Streik bei Connex-SL: Um ihre Klasseninteressen verteidigen zu können, muss die Arbeiterklasse die Gewerkschaften bekämpfen

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Aus „Internationell Revolution“  nr. 105 (Zeitung der IKS in Schweden)

 

 

Seit Frühjahr 2003 haben wir ein Wiederauftauchen von Klassenkämpfen in einer Reihe von kapitalistischen Kernländern gesehen.  2003 fanden große Streiks und Demonstrationen in Frankreich statt, wo 100000 Arbeiter gegen deutliche Verschlechterungen im Rentensystem protestierten, ebenso kam in Österreich  ähnliche Bewegung auf.

2004 sahen wir in Deutschland umfassende Streiks innerhalb der Autoindustrie(GM/Opel, Mercedes/Chrysler), aber auch in anderen Branchen. Alle diese Streiks schoben die Frage von Solidarität in den Vordergrund, als Waffe zur Verteidigung gegen Entlassungen und Lohnsenkungen.

Jetzt im Sommer 2005, mittendrin in schlimmsten Antiterrorkampagnen, haben wir wilde Streiks auf dem Flughafen in London-Heathrow in Großbritannien gesehen, Streiks gegen die Entlassung  Hunderter Arbeiter eines Flughafen-Catering-Unternehmens. Die Arbeiter des Catering-Unternehmens und die Arbeiter von British Airways traten gemeinsam in den wilden Streik, um die entlassenen Arbeiter zu verteidigen.

In Schweden sehen wir einen zunehmenden Zorn gegen Entlassungen, Lohnsenkungen und unmenschliche Arbeitsbedingungen.  Wir haben Aktionen von Arbeitern in Krankenhäusern in Umeo und in Malmö gesehen, wir haben kürzlich einen wilden Streik der Bauarbeiter auf der  Preems Raffinerie in Stenungsund gesehen, wo Hunderte als Subunternehmer angestellte Arbeiter in einen  Streik gegen furchtbare Arbeitsverhältnisse traten.

Jetzt sehen wir, wie der Zorn immer stärker bei den Arbeitern bei Connex-SL wird. Wir haben gesehen, wie man sich dort gegen die Entlassung eines Gewerkschafters gewehrt hat. Der Gewerkschafter  wurde von Connex provokativ mit der Begründung  gekündigt, dass „er das Unternehmen geschädigt hätte und er ihm gegenüber unloyal gewesen wäre“, weil er den Medien kritische Kommentare über Arbeitssicherheit im Unternehmen weitergegeben hätte. Die Arbeitsumstände haben sich bei Connex-SL verschlechtert, genauso wie bei anderen Unternehmen und in anderen Branchen auch, es besteht kein Zweifel, dass schon vor Jahren ein U-Bahnfahrer entlassen wurde und an einem Arbeitsplatzunfall für schuldig  befunden wurde, wobei ein Arbeiter starb. Die wirkliche Ursache für diesen Unfall war aber die mangelhafte Sicherheit am Arbeitsplatz, wofür das Unternehmen verantwortlich ist.

Aber dieser Fall war es weder für SEKO (Gewerkschaftsverband) noch für eine andere Gewerkschaft  wert, in den Streiks oder andere Aktionen dagegen zu machen. Dies zeigt die Heuchelei der Gewerkschaften, wenn sie heute groß  die Trommel rühren für „Solidarität“ für ihren Gewerkschaftsrepräsentanten Per Johansson. Aber das unterstreicht nur die Notwendigkeit, gegen die täglichen Attacken und gegen Willkür am Arbeitsplatz seitens der  Arbeitgeber und der Gewerkschaften zu kämpfen.

Um etwas zu erreichen, müssen die Arbeiter die Gewerkschaften bekämpfen!

Aber, wenn man glauben darf, was die Gewerkschaft und die Medien der Bourgeoisie sagen, könnte die Situation gelöst werden, indem man den Vorsitzenden von SEKO wiedereinstellt. Dann müsste man die Frage stellen, sind es nicht gerade die Gewerkschaften, darunter auch SEKO, die bei allem mitmacht und alle Verschlechterungen, die das Kapital  der Arbeiterklasse aufzwingt, mitunterschreibt? Sind es nicht die Vertreter SEKO´s, die sagen, sie wären stolz auf SL (öffentliches Verkehrsunternehmen), aber kritisieren die Art, wie Connex (Privatfirma) den Auftrag für SL ausführt. Ist es nicht so, dass das „öffentliche Unternehmen SL“ den Rahmen bestimmt, wie die „private“ Connex den Betrieb betreibt? Ist es nicht so, dass auch die  Sozialisten im Management von SL die Handlungsweise von Connex voll unterstützen? Dieselben Sozialisten, die in Stockholms Landsting grünes Licht für „Regelungen“ gegeben haben, den Gesamtverkehr von SL in 5  miteinander konkurrierende Unternehmen zu zerlegen (von denen auch Connex eines ist)? Die selben Sozialisten, die im  Führungsstab von SEKO (LO) behaupten, sie würden die Interessen von Arbeiter verteidigen?? Die selben Sozialisten, die seit Jahrzehnten mit in der Regierung sind und ständig die Arbeiterklasse angreifen. Ist es nicht so, dass die Gewerkschaften auf der gleichen Seite wie die Arbeitgeber und der Staat stehen???

Gleichzeitig, wo wir einen immer größeren Zorn und eine immer größere Kampfbereitschaft in der Arbeiterklasse in einer Reihe von Ländern sehen, was ein Ausdruck dafür ist, dass die Arbeiterklasse sich selbst gegen die Folgen der kapitalistischen Krise  verteidigt, die die Bourgeoisie auf unsere Schultern zu wälzen versucht, sagen die Massenmedien und die Gewerkschaften, dass der Konflikt bei Connex-SL eine Frage des „Rechts auf freie Meinungsäußerung“  ist, als ob die Arbeiterklasse irgendein „Recht“ in der kapitalistischen Gesellschaft haben könnte!

Die Gewerkschaft und die Medien, besonders die linken Zeitungen, erwecken den Eindruck, als ob die Gewerkschaft angegriffen oder bedroht wäre. Der Vorsitzende von SEKO äußert sich in Medien und besteht darauf, dass „die Entlassung bei Connex ein Angriff gegen die ganze Gewerkschaftsbewegung wäre“, oder dass der Verteidigungskampf der Arbeiter genauso eine Verteidigung der „Meinungsfreiheit“ und der sogenannten „demokratischen Rechte sein könnte. Sie versuchen den echten und berechtigten Zorn  der Arbeiter gegen die schon  Jahre dauernden  Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen in eine Verteidigung der Gewerkschaft und des „demokratischen Staates“ umzuwandeln. Dies geschieht um zu verbergen, dass gerade die Gewerkschaften zusammen mit dem „demokratischen Staat“ die Arbeiterklasse angreifen und hindern. Entweder dadurch, dass die Gewerkschaften das Lohndiktat des Kapitals durch Verträge, die sie abschließen, legitimieren, oder dass der „demokratische Staat“ juristische Repressionen gegen die sogenannten „wilden Streiks“ ausübt.

Dass SEKO jetzt und ganz ungewohnt von einem „politischen Streik“  spricht, dann nur deswegen  um ihre tatsächliche Sabotage der wirklichen Streikbewegung zu verbergen. Eine Streikbewegung, die alle Arbeiter vereinen kann, beginnend mit allen Arbeitern innerhalb des ganzen Verkehrsverbundes, mit der Perspektive alle Arbeiter zu erfassen, sowohl des privaten wie auch des öffentlichen  Sektors, um ihre Klasseninteressen zu verteidigen.

Trotz  bombastischer Rhetorik kann  SEKO  nicht verbergen, dass sie alles so eingefädelt hatte,  dass der Streik, der am 6. Oktober stattfand, ein 3-Stunden Streik bleiben sollte, um von der langangestauten Unzufriedenheit bei den Connex-SL-Angestellten abzulenken, und gleichzeitig konnte SEKO sich  „arbeiterfreundlich“ präsentieren, ohne irgendeine juristische Verantwortung zu übernehmen. Den Schlag entgegen zu nehmen, überließen sie, wie gewöhnlich, den Arbeitern.

Der Kampf der Arbeiterklasse und ihre Streiks sind immer politisch, weil sie die Kapitalistenklasse und ihren Staat angreifen.

Es ist die kapitalistische Krise, die die Bourgeoisie zwingt anzugreifen       

Verschlechterungen am Arbeitsplatz, Angriffe auf die Arbeitsbedingungen und auf Löhne  der Arbeiterklasse, Entlassungen oder die Bedrohung von Entlassungen, ist wirklich nicht etwas, was nur die Arbeiter bei Connex-SL trifft, die Bedrohung könnte nicht minder sein, wenn SL den Betrieb in eigener Regie führen würde, ohne Subunternehmen, wie Connex, Citypendeln oder Swebus!

Die Linken und die Gewerkschaft versuchen uns vorzuflunkern, dass die Situation so viel besser sein könnte, sowohl für die Arbeiter in dem Unternehmen, als auch für die Verkehrsteilnehmer, wenn SL immer noch den Betrieb in sogenannter „öffentlicher Regie“ führen könnte.  Als ob die Arbeiter, zum großen Teil in Krankenhäusern, die nach wie vor in „öffentlicher Regie“ geführt werden, bessere Arbeitsbedingungen hätten. Unmutsaktionen, wie neulich bei den Krankenhäusern in Malmö und Umeo, widerlegen erneut diesen Mythos.

Ein anderer Mythos, den die Bourgeoisie verbreitet, dass die Arbeiter im „privaten Sektor“, besonders Industriearbeiter, es so gut hätten(!), überbezahlt wären, und ihnen  die Arbeitsbedingungen der Arbeiter im öffentlichen Sektor gleichgültig wären. Natürlich ist diese Art von Gerüchteverbreitung dazu da, um die Arbeiterklasse zu spalten!

Es ist aber so, dass man gerade im „privaten Sektor“  die Arbeiter sehr hart angreift. Wir hören täglich Ankündigungen von Entlassungen, die letzten sind, dass 1500 Arbeiter bei Volvo Personenwagen gehen dürfen, dass Arbeiter bei der Elektrolux Fabrik in Mariestad auf die Straße fliegen und die  Fabrik  geschlossen wird. Jeden Monat werden Tausende von Arbeitern entlassen!

All dies macht es notwendig, dass die Arbeiterklasse über die katastrophalen Perspektiven nachdenkt, die der Kapitalismus der Arbeiterklasse und der ganzen Menschheit „anbietet“. Von 1968 bis Ende der 80er Jahre kämpften Arbeiter weltweit gegen die kapitalistische Krise.  Kennzeichen für diesen Kampf waren, dass er oft die Gewerkschaften und ihre Spaltung von Arbeitern in verschiedene Berufskategorien direkt herausforderte, und dass die Arbeiter den Versuch der Gewerkschaften und Linken, die Arbeiter im öffentlichen Sektor gegen die Arbeiter im „privaten Sektor“ zu stellen, attackierten. Was für diesen Kampf kennzeichnend war, war, dass die Arbeiterklasse ihren Kampf über die lokalen Branchen und Sektoren hinaus auf andere Arbeiterkategorien zu verbreiten versuchte. Dieser Kampf forderte wirklich die Macht der Bourgeoisie und ihres gewerkschaftlichen Anhangs heraus.

Die Arbeiterklasse müsste diese Erfahrung wieder aufnehmen! Die Arbeiter müssten einen vereinigten Kampf gegen die Angriffe des Kapitals und gegen die Verschlechterungen führen.

Die Frage der Solidarität ist lebenswichtig für uns, faktisch eine Frage um  Leben oder Tod, aber man kann die nicht den Gewerkschaften überlassen und sie kann auch nicht in der Unterstützung der Gewerkschaften  Ausdruck finden, die ja  unseren Kampf fesseln!

Flugblatt der Sektion der IKS in Schweden, 16. Okt. 05

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