Anmerkungen zur Geschichte der imperialistischen Konflikte im Nahen Osten, 3. Teil

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Die ersten zwei Artikel dieser Serie über die imperialistischen Konflikte im Nahen Osten (veröffentlicht in der Internationalen Revue Nr. 34, 35) verdeutlichten die Manipulation des arabischen und zionistischen Nationalismus durch die Großmächte, besonders durch Großbritannien, mit dem Zweck, die Region zu dominieren. Sie wurden ebenso benutzt als eine Waffe gegen die Drohung seitens der Arbeiterklasse zu einem Zeitpunkt, der direkt auf die Russische Revolution folgte. In diesem Artikel setzen wir die Studie der imperialistischen Rivalitäten in der Region im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges und des Krieges selbst fort, um den blanken Zynismus der imperialistischen Politik jeder Fraktion der Bourgeoisie zu enthüllen.

Zionisten und arabische Nationalisten wählten ihr Lager im imperialistischen Krieg

Sowohl die palästinensischen Bauern und Arbeiter wie auch die jüdischen Arbeiter wurden mit der falschen Alternative, nämlich sich auf die Seite des einen oder anderen Flügels der Bourgeoisie (palästinensisch oder jüdisch) zu stellen, konfrontiert. Diese falsche Alternative bedeutete, dass die Arbeiter auf das Terrain der militärischen Konfrontation gezogen wurden für rein bürgerliche Forderungen. Während der 1920er Jahre gab es eine Reihe von gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Juden und Arabern und zwischen Arabern und den britischen Besatzungstruppen.

Diese Zusammenstöße verstärkten sich nach der Weltwirtschaftskrise von 1929. Ein Faktor, der für diese Intensivierung verantwortlich war, war die zunehmende Einwanderung von jüdischen Flüchtlingen, die vor den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise und der Unterdrückung flohen, die die Nazis begonnen hatten gegen die Juden in Szene zu setzen. Dazu kam noch die vom Stalinismus durchgeführte Repression. Zwischen 1920 und 1930 verdoppelte sich die Zahl der Einwanderer, zwischen 1933-39 erreichten einige 200’00 neue Einwanderer Palästina, so dass 1939 die Juden 30% der Bevölkerung ausmachten.

Der breitere historische und internationale Rahmen war die allgemeine, weltweite Verschärfung der imperialistischen Konflikte. Palästina und der Nahe Osten im Ganzen waren tiefgreifend betroffen von der weltweiten Neuausrichtung der imperialistischen Kräftekonstellation während der 1930er Jahre.

Einerseits machte es die katastrophale Niederlage des Proletariats (Sieg der stalinistischen Konterrevolution in Russland, des Faschismus und Nazismus in Italien und Deutschland, Einreihung der Arbeiter unter das Banner des “Antifaschismus” und der Volksfront in Frankreich und Spanien 1936) sowohl jüdischen als auch arabischen Arbeitern nahezu unmöglich, den zunehmend blutigen Kämpfen zwischen den jüdischen und arabischen Bourgeoisien eine internationalistische Klassenfront entgegenzustellen. Die weltweite Niederlage der Arbeiterklasse öffnete der Bourgeoisie den Spielraum, um den Weg für einen neuen generalisierten Weltkrieg frei zu machen. Zur gleichen Zeit entflohen immer mehr Juden der Unterdrückung und den Pogromen in Europa und verschärften so die Konflikte zwischen Arabern und Juden in Palästina.

Andererseits begannen die traditionellen imperialistischen Rivalitäten in der Gegend (zwischen den Franzosen und Briten) zu verschwinden, als neue und für die alten Banditen gefährlichere Rivalen die Gegend betraten. Italien, bereits in Libyen anwesend nach einem Krieg mit der Türkei 1911, begann 1936 eine Invasion Abessiniens (heute Äthiopien) und drohte damit, Ägypten und den strategischen Suez-Kanal einzukreisen. Deutschland, das mächtigste Mitglied der faschistischen Achse, arbeitete im Hintergrund, um seinen Einfluss auszubauen, indem es Unterstützung für örtliche nationalistische und imperialistische Ambitionen anbot, besonders in der Türkei, im Irak und Iran[1].

Der historische Kurs in Richtung generalisierter Krieg sollte den Nahen Osten verschlingen. Seit dem Ende des Ersten Weltkrieges hatten die Zionisten die allgemeine Bewaffnung der Juden gefordert. In der Tat hatte man mit dieser Bewaffnung schon zuvor im Geheimen begonnen. Die zionistische “Selbstverteidigungs”organisation, Hagan, die während des Ersten Weltkrieges gegründet worden war, wurde in eine richtige militärische Einheit umgewandelt. 1935 wurde eine getrennte Terroristengruppe, Irgun Zwai Leumi - bekannt als Ezel – mit etwa 3-5000 Kämpfern gegründet. Die “allgemeine Wehrpflicht” wurde in der jüdischen Gemeinschaft eingeführt; alle jungen Männer und Frauen zwischen 17 und 18 Jahren mussten an diesem Militärdienst im Untergrund teilnehmen.

Die palästinensische Bourgeoisie ihrerseits erhielt bewaffnete Unterstützung von Nachbarländern. 1936 gab es eine weitere Eskalation von Zusammenstößen zwischen zionistischen und arabischen Nationalisten. Im April 1936 rief die palästinensische Bourgeoisie einen Generalstreik gegen die britischen Herrscher aus. Diese sollten gezwungen werden, ihren pro-zionistischen Standpunkt aufzugeben. Die arabischen Nationalisten mit Amin Hussein an der Spitze riefen die Bauern und Arbeiter auf, ihren Kampf gegen die Juden und Briten zu unterstützen. Der Generalstreik dauerte bis Oktober 1936 – und wurde erst abgeblasen nach einem Appell von Nachbarstaaten wie Transjordanien, Saudi-Arabien und Irak, die begonnen hatten, eine palästinensische Guerilla zu bewaffnen.

Die gewalttätigen Zusammenstöße dauerten bis 1938 an. Die britischen “Beschützer” mobilisierten Truppen von 25’000 Mann, um ihren strategischen palästinensischen Außenposten zu verteidigen.

Angesichts der allgemeinen Destabilisierung der Lage schlug die britische Bourgeoisie 1937 eine Teilung von Palästina in zwei Sektoren vor (Bericht der Peel Kommission). Die Juden sollten den fruchtbaren Nordteil Palästinas, die Palästinenser den weniger fruchtbaren Südosten bekommen, Jerusalem sollte unter internationales Mandat gestellt werden und mit dem Mittelmeer durch einen Korridor verbunden sein. Sowohl zionistische als auch palästinensische Nationalisten wiesen den Plan der Peel-Kommission zurück. Ein Flügel der Zionisten bestand auf völliger Unabhängigkeit von Großbritannien, sie bewaffneten sich weiterhin selbst und intensivierten ihre Guerillaaktionen gegen die britischen Besatzungskräfte.

Indem es einen Plan präsentierte, der Palästina in zwei Teile trennen sollte, hoffte Großbritannien seine Vorherrschaft in diesem strategisch lebenswichtigen Teil der Welt beizubehalten. Einem Teil der Welt, der zudem ein starkes Ansteigen imperialistischer Spannungen erlebte – besonders mit Deutschland und Italien, die versuchten in die Region einzudringen.

Während die Französische Volksfront Syrien 1936 die Unabhängigkeit gewährte, die jedoch erst drei Jahre später umgesetzt werden sollte, erklärte Frankreich 1939 Syrien erneut zu einem Französischen Protektorat.

Diese neue Ausrichtung der imperialistischen Kräfte war eine tatsächliche Quelle von Schwierigkeiten für die britische Bourgeoisie, die nun jedes Interesse daran hatte, die Situation in Palästina zu beruhigen und jede Konfliktpartei davon abzuhalten, Unterstützung bei einem von Großbritanniens Hauptrivalen zu suchen. Aber als der Konflikt zwischen jüdischen Einwanderern und Arabern immer bitterer wurde, begannen die Parteigänger der Politik nach dem alten Grundsatz “teile und herrsche” ihre Projekte einer Revision zu unterziehen.

Großbritannien musste versuchen, die arabischen Nationalisten zu “neutralisieren” und die Zionisten dazu zu zwingen, sich bei ihrer Forderung nach einer “nationalen Heimat” für die Juden etwas zurück zu halten.

Großbritannien verabschiedete ein Weißbuch, das die von Juden besetzten Territorien zu einer “Nationalen Heimstätte” der Juden erklärte und bestimmte, dass weiterhin nach einem Zeitraum von 5 Jahren, während dem die jährliche Einwanderung von Juden die Zahl von 75’000 nicht überschreiten sollte, die jüdische Einwanderung ganz aufhören sollte – und das zu einer Zeit, als die Massaker am jüdischen Volk in Europa in die Millionen gingen ... Gleichzeitig sollte der Landkauf durch Juden begrenzt werden.

Diese Erklärungen waren dazu gedacht, die zunehmenden arabischen Proteste zu zügeln und die Araber davon abzuhalten, sich gegen die Briten zu wenden.

Angesichts der steigenden Gewalt zwischen Zionisten und arabischen Nationalisten wurde eine weitere Eskalation des Konflikts nur dadurch vereitelt, weil ein übergeordneter Konflikt – die Konfrontation zwischen Deutschland, Italien und ihren Feinden, d.h. die Formation der Achse in Europa – diesen Konflikt für weitere 10 Jahre in den Hintergrund drängte.

Und der bedrohlich näher rückende Weltkrieg zwang die Nationalisten auf beiden Seiten – die arabische Bourgeoisie und die Zionisten – erneut, sich ihr imperialistisches Lager auszusuchen.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges entschlossen sich die Zionisten, sich auf die Seite Großbritanniens zu begeben und Stellung gegen den deutschen Imperialismus zu beziehen. Sie stellten ihre Forderung nach einem eigenen jüdischen Staat zurück, solange Großbritannien von deutschen Angriffen bedroht war.

Innerhalb der arabischen Bourgeoisie führte der Krieg zu einer Spaltung – einige Fraktionen schlugen sich auf die britische Seite, andere auf die deutsche.

Der Nahe Osten und seine Rolle im Zweiten Weltkrieg

Sogar als die hauptsächlichen Schlachtfelder während des Zweiten Weltkrieges Europa und der Ferne Osten waren, spielte der Nahe und Mittlere Osten eine entscheidende Rolle für Großbritanniens und Deutschlands lang angelegte strategische Planung.

Für Großbritannien blieb die Verteidigung seiner Positionen im Nahen Osten eine Angelegenheit von Leben und Tod, um sein Kolonialreich zu bewahren, denn, sollte Ägypten verloren gehen, war Indien in Gefahr, in deutsche oder japanische Hände zu fallen. Am Vorabend der deutschen Versuche 1940 Großbritannien mit einer Invasion zu bedrohen, mobilisierte Großbritannien ca. 250’000 Mann zur Verteidigung des Suezkanals.

Die deutsche militärische Planung in Bezug auf den Nahen Osten sah mehrere Kehrtwendungen. Zu Beginn des Krieges, zumindest für eine gewisse Zeit, war es Deutschlands Strategie, mit Russland ein geheimes Abkommen über das östliche Anatolien zu treffen. Vergleichbar mit den Geheimabkommen zwischen Stalin und Hitler über Polen (Russland und Deutschland vereinbarten, Polen unter sich aufzuteilen), schlug der deutsche Außenminister Ribbentrop im November Stalin gegenüber vor, dass Russland und Deutschland ihre Interessensphären an der iranischen Grenze und entlang der nördlichen und südöstlichen anatolischen Flanke unter sich aufteilen sollten. (Die Palästinensische Frage 1917-1948, Palästina und die Nahostpolitik der europäischen Mächte und der USA, 1918-48, Seite 193) Aber die deutsche Invasion Russlands im Sommer 1941 beendete schließlich solche Pläne.

Eines der langfristigen militärischen Ziele Deutschlands, das 1941 vom Führungsstab der Reichswehr formuliert wurde, lautete, sobald Russland erfolgreich besiegt worden sei, solle Deutschland Großbritannien aus dem Nahen und Mittleren Osten und Indien vertreiben. Sofort nach der zu erwartenden Niederlage Russlands plante die Reichswehr eine globale Offensive, um den Irak zu besetzen, Zugang zu den irakischen Ölquellen zu finden und britische Positionen im Nahen und Mittleren Osten und im Indischen Ozean zu bedrohen. Deutschland allein war jedoch nicht in der Lage, eine solche Offensive zu starten. Um den Irak “erreichen” zu können, musste Deutschland noch einige Hindernisse aus dem Weg räumen: Es musste die Türkei auf seine Seite ziehen – die noch zwischen Großbritannien und Deutschland hin- und herschwankte. Deutsche Truppen mussten durch Syrien (das noch unter französischer Besatzung war) und den Libanon marschieren. Dies bedeutete, dass Deutschland das Vichy Regime um Erlaubnis fragen musste, bevor die Reichswehr Syrien und den Libanon passieren konnte. Und es musste auf die Hilfe schwächerer Teile seiner Allianz zählen – namentlich auf Italien, das unzureichende militärische Mittel besaß, um Großbritannien anzugreifen. Solange die deutsche Militärplanung sich in erster Linie auf die Mobilisierung seiner Truppen gegen Russland konzentrieren musste, war es unfähig, mehr Truppen im Mittelmeerraum aufmarschieren zu lassen. Sehr gegen seinen Willen, nachdem italienische Truppen von den britischen 1940-41 in Libyen besiegt worden waren, intervenierte 1942 das deutsche Afrika-Korps unter Rommel und versuchte die britische Armee aus Ägypten zu vertreiben und den Suezkanal zu erobern. Aber Deutschland hatte nicht die Mittel, um eine weitere Front in Afrika und dem Nahen Osten zu unterhalten, erst recht, nachdem seine Offensive gegen Russland zum Stehen gekommen war.

Zur gleichen Zeit wurde das deutsche Kapital mit seinen eigenen unüberwindlichen Widersprüchen konfrontiert. Einerseits zielte es auf die “Endlösung” ab (Holocaust, die Verschleppung und Vernichtung aller Juden), was bedeutete, dass das deutsche Kapital die Juden zur Flucht zwang, wovon folglich viele von ihnen nach Palästina vertrieben wurden. Nazipolitik war also zu einem großen Teil verantwortlich für die Zunahme jüdischer Flüchtlinge, die in Palästina ankamen – eine Situation, die das deutsche Kapital in Widerspruch brachte mit den Interessen der palästinensischen und arabischen Bourgeoisie.

Andererseits musste der deutsche Imperialismus Ausschau halten nach Alliierten unter den arabischen Bourgeoisien, um gegen die Briten zu kämpfen. Deshalb propagierten die Nazis den Ruf der arabischen Bourgeoisie nach nationaler Einheit und unterstützten deren Ablehnung einer nationalen Heimat für die Juden[2].

In verschiedenen Ländern gelang es dem deutschen Imperialismus, einige Fraktionen der arabischen Bourgeoisie auf seine Seite zu ziehen.

Im April 1941 stürzten Teile der Armee die Regierung des Irak und bildeten eine Regierung der nationalen Verteidigung unter Rachid Ali al-Kailani. Diese Regierung deportierte all diejenigen, die als pro-britisch betrachtet wurden. Die palästinensischen Nationalisten, die ins irakische Exil gegangen waren, bildeten Freiwilligenbrigaden unter der Führung von al-Hussein und diese Einheiten beteiligten sich am Kampf gegen die Briten.

Als die britische Armee gegen die pro-deutsche Regierung im Irak intervenierte, entsandte Deutschland zwei Luftwaffenverbände. Die deutsche Armee hatte jedoch keine ausreichenden logistischen Möglichkeiten zur Verfügung, um seine Truppen über eine solche Distanz zu unterstützen. Zur großen Enttäuschung der pro-deutschen irakischen Regierung musste Deutschland seine Verbände zurückziehen. Die britische Armee dagegen mobilisierte nicht nur ihre eigenen Truppen, sie benutzten auch eine zionistische Spezialeinheit gegen Deutschland. Großbritannien entließ den zionistischen Terroristen David Raziel, einen Führer der zionistischen Organisation Irgun Zvai Leumi aus britischer Internierung und betraute ihn mit einer Spezialmission. Seine Einheit sollte Ölfelder im Irak sprengen und Mitglieder der pro-deutschen Regierung ermorden.

In diesem Stadium gelang es jedoch der deutschen Jagdfliegerstaffel, den zionistischen Terroristen abzuschießen, der in einem britischen Flugzeug geflogen war. Dieser Vorfall – trotz seiner begrenzten militärischen Bedeutung – enthüllt, für welche fundamentalen Interessen Großbritannien, als die absteigende “Supermacht” und Deutschland als der “Herausforderer” kämpften, mit welchen Beschränkungen sie zu rechnen hatten, und auf welche Verbündete sie sich in der Region verließen.

Der Mufti von Jerusalem, Amin al-Hussein, war in den Irak geflohen und der Führer der pro-deutschen irakischen Regierung, Ali al-Keilani musste aus dem Irak fliehen. Über die Türkei und Italien gelang es ihnen nach Berlin zu entkommen, wo sie im Exil blieben. Palästinensische und irakische Nationalisten genossen den Schutz und das Exil, das ihnen von den Nazis angeboten wurde.

Zur selben Zeit neigten die pro-deutschen Teile der arabischen Bourgeoisie dazu, sich nur solange auf die Seite Deutschlands zu schlagen, wie der deutsche Imperialismus im Vorteil war. Nach dessen Niederlage bei el-Alamein 1942 und in Stalingrad 1943, als sich der Wind gegen den deutschen Imperialismus drehte, wechselten die pro-deutschen Teile der arabischen Bourgeoisie die Seiten oder wurden von den pro-britischen Teilen der örtlichen Bourgeoisie verdrängt.

Die Niederlage der Deutschen zwang auch die Zionisten dazu, ihre Taktik zu ändern. Während sie Großbritannien solange unterstützt hatten, wie die Kolonialmacht unter der Nazibedrohung lag, so nahmen sie jetzt ihre Terrorkampagne gegen die Briten in Palästina wieder auf. Diese sollte bis 1948 andauern. Eine führende Figur unter den zionistischen Terroristen war Menachem Begin (der später Premierminister von Israel wurde und der zusammen mit Yasser Arafat den Friedensnobelpreis verliehen bekam). Unter anderen ermordeten die Zionisten den englischen Minister Lord Moyne in Kairo.

Um arabische Sympathie zu gewinnen und die arabischen Nationalisten davon abzuhalten, sich näher in Richtung ihres deutschen imperialistischen Rivalen zu bewegen, errichtete Großbritannien eine Seeblockade vor Palästina, um den Zustrom jüdischer Flüchtlinge zu zügeln. Die westliche Demokratie war bereit, ihrer imperialistischen Interessen willen den Zustrom von Flüchtlingen zu regulieren. Die Juden mögen sich erleichtert gefühlt haben, dem Tod in den Nazikonzentrationslagern entkommen zu sein, aber die britische Bourgeoisie war nicht willens, dass sich die Juden in Palästina niederließen – denn die Ankunft der Juden in diesem Moment passte nicht in ihre imperialistischen Pläne[3].

Die Ähnlichkeit zwischen der Situation des Ersten und des Zweiten Weltkrieges ist auffallend. Alle örtlichen imperialistischen Fraktionen mussten zwischen dem einen und dem anderen imperialistischen Lager wählen. Das dominante imperialistische Lager, Großbritannien, herausgefordert durch Deutschland, verteidigte seine Macht mit Zähnen und Klauen.

Deutschland stand jedoch unüberwindlichen Hindernissen in dieser Region gegenüber: seinen schwächeren militärischen Fähigkeiten (über solch große Entfernungen intervenieren zu müssen, überforderte seine militärischen und logistischen Mittel) und sein Mangel an starken und verlässlichen Alliierten. Deutschland war nicht in der Lage, irgendeinem seiner Alliierten eine Belohnung anzubieten; weder hatte es die militärischen Mittel, ein Land in seinen Block zu zwingen noch Schutz gegen den anderen Block anzubieten.

So konnte es nur die Rolle eines “Herausforderers” spielen gegenüber der vorherrschenden Macht jener Zeit – Großbritannien. Es konnte niemals mehr tun als die britischen Positionen zu untergraben, und es war unfähig, selbst einen festen strategischen Außenposten einzurichten oder ein Land standhaft in seinem Machtbereich zu halten.

Globale imperialistische Umgruppierung im Nahen und Mittleren Osten

Zur selben Zeit änderte sich im Zweiten Weltkrieg zwischen den alliierten Mächten das Gleichgewicht der Kräfte.

Die USA stärkten ihre Position auf Kosten Großbritanniens. Großbritannien, das durch den Krieg ausgeblutet war und am Rand des Bankrotts stand, verschuldete sich gegenüber den USA. So wie in jedem Krieg veränderte sich die imperialistische Hackordnung.

Schließlich wandten sich die zionistischen Organisationen ab 1942 in Richtung der USA, um deren Unterstützung für die Schaffung einer jüdischen Heimat in Palästina zu gewinnen. Im November traf sich der Jewish Emergency Council in New York und wies das britische Weißbuch von 1939 zurück. Die Schlüsselforderung war die Umwandlung Palästinas in einen unabhängigen zionistischen Staat – eine Forderung, die den britischen Interessen widersprach.

Bis zum Zweiten Weltkrieg waren es hauptsächlich die westeuropäischen Mächte, die im Nahen und Mittleren Osten zusammenstießen (Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland). Und während Frankreich und Großbritannien die Hauptnutznießer des Zusammenbruchs des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg waren, so wurden diese beiden Länder nun vom amerikanischen und russischen Imperialismus übertrumpft, die beide danach strebten, den britischen und französischen kolonialen Einfluss auszubremsen.

Russland unternahm alles, um jede Macht zu unterstützen, die danach strebte, die britische Position zu schwächen. Über die Tschechoslowakei lieferte es Waffen an die zionistischen Guerillakräfte. Die USA lieferten ebenso Waffen und Geld an die Zionisten – obwohl letztere gegen ihren britischen Kriegsalliierten kämpften.

Nachdem der Ferne Osten ein zweites Zentrum der Kriegführung im Zweiten Weltkrieg geworden war, blieb der Nahe Osten am Rand der weltweiten imperialistischen Konfrontationen. Der Beginn des Kalten Krieges sollte jedoch den Nahen Osten in das Zentrum imperialistischer Rivalitäten ziehen. Während der Koreakrieg (1950-53) eine der ersten großen Konfrontationen zwischen dem Ost- und dem Westblock  war, sollte die Gründung des Staates Israel am 15. Mai 1948 einen anderen Kriegsschauplatz eröffnen, der für Jahrzehnte im Zentrum der Ost-West-Konfrontationen bleiben sollte.

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts im Nahen Osten zeigte, dass nationale Befreiung unmöglich geworden war und dass alle lokalen bürgerlichen  Fraktionen in die globalen imperialistischen Konflikte zwischen den größeren imperialistischen Rivalen hineingezogen wurden. Mehr denn je hat das Proletariat keine imperialistische Seite, die es auswählen könnte.

Die Gründung des Staates Israel 1948 markierte die Eröffnung einer weiteren Runde von 50 Jahren blutiger Konfrontationen. Mehr als 100 Jahre von Konflikten im Nahen Osten haben unwiderlegbar illustriert, dass das verfallende kapitalistische System nichts anderes anzubieten hat als Krieg und Vernichtung.            

DE (Herbst 2004)

 

 

 

 

 

 



[1] Der Schah des Iran (Vater des Schahs, der später von Khomeini gestürzt werden sollte) wurde 1941 von den Briten wegen seiner vermuteten pro-Nazi Sympathien abgesetzt.

[2] Im Ersten Weltkrieg hatte der deutsche Imperialismus aus strategischen Gründen bereits die Idee eines arabischen “Dschihad” gegen Großbritannien gepflegt, weil er so hoffte, die britische Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten schwächen zu können – sogar dann, wenn ein Widerspruch nicht zu überwinden war, nämlich dass ein arabischer “Dschihad” sich notwendigerweise gegen den türkischen Imperialismus richten würde, Deutschlands Alliiertem im Nahen Osten.

[3] Großbritannien zum Beispiel hinderte ein Schiff mit mehr als 5000 jüdischen Flüchtlingen an Bord daran, in palästinensische Häfen einzulaufen, weil dies gegen die britisch-imperialistischen Interessen gewesen wäre. Das Schiff wurde auf eine Odyssee zurück ins Schwarze Meer gesandt, wo es von der russischen Armee versenkt wurde – mehr als 5000 Juden ertranken. Im Mai 1939 reisten 930 jüdische Flüchtlinge an Bord des Hapag-Lloyd-Dampfers “St-Louis” nach Kuba. Sobald sie kubanische Gewässer erreicht hatten, wurde ihnen das Einlaufen verweigert. Das Schiff wurde von der US-Küstenwache davon abgehalten, in den  Hafen von Miami einzulaufen – trotz wiederholter Appelle zahlreicher “Persönlichkeiten”. Schließlich wurde das Schiff zurück nach Europa gesandt – wo die meisten der jüdischen Flüchtlinge im Holocaust massakriert wurden. Sogar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, zur Zeit der Blockade der palästinensischen Küste durch britische Schiffe, versuchten 4’500 Flüchtlinge auf dem Schiff “Exodus” die Blockade zu durchbrechen. Die britischen Besatzungskräfte wollten nicht, dass das Schiff Haifa anlief, die jüdische Terrororganisation Haganah wollte das Schiff mit all den Flüchtlingen an Bord als ein Mittel benutzen, um die britische Blockade zu durchbrechen. Die Briten deportierten die Passagiere nach Hamburg.

Den Zynismus der westlichen Bourgeoisie in Bezug auf das Schicksal der Juden entlarvte der PCI Le Prolétaire in seinem Text Auschwitz – das große Alibi).

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