Polemik mit Battaglia Comunista: Hinter der „Globalisierung" der Wirtschaft verbirgt sich die Krise des Kapitalismus

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Politiker, Ökonomen sowie die Medien versuchen mit den absurdesten Theorien den Bankrott des kapitalistischen Systems zu verschleiern und die unaufhörlichen Angriffe auf die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse zu rechtfertigen.

Vor 25 Jahren erklärte Nixon, ein amerikanischer Präsident der konservativsten Sorte, der ganzen Welt: "Wir sind alle Keynesianer". Damals, angesichts der Vertiefung der Krise, präsentierte die Bourgeoisie die "staatliche Intervention" und die Entwicklung eines "Sozial- und Wohlfahrtsstaates" als magische Lösung für alle Probleme. Und im Namen dieser Politik wurden der Arbeiterklasse große Opfer abgerungen, denn nur so werde je das "Ende des Tunnels" erreicht werden.

Während der 80er Jahre, konfrontiert mit dem wirtschaftlichen Niedergang, wechselte die Bourgeoisie ihre Taktik. Nun war der Staat schuld an allem Übel und die neue Losung, das Heilmittel für alle Probleme, lautete: "weniger Staat". Dies waren die bitteren Jahre der "Reaganomics", welche seit den 30er Jahren die größte weltweite Welle von Entlassungen bedeuteten; Entlassungen, die wohlgemerkt vom Staat organisiert worden waren.

Heute hat sich die Krise des Kapitalismus derart verschärft, dass ausnahmslos alle Industriestaaten die Liquidierung der minimalsten sozialen Garantien auf die Tagesordnung setzen (Arbeitslosengelder, Renten, Krankenkassen- und Schulgelder; sogar Entlassungs­entschädigungen, Garantie des vollen Arbeitstages oder die Sozialversicherung), Garantien welche die Arbeiter unter der ideolo­gischen Maske des "Wohlfahrtsstaates" zugesprochen bekommen hatten. Diese erbarmungslosen Angriffe, dieser qualitative Sprung in der Tendenz zur schon von Karl Marx beschriebenen absoluten Verarmung der Arbeiterklasse, wird heute mit einer neuen Ideologie rechtfertigt, der "Globalisierung der Weltwirtschaft".

Die Diener des Kapitals haben den Mond entdeckt! Mit 150 Jahren Verspätung verkau­fen sie, als sei es die "größte Neuigkeit des Jahrhunderts" dasselbe, was schon Engels in den 1847 geschriebenen Grundsätzen des Kommunismus feststellte: "Es ist dahin ge­kommen, dass eine neue Maschine, die heute in England erfunden wird, binnen einem Jahre Millionen von Arbeitern in China außer Brot setzt. Auf diese weise hat die große Industrie alle Völker der Erde miteinander in Verbindung gesetzt, alle kleinen Lokalmärkte zum Weltmarkt zusammengeworfen, überall die Zivilisation und den Fortschritt vorberei­tet und es dahin gebracht, dass alles, was in den zivilisierten Ländern geschieht, auf alle anderen Länder zurückwirken muss. "

Der Kapitalismus musste sich auf die ganze Welt ausdehnen, musste sein ausbeuterisches Lohnsystem in jedem Winkel des Planeten einrichten. Die Integration aller bedeutenden Gebiete der Erde in den Weltmarkt gegen Ende des letzten Jahrhunderts und die Schwierigkeit, neue zu finden, welche den immer größer werdenden Hunger der kapita­listischen Expansion stillen konnten, kenn­zeichneten die Dekadenz der bürgerlichen Ordnung, wie es die Revolutionäre schon seit 80 Jahren aufzeigen.

In diesem Rahmen der permanenten Sätti­gung des Weltmarktes ist das 20. Jahrhundert Zeuge einer noch nie dagewesenen Verschär­fung der Konkurrenz unter den verschiedenen nationalen Kapitalien. Angesichts des immer zunehmenden Bedürfnisses der Realisierung des Mehrwertes werden die Märkte immer kleiner. Dies bedeutet für jedes nationale Kapital zweierlei: Zum einen den Zwang, seine eigenen Produkte mit einem größtmög­lichen Maß an Mitteln (Geldpolitik, Gesetzen, usw.) gegenüber den Konkurrenten zu be­schützen und zum anderen, eben gerade diese Konkurrenten dazu zu bewegen, ihre Tore für seine Produkte zu öffnen (Handelsabkommen, bilaterale Verträge, usw.).

Wenn bürgerliche Ökonomen von "Globalisierung" sprechen, täuschen sie damit vor, der Kapitalismus lasse sich bewusst und einheitlich auf der Basis der Gesetze des Weltmarktes verwalten. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: die Wirklichkeit des Weltmarktes bildet ihre eigenen Gesetze, dies jedoch in einem Rahmen, der durch den ver­zweifelten Versuch jedes nationalen Kapitals geprägt ist, diesen Gesetzen zu entrinnen und die Last auf die anderen abzuwälzen. Der heutige, "globalisierte" Weltmarkt stellt keineswegs eine Grundlage für Fortschritt, Einheit dar, sondern im Gegenteil; für Anar­chie und Zerfall. Die Tendenz im dekadenten Kapitalismus ist das Auseinanderbrechen des Weltmarktes, ausgelöst durch die zentrifuga­len Kräfte der nationalen Ökonomien, deren krankhaft aufgeblähte Staatsapparate mit allen Mitteln (auch militärischen) versuchen, das der Arbeiterklasse abgepresste Produkt gegen die Angriffe der Konkurrenz zu verteidigen. Während im letzten Jahrhundert die Konkur­renz zwischen Nationen zur Bildung und Vereinheitlichung des Weltmarktes führte, bedeutet heute im 20. Jahrhundert die organi­sierte Konkurrenz zwischen allen National­ Staaten genau das Gegenteil: Zerfall und Zersetzung des Weltmarktes.

Und genau aus diesem Grund kann "Globalisierung" einzig und allein mit Gewalt erwirkt werden. In den Jahren nach Yalta profitierten die USA und Russland von, ­Vorteilen der Blockdisziplin und installierte streng strukturierte Wirtschaftsorganisationen um den Welthandel (natürlich zu ihren Vortei­len!) zu kontrollieren: GATT, IWF, EG, COMECON im Ostblock, usw. Diese Organi­sationen, Ausdruck der militärischen und ökonomischen Stärke der jeweiligen Blockführer, waren aber nie wirklich fähig, die Tendenz hin zum Anarchismus zu überwinden und einen harmonischen und einheitlichen Weltmarkt zu schaffen. Die Auflösung der zwei großen imperialistischen Blöcke nach 1989[1] hat die Konkurrenz und das Chaos auf dem Weltmarkt noch beträchtlich be­schleunigt.

Wird die "Globalisierung" diese Tendenz aufhalten können? Laut den Predigern der "Globalisierung" hat der Teil des Weltmark­tes, welcher "schon vereinheitlicht" ist, eine "heilsame Ausstrahlung" auf die gesamte Ökonomie und wird in Zukunft die Krise überwinden und den "nationalen Egoismus" über Bord werfen lassen. Wenn wir aber all die Vorschläge überprüfen, welche die Ökonomen unter" Globalisierung" verstehen, so stellen wir fest, dass nicht einer ermöglicht, das Chaos und die sich verschärfende Krise zu "überwinden". Mit "Transaktionen über Internet" zu beginnen, bedeutet ein enormes Risiko von Zahlungsunfähigkeit, das bereits heute schon sehr hoch ist, in Kauf zu nehmen, was die ganze unerträgliche Schuldenlast nur zusätzlich erhöht. Wie wir bereits 1995 über die" Globalisierung" des Finanz- und Geld­marktes schrieben: "Eine Finanzkrise ist unvermeidlich. In gewisser Hinsicht ist sie bereits eingetreten. Selbst von einem kapita­listischen Standpunkt aus ist eine starke "Entleerung" des "Spekulationsballons " unentbehrlich. ( .. ) Heute hat der Spekulati­onsballon, und allem voran die Staatsver­schuldung, unerhört zugenommen. Unter diesen Umständen ist es unmöglich vorauszu­sagen, wo genau die Spannung diese Ballons endet. Doch auf jeden Fall wird es eine mas­sive Zerstörung von fiktivem Kapital bedeu­ten, was ganze Teile des Weltkapitals ruinie­ren wird. "[2]

Was heutzutage an "Globalisierung" tat­sächlich vorhanden ist, unterscheidet sich krass von dem, was uns an Propaganda dar­über vorgespielt wird. Es ist eine Antwort auf die zwei dringendsten Probleme mit welchen der heutige Staat in der kapitalistischen' Krise konfrontiert ist:

- die Senkung der Produktionskosten;

- die Zerstörung der protektionistischen

Hindernisse, damit die wettbewerbsfähigsten Kapitalismen die immer reduzierteren Märkte noch ausschöpfen können.

Was die Senkung der Produktionskosten betrifft, schrieben wir bereits: "Die Verschär­fung der Konkurrenz unter den Kapitalisten, welche durch die Überproduktionskrise und das Schwinden von zahlungsfähigen Märkten nur verschlimmert wird, zwingt sie in einem zügellosen Tempo zur permanenten Moderni­sierung des Produktionsprozesses, zur Erset­zen von Menschen durch Maschinen, um die Produktionskosten zu senken. Derselbe Wett­lauf zwingt sie zur Verlagerung eines Teils der Produktion in Länder, in welchen die Arbeits­kraft billiger ist (China und Südostasien als aktuelle Beispiele)."[3]

Dieser zweite Aspekt der Senkung der Produktionskosten (die Verlegung von Teilen der Produktion in Länder mit tieferen Löh­nen) hat sich in den 70er Jahren beschleunigt. Wir sehen heute, wie die "demokratischen" Kapitalisten wieder gute Geschäfte mit dem stalinistischen Regime in China machen, um zu Spottpreisen Disketten, Turnschuhe, Com­puterhardware usw. zu produzieren. Das Aufblühen der berühmten "asiatischen Dra­chen" basiert lediglich auf der Tatsache, dass die Produktion von Computern, Stahl, Elek­tronikgeräten usw. in diese "Billiglohn ­Paradiese " verlegt wurde. Der von den Schlägen der Krise geplagte Kapitalismus ist gezwungen; bis aufs Äußerste von den unterschiedlichen Lohnkosten zu profitieren: "Die absoluten Lohnkosten (inklusive Steuern) in der Industrie der verschiedenen, sich entwickelnden Länder, welche Waren herstellen und exportieren sowie auch Dienstleistungen erbringen, variieren zwischen 3% (Madagaskar, Vietnam) und 40% des Durch­schnitts der reichsten Länder Europas. In China betragen sie zwischen 5 und 16%, in Indien zirka 5%. Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks entstand heute vor den Toren der Europäischen Union ein Reservoir an Arbeitskraft, dessen Lohnkosten 5% (Rumänien) oder 20% (Polen und Ungarn), verglichen mit denjenigen in Deutschland, nicht überschreitet. "[4]

Das ist der erste Aspekt dieser "Globalisierung". Seine Folgen sind eine weltweite Senkung des durchschnittlichen Einkommens in der ganzen Welt, sowie auch Massenentlassungen in den großen Industrie­zentren, ohne dass diese vernichteten Arbeits­plätze in den neugeschaffenen hochautomati­sierten Betrieben durch die Entstehung neuer Arbeitsplätze wieder kompensiert werden können. Weit davon entfernt, die chronische Krankheit des Kapitalismus (die Sättigung der Märkte) heilen zu können, hat die "Globalisierung" die Situation durch eine Reduktion der Nachfrage in den großen In­dustrieländern nur verschärft ohne die gleich­zeitige Möglichkeit, sie durch ein Anwachsen der Konsumption in den "aufblühenden" Ländern auszugleichen.[5]

Was die Überwindung der Zollhindernisse betrifft, hat der Druck der "großen" Staaten zur Folge, dass Länder wie Indien, Mexico oder Brasilien ihre Einfuhrzölle bis hin zu einer beträchtlichen Verschuldung senken. Dieselben Methoden wurden in den 70er Jahren angewandt und rührten zur katastrophalen Krise im Jahre 1982. Mit solchen Methoden dem Kapitalismus eine Erleichte­rung verschaffen zu können ist eine absolute Illusion: "... der neulich aufgetretene Finanzkrach bei einem anderen "Modellfall", Mexi­co, dessen Währung mehr als die Hälfte von heute auf morgen verlor, und eine dringende Finanzspritze von nahezu 50 Mrd. Dollar an Sofortkrediten erforderlich machte (bei wei­tem die größte "Rettungsoperation " in der Geschichte des Kapitalismus), fasst die Wirk­lichkeit des Wunders zusammen, das sich hinter vielen" Schwellenländern" der 3. Welt verbirgt."[6]

Als Resultat der" Globalisierung" können wir heute keine Verminderung des Protektio­nismus oder staatlicher Interventionen in den Handel feststellen, sondern ganz im Gegenteil eine Verstärkung der traditionellen Methoden durch neuere:

- Derselbe Clinton, welcher 1995 Japan zur Öffnung seiner Grenzen für amerikanische Produkte zwingen konnte, der dauernd seine "Verbündeten" zum "freien Welthandel" auffordert, lieferte mit der Erhöhung der Einfuhrzölle für Flugzeuge, Stahl und Land­wirtschaftsprodukte und Beschränkungen für den Kauf von ausländischen Produkten durch den Staat seit seiner Wahl wohl das deutlich­ste Beispiel für diese Politik.

- Die berühmte Uruguay-Runde, welche zur Ersetzung des alten GATT durch eine neue Welthandelsorganisation führte, enthielt nichts als eine absolut illusionäre Vereinba­rung: die Abschaffung der Zölle in 10 indu­striellen Sektoren und die Reduktion um 30% in 8 weiteren Sektoren, dies alles verteilt auf zehn Jahre!

- Ein deutliches Beispiel des Neoprotek­tionismus sind die Ökologie-, Gesundheits­-, oder Wohlfahrtsnormen; die hochindu­strialisierten Länder errichten für ihre Kon­kurrenten ungeheure Tarife:"in der neuen Welthandelsorganisation kämpfen Industriekreise, Gewerkschaften und Grüne dafür, dass die kollektiven Güter, die die Umwelt, der soziale Wohlstand etc. mit den dazugehörigen Normen nicht durch den Markt, sondern durch die nationale Staatsgewalt, welche auf diesem Gebiet keine anderen Kräfte dulden kann, festlegt werden.“[7]

Die Bildung von "Handelszonen" (EU, Abkommen in Südostasien, Nordamerikani­sche Freihandelszone, usw.) widersprechen dieser Tendenz keinesfalls, da sie lediglich ein Mittel für einzelne Gruppen kapitalistischer Länder sind, sich im Kampf gegen ihre stärk­sten Rivalen Schutzzonen einzurichten. Die USA reagierte auf die EU mit ihrer Freihan­delszone, während Japan, mit beidem kon­frontiert, sich als Initiator einer Einheit unter den asiatischen "Drachen" betätigte. Diese "regionalen Handelspartnerschaften " versu­chen sich vor der Konkurrenz zu schützen, während sie selbst eigentliche Schlangennester darstellen, in denen sich die Handelskonflikte zwischen den Partnern tagtäglich verschärfen. Es genügt vollends, sich das erbauliche Spektakel der" harmonischen" EU vor Augen zu führen, welche dauernd von den Streitereien der 15 Mitgliederstaaten geschüt­telt wird.

Machen wir uns nichts vor! Die abwei­chendsten Tendenzen, welche den Zerfall des Weltmarktes anzeigen, beweisen es dauernd:

"Heutzutage hat die Unsicherheit im Geldsek­tor international solche Masse angenommen, dass wir das Wiederaufblühen der anarchi­stischsten Formen des Handels beobachten können. In anderen Worten: den direkten Handel von Waren, ohne Geld als Zwi­schenglied zu benutzen." (8) [8]Eine andere Waffe, welche kapitalistische Staaten, und wohlverstanden: die reichsten, zur Hand haben, ist die Entwertung des Geldes, welche es' erlaubt, die eigenen Waren billiger zu verkaufen und die der Konkurrenten zu ver­teuern. Alle Versuche, die Ausbreitung und Verallgemeinerung dieser Praktiken zu verhindern, endeten in einem Fiasko, wie der Kollaps des europäischen Währungssystems deutlich zeigt.

Die „Globalisierung“, ein ideologischer Angriff gegen die Arbeiterklasse

Es wird immer deutlicher, dass die "Globalisierung" nichts anderes als ein ideo­logischer Schleier ist, mit dem versucht wird, den Zusammenbruch des Kapitalismus in einer generalisierten Krise und das anwach­sende Chaos, in dem der Weltmarkt versinkt, zu verschleiern.

Nichtsdestotrotz       gebärdet        sich    die "Globalisierung" sehr ehrgeizig. Es wird nicht weniger als die Überwindung oder gar die „Zerstörung" (nach den Worten der kühnsten "Globalisten") des Nationalstaates verspro­chen. Einer der bekanntesten Geschäftsgurus, der Japaner Kenichi Ohmae beispielsweise predigt folgendes: "…. in wenigen Worten, in wirklichen ökonomischen Begriffen ausge­drückt, haben die Nationalstaaten ihre Rolle als bedeutende Einheit in der Teilnahme am heutigen freien, grenzenlosen Weltmarkt verloren."[9] Des weiteren betitelt er Natio­nalstaaten als einen "brutalen Filter" und verspricht uns ein Paradies der "globalen" Wirtschaft: "In demselben Masse, wie die Zahl von Personen ansteigt, welche den bru­talen, die verschiedenen Gebiete der Weltwirtschaft nach altem Gewohnheitsrecht abtrennenden Filter durchbrechen, verschiebt sich die Macht über die ökonomischen Aktivi­täten unvermeidlich aus den Händen der zentralen Regierungen der Nationalstaaten in die Hände der grenzenlosen Geflechte von unzähligen, individuellen und auf dem Markt basierenden Entscheidungen."[10]

Das Proletariat ist die einzige Klasse, die überhaupt fähig ist, einen Kampf gegen den Nationalstaat zu führen. Wie wir jedoch sehen, kennt die Verlogenheit der bürgerli­chen Ideologie keine Grenzen: sie präsentie­ren sich hier als die großen Vorreiter des "Kampfes gegen die nationalen Interessen". Als ein Höhepunkt dieser überschwänglichen Lügen, nannten zwei Autoren desselben Schlages, Alexander King und Bertrand Schneider, ihr Buch sogar "Die erste weltwei­te Revolution".

Ihre gefährliche Rolle jedoch spielt diese antinationale "Angst" im Rahmen der ideo­logischen Offensive der Bourgeoisie gegen die Arbeiterklasse. Ein Teil dieser Offensive besteht darin, das Proletariat in die Falle einer falschen Entscheidung zu locken:

- Auf der einen Seite unterstreichen die politischen Kräfte, welche offensiv die "Globalisierung" vertreten (in Europa sind dies die Anhänger von Maastricht), die Not­wendigkeit," den rückschrittlichen nationalen Egoismus zu überwinden", sich in die" weltweite Einheit" zu integrieren, um so die Krise zu überwinden.

- Auf der andern Seite versuchen die lin­ken Parteien (vor allem wenn sie in der Op­position sind) und die Gewerkschaften, die Verteidigung der Interessen der Arbeiter, welche angeblich durch "nationalverräterische" Regierungen attackiert wür­den, an das Interesse des Nationalstaates zu binden.

Die Anhänger der "Globalisierung“, die angeblichen Totengräber der nationalen Inter­essen, wettern gegen die "sozialen Mindestgarantien" gegen die Sozialhilfe, Entlas­sungsentschädigungen, Arbeitslosen- und Pensionsgelder, Stipendien, Wohnungsunter­stützung, Arbeitsbestimmungen welche die Länge des Arbeitstages festlegen, Arbeitstem­pobeschränkungen, Verbot der Kinderarbeit usw. All dies stellen sie dar als "schreckliche" Fesseln des Nationalstaates, der Gefangener sei von dieser heimlichen Lobby, die die Interessen der Arbeiter vertrete.

Wenn man den verlogenen Schleier von "Überwindung der Krise" oder "Internationalität des Individuums auf einem freien Markt" lüftet, sehen wir mit aller Klar­heit den wirklichen Inhalt der "Globalisierung". Es ist nichts anderes als das neue Alibi für die Angriffe, zu welchen jeder Nationalstaat in der heutigen Krise gezwungen ist: das Streichen der "sozialen Mindestgarantien", aller Sozialleistungen und Arbeitsgarantien, die durch die Krise untrag­bar geworden sind.

Und genau hier kommt der andere Trumpf des ideologischen Angriffs der Bourgeoisie ins Spiel, welcher durch die Gewerkschaften und die Linken verkörpert wird. In den letzten fünfzig Jahren waren diese "sozialen Min­destgarantien" das Aushängeschild des sog. Wohlfahrtsstaates, der sozialen Fassade des Staatskapitalismus. Der "Sozialstaat" wurde den Arbeitern als Fähigkeit des Kapitalismus, die Ausbeutung lindern zu können, darge­stellt, als der konkrete "Beweis", dass inner­halb des Nationalstaates Klassenversöhnung und die Verschmelzung von Klasseninteressen möglich seien.

Die Gewerkschaften und die Linken (vor allem wenn sie in der Opposition sind) prä­sentieren sich als die größten Verteidiger des "Sozialstaates". Sie behaupten, dass sich der wahre Konflikt zwischen den "nationalen Interessen", welche die Beibehaltung gewis­ser "sozialer Mindestgarantien" ermöglichen würden, und dem "verräterischen Globalis­mus" abspielt. Dies war einer der Hauptaspekte im Manöver der französischen Bourgeoisie während der Streiks im Herbst 95. Die Bewegung wurde als eine Demon­stration gegen Maastricht dargestellt, als ein allgemeiner Ausdruck der Bevölkerung gegen die mühsamen Forderungen der Maastrichter "Abkommen". Und es waren genau die Gewerkschaften, welche diese "Bewegung" so in eine Sackgasse führten.

Die Widersprüche von Battaglia Comunista bezüglich der Globalisierung

Die Aufgabe der Gruppen der Kommunistischen Linken (aus der die zukünftige prole­tarische Weltpartei hervorgehen wird) besteht darin, dieses ideologische Gift kompromisslos zu denunzieren. Angesichts dieser neuen Attacken darf die Arbeiterklasse nicht zwi­schen dem "nationalen Interesse" und der "Globalisierung" wählen. Ihre Forderungen liegen nicht in der Verteidigung des Wohl­fahrtsstaates, sondern in der unnachgiebigen Verteidigung ihrer Klasseninteressen. Die Perspektive ihres Kampfes liegt nicht im falschen Dilemma zwischen "Sozialpatriotismus" und "Globalisierung", sondern in der Zerstörung des Staatskapita­lismus in allen Nationen.

Battaglia Comunista (BC) hat die Frage der "Globalisierung" wiederholt aufgegrif­fen und ihr in Prometeo, ihrer theoretischen, halbjährlich erscheinenden Revue, mehrere Artikel gewidmet. Wir wollen unterstreichen, dass BC mit großer Entschlossenheit eine Reihe von Positionen der Kommunistischen Linken verteidigt:

- BC denunziert die "Globalisierung" kompromisslos als einen mächtigen Angriff gegen die Arbeiterklasse und bemerkt, dass ihre Grundlage "in der progressiven Verar­mung des Weltproletariats und in der Ent­wicklung der gewalttätigsten Form der Ü­berausbeutung"[11] liegt;

- BC verwirft die Anschauung, dass die "Globalisierung" eine Überwindung der Widersprüche des Kapitalismus darstelle: "Es ist wichtig zu unterstreichen, dass die kürzlich eingetretenen Veränderungen der Weltwirt­schaft gänzlich im Rahmen des Prozesses von Konzentration und Zentralisation zu sehen sind. Sie sind gewiss Ausdruck einer neuen Stufe, jedoch keinesfalls der Überwindung der dem Kapitalakkumulationsprozess innewoh­nenden Widersprüche"[12];

- BC anerkennt die Tatsache, dass die Re­strukturierung und die "technologischen Innovationen", die der Kapitalismus in den 80er und 90er Jahren erfuhr, keinesfalls eine Ausweitung des Weltmarktes darstellten: „(..) entgegen den Hoffnungen hat die auf der Einführung neuer, die Arbeitskraft ersetzen­der Technologien basierende Restrukturie­rung keine neuen kompensatorischen produk­tiven Aktivitäten geschaffen, sondern im Gegenteil den "circulus vitiosus" unterbro­chen, der die mächtige Entwicklung der Weltwirtschaft in der ersten Phase des mono­polistischen Kapitalismus prägte. Erstmals zogen die zusätzlichen Investitionen an eine Erhöhung sowohl eine absolute als auch eine relative Reduktion der in der produktiven Sphäre angewendeten Arbeitskraft nach sich"[13];

- BC verwirft jegliche Illusion, die darauf abzielt, die "Globalisierung" als eine har­monische und ordentliche Form der globalen Produktion anzusehen und bekräftigt ohne die geringste Zweideutigkeit, dass "wir dem Pa­radox eines Systems beiwohnen, das mittels der Monopole ein Maximum an Rationalität realisieren will, jedoch lediglich die extremste Irrationalität hervorbringt: Alle gegen alle, jedes Kapital gegen alle anderen Kapitale, jedes Kapital gegen jedes "[14];

- BC erinnert daran, dass "der Zusammen­bruch (des Kapitalismus) nicht das mathema­tische Resultat der wirtschaftlichen Wider­sprüche darstellt, sondern das Werk der Ar­beiterklasse, die das Bewusstsein erlangt hat, dass diese nicht die beste aller Welten sei"[15]. Wir unterstützen diese Positionen, und ausgehend von dieser Übereinstimmung wollen wir einige Verwirrungen und Wider­sprüche, an denen BC unseres Erachtens leidet, bekämpfen. Diese Polemik ist gewiss nicht ein Spaß, sie hat ein klares militantes Ziel: Angesichts der Verschärfung der Krise ist es lebensnotwendig, Theorien wie diejeni­gen der "Globalisierung" zu denunzieren, deren Ziel die Vernebelung des Bewusstseins darüber ist, dass der Kapitalismus heute die "schlechteste aller möglichen Welten" ist und konsequenterweise auf der ganzen Welt zer­stört werden muss.

Uns überrascht zuallererst, dass BC denkt, dass "dank dem Fortschritt in der Mikroelek­tronik einerseits und auf dem Gebiet der Telekommunikation andererseits in der Or­ganisation des Produktionszyklus die Welt sich nun tatsächlich vereinigt hat."[16] Die Genossen sind hier von den von der Bour­geoisie ständig wiederholten Eseleien über das "vereinigende Wunder" der Telekommu­nikation und des Internet eingenommen und vergessen dabei folgendes: "Und wenn die Internationalisierung der kapitalistischen "Interessen nur die eine Seite der Internatio­nalisierung des Wirtschaftslebens zum Aus­druck bringt, so ist notwendig, auch ihre andere Seite zu betrachten. Das heißt jenen Prozess der Nationalisierung der kapitalisti­schen Interessen, der die Anarchie der kapi­talistischen Konkurrenz im Rahmen der Weltwirtschaft am schroffsten zum Ausdruck bringt, der zu den größten Erschütterungen und Katastrophen, zur größten Verschwen­dung der menschlichen Energie führt, und der das Problem der Errichtung neuer Formen des gesellschaftlichen Lebens mit dem größ­ten Nachdruck auf die Tagesordnung stellt"[17].

Eine andere schwäche der Analyse von BC liegt in der befremdlichen Entdeckung, gemäß der "der ehemalige Präsident der Ver­einigten Staaten, Nixon, als er die historische Entscheidung traf, die Vereinbarungen von Bretton Woods fallen zu lassen und die Nicht-Konvertibilität des Dollars zu erklären, weit davon entfernt war, sich vorzustellen, dass er den Weg für einen der gigantischsten Trans­formationsprozesse der kapitalistischen Pro­duktionsweise frei machte. Es öffnete sich also eine Periode tiefgreifender Veränderun­gen, die in weniger als 20 Jahren die Bezie­hungen der imperialistischen Herrschaft zu den außerordentlichsten Konsequenzen zwang."[18]

Man darf nicht als Grund analysieren (die berühmte Entscheidung über die Nicht­ Konvertibilität des Dollar von 1971), was lediglich eine Auswirkung der Zuspitzung der kapitalistischen Krise war und was keinesfalls auch nur die geringste Veränderung "in den Beziehungen der imperialistischen Herr­schaft" nach sich zog. Die ökonomische Betrachtungsweise von BC, die wir bereits wiederholt kritisiert haben, treibt sie dazu, einem Ereignis Wirkungen zuzuschreiben, das keinerlei Konsequenz in der Konfrontation der damals bestehenden imperialistischen Blöcke nach sich zog.

Dagegen ist die Hauptgefahr, dass BC der bürgerlichen Mystifikation die Tür öffnet, wonach sich der gegenwärtige Kapitalismus am "ändern und transformieren" sei. Schon in der Vergangenheit wies BC die Tendenz auf, sich von jeder "wichtigen Transformati­on", die die Bourgeoisie in die Diskussion geworfen hatte, aus der Fassung bringen zu lassen. Battaglia Comunista ließ sich bereits von "Neuheiten" der "technologischen Revolution" verführen, später vom Trugbild der durch die "Befreiung" der Ostblockländer geöffneten Märkte. Heute halten sie gewisse Mystifikationen über die "Globalisierung" für klingende Münze: "Der Schritt zur Zen­tralisierung des Einsatzes der wirtschaftlichen Variablen auf kontinentaler Ebene oder in Währungszonen bringt als Sachzwang eine unterschiedliche Verteilung des Kapitals auf die verschiedenen Produktionssektoren und damit auch den Finanzsektor mit sich. Nicht nur die kleinen und mittleren Unternehmen, sondern ebenso die Gruppen von bedeutender Dimension riskieren, marginalisiert oder von anderen mit allen Konsequenzen absorbiert zu werden. Für viele Länder birgt dies die Gefahr des Auseinanderbrechens der nationa­len Einheit in sich, wie uns dies die Ereignisse in Jugoslawien oder im ehemaligen sowjeti­schen Block aufzeigten. Die Kräfteverhältnis­se zwischen den verschiedenen Fraktionen der Weltbourgeoisie werden tiefgreifende Veränderungen erfahren und zunehmende Spannungen und Konflikte nach sich ziehen. Dies wird auch den Globalisierungsprozess erschüttern, vielleicht verlangsamen oder gar blockieren."[19]

Wir entdecken mit Bestürzung, dass sie die imperialistischen Spannungen, den Zusam­menbruch von Nationen, den Konflikt in Jugoslawien nicht durch die Dekadenz und den Zerfall des Kapitalismus, die Verschär­fung der historischen Krise des Systems, erklären, sondern dass sie Phänomene des "Globalisierungsprozesses" seien! BC gleitet hier von der Analyse der Kommunistischen Linken (Dekadenz und historische Krise des Kapitalismus) in das mystische Gefasel der Bourgeoisie über die" Globalisierung" ab.

Es ist essentiell, dass die Gruppen der Kommunistischen Linken die Augen vor diesen Mystifikationen nicht verschließen und entschlossen die revolutionäre Position ver­teidigen, die unterstreicht, dass in der Deka­denz und konkreter in der Periode der offenen Krise seit Ende der 60er Jahre, die verschie­denen Versuche des Kapitalismus zur Brem­sung des eigenen Zusammenbruches keine reale Veränderung gebracht haben, sondern lediglich und ausschließlich eine Verschär­fung und Beschleunigung der Krise[20]. In unserer Antwort auf das IBRP in der Revue Internationale Nr. 82 zeigen wir klar, dass es nicht darum geht, diese Versuche zu ignorie­ren, sondern darum, sie im Rahmen der Posi­tionen der Kommunistischen Linken zu ana­lysieren.

"Globalisierung" und Nationalstaat

Am schwerwiegendsten zeigen sich die Konsequenzen aus den Widersprüchen von BC bezüglich der Rolle der Nationalstaaten. BC denkt, dass die berühmte "Globalisierung" die Rolle der Nationalstaa­ten tiefgreifend verändern und schwächen würde. Sie behaupten sicherlich nicht nach dem Vorbild des Samurai Kenichi Ohmae, dass der Nationalstaat Blei an den Flügeln habe. Auch anerkennen sie mehrere Punkte, die wir teilen:

- Der Nationalstaat behält seinen Klassen­charakter;

- Der Nationalstaat ist ein aktiver Faktor in den Veränderungen des gegenwärtigen Kapi­talismus;

- Der Nationalstaat steckt nicht in der Krise.

Dagegen sagt BC: "…Einer der gewiss in­teressantesten Aspekte der Globalisierung der Wirtschaft ist mit der transnationalen Inte­gration der großen industriellen und finan­ziellen Konzentrationen gegeben, die rein durch ihre Dimension und ihre Macht die Nationalstaaten bei weitem überbieten."[21]

Was man von diesen "interessanten Aspekten" ableiten kann, ist, dass im Kapita­lismus dem Nationalstaat übergeordnete Einheiten existieren würden, die berühmten "transnationalen" Monopole. Dies wiederum bedeutet die Verteidigung einer revisionisti­schen These, die das marxistische Prinzip verneint, dass die höchste Einheit des Kapita­lismus der Staat sei. Der Kapitalismus kann niemals wirklich den Rahmen des Nationalstaates überwinden, noch weniger kann er internationalistisch sein. Sein "Internationalismus" beschränkt sich, wie wir das gesehen haben, auf die Beherrschung rivalisierender Nationen oder die Eroberung eines möglichst großen Anteils am Weltmarkt.

Im Editorial des Prometeo Nr. 9 bestätigt sich diese Revision des Marxismus: „Die produktiven und/oder finanziellen multinatio­nalen Unternehmen überwinden durch ihre Macht und ihre ökonomischen Interessen die verschiedenen staatlichen Formationen. Die Tatsache, dass die Zentralbanken der ver­schiedenen Staaten unfähig sind. auf die täglichen spekulativen Angriffe einer Hand­voll Finanzunternehmen zu reagieren oder ihnen Paroli zu bieten, spricht Bände über die Veränderung der zwischenstaatlichen Bezie­hungen."

Muss man daran erinnern, dass gerade die­se armen machtlosen Staaten genau diejenigen sind, die die Finanzkolosse besitzen (oder wenigstens strikt kontrollieren)? Ist es not­wendig, BC zu enthüllen, dass sich diese "Handvoll Monster" aus "respektablen" Bank- und Sparinstitutionen zusammensetzen, deren Verantwortliche direkt oder indirekt von ihren entsprechenden Nationalstaaten be­stimmt werden?

BC beißt nicht nur am Haken dieser an­geblichen Opposition zwischen Staaten und Multinationalen an, sondern geht noch viel weiter und entdeckt dass "aus diesen Gründen stets größere Kapitale ... Kolosse hervorge­bracht haben, die die ganze Weltwirtschaft kontrollieren. Es genügt, daran zu denken, dass die Big Three von den 30er bis in die 70er Jahre Automobilunternehmen waren (General Motors, Chrysler und Ford), und dass es heute drei ebenfalls amerikanische Finanzunternehmen sind: Fidelity Invest­ments, Vanguard Group, Capital Research & Management. Die in diesen Finanzgesell­schaften angehäufte Macht ist immens und geht weit über diejenige des Staates hinaus. Ja, die Staaten haben in den letzten zehn Jahren jegliche Kontrollmöglichkeit über die Weltwirtschaft verloren."[22]

Erinnern wir uns, dass in den 70er Jahren der Mythos der berühmten transnationalen Petrolunternehmen sehr in Mode war. Die Linken wollten uns damals ständig eintrich­tern, dass das Kapital nun "transnational" sei, und dass deshalb die "große Forderung" der Arbeiter die Verteidigung der nationalen Interessen sein solle.

Gewiss verwirft BC diese Mystifikation, kommt aber ihrer "theoretischen" Begrün­dung entgegen, da sie den Anschein erwec­ken, dass die Staaten die Kontrolle über die Weltwirtschaft zugunsten "dieser heimatlosen Mammute" verloren hätten.

Die Multinationalen sind Instrumente ihrer Nationalstaaten. IBM, General Motors, Exxon usw. sind durch verschiedene Stränge mit dem amerikanischen Staat verbunden: ein wichti­ger Anteil ihrer Produktion (40% für IBM) wird direkt von ihm aufgekauft, was sich direkt oder indirekt in der Nomination der Direktoren zeigt[23]. Eine Kopie von jedem neuen Informatikprodukt muss obligatorisch beim Pentagon abgeliefert werden.

Unglaublicher weise schluckt BC die Lüge der weltweiten Supermacht dieser drei Inve­stitionsfonds! Erstens verfugen die Investiti­onsfonds über keine reale Autonomie, sie sind lediglich Instrumente der Banken, der Spar­kassen oder Staatsinstitutionen wie den Ge­werkschaften, den Pensionskassen usw. Ihr direkter oder indirekter Chef ist ihr Nationalstaat. Zweitens sind sie einer strikten Regle­mentierung seitens des Staates unterworfen:

Er bestimmt den prozentualen Anteil, den sie in Aktien, Obligationen, im Ausland usw. anlegen dürfen.

"Globalisierung" und Staatskapitalismus

Dies führt uns zu einer grundlegenden Frage, nämlich nach derjenigen des Staats­kapitalismus. Ein prägender Zug des dekaden­ten Kapitalismus liegt in der Konzentration des nationalen Kapitals in den Händen des Staates. Er wird das Zentrum, um das herum jedes nationale Kapital seinen Kampf organisiert, einerseits gegen die Arbeiterklasse andererseits gegen die anderen nationalen Kapitale.

Die Staaten sind nicht Instrumente der Unternehmen, so groß sie auch sein mögen; genau das Gegenteil zeigt sich im dekadenten Kapitalismus: Die großen Monopole wie bspw. die Banken unterwerfen sich dem Dik­tat des Staates und gehorchen seinen Direkti­ven. Die Existenz von supranationalen Mächten, die sich über mehrere Staaten span­nen und ihnen auch die Politik diktieren, ist unmöglich. Genau im Gegenteil werden die Multinationalen von ihren entsprechenden Staaten dazu genutzt, die eigenen wirtschaftli­chen und imperialistischen Interessen zu verfolgen.

Wir wollen keinesfalls behaupten, dass die Großunternehmen wie Ford oder Exxon le­diglich einfache Marionetten ihrer Staaten seien. Natürlich verteidigen sie ihre eigenen Partikularinteressen und treten manchmal in Gegensatz zu ihrem Nationalstaat. Eine wirk­liche Fusion zwischen Privatkapital und Staat verwirklichte sich im Staatskapitalismus östlicher Prägung, so dass sie gesamthaft gesehen jenseits auftauchender Konflikte und Widersprüche in Kohärenz zur Verteidigung des nationalen Interesses und der totalitären Führung des Staates handelten.

BC wirft ein, dass es schwierig sei zu be­stimmen, zu welchem Staat Shell gehöre, dies sei aber auch bei anderen multinationalen Unternehmen mit einem vielfältigen Aktiona­riat der Fall. Darüber hinaus, dass es sich hier um außergewöhnliche Beispiele handelt, die keineswegs die Realität des Kapitalismus wiedergeben, muss man hier anfügen, dass die Eigentumstitel keineswegs den wirklichen Besitzer eines Unternehmens bestimmen. Im Staatskapitalismus dirigiert und bestimmt der Staat die Funktionsweise der Unternehmen, selbst wenn er keine einzige Aktie hält. Er bestimmt die Preise, die kollektiven Überein­kommen, die Exportquoten, die Produktions­quoten usw. Er bestimmt die Verkäufe des Unternehmens, da er in der Mehrzahl der produktiven Unternehmen der Hauptabneh­mer ist. Über die Fiskal-, Monetär- und Kre­ditpolitik bestimmt er klar die Entwicklung des "freien Marktes". BC berücksichtigt diese grundlegenden Aspekte der revolutionären Analyse der Dekadenz nicht. Sie ziehen es vor, einem Teilaspekt der Anstrengung zum Verständnis der ganzen Tragweite des Impe­rialismus von Lenin und den Revolutionären seiner Zeit die Treue zu halten: der Theorie von Lenin über das Finanzkapital, die er von Hilferding aufgenommen hatte. In seinem Werk über den Imperialismus sieht Lenin klar die Periode der Dekadenz eintreten, die die Notwendigkeit der proletarischen Revolution auf die Tagesordnung stellt. Jedoch verbindet er diese Epoche mit der Entwicklung des Finanzkapitals als parasitärem Monster, das aus dem Prozess der Kapitalkonzentration hervorgeht.

" ... viele Gesichtspunkte in Lenins Defini­tion des Imperialismus (sind) heute nicht mehr gültig (..) und (waren) es selbst zu der Zeit nicht (..), als er sie erarbeitete. So eröff­nete jene Periode, in der das Kapital durch­aus als von einer Oligarchie des "Finanzkapitals" und von den " inter­nationalen monopolistischen Kapitalisten ver­bänden " beherrscht angesehen werden konnte, schon den Weg zu einer neuen Phase während des Ersten Weltkrieges - die Periode des Staatskapitalismus, der ständigen Kriegswirtschaft. In der Epoche chronischer interimperialistischer Rivalitäten auf dem Weltmarkt neigt das gesamte nationale Kapi­tal dazu, sich um den Staatsapparat zu scha­ren, der jede einzelne Kapitalfraktion diszi­pliniert und den Bedürfnissen des militärisch ökonomischen Überlebens unterordnet."[24]

Was bei Lenin lediglich ein Fehler im schwierigen Verstehen des Imperialismus war, das wird in den Händen von BC ein gefährli­cher Fehltritt. Erstens verschließt die Theorie der "Konzentration in supranationalen Monopolen" die Türe zum Verständnis der Marxistischen Position, dass sich das nationale Kapital in den Händen des Staates konzen­triert und sich die Tendenz zum Staatskapita­lismus durchsetzt. Dieser Tendenz kann sich keine Fraktion der Bourgeoisie entziehen, gleich welche internationalen Verbindungen sie besitzen. Zweitens öffnet diese Theorie Kautskys "Superimperialismus " die Tür. Es ist überraschend, dass BC diese Theorie ledig­lich von Seiten der Unmöglichkeit, die Anar­chie der kapitalistischen Produktionsweise zu überwinden, kritisiert, ohne jedoch das we­sentliche anzugreifen: nämlich die illusorische Möglichkeit des Kapitals, sich über die Gren­zen hinweg zu vereinigen. Und diese Schwie­rigkeit leitet sich aus der Tatsache ab, dass Battaglia Comunista, auch wenn sie richti­gerweise die extreme These der "Fusion der Nationen" verwerfen, dennoch fälschlicher­weise die Existenz von supranationalen Einheiten behaupten. Drittens entwickelt BC Spekulationen, wonach fiir den Staat die "Globalisierung" zweierlei Dimensionen aufweise: einerseits den Dienst im Interesse der Multinationalen, andererseits diejenige im nationalen Interesse, die ihm auch unterge­ordnet ist: "Es schält sich immer offensichtli­cher ein Staat heraus, dessen Intervention sich in der Wirtschaft auf zwei Ebenen zeigt: Einerseits offeriert er dem supranationalen Zentrum die zentralisierte Führung der Geldmenge und die Bestimmung der makroökonomischen Variablen in der entspre­chenden Währungszone, andererseits kon­trolliert er die Vereinbarkeit der letzteren mit den nationalen Variablen."[25] BC stellt die Welt auf den Kopf! Die einfache Beobachtung der Entwicklung der Europäischen Union zeigt genau das Gegenteil: Der Nationalstaat vertritt die Interessen des nationalen Kapitals und ist keinesfalls eine Art "Delegation" der "europäischen" Interessen, so wie es die Zweideutigkeiten von BC vermuten lassen. Indem sie die Theorie der Spekulation mit den "transnationalen" Interessen verbinden, ziehen sie völlig unglaubliche Schlussfolge­rungen: Die imperialistischen Konflikte seien nicht in einen generalisierten imperialisti­schen Krieg ausgeartet, weil „(...) sich nach dem Verschwinden der Blockkonfrontation durch die Implosion des Ostblocks keine Grundlagen für eine strategische Konfronta­tion klar und präzise herausgebildet hat. Die strategischen Interessen der großen und wirklichen Wirtschaftszentren haben sich bis jetzt noch nicht in strategischen Konfrontationen übersetzt, da sie nun grenzüberschrei­tend handeln.[26]

Dies ist eine sehr schwerwiegende Verwir­rung. Der imperialistische Krieg wäre nun keine Konfrontation zwischen bis zu den Zähnen bewaffneten nationalen Kapitalen (wie ihn Lenin definierte), sondern das Er­gebnis von Konfrontationen zwischen trans­nationalen Gruppen, die die Nationalstaaten benutzen würden. Diese wären nicht mehr das Zentrum und die Verantwortlichen des Krieges, sondern einfache Marionetten der trans­nationalen Monster. Glücklicherweise zieht BC nicht alle Folgerungen aus dieser Verir­rung. Glücklicherweise deshalb, weil sie dies zur Behauptung führen könnte, dass der Klas­senkampf gegen den imperialistischen Krieg nicht mehr gegen die Nationalstaaten gerichtet sei, sondern auf die Befreiung letzterer von den transnationalen Interessen. In anderen Worten käme man so zu ganz vulgären My­stifikationen der Linken. BC muss kohärent sein mit den Positionen der Kommunistischen Linken. Sie müssen ihre Spekulationen  über die Monopole und die Finanzmonster einer systematischen Kritik unterziehen. BC muss Verirrungen wie diejenige, dass „eine neue Ära, charakterisiert durch die Diktatur der Finanzmärkte. ankündige" (Prometeo Nr. 9), an der Wurzel ausrotten. Diese Schwächen lassen bürgerliche Mystifikationen wie diejenige der „Globalisierung" ebenso wie diejenige der angeblichen Opposition zwi­schen nationalem und transnationalen Inter­essen eindringen.

Dies kann Battaglia Comunista zur Ver­teidigung gewisser Thesen und Mystifikatio­nen der herrschenden Klasse führen und so zur Schwächung des Bewusstseins und des Klassenkampfes. Dies ist gewiss nicht die Rolle, die eine revolutionäre Organisation spielen sollte. Adalen 5.6.1996


[1] Siehe: ,,L'impossible "uniti de l'europe" in der Internationalen Revue Nr.73 (engl./franz./span.) 1993. Ein Artikel, in dem wir die Verschärfung der Konkurrenz und der Anarchie auf dem Weltmarkt unterstreichen.

[2] "Tourmente ftnanciere: la folie? ", Interna­tionale Revue Nr.81 (engl./franz./span.) 1995.

[3] "Le cynisme de la bourgeoisie decadente", Internationale Revue Nr. 78 (engl./franz./span.) 1994.

[4] Weltjahrbuch 1996, "Umsiedlung, Beschäfti­gung und Ungleichheit".

[5] "Das bedeutet, dass diese wirtschaftliche Entwicklung die Produktion der am meistenfortge­schrittenen Länder nur negativ beeinflussen kann; und so werden sich diese Staaten wiederum gegen die "wifairen Handelspraktiken der Schwellenlän­der" wehren." " Resolution zur internationalen Situation", Internationale Revue Nr. 16 (deutsch) 1995.

[6] Ebenda

[7] Welt jahrbuch 1996, "Die Veränderungen durch die Welthandelsorganisation':

[8] "Une economie rongee par la dicompositi­on", Internationale Revue Nr. 75 (engl./franz./span.) 1993.

[9] K. Ohmae, "Le diploiement des economies regionales".

[10] ebenda

[11] Prometeo Nr. 9, "Das Kapital gegen das Kapital".

[12] ebenda

[13] ebenda

[14] ebenda

[15] ebenda

[16] ebenda

[17] Bucharin, „Imperialismus und Weltwirtschaft“

[18] Prometeo Nr. 9, "Das Kapital gegen das . Kapital“

[19] Prometeo Nr. 10, "Zwei Seiten des Staates: Globalisierung und Staatswirtschaft"

[20] Die betrübliche Inkohärenz von Battaglia Comnnista tritt deutlich hervor, wenn sie schreiben, dass (…) „der Kapitalismus in Wirklichkeit immer das selbe bleibt, und nichts anderes tut, als sich im Interesse der Selbsterhaltung entlang der durch den tendenziellen Fall der Profitrate diktierten Linien zu reorganisieren." Prometeo Nr. 9.

[21] Prometeo Nr. 10, "Zwei Seiten des Staates: Globalisierung und Staatswirtschaft"

[22] ebenda

[23] Viele amerikanische Politiker rücken, nach­dem sie Posten im Senat oder in der Staatsverwal­tung besetzt haben, auch in die Führungsspitze der großen multinationalen Konzeren vor. Dasselbe kann auch in Europa beobachtet werden.

[24] "Über den Imperialismus", Internationale Revue Nr. 19 (engl./franz./span.) 1979.

[25] Prometeo Nr. 10, "Zwei Seiten des Staates: Globalisierung und Staatswirtschaft ".

[26] Prometeo Nr. 9, "Das Kapital gegen das Kapital".