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In den jüngsten Artikeln zu den ersten Tagen von Donald Trumps zweiter Präsidentschaft in den USA haben wir bereits erklärt, dass das gefährliche Chaos und die Zerwürfnisse, die er seit seinem Einzug ins Weiße Haus über die Welt gebracht hat, keine von seiner Person abhängige Ausnahme in einem ansonsten stabilen System ist, sondern Ausdruck des Zusammenbruchs des kapitalistischen Systems als Ganzes und seiner mächtigsten Nation. Das unberechenbare Gangstertum der Trump-Administration ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Ordnung in Trümmern. Darüber hinaus ist die liberal-demokratische Fraktion der US-Bourgeoisie, die sich mit aller Kraft gegen die neue Präsidentschaft wehrt, ebenso Teil dieses Zusammenbruchs und in keiner Weise ein „kleineres Übel“ oder eine Alternative zur populistischen MAGA-Bewegung (Make America Great Again), die von der Arbeiterklasse unterstützt werden sollte.
Welche politische Form der Kapitalismus heute auch immer annimmt, auf der Tagesordnung stehen nur Krieg, Krise und Verarmung der Arbeiterklasse. Die Arbeiterklasse muss für ihre Klasseninteressen gegen alle Teile der herrschenden Klasse kämpfen. Das Wiederaufleben des Klassenkampfs zur Verteidigung der Löhne und Arbeitsbedingungen, wie es kürzlich bei Boeing und in den Docks an der Ostküste der USA geschah, sowie das Wiederaufleben der Kampfbereitschaft in Europa sind das einzige Versprechen für die Zukunft.
In diesem Artikel wollen wir näher darlegen, warum und wie Trump für eine zweite Amtszeit gewählt wurde, warum er extremer und gefährlicher ist als in der ersten Amtszeit, um das selbstmörderische Schicksal der bürgerlichen Ordnung, die er kennzeichnet, und die proletarische Alternative dazu deutlicher aufzuzeigen.
Trumps erste Amtszeit, eine Zusammenfassung
Ende 2022, in der Mitte von Bidens Amtszeit im Weißen Haus, zog die IKS diese Bilanz der ersten Trump-Präsidentschaft:
- „Der Ausbruch des Populismus im mächtigsten Land der Welt, der durch den Triumph von Donald Trump im Jahr 2016 gekrönt wurde, brachte vier Jahre widersprüchlicher und erratischer Entscheidungen, eine Verunglimpfung internationaler Institutionen und Abkommen, die das globale Chaos verstärkte und zu einer Schwächung und Diskreditierung der amerikanischen Macht führte und ihren historischen Niedergang weiter beschleunigte.“
Die Präsidentschaft Bidens, die auf Trumps erste Amtszeit folgte, war nicht in der Lage, diese sich verschlechternde Situation umzukehren:
- „...egal wie sehr die Biden-Mannschaft es in ihren Reden verkündet, es ist keine Frage der Wünsche, es sind die Charakteristika dieser letzten Phase des Kapitalismus, die die Tendenzen bestimmen, denen er folgen muss und die unaufhaltsam in den Abgrund führen, wenn das Proletariat nicht durch eine kommunistische Weltrevolution ein Ende setzt.“[1]
Das Leitmotiv von Trumps erster Amtszeit und seiner Wahlkampagne – „America First“ – hat sich in seiner zweiten Amtszeit fortgesetzt. Dieser Leitspruch bedeutet, dass Amerika nur im eigenen nationalen Interesse und zum Nachteil anderer, sowohl von „Verbündeten“ als auch von Feinden, mit wirtschaftlicher, politischer und militärischer Gewalt handeln soll. In dem Maße, in dem die USA mit anderen Ländern „Deals“ – statt Verträge – abschließen können (die nach der „Philosophie“ hinter diesem Slogan ohnehin jederzeit gebrochen werden können), machen sie ausländischen Regierungen „ein Angebot, das sie nicht ablehnen können“ - gemäß der berühmten Zeile aus dem Gangsterfilm Der Pate. Wie Marco Rubio, der von Trump zum US-Außenminister ernannt wurde, den ausländischen Regierungen offenbar mitteilte, werden die USA mit ihnen nicht mehr über globale Interessen und die globale Ordnung sprechen, sondern nur noch über ihre eigenen Interessen. „Might is right" ist jedoch keine Parole für die amerikanische Führung.
America First war die Erkenntnis eines Teils der US-Bourgeoisie, dass die bis dahin verfolgte Außenpolitik, sich als Weltpolizist aufzuspielen, um nach dem Zusammenbruch des russischen Blocks 1989 eine neue Weltordnung zu schaffen, bis 2016 nur zu einer Reihe kostspieliger, unpopulärer und blutiger Misserfolge geführt hatte.
Die neue Politik spiegelte die endgültige Einsicht wider, dass die nach 1945 geschaffene Pax Americana[2], die bis zum Fall der Berliner Mauer die Welthegemonie der USA garantierte, in keiner Form wiederhergestellt werden konnte. Schlimmer noch, nach Trumps Interpretation bedeutete die Fortsetzung der Pax Americana – das heisst die Abhängigkeit der Verbündeten vom wirtschaftlichen und militärischen Schutz der Vereinigten Staaten -, dass die USA nun von diesen ehemaligen Mitgliedern ihres imperialistischen Blocks „ungerechtfertigt“ ausgenutzt wurden.
Die Hintergründe von Trumps erster Amtszeit
Die Operation „Wüstensturm“ im Jahr 1990 war der massive Einsatz militärischer Macht durch die USA am Persischen Golf mit dem Ziel, der zunehmenden weltweiten Unordnung in der Geopolitik nach dem Zerfall der UdSSR entgegenzuwirken. Er richtete sich insbesondere gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen ihrer ehemaligen Hauptverbündeten in Europa.
Doch nur wenige Wochen nach diesem grausamen Massaker brach im ehemaligen Jugoslawien ein neuer blutiger Konflikt aus. Deutschland erkannte im Alleingang die neue Republik Slowenien an. Erst mit der Bombardierung Belgrads und dem Dayton-Abkommen von 1995 gelang es den USA, ihre Autorität in dieser Situation durchzusetzen. Der Wüstensturm hatte die zentrifugalen Tendenzen des Imperialismus nicht abgeschwächt, sondern eher verstärkt. In der Folge entwickelte sich der islamische Dschihadismus, Israel begann, den von den USA mühsam eingefädelten palästinensischen Friedensprozess zu sabotieren, und der Völkermord in Ruanda hinterließ eine Million Tote, wobei die mitschuldigen westlichen Mächte für ihre unterschiedlichen Interessen handelten. Die 1990er-Jahre waren trotz der Bemühungen der USA kein Beispiel für die Schaffung einer neuen Weltordnung, sondern für die Betonung der Eigeninteressen in der Außenpolitik und damit für die Schwächung der Führungsrolle der USA.
Die US-Außenpolitik der „Neo-Konservativen“ unter George W. Bush, der im Jahr 2000 Präsident wurde, führte zu noch katastrophaleren Misserfolgen. Nach 2001 wurde mit der US-Invasion in Afghanistan und Irak im Namen des „Kriegs gegen den Terror“ eine weitere massive Militäroperation im Nahen Osten gestartet. Doch bis 2011, als sich die USA aus dem Irak zurückzogen, war keines der angestrebten Ziele erreicht. Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen – ein erfundener Vorwand für die Invasion – erwiesen sich als nicht existent. Demokratie und Frieden wurden im Irak nicht anstelle der Diktatur errichtet. Der Terrorismus wurde nicht zurückgedrängt, im Gegenteil: Al-Qaida erhielt einen massiven Auftrieb, der in Westeuropa blutige Spuren hinterließ. In den USA selbst waren die militärischen Abenteuer, die sowohl Geld als auch Blut gekostet hatten, unpopulär. Vor allem gelang es dem Krieg gegen den Terror nicht, die europäischen und anderen imperialistischen Mächte auf eine Linie mit den USA zu bringen. Frankreich und Deutschland haben sich, anders als 1990, nicht an den US-Invasionen beteiligt.
Aber auch die Rückkehr zum „Multilateralismus“ anstelle des „Unilateralismus“ der Neo-Konservativen während der Präsidentschaft von Barack Obama (2009–2016) konnte die Führungsrolle der USA in der Welt nicht wiederherstellen. In dieser Zeit explodierten Chinas imperialistische Ambitionen, wie die geostrategische Entwicklung der Neuen Seidenstraße nach 2013 zeigt. Frankreich und Großbritannien verfolgten ihre eigenen imperialistischen Abenteuer in Libyen, während Russland und der Iran den Halbrückzug der USA aus den syrischen Operationen ausnutzten. Russland besetzte die Krim und begann 2014 mit seiner Aggression in der ukrainischen Donbass-Region.
Nach dem Scheitern des monströsen Gemetzels der Neo-Konservativen kam das diplomatische Scheitern von Obamas Politik der „Zusammenarbeit“.
Wie konnten die Schwierigkeiten der USA, ihre Hegemonie aufrechtzuerhalten, noch schlimmer werden? Die Antwort kam in Form von Präsident Donald Trump.
Die Folgen von Trumps erster Präsidentschaft
In seiner ersten Präsidentschaft begann Trumps „America First“-Politik, den Ruf der Vereinigten Staaten als verlässlicher Verbündeter und als Weltführer mit verlässlicher Politik und moralischem Kompass zu zerstören. Außerdem traten während seiner Amtszeit innerhalb der amerikanischen Führungsschicht ernsthafte Differenzen über Trumps vandalische Außenpolitik auf. In der US-Bourgeoisie traten entscheidende Meinungsverschiedenheiten darüber auf, welche imperialistische Macht ein Verbündeter und wer ein Feind im Kampf der USA um ihre Weltherrschaft ist.
Trump kündigte den transpazifischen Pakt, das Pariser Abkommen zum Klimawandel und den Atomvertrag mit dem Iran. Die USA wurden zum wirtschaftlichen und handelspolitischen Ausreißer, d.h. Einzelgänger in der G7 und der G20 und isolierten sich damit in diesen Fragen von ihren wichtigsten Verbündeten. Gleichzeitig führte die Weigerung der USA, sich im Nahen Osten direkt zu engagieren, zu einem freien Spiel der regionalen Imperialismen in dieser Region: Der Iran, Saudi-Arabien, die Türkei, Israel und Russland sowie Katar versuchten alle einzeln, vom militärischen Vakuum und Chaos zu profitieren.
Trumps Diplomatie hat diese Spannungen eher noch verschärft, z. B. durch die Verlegung der US-Botschaft in Israel in die umstrittene Stadt Jerusalem, was seine westlichen Verbündeten verärgerte aber auch die arabischen Führer verärgerte, die die USA immer noch als „ehrlichen Makler“ in der Region betrachteten.
Mit der Anerkennung Chinas als dem wahrscheinlichsten Anwärter auf die Vormachtstellung der USA stimmte Trumps Regierung jedoch mit der Auffassung des übrigen Washington überein. Der bereits von Obama angekündigte „Neuorientierung“ nach Asien sollte verstärkt werden, der globale Krieg gegen den Terror offiziell ausgesetzt und eine neue Ära des „Wettbewerbs der Großmächte“ eingeläutet werden, wie es in der nationalen Verteidigungsstrategie vom Februar 2018 heißt. Ein umfangreiches, jahrzehntelanges Programm zur Aktualisierung des US-Atomwaffenarsenals und zur „Beherrschung des Weltraums“ wurde angekündigt.
In Bezug auf die Notwendigkeit, Russlands Ambitionen und militärische Fähigkeiten zu reduzieren (und sein Potenzial zu schwächen, Chinas eigene globale Manöver zu unterstützen), ist jedoch eine Diskrepanz zwischen Trumps zweideutiger Politik gegenüber Moskau und derjenigen der rivalisierenden Fraktion der amerikanischen Bourgeoisie entstanden, die Russland wegen seiner Bedrohung der amerikanischen Hegemonie in Westeuropa immer als historischen Feind betrachtet hat.
Gleichzeitig zeichnete sich im Zusammenhang mit der Frage der Russlandpolitik eine andere Haltung gegenüber der Bedeutung der NATO ab, dem ehemaligen Kernbündnis des amerikanischen Blocks, insbesondere in Bezug auf die im Vertrag verankerte Verpflichtung aller NATO-Mitglieder, jedem anderen Mitglied zu Hilfe zu kommen, das militärisch angegriffen wird (d. h. die USA würden sie vor einer russischen Aggression schützen). Trump hat diese entscheidende Zusicherung in Frage gestellt. Die besorgniserregenden Folgen, die dies für die Aufgabe der Verbündeten der USA in Westeuropa hatte, blieben in den Regierenden in London, Paris und Berlin nicht verborgen.
Diese außenpolitischen Differenzen traten während der Biden-Administration, die auf die erste Trump-Präsidentschaft folgte, noch deutlicher zutage.
Das Biden-Zwischenspiel: 2020-2024
Die Ablösung Trumps durch Biden im Weißen Haus sollte eine Rückkehr zur Normalität in der US-Politik einläuten, und zwar in dem Sinne, dass versucht wurde, alte Allianzen neu zu schmieden und Verträge mit anderen Ländern zu schließen, um die Schäden zu beheben, die durch die rücksichtslosen Abenteuer Trumps in seiner ersten Amtszeit entstanden waren. Biden erklärte: „Amerika ist zurück“. Die Ankündigung eines historischen Sicherheitspakts zwischen den USA, Großbritannien und Australien im asiatisch-pazifischen Raum im Jahr 2021 und die Stärkung des Vierer-Sicherheitsdialogs zwischen den USA, Indien, Japan und Australien signalisierten unter anderem das Bestreben, einen Cordon-Sanitaire (d.h. einen Sperrring) gegen den Aufstieg des chinesischen Imperialismus im Fernen Osten zu schaffen.
Die neue Regierung rief zu einem globalen demokratischen Kreuzzug gegen „revisionistische“ und „autokratische“ Mächte – Iran, Russland, Nordkorea und insbesondere China – auf.
Die russische Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 bot Biden die Möglichkeit, den widerspenstigen NATO-Mächten in Europa erneut die militärische Autorität der USA aufzuzwingen und sie, insbesondere Deutschland, zu zwingen, ihre Verteidigungshaushalte aufzustocken und den bewaffneten Widerstand der Ukraine zu unterstützen. Sie hat auch dazu beigetragen, die militärische und wirtschaftliche Macht Russlands in einem Zermürbungskrieg zu erschöpfen und die weltweite militärische Überlegenheit der USA in Bezug auf Waffen und Logistik, die sie an das ukrainische Militär geliefert haben, zu demonstrieren. Vor allem aber haben die USA, indem sie dazu beigetragen haben, einen Großteil der Ukraine in rauchende Ruinen zu verwandeln, China vor Augen geführt, wie gefährlich es ist, in Russland einen potenziellen Verbündeten zu sehen, und welche gefährlichen Folgen sein eigener Wunsch hat, Gebiete wie Taiwan zu annektieren.
Es war jedoch für die Welt offensichtlich, dass die US-Bourgeoisie nicht geeint hinter Bidens Russland-Politik stand, da die Republikanische Partei im Kongress, die immer noch unter der Fuchtel von Trump steht, deutlich machte, dass sie nicht bereit ist, die notwendigen Milliarden für die ukrainischen Kriegsanstrengungen bereitzustellen.
War die Unterstützung für die Ukraine zumindest kurzfristig ein Erfolg für die Wiedererlangung der Führungsrolle durch den amerikanischen Imperialismus, so wurde dieses Projekt durch die Beteiligung an Israels Krieg in Gaza nach dem Oktober 2023 getrübt. Die USA gerieten in die Zwickmühle zwischen der Notwendigkeit, ihren wichtigsten Verbündeten Israel im Nahen Osten angesichts der iranischen Terroristenakte zu unterstützen, und der rücksichtslosen Entschlossenheit Israels, sein eigenes Spiel zu spielen und eine friedliche Lösung der Palästinenserfrage abzulehnen, wodurch das militärische Chaos in der Region noch vergrößert wurde.
Das Abschlachten Zehntausender wehrloser Menschen im Gazastreifen mit Hilfe von US-Munition und Geld widerlegte das Selbstbild der moralischen Rechtschaffenheit der USA, das Biden bei der Verteidigung der Ukraine vermittelte.
Der Sturz des Assad-Regimes in Syrien und die Niederlage der Hisbollah im Libanon haben dem iranischen Regime, dem erklärten Feind der USA, zwar einen schweren Schlag versetzt, doch hat dies die Instabilität in der Region nicht verringert, nicht zuletzt in Syrien selbst. Im Gegenteil, die USA mussten weiterhin einen beträchtlichen Teil ihrer Marine ins östliche Mittelmeer und den Persischen Golf verlegen, ihre Kontingente im Irak und in Syrien verstärken und sich mit dem heftigen Widerstand der Türkei und der arabischen Länder gegen die US-Politik auseinandersetzen.
Vor allem die Gefahr weiterer militärischer Konvulsionen im Nahen Osten hat dazu geführt, dass die Ausrichtung der USA auf Asien, ihr Hauptaugenmerk, unterbrochen wurde.
Trumps zweite Amtszeit
Wir haben beschrieben, wie die Probleme bei der Bewältigung des imperialistischen Chaos, das sich nach 1989 entwickelt hat, zu Spaltungen innerhalb der amerikanischen herrschenden Klasse über die zu verfolgende Politik geführt haben, und haben die Entwicklung der populistischen Politik von „America First“ gegenüber einem rationaleren Kurs aufgezeigt, der versucht, die Bündnisse der Vergangenheit zu bewahren. Die Wiederwahl Trumps nach dem Debakel seiner ersten Präsidentschaft ist ein Zeichen dafür, dass die Bourgeoisie diese internen Spaltungen nicht in den Griff bekommen hat und dass sie nun die Fähigkeit der USA, eine kohärente und konsistente Außenpolitik zu verfolgen, wieder ernsthaft beeinträchtigen, sogar so sehr, dass sie ihr Hauptanliegen, die Position Chinas zu blockieren oder ihr zuvorzukommen, gefährden.
Zur gefährlichen Ungewissheit dieses Bumerang-Effekts des politischen Chaos auf die imperialistische Politik kommt hinzu, dass sich der Handlungsspielraum der USA auf der imperialistischen Weltbühne seit Trumps erster Amtszeit deutlich verringert hat und seine zweite Amtszeit in die Zeit fällt, in der zwei große Konflikte in Osteuropa und im Nahen Osten toben.
Wir werden hier nicht auf die tieferen Ursachen der politischen Verwirrung innerhalb der amerikanischen Bourgeoisie und ihres Staates eingehen, die Trumps erste Handlungen auf dramatische Weise demonstriert haben. Dies wird in einem weiteren Artikel erläutert werden.
Aber in weniger als einem Monat hat Trump angedeutet, dass sich die Tendenz seiner „America First“-Politik, die Pax Americana, die die Grundlage für die Weltherrschaft der USA nach 1945 war, aufzulösen, viel schneller und tiefgreifender beschleunigen wird als in seiner ersten Amtszeit, nicht zuletzt deshalb, weil der neue Präsident darauf bedacht ist, die Absicherungen zu überwinden, die damals seinen Handlungsspielraum in Washington begrenzten, indem er seine Gefolgsleute, ob kompetent oder nicht, zu Leitern von Staatsämtern ernannt hat.
Das Hauptanliegen der US-Bourgeoisie nach 1989, das Ende ihrer Weltherrschaft im allgemeinen imperialistischen Handgemenge des jeder-für-sich nach dem Zusammenbruch des Ostblocks zu verhindern, scheiterte. Das „Alle gegen Alle“ ist faktisch zur „Strategie“ der neuen Regierung geworden. Eine Strategie, die von einer neuen, weitsichtigeren Regierung schwerer rückgängig zu machen sein wird, wie es schon nach Trumps erster Amtszeit der Fall war.
Das Ziel, die Kontrolle über Panama zurückzuerlangen, der Vorschlag, Grönland zu „kaufen“, der barbarische Vorschlag, den Gazastreifen ethnisch von den Palästinensern zu säubern und diesen in eine Riviera zu verwandeln - all diese ersten Äußerungen des neuen Präsidenten richten sich sowohl gegen seine ehemaligen Verbündeten als auch gegen seine strategischen Feinde. Der Vorschlag für den Gazastreifen, der dem Verbündeten Israel bei der Beseitigung einer Zweistaatenlösung für Palästina zugutekäme, würde nur den Widerstand anderer arabischer Mächte sowie der Türkei und des Irans schüren. Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben sich bereits gegen Trumps Vorschlag für Gaza ausgesprochen.
Aber es ist wahrscheinlich, dass die USA unter Trump der Ukraine einen Friedensvertrag aufzwingen werden, der wahrscheinlich 20 % ihres Territoriums an Russland abtreten würde, wogegen sich die westeuropäischen Mächte bereits vehement wehren, und der das NATO-Bündnis, die bisherige Achse der internationalen Vorherrschaft der USA, weiter zerschlagen wird. Der neue Präsident fordert, dass die stagnierenden europäischen Volkswirtschaften der NATO ihre Militärausgaben mehr als verdoppeln sollen, um sich ohne die USA verteidigen zu können.
Ein großer Teil der „Soft Power“ des amerikanischen Imperialismus, d. h. seines moralischen Hegemonieanspruchs, wird fast auf einen Schlag zunichte gemacht: USAID, die weltweit größte Hilfsorganisation für den „globalen Süden“, wurde von Elon Musk „dem Holzhacker“ schon wesentlich zerschlagen. Die USA haben sich aus der Weltgesundheitsorganisation zurückgezogen und sogar ein Verfahren gegen den Internationalen Strafgerichtshof wegen dessen Voreingenommenheit gegenüber den USA und Israel vorgeschlagen.
Der von der neuen US-Regierung eingefädelte protektionistische Handelskrieg würde auch der verbleibenden wirtschaftlichen Stabilität des internationalen Kapitalismus, die die militärische Macht der USA untermauert hat, einen massiven Schlag versetzen und wird zweifellos auf die US-Wirtschaft selbst in Form einer noch höheren Inflation, von Finanzkrisen und der Verringerung des eigenen Handels zurückschlagen. Die massenhafte Abschiebung billiger eingewanderter Arbeitskräfte aus den Vereinigten Staaten hätte selbstzerstörerische negative Folgen für die Wirtschaft und die soziale Stabilität der USA.
Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels (23. Februar 2025) ist nicht absehbar, ob die Lawine von Vorschlägen und Entscheidungen des neuen Präsidenten in Kraft treten wird oder ob es sich dabei um ausgefallene Verhandlungsinstrumente handelt, die vielleicht zu vorübergehenden Vereinbarungen oder geringeren Zugeständnissen führen werden. Aber die Richtung der neuen Politik ist klar. Schon die Ungewissheit der Maßnahmen hat zur Folge, dass frühere und künftige potenzielle Verbündete beunruhigt und verärgert sind und sich gezwungen sehen, selbst zu handeln und anderweitig Unterstützung zu suchen. Dies allein wird den Hauptfeinden der USA mehr Möglichkeiten eröffnen. Das vorgeschlagene Friedensabkommen in der Ukraine kommt Russland bereits zugute. Der merkantilistische Handelskrieg ist ein Geschenk an China, das sich als besserer Wirtschaftspartner positionieren kann als die USA.
Trotz der langfristig selbstzerstörerischen Politik des „America First“ werden die USA die militärische Überlegenheit gegenüber ihrem Hauptfeind China nicht aufgeben, das noch weit davon entfernt ist, den USA direkt und auf Augenhöhe gegenübertreten zu können. Und die neue Außenpolitik ruft bereits starken Widerstand innerhalb der US-Bourgeoisie selbst hervor.
Die Perspektive ist also ein massives Wettrüsten und eine weitere chaotische Verschärfung der imperialistischen Spannungen auf der ganzen Welt, wobei sich die Konflikte zwischen den Großmächten in Richtung der Zentren des Weltkapitalismus verlagern und seine globalen strategischen Punkte weiter anheizen.
Fazit: Trump und die soziale Frage
Donald Trumps MAGA-Bewegung kam an die Macht, indem sie den Wählern mehr Arbeitsplätze, höhere Löhne und Weltfrieden versprach – anstelle der sinkenden Lebensstandards und der „endlosen Kriege“ der Biden-Administration.
Politischer Populismus ist keine Ideologie der Kriegsmobilisierung wie der Faschismus. Tatsächlich beruhen das Wachstum und die Wahlerfolge des politischen Populismus in den letzten zehn Jahren, dessen amerikanischer Ausdruck Trump ist, im Wesentlichen auf dem zunehmenden Versagen der etablierten alten Parteien der liberalen Demokratie, sich in den Regierungen abzuwechseln, um der tiefen Unpopularität des schwindelerregenden Wachstums des Militarismus einerseits und den pauperisierenden Auswirkungen einer unlösbaren Wirtschaftskrise auf die Lebensbedingungen der Masse der Bevölkerung andererseits zu begegnen.
Doch die populistischen Versprechen von „Butter statt Waffen“ wurden und werden zunehmend von der Realität widerlegt und stoßen auf eine Arbeiterklasse, die beginnt, ihre Kampfbereitschaft und Identität wiederzuentdecken.
Die Arbeiterklasse hat im Gegensatz zu den fremdenfeindlichen Ausbrüchen des politischen Populismus kein Land, keine nationalen Interessen und ist tatsächlich die einzige internationale Klasse mit gemeinsamen Interessen über Grenzen und Kontinente hinweg. Ihr Kampf zur Verteidigung ihrer Lebensbedingungen, der heute international angelegt ist – die Kämpfe der Arbeiterklasse in Belgien bestätigen den Klassenwiderstand in allen Ländern –, bildet daher die Grundlage für eine Alternative zur selbstmörderischen Zukunft des Kapitalismus, die auf imperialistischen Konflikten zwischen den Nationen beruht.
In dieser Klassenperspektive muss sich die Arbeiterklasse jedoch auch den anti-populistischen und populistischen Kräften der Bourgeoisie stellen, die eine Rückkehr zur demokratischen Form des Militarismus und der Verelendung vorschlagen. Die Arbeiterklasse darf sich weder in diesen falschen Alternativen verfangen noch den radikaleren Kräften folgen, die behaupten, die liberale Demokratie sei ein kleineres Übel als der Populismus. Stattdessen muss sie auf ihrem eigenen Klassenterrain kämpfen. Die New York Times, das normalerweise nüchterne Sprachrohr der liberalen amerikanischen Bourgeoisie, startete in einer redaktionellen Erklärung vom 8. Februar 2025 den folgenden radikalen Mobilisierungsaufruf an die Bevölkerung zur Verteidigung des bürgerlich-demokratischen Staates gegen den autokratischen Staat Trump:
- „Lassen Sie sich nicht ablenken. Lassen Sie sich nicht überwältigen. Lassen Sie sich nicht lähmen und in das Chaos hineinziehen, das Präsident Trump und seine Verbündeten absichtlich schaffen: mit der Menge und Geschwindigkeit von Exekutivverordnungen; dem Versuch, die Bundesregierung zu zerschlagen; den performativen Angriffen auf Einwanderer, Transgender und das Konzept der Vielfalt selbst; den Forderungen, dass andere Länder Amerikaner als ihre neuen Oberherren akzeptieren; und dem schwindelerregenden Gefühl, dass das Weiße Haus jederzeit alles tun oder sagen könnte. All dies zielt darauf ab, das Land in Bedrängnis zu halten, damit Präsident Trump sein Streben nach maximaler Exekutivmacht vorantreiben kann, damit niemand die dreiste, schlecht durchdachte und oft illegale Agenda seiner Regierung stoppen kann. Um Himmels willen, schalten Sie nicht ab.“[3]
Dies ist nur eine Bestätigung dafür, dass die gesamte Bourgeoisie ihre eigenen ernsthaften Spaltungen nutzt, um die Arbeiterklasse zu spalten und sie dazu zu bringen, eine Form kapitalistischen Krieges oder einer anderen kapitalistischen Konfrontationslinie gegen eine andere zu wählen, um sie ihre eigenen Klasseninteressen vergessen zu lassen. Die Arbeiterklasse darf nicht in die inneren oder äußeren Kriege der herrschenden Klasse hineingezogen werden, sondern muss für sich selbst kämpfen.
Como 23. Februar 2025
[1] “The superpower in capitalist decadence is now the epicentre of social decomposition” International Review 169, 2023
[2] Die Pax Americana nach dem Zweiten Weltkrieg war nie eine Ära des Friedens, sondern eines nahezu permanenten imperialistischen Krieges. Dieser Begriff bezeichnet vielmehr die relative Stabilität imperialistischer Weltkonflikte mit den USA als größter Macht bei der Vorbereitung zweier Blöcke auf einen Weltkrieg vor 1989.
[3] 2003 wiederholte die New York Times, die für ihre objektive Berichterstattung bekannt ist, dennoch die Lüge, Saddam Hussein habe über Massenvernichtungswaffen verfügt, als Vorwand für die US-Invasion im Irak.