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In diesem Jahr findet der 200. Geburtstag von Charles Darwin (und der 150. Jahrestag der ersten Veröffentlichung von „Über die Entstehung der Arten im Tier- und Pflanzenreich durch natürliche Züchtung oder Erhaltung der vervollkommneten Rassen im Kampf ums Dasein“) statt. Der marxistische Flügel der Arbeiterbewegung hat Darwins herausragende Beiträge zur Selbsterkenntnis der Menschheit und zu ihrem Verständnis der Natur stets gewürdigt.
In vielerlei Hinsicht war Darwin typisch für seine Zeit. Er interessierte sich für die Beobachtung der Natur und führte begeistert Experimente mit Tieren und Pflanzen durch. In seinen empirischen Arbeiten, die sich durch größte Genauigkeit und Sorgfalt auszeichneten, befasste er sich unter anderem mit Bienen, Käfern, Würmern, Tauben und Rankenfußkrebsen. Darwin befasste sich so beharrlich mit den Rankenfußkrebsen, dass seine jüngere Kinder „zu denken begannen, dass alle Erwachsenen mit ähnlichen Dingen beschäftigt sein müssen, so dass man sich über den Nachbarn fragte: ‚Wohin steckt er seine Rankenfußkrebse?‘“ (Darwin, Desmond & Moore).
In diesem Jahr findet der 200. Geburtstag von Charles Darwin (und der 150. Jahrestag der ersten Veröffentlichung von „Über die Entstehung der Arten im Tier- und Pflanzenreich durch natürliche Züchtung oder Erhaltung der vervollkommneten Rassen im Kampf ums Dasein“) statt. Der marxistische Flügel der Arbeiterbewegung hat Darwins herausragende Beiträge zur Selbsterkenntnis der Menschheit und zu ihrem Verständnis der Natur stets gewürdigt.
In vielerlei Hinsicht war Darwin typisch für seine Zeit. Er interessierte sich für die Beobachtung der Natur und führte begeistert Experimente mit Tieren und Pflanzen durch. In seinen empirischen Arbeiten, die sich durch größte Genauigkeit und Sorgfalt auszeichneten, befasste er sich unter anderem mit Bienen, Käfern, Würmern, Tauben und Rankenfußkrebsen. Darwin befasste sich so beharrlich mit den Rankenfußkrebsen, dass seine jüngere Kinder „zu denken begannen, dass alle Erwachsenen mit ähnlichen Dingen beschäftigt sein müssen, so dass man sich über den Nachbarn fragte: ‚Wohin steckt er seine Rankenfußkrebse?‘“ (Darwin, Desmond & Moore).
Darwin hob sich durch seine Fähigkeit ab, über Einzelheiten hinauszugehen, historische Prozesse zu erforschen und zu theoretisieren, wo andere sich damit begnügten, Phänomene einfach zu katalogisieren oder bestehende Erklärungen zu akzeptieren. Ein typisches Beispiel dafür war seine Reaktion auf die Entdeckung von Meeresfossilen in den Andenhöhen. Ausgestattet mit eigenen Erfahrungen mit einem Erdbeben sowie mit Lyells „Principles of Geology“, war er in der Lage, über das Ausmaß der Erdbewegungen spekulieren, welche dazu geführt hatten, dass der Inhalt des Meeresgrunds in die Berge gespült worden war, ohne dabei auf Erzählungen der Bibel über eine Sintflut zurückgreifen zu müssen. „Ich glaube fest daran, dass es ohne Spekulation keine guten & originalen Beobachtungen geben kann“ (wie er in einem Brief an A.R. Wallace schrieb, 22.12.1857).
Er fürchtete sich nicht davor, Beobachtungen auf einem Gebiet auch anderswo anzuwenden. Während Marx die meisten Schriften von Thomas Malthus mit Verachtung strafte, war Darwin in der Lage, dessen Ideen zum Bevölkerungswachstum bei der Erarbeitung seiner Evolutionstheorie zu verwerten. „Im Oktober 1838 las ich aus Spaß Malthus zur Bevölkerungsfrage. Da ich bereit war, den Existenzkampf zu akzeptieren, der überall durch langwierige Beobachtungen der Gewohnheiten der Tiere und Pflanzen festzustellen ist, fiel mir sofort auf, dass unter solchen Bedingungen günstige Varianten dazu neigten, fortzubestehen, und ungünstige dazu, zerstört zu werden. Das Resultat würde die Bildung neuer Arten sein. Hier hatte ich nun endlich eine Theorie, mit der ich arbeiten konnte.“ (Darwin: „Erinnerungen zur Entwicklung meines Denkens und meines Charakters“, eigene Übersetzung)
Erst 20 Jahre später fand diese Theorie in „Über die Entstehung der Arten“ ihren Weg in die Öffentlichkeit, aber die wesentlichen Ideen waren bereits vorhanden. In „Über die Entstehung der Arten“ erklärte Darwin, dass er „den Begriff 'Kampf ums Dasein'"(…) "in einem weiten breiten und metaphorischen Sinne gebrauche" und „der Bequemlichkeit halber“ (Darwin, Über die Entstehung der Arten, 4. Kapitel, Natürliche Zuchtwahl oder Überleben des Passendsten, Frankfurt 2009, S. 404) benutzt und er versteht unter natürlicher Auswahl "diese Erhaltung günstiger individueller Verschiedenheiten und Abänderungen und die Zerstörung jener, welche nachteilig sind, ist es, was ich natürliche Zuchtwahl nenne oder Überleben des Passendsten" (Darwin, Über die Entstehung der Arten, 4. Kapitel, Natürliche Zuchtwahl oder Überleben des Passendsten, Frankfurt 2009, S. 414).
Die Evolutionsidee war nicht neu, aber schon 1838 entwickelte Darwin eine Erklärung dafür, wie sich Arten entwickelten. Er verglich die Technik von Windhund- und Taubenzüchtern (künstliche Zucht) mit natürlicher Selektion und hielt das für „den schönsten Teil meiner Theorie“ (Darwin, zitiert von Desmond & Moore).
Die Methode des historischen Materialismus
Drei Wochen nach der Veröffentlichung von "Über die Entstehung der Arten" schrieb Engels an Marx: „Übrigens ist der Darwin, den ich jetzt gerade lese, ganz famos. Die Teleologie war nach einer Seite hin noch nicht kaputt gemacht, das ist jetzt geschehen. Dazu ist bisher noch nie ein so großartiger Versuch gemacht worden, historische Entwicklung in der Natur nachzuweisen, und am wenigsten mit solchem Glück.“ (Engels an Marx, 11/12. Dezember 1859, MEW Bd. 29, S. 524). Die Zerstörung der Teleologie bezieht sich auf den Schlag, den „Über die Entstehung der Arten“ allen religiösen, idealistischen oder metaphysischen Ideen versetzte, welche die Phänomene durch ihren Zweck anstatt durch ihre Ursache zu „erklären“ versuchen. Dies ist für eine materialistische Sicht der Welt wesentlich. Wie Engels im Anti-Dühring schrieb, versetzte Darwin der metaphysischen Auffassung der Natur den schwersten Schlag durch seinen Beweis, dass alles organische Leben, Pflanzen, Tiere und der Mensch selber Ergebnisse eines Entwicklungsprozesses sind, der seit Millionen Jahren andauert.
In seinen Planskizzen zu „Dialektik der Natur“ unterstrich Engels die Bedeutung des Buches „Über die Entstehung der Arten“. "Darwin, in seinem epochemachenden Werk, geht aus von der breitesten vorgefundnen Grundlage der Zufälligkeit. Es sind grade die unendlichen zufälligen Verschiedenheiten der Individuen innerhalb der einzelnen Arten, Verschiedenheiten, die sich bis zur Durchbrechung des Artcharakters steigern und deren selbst nächste Ursachen nur in den wenigsten Fällen nachweisbar sind, die ihn zwingen, die bisherige Grundlage aller Gesetzmäßigkeit in der Biologie, den Artbegriff in seiner bisherigen metaphysischen Starrheit und Unveränderlichkeit, in Frage zu stellen.“ [Engels: Dialektik der Natur, S. 339. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 8662 (vgl. MEW Bd. 20, S. 489)]
Aber ohne den Artbegriff war die ganze Wissenschaft nichts. Alle ihre Zweige hatten den Artbegriff als Grundlage nötig.
Marx las „Über die Entstehung der Arten“ ein Jahr nach der Veröffentlichung und schrieb sofort an Engels (19. Dezember 1860), dies sei „das Buch, das die naturhistorische Grundlage für unsere Ansicht enthält”. (MEW, Bd. 30, S. 131). Später schrieb er, dass das Buch „die naturwissenschaftliche Unterlage des geschichtlichen Klassenkampfes“ (Brief an Lassalle, 16.1.1861, ebenda S. 578) liefert.
Trotz ihrer Begeisterung für Darwin übten Marx und Engels auch Kritik an ihm. Sie waren sich des Einflusses von Malthus bewusst und auch, dass Darwins Erkenntnise vom „Sozialdarwinismus“ benutzt wurden, um den Status quo der viktorianischen Gesellschaft mit ihrem großen Wohlstand für einige und Gefängnis, Arbeitshaus, Krankheiten, Hunger und Auswanderung für die Armen zu rechtfertigen. In seiner Einleitung zur „Dialektik der Natur“ ging Engels dabei auf einige der sich daraus ergebenden Folgen ein. „Darwin wußte nicht, welch bittre Satire er auf die Menschen und besonders auf seine Landsleute schrieb, als er nachwies, daß die freie Konkurrenz, der Kampf ums Dasein, den die Ökonomen als höchste geschichtliche Errungenschaft feiern, der Normalzustand des Tierreichs ist.“ [Engels: Dialektik der Natur, S. 29. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 8352 (vgl. MEW Bd. 20, S. 324)] Erst „eine bewußte Organisation der gesellschaftlichen Produktion“ kann die Menschheit vom Überlebenskampf zur Erweiterung der Produktionsmittel als die Lebensgrundlage führen, und diese „bewußte Organisation“ erfordert eine Revolution durch die Produzenten, die Arbeiterklasse.
Engels erkannte auch, wo die Kämpfe der Menschheit (und das marxistische Verständnis für sie) über Darwins Rahmen hinausgingen. "Schon die Auffassung der Geschichte als einer Reihe von Klassenkämpfen ist viel inhaltsvoller und tiefer als die bloße Reduktion auf schwach verschiedne Phasen des Kampfs ums Dasein." [Engels: Dialektik der Natur, S. 483. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 8806 (vgl. MEW Bd. 20, S. 566)]
Aber diese Kritik entwertet keineswegs Darwins Verdienst um die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens. In seiner Rede an Marx‘ Grab betonte Engels: „Wie Darwin das Gesetz der Entwicklung der organischen Natur, so entdeckte Marx das Entwicklungsgesetz der menschlichen Geschichte“. (Engels: Das Begräbnis von Karl Marx, MEW Bd. 19, S. 335)
Der Marxismus nach Darwin
Während Darwin im bürgerlichen Denken immer wieder in und aus der Mode gekommen ist (bei. seriösen Wissenschaftlern aber nicht), hat der marxistische Flügel der Arbeiterbewegung ihm nie den Rücken gekehrt.
In einer Fußnote seines Textes „Zur Frage der Entwicklung des monistischen Geschichtsauffassung“ (Kapitel 5, Der moderne Materialismus) geht Plechanow auf die Beziehung zwischen dem Denken Darwins und Marx‘ ein. „Darwin gelang es, die Frage zu lösen, wie die Pflanzen- und Tierarten im Existenzkampf entstehen. Marx gelang es, die Frage zu lösen, wie die verschiedenen Arten gesellschaftlicher Organisation im Kampf der Menschen um ihre Existenz entstehen. Logischerweise beginnt Marxens Untersuchung gerade dort, wo Darwins Untersuchung endet (...) Der Geist der Forschung ist bei beiden Denkern völlig gleich. Darum kann man auch sagen, dass der Marxismus der auf die Gesellschaftswissenschaften angewandte Darwinismus ist.“ (Frankfurt, 1975, S. 279).
Ein Beispiel der wechselseitigen Beziehung zwischen dem Marxismus und den Beiträgen von Darwin liefert uns Kautskys „Ethik und materialistische Geschichtsauffassung“. Obgleich Kautsky die Bedeutung Darwins überschätzt, bezog er sich auf „Die Abstammung des Menschen und geschlechtliche Zuchtwahl“ (1875), als er versuchte, die Bedeutung altruistischer Gefühle und sozialer Instinkte in der Entwicklung der Moral zu umreißen. Im 5. Kapitel von „Die Abstammung des Menschen und geschlechtliche Zuchtwahl“ beschreibt er, wie der Urmensch“ sozial wurde und "sie werden sich gegenseitig vor drohender Gefahr gewarnt und bei Angriff und Verteidigung unterstützt haben. Dies alles bedingt einen gewissen Grad von Sympathie, Treue und Mut." Er betonte: "Wenn zwei in selbem Gebiet lebende Stämme von Urmenschen in Wettbewerb traten, von denen der eine bei sonst gleichen Verhältnissen eine große Zahl mutiger, einander ergebener und treuer Mitglieder umfasste, die in Not und Gefahr stets bereit waren, einander zu warnen, zu helfen und zu verteidigen, so ging schließlich dieser Stamm als Sieger aus dem Wettstreit hervor. Vergessen wir nicht, welche überragende Bedeutung der Treue und dem Mut in den unaufhörlichen Kämpfen der Wilden zukommt. Die Überlegenheit disziplinierter Soldaten über undisziplinierte Horden entspringt hauptsächlich dem Vertrauen jedes einzelnen in seine Gefährten. (…) Selbstsüchtige, unverträgliche Menschen können nicht zusammenhalten, und ohne Eintracht kann nichts erreicht werden." (Charles Darwin, Die Abstammung des Menschen, 5. Kapitel: Über die Entwicklung der intellektuellen und moralischen Fähigkeiten während der vorgeschichtlichen und zivilisierten Zeiten; Frankfurt/M, 2009, S. 161).
Darwin übertrieb zweifelsohne, wenn er sagte, dass die primitiven Gesellschaften ständig Krieg gegeneinander führten; die Notwendigkeit der Zusammenarbeit als Überlebensgrundlage war bei Aktivitäten wie der Jagd und der Verteilung des gesellschaftlichen Produkts nicht weniger wichtig. Dies ist die andere Seite des „Kampfes ums Dasein“, wo wir den Triumph der gegenseitigen Solidarität und des Vertrauens über Widerspenstigkeit und Egoismus erleben.
Von Darwin zu einer kommunistischen Zukunft
Anton Pannekoek war nicht nur ein großer Marxist, sondern auch ein herausragender Astronom (ein Krater auf dem Mond und ein Asteroid wurden nach ihm benannt). Man kann das Thema „Marxismus und Darwinismus“ nicht umfassend behandeln, ohne Bezug zu nehmen auf seinen 1909 erschienenen Artikel mit eben diesem Titel. Zunächst entwickelt Pannekoek unser Verständnis des Verhältnisses zwischen Marxismus und Darwinismus weiter.
„Hier sehen wir also, wie dasselbe Grundprinzip des Kampfes ums Dasein, das Darwin formulierte und Spencer betonte, bei Mensch und Tier verschieden wirkt. Das Prinzip, dass der Kampf zu einer Vervollkommnung der Waffen führt, womit gekämpft wird, erzeugt bei Mensch und Tier verschiedene Merkmale. Bei dem Tier führt er zu einer stetigen Entwicklung der natürlichen Leibesorgane; dies ist die Grundlage der Abstammungslehre, der Kern des Darwinismus. Bei dem Menschen führt er zu einer stetigen Entwicklung der Werkzeuge, der Technik, der Produktivkräfte. Dies ist aber die Grundlage des Marxismus.
Hier stellt sich nun heraus, dass Marxismus und Darwinismus nicht zwei unabhängige Lehren sind, deren jede auf ihrem eigenen Gebiet gilt, die aber miteinander nichts zu tun haben. Sie kommen in Wirklichkeit auf dasselbe Grundprinzip hinaus. Sie bilden eine Einheit. Die neue Richtung, die mit der Entstehung des Menschen eingeschlagen wird, die Ersetzung der natürlichen Organe durch künstliche Werkzeuge, bewirkt, dass dieses Grundprinzip sich in der Menschenwelt in ganz anderer Weise als in der Tierwelt äußert, dass dort der Darwinismus, hier der Marxismus das Entwicklungsgesetz bestimmt. (Anton Pannekoek, Marxismus oder Darwinismus, 1914, 2. Auflage, S. 40)
Pannekoek ging auch auf die Idee des sozialen Instinktes auf der Grundlage der Beiträge von Kautsky und Darwin ein.
„Diejenige Herde, die sich den Feinden gegenüber am besten zu behaupten weiß, bleibt in diesem Kampfe bestehen, während die schlechter Veranlagten zugrunde gehen. Nun werden sich aber diejenigen am besten behaupten in denen die sozialen Triebe am stärksten entwickelt sind. Wo sie schwach sind, fallen die Tiere am leichtesten den Feinden zum Opfer oder finden sie weniger günstige Futterplätze. Diese Triebe werden zu wichtigsten und entscheidenden Merkmalen, die über das Überleben im Kampfe ums Dasein entscheiden. Deshalb werden die sozialen Triebe durch den Daseinskampf zu allesbeherrschender Kraft herangezüchtet.
Die Tiergruppe, worin die gegenseitige Hilfe am stärksten ausgeprägt ist, behaupten sich am besten in dem Daseinskampf“ (ebenda, S. 29)
Der Unterschied zwischen geselligen Tieren und dem Homo sapiens liegt unter anderem im Bewusstsein. „Für den Menschen gilt nun alles, was für die sozialen Tiere gilt. Unsere affenähnlichen Vorfahren und die sich aus ihnen entwickelnden Urmenschen waren wehrlose schwache Tiere, die, wie fast alle Affenarten, ursprünglich in Trupps zusammenlebten. Hier mussten also dieselben sozialen Triebe und Gefühle entstehen, die sich nachher bei den Menschen zu sittlichen Gefühlen entwickelten. Daß unsere Sichtlichkeit und Moral nichts anderes als die sozialen Gefühle der Tierwelt sind, ist allbekannt; auch Darwin sprach schon von den mit ihren sozialen Institutionen in Verbindung stehenden Eigenschaften der Tiere, „die man bei den Menschen moralisch nennen würde“. Der Unterschied liegt nur in dem Maße des Bewusstseins; sobald die sozialen Gefühle den Menschen selbst klar bewusst werden, bekommen sie den Charakter sittlicher Gefühle.“ (ebenda, S. 30)
Auch Pannekoek griff den „Sozialdarwinismus“ scharf an. Er zeigte, wie die „bürgerlichen Darwinisten“ sich im Kreis drehen - die Welt, wie sie von Malthus und Hobbes beschrieben wurde, ähnelt wenig überraschend der Welt, welche... von Hobbes und Malthus beschrieben wurde.
„Daher kommt es, dass unter dem Kapitalismus die Menschenwelt am meisten der Welt der Raubtiere ähnelt. Daher kommt es, dass die Bourgeois-Darwinisten bei den einsam kämpfenden Tieren ihre Vorbilder für die Menschengesellschaft suchten; sie gingen dabei in der Tat von der Erfahrung aus, und ihr Fehler bestand nur darin, dass die kapitalistischen Verhältnisse für die ewig menschlichen ansahen. Die Verwandtschaft der besonderen kapitalistischen Kampfesverhältnisse mit denen der alleinlebenden Tiere hat Engels in der historischen Darstellung in seinem Anti-Dühring in dieser Weise ausgedrückt: „Die große Industrie endlich und die Herstellung des Weltmarkts haben den Kampf universell gemacht und gleichzeitig ihm eine unerhörte Heftigkeit gegeben. Zwischen einzelnen Kapitalisten wie zwischen ganzen Industrien und ganzen Ländern entscheidet die Gunst der natürlichen oder geschaffnen Produktionsbedingungen über die Existenz. Der Unterliegende wird schonungslos beseitigt. Es ist der Darwinsche Kampf ums Einzeldasein, aus der Natur mit potenzierter Wut übertragen in die Gesellschaft. Der Naturstandpunkt des Tiers erscheint als Gipfelpunkt der menschlichen Entwicklung.“ (ebenda, S. 43)
[Engels: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, S. 58. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 8296 (vgl. MEW Bd. 19, S. 216)]
Aber die kapitalistischen Verhältnisse bestehen nicht ewig, und die Arbeiterklasse hat die Fähigkeit, sie zu überwinden und die Spaltung der Gesellschaft in Klassen mit antagonistischen Klasseninteressen zu beenden.
„Mit der Beseitigung der Klassen wird die ganze zivilisierte Menschheit zu einer einzigen großen solidaren Produktionsgemeinschaft. Dafür gilt dasselbe, was für jede gesellschaftliche Gruppe gilt: in ihr hört der gegenseitige Kampf ums Dasein auf; dieser wird nur noch nach außen geführt. Aber an Stelle der früheren kleinen Gruppen ist jetzt die ganze Menschheit getreten. Das bedeutet also, dass der Kampf ums Dasein innerhalb der Menschenwelt aufhört. Er wird nur noch nach außen geführt, nicht mehr als Wettkampf gegen Artgenossen, sondern als Kampf um den Lebensunterhalt gegen die Natur. Aber die Entwicklung der Technik und der damit zusammengehenden Wissenschaft bewirkt, dass dieser Kampf kaum noch ein Kampf zu nennen ist. Die Natur ist den Menschen untertan geworden bietet ihnen mit leichter Mühe einen sicheren, überschüssigen Lebensunterhalt. Damit tritt die Entwicklung der Menschheit in neue Bahnen; die Periode, worin sie sich allmählich aus der Tierwelt emporhob und den Kampf ums Dasein in eigenen, durch den Werkzeuggebrauch bestimmten Formen führte, nimmt ein Ende; die menschliche Form des Kampfes ums Dasein hört auf; ein neuer Abschnitt der menschlichen Geschichte fängt an.“ (ebenda S. 44) Car 28/1/9