(leicht gekürzter Artikel aus unserer International Review Nr. 142 – 3. Quartal 2010)
Der Ausbruch der Finanzkrise 2008 hatte zu einem Produktionsrückgang in den meisten Ländern der Welt geführt (und hauptsächlich zu einer Verlangsamung in China und Indien). Um diesem Phänomen entgegenzutreten, hatten die Herrschenden in den meisten Ländern Konjunkturprogramme verabschiedet, wobei die Chinas und der USA am umfangreichsten waren. Nachdem diese Konjunkturpakete einen teilweisen Anschub der weltwirtschaftlichen Aktivitäten und eine Stabilisierung der Wirtschaft der am meisten entwickelten Länder bewirken konnten, sind die Auswirkungen auf die Nachfrage, die Produktion und den Handel dabei zu verpuffen.
Trotz der Propaganda über den Aufschwung, der in Gang gekommen sei, sind die Herrschenden nunmehr gezwungen einzugestehen, dass die Dinge sich nicht in diese Richtung entwickeln. [Die Wachstumsprognosen werden nach unten korrigiert] In den USA und in Europa nehmen die Investitionen ab, was darauf schließen lässt, dass die Unternehmen selbst mit keiner anziehenden Produktion rechnen. […] Auch der Baltic Dry Index, welcher die Entwicklung des Welthandels misst, zeigt nach unten.
Immer mehr Staaten haben Schwierigkeiten, ihre Zinszahlungen für ihre Schulden zu erfüllen.
Aber die Zinszahlungen sind eine unabdingbare Bedingung dafür, dass die großen Banken weiterhin Kredite vergeben. Jedoch sind die PIIGs nicht die einzigen Staaten mit wachsender Verschuldung. Die Ratingagenturen haben auch ausdrücklich gedroht, Großbritannien herabzustufen und es in die Reihe der PIIGs einzuordnen, falls das Land keine großen Anstrengungen zur Reduzierung seiner öffentlichen Schulden unternähme. Auch Japan (das in den 1990er Jahren als ein Land gehandelt wurde, das die USA als wirtschaftlich führende Macht überholen könnte) hat ein öffentliches Verschuldungsniveau erreicht, das der zweifachen Summe seines BIP entspricht (5). Diese Liste, die wir noch verlängern könnten, zeigt, dass die Tendenz zur Zahlungsunfähigkeit der Staaten eine weltweite Tendenz ist, weil alle Staaten von der Zuspitzung der Krise seit 2007 betroffen sind und auch vor ähnlichen Gleichgewichtsstörungen wie in Griechenland oder Portugal stehen.
Aber nicht nur Staaten nähern sich der Zahlungsunfähigkeit. Das Bankensystem ist auch immer mehr aufgrund folgender Faktoren gefährdet:
- Alle Spezialisten wissen und sagen, dass die Banken ihre „giftigen Produkte“ nicht wirklich „entsorgen“ konnten, die Ende 2008 zum Bankrott zahlreicher Finanzinstitute geführt hatten ;
- trotz dieser Schwierigkeiten haben die Banken aber nicht aufgehört auf den Weltfinanzmärkten mit dem Kauf von Hochrisikoprodukten zu spekulieren. Im Gegenteil, sie mussten damit fortfahren, um zu versuchen, die massiv eingefahrenen Verluste auszugleichen;
- die Zuspitzung der Krise seit Ende 2007 hat zu zahlreichen Firmenpleiten geführt, so dass viele arbeitslos gewordene Beschäftigte ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können.
Ein Beispiel hierzu gab es neulich am 22. Mai, als die Caja Sur in Spanien vom Staat übernommen werden musste. Aber dieses Beispiel ist nur die Spitze des Eisberges der Schwierigkeiten der Banken in der letzten Zeit. Andere Banken in Europa wurden von Ratingagenturen heruntergestuft (Caja Madrid in Spanien, BNP in Frankreich), aber vor allem hat die EZB die Finanzwelt darüber informiert, dass die europäischen Banken in den nächsten beiden Jahren ihre Aktiva um 195 Milliarden senken müssten, und dass der geschätzte Kapitalbedarf bis 2012 auf 800 Mrd. Euro ansteigen werde. Ein anderes Ereignis der letzten Zeit wirft ebenso ein krasses Licht auf die gegenwärtige Zerbrechlichkeit des Bankensystems: Siemens hat beschlossen, eine eigene Bank aufzubauen. D.h. eine Bank, die nur Siemens und seinen Kunden zu Diensten stünde. Nachdem Siemens schon bei der Lehman Brothers Pleite ca. 140 Millionen Dollar hat abschreiben müssen, hat der Konzern Angst, dass sich Ähnliches wiederholen könnte mit seinem Guthaben bei anderen « klassischen » Banken. Andere Firmen wie Veolia, das mit British American Tobacco und anderen Firmen zusammenarbeitet, hatten schon im Januar 2010 den gleichen Schritt vollzogen (6). Es ist klar, wenn Firmen, deren Solidität im Augenblick nicht infrage gestellt wird, ihre Gelder nicht mehr den großen Banken anvertrauen, wird deren Lage sich nicht verbessern. [1]
Fußnoten: [1]
Spektakuläre Neuigkeiten konnte man der Presse entnehmen: eine Annäherung der neuen ukrainischen Regierung Janukowitsch an Russland und der Abschluss eines Vertrages, der die russische Truppenpräsenz in der Ukraine auf lange Zeit sichern soll; ein Vertrag Moskaus mit Ankara zum Bau eines russischen Kernkraftwerks in Akkuyu in der Südtürkei; die enthusiastische Reise Medwedews nach Syrien im Mai, und all die Berichte, dass der Sturz der Regierung von Bakijew in Kirgistan zum großen Vorteil Moskaus sei. All dies hat den Eindruck hinterlassen der russische Imperialismus gewinne unaufhaltsam an Terrain. Doch entspricht dies der Wirklichkeit?
Zweifellos befindet sich Russland nicht mehr in derselben geschwächten Situation wie in den 1990er Jahren. Damals verlor Russland die meisten seiner ehemaligen Satellitenstaaten und erlebte nach 1989 auch im Inneren eine Periode der unkontrollierten Mafiapolitik unter der Jelzin-Regierung. Der russische Staat war damals gezwungen, als Priorität die Situation in Russland selbst sowie die Außenpolitik wieder unter eine einheitliche Disziplin des Staates zu bringen. Die Wahl Putins und seiner Gefolgschaft im Jahre 2000 war ein klares Zeichen für die Straffung der staatlichen Autorität und die Einführung einer gezielteren imperialistischen Politik gegen Außen.
Doch lassen diese Anstrengungen der russischen Bourgeoisie die Schlussfolgerung zu, der russische Imperialismus befinde sich auf einem gradlinigen Weg zum Erfolg? Nein, denn in Tat und Wahrheit steckt Russland heute in einem verzweifelten Kampf gegen die Destabilisierung und das Chaos im Gebiet des ehemaligen Ostblocks. Der Kontrollverlust ist heute ein generelles Phänomen, unter dem vor allem die USA als „Weltpolizist“ leidet. Doch es ist für Russland, das nach wie vor größte Ambitionen auf die Rolle des Platzhirsches in seiner Region hat, heute nicht möglich, von der Schwächung der USA dauerhaft zu profitieren. Der russische Imperialismus kann sich dieser internationalen Tendenz des Kontrollverlustes mitnichten entziehen.
Auf den ersten Blick und oberflächlich betrachtet erschien der Regierungswechsel in Kirgistan im April 2010 als Erfolg für den russischen Imperialismus. Die Regierungsclique um Bakijew hatte ihr abgegebenes Versprechen gegenüber Russland, die amerikanische Truppenbasis im Lande zu schließen, nicht eingehalten. Der Gedanke lag auf der Hand, dass die neue Regierung um Otunbajewa mit der direkten Unterstützung Russlands an die Macht befördert wurde, um sich am wortbrüchigen Bakijew zu rächen. Doch die Situation in Kirgistan ist nicht dermaßen simpel. Sie lässt sich nicht auf einen Konflikt zwischen verschiedenen Fraktionen der herrschenden Klasse reduzieren, welche entweder von Russland oder von den USA gestützt werden - ein Szenario, das im Kalten Krieg bei den meisten Konflikten in der Dritten Welt anzutreffen war. Es ist falsch zu glauben, dass der Rauswurf der Bakijew-Regierung Russland handfeste und dauerhafte Vorteile bringt oder sich die Situation gar stabilisiert.
In Kirgisien findet heute eine gefährliche Ausweitung des Chaos mit undurchschaubaren Zusammenstößen verschiedener nationaler Cliquen statt. Der russische Imperialismus ist in der jetzigen Situation alles andere als der große Sieger. Durch die blutigen Unruhen im Süden Kirgistans, in der Region von Djalalabad und Och, entfaltet sich eine offene Instabilität vor den Toren Russlands. Und das in einem Grenzgebiet zu China, einer international immer aggressiver und selbstbewusster auftretenden imperialistischen Macht. Kirgistan ist schon seit geraumer Zeit Dreh- und Angelpunkt für den chinesischen Warenimport in die Länder der GUS, den traditionellen Wirtschaftsraum Russlands. Doch auch wenn Russland und China harte Rivalen sind im Kampf um Einfluss in Kirgistan, so haben sie dort heute vor allem eine große gemeinsame Sorge: das Zittern der herrschenden Klasse in beiden Ländern vor einem Überschwappen unkontrollierbarer regionaler Konflikte, die mit ethnischen Pogromen begleitet sind, auf ihre eigenen Vielvölkerstaaten Russland und China. Der russische und chinesische Imperialismus sind alles Andere als Friedenstifter, doch in Kirgistan überwiegt ihre Angst, dass das Chaos auch in ihrem eigenen Land Schule macht, der Politik des gegenseitigen offenen Unruhe Stiftens. Und ohne Zweifel werden auch die USA eine Gefährdung ihrer militärischen Präsenz in Kirgistan nicht akzeptieren! Für die USA ist Kirgistan vor allem aus militärischen Gründen wichtig, und viel weniger ökonomisch, um einen gesicherten Kriegsstützpunkt Richtung Irak und Afghanistan zu haben.
Da es in Kirgistan heute keine geeinte herrschende Klasse gibt, ist dieses Land fast unmöglich zu regieren und stellt ein tragisches Beispiel für den Kontrollverlust dar, den die großen imperialistischen Staaten fürchten. Die mörderischen Ereignisse in Och im Juni haben auch gezeigt, wie heikel die Situation gerade für Russland ist. Von der Regierung Otunbajewa aufgefordert, militärisch zu intervenieren, um das Chaos einzudämmen, konnte Russland nur zögernd ablehnen und Medwedews Furcht, in ein zweites Afghanistan-Abenteuer zu geraten, war offensichtlich. Unabhängig davon, welche nationale Clique in Kirgistan an der Macht ist, stellt für das krisengeschüttelte Russland ein tatkräftiges Engagement in Kirgistan, das mit enormen Kosten verbunden ist, fast eine Unmöglichkeit dar, und es wird so immer schwieriger für den russischen Imperialismus, seine Interessen zu verteidigen. Russlands Politik zur Verteidigung seiner Rolle als regionaler Gendarm wird auch aktiv von anderen Nachbarn sabotiert. Es ist kein Zufall, dass eine imperialistische Hyäne kleineren Zuschnittes wie die weissrussische Regierung Lukaschenkos sofort Öl ins Feuer goss, indem sie Bakijew Asyl in Minsk anbot.
Zweifellos haben die Wahlen in der Ukraine vom Februar 2010 mit Janukowitsch eine Fraktion der herrschenden Klasse an die Macht gebracht, welche deutlich offener gegenüber Russland eingestellt ist, als ihre Vorgänger. Kurz nach den Wahlen, im April, hat die Ukraine einen Vertrag mit Russland abgeschlossen, der Russland die Truppenpräsenz ihres Hafen-Stützpunktes Sebastopol auf der Krim-Halbinsel bis ins Jahr 2042 garantiert. Im Gegenzug liefert Russland der Ukraine bis ins Jahr 2019 Erdgas zu bedeutend günstigeren Preisen als in die EU. Im Juni hat die Ukraine bekannt gegeben, dass die NATO-Beitrittspläne welche, von der alten Regierung Juschtschenko eingefädelt worden waren, gestoppt werden. Dennoch sind die Beziehungen Russlands zur Ukraine alles andere als glänzend. Sie zeigen vielmehr das Dilemma, in dem sich der russische Imperialismus befindet.
Die Ukraine ist zwar enorm von der Krise betroffen und auf sofortige finanzielle Erleichterungen angewiesen. Doch die herrschende Klasse der Ukraine wirft sich nicht einfach Hals über Kopf in die Arme des großen russischen Bruders, und schon gar nicht für alle Ewigkeiten. Russland muss sich die temporäre Gunst der Regierung Janukowitsch mit milliardenschweren Preissenkungen für Gaslieferungen erkaufen, alles nur, um seine Truppenpräsenz nicht zu verlieren. Doch die wirklichen Ambitionen und Notwendigkeiten für den russischen Imperialismus gegenüber der Ukraine reichen viel weiter als der Vertrag, der mit der neuen ukrainischen Regierung abgeschlossen wurde, welcher für Russland lediglich den status quo sichert. Geografisch stellt die Ukraine den wohl wichtigsten Verbindungsweg für russisches Erdgas nach Westeuropa dar, ein Handel von, dem die russische Ökonomie enorm abhängt. Um den Transportengpass Ukraine (und Weißrussland) zu umgehen, ist Russland gezwungen, gigantisch teure Pipelineprojekte zu realisieren, wie „Northstream“ durch die Ostsee.
Für Russland ist eine dauerhafte stabile Beziehung zu der Ukraine ein absolutes Muss, und zwar nicht nur auf der ökonomischen Ebene der Gaslieferwege, sondern vielmehr noch aus geostrategischen Gründen zur militärischen Absicherung. Doch die Ukraine mit ihrer zerstrittenen herrschenden Klasse ist kein stabiler imperialistischer Partner, auf den man sich verlassen kann. Wenn die Clique um Timoschenko wieder an die Macht gelangt, werden erneute Abgrenzungsmanöver gegen Russland nicht lange auf sich warten lassen. Für die ukrainische Bourgeoisie, die grundlegend von ihren eigenen nationalen Interessen getrieben ist, hat der gegenwärtige Schwenker hin zu Russland nichts mit einer tiefen Bruderschaft mit Russland zu tun. Die Schwäche der EU (die damit als Perspektive in die Ferne gerückt ist), die ökonomischen Zwänge und die schnelle Jagt nach billiger Energie, drängt die herrschende Klasse in der Ukraine einen Kurs zu fahren, der für die heutige Phase der imperialistischen Beziehungen typisch ist: fast karikaturartig hin und her schwankend, instabil und komplett dominiert vom Gesetz des „Jeder gegen Jeden“.
Selbst wenn Russlands Armee im Krieg 2008 gegen Georgien geografisches Terrain gewonnen hat und nun die Gebiete von Südossetien und Abchasien kontrolliert, und auch wenn die im Irak und Afghanistan kläglich in der Tinte steckende USA ihrem georgischen Schützling damals nicht zu Hilfe Eilen konnte, so hat sich für Russland die Situation auch m Kaukasus alles andere als beruhigt. Russland kann von der Schwäche der USA nicht wirklich profitieren. Der Krieg im Kaukasus 2008 stellte vor allem den Beginn einer neuen Etappe in den imperialistischen Konfrontationen dar. Das erste Mal seit dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989 standen sich die USA und Russland wieder in einem offenen Konflikt gegenüber, zwar nicht direkt mit Truppen aber als Hauptdrahtzieher.
Der Krieg in Georgien hat aber auch klar gezeigt, dass es in der heutigen Phase des Kapitalismus falsch ist zu glauben, dass aus einem Krieg automatisch ein Sieger und ein Verlierer hervorgehen. Dieser Krieg hat schlussendlich nur Verlierer hervorgebracht! Und dies nicht lediglich auf der Seite der Arbeiterklasse (welche in jeder militärischen Konfrontation auf allen Seiten immer der Verlierer ist!), sondern auch vom Standpunkt der beteiligten imperialistischen Staaten. Georgien ist deutlich geschwächt worden, die USA haben in der Region an Einfluss eingebüßt und vor allem ihr Prestige als „big brother“, auf den man zählen kann, verloren und Russland ist heute im Kaukasus mit einem zugespitzten Chaos konfrontiert, das es nicht mehr eindämmen kann.
In vielen Regionen im Kaukasus, die offiziell zum russischen Staatsgebiet gehören, wie Dagestan oder Iguschetien, spielen die Streitkräfte und die Polizei des russischen Staates heute vielmehr die Rolle einer Besatzungsmacht als diejenige eines verwurzelten Staatsapparates. Sie treten in einer enorm brutalen Form auf, sind jedoch machtlos gegen die verschiedensten lokalen Clans und schüren damit das Feuer noch mehr. Über die Notwendigkeit der Verteidigung strategischer und unmittelbarer ökonomischer Interessen hinaus, beinhaltet das aggressive Auftreten des russischen Imperialismus auch eine historische Dimension. Aus einer Geschichte der permanenten Expansion seit den Zeiten des Zarismus im 18. Jahrhundert hervorgegangen, ist Russland heute in ein reduziertes geografisches Korsett gezwängt, welches die russische Bourgeoisie nicht akzeptieren kann. Die Attentate vom Mai 2010 in unmittelbarer Nähe des Hauptquartiers des russischen Geheimdienstes in Moskau und später in der Stadt Stavropol zeigten auf, wie direkt die Autorität des russischen Staates durch diese Terrorakte in Frage gestellt wird. Die darauf folgenden Bemühungen, den Handlungsspielraum des russischen Geheimdienstes FSB gesetzlich zu erweitern, sind kein Zeichen der Stärke, sondern vielmehr der Angst der russischen Regierung, welche der Situation nur mit mehr Repression Herr zu werden versucht.
Die gesamte Situation im nördlichen Kaukasus, in dem sich Russland in einem fast offenen Krieg auf eigenem Staatsgebiet befindet – also in einer Situation des Kontrollverlustes und der ständigen Gefahr der Ausbreitung in andere Gebiet im eigenen Land, in denen lokale Cliquen nur auf ein Signal warten – beinhaltet eine Dynamik, die Russland zusehends schwächt. Russland befindet sich damit in einer Lage, welche seine anderen großen imperialistischen Rivalen wie die USA und Deutschland so nicht kennen und China bisher nur in einem geringen Masse. Selbst wenn sich der russische Imperialismus mit allen Mitteln bemüht, sein historisches Tief nach dem Zusammenbruch des stalinistischen Ostblocks wieder wett zu machen, so bleiben die zentrifugalen Tendenzen in seinem Einflussgebiet Gebiet bestehen und werden zusehends stärker. Das Einflussgebiet Russlands ist ein tragisches Beispiel für die Sackgasse und die Irrationalität des Kapitalismus. Auch wenn sich die herrschende Klasse bis an die Zähne bewaffnet, ihre eigene Welt kann sie nicht mehr wirklich kontrollieren.
Mario 29.6.2010
Als sich in den Monaten zwischen November 1989 und Oktober 1990 die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten immer deutlicher abzeichnete, stieß dies auf heftigen Widerstand seitens des französischen und britischen Imperialismus. Von François Mitterand, damaliger französischer Staatspräsident, ist der Satz überliefert, dass er Deutschland so sehr liebe, dass er gern zwei davon habe. Der britische Imperialismus unter Maggie Thatcher drückte sich weniger charmant aus: Dort betrachtete man in Helmut Kohl, dem „Einheitskanzler“, bereits die Reinkarnation Adolf Hitlers. Beide Staaten fürchteten sich vor einem wiedererstarkten „Großdeutschland“, das allein durch seine schiere Größe zu übermächtig werden könnte. Und in der Tat schien zunächst einiges auf die Wiedergeburt des deutschen Großmachtdenken hinzudeuten. Kaum wiedervereinigt, begann der deutsche Imperialismus an seine alten Ambitionen auf dem Balkan anzuknüpfen. Er unterstützte offen die sezessionistischen Absichten Sloweniens und vor allem Kroatiens, wo er schon seit Mitte der achtziger Jahre heimlich Kontakte zu Ustascha-Nationalisten um Franjo Tudjman geknüpft hatte. Als sich dann Anfang der neunziger Jahre zunächst Slowenien und Kroatien von Jugoslawien abspalteten, warf die Kohl-Genscher-Regierung ihr ganzes Gewicht in die Waagschale, um die Anerkennung dieser neuen Staaten durch die Europäische Gemeinschaft durchzusetzen. Dabei griff sie auch zum Mittel der Erpressung, indem sie sich sträubende EG-Mitgliedsländer wie Frankreich offen drohte, im Falle einer Nichtanerkennung der neuen Ordnung auf dem Balkan das Maastricht-Abkommen zu torpedieren.
Doch der Höhenflug des deutschen Imperialismus auf dem Balkan war nur von kurzer Dauer. Bereits der Verlauf des Jugoslawien-Krieges, der sich an der Abspaltung der drei genannten Republiken anschloss, zeigte deutlich die politischen und militärischen Grenzen des deutschen Imperialismus auf. Weder war er im Stande, das Miloşevic-Regime mitsamt seinen 5. Kolonnen in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und im Kosovo in die Schranken zu weisen; noch war er in der Lage, Frankreich und Großbritannien zu neutralisieren, die traditionell gute Beziehungen zu den Serben pflegten und keinesfalls gewillt waren, sich vom deutschen Imperialismus die Butter vom Brot nehmen zu lassen. So musste er mit ansehen, wie die nationalen Bestandteile „Friedenstruppen“ der Europäischen Gemeinschaft ihre jeweiligen Verbündeten vor Ort unterstützten, und damit die deutschen Absichten in der Region auf heftigste zu durchkreuzen versuchten. Ohne jegliches „hartes“ Mandat[1] versehen, so dass der Bürgerkrieg in Jugoslawien nicht einmal im Ansatz eingedämmt werden konnte, machten sie sich sogar zu Komplizen des Völkermordes.[2] Es war nicht der deutsche Imperialismus, der den Widerstand des Miloşevic-Regimes letztendlich brach, sondern die US-amerikanische Supermacht. In den folgenden Jahren wurde die ambitionierte deutsche Bourgeoisie endgültig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: Es gelang ihr nicht, den Ausbruch des ersten Golfkrieges zu verhindern; sie musste sich gar, von den USA dazu genötigt, mit vielen Milliarden von einer eigenen militärischen Beteiligung freikaufen. Ihr Vorhaben, die Europäische Gemeinschaft in eine politische Union unter ihrer Führung umzuwandeln, erwies sich als völliger Fehlschlag; allen voran die britische Bourgeoisie obstruierte erfolgreich jeden dahingehenden Versuch. Ihre „strategischen“ Partner, ob Frankreich oder Russland, erwiesen sich als zu sehr auf ihre eigenen Interessen bedacht, um mit Deutschland einen dauerhaften Gegenpol zur US-Übermacht und gegen die sich ausbreitende Tendenz des Jeder-gegen-Jeden zu bilden.
So bleibt denn dem deutschen Imperialismus heute nichts anderes übrig, als kleinere Brötchen zu backen. Die Befürchtungen Mitterands und Thatchers, so legitim sie historisch auch waren, haben sich als unrealistisch und überzogen herausgestellt. Sicherlich, das Ende des Kalten Krieges hat der deutschen Bourgeoisie nach fast 45 Jahren alliierter Besetzung und eiserner Blockdisziplin gegenüber den Anführern der beiden Blöcke, USA und UdSSR, die uneingeschränkte nationale Souveränität zurückgegeben. Doch der deutsche Imperialismus zahlt auch einen hohen Preis für die Wiedervereinigung. Noch immer verschlingt der „Aufbau Ost“ Milliardengelder und bindet damit einen großen Teil der Staatsfinanzen. Gelder, die an anderer Stelle fehlen bzw. eingespart werden. Neben dem Sozialstaat, der – wie schon geschildert – weitestgehend entkernt wurde, entpuppte sich vor allem das Militär als Hauptleidtragender dieser Unwucht im deutschen Staatshaushalt. Der Umbau der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee, die den Erfordernissen des Kalten Krieges, sprich: der Erwartung eines Militärschlages seitens des Warschauer Paktes entsprochen hatte, zu einer Interventionsstreitkraft, die weltweit operieren kann, ist bis dato nur in Ansätzen vollzogen. Es fehlt an allem: Transportkapazitäten, mit denen Truppen und Ausrüstung binnen 24 Stunden an jeden Ort der Erde befördert werden können; moderne Waffensysteme in Armee, Marine und Luftwaffe; eine satellitengestützte Infrastruktur, mit der das deutsche Militär ohne die „gütige“ Hilfe des US-Militärs seine Truppen überall auf der Welt in Echtzeit steuern kann. Die Bundeswehr zehrt von ihrer Substanz; ehrgeizige Rüstungsvorhaben wie der Eurofighter oder der Airbus-Militärtransporter mussten mangels finanzieller Unterstützung massiv abgespeckt werden. Verglichen mit den US-Rüstungsausgaben nimmt sich der „Verteidigungs“etat der Bundesrepublik wie Peanuts aus.
Um jedoch einen ernst zu nehmenden Gegenpol, einen ebenbürtigen Block gegen die militärische Übermacht des US-Imperialismus zu bilden, reichen diplomatische Winkelzüge und Nadelstiche, wie sie die Politik der deutschen Bourgeoisie derzeit kennzeichnen, nicht aus. Diese können bestenfalls den Unilateralismus der USA aushöhlen und führen allenfalls zu temporären Koalitionen mit anderen Mittelmächten gegen die US-Supermacht. Um an seiner historischen Rolle als Hauptrivale der USA anzuknüpfen, müsste der deutsche Imperialismus ein geradezu gigantisches Aufrüstungsprogramm für die Bundeswehr auflegen. Nicht nur, um den USA militärisch Paroli zu bieten, sondern auch, um einen militärischen Schutzschirm zu spannen, unter dem er seine Vasallenstaaten zu einem Block sammeln kann. Doch davon ist der deutsche Imperialismus Lichtjahre entfernt. Und dies auf unabsehbare Zeit. Auf dem politischen Terrain steht die Arbeiterklasse einer Wiedergeburt des deutschen Militarismus im Weg. Und auf finanziellem Gebiet die Wiedervereinigung: Zwar hat sie der deutschen Bourgeoisie, die zurzeit des Kalten Krieges ökonomisch ein Riese, politisch aber ein Zwerg war, mehr politisches Gewicht in der Kakophonie des internationalen Imperialismus verliehen. Doch gleichzeitig verhindert sie bzw. ihre immensen Kosten den Wiederaufstieg des deutschen Imperialismus zum Hauptrivalen des US-Imperialismus, der er in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war.
Seit ungefähr drei Jahren haben einige einzelne Anarchisten oder anarchistische Gruppen und die IKS einige Hürden überwunden, indem sie angefangen haben, offen und brüderlich miteinander zu diskutieren. Die von vornherein bestehende Gleichgültigkeit oder eine systematische gegenseitige Verwerfung sind einem Willen zur Diskussion gewichen, einem Willen, die Position des jeweils anderen zu verstehen und ehrlich die Punkte der Übereinstimmung und Differenzen zu erfassen.
In Mexiko hat diese neue Geisteshaltung die gemeinsame Herausgabe eines Flugblattes ermöglicht, das von zwei anarchistischen Gruppen (GSL und PAM) (1)) und einer Linkskommunistischen Gruppe (der IKS) unterzeichnet wurde. In Frankreich hat jüngst die CNT-AIT aus Toulouse die IKS dazu eingeladen, ein Einleitungsreferat auf einer ihrer öffentlichen Veranstaltungen zu halten (2). In Deutschland hat man auch angefangen, Verbindungen miteinander aufzunehmen.
Auf der Grundlage dieser Dynamik hat die IKS versucht, die Frage des Internationalismus innerhalb der anarchistischen Bewegung vertieft zu untersuchen. Im Jahre 2009 haben wir eine Artikelreihe „Die Anarchisten und der Krieg“ veröffentlicht (3). Unser Ziel bestand darin zu zeigen, dass es bei jedem imperialistischen Konflikt einem Teil der Anarchisten gelungen war, die Falle des Nationalismus zu vermeiden und den proletarischen Internationalismus hochzuhalten. Wir zeigten auf, dass diese Genoss/Innen es geschafft hatten, weiterhin für die Revolution und im Interesse des internationalen Proletariats zu wirken, währen um sie herum die kriegerische Barbarei und Chauvinismus tobten.
Wenn man die Bedeutung versteht, welche die IKS dem Internationalismus als Grenze zwischen den Revolutionären beimisst, die wirklich für die Befreiung der Menschheit eintreten, und denjenigen, die den Kampf des Proletariats verraten, kann man sehen, dass diese Artikel offensichtlich nicht nur eine gnadenlose Kritik an den kriegsbefürwortenden Anarchisten waren, sondern auch und vor allem eine Unterstützung für die internationalistischen Anarchisten!
Doch ist diese Absicht nicht richtig verstanden worden. Die Artikelserie hat sogar zeitweise eine gewisse Abkühlung aufkommen lassen. Einerseits haben Anarchisten dahinter einen Pauschalangriff gegen deren Bewegung gesehen. Andererseits haben Sympathisanten der Linkskommunisten und der IKS nicht unsere Absicht verstanden, dass wir auf die „Anarchisten zugehen“ wollen (4).
Abgesehen von einigen ungeschickten Formulierungen in unseren Artikeln, welche dazu führten, dass manche eine ablehnende, sich „sperrende“ Haltung einnahmen (5), haben diese scheinbar widersprüchlichen Kritiken in Wirklichkeit die gleiche Wurzel. Sie verdeutlichen die Schwierigkeit, über die Divergenzen hinweg die wesentlichen Punkte zu erkennen, die die Revolutionäre einander näherbringen.
Diejenigen, die sich auf den Kampf für Revolution berufen, werden traditionell in zwei Kategorien eingeteilt: die Marxisten und die Anarchisten. Tatsächlich gibt es zwischen beiden sehr große, sie trennende Divergenzen:
- Zentralisierung – Förderalismus;
- Materialismus – Idealismus;
- „Übergangsperiode“ zwischen Kapitalismus und Kommunismus oder „unmittelbare Abschaffung des Staates“;
- Anerkennung oder Verwerfung der Oktoberrevolution 1917 und der Bolschewistischen Partei.
- …
All diese Fragen sind in der Tat sehr wichtig. Wir dürfen diesen Fragen nicht ausweichen, müssen sie offen diskutieren. Aber aus der Sicht der IKS entstehen damit keine „zwei Lager“. Unsere Organisation, die sich als marxistisch bezeichnet, kämpft für die Sache des Proletariats Seite an Seite mit internationalistischen anarchistischen Militanten und auch gegen die „Kommunistischen“ und maoistischen Parteien (die sich auch als marxistisch bezeichnen). Warum?
Innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft gibt es zwei grundsätzliche Lager: das der Herrschenden und das der Arbeiterklasse. Wir verwerfen und bekämpfen all die politischen Organisationen, die für die Seite der Herrschenden eintreten. Wir diskutieren, manchmal hitzig aber immer brüderlich, mit allen Angehörigen des Lagers der Arbeiterklasse und versuchen mit ihnen zusammenzuarbeiten. Aber unter der gleichen „marxistischen“ Etikette verbergen sich richtige bürgerliche und reaktionäre Organisationen. Auch hinter dem Label „anarchistisch“ gibt es solche Organisationen.
Es handelt sich hier nicht um reine Rhetorik. Die Geschichte liefert uns eine Vielzahl von Beispielen von „marxistischen“ oder „anarchistischen“ Organisationen, die die Hand zum Schwur erheben, um zu sagen, dass sie die Sache des Proletariats verteidigen, um ihm nur besser in den Rücken zu fallen. Die deutsche Sozialdemokratie behauptete 1919 von sich „marxistisch“ zu sein, während sie gleichzeitig Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Tausende Arbeiter ermorden ließ. Die stalinistischen Parteien haben 1953 in Berlin und 1956 in Ungarn die Arbeiteraufstände im Blut erstickt; all das geschah im Namen des „Kommunismus“ und des „Marxismus“ (in Wirklichkeit aber erfolgte dies im Interesse des imperialistischen Blockes, der von der UdSSR angeführt wurde). 1937 haben in Spanien Führer der CNT durch ihre Regierungsbeteiligung den stalinistischen Henkern Rückendeckung geliefert, die Tausende anarchistischer Revolutionäre blutig niedergeworfen und massakriert haben. Heute wirken in der „CNT“ in Frankreich zwei anarchistische Organisationen; eine, welche echt revolutionäre Positionen vertritt (CNT-AIT) und eine andere, welche rein „reformistische“ und reaktionäre (CNT Vignoles) vertritt (6).
Die « falschen Freunde » aufzuspüren, die sich hinter diesen „Etiketten“ verstecken, ist also lebenswichtig.
Aber man darf nicht den gleichen Fehler in der entgegen gesetzten Richtung begehen und meinen, man sei alleine auf der Welt und man vertrete als einziger die „revolutionäre Wahrheit“. Die kommunistischen Militanten sind heute zahlenmäßig sehr klein und es gibt nichts Verhängnisvolleres als die Isolierung. Deshalb muss man auch gegen die noch zu starke Tendenz der Verteidigung seiner „Kapelle“, „seiner Familie“ (ob anarchistisch oder marxistisch) antreten und auch gegen eine kleinkrämerische Haltung angehen, die nichts mit dem Lager der Arbeiterklasse zu tun hat. Revolutionäre stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Auch wenn die Divergenzen noch so tiefgreifend sind, sie sind eine Quelle der Bereicherung für das Bewusstsein der ganzen Arbeiterklasse, wenn sie offen und aufrichtig diskutiert werden. Deshalb ist es absolut unerlässlich, Verbindungen und Debatten auf internationaler Ebene aufzubauen.
Aber dazu ist es auch erforderlich, zwischen den Revolutionären (welche die Perspektive der Umwälzung des Kapitalismus durch das Proletariat befürworten) und den Reaktionären (die auf die eine oder andere Art zur Aufrechterhaltung des Systems beitragen) zu unterscheiden, ohne sich durch Etiketten wie „Marxismus“ oder „Anarchismus“ vernebeln zu lassen.
Aus der Sicht der IKS gibt es grundlegende Kriterien, die bürgerliche von proletarischen Organisationen trennen.
Den Kampf der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus zu unterstützen, bedeutet, sowohl unmittelbar gegen die Ausbeutung zu kämpfen (z.B. durch Streiks) als auch nie die historische Dimension dieses Kampfes aus den Augen zu verlieren – die Überwindung dieses Ausbeutungssystems durch die Revolution. Deshalb darf eine solche Organisation nie (auch nicht auf „kritische“ oder „taktische“ Weise) einen Teil der Herrschenden unterstützen – weder die „demokratischen“ gegen die „faschistischen“ Machthaber, noch die Linken gegen die Rechten, auch nicht palästinensische gegen israelische Herrscher usw. Eine solche Politik hat zwei konkrete Folgen:
1) Man muss jede Unterstützung für Wahlen, für eine Zusammenarbeit mit den Parteien, verwerfen, welche das kapitalistische System verwalten oder verteidigen (Sozialidemokratie, Stalinismus, „Chavismus“, usw.);
2) Vor allem in Kriegen muss man einen unnachgiebigen Internationalismus aufrechterhalten und sich weigern, die eine oder andere Seite der Kriegsparteien zu unterstützen. Während des 1. Weltkriegs wie auch während all der imperialistischen Kriege im 20. Jahrhundert haben all die Organisationen, welche eine der Kriegsparteien unterstützen wollten, den Boden des Internationalismus aufgegeben, damit die Arbeiterklasse verraten. Sie sind damit übergetreten ins Lager der Bürgerlichen (7).
Diese hier sehr zusammengerafften Kriterien sind ein Anhaltspunkt dafür, warum die IKS einige Anarchisten als Mitkämpfer/Innen betrachtet und mit ihnen diskutieren und zusammenarbeiten will, während wir gleichzeitig andere anarchistische Organisationen heftig verwerfen und anprangern.
So arbeiten wir beispielsweise mit der KRAS (der anarcho-syndikalistischen Sektion der AIT in Russland) zusammen; veröffentlichen und begrüßen deren internationalistischen Positionen gegenüber dem Krieg, insbesondere gegenüber dem Tschetschenienkrieg. Die IKS betrachtet diese Anarchisten ungeachtet der zwischen ihnen und uns sonst bestehenden Divergenzen als dem Lager der Arbeiterklasse angehörend. Sie heben sich klar von all diesen Anarchisten und „Kommunisten“ (wie denen der „Kommunistischen“ Parteien oder Maoisten oder Trotzkisten) ab, die in der Theorie den Internationalismus für sich beanspruchen, ihn in der Praxis aber bekämpfen, indem sie in jedem Krieg irgendeine Seite gegen die andere unterstützen. Man darf nicht vergessen, dass 1914, zur Zeit des Ausbruchs des 1. Weltkriegs, und 1917, zur Zeit der Russischen Revolution, die meisten „Marxisten“ der Sozialdemokratie auf die Seite der Bürgerlichen gegen die Arbeiterklasse gewechselt waren, während die spanische CNT damals den imperialistischen Krieg anprangerte und die Revolution unterstützte! In revolutionären Bewegungen nach dem Ersten Weltkrieg kämpften die Anarchisten und die Marxisten, welche aufrichtig für die Sache der Arbeiterklasse eintraten, Seite an Seite – ungeachtet anderer Divergenzen untereinander. Damals gab es sogar Anläufe zur Zusammenarbeit auf größerer Ebene zwischen den revolutionären Marxisten (den Bolschewiki, den deutschen Spartakisten, den holländischen Tribunisten, den italienischen Abstentionisten usw.), welche sich von der niedergehenden Zweiten Internationale gelöst hatten, und zahlreichen Gruppen, die sich auf den internationalistischen Anarchismus beriefen. Ein Beispiel dieses Prozesses ist die Tatsache, dass eine Organisation wie die CNT die Möglichkeit ins Auge gefasst hatte – auch wenn sie letztendlich verworfen wurde – der Dritten Internationale beizutreten (8).
Und um ein jüngeres Beispiel aufzugreifen: An vielen Orten auf der Welt gibt es heute gegenüber der Entwicklung der Lage anarchistische Gruppen und Sektionen der AIT, die nicht nur eine internationalistische Position aufrechterhalten sondern auch für die Autonomie des Proletariats gegenüber all den Ideologien und allen Strömungen der Herrschenden eintreten:
- Diese Anarchisten treten für den direkten und massive Kampf sowie für die Selbstorganisierung in Vollversammlungen und in Arbeiterräten ein;
- Sie verwerfen jede Beteiligung am Wahlzirkus und jede Unterstützung sich daran beteiligender politischer Parteien, auch wenn sie sich noch so „fortschrittlich“ ausgeben
Mit anderen Worten, sie stützen sich auf eines der Prinzipien, das von der Ersten Internationale ausgerufen worden war: „Die Befreiung der Arbeiterklasse muss die Tat der Arbeiter selbst sein“. Damit beteiligen sie sich am Kampf für die Revolution und die Errichtung einer menschlichen Gemeinschaft.
Die IKS gehört dem gleichen Lager an wie diese internationalistischen Anarchisten, die wirklich die Arbeiterautonomie verteidigen! Ja, wir betrachten sie als Genoss/Innen, mit denen wir diskutieren und zusammenarbeiten wollen. Ja, wir denken ebenso, dass diese anarchistischen Militanten viel mehr mit den Linkskommunisten gemeinsam haben als mit denjenigen, die zwar ein anarchistisches Label tragen, aber in Wirklichkeit nationalistische oder „reformistische“ Positionen vertreten und die tatsächlich Verteidiger des Kapitalismus, der Reaktionäre sind!
In der sich nun langsam entfaltenden Debatte zwischen all den Leuten oder internationalistischen Gruppen der Welt werden unvermeidlich Fehler begangen; ebenso wird wie es hitzige und wortreiche Debatten, ungeschickte Formulierungen, Missverständnisse - und echte Divergenzen geben. Aber die Bedürfnisse des Kampfes der Arbeiterklasse gegen einen immer unausstehlicheren und barbarischeren Kapitalismus, die unabdingbare Perspektive der proletarischen Weltrevolution, die eine Vorbedingung für das Überleben der Menschheit und des Planeten ist, verlangen diese Anstrengungen. Es handelt sich hierbei um eine Pflicht. Und nachdem heute neue revolutionäre proletarische Minderheiten in vielen Ländern auftauchen, die sich entweder auf den Marxismus oder den Anarchismus berufen (oder die gegenüber beiden offen sind), muss dieser Aufgabe der Debatte und Zusammenarbeit entschlossen und enthusiastisch nachgegangen werden. IKS (Juni 2010)
Die nächsten Artikel dieser Serie werden sich mit folgenden Fragen befassen:
Zu unseren Schwierigkeiten zu diskutieren und die Mittel zur Überwindung dieser Schwierigkeiten
Wie die Debatte fördern?
1. GSL: Grupo Socialista Libertario (https://webgsl.wordpress.com/ [14]). PAM: Proyecto Anarquista Metropolitano (proyectoanarquistametropolitano.blogspot.com).
2. Ein sehr warmherzige Diskussionsatmosphäre war während des ganzen Treffens zu spüren. Siehe dazu unseren Bericht „Réunion CNT-AIT de Toulouse du 15 avril 2010 : vers la constitution d’un creuset de réflexion dans le milieu internationaliste [15]”.
3. “Les anarchistes et la guerre (I) [16]” (RI no 402), [17] “La participation des anarchistes à la Seconde Guerre mondiale (II) [18]” (RI no 403), [19]“De la Seconde Guerre mondiale à aujourd’hui [20] (III)” (RI no 404 [21]), “L’internationalisme, une question cruciale [22] (IV)” (RI no 405 [23]). “Die Anarchisten und der Krieg,I, Weltrevolution, “Die Beteiligung der Anarchisten am Zweiten Weltkrieg II, „Vom Zweiten Weltkrieg bis heute, III“, „Der Internationalismus, eine Schlüsselfrage, IV“ (siehe die Webseite der IKS auf deutsch)
4. Insbesondere waren diese Genoss/Innen anfänglich irritiert und verwundert über die Erstellung eines gemeinsamen Flugblattes zwischen GSL-PAM-IKS. Wir haben übrigens auf unserer spanischen Webseite unsere Herangehensweise zu erklären versucht. „Was ist unsere Methode gegenüber Genoss/Innen, die sich auf den Anarchismus berufen?“ (https://es.internationalism.org/node/2715 [24])
5. Einige Genossen haben zu recht gewisse ungeschickte oder ungenaue Formulierungen oder auch gar historische Fehler hervorgehoben. Wir werden später darauf zurückkommen. Wir wollen aber jetzt schon zwei der gröbsten Fehler korrigieren:
– Mehrfach wird in der Artikelserie „Die Anarchisten und der Krieg“ behauptet, dass die Mehrheit der anarchistischen Bewegung im Ersten Weltkrieg dem Nationalismus verfallen sei, während nur eine kleine Minderheit unter Lebensgefahr eine internationalistische Position vertreten habe.
Die von den Mitgliedern der AIT in der Debatte seitdem vorgebrachten historischen Fakten, die durch unsere eigenen Recherchen bestätigt wurden, belegen, dass in Wirklichkeit ein großer Teil der Anarchisten sich schon von 1914 an gegen den Krieg gewandt hat (manchmal im Namen des Internationalismus oder des Anationalismus, öfter noch im Namen des Pazifismus).
- Einer der störendsten (und bislang von niemandem aufgegriffenen) Fehler in diesem Artikel betrifft den Aufstand in Barcelona im Mai 1937. Wir schrieben in dem Artikel: „Die Anarchisten wurden zu Komplizen bei der Unterdrückung der Volksfront und der Regierung von Katalonien.“ In Wirklichkeit waren es die Mitglieder der CNT oder der FAI, die den Großteil der aufständischen Arbeiter stellten, welche zu den Hauptopfern der von den stalinistischen Banden organisierten Repression wurden. Es wäre zutreffender gewesen, die Zusammenarbeit bei diesem Massaker durch die Führung der CNT anzuprangern, anstatt „Anarchisten“ schlechthin. Dies ist übrigens der Kern unserer Positionen gegenüber dem Spanienkrieg, wie sie auch im Artikel von „BILAN“ in „Lehren aus den Ereignissen in Spanien“ Nr. 36, November 1936, BILAN, entwickelt werden.
6. “Vignoles” ist der Name der Straße, wo ihr Hauptsitz liegt.
7. Einzelpersonen oder Gruppen haben sich jedoch aus Organisationen lösen können, die vorher ins bürgerliche Lager übergewechselt waren, wie beispielsweise die Tendenz Munis oder jene, die in der trotzkistischen “Vierten Internationale” “Socialisme ou Barbarie” hervorbrachten.
8. Siehe “Histoire du mouvement ouvrier: la CNT face à la guerre et à la révolution (1914-1919) [25]”, zweiter Artikel einer Artikelreihe zur Geschichte der CNT in Revue internationale Nr. 129.
Wir veröffentlichen an dieser Stelle ein Diskussionspapier, Ausdruck des derzeitigen politischen Lebens in den Betrieben Norditaliens. Die hier wiedergegebenen Anmerkungen sind von einigen Arbeitern der INNSE diskutiert und überarbeitet worden. Die GenossInnen reagieren auf die Erfahrungen des dort lange geführten Kampfes, versuchen daraus, allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen und sie in eine internationale Debatte zu stellen. In Italien, Deutschland und woanders werden sie auch von politisierten Minderheiten besonders in den Betrieben diskutiert. Genosse Riga aus Hamburg hat u.a. die IKS dazu aufgefordert, zu einer möglichst umfangreichen Verbreitung des Papiers beizutragen. Wir kommen dieser Aufforderung gerne nach, umso lieber, da der Text bereits eine Reihe von Kommentaren und eine Debatte auf unserer Webseite hervorgerufen hat. En gros wurde der INNSE-Beitrag durch diese Kommentare zwar begrüßt. Dennoch fiel die Reaktion mehrheitlich eher negativ aus. Das Papier aus Italien enthalte nichts Neues, heißt es beispielsweise dort, huldige dem alten Kult des Industriearbeiters, des blue collar workers, stelle eine Neuauflage des Operaismus minus Lenin dar usw. (siehe die Kommentare dazu auf unserer Webseite). Tatsächlich gibt es einiges in dem Text „Am Anfang war eine informelle Arbeiterpartei“, was klärungsbedürftig erscheint – und das ist gut so. So wird beispielsweise die Fabrik als ein Gebiet verstanden, „das von der Politik verlassen ist“, und somit als die vornehmste Wirkungsstätte der „informellen Arbeiterpartei“ erscheint. Aus unserer Sicht lässt man hierbei außer Betracht, dass insbesondere die Gewerkschaften im Auftrag des kapitalistischen Staates gerade in den Betrieben wirksam sind.
Es lohnt sich also, diesen Text zur Debatte zu stellen. Dabei sollte man ihn sorgfältig lesen und versuchen zu vermeiden, voreilige Schlüsse daraus zu ziehen. So ist es unserer Meinung nach gar nicht so sicher, dass hier ein Kult der Arbeiter im Blaumann betrieben wird, jedenfalls spricht er von der Fabrik „oder irgendeinem Arbeitsplatz“, und will alle Politisierten willkommen heißen, welche sich für die Sache des Proletariats einsetzen (allerdings werden die Erwerbslosen im Text nicht erwähnt). Ein Kult der Verherrlichung des Arbeiters wäre in der Tat fatal. Andererseits stimmen wir dem Text zu, wenn es heißt, dass es „ohne das Auftreten der Arbeiter keine echte Alternative zu diesem System gibt“.
Vor allem aber sollte man einen Text nicht allein daran messen, ob und in wie fern er neue Antworten liefert. Es ist oft viel wichtiger, die richtigen Fragen zu stellen. Und in diesem Text finden wir zwei Fragen aufgeworfen, welche nicht nur sehr wichtig, sondern auch von höchster Aktualität sind: Erstens, wie entstehen Massenkämpfe der Arbeiterklasse, und zweitens, wie entsteht eine Klassenpartei des Proletariats?
Was die erste Frage betrifft, gibt es in der Regel zwei Antworten darauf, welche einander zumeist gegenübergestellt werden: Entweder die Massenkämpfe entstehen spontan, oder sie sind das Werk einer Partei. Was lehrt uns aber die Geschichte? Sie lehrt uns, dass die großen Kämpfe der Klasse, und erst recht die revolutionären Erhebungen, spontan ausbrechen, und dabei fast immer alle Beteiligten, einschließlich die ArbeiterInnen selbst, einschließlich ihrer revolutionären Minderheiten überraschen. Sie lehrt uns aber auch, und genauso, dass zwar der Ausbruch und die unmittelbare Organisationsform urwüchsig entstehen, dass aber die Bewegung selbst keineswegs ein spontanes Produkt der Geschichte ist, sondern politisch vorbereitet wird. Die Pariser Kommune, der Massenstreik von 1905 in Russland, die Revolutionen in Russland 1917 und Deutschland 1918 konnten gerade deshalb so elementar ausbrechen, weil sich lange zuvor eine politische Kultur in den Reihen der Arbeiter entwickelt hat. Ausdruck dieser politischen Kultur waren die Proudhonisten und die Blanquisten usw. in Paris, die Entstehung der Arbeiterzirkel und das Wirken der Sozialdemokratie in Russland vor 1905, die Arbeit von Spartakus, der Bremer Linken, die Obleute in Deutschland während des Kriegs (und der marxistischen Linken in der Sozialdemokratie vor dem Krieg) usw. Die politischen Arbeiterparteien und Gruppen waren in den Betrieben präsent, ihre jeweilige Positionen wurden dort diskutiert, mit einander verglichen.
Was die zweite Frage betrifft, so finden wir, dass die Formulierung „informelle Arbeiterpartei“, welche im Text verwendet wird, nicht sehr glücklich getroffen ist. Für uns kann man erst dann von einer Arbeiterpartei reden, wenn es ein Gebilde gibt, welches unmittelbar den Ausgang der Klassenkämpfe nicht nur beeinflussen, sondern sogar mit entscheidend prägen kann. Davon sind wir heute noch meilenweit entfernt. Somit wäre es aus unserer Sicht besser, von der Vorbereitung einer künftigen Klassenpartei zu sprechen. Ansonsten läuft man Gefahr, Opfer eines eigenen Bluffs zu werden bzw. an einer der unzähligen „linken“ Betriebsorganisationen zu basteln, welche von den Gewerkschaften aufgesogen werden.
Wenn man aber die Sache in den Rahmen einer politischen Vorbereitung stellt, so hat der INNSE Text eine entscheidende Frage ausgeworfen! Sowohl für die Entwicklung künftiger Massenkämpfe als auch für die Vorbereitung einer Klassenpartei ist es unbedingt erforderlich, dass eine Schicht von hoch politisierten ArbeiterInnen innerhalb (und auch außerhalb) der Betriebe entsteht. „Können heute die Arbeiter keine derartige politische Schicht mehr hervorbringen? Sind sie nicht mehr in der Lage, Kämpfer für ihre Sache hervorzubringen?“ Warum sind diese Fragen so wichtig? In den beiden Jahrzehnten nach den internationalen Klassenkampfexplosionen von 1968-1972 hat das Proletariat zwar elementar erkannt, dass die einst zur Klasse gehörenden Organisationen wie die Gewerkschaften, die Sozialdemokratie, die Kommunistische Parteien, der Sache der ArbeiterInnen nicht mehr dienen, aber sie haben sich deren Einflusses zu erwehren versucht, indem sie sich eine a-politische bis anti-politische Haltung zu eigen machten. Diese Art und Weise, die eigene Klassenautonomie zu bewahren, erwies sich aber als Sackgasse, ja als Boomerang. Denn die Autonomie der Klasse ist nicht denkbar ohne eine eigene Politik, ohne eine eigene Vision vom Endziel und ohne entsprechende Mittel des Kampfes. Außerdem wussten die linken Aktivisten, welche eine klassenfremde Politik betrieben und für eine Reform des Kapitalismus, für Moskau oder Peking schwärmten, sehr wohl, wie sie ihre eigenen Aktivitäten tarnen, ihnen einen nicht politischen Anstrich geben könnten. So zerrann am Ende ein Großteil der Energien der Generation von 1968. Vor allem gelang es nicht, eine eigene politische Alternative zum Kapitalismus – auch gegenüber seiner stalinistischen Variante – zu formulieren. So brach denn auch der Stalinismus am Ende in sich zusammen, anstatt dass er vom Proletariat gestürzt wurde, was die Herrschenden auszunutzen versuchten, um die Frage der Überwindung des Kapitalismus ad acta zu legen.
Wie gesagt: die meisten Kommentare auf unserer Webseite beklagten im Text der INNSE- GenossInnen das Fehlen von etwas Neuem. Aber es gibt etwas Neues, was nicht so sehr in diesem oder jenem Textbeitrag liegt, sondern in der historischen Lage selbst. Das Neue besteht darin, dass kämpferische Minderheiten sich bilden, welche branchenübergreifend und international Solidarität entwickeln und dabei Kontakte suchen und die Lehren aus ihren Kämpfen austauschen und auswerten. Sie versuchen also zu „politisieren“, und zwar auf einer Klassengrundlage. Dieser Vorgang ist wesentlich dafür, eine eigene Klassenidentität zurückzuerobern, um dem eigenen Abwehrkampf Sprengkraft zu verleihen, um eine eigene gesellschaftliche Perspektive zu entwickeln. Dabei müsste eine der vornehmsten Aufgaben der politisierten Schichten darin bestehen, sich allenthalben dafür einzusetzen, dass die Klasse selbst ihr Schicksal in die eigenen Hände nimmt und zu diesem Zweck die Diskussionen, Vollversammlungen, die Kämpfe insgesamt usw. in Eigenregie führt. Sonst droht auch diesen Ansätzen die Gefahr, gewerkschaftlich aufgesogen zu werden. Daher ist es so wichtig, dass diese Arbeit „nicht geografisch, lokal oder national begrenzt ist“ wie es im Text heißt. Ja, es handelt sich um die Aktivität von kleinen Minderheiten, natürlich. Aber diese Aktivitäten können der Vorbote sein von etwas, was unter der Oberfläche in der Klasse insgesamt sich zu rühren beginnt: Der berühmte „alte Maulwurf“, von dem Marx sprach, die unterirdische Bewusstseinsreifung des Proletariats.
Am Anfang war eine informelle Arbeiterpartei...
Sich als Arbeiter zu organisieren und als solche zu handeln, ist bereits ein Programm. Sobald die Arbeiter sich als solche zusammenschliessen und einen Ausweg aus ihrer prekären gesellschaftlichen Lage suchen, finden sie schon bei der Suche die Mittel und Wege, um diesen Ausweg in die Tat umzusetzen. Sie brauchen kein fertiges Programm, bis in alle Einzelheiten ausgearbeitet, mit einer Liste von Forderungen, halbwegs zwischen grossspurigen Zielen und kleinen, vergänglichen Ergebnissen.
Diese Partei richtet sich auf einem Gebiet ein, das nicht geografisch, lokal oder national begrenzt ist: Es ist ein gesellschaftliches Territorium, auf dem sie ihre Kraft entfaltet. Die Fabrik oder irgendein Arbeitsplatz, wo es eine Arbeitergemeinschaft gibt, das ist das Gebiet der Arbeiterpartei. Dort muss ein unerbittlicher Kampf gegen die politischen Parteien der andern Klassen geführt werden. Der politische Einfluss auf die Arbeiter kommt von ausserhalb dieses Gebiets; die politischen Parteien beinflussen die Arbeiter zu Hause, am Wohnort, als Einwohner, als Staatsbürger unter Staatsbürgern; die Arbeiterpartei hat ein Gebiet zur Verfügung, das von der Politik verlassen ist. Bei der Teilung der Macht obliegt es dem Unternehmer, seine Leute direkt zu verwalten; es wird keine Einmischung geduldet, die Produktion ist heilig. Die Arbeiterpartei kann diesem Umstand zu ihren Gunsten aus-nutzen, die Arbeitergemeinschaft kann diesen Hohlraum ausfüllen, indem sie zu einer unabhängigen und eigen-ständigen Art von politischem Handeln findet.
Die Arbeiterpartei führt den Widerstand der Arbeiter über die versöhnlerische Gewerkschaftspolitik hin-aus. Die alte Gewerkschaftspolitik des kleineren Übels („Lieber den Spatz in der Hand...“) wird von der Wirtschaftskrise überrannt, die den Arbeitern nicht einmal mehr das „kleinere Übel“ gewährt, sondern sie mit weniger als Nichts dastehen lässt. Statt aus der Wirtschaftskrise – als Beweis für den Bankrott der auf dem Profit aufge-bauten Produktionsweise – Kraft zu schöpfen, verständigen sich die eingespielten Gewerkschaftsführer darauf, mit sozialen Abfederungen das Elend der Arbeiter zu verwalten, in der Erwartung, dass der Sturm vorübergehe. Gesetzt den Fall, dass das Unwetter nicht so schnell vorbeigeht und dass die Überwindung der Krise unerträgliche Opfer verlangt, so dass die Arbeiter im Widerstand gegen die Auswirkungen der Krise zur Überzeugung gelangen, dass die Zeit für diese Art von Produktion und Austausch abgelaufen ist und dass sie überwunden werden muss, in welche Richtung und auf welche Perspektiven hin müssen wir uns dann bewegen? Wird es dann nicht vielleicht die Aufgabe der informellen Arbeiterpartei sein, mit der Ausarbeitung von Antworten zu beginnen?
Die Tatsache, dass namhafte Teile der Arbeiter den klassischen parlamentarischen Parteien fremd gegen-über stehen, zeigt sich auf alle Arten. Nicht so sehr in der Stimmenthaltung, die eine zahlenmässig bedeutende Erscheinung ist, als vor allem in der Militanz, im konkreten Beitrag zur Unterstützung dieses oder jenes politischen Vorhabens. Die Parteien, die wir kennen, fischen ihre Führungsgruppen und Mitglieder aus den andern Klassen, sie sind Ausdruck von andern gesellschaftlichen Klassen. An der aktiven Mitgliederbasis der Parteien, die sich als Parteien der Arbeiter (“dei lavoratori”) bezeichnen, finden wir bestenfalls Lehrer, Angestellte, Techniker, aber nie Arbeiter. Die Arbeiter hingegen, seit sie auf dem Schauplatz der Gesellschaft aufgetaucht sind, haben Organisatoren, Agitatoren und Propagandisten hervorgebracht, welche Parteien mit grossen Mitteln und grosser finanzieller Unterstützung in den Sack gesteckt haben. Können heute die Arbeiter keine derartige politische Schicht mehr her-vorbringen? Sind sie nicht mehr in der Lage, Kämpfer für ihre Sache hervorzubringen? Diese Möglichkeit zu verneinen, kommt andern gelegen, nicht uns selber; es kommt darauf an, für welche Partei man sich einsetzen soll, für welche Partei zu kämpfen man anfangen soll, und eine Möglichkeit ist heute gegeben: Man kann Mitstreiter und Organisator für eine Partei werden, die unser ist, für eine Arbeiterpartei, oder wenigstens die ersten Schritte in diese Richtung tun. Die Programme und Organisationsformen werden wir miteinander finden, wenn wir uns allmählich als Klasse und damit als unabhängige politische Partei zusammenschliessen.
Am Anfang soll jeder bleiben, wo er ist, und weiterhin mit den politischen Formationen sympathisieren, mit denen er will, sich an den Aktivitäten von Komitees, autonomen Zentren, dieser oder jener Basisgewerkschaft beteiligen. Die informelle Arbeiterpartei verlangt keine Glaubensbekenntnisse, als vielmehr dass man damit beginne, als Arbeiter zu denken und zu handeln, zu allen Fragen, die uns direkt betreffen, einen eigenen Standpunkt zu erarbeiten und zu vertreten. Die grosse Krise hat den Nebel aufgelöst, der den Interessengegensatz, auf dem diese Gesellschaft aufgebaut ist, verschleiert hatte: Wo ist die produktive Arbeit von Millionen Arbeitern all dieser Jahre verschwunden? In den Taschen der Unternehmer, in den Kassenschränken der Banken, in den goldenen Gehältern der Staatsbeamten. Den Arbeitern blieben die Brosamen -und heute das Elend. Es ist zum Lachen, mit welcher Frechheit sie von allen, uns eingeschlossen, verlangen, gemeinsam Opfer zu bringen um die Krise zu überwinden. Die Krise jedoch ist die Krise ihres Systems. Es ist ihre Art, aus unserer Arbeit Reichtum anzuhäufen, die an einem bestimmten Punkt in sich zusammengefallen ist. Und nun sollten wir wie kopflose Lämmer uns bereit erklären, weitere Opfer zu bringen, damit sie sich noch mehr bereichern können, bis dann eine neue, noch erschütterndere Krise auf uns wartet? Heissen wir die grosse Krise willkommen! Die sozialen Revolutionen reifen dort heran, wo die alten wirtschaftlichen Strukturen nicht mehr in der Lage sind, ihren Ablauf von Kapitalanhäufung fortzusetzen. Die Arbeiterrebellion ist heute zu einer realen Möglichkeit geworden. Die direkt produktive Arbeit der Arbeiter kann für eine andere Gesellschaftsordnung ohne Unternehmer, Banker und gut bezahlte Staatsbeamte verwendet werden, sie kann den Arbeitern selber dienen.
Wir haben keine Zeit, die Kapitalbesitzer werden an einem bestimmten Punkt darauf angewiesen sein, die Befehlsgewalt über die Gesellschaft zu zentralisieren, die Beziehungen zwischen den Klassen neu festzulegen, um den Vorgang der Kapitalanhäufung wieder in Gang zu setzen. Sie selber werden die Arbeitsweise der politischen und staatlichen Institutionen in Frage stellen. Wenn die demokratische Form ihnen nicht mehr dient, werden sie die ersten sein, die ihre Überwindung fordern. Verdammen wir uns nichts selbst dazu, unter jenen zu sein, die immer die Vergangenheit verteidigen, neben der Republik der Unternehmer, kann es in der geschichtlichen Reihenfolge auch die Republik der Arbeiter sein. Wenn den Unternehmern, um ihr Kapital zu retten, Kraftproben auf dem Weltmarkt dienen, werden sie „aus Notwendigkeit auf den Krieg hinsteuern“. Die ständigen Aufrufe zur nationalen Einheit gehen in diese Richtung. Wer wird sie aufhalten können, wenn nicht die Arbeiter, die eine inter-nationale Klasse sind? Arbeiter, wir haben keine Zeit! Eine Parteiorganisation ist nötig, die -in jeder Fabrik an-wesend -damit beginnt, sich ohne unnütze Formalitäten zu bilden und stattdessen schon heute anfängt zu handeln. Es ist kein Zufall, dass ab und zu sich jemand daran erinnert, dass die lebendigen Arbeiter aus Fleisch und Blut existieren und dass niemand fähig ist, sie politisch zu vertreten. Wir haben die Absurdität, dass die Lega von Bos-si sich die Fähigkeit anmasst, auch Arbeiterschichten „des Nordens“ zu vertreten und einige Sektionen in den Fabriken gründet. Ausgerechnet die Lega, welche die übelsten Unternehmer und Kleinunternehmer vertritt, die um Profit zu machen zu einer unerhörten Ausbeutung der Arbeiter fähig sind! Die Arbeiterpartei wird – indem sie sich auf dem ihr eignen Gebiet, in der Fabrik, Achtung verschafft – alle andern auf Trab halten und die klassenübergreifende Farce von den „Norditalienern“ („Padani“) auflösen. Denn dort, wo es einen Unternehmer gibt, hat es auch Arbeiter, der ihm den unerbittlichen Kampf ansagen. Der schreckliche Kampf zwischen den Klassen, der so sehr Angst einflösst, auch der „kämpferischen und regierungsverantwortlichen“ Lega (Lega di „lotta e di go-verno“).
Nun sind einige Anmerkungen zu machen zu unserem Lager, zu den von der Krise betroffenen Arbeitern und jenen, die auf irgendeine Art behaupten sie zu vertreten. Die gesellschaftliche Struktur in Italien bringt immer neue poltische Gruppen hervor. Wir stehen nicht nur einer Masse von Gewerbetreibenden und Krämern gegen-über, sondern auch Selbständigerwerbenden sowie Staatsangestellten und freien Berufen, Angestellten in der Produktion, die die Ausbeutung der Arbeiter verwalten... Jeder mit seinen eigenen wirtschaftlichen und eigenen politischen Interessen. Es stimmt zwar, dass die Krise für viele, die geglaubt hatten, eine befriedigende Arbeit und Anstellung gefunden zu haben, einen sozialen Abstieg hervorbringt. Unter allen Arbeitenden wächst die Unzufriedenheit, das ist das Ergebnis der Krise. Die politischen Antworten, die jeder dieser Sektoren gibt, entspricht den besonderen gesellschaftlichen Bedingungen, die sie verspüren und die sie voneinander unterscheiden. Die Staatsangestellten wollen die Verteidigung des „öffentlichen Dienstes“, die Angestellten des Handels eine Politik der Ankurbelung des privaten Konsums, die Forscher eine Förderung der nationalen Forschungsprojekte, und so weiter... Lassen wir hier den eigentümliche Wahn beiseite, Linksparteien links von der Rifondazione zu erfinden, jede in der Hoffnung, in den regionalen, kommunalen Behörden oder im Parlament wieder eine Rolle zu spielen. Sprechen wir lieber von den verschiedenen Versuchen: Koordinationskomitees, Basisgewerkschaften, autonome Zentren, Studentenkomitees, die alle im Kampf um die Vorherrschaft miteinander wetteifern, ins Leben zu rufen, und sagen wir ihnen, dass es ohne das Auftreten der Arbeiter keine echte Alternative zu diesem System gibt, dass ohne die zentrale Bedeutung der Arbeiter („centralità operaia“) die kleinen Gruppen nicht überwunden werden können. Ab sofort, auch auf informelle Weise, eine Arbeiterpartei zu gründen, das ist im Interesse all jener, welche die Absicht haben, die Krise zu benützen, um diese Art von Produktion und Austausch in Frage zu stellen. Vom kläglichen „eure Krise bezahlen wir nicht“ werden wir übergehen zum Schlachtruf „Unternehmer, wir wer-den in der Krise mit euch abrechnen“. Sollte hingegen die notwendige Vereinigung der Arbeiter zur Partei als neue, zentrale Tatsache anerkannt werden, könnte ein wichtiger Beitrag auch von jenen Mitstreitern kommen, die selber zwar keine Arbeiter sind, jedoch mühsam aus eigener Erfahrung, aus theoretischer Aneignung dazu gelangt sind, die Rolle zu begreifen, welche die Arbeiter in der Möglichkeit der Überwindung dieses Systems haben.
Vom Sprechen über die Arbeiterpartei überzugehen zu ihrer Gründung, ist ein sehr schwieriger Sprung. Nahezu unmöglich, aber die unmöglichen Aufgaben, einmal verwirklicht, können sich als die einzigen erweisen, die grosse Resultate bringen. Bei INNSE hat die informelle Arbeiterpartei vorgemacht, was eine Arbeitergemeinschaft, die einig ist und weiss, wohin sie will, zustande bringen kann. Warum nicht in anderen Fabriken die gleiche organisatorische Praxis versuchen? Kurzum, ist es derart schwierig, an allen Arbeitsplätzen, unter Arbeitern, sich als Sektion einer noch informellen Partei, die ihren Wegen finden muss, zu verstehen und zu vereinen? Die Antwort kann nur aus den Betrieben kommen. Zum Zeitpunkt, in dem wir uns gegenseitig bewusst werden, dass dieses Projekt anfangen kann auf eigenen Füssen zu stehen, können wir mit öffentlichen Versammlungen in den verschiedenen Industriezentren anfangen und zu neuen Gedankengängen übergehen. Die weltlichen Prediger der politischen Klein-und Kleinstgruppen, die sich an die Lohnabhängigen richten, werden diesen Vorschlag hinlänglich prüfen und sogleich als Sektiererum verwerfen, oder versuchen ihn totzuschweigen. Sie haben jedoch auf der ganzen Linie versagt: Bei ihren öffentlichen Auftritten langweilen sie die Leute mit den üblichen Litanein über die Kämpfe, die nie organisiert werden, über die Verallgemeinerungen der Initiativen, die sich in einer privaten Vereinbarung zwischen zwei oder drei Individuen erschöpfen, über die Hirngespinste grosser Bewegungen, die sich nie bewegen, über ihre unklaren Ziele. Nun, wenn es den fortgeschrittensten Arbeitern nicht gelingt, mit diesen Leuten abzurechnen, dann wird es sehr schwierig in Richtung einer Arbeiterpartei zu gehen. Aber auch von dieser Seite her hilft uns die Krise: Der Zusammenprall zwischen Arbeitern und Unternehmern wird immer heftiger, und für manches Geschwätz über eine linke politische Verwaltung des reformierten Kapitalismus ist die Zeit abgelaufen.
Diese Anmerkungen sind von einigen Arbeitern der INNSE diskutiert und überarbeitet worden. Es sind dieselben, die den langen Kampf angeführt haben und sich dabei die Anerkennung ganz vieler, die sie dabei unterstützten, erworben haben. Was wir verlangen, zum Besseren oder zum Schlechteren, ist eine Antwort auf die Fragen, die wir gestellt haben. Besser als Schweigen und Gleichgültigkeit... Es ist unsere Absicht, allen zu antworten. Falls Zustimmungen zum Projekt kommen werden, werden wir raschmöglichst, noch vor den Sommerferien, eine öffentliche Versammlung organisieren, um uns zu treffen und die nächsten Schritte festzulegen. Auf der Tagesordnung wird nicht das abgenützte Verlangen zur Koordinierung der Kämpfe stehen; wie aus der Krise herauszukommen ohne den Mut zu haben, über den Kapitalismus hinauszuschauen; zu retten, was zu retten ist. Das Thema wird schlicht und einfach die Organisierung der Arbeiter zur Partei sein; festzustellen, in welchen Betrieben es möglich ist oder bereits begonnen hat; wir werden darüber diskutieren, wie ihre Tätigkeit zusammengefasst werden kann. Das kann tatsächlich zur poltischen Wende führen, zu der uns die grosse Krise gezwungen hat. Das wäre ein Resultat von geschichtlicher Bedeutung. Es liegt an uns!
Im Juni 2010 konnte die herrschende Klasse in der Schweiz zwei ihrer größten Probleme, wenigstens für den Moment, für beendet erklären.
Diese Probleme hielten sie während gut einem Jahr so in Atem, dass ihre Medien jetzt laut über eine Auswechslung von verschiedenen Regierungsmitgliedern nachdenken. Immerhin hat die herrschende Klasse im Steuerstreit mit den USA um Bankkonten von amerikanischen Kunden der Schweizer Bank UBS eine bittere Pille geschluckt und in der so genannten Libyenaffäre vor vielen anderen Staaten das Gesicht verloren.
Welche Bilanz ist heute zu ziehen? War es nur ein Sturm im Wasserglas? Zur Ablenkung von der wahren Krise, derjenigen der Wirtschaft?
Die im letzten Artikel angesprochene Affäre Libyen mit den sich in der Wirkung widersprechenden Positionen der Innen- und Außenpolitik ist für die Schweizer Bourgeoisie mit einem großen Prestigeverlust zu Ende gegangen. Vorausgegangen sind diverse Ereignisse eines Schlagabtauschs, die das absurde Leben der kleinen Staaten im Zerfall des Kapitalismus gut demonstrieren.
Die Schweizer Bourgeoisie tritt nicht mehr nur als einheitlicher neutraler und diplomatischer Staat auf, sondern ist immer mehr geprägt durch die Einzelinteressen verschiedener Parteien und Fraktionen mit ihren Exponenten. Die Homogenität der Bourgeoisie leidet in jedem Fall darunter. Ausdruck davon ist der Verlauf der Affäre Libyen.
Auf den abgeschlossenen Staatsvertrag zwischen den Staaten im Herbst 2009 wurde von libyscher Seite her nicht reagiert. In der Folge hat die Schweiz die Visumsvorschriften für Libyer verschärft und im Februar „hochrangige“ libysche Staatsangehörige an der Einreise gehindert.
Am 31. Januar wurde die eine Schweizer Geisel in Libyen freigesprochen und die andere zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Zudem verschärfte sich der Konflikt im Februar durch die Visa-Sperre von Libyen für die meisten Länder der Schengen Zone. Der Konflikt weitete sich somit auf die EU aus, die sich wiederum von der Schweiz distanzierte.
Am 25. Februar ruft Gaddafi an einer Rede zum heiligen Krieg gegen die Schweiz auf - als Reaktion auf das Minarettverbot der Schweiz Ende November 2009. Dies ist ein weiterer heikler Punkt der Schweizer Bourgeoisie, die diese Abstimmung ideologisch unterschätzt und weltweit viel Kritik geerntet hat.
Nach einem „totalen Wirtschaftsboykott“ von der Seite Libyens gegen die Schweiz im März wurde die zweite Geisel im Juni schließlich freigelassen. Bedingung war, dass die Schweiz auf ein deutsches Sperrkonto eine Kaution von 1.5 Millionen Franken einbezahlt. Dies als Sicherheit dafür, dass derjenige, der die Polizeifotos von Hannibal Gaddafi publizierte, in der Schweiz gerichtlich zur Rechenschaft gezogen wird. Die Schweiz beugte sich schlussendlich, wobei die Verhandlungen mit Libyen vor allem durch die EU mit ihren Exponenten Berlusconi und Co. geführt wurden. Selbst der schlechte Deal mit dem Gesichtsverlust für die Schweiz kam also nur deshalb zustande, weil sich prominente Mittelsleute für eine Schlichtung des Streits einsetzten. Die Schweiz allein hätte nicht einmal für eine schlechte Lösung genügend Gewicht in die Waagschale werfen können.
Während Bundesrat H.-R. Merz in August 2009 das erste Mal versuchte, die beiden Geiseln freizukriegen und dabei sichtlich scheiterte, war es diesmal Bundesrätin Calmy-Rey der Sozialdemokraten, die sich vor den Medien als Befreierin profilierte. Das Scheitern des einen und der Erfolg der anderen können als Episoden der Konkurrenz innerhalb der Schweizer Regierung verstanden werden und sind bezeichnend für die Situation innerhalb des Bundesrats, wie wir sie im letzten Artikel beschrieben.
Als gäbe es in dieser Sache nicht schon genug Fehltritte und Widersprüche innerhalb der Regierung, wurde nach der Freilassung durch eine Indiskretion ein Plan für eine militärische Befreiung der Geiseln bekannt. Dass die „neutrale“ Schweiz einen inoffiziellen bewaffneten Einsatz im Ausland plant, zeigt einerseits ihre Verzweiflung in der isolierten Situation und macht andererseits auch die Impotenz des Schweizer Militärs deutlich. Die anschließende Diskussion über die völkerrechtliche Legimitation eines solchen Einsatzes lenkt großmäulig vom Umstand ab, dass es der Schweiz gar nicht möglich ist, militärisch im Ausland zu intervenieren, nicht einmal eine Polizeioperation des Geheimdienstes wäre realisierbar.
An diesem Beispiel, aber auch im unten angesprochenen Steuerstreit zeigt sich, wie die Schweiz in Konflikten mit anderen Staaten alleine dasteht. Nicht nur in Auseinandersetzung mit als „verrückt“ geltenden Führern und symbolischen Geiselnahmen, sondern auch in anderen Konflikten mit einschneidendem ökonomischem Einfluss auf das Budget der Schweizer Bourgeoisie.
Ohne Zweifel war das Problem mit den USA weit ernsthafter als dasjenige mit Libyen: Es ging um die Herausgabe von Bankkundendaten der UBS, die eigentlich dem Bankgeheimnis unterstehen, an die US-Steuerbehörden. Damit sind nicht nur das Bankgeheimnis - als Garantie der Schweizer Banken, ihre Kunden gegenüber anderen Staaten geheim zu halten - betroffen, sondern erhebliche wirtschaftliche Interessen der Schweizer Bourgeoisie. Gerade die Aussicht von Reichen der ganzen Welt, einen Teil ihres Vermögens unversteuert durch Schweizer Banken verwalten zu lassen, führte zu einem Vorteil des Finanzplatzes Schweiz gegenüber anderen Staaten, die weniger diskret mit den Daten ausländischer Bankkunden umgingen.
Dieses Angebot hat auch eine Nachfrage. Die bisherige Diskretion der Schweizer Banken befriedigte Bedürfnisse von Kapitalisten der ganzen Welt mindestens in dreifacher Hinsicht:
- als Steuerparadies, als Anlagemöglichkeit für Reiche, die steuerlich unbehelligt davonkommen;
- als Geldwaschanlage für kriminelle Aktivitäten, die Mafias, Drogen- und Waffenhändler usw.
- als Drehkreuz für Geldzahlungen, die aus imperialistischen Gründen Diskretion erfordern, z.B. zur Finanzierung von terroristischen / antiterroristischen Aktivitäten, Geheimdienstaktionen, die nicht kontrolliert werden sollen.
Gerade bei Finanzströmen der letzten Art müssen die USA als Weltpolizist ein Interesse daran haben, freien Zugang zu sämtlichen Bankdaten in anderen Ländern zu bekommen. Bei den USA liegt dieser Aspekt im Vordergrund, während beim Druck, den die deutschen Steuerbehörden gegenüber der Schweiz (Razzias bei der Credit Suisse in Deutschland) und Liechtenstein ausüben, eher direkte ökonomische und ideologische Interessen eine Rolle spielen - bankrotte Staaten müssen ihre Löcher stopfen und Sünder vorweisen.
Der im Juni 2010 vom Parlament genehmigte Staatsvertrag zwischen den USA und der Schweiz über die Herausgabe von UBS-Akten (vgl. dazu die Einzelheiten in „Weltrevolution“ Nr. 156) ist aus der Perspektive der Arbeiterklasse auch in wirtschaftlicher Hinsicht interessant: Was heißt die faktische Aufhebung des Bankgeheimnisses für die Wirtschaft? Wird sich die Krise in der Schweiz aus diesem Grund zusätzlich verschärfen?
Die Bourgeoisie ist sich einig darin, dass der Staatsvertrag mit den USA der mittelfristigen Aufhebung des Bankgeheimnisses gleichkommt. Obwohl die Schweizer Wirtschaft mit vielen verschiedenen Ländern verknüpft und insofern diversifiziert ist, hat sie zu wenig Rückhalt bei großen und treuen Verbündeten, um wirtschaftlichen Erpressungen Stand zu halten. Deutschland drängt sich zwar als Beschützer geradezu auf. Es ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner, und eine völlige Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft vom deutschen Reich ist auch historisch gesehen viel eher eine romantisierte Staatsideologie (Wilhelm Tell) als Realität. Aber solange Nationalstaaten bestehen, wollen die kleinen nicht von den großen geschluckt werden. Vom besten „Beschützer“ geht also in der nationalstaatlichen Logik gleichzeitig die größte Drohung aus. Gerade aus diesem Widerspruch heraus hat die Schweizer Bourgeoisie in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg immer versucht, sich bei den USA einzuschmeicheln, um sich auch da eine „Freundschaft“ zu erhalten.
Was haben die USA nun faktisch getan? Sie stellten die Schweizer Bourgeoisie, die UBS, die Regierung (alle zusammen offen als Einheit auftretend) vor die Alternative: steuerstrafrechtliche Konfiskation der Güter der UBS in den USA und damit wahrscheinlicher Untergang dieser Großbank mit katastrophalen Folgen für die Wirtschaft (vgl. Island) oder Öffnung der unter Bankkundengeheimnis stehenden Konten-Dossiers von US-Steuerpflichtigen. Längst steht die offizielle Schweiz unter etwas sanfter vorgetragenem, aber im Resultat gleich gerichtetem Druck der EU und insbesondere einzelnen Länder aus ihr: Deutschlands, Italiens, Frankreichs, Spaniens etc. Der langen Rede kurzer Sinn: das Schweizer Bankgeheimnis wird begraben. Die tödlichen Spritzen haben die beiden „Patenonkel“ USA und Deutschland gesetzt.
Was bedeutet dies für die Wirtschaft? – Dank dem Steuervorteil, den Reiche mit dem Verstecken ihrer Gelder auf Schweizer Bankkonten genossen, flossen riesige Vermögen auf diesen Finanzplatz. Man braucht nicht Hellseher zu sein, um vorauszusagen, dass dieser Strom abnehmen wird. Je kleiner die auf Schweizer Banken verwalteten Vermögen, desto prekärer wird die Situation unter den kleinen bzw. kapitalschwachen von ihnen. Die Konkurrenz wird zunehmen, es wird Pleiten geben – und mehr Arbeitslose. „Etwa 30’000 der in der Schweiz tätigen Bankangestellten sind im grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft tätig. Das ist rund ein Viertel der 110'000 Arbeitsplätze, welche die Schweizer Banken im Inland anbieten.“ (Tagesanzeiger 16.02.2010). Ob aber 30’000 Arbeitsplätze auf dem Finanzplatz Schweiz verloren gehen, hängt auch von anderen Faktoren ab: weitere Entwicklung der Weltwirtschaftskrise, Konkurrenzvorteile für die Schweiz als Investitionsstandort, Stärke der hiesigen Währung gegenüber Dollar, Yen, Euro etc. Während die wirklichen Konsequenzen auf die Wirtschaftslage in der Schweiz unklar sind, können wir umgekehrt sicher sein, dass die Bourgeoisie versuchen wird, eine Verschärfung der Krise in der Schweiz auf diese Veränderungen im Finanzsektor - also auf Sonderumstände - zurück zu führen, damit die Einsicht, das System sei als Ganzes faul, sich nicht zu einfach durchsetzt.
Auf imperialistischer Ebene musste die Schweizer Bourgeoisie in den letzten 12 Monaten einige Kröten schlucken. Sie sprach von Erpressung sowohl durch Gaddafi wie durch die USA - und hatte für einmal recht: So sind nun halt die Verhältnisse für Kleinstaaten im weltweiten Hickhack nach 1989. Der einzige Trost („Rache ist süß“) war die Weigerung der Schweiz, Roman Polanski an die USA auszuliefern. Dass dieser Entscheid zur Chef-Sache erklärt und von Justizministerin Widmer-Schlumpf persönlich eröffnet wurde, ist eine kleine Demonstration - insofern nicht ganz auf der Linie der bisher stets gepflegten Diskretion. Der Schweizer Imperialismus kläfft. Frankreich und Polen (die hinter Roman Polanski stehen) streicheln ihm den Pelz. Bald schon dürften die nächsten Läuse jucken.
17.07.2010, K und H
Genau wie alle anderen Regierungen der Welt hat auch die deutsche Regierung ein Sparpaket verabschiedet, welches wie woanders die Kosten der Krise auf die Arbeiter abwälzen soll.
„Bis 2014 wollen Union und FDP im Bundeshaushalt 81,6 Milliarden Euro einsparen. Die Arbeitslosen sind wohl die großen Verlierer des Sparpakets. Rund 30 Milliarden Euro will die Regierung bis 2014 aus dem Sozialbereich quetschen - Langzeitarbeitslose können sich auf allerlei Kürzungen einstellen. So soll der befristete Zuschlag beim Übergang vom Arbeitslosengeld I ins Arbeitslosengeld II ebenso gestrichen werden, wie der Zuschuss zur Rentenversicherung. Hartz-IV-Empfänger verlieren zudem ihren Anspruch auf Elterngeld. Künftig soll die Bundesagentur für Arbeit stärker selbst entscheiden können, wem welche Gelder zugestanden werden. Dazu sollen Pflichtleistungen in Ermessensleistungen umgewandelt werden. Der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger, der 2009 wegen der hohen Energiekosten eingeführt worden war, wird wieder abgeschafft. Im Öffentlichen Dienst sollen 15.000 Stellen gestrichen werden.“ (Siehe Spiegelonline)
Bei den ersten Reaktionen auf die Ankündigung der Sparbeschlüsse konnte man selbst in den bürgerlichen Medien häufig lesen: „Wieder einmal wird auf Kosten der Armen gespart“, so dass sogar Manager aus dem Unternehmerlager, die eingestanden, ziemlich ungeschoren davonzukommen, ihre Bereitschaft bekundeten, ebenfalls ihren Beitrag zu den Sparanstrengungen zu leisten. Aber das hielt die Bundesregierung nicht davon ab, just gegen Ende der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika, die für genügend Ablenkung gesorgt hatte, zuzuschlagen und kräftige Erhöhungen der Beiträge im Gesundheitswesen durchzudrücken.
Auch wenn die Bundesregierung mit ihrem Sparpaket in die gleiche Richtung drängt wie die anderen Regierungen auf der Welt, die die Arbeiterklasse zur Kasse bitten, geht sie dennoch nicht blindlings und unüberlegt vor. Denn während sie zwar unnachgiebig gegenüber anderen Regierungen wie z.B. der griechischen brutale Sparprogramme fordert, bevor sie irgendwelche Rettungspakete unterschreibt, und auch (wie wir im nebenstehenden Artikel dargestellt haben) international im Vergleich zu den USA auf rigorose Sparprogramme drängt, hat sie im Augenblick noch den Spielraum und auch die politische Cleverness, in Deutschland scheibchenweise zuzuschlagen. Es geht explizit darum, Erwerbslose und Beschäftigte auseinander zu dividieren. Zwar wurde der Kern der industriellen Arbeiterklasse beim ersten Sparpaket noch von den heftigsten Angriffen weitestgehend ausgenommen. Die Zuschläge für Nachtschicht- und Wochenendarbeit in der Industrie bleiben vorerst von der Steuer verschont; auch werden Sozialabgaben auf die Löhne noch nicht erhöht. Aber wie wenig die Beschäftigten in Wirklichkeit ausgespart werden sollen, hat gleich die „Gesundheitsreform“ gezeigt, die alle Lohnabhängigen kräftig zur Kasse bittet, dafür aber die Entlastung der Unternehmer für die nächsten Jahren schon festgeschrieben hat.
Der Hintergrund: Gegenwärtig zieht vor allem im Exportsektor die Produktion wieder an. Auf den ersten Blick scheint eine Rechnung aufgegangen zu sein, die das deutsche Kapital zu Beginn der Beschleunigung der Krise aufgestellt hatte. Über eine Million Arbeiter - vor allem im Maschinenbau und anderen exportstarken Branchen (z.B. Chemie, Elektroindustrie, Autobau) - wurden in Kurzarbeit geschickt. Davon sind nun wider Erwarten viele nicht arbeitslos geworden, sondern konnten wieder in die Produktion mit einsteigen. Und während in den Nachbarländern die Arbeitslosigkeit stark anschwoll (zum Teil um mehr als 50%) oder sie sich wie in den USA verdoppelte, ist sie in Deutschland 2009 nur geringfügig angestiegen, in der jüngsten Zeit gar minimal rückläufig. Deutschland ist das einzige Land, in dem die offizielle Arbeitslosenquote heute niedriger liegt als vor dem Ausbruch der Wirtschaftskrise im Frühjahr 2008 (Spiegel, 17/2010).
Diese gegenwärtig günstige Situation für das deutsche Kapital ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: Deutschland profitiert von den Konjunkturprogrammen, die in den USA und vor allem in China für eine Ankurbelung der Wirtschaft sorgten. (1)
Während der Gesamtexport 2009 um fast 18% sank, stiegen die Ausfuhren nach China um 7%. „Den deutschen Maschinenbau hat Fernost regelrecht gerettet. China ist jetzt der wichtigste Auslandsmarkt. Für VW ist China wichtiger als Deutschland. Auf deutscher Seite hat sich der Anteil Chinas an den Ausfuhren in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdreifacht.“ (FAZ, 12.5.10). Generell hat der Export die Wirtschaft angefeuert. „Die Unternehmen verkauften Waren im Wert von 77,5 Milliarden Euro ins Ausland - 28,8 Prozent mehr als im Mai 2009. Das war der kräftigste Anstieg seit Mai 2000 mit 30,7 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt mit. Allerdings waren die Exporte vor einem Jahr wegen der weltweiten Wirtschaftskrise auch um ein Viertel eingebrochen. Besonders stark stiegen die Ausfuhren in die Staaten außerhalb Europas: Hier lag das Plus bei 39,5 Prozent, während die Geschäfte mit den anderen Euro-Staaten um 21,4 Prozent zulegten.“ (Spiegelonline)
Dies wird zurzeit begünstigt durch den seit Jahresbeginn stark gefallenen Eurokurs (-15%). Erleichtert wurde die Exportoffensive auch durch die stark gesunkenen Lohnstückkosten, welche nach einer vor Jahren eingefädelten Ausweitung des Niedriglohnsektors landesweit gesunken sind. Denn in anderen EU-Ländern waren die Lohnstückkosten in den ersten Jahren des ersten Jahrzehnts gestiegen, wohingegen sie in Deutschland im ersten Jahrzehnt fielen. Dass nun diese Lohnsenkungen, die in anderen Ländern zum Teil eher in einem „Hau-Ruck-Ansatz“ eingeführt werden, in Deutschland schon vor Jahren umgesetzt wurden, ist eines der "historischen Verdienste" der rot-grünen Regierung, das dem deutschen Kapital zugute kommt. Auch dieses Jahr noch hat der jüngste IG-Metall-Abschluss in enger Absprache mit der SPD für weitere Lohnverzichte gesorgt.
Darüber hinaus profitieren deutsche Firmen im Augenblick von günstigen Zinskonditionen. Denn während die Staatsanleihen in den „PIIGS“-Ländern nur zu hohen Zinsen gekauft werden können, hat in Deutschland ein Run auf zinsgünstige deutsche Staatsanleihen eingesetzt. Dies begünstigt im Augenblick noch die günstige Kreditaufnahme für das deutsche Kapital, mit dem Vorteil einer großen Zinsersparnis für den deutschen Staat, der auch trotz aller Sparbeschlüsse noch immer neue Rekordverschuldungen eingehen muss.
Auf der einen Seite schnellen die Schulden des deutschen Staats in die Höhe. Bund, Länder und Kommunen mussten im ersten Quartal neue Verpflichtungen eingehen – sie stehen mit insgesamt 1,711 Billionen Euro in der Kreide. Die Schulden des Bundes stiegen um 1,1 Prozent auf 1,066 Billionen Euro, die der Länder um 1,2 Prozent auf 533 Milliarden Euro und die der Kommunen um ein Prozent auf 112,5 Milliarden Euro. Dies zwingt zur Verabschiedung von Sparpaketen.
Gleichzeitig hat die Verabschiedung der jüngsten Rettungspakete zur Stützung des Euros deutlich werden lassen, dass das deutsche Kapital innerhalb der EU am stärksten mit einspringen muss. So muss das deutsche Kapital selbst immer größere Risiken eingehen um der Gefahr der Zahlungsunfähigkeit europäischer Konkurrenten entgegenzutreten, es muss also immer waghalsiger und somit immer verletzlicher werden – auch wenn es im Augenblick noch die Mittel hat, Zeit herauszuschinden. Die Stunde der Wahrheit aber wird kommen.
Was bislang als große Stärke angesehen werden konnte, d.h. die Exportrekorde, bewirkt aber auch eine besondere Verwundbarkeit Deutschlands. Jeder fünfte Arbeitsplatz hängt am Export, das sind acht Millionen Jobs. Inzwischen beträgt der Anteil der Ausfuhren am BIP 47%, Anfang der 1990er Jahre lang er noch bei ca. 20%. Selbst China, die Werkbank der Welt, besitzt mit einem Exportanteil von 36% eine Wirtschaft, die nicht so stark exportabhängig ist. Jedes Mal, wenn der Weltmarkt schrumpft, wird wegen der hohen Exportabhängigkeit die deutsche Wirtschaft stärker angeschlagen. So sank in Deutschland das BIP 2009 um -5.3%, in Frankreich -2.4%, in Großbritannien -4.4%, in den USA -2.7% gegenüber 2008. Eine Folge: In Deutschland stieg die Arbeitslosigkeit in Süddeutschland, insbesondere in Baden-Württemberg, d.h. in den exportstarken Regionen am stärksten. Zwar trägt zum Beispiel in Großbritannien das verarbeitende Gewerbe nur noch zu 13% zur Wertschöpfung bei, in Deutschland sind es ca. 23%, dennoch schrumpfen die Weltmärkte, weil Konjunkturblasen irgendwo platzen und gerät besonders Deutschland in Bedrängnis. Deshalb bangen alle darum, wann die chinesische Blase platzen wird. „Manche Experten fürchten, dass die Wirtschaft nach kurzem Aufflackern der Wachstumskräfte weltweit wieder in die Rezession zurückfällt, weil zahlreiche Konjunkturprogramme auslaufen. Sie sprechen in diesem Zusammenhang von einem „double dip“, als einem zweifachen Knick nach unten“. (Spiegel, 27/2010).
Insofern ist es nur eine Frage der Zeit, bis es auch den in Lohn und Brot stehenden Arbeitern im exportstarken Deutschland so richtig an den Kragen geht….
Und die Arbeiter sich hierzulande noch mehr wehren müssen.
(1) China ist der grösste Automarkt der Welt.
„Gegen die Bremswirkung der globalen Krise, die selbstverständlich auch China getroffen hat, ist Peking mit einem gigantischen Konjunkturpaket vorgegangen: Umgerechnet 400 Milliarden Euro pumpte der Staat vor allem in Infrastrukturinvestitionen wie Straßen- und Schienennetze, Flughäfen und Sportstätten – ganz gleich, ob sie gebraucht wurden oder nicht. Hinzu kamen Anreize für den Autokauf und andere Waren. Doch das war alles nichts gegen die umgerechnet fast 1000 Milliarden Euro, die von den Banken an Krediten unters Volk gebracht wurden.“ (Rheinische Post, 15.7.10) Im Juni wurden in China 1,04 Millionen Autos verkauft. Im März aber gab es noch einen Rekordabsatz von 1,7 Millionen Fahrzeugen. 2000 Autos werden jeden Tag in Peking verkauft. In Berlin waren es 2009 täglich 261.
Am 31. Mai ist der israelische Angriff auf die von der Türkei angeheuerte “Hilfsflotte”, die den Bewohnern des Gaza-Streifens humanitäre Hilfe leisten wollte, in die Chronik der Geschichte eingegangen. Das Ereignis selbst war in der Tat besonders schockierend: eine der modernsten und am besten ausgebildeten Armeen der Welt tötete gnadenlos unbewaffnete propalästinensische Aktivisten. Und um dem Zynismus noch eins draufzusetzen, die Verantwortlichen in Israel schoben als Vorwand die „Selbstverteidigung“ gegen mit Eisenstangen oder Schweizer Messern kämpfenden Aktivisten vor.
Viele Auseinandersetzungen haben über die wahre Zahl der Verletzten stattgefunden oder laufen immer noch. Alle Zeugen bestätigen, dass es sicher mehr als neun Tote gegeben hat (die meisten wurden aus unmittelbarer Nähe erschossen) und 60 Verletzte (von denen einige noch im Gefängnis in Israel sitzen); einige Verletzten wurden sogar über Bord geworfen. Gleich welche Zahl Tote und Verletzte es tatsächlich gegeben hat, was in den Köpfen haften bleiben wird, ist die Gewalt der israelischen Armee, die in keinem Verhältnis zur wirklichen „Bedrohung“, die von diesem Konvoi ausging, ausgeübt wurde.
Um diesen Überfall zu rechtfertigen, hat der israelische Premierminister Netanyahu kurz nach dem Ereignis erklärt: “Unsere Soldaten mussten sich schützen, um ihr Leben zu verteidigen”. „Sie wurden attackiert, geprügelt, mit Messern angegriffen; es gab sogar Schüsse und unsere Soldaten mussten sich verteidigen, ihr Leben schützen, sonst wären sie getötet worden.“ Und gleichzeitig behauptet er schamlos: „Wir wollen schnellstmöglich zu direkten Gesprächen mit den Palästinensern kommen, denn das Problem, was wir mit ihnen haben, kann friedlich gelöst werden, wenn wir uns alle an einen Tisch setzen.“ Solche Erklärungen sind jämmerlich, und Zahal (israelische Streitkräfte) und der israelische Staat haben sich lächerlich gemacht in den Augen der „internationalen Gemeinschaft“.
Der Chef des Verbindungs- und Koordinierungsbüros für die palästinensische Enklave, Kolonel Moshe Levi, hat in einer Pressekonferenz provozierend hinzugefügt, dass es im Gazastreifen keinen Lebensmittel- und Gütermangel gebe: „Die Flotte, die nach dem Gazastreifen wollte, war eine sinnlose Provokation; die humanitäre Lage im Gazastreifen ist stabil und gut.“ Er fügte hinzu, dass viele Güter in den Gazastreifen gelangen, und „dass der Zugang nur für jene Güter verwehrt wird, die den terroristischen Aktivitäten der Hamas dienen könnten.“
1.5 Millionen Einwohner, die auf 378 km2 leben, die ihr Essen mit schmutzigem Wasser kochen oder sich damit waschen, oder dreckiges Wasser trinken müssen, die regelmäßig durch die israelische Armee mit Bomben terroririsiert werden, die ihre Drohnen und andere neue Waffensysteme testet(1 [41]): so sieht der Alltag im Gazastreifen aus. Der Müll stapelt sich so hoch, dass man Kindern in den improvisierten Schulen unterrichtet, wie man Produkte zu Schmuck oder Kinderspielzeug recycelt, um damit sowohl die überall herumliegenden Müllberge zu reduzieren als auch die Schüler zu beschäftigen und zu hoffen, damit ein paar Cent in der lokalen Wirtschaft herauszuschinden.
Sowohl im Gazastreifen als auch in Transjordanien sind der Boden und damit auch das Grundwasser stark verseucht. Wenn Müll gelagert, Abwasser ungereinigt ins Erdreich geschüttet, Tausende Phosphorbomben zum Teil mit schwach angereichertem Uran und ungefähr 30 giftigen Schwermetallen, welche Israel seit Jahren abgeworfen hat, herumliegen und sich zersetzen, entstehen große Verunreinigungen. So konnte man in den Körpern der direkten Opfer der Offensive „gegossenes Blei“ vom Januar 2009 erhöhte Werte an Uran, Zink, Blei, Kobalt und anderen krebserregenden Stoffen feststellen. Seit Jahren sind landwirtschaftliche Erzeugnisse dadurch verschmutzt. Auch Bäume, welche die Armee mit ihrem weißen Phosphor noch nicht verbrannt hat, wurden beschädigt. All das hat verstärkt zu Krebserkrankungen, Nierenerkrankungen und Missbildungen bei der Geburt geführt. So sieht die Lage für die Bewohner der palästinensischen Gebiete aus, die seit mehr als 40 Jahren von allen imperialistischen Gangstern als Geisel genommen werden. Jeden Tag befürchtet man Schlimmeres; deshalb nimmt die Wut unter den Jugendlichen, die unter der israelischen Besatzung leben, immer mehr zu. Aufgrund des Elends in den Lagern sind Zusammenstöße mit den israelischen Truppen aufgrund der völlig fehlenden Perspektive zu einem beliebten „Zeitvertreib“ der Jugendlichen geworden. Andere schließen sich terroristischen Gruppen an, um als Kamikaze zu dienen.
Die Ereignisse des 31. Mai sind eine neue Episode in dem nun seit Jahrzehnten dauernden Krieg, der nicht nur zwischen Israelis und Palästinensern geführt wird, sondern auch und vor allem unter den verschiedenen Mächten, ob groß oder klein, die bei der Verteidigung ihrer Interessen auf den einen oder anderen Flügel setzen.
So steht die IHH („Stiftung für die Menschen- und Freiheitsrechte“, sie ist in der Türkei in den der AKP politisch nahestehenden Stadträten gut verankert. Die AKP ist eine seit 2002 an der Macht befindliche islamistische Partei), die von der türkischen Regierung beim Anheuern der Schiffe unterstützt wurde, der Hamas nahe. Sie hat gar ein Repräsentationsbüro im Gazastreifen und hat schon andere Hilfslieferung in die Palästinensergebiete organisiert.
Gegenüber diesem “Hilfskonvoi”, dessen provozierende Ankunft von den Medien besonders hochgespielt worden war, hatte der israelische Staat keine große Wahl: Entweder hätte er die Schiffe durchlassen sollen und damit einen Sieg der Islamisten der Hamas ermöglicht, oder er hätte mit Gewalt eingreifen müssen, um seinen Anspruch zu unterstreichen, dass nur er die Kontrolle über den Gazastreifen ausübe. Dieses harte Durchgreifen wurde von der israelischen Regierung als beispielhaft dargestellt. Aber dieses Vorgehen hat nun eine Welle des Protestes ausgelöst und Israel international weiter isoliert. Das jämmerliche Bild hat aber nicht nur das Ansehen des Staates Israel geschädigt, sondern auch das seines Tutors, die USA. Und das geschah zu einem ungünstigen Zeitpunkt.
Die US-Großmacht, deren internationales Ansehen sowohl auf politischer wie auf Handelsebene immer mehr sinkt, insbesondere in den Augen der arabischen Länder mit stark muslimischen Bevölkerungsanteil, hat einen neuen Tiefschlag erlitten mit diesem israelischen Angriff auf die “Hilfsflotte”. Die USA haben ihren Protest gegenüber ihrem Hauptverbündeten in der Region nur sehr zurückhaltend geäußert. Die Politik der USA im Gebiet des Mittleren Osten, das sich vom Maghreb bis nach Pakistan erstreckt, hat sich als ein riesiges Fiasko für die USA herausgestellt, in dem die USA jeden Tag mehr geschwächt werden.
In der Angelegenheit sticht die herausragende Rolle des türkischen Staates hervor, der den Schiffsverband organisiert hat, welcher als eine “humanitäre Initiative“ dargestellt wird. Die offensive Rede des türkischen Premierministers Erdogan und seines Außenministers belegen dies auch: „Das Vorgehen Israels wird nicht unbestraft bleiben. Die internationale Gemeinschaft muss handeln…“ Die Türkei, die vorgibt, der palästinensischen Bevölkerung Hilfe zu leisten, betreibt in Wirklichkeit eine schamlose Propaganda für ihre eigenen imperialistischen Interessen. Bis vor kurzem war die Türkei einer der wenigen Verbündeten Israels im Verbund mit den USA in der muslimischen Welt. Heute hebt sie ein Kriegsgeschrei gegen den Zionismus an und beansprucht eine wichtige Rolle im Mittleren und Nahen Osten.
Der wachsende Vertrauensverlust und die Schwächung der USA auf Weltebene sind ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung in der Region.
Die Achse Iran-Syrien, die bis vor einigen Monaten bestand und sich in der Hilfe der beiden Länder für die Hisbollah äußerte, ist momentan um die Türkei erweitert worden. Die Türkei blickt immer misstrauischer auf Unabhängigkeitsbestrebungen der irakischen Kurden und die wirtschaftliche Hilfe, die diese von Washington erhalten, wie auch die Unterstützung derselben für die iranischen Kurden (2 [42]). Der amerikanische Staat versucht somit die imperialistischen Ambitionen Ankaras gegenüber dem Kurdengebiet einzudämmen, während man gleichzeitig den kurdischen Sezessionisten mehr Raum lässt, insbesondere jenen, die in Ostanatolien leben, welches die Türkei immer versucht hat, unter seine Knute zu bringen. Diese imperialistische Orientierung der USA lässt die Türkei, Syrien und den Iran näher zusammenrücken, zumal diese drei Länder bei den politischen Entscheidungen hinsichtlich des Iraks, dessen Invasion und dem Umgang mit der gegenwärtigen und der zukünftigen Ausrichtung nicht befragt wurden. Der Anschluss an diese Achse stärkt der Türkei den Rücken wenn es um die Frage ihres Beitrittsantrags zur Europäischen Union geht (3 [43]).
Aber dieser neuen Achse muss momentan auch Russland hinzugefügt werden, dass nur darauf gelauert hat, seine „Vermittlungsdienste“ gegen den amerikanischen Paten anzubieten. Nachdem drei führende Staaten im Mittleren Osten in eine Phase intensiver Zusammenarbeit getreten sind, und innerhalb weniger Monate ihre Grenzen geöffnet und ihren Handel untereinander liberalisiert haben, hat sich Russland diesem Vorgehen schnell angeschlossen. Innerhalb weniger Monate haben Russland und die Türkei die Abschaffung der Visapflicht für ihre jeweiligen Staatsangehörigen beschlossen. So kann ein türkischer Staatsangehöriger ohne irgendwelche Einreiseformalitäten nach Russland reisen, während er immer noch nicht in die USA und auch nicht in die Europäische Union darf, obwohl die Türkei Nato-Mitglied und Beitrittskandidat der Europäischen Union ist. Moskau fördert auch das Zusammenrücken zwischen Hamas und Fatah; es möchte seine Raketen RPG und S-300 verkaufen, die die israelischen Panzer durchschlagen können (sie sollen auch an den Iran geliefert werden, um für eventuelle US-Bombardements gerüstet zu sein). Das dient Medwedew und Putin. Die russischen Firmen Rosatom und Atomstroyexport, die den Bau eines zivilen AKW im Iran fertigstellen (in Bushehr) und über den Bau neuer Anlagen verhandeln, werden ein AKW in der Türkei für 20 Milliarden Dollar errichten. Ein ähnliches Projekt wird in Syrien untersucht. Darüberhinaus werden Stroitransgaz und Gazprom den Transit des syrischen Gases nach Libanon sicherstellen, da Beirut durch seinen israelischen Nachbarn daran gehindert wird, seine großen off shore Ölreserven zu fördern (4 [44]). Aber Russland hat vor allem eine militärische Position konsolidiert, indem es seinen neuen Marinestützpunkt in Syrien geliefert hat. Dieser wird es ihm erlauben, ein Gleichgewicht im Mittelmeer wiederherzustellen, aus dem es seit der Auflösung der UdSSR verdrängt wurde.
Der amerikanische Rückzug aus dem Irak dauert endlos lange, der Krieg ist in Afghanistan festgefahren und dehnt sich immer mehr in Pakistan aus. Der Iran ist jetzt ins Visier geraten. Mit dem immer häufigeren Scheitern und der Isolierung Israels im Mittleren Osten und der USA in der Welt beschleunigen sich die Dinge. Was vor einem Jahr noch als wenig wahrscheinlich erschien, wird nun erkennbar. Zwei Wochen nach dem Angriff auf die palästinensische „Hilfsflotte“ haben die Spannungen trotz der Zusagen Tel-Avivs, mehr Hilfsgüterlieferungen in den Gazastreifen zuzulassen, nicht nachgelassen. Im Gegenteil. Zwei US-Kriegsschiffe fuhren durch den Suez-Kanal in den Persischen Golf, während gleichzeitig mehrere israelische atomgetriebene U-Boote, die jedwedes Ziel im Iran erreichen können, sich auf den gleichen Weg begaben. Im Augenblick handelt es sich um Drohgebärden, die den Reden Obamas gegen Teheran Nachdruck verleihen sollen. Aber der internationale Kontext und die imperialistischen Spannungen haben ein solches Ausmaß angenommen, dass man ein gewisses Abgleiten oder eine neue „geplantere“ Episode der wahnsinnigen Flucht nach vorn hin zum Krieg in einer zerfallenden kapitalistischen Welt nicht ausschließen kann. Wilma, 28.6.10
1 [45]) Die Waffen, insbesondere Drohnen wie die Heron, welche von Israel an EU-Staaten oder an die USA für deren Kriegsführung in Afghanistan verkauft werden, oder auch diejenigen, welche im Krieg zwischen Georgien und Abchasien 2008 zum Einsatz kamen, werden in der Werbung mit der Aussage angepriesen: „Im Krieg getestet“, d.h. in den besetzten Gebieten.
2 [46]) Man muss wissen, dass Israel auf ökonomischer und militärischer Ebene sich den Löwenanteil im irakischen Kurdistan unter den Nagel gerissen hat, womit das Land ein direkter Konkurrent mit der Türkei wird.
3 [47]) Der Angriff gegen die „humanitäre Flotte“ am 31. Mai hatte zur Folge, dass der 2. Gipfel der Mittelmeerunion, der so sehr dem kleinen Zwerg aus dem Elysée-Palast am Herzen liegt, bis November verschoben wurde. Diese Union befürwortete unter anderem die Integration Israels bei der Aufrechterhaltung des Friedens im Mittelmeer. Nachdem der erste Gipfel völlig durch den Angriff Israels auf den Gazastreifen geprägt worden war, verdient die Rechte Frankreichs erneut ihren Titel, die dümmste herrschende Klasse der Welt zu sein.
4 [48]) Man sieht, dass der „Energiekrieg“ eine immer schärfere und dramatischere Wende um den Iran annimmt, welche Washington immer größere Schwierigkeiten bereitet und es zu neuen Fehlern treibt. So hat der Iran mit Pakistan ein Abkommen im Wert von 7 Milliarden Dollar unterzeichnet, wodurch der Bau einer Gasleitung vom Iran nach Pakistan gestartet werden soll. Das 17 Jahre alte Projekt war bislang von den USA blockiert worden. Ungeachtet dessen hat der Iran schon 900 der 1500 dieser Gasleitung gebaut, von den Quellen in South Pars bis zur Grenze mit Pakistan, das die verbleibenden 700 km Leitung bauen wird. Durch diesen Energiekorridor werden von 2014 an jeden Tag aus dem Iran ca. 22 Millionen Kubikmeter Gast in Pakistan ankommen. China möchte auch gerne iranisches Gas importieren: Die China Petroleum Company hat mit dem Iran den Abkommen im Wert von 5 Milliarden Dollar für die Entwicklung der Förderstätte von South Pars unterzeichnet. Für den Iran handelt es sich also um ein strategisch bedeutsames Projekt. Nach Russland besitzt der Iran die größten Gasreserven; dabei sind die größten Vorkommen noch gar nicht erschlossen. Mittels des Energiekorridors Richtung Osten kann der Iran die von den USA gewünschten Sanktionen umgehen. Aber es gibt einen Schwachpunkt: sein größtes Gasvorkommen, South Pars, liegt offshore im Persischen Golf. Damit könnte das Land einer Seeblockade ausgesetzt werden, wie jene, welche die USA schon ausüben, wobei sie sich auf die vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen stützen.
Links
[1] https://fr.internationalism.org/node/4279#sdfootnote6sym
[2] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/wirtschaftskrise
[3] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/staatsbankrott
[4] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/handelskrieg
[5] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/finanzkrise
[6] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/schuldenkrise
[7] https://de.internationalism.org/tag/historische-ereignisse/krise-1929
[8] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/russischer-imperialismus
[9] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/unruhen-kirgisistan
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[11] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/krieg-georgien
[12] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/deutscher-imperialismus
[13] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/deutsche-wiedervereinigung
[14] https://webgsl.wordpress.com/
[15] https://fr.internationalism.org/node/4256
[16] https://fr.internationalism.org/icconline/2009/les_anarchistes_et_la_guerre_1.html
[17] https://fr.internationalism.org/node/3810
[18] https://fr.internationalism.org/icconline/2009/la_participation_des_anarchistes_a_la_seconde_guerre_mondiale_les_anarchistes_et_la_guerre_2.html
[19] https://fr.internationalism.org/node/3832
[20] https://fr.internationalism.org/ri404/les_anarchistes_et_la_guerre_3_de_la_seconde_guerre_mondiale_a_aujourd_hui.html
[21] https://fr.internationalism.org/node/3885
[22] https://fr.internationalism.org/ri405/les_anarchistes_et_la_guerre_l_internationalisme_une_question_cruciale.html
[23] https://fr.internationalism.org/node/3928
[24] https://es.internationalism.org/node/2715
[25] https://fr.internationalism.org/rint129/la_cnt_face_a_la_guerre_et_a_la_revolution.html
[26] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/anarchosyndikalismus
[27] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/anarchismus-krieg
[28] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/internationalismus-anarchismus
[29] https://de.internationalism.org/tag/politische-stromungen-und-verweise/internationalistischer-anarchismus
[30] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/innse
[31] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/arbeiterkampfe-italien
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[40] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/lage-deutsche-wirtschaft
[41] https://fr.internationalism.org/ri414/d_israel_a_la_turquie_tous_les_etats_sont_des_fauteurs_de_guerre.html#sdfootnote1sym
[42] https://fr.internationalism.org/ri414/d_israel_a_la_turquie_tous_les_etats_sont_des_fauteurs_de_guerre.html#sdfootnote2sym
[43] https://fr.internationalism.org/ri414/d_israel_a_la_turquie_tous_les_etats_sont_des_fauteurs_de_guerre.html#sdfootnote3sym
[44] https://fr.internationalism.org/ri414/d_israel_a_la_turquie_tous_les_etats_sont_des_fauteurs_de_guerre.html#sdfootnote4sym
[45] https://fr.internationalism.org/ri414/d_israel_a_la_turquie_tous_les_etats_sont_des_fauteurs_de_guerre.html#sdfootnote1anc
[46] https://fr.internationalism.org/ri414/d_israel_a_la_turquie_tous_les_etats_sont_des_fauteurs_de_guerre.html#sdfootnote2anc
[47] https://fr.internationalism.org/ri414/d_israel_a_la_turquie_tous_les_etats_sont_des_fauteurs_de_guerre.html#sdfootnote3anc
[48] https://fr.internationalism.org/ri414/d_israel_a_la_turquie_tous_les_etats_sont_des_fauteurs_de_guerre.html#sdfootnote4anc
[49] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/gaza
[50] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/hilfsflotte-gaza
[51] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/drohungen-iran
[52] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/turkei-imperialismus
[53] https://de.internationalism.org/tag/aktuelles-und-laufendes/konflikt-israel-palastina