Metallarbeiterstreik in Cádiz: Unsere Stärke ist, als Klasse zu kämpfen

Printer-friendly version

Während die Pandemie und die Umweltkatastrophe wüten, trifft uns die Wirtschaftskrise mit explodierenden Preisen, steigender Arbeitslosigkeit und Prekarität, und in diesem Kontext werden wir von den Kapitalisten noch stärker ausgepresst. Wir sehen das in Cádiz, wo der Tarifvertrag für die Metallarbeiter die Streichung von zwei Sonderzahlungen vorsieht, was einen Verlust von 200 Euro pro Monat bedeutet.

Die Bucht von Cádiz ist ein erschreckendes Bild der kapitalistischen Krise: mehr als 40% Arbeitslosigkeit, zahlreiche Unternehmensschließungen, die Schließung von AIRBUS Puerto Real, die Schließung von Delphi[1] – junge Menschen, die gezwungen sind, nach Norwegen und in andere, vermeintlich "glücklichere" Länder auszuwandern.

Gegen diese Bedrohung für das Leben und die Zukunft aller Arbeiter*innen kämpfen die Metallarbeiter mit einer Entschlossenheit und einem Kampfgeist, wie es ihn seit langem nicht mehr gegeben hat.

Dies ist nicht der einzige Kampf. Die Angestellten des öffentlichen Dienstes in Katalonien demonstrierten massiv gegen den unerträglichen Missbrauch von Leiharbeit (mehr als 300.000 Staatsbedienstete sind prekär beschäftigt); es gibt Kämpfe bei der Eisenbahn auf Mallorca, in Vestas (Coruña) gegen 115 Entlassungen; Unicaja gegen mehr als 600 Entlassungen; die Metallarbeiter in Alicante; die Proteste in verschiedenen Krankenhäusern gegen die Entlassung von Angestellten, die zuvor wegen COVID unter Vertrag genommen worden sind.

Diese Kämpfe begleiten solche in anderen Ländern: in den Vereinigten Staaten, im Iran, in Italien, Korea usw.[2]

Wir möchten unsere Solidarität mit den Arbeiter*innen in Cádiz zum Ausdruck bringen. Ihr Kampf trägt dazu bei, Passivität und Resignation zu durchbrechen, er drückt Empörung über unsere Leiden in diesem System aus, was die ersten Schritte einer proletarischen Antwort auf die Krise und die Barbarei des Kapitalismus fördern kann.

Ausweitung des Kampfes gegen die Falle der Isolation

Die Arbeitgeber schlugen in den Tarifverhandlungen vor, "die Löhne in den Jahren 2020 und 2021 einzufrieren, zwei Zulagen zu streichen, die Arbeitszeiten zu erhöhen, eine neue Kategorie unterhalb der Fachkräfte zu schaffen und nicht über die Löhne für die Beschäftigten zu verhandeln, die mit giftigen und gefährlichen Substanzen zu tun haben“.[3] Dies ist ein brutaler Angriff, gegen den die Gewerkschaften versuchten, die Spannung mit zwei fruchtlosen Kampftagen zu mindern, aber angesichts der Unruhe und des Kampfgeistes haben sie schließlich einen unbefristeten Streik ab dem 16. November ausgerufen, der massenhaft befolgt wurde und sich auf die Bucht von Gibraltar ausgeweitet hat.

Am 17. und 18. November hat die radikale Gewerkschaftsbewegung die Arbeiter in Verkehrsblockaden eingespannt, die zu Zusammenstößen mit der Polizei in einem sinnlosen "urbanen Guerillakrieg" führten, der der Presse, dem Fernsehen und den sozialen Netzwerken Munition lieferte, um sie als "Terroristen" usw. zu verleumden. So erhebt El Mundo eine hasserfüllte Anklage gegen die Arbeiter: "Absage von Operationen, eine Geburt in einem Krankenwagen... Der Streik der Metallarbeiter verhindert den Zugang zum Krankenhaus von La Línea für Kranke und Pflegende" (17.11.2021).

Wie sich in Euzkalduna 1984, in Gijon 1985 und in früheren Kämpfen in Cádiz gezeigt hat, dienen solche Konfrontationen nur dazu, sich zu isolieren, andere Arbeiter*innen davon abzuhalten, sich anzuschließen und die möglichen Sympathien der Bevölkerung zu verhindern. Sie stärken das Kapital und seinen Staat und geben ihm die Mittel, grausame Repressionen zu entfesseln.

Aber die Arbeiter*innen suchen nach anderen Mitteln, um stark zu sein. Am 19. November wurde eine Mahnwache von mehr als 300 Arbeiter*innen gebildet, um die Solidarität der Navantia-Beschäftigten von San Fernando einzufordern. Am gleichen Tag wurden Demonstrationen in den Arbeitervierteln von Cádiz, Puerto Real und San Fernando organisiert. Nach einer Kundgebung vor dem Sitz der Arbeitgeber zogen die Demonstrierenden auf einer improvisierten Route durch die Stadt und erläuterten den Passant*innen ihre Forderungen. Am 20. Mai gab es eine große Demonstration im Zentrum von Cádiz und Kundgebungen in den Stadtvierteln zur Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen.

Wir können nur stark sein, wenn wir den Kampf auf die anderen Beschäftigten ausdehnen, wenn wir mit Demonstrationen, Streikposten und Versammlungen, die Ausdehnung des Kampfes organisieren. Der Kampf ist stark, wenn er sich ausweitet, indem er die Schranken des Unternehmens, des Sektors, der Stadt durchbricht, indem er den vereinigten Kampf der gesamten Arbeiterklasse auf der Straße schmiedet.

Der Kampf muss in Versammlungen organisiert werden

Von Anfang an haben die Gewerkschaften unter Vermittlung des andalusischen Rates für Arbeitsbeziehungen die Verhandlungen mit den Unternehmern monopolisiert. Wir wissen bereits, was diese "Verhandlungen" sind: eine Parodie, bei der sie schließlich unterschreiben, was das Kapital will. Das ist in Cádiz schon oft passiert: In Delphi haben die Gewerkschaften die Beschäftigten dazu gebracht, die Entlassungen zu schlucken, dasselbe geschah bei den verschiedenen Kämpfen in den Werften oder kürzlich bei AIRBUS. In Erinnerung an diesen Dolchstoß rief eine Arbeiterkundgebung am 20. November vor dem Sitz der Gewerkschaften: "Wo sind sie? Sie sind nicht zu sehen, Comisiones und UGT".

Um stark zu sein, ist es notwendig, dass der Kampf von der Vollversammlung aller Arbeiter geführt wird und dass sie die gewählten und abwählbaren Ausschüsse organisiert, um die Forderungen zu verteidigen, Kampfaktionen zu fördern, usw.

Seit den historischen Erfahrungen von 1905 und 1917-23 werden die Kämpfe, in denen die Arbeiterklasse stark ist, von den Arbeiter*innen selbst in Vollversammlungen organisiert, die der übrigen Arbeiterklasse offen stehen: Arbeitslosen, Pensionierten, prekär Beschäftigten, usw. Das war die Erfahrung der Metallarbeiter von Vigo im Jahr 2006[4] und der Bewegung der Indignados im Jahr 2011.[5]

Die Arbeiter*innen können den Kampf nicht in den Händen der Gewerkschaften lassen. In einer Erklärung der Coordinadora de Trabajadores del Metal de Cádiz heißt es: "Die Gewerkschaften müssen uns beraten und vertreten und dürfen keine Entscheidungen für uns und im Geheimen treffen". Auf keinen Fall! Was ist denn ihr "Rat"? Sie akzeptieren, was die Bosse verlangen, und was die Gegenwehr betrifft, so besteht ihre "Mobilisierung" darin, vereinzelt Druck auszuüben ohne jegliche Gewalt oder auf der Grundlage von Zusammenstößen von Minderheiten mit der Polizei. Sie vertreten nicht uns, sie vertreten das Kapital und seinen Staat. Ihre eigentliche Funktion als Apparate des Kapitals besteht darin, "Entscheidungen für uns und im Geheimen zu treffen".

Die Falle der klassenübergreifenden Ausrichtung von "Rettet Cádiz"

Sie wollen den Kampf in eine "Bürgerbewegung" zur "Rettung von Cádiz" einbinden. Es stimmt, dass Industriebetriebe schließen, dass jeder dritte junge Mensch auswandern muss. Aber das sehen wir in allen Ländern. Detroit, einst das Zentrum der US-Autoindustrie, ist heute eine Wüste aus Eisen- und Zementruinen. Das Gleiche geschieht in der asturischen Bergbauindustrie. Es gibt Tausende von Beispielen. Es ist nicht Cádiz, das untergeht, es ist der Weltkapitalismus, der in einem Prozess von Wirtschaftskrise, Umweltzerstörung, Pandemien, Kriegen und allgemeiner Barbarei untergeht.

"Rettet Cádiz" lenkt den Kampf der Arbeiter auf ein völlig hilfloses lokales Terrain ab. Seit 40 Jahren lassen sie uns für die "Auslastung der Werften in Cádiz" kämpfen, für Investitionen in der Bucht usw. Wir sehen die Ergebnisse! Immer mehr Arbeitslosigkeit, mehr Prekarität, mehr Auswanderungszwang.

Die große Gefahr des Kampfes besteht darin, dass die Solidarität, die sich zu manifestieren beginnt, in Richtung "Rettet Cádiz" kanalisiert wird. Das treibt uns auf ein bürgerliches Terrain, das das schlimmste Gift für den Kampf der Arbeiter*innen ist. Sie wird auf ein kapitalistisches Ziel der "wirtschaftlichen Entwicklung" gelenkt, um angeblich "Arbeitsplätze zu schaffen", und auf die "Einheit" mit den Kleinunternehmern, die uns ausbeuten, mit den Polizisten, die uns verprügeln, mit den Politikern, die uns verkaufen, mit dem egoistischen und engstirnigen Kleinbürgertum.

Sie stecken den Kampf in Cádiz in die gleiche Schublade wie die Proteste der Transportunternehmer. So sagt Kichi, der "radikale" Bürgermeister von Cádiz: "Wir mussten Feuer anzünden, damit Madrid auf uns hört". Damit wird der Kampf der Arbeiter*innen verfälscht und verdreht, indem er in eine "Bewegung wütender Bürger" verwandelt wird, die "Feuer anzünden", damit die "demokratischen Behörden" ihnen das gäben, was "ihnen gehöre".

Nein! Der Kampf der Arbeiter*innen ist kein egoistischer Kampf für Teilforderungen. Im Kommunistischen Manifest heißt es: "Alle bisherigen Bewegungen waren Bewegungen von Minoritäten oder im Interesse von Minoritäten. Die proletarische Bewegung ist die selbständige Bewegung der ungeheuren Mehrzahl im Interesse der ungeheuren Mehrzahl».[6] Der Kampf um Forderungen ist Teil der historischen Bewegung der Arbeiterklasse zum Aufbau einer Gesellschaft, die der vollen Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse dient.

Es ist nicht die "Bucht von Cádiz", auf die wir schauen müssen, um den Kampf voranzutreiben. Sie richtet sich an die gesamte Arbeiterklasse, die unter den gleichen Problemen leidet wie ihre Brüder in Cádiz: Inflation, Prekarität, Kürzungen der Tarifverträge, Kürzungen der Sozialleistungen, Chaos in den Krankenhäusern, drohende Fortsetzung der COVID. Aber umgekehrt müssen die Arbeiter*innen der anderen Regionen in ihren Genossen*innen in Cádiz ihren Kampf sehen und sich mit ihnen solidarisieren, indem sie ihre eigenen Forderungen stellen.

Entgegen den demokratischen Lügen ist die heutige Gesellschaft keine Summe von Bürgern, die "alle vor dem Gesetze gleich sind". Sie ist in Klassen geteilt, eine ausbeutende Minderheit, die alles hat und nichts produziert, und ihr gegenüber die Arbeiterklasse, die ausgebeutete Mehrheit, die alles produziert und immer weniger hat. Nur der Kampf als Klasse kann die Forderungen der Arbeiter*innen von Cádiz durchsetzen, nur der Kampf als Klasse kann angesichts der Krise und der Barbarei des Kapitalismus eine Zukunft eröffnen.

IKS 21.11.2021


[1] Zu unserer Intervention im Arbeiterkampf in Delphi siehe (auf Spanisch): Delphi: Die Stärke der Arbeiter ist die Solidarität (Mai 2007); Schließung von Delphi: Nur mit Massenkampf und Solidarität werden wir stark sein (Feb. 2007)

[3] Aus einem Kommuniqué der Coordinadora de Trabajadores del Metal de la Bahía de Cádiz (Koordinationsausschuss der Metallarbeiter der Bucht von Cádiz).

Rubric: 

Klassenkampf