Attac treibt in die ideologischen Fallen der Herrschenden

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Während die jungen Generationen an vielen Orten der Welt ihre Wut gegenüber ihrer Lage zum Ausdruck bringen und zum Beispiel gegen die Massenarbeitslosigkeit in ihren Reihen, die schlecht bezahlten, prekären Beschäftigungsverhältnisse protestieren, hört und liest man immer mehr in den Netzwerken und den neuen Medien Losungen wie „Eine andere Welt ist möglich“, ohne dass der Kapitalismus überwunden werden muss. Eine „echte Demokratie“ sei möglich innerhalb dieses Systems (siehe dazu die Webseite von Attac). Weniger offen proklamierte Attac schon 2006, dass die „Überwindung der Arbeitslosigkeit und der prekären Bedingungen“ möglich sei (so stand es in den Flugblättern von Attac, die während des Kampfes gegen den CPE 2006 verteilt wurden). Jetzt prangert Attac vor allem „die Macht des Finanzkapitals und dessen unverantwortliches Verhalten, die Komplizenschaft der politischen Führer mit ihm“ an. Mit der Forderung „die Krise soll durch deren Hauptverantwortlichen bezahlt werden, insbesondere durch die Finanzwirtschaft und die Banken“ behauptet Attac gar, dass wir gegenwärtig „nicht in einer Krise stecken, sondern einem gewaltigen Betrugsmanöver unterliegen“. Damit scheint Attac die Existenz der unüberwindbaren Wirtschaftskrise des Kapitalismus zu leugnen, dieses Ausbeutungssystems, das der Menschheit nur noch mehr Armut und Barbarei anzubieten hat. Kurzum, Attac verbreitet die Illusion, dass es möglich sei, in einem „echten demokratischen‘ Kapitalismus ‚mit menschlichem Gesicht‘ zu leben, wenn die „Bürger“ der Welt sich friedlichen auf der ganzen Welt für die Losungen von Attac einsetzen. Heute ist die reformistische Ideologie von Attac in der Bewegung der „Empörten“ in Spanien stark verbreitet, genau wie damals schon 2006 in Frankreich. Sie zielt darauf ab, das Bewusstsein der jungen Generation über den Bankrott des Kapitalismus zu vernebeln, indem sie uns glauben machen will, dass es innerhalb dieses Systems „nicht notwendigerweise zu Arbeitslosigkeit und Präkarisierung kommen muss. Bei diesem Machtkampf gegen die Tyrannei der Märkte und der Banken kommt es vor allem auf die gesellschaftliche Mobilisierung und den politischen Willen an“ (Flugblatt von Attac). Natürlich können diese scheinradikalen Behauptungen nur auf Sympathie und Interesse bei vielen jungen Beschäftigten stoßen, die die „Welt verändern“ wollen und auf der Suche nach einer echten revolutionären Perspektive sind. Deshalb veröffentlichen wir nachfolgend einen Artikel, den wir schon im März 2006 veröffentlicht haben und dessen Aussagen aus unserer Sicht weiterhin gültig sind [1].

Wofür steht Attac

1999 wurde die « Association pour une taxation des transactions financières pour l’aide aux citoyens » (ATTAC) von einer Gruppe von Leuten gegründet, zu denen unter anderem Le Monde diplomatique, Alternative économique, FSA, der Bauernverband, Handwerker der Welt usw. Gehörten. Attac besteht mittlerweile in mehr als 50 Ländern und wurde schnell dadurch berühmt, dass es insbesondere große internationale Konferenzen zu einer Tribüne für die Verteidigung von benachteiligten Ländern machte, wie z.B. 1999 in Seattle, und indem es sich an zahlreichen Foren in vielen Ländern beteiligte (Porto Alegre, Genua, Paris usw.).

 

Attac will sich als “alternative” Kraft darstellen, die sich von traditionellen politischen Parteien abhebt, mit Kommissionen, in denen Wissenschaftler und Ökonomen mitarbeiten unter dem Slogan „Eine andere Welt ist möglich“. Auf dem Hintergrund einer durch die Wirtschaftskrise erschütterten Welt behauptet Attac mit größter Ernsthaftigkeit Lösungen zur „Änderung der Welt“ vorzuschlagen und diese „gerechter“ werden zu lassen. Attac zieht viele aufrichtige Leute an, die den Glauben an linke Parteien verloren haben. Der Zeitung „Libération“ zufolge verfügt Attac über „alles, um eine der politischen Kräfte zu sein, die die Welt nach dem kalten Krieg prägen“. Attac ist in den Medien groß herausgeputzt worden. Man kann sich kaum heute mit sozialen Fragen beschäftigten, ohne sofort auf das Gedankengut von Attac zu stoßen.  In Frankreich ist Attac besonders hervorgetreten durch seine aktive Kampagne für ein „Nein“ zum Referendum über die europäische Verfassung und 2006 tauchte Attac immer wieder in den Vollversammlungen und den Kundgebungen der Bewegungen der Studenten gegen den CPE auf.

Was schlägt Attac vor?

Schauen wir uns an, was Attac “gegen den Neoliberalismus” vorschlägt. Attac meint, dass wir gegenwärtig nicht in einer Krise des kapitalistischen Systems stecken, sondern in einer „konservativen Revolution“, die für die Arbeitslosigkeit und die Präkarisierung verantwortlich ist. In Spanien befürwortet Attac eine „direkte Demokratie“ außerhalb der beiden großen traditionellen Parteien PP und PSOE. Attac zufolge wären die „ultraliberalen politischen Orientierungen verantwortlich für die Verschlechterung der Sozialstandards“.  Eigentlich geht es dem Kapitalismus Attac zufolge gut; man müsse nur seinen „Ultraliberalismus“ bekämpfen, der dazu neigt, die Sozialgesetzgebungen aufzulösen und die „Arbeitererrungenschaften“ aufzugeben, obwohl es „große Spielräume gibt, um neue Jobs zu schaffen“. Mit anderen Worten es gibt andere politische Optionen der Verwaltung des Kapitalismus, um diese Art Extremismus zu vermeiden und zu den glorreichen Tagen zurückzukehren, die vor 30 Jahren herrschten. Man müsse also nicht gegen den Kapitalismus ankämpfen, sondern gegen den Neoliberalismus mit dem Vorschlag von Sozialreformen zur „Verbesserung“ eines durchaus lebensfähigen Systems.

Was schlägt Attac vor zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit?

-          die Schaffung von Jobs, um auf die individuellen und kollektiven Bedürfnisse der Bevölkerung zu reagieren,

-          die Kürzung der Arbeitszeit, bezahlt durch die Umverteilung der Produktivitätsgewinne an die Beschäftigen;

-          Einführung der Tobin-Steuer zur Schaffung von Millionen Jobs auf europäischer Ebene.

Was soll man von diesen Vorschlägen halten?

Zunächst könnte man sich fragen, warum die Kapitalisten nicht darauf gekommen wären, Arbeitsplätze zu schaffen, “um den Bedürfnissen der Bevölkerung” zu entsprechen. Aber Attac liefert selbst die Antwort:  Während es in der Gesellschaft große, unbefriedigte Bedürfnisse gibt und Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden können, um diese zu befriedigen (…) stellen die Privatbetriebe aufgrund der Art Arbeitsverträge keine Leute ein, sondern aufgrund der bei ihnen eingegangenen oder erwarteten Auftragseingänge.“ „Die Tyrannei der Märkte“ soll also Attac zufolge eingegrenzt werden mit einer „Haushaltspolitik, die eine radikale Abkehr darstellt von dem neoliberalen Rahmen, der durch das Europa der Banken auferlegt wird.  Attac zufolge „kann die wachsende Nachfrage nach gemeinnützigen Leistungen ein gewaltiges Arbeitskräftereservoir darstellen“. Es ist erstaunlich, dass Attac für solche Vorschläge auf die Mitarbeit von „Intellektuellen“ und „Akademikern“ zurückgreifen musste, um festzustellen, dass die „neoliberale“ Politik dahin führt, dass die Hauptmotivation der Kapitalisten darin besteht Profite zu erzielen… aber das seitdem der Kapitalismus existiert war dies nicht anders. Der Kapitalismus hat seinen Arbeitskräften immer so wenig wie möglich bezahlt, das trifft auch im Allgemeinen auf die Löhne zu, die der Staat seinen Beschäftigten zahlt, sowie auch die Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie das Erziehungs- und Gesundheitswesen. Und während heute die Welt immer tiefer in der Krise versinkt, versucht jedes nationale Kapital Arbeitskräfte abzubauen und deren Löhne noch mehr zu senken, um der Konkurrenz auf dem Weltmarkt besser entgegentreten zu können. Indem man aufruft, gegen den „Neoliberalismus“ anzukämpfen, verschweigt Attac die Wirklichkeit der jetzigen Verhältnisse im Kapitalismus, die auf der Ausbeutung der Arbeitskraft und die Jagd nach Profiten fußt. Es handelt sich nämlich um eine Krise des Systems und nicht um eine „schlechte“ Verwaltung des Kapitalismus durch „Neoliberale“, wodurch der Schrecken der Lohnarbeit immer offensichtlicher wird.

Was die „Verkürzung der Arbeitszeit“ angeht, ist dies eine Politik der linken Parteien, die die Arbeiter an ihrem eigenen Leib erfahren haben. Die 35 Stundenwoche bedeutete vor allem eine Verschärfung der Ausbeutung, mit erhöhten flexiblen Arbeitszeiten, der Intensivierung des Arbeitsrhythmus und Lohnstops.

Was die Tobin-Steuer angeht, ist dies das Steckenpferd von Attac. Damit soll uns weisgemacht werden, dass es auf dieser Welt, in der die Herrschenden das Sagen haben, möglich wäre, in die Taschen der Reichen zu greifen, um den Armen zu geben…

Attac – Verteidiger der kapitalistischen Ordnung

Mit Hilfe dieser Verschleierungsreden will Attac uns glauben machen, dass es einen “guten” und “schlechten” Kapitalismus gebe; wobei der „gute“ Kapitalismus trotz seiner Ausbeutung der Arbeiterklasse „humaner“ sei und mehr darauf bestrebt, das Leben der Menschen und ihr Umfeld  zu verbessern. Attac bringt nur eine Neuauflage des ganzen Geredes der Linken des Kapitals, die alles andere als die Gesellschaft ändern wollen, sondern die Arbeiterklasse nur zur Annahme von Maßnahmen zwingen wollen, welche den Kapitalismus und seinen Staat verstärken.

Attac verlangt eine „gerechtere“ Verteilung der Reichtümer unter der Führung des Staates wie die Linke es in den 1970er Jahren machte. „Die Arbeitslosigkeit ist eine Waffe in den Händen der Multis zur Verschlechterung der Lage der Arbeiter, um Profite zu erhöhen.“ Wenn der Staat in jedem Land drastisch die Sozialleistungen kürzt, geschieht dies aber nicht, wie uns die linken Parteien und Attac einbläuen wollen, weil er unter der Fuchtel der „Multis“ stünde, sondern weil die Überproduktionskrise es unmöglich macht, soziale Mindeststandards einzuhalten, um einen gewissen sozialen Frieden aufrechtzuerhalten.

In Wirklichkeit ist der Staat selbst die Speerspitze des Angriffs gegen die Lebensbedingungen, wenn es um Kürzung von Sozialleistungen, die Streichung von Arbeitsplätzen insbesondere in der Bildung und im Gesundheitswesen geht. Der Staat  zeigt immer mehr, was er in Wirklichkeit ist: ein Instrument zur Aufrechterhaltung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse und der Verteidigung der Interessen der Ausbeuterklasse.

Indem Attac die Themen wieder aufgreift, die zuvor von den linken Parteien des Kapitals vorgekaut wurden, eilt es der herrschenden Klasse zur Hilfe. Während die Arbeiterklasse immer mehr bohrende Fragen über die Wirklichkeit der Weltlage stellt, ist es kein Zufall, dass Attac auf den Plan tritt, um den kämpfenden ArbeiternInnen, insbesondere der jungen Generation Antworten anzubieten. Diese ganze Palette von „Antworten“ auf die angeblichen Mängel des Systems dienen nur dazu, die einzige Perspektive zu verdunkeln, die dazu in der Lage ist die Barbarei und die Armut aus der Welt zu schaffen – die Überwindung des Kapitalismus.

Heute haben die Jugendlichen überall auf der Welt angefangen zu begreifen, dass Arbeitslosigkeit und generalisiertes Präkariat ein Ausdruck der Sackgasse des Kapitalismus sind, des „no future“, vor dem dieses System steht, welches Attac vor den ArbeiterInnen zu vertuschen versucht. Die einzige Revolution, die diese Armut, die Arbeitslosigkeit, die kriegerische Barbarei überwinden kann, ist die Weltrevolution der Arbeiterklasse, deren Ziel in der Überwindung des Kapitalismus besteht, um eine neue Gesellschaft ohne Klasse und ohne Ausbeutung aufzubauen.

Sandrine

 

1. siehe unseren Artikel zu Stéphane Hessel.

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