennungen zu kämpfen, folgt daraus, daß die Machtergreifung des
Kommunismus das Ende der Politik als abgesonderter Bereich und das Ende des
Staates bedeutet. Oder mit den Worten des Manifestes:
"Sind im Laufe der
Entwicklung die Klassenunterschiede verschwunden und ist alle Produktion in
den Händen der assoziierten Individuen konzentriert, so verliert die öffentliche
Gewalt den politischen Charakter. Die politische Gewalt im eigentlichen Sinn
ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur Unterdrückung einer andern. Wenn
das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse
vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als herrschende
Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt es mit
diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes,
die Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse
auf".(Manifest MEW 4 S.482)
Die Formulierung "assoziierte Individuen" wirft eine Frage auf: Hielt das Manifest eine
Revolution oder gar den Kommunismus in einem einzelnen Land für möglich ? Es
trifft sicherlich zu, daß es hier und da im Text doppeldeutige Formulierungen
gibt, zum Beispiel wenn er sagt: "Indem das Proletariat zunächst sich
die politische Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben, sich
selbst als Nation konstituieren muß, ist es selbst noch national, wenn auch
keineswegs im Sinne der Bourgeoisie".(Manifest MEW 4 S.479) Tatsächlich
hat aber die bittere historische Wahrheit gezeigt, daß es nur eine bürgerliche
Bedeutung für den Begriff "national" gibt und das Proletariat
seinerseits die Verneinung aller Nationen ist. Dies ist jedoch vor allem die
Erfahrung der dekadenten Epoche des Kapitalismus, in der Nationalismus und
die Kriege um die Kleinstaaterei ihren fortschrittlichen Charakter verloren
haben, den sie zu Marx' Lebzeiten noch besaßen, als das Proletariat bestimmte nationale Bewegungen als Teil des
Kampfes gegen den Feudalabsolutismus und andere reaktionäre Überbleibsel aus
der Vergangenheit unterstützen konnte. Im allgemeinen waren sich Marx und
Engels klar darüber, daß solche Bewegungen bürgerlich in ihrer Natur waren.
Dennoch schlichen sich unvermeidlich Zweideutigkeiten in ihre Sprache und in ihr
Denken , da dies eine Periode war, in
der die Unvereinbarkeit der nationalen mit den
Klasseninteressen noch nicht in den Köpfen eingegangen war.
Nachdem dies gesagt ist, sollte
auch erwähnt werden, daß das Wesen des Manifestes nicht im o.g. Zitat
enthalten ist, sondern in den Sätzen unmittelbar zuvor: "Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht nehmen,
was sie nicht haben", (MEW 4 S.479) und in den letzten Worten des
Textes "Proletarier aller Länder,
vereinigt euch!". (MEW 4 S.493) Gleichermaßen besteht das Manifest
darauf, daß die "vereinigte Aktion,
wenigstens der zivilisierten Länder,... eine der ersten Bedingungen seiner
Befreiung" (MEW 4 S.479) ist.
Die Grundsätze äußern sich weit ausdrücklicher dazu:
"F(rage): Wird diese
Revolution in einem einzigen Lande allein vor sich gehen können?
A(ntwort): Nein. Die große
Industrie hat schon dadurch, daß sie den Weltmarkt geschaffen hat, alle Völker
der Erde, und namentlich die zivilisierten, in eine solche Verbindung miteinander
gebracht, daß jedes einzelne Volk davon abhängig ist, was bei einem andern
geschieht. Sie hat ferner in allen zivilisierten Ländern die gesellschaftliche
Entwicklung so weit gleich gemacht, daß in allen diesen Ländern Bourgeoisie
und Proletariat die beiden entscheidenden Klassen der Gesellschaft, der
Kampf zwischen beiden der Hauptkampf des Tages geworden. Die kommunistische
Revolution wird daher keine bloße nationale, sie wird eine in allen
zivilisierten Ländern, d.h. wenigstens in England, Amerika, Frankreich und
Deutschland gleichzeitig vor sich gehende Revolution sein .... Sie ist eine
universelle Revolution und wird daher auch ein universelles Terrain
haben".(MEW 4 S.374f)
Von Beginn wurde die proletarische Revolution als eine
internationale Revolution angesehen. Der Gedanke, daß der Kommunismus oder
selbst die revolutionäre Machtergreifung innerhalb der Grenzen eines einzelnen
Landes Wirklichkeit wird, lag Marx und Engels so fern wie den Bolschewiki, die
die Oktoberrevolution 1917 anführten, und den internationalistischen
Fraktionen, die den Widerstand gegen die stalinistische Konterrevolution leiteten,
welche sich genau in jener monströsen Theorie des "Sozialismus in einem
Land" einigelten.
Wie wir in früheren Artikeln gesehen haben, war sich die
marxistische Strömung von Anbeginn klar über die Gestalt einer völlig entwickelten
kommunistischen Gesellschaft, für die sie kämpfte. Das Manifest definierte
sie knapp aber deutlich in dem Abschnitt, der dem über das Absterben des
Staates folgt: "An die Stelle der
alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen
tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung
für die freie Entwicklung aller ist". (MEW 4 S.482) Der Kommunismus
wird also nicht nur eine Gesellschaft ohne Klassen und Staat sein: er wird
auch eine Gesellschaft sein (und dies ist beispiellos in der gesamten Menschheitsgeschichte
bis heute), in der der Konflikt zwischen sozialen Bedürfnissen und den Bedürfnissen
des Individuums überwunden sein wird, und die
ihre Reichtümer bewußt der unbegrenzten Entfaltung aller ihrer Mitglieder
widmen wird - all dies deutlich ein Echo, das von den Überlegungen über das
Wesen wirklich freien Handelns in den Schriften von 1844 und 1845 ausging. Die
Textpassagen im Manifest, die sich mit den bürgerlichen Einwänden gegen den
Kommunismus befassen, machen auch deutlich, daß der Kommunismus das Ende nicht nur der Lohnarbeit, sondern aller
Formen des Kaufens und Verkaufens bedeutet. Der gleiche Abschnitt beharrt darauf,
daß die bürgerliche Familie, die als eine Form legalisierter Prostitution
charakterisiert wird, ebenfalls dazu verdammt ist zu verschwinden.
Die Grundsätze des Kommunismus räumen weiteren Aspekten der
neuen Gesellschaft mehr Platz ein als das Manifest. Zum Beispiel heben sie
hervor, daß der Kommunismus die Anarchie der Marktkräfte durch das Management
der Produktivkräfte der Menschheit "nach
einem aus den vorhandenen Mitteln und den Bedürfnissen der ganzen Gesellschaft
sich ergebenden Plan" ersetzen wird. Gleichzeitig greift der Text das
Thema auf, daß die Abschaffung der Klassen in Zukunft möglich sein wird, da
der Kommunismus eine Gesellschaft des Überflusses ist: "... wird der Ackerbau, der auch durch den Druck des Privateigentums
und der Parzellierung daran verhindert wird, sich die schon gemachten Verbesserungen
und wissenschaftlichen Entwicklungen anzueignen, einen ganz neuen Aufschwung
nehmen und der Gesellschaft eine vollständig hinreichende Menge von Produkten
zur Verfügung stellen. Auf diese Weise wird die Gesellschaft Produkte genug
hervorbringen, um die Verteilung so einrichten zu können, daß die Bedürfnisse
aller Mitglieder befriedigt werden. Die Trennung der Gesellschaft in
verschiedene, einander entgegengesetzte Klassen wird hiermit überflüssig".(MEW
4 S.375)
Noch einmal: Wenn der Kommunismus der "freien Entwicklung aller" gewidmet
ist, dann muß es sich um eine Gesellschaft handeln, die sich der
Arbeitsteilung, wie wir sie heute kennen, entledigt hat: "Der gemeinsame Betrieb der Produktion kann nicht durch Menschen
geschehen wie die heutigen, deren jeder einem einzigen Produktionszweig
untergeordnet, an ihn gekettet, von ihm ausgebeutet ist, deren jeder nur eine
seiner Anlagen auf Kosten aller anderen entwickelt hat, ... Die gemeinsam und
planmäßig von der ganzen Gesellschaft betriebene Industrie setzt vollends Menschen
voraus, deren Anlagen nach allen Seiten hin entwickelt sind, die imstande
sind, das gesamte System der Produktion zu überschauen" (Grundsätze des
Kommunismus MEW 4 S.376).
Eine andere entbehrliche Trennung ist die zwischen Stadt und
Land: "Die Zersplitterung der
ackerbauenden Bevölkerung auf dem Lande, neben der Zusammendrängung der industriellen
in den großen Städten, ist ein Zustand, der nur einer noch unterentwickelten
Stufe des Ackerbaues und der Industrie entspricht, ein Hindernis aller weiteren
Entwicklung, das schon jetzt sehr fühlbar wird".(ebenda S.376f)
Dieser Punkt wurde als so wichtig erachtet, daß die
Aufhebung der Trennung zwischen Stadt und Land faktisch zu den "Übergangs"maßnahmen
zum Kommunismus gezählt wurde, sowohl in den Grundsätzen als auch im
Manifest. Und sie bleibt auch in der heutigen Welt der aufgeblähten Megastädte
und sich immer mehr verschärfender Umweltverschmutzung eine Frage von größter
Wichtigkeit. (Wir werden in einem späteren Artikel auf diese Frage detaillierter
zurückkommen, wenn wir darauf zu sprechen kommen, wie sich die kommunistische
Revolution gegenüber der "ökologischen Krise" verhalten wird).
Diese allgemeinen Beschreibungen der zukünftigen
kommunistischen Gesellschaft stehen in Kontinuität mit denen, die in Marx'
frühen Schriften enthalten sind, und sie bedürfen heute nur wenig oder keinerlei
Modifizierung. Im Gegenteil dazu waren - wie Marx und Engels selbst zu ihren
Lebzeiten erkannten - die spezifischen sozialen und ökonomischen Maßnahmen,
die im Manifest als Maßnahmen zur Erlangung dieser Ziele befürwortet
werden, aus zwei fundamentalen und miteinander
verknüpften Gründen sehr viel zeitgebundener:
- die Tatsache, daß
der Kapitalismus zu jener Zeit, als das Manifest geschrieben wurde, noch im
Aufstieg begriffen war und noch nicht alle objektiven Bedingungen für die
kommunistische Revolution geschaffen hatte;
- die Tatsache, daß
die Arbeiterklasse noch keine konkreten Erfahrungen mit einer revolutionären
Situation und somit weder mit den Mitteln, mit denen sie die politische Macht
erringen konnte, noch mit den ersten sozialen und ökonomischen Maßnahmen
gemacht hatte, die sie, einmal an der Macht, ergreifen muß.
Dies sind die Maßnahmen, die das Manifest als "ziemlich allgemein in Anwendung kommen(d)"
erachtete, wenn das Proletariat die Macht übernommen hat:
"1. Expropriation des
Grundeigentums und Verwendung der Grundrente zu Staatsausgaben.
2. Starke Progressivsteuer.
3. Abschaffung des Erbrechts.
4. Konfiskation des Eigentums aller Emigranten
und Rebellen.
5. Zentralisation des Kredits in den Händen des
Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol.
6. Zentralisation des Transportwesens in den
Händen des Staats.
7. Vermehrung der Nationalfabriken, Produktionsinstrumente,
Urbarmachung und Verbesserung der Ländereien nach einem gemeinschaftlichen
Plan.
8. Gleicher Arbeitszwang für alle, Errichtung
industrieller Armeen, besonders für den Ackerbau.
9. Vereinigung des Betriebs von Ackerbau und
Industrie, Hinwirken auf die allmähliche Beseitigung des Unterschieds von
Stadt und Land.
10. Öffentliche und unentgeltliche Erziehung
aller Kinder. Beseitigung der Fabrikarbeit der Kinder in ihrer heutigen Form.
Vereinigung der Erziehung mit der materiellen Produktion usw." (MEW 4
S.481f)
Es ist offensichtlich , daß die Mehrheit dieser Maßnahmen
sich in der dekadenten Periode als mit
dem überlebten Kapitalismus vereinbar erwiesen haben - ja daß viele von ihnen
vom Kapital angewendet worden sind, genau um in dieser Epoche zu überleben. Die
dekadente Periode ist die Periode des allgegenwärtigen Staatskapitalismus:
die Zentralisierung der verfügbaren Gelder, der Budgets in den Händen des
Staates, die Bildung von hochtechnisierten Armeen, die Nationalisierung von
Transport und Kommunikation, unentgeltliche Erziehung an staatlichen Schulen
.... in einem größeren oder kleineren Umfang haben alle Staaten, jeder zu
seiner Zeit, diese Maßnahmen seit 1914 ergriffen, und die stalinistischen Regimes,
die für sich die Ausführung des Programms des Kommunistischen Manifestes
beanspruchten, haben praktisch alle angewendet.
Die Stalinisten begründeten ihre "marxistischen"
Referenzen zum Teil mit der Tatsache, daß sie viele der im Manifest befürworteten
Maßnahmen in die Praxis umgesetzt haben. Auch die Anarchisten betonen ihrerseits
diese Kontinuität, wenn auch in einem völlig negativen Sinn natürlich, und
sie greifen gern auf einige "prophetische" Schmähschriften Bakunins
zurück, um zu beweisen, daß Stalin der logische Erbe von Marx ist.
Tatsächlich ist diese Blickweise jedoch vollkommen oberflächlich und dient lediglich dazu, besondere bourgeoise Verhaltensweisen zu rechtfertigen. Bevor wir nun erklären, warum die sozialen und ökonomischen Maßnahmen, die im Manifest vorgestellt wurden, im allgemeinen nicht mehr anwendbar sind, sollten wir die Gültigkeit der Methode, die dahinter steht, betonen.
Die Notwendigkeit einer Übergangsperiode
Solche tief in der kapitalistischen Gesellschaft verwurzelten Elemente wie Lohnarbeit, Klassenspaltung und Staat können nicht über Nacht abgeschafft werden, wie die Anarchisten aus den Tagen Marx' vorgaben und wie ihre späteren Nachfolger (die vielen Sorten von Rätekommunisten und Modernisten) immer noch vorgeben. Der Kapitalismus hat das Potential für den Reichtum geschaffen, aber das bedeutet nicht, daß der Reichtum wie durch ein Wunder einen Tag nach der Revolution da ist. Im Gegenteil, die Revolution ist eine Antwort auf die tiefgehende Desorganisation in der Gesellschaft, und sie wird zumindest anfangs dahin tendieren, diese Desorganisation weiter zu verschärfen. Eine immense Arbeit des Wiederaufbaus, der Erziehung und Reorganisation wartet auf das siegreiche Proletariat. Hunderte, tausende von tief verwurzelten Gewohnheiten, der ganze ideologische Schutt der alten Welt müssen ausgemerzt werden. Die Aufgabe ist unermeßlich und unvorhersehbar, und die Gaukler von Sofortlösungen sind Gaukler von Illusionen. Daher hat das Manifest recht, wenn es über die Notwendigkeit für das siegreiche Proletariat spricht, "die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren", und dies anfangs mit den Mitteln "despotischer Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse, durch Maßregeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen, die aber im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaustreiben und als Mittel zur Umwälzung der ganzen Produktionsweise unvermeidlich sind". (Manifest MEW 4 S.481) Diese allgemeine Vision von einem Proletariat, das eine Dynamik zum Kommunismus in Gang setzt, statt ihn per Dekret einzuführen, trifft vollkommen zu, auch wenn wir heute mit dem Vorteil der nachträglichen Einsicht feststellen können, daß diese Dynamik nicht aus der Übereignung der Kapitalakkumulation in staatliche Hand herrührt, sondern aus dem selbst-organisierten Proletariat, das die eigentlichen Prinzipien der Kapitalakkumulation aufhebt (z.B. durch die Unterordnung der Produktion unter die Konsumption; durch "despotische Eingriffe" in die Warenwirtschaft und in die Form der Lohnarbeit; durch die direkte Kontrolle des Produktionsapparates durch das Proletariat, etc.).
Das Prinzip der Zentralisierung
Im Gegensatz zu den Anarchisten, deren Eintreten für den
"Förderalismus" den kleinbürgerlichen Lokalismus und Individualismus
dieser Strömung widerspiegelte, hat der Marxismus immer darauf bestanden, daß
das kapitalistische Chaos und die Konkurrenz nur durch die strikteste Zentralisierung
auf globaler Ebene überwunden werden kann - die Zentralisierung der Produktivkräfte
durch das Proletariat, die Zentralisierung der ureigensten
politisch-ökonmischen Organe des Proletariats. Die Erfahrung hat deutlich
gezeigt, daß sich diese Zentralisierung sehr stark von der bürokratischen
Zentralisierung des kapitalistischen Staates unterscheiden muß; auch dem
Zentralismus des nachrevolutionären Staates muß das Proletariat gegenüber mißtrauisch
sein. Der kapitalistische Staatsapparat kann nicht gestürzt werden, und auch
die konterrevolutionären Tendenzen können nicht aufgehalten werden, solange
das Proletariat seine eigenen Kräfte
nicht zentralisiert hat. Hier erneut bleibt die allgemeine Annäherung des Manifestes
auch heute gültig.
Während, wie Engels in seiner Einführung in die Ausgabe von
1872 sagte, nichtsdestotrotz "die
in diesem 'Manifest' entwickelten allgemeinen Grundsätze ... im ganzen und
großen auch heute noch ihre volle Richtigkeit (behalten) ...., (wird) die praktische
Anwendung dieser Grundsätze, erklärt das 'Manifest' selbst, ... überall und
jederzeit von den geschichtlich vorliegenden Umständen abhängen, und wird
deshalb durchaus kein besonderes Gewicht auf die am Ende von Abschnitt II
vorgeschlagenen revolutionären Maßregeln gelegt. Dieser Passus würde heute
in vieler Beziehung anders lauten". (MEW 18 S.95)
Er erwähnt dabei die "immense
Fortentwicklung der großen Industrie" und, wie wir schon gesehen
haben, die revolutionäre Erfahrung der Arbeiterklasse 1848 und 1871.
Der Hinweis auf die Entwicklung der modernen Industrie ist
besonders wichtig hier, weil er darauf hindeutet, daß für Marx und Engels ein
primäres Ziel der im Manifest vorgeschlagenen, ökonomischen Maßnahmen es war,
den Kapitalismus zu einer Zeit zu entwickeln, als eine Reihe von Ländern ihre
bürgerliche Revolution noch nicht vervollständigt hatten. Durch einen Blick in
die "Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland", das der
Bund der Kommunisten als ein Flugblatt während der revolutionären Aufstände in
Deutschland 1848 verteilt hatte, kann man sich davon überzeugen. Wir wissen,
daß Marx sich zu dieser Zeit sehr nachdrücklich zur Notwendigkeit für die
Bourgeoisie in Deutschland an die Macht zu gelangen, als Vorbedingung für die proletarische
Revolution äußerte. Die in diesem Flugblatt vorgeschlagenen Maßnahmen hatten
daher das Ziel, Deutschland aus seiner feudalen Rückständigkeit zu stoßen und
die bürgerlichen Produktionsverhältnisse so schnell wie möglich auszuweiten: Viele dieser Maßnahmen - hohe progressive
Einkommenssteuern, eine staatliche Bank, Nationalisierung von Grund und Boden
sowie Transport, unentgeltliche Erziehung - wurden auch im Manifest befürwortet.
Wir werden in einem folgenden Artikel darüber diskutieren, inwieweit Marx'
Perspektiven für die Revolution in Deutschland von den Ereignissen bestätigt
oder widerlegt wurden; aber Tatsache bleibt, daß wenn Marx und Engels schon zu ihren Lebzeiten die
im Manifest vorgeschlagenen Maßnahmen als überholt ansahen, umso weniger Relevanz
besitzen sie in der Periode der Dekadenz, wo der Kapitalismus schon lange
seine weltweite Herrschaft etabliert hat und länger geblieben ist, als er für
den Fortschritt überall auf der Welt willkommen gewesen wäre.
Das soll nicht heißen, daß in den Tagen von Marx und Engels
oder in der revolutionären Bewegung nach ihnen Klarheit über die Art der
Maßnahmen bestand, die ein siegreiches Proletariat ergreifen müßte, um eine
Dynamik in Richtung Kommunismus in Gang zu setzen. Im Gegenteil, es herrschte
während des 19.Jahrhunderts hindurch Verwirrung über die Möglichkeit für das
Proletariat, Nationalisierungen, Staatsschulden und andere staatskapitalistische
Maßnahmen als Sprungbretter zum Kommunismus zu nutzen. Dies spielte eine sehr
negative Rolle im Laufe der Revolution in Rußland. Es bedurfte der Niederlage
dieser Revolution, der Verwandlung von einer proletarischen Bastion in eine
fürchterliche staatskapitalistische Tyrannei und der darauffolgenden
Reflexion und Debatte unter den Revolutionären, um jede Zweideutigkeit
wegzuschieben. Aber auch darauf wird in einem zukünftigen Artikel näher
eingegangen.
Der letzte Teil des Manifestes beschäftigt sich mit den
Taktiken, die von den Kommunisten in den verschiedenen Ländern befolgt werden
sollten, besonders in jenen, wo die Hauptlosung des Tages der Kampf gegen den
Feudalabsolutismus war oder als das erschien. Im nächsten Artikel dieser
Reihe werden wir prüfen, wie die praktische Intervention der Kommunisten in
den paneuropäischen Aufständen von 1848 die Perspektiven der proletarischen
Revolution klärte, und ob sie die taktischen Betrachtungen im Manifest
bestätigte oder widerlegte. CDW
Fußnoten
(1) siehe "The
Alienation of Labour is the Premise for its Emancipation" in International
Review No.70 und "Communism, the real beginning of human society"
in International Review No.71;
(2) Der Begriff "Partei" bezieht sich hier nicht
auf den Bund der Kommunisten selbst: Obwohl das Manifest die kollektive Arbeit
jener Organisation war, erschien sein Name hauptsächlich aus Sicherheitsgründen
nicht in den ersten Ausgaben des Textes. Der Begriff "Partei" bezog sich in diesem
Zusammenhang nicht auf eine spezifische Organisation, sondern auf eine
allgemeine Richtung oder Bewegung.
(3) In späteren
Ausgaben des Textes mußte Engels diese Stellungnahme verbessern, indem er
feststellte, daß dies auf die "gesamte geschriebene Geschichte"
zutraf, aber nicht auf die Gemeinschaftsformen der Gesellschaft, die der
Klassenteilung vorausgegangen war.