Gespeichert von Weltrevolution am
1) Am 6. März 1991, nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und dem Sieg der Koalition im Irak, verkündete der damalige Präsident George Bush vor dem US-Kongress die Schaffung einer "neuen Weltordnung", die sich auf den "Respekt des Völkerrechts" stütze. Diese neue Weltordnung sollte der Welt „Frieden und Wohlstand“ bringen. Das "Ende des Kommunismus" bedeutete den "endgültigen Triumph des liberalen Kapitalismus". Einige, wie der "Philosoph" Francis Fukuyama, sagten gar das "Ende der Geschichte" voraus. Aber die Geschichte, d.h. die wirkliche und nicht die der Propagandareden, hat sehr schnell diesen Schwindel der Scharlatane als lächerlich entblößt. Anstatt Frieden brach im Jahr 1991 dann im Gegenteil der Krieg im ehemaligen Jugoslawien aus, mit Hunderttausenden Toten im Herzen Europas; ein Kontinent, der von dieser Geißel seit mehr als einem halben Jahrhundert verschont worden war. Und die Rezession von 1993, dann der Zusammenbruch der asiatischen "Tiger" und "Drachen" 1997, schließlich die neue Rezession 2002 setzten der durch die "Internetblase" aufgekommenen Euphorie ein Ende und zerkratzten beträchtlich die Illusionen über den von Bush Senior angekündigten "Wohlstand". Aber ein Wesensmerkmal der offiziellen Reden der herrschenden Klasse heute besteht darin, die Reden von gestern in Vergessenheit geraten zu lassen. Zwischen 2003 und 2007 hörte man aus den Reihen der Herrschenden euphorische Töne in den offiziellen Reden. Man feierte den Erfolg des "angelsächsischen Modells", welches exemplarische Profite ermöglichte, beträchtliche Wachstumsraten des BIP und selbst einen bedeutsamen Rückgang der Arbeitslosigkeit. Man konnte die Triumphe der "liberalen Wirtschaft" und den Nutzen der "Deregulierung" nicht genügend loben. Aber seit dem Sommer 2007 und vor allem seit dem Sommer 2008 ist dieser Optimismus wie Schnee unter der Sonne geschmolzen. Jetzt werden aus den Reden der Herrschenden Begriffe wie "Wohlstand", "Wachstum", "Triumph des Liberalismus" diskret ausgeblendet. Am Tisch des großen Banketts der kapitalistischen Wirtschaft hat sich nun ein Gast niedergelassen, den man glaubte für immer verbannt zu haben: die Krise, das Gespenst einer "neuen weltweiten Depression", ähnlich wie die der 1930er Jahre.
Die Vertuschung der Ursachen der Krise
2) Den Reden aller Verantwortlichen der Herrschenden, aller "Wirtschaftsexperten zufolge ", auch der bedingungslosesten Beweihräucherer des Kapitalismus, ist die gegenwärtige Krise die schlimmste seit der großen Depression, welche 1929 einsetzte. Dier OECD meinte: "Die Weltwirtschaft befindet sich inmitten der tiefgreifendsten Rezession, die wir zu unseren Lebzeiten je gesehen haben." (Zwischenbericht März 2009) Einige zögern gar nicht zu erwägen, dass sie noch schlimmer werden wird, und dass der Grund, weshalb ihre Folgen nicht so katastrophal sein werden wie während der 1930er Jahre, darin läge, dass die Führer der Welt aus dieser Erfahrung seitdem gelernt hätten und mittlerweile mit solchen Situationen umgehen könnten. Das werde insbesondere dadurch ersichtlich, dass sie verhindert hätten, dass "jeder für sich handelt". "Obwohl dieser schwere weltweite Konjunkturabschwung von einigen bereits als „Große Rezession“ bezeichnet wurde, sind wir weit davon entfernt, eine Wiederholung der Großen Depression der 1930er Jahre zu erleben, was der Qualität und Intensität der gegenwärtig getroffenen staatlichen Maßnahmen zu verdanken ist. Die Große Depression wurde durch verheerende wirtschaftspolitische Fehler verstärkt, von einer kontraktiven Geldpolitik bis hin zu einer Beggar-thy-Neighbour-Politik in Form einer protektionistischen Handelspolitik und eines Abwertungswettlaufs. Im Gegensatz hierzu hat die gegenwärtige Rezession alles in allem die richtigen Politikreaktionen ausgelöst." (ebenda) (www.oecd.org)
Auch wenn alle Teile der Herrschenden die Tragweite der gegenwärtigen Erschütterungen der kapitalistischen Wirtschaft feststellen, sind natürlich deren Erklärungen, die oft voneinander abweichen, unfähig, die wahre Bedeutung dieser Erschütterungen und die Perspektive, die sich daraus für die gesamte Gesellschaft ergibt, zu begreifen. Einigen zufolge ist die "verrückte Finanzwelt" für die großen Schwierigkeiten des Kapitalismus verantwortlich, d.h. die Tatsache, dass sich seit Anfang 2000 eine Reihe von "toxischen Finanzprodukten" entwickelt hat, die eine grenzenlose Krediterweiterung ohne ausreichende Garantien der Zurückzahlung ermöglichte. Andere behaupten, dass der Kapitalismus international unter zu viel "Deregulierung" leide, eine Orientierung, die im Zentrum der "Reagonomics" Anfang der 1980er Jahre stand. Andere wiederum, nämlich insbesondere die Repräsentanten der Linken des Kapitals, beteuern, die eigentliche Wurzel läge in den zu niedrigen Einkommen der Beschäftigten, was diese insbesondere in den entwickeltsten Staaten dazu zwänge, eine Flucht nach vorne in noch mehr Verschuldung anzutreten, um deren elementaren Bedürfnisse zu befriedigen. Aber ungeachtet all der unterschiedlichen Auffassungen liegt ihre Gemeinsamkeit darin zu behaupten, nicht der Kapitalismus als Produktionsform sei die Ursache, sondern diese oder jene Erscheinungsform des Systems. Gerade dieses Ausgangspostulat hindert all diese Interpretationen daran, die wahren Ursachen der gegenwärtigen Krise und das, was auf dem Spiel steht, zu begreifen.
Die Überproduktionskrise und die Droge der Verschuldung
3) In Wirklichkeit kann man nur durch eine globale und historische Sicht der kapitalistischen Produktionsweise begreifen, welche Konsequenzen und Perspektiven sich aus der gegenwärtigen Krise ergeben. Auch wenn dies von allen "Wirtschaftsexperten" vertuscht wird, treten heute die Widersprüche des Kapitalismus offen zutage: die Überproduktionskrise des Systems, seine Unfähigkeit, die Masse der produzierten Waren zu verkaufen. Es gibt keine Überproduktion im Verhältnis zu den wirklichen Bedürfnissen der Menschheit, die noch weit davon entfernt sind, befriedigt zu werden; sondern es gibt Überproduktion im Verhältnis zu den zahlungsfähigen Märkten; das Geld zur Zahlung der Produkte ist nicht vorhanden. Die offiziellen Reden sowie die Maßnahmen, die von den meisten Regierungen ergriffen werden, konzentrieren sich alle auf die Finanzkrise, auf den Bankrott der Banken, aber in Wirklichkeit ist das, was die Kommentatoren die "reale Wirtschaft" nennen (im Gegensatz zur "fiktiven Wirtschaft"), dabei diese Tatsache zu verdeutlichen: Kein Tag vergeht, an dem nicht neue Werksschließungen, Massenentlassungen, Firmenpleiten von Industrieunternehmen angekündigt werden. Die Tatsache, dass General Motors, welches jahrzehntelang das größte Unternehmen der Welt war, sein Überleben nur der massiven Unterstützung des amerikanischen Staates verdankt, während Chrysler sich offiziell zahlungsunfähig erklärte und in die Hände der italienischen Firma Fiat fällt, spricht Bände über die tieferliegenden Probleme der kapitalistischen Wirtschaft. Der Rückgang des Welthandels, der seit dem 2. Weltkrieg zum ersten Mal registriert wurde und von der OECD für 2009 mit -13.2% prognostiziert wird, zeigt die Unfähigkeit der Unternehmen, die entsprechenden Abnehmer für ihre Waren zu finden.
Diese heute offensichtliche Überproduktionskrise ist keine einfache Folge der Finanzkrise, wie uns die meisten "Experten" weiszumachen versuchen. Sie hat ihren Ursprung in den inneren Gesetzen der kapitalistischen Wirtschaft selbst, wie es der Marxismus seit anderthalb Jahrhunderten aufgezeigt hat. Solange die Eroberung der Welt durch die kapitalistischen Metropolen fortdauerte, ermöglichten die neuen Märkte die vorübergehende Überwindung der Überproduktion. Aber sobald diese Eroberungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu Ende gingen, hatten diese Metropolen, insbesondere jene, welche beim Run auf die Kolonien als letzte aufgetaucht war, Deutschland, keine andere Wahl als die Einflussgebiete der Rivalen anzugreifen, wodurch der Erste Weltkrieg ausgelöst wurde, lange bevor die Überproduktionskrise voll zum Ausbruch kam. Diese trat jedoch mit dem Krach von 1929 und der großen Depression der 1930er Jahre voll ans Licht, wodurch die größten kapitalistischen Staaten zu einer Flucht nach vorne in den Krieg und in den 2. Weltkrieg getrieben wurden, welcher den Ersten Weltkrieg hinsichtlich der Massaker und der Barbarei bei weitem übertraf. All die von den Großmächten nach dem 2. Weltkrieg ergriffenen Maßnahmen, insbesondere die Organisierung großer Bereiche der Wirtschaft unter US-Vorherrschaft wie auf der Ebene der Währung (Bretton Woods) und die Einführung neokeynesianischer Maßnahmen durch die Staaten sowie die positiven Auswirkungen der Entkolonisierung hinsichtlich der Märkte ermöglichten dem Weltkapitalismus ca. drei Jahrzehnte lang die Illusionen zu verbreiten, er hätte letztendlich doch seine Widersprüche überwunden. Aber diese Illusion wurde 1974 durch den Ausbruch einer gewaltigen Rezession erschüttert, die sich insbesondere stark in den USA auswirkte. Diese Rezession war nicht der Anfang der großen Schwierigkeiten des Kapitalismus, da ihr schon die Krise von 1967 vorausgegangen war und auch der Dollar und das britische Pfund Sterling schon in der Krise steckten, d.h. zwei Hauptwährungen des Bretton Woods Systems. Schon Ende der 1960er Jahre hatte der Neokeynesianismus sein historisches Scheitern offenbart, wie es seinerzeit die Gruppen, die später die IKS bilden sollten, hervorhoben.
Aber für alle bürgerlichen Kommentatoren und die Mehrheit der Arbeiterklasse läutete das Jahr 1974 den Beginn eines neuen Zeitraums des Kapitalismus nach dem Krieg ein, insbesondere nach dem Wiederauftauchen eines Phänomens, das man in den entwickelten Ländern endgültig gebannt glaubte – die Massenarbeitslosigkeit. Damals beschleunigte sich auch diese Flucht nach vorne in die Verschuldung. Damals standen die Länder der Dritten Welt an der Spitze der meist verschuldeten Staaten; sie stellten eine Zeit lang die « Lokomotive » des Wiederaufschwungs dar. Zu Beginn der 1980er Jahre ging diese Phase zu Ende, als die Schuldenkrise ausbrach, nachdem die Länder der Dritten Welt unfähig waren, ihre Schulden zurückzuzahlen, die eine Zeit lang ermöglicht hatten, als Absatzmarkt für die Produktion der großen Industriestaaten zu dienen. Aber die Flucht in die Verschuldung ging damit nicht zu Ende. Die USA haben die anderen Staaten als « Lokomotive » abgelöst, allerdings zum Preis eines beträchtlichen Anstiegs ihres Handelsbilanzdefizits und vor allem ihres Haushaltsdefizits. Diese Politik konnten sie aufgrund der privilegierten Rolle ihrer nationalen Währung, des Dollars, als Weltleitwährung betreiben. Während der Spruch Reagans zur Liquidierung des Neokeynesianismus lautete: « Der Staat ist nicht die Lösung, er ist das Problem », stellte der amerikanische Staat jedoch aufgrund seiner gewaltigen Haushaltsdefizite die Hauptkraft in der US-Wirtschaft wie auch in der Weltwirtschaft dar. Aber die Politik der « Reagonomics », die zunächst von M. Thatcher in Großbritannien inspiriert worden war, bedeutete im Wesentlichen den Abbau des « Wohlfahrtstaats », d.h. noch nie dagewesene Angriffe gegen die Arbeiterklasse, wodurch die galoppierende Inflation überwunden werden konnte, die den Kapitalismus seit Ende der 1970er Jahre geprägt hatte.
In den 1990er Jahren bildeten die asiatischen « Tiger » und « Drachen » eine der Lokomotiven der Weltwirtschaft ; dort wurden spektakuläre Wachstumszahlen verbucht, allerdings auf Kosten einer beträchtlichen Verschuldung, die 1997 zu großen Erschütterungen führte. Gleichzeitig wurde das « neue » und « demokratische » Russland zahlungsunfähig; es enttäuschte mächtig diejenigen, die « auf das Ende des Kommunismus » gesetzt hatten, um die Weltwirtschaft wieder anzukurbeln. Die « Internetblase » Ende der 1990er Jahre, die in Wirklichkeit eine frenetische Spekulation mit den « High-Tech » Firmen war, löste sich 2001-2002 auf und brachte damit den Traum einer Ankurbelung der Weltwirtschaft durch die Entwicklung neuer Technologien im Bereich Information und Kommunikation zu Ende. So wurde die Verschuldung erneut angefacht, insbesondere mittels einer gewaltigen Aufblähung der Immobilienkredite in vielen Ländern, insbesondere in den USA. Die USA konnten somit die Rolle der « Lokomotive der Weltwirtschaft » spielen, aber zum Preis einer grenzenlosen Verschuldung- insbesondere der amerikanischen Bevölkerung, die sich auf alle möglichen « Finanzprodukte » stützte, welche Risiken der Zahlungsunfähigkeit vermeiden sollten. In Wirklichkeit hat die Streuung der zweifelhaften Kredite keineswegs die Gefahr aus der Welt geschafft, die von ihnen ausgeht, dass sie nämlich als Damoklesschwert über der US-Wirtschaft und der Weltwirtschaft insgesamt hängen. Im Gegenteil, dadurch wurden bei den Vermögen der Banken die « toxischen Aktiva », die den Zusammenbruch von 2007 an auslösten, angehäuft.
Eine erneute Flucht in die Verschuldung
4) So ist die Finanzkrise nicht die Wurzel der gegenwärtigen Rezession. Im Gegenteil, die Finanzkrise verdeutlicht nur die Tatsache, dass die Flucht nach vorne in die Verschuldung, welche die Überwindung der Überproduktion ermöglicht hatte, nicht endlos lange fortgesetzt werden kann. Früher oder später rächt sich die « reale Wirtschaft », d.h. was die Grundlagen der Widersprüche des Kapitalismus darstellt – die Überproduktion, die Unfähigkeit der Märkte, die Gesamtheit der produzierten Waren aufzusaugen. Diese Widersprüche treten dann wieder deutlich in Erscheinung.
Deshalb können die Maßnahmen, die auf dem G20 in London im März 2009 beschlossen wurden, nämlich eine Verdoppelung der Reserven des Internationalen Währungsfonds, eine massive Unterstützung der Staaten für das zerbröckelnde Finanzsystem, eine Ermunterung, dass die Staaten eine aktive Ankurbelungspolitik betreiben auf Kosten einer spektakulären Erhöhung der Haushaltsdefizite, auf keinen Fall das grundlegende Problem lösen. Die Flucht in die Verschuldung ist eines der Merkmale der Brutalität der gegenwärtigen Rezession. Die einzige « Lösung », die die herrschende Klasse umsetzen kann, ist eine erneute Flucht in die Verschuldung. Der G20 konnte keine Lösung für die Krise erfinden, ganz einfach, weil es keine Lösung für die Krise gibt. Seine Aufgabe war die Haltung des jeder für sich zu vermeiden, welche in den 1930er Jahren vorgeherrscht hatte. Ebenso wollte er ein wenig Vertrauen in die Träger der Wirtschaft schaffen, wohl wissend, dass das Vertrauen im Kapitalismus ein wesentlicher Faktor für einen zentralen Bestandteil seiner Funktionsweise ist: den Kredit. Diese Tatsache, dass man so stark das Element der « Psychologie » bei den gegenwärtigen wirtschaftlichen Erschütterungen und gegenüber der materiellen Lage betont hat, verdeutlicht den grundlegend illusorischen Charakter der Maßnahmen, welche der Kapitalismus gegenüber der historischen Krise seiner Wirtschaft ergreifen kann. Auch wenn das kapitalistische System nicht wie ein Kartenhaus zusammenstürzen wird, und auch wenn der Rückgang der Produktion nicht endlos weiter gehen wird, bleibt die Perspektive die eines immer stärkeren Versinkens in der historischen Sackgasse und der Vorbereitung von noch größeren Erschütterungen als jene, die wir heute erleben. Seit mehr als vier Jahrzehnten hat sich die herrschende Klasse als unfähig erwiesen, die Zuspitzung der Krise zu verhindern. Heute ist die Lage viel verheerender als in den 1960er Jahren. Trotz all der Erfahrungen, die sie während all dieser Jahrzehnte gewonnen hat, kann die herrschende Klasse es nicht besser machen, sondern sie wird nur noch viel Schlimmeres anstellen. Insbesondere die neokeynsianischen Maßnahmen, die vom Londoner G20 propagiert wurden (die gar bis zur Verstaatlichung von in Schwierigkeiten geratenen Banken gehen können) haben keine Aussicht darauf, den Kapitalismus irgendwie wieder zu « gesunden », denn der Beginn dieser großen Schwierigkeiten Ende der 1960er Jahre war genau auf das Scheitern dieser neokeynesianischen Maßnahmen zurückzuführen, die nach dem 2. Weltkrieg ergriffen worden waren.
Die Frage der Methode
5) Während sie die herrschende Klasse stark überrascht hat, hat die brutale Zuspitzung der kapitalistischen Krise die Revolutionäre keineswegs überrascht. In der Resolution, die von unserem letzten internationalen Kongress noch vor dem Beginn der Panik im Sommer 2007 verabschiedet wurde, schrieben wir : « Schon jetzt lösen die Gewitterwolken, die sich im Immobiliensektor in den Vereinigten Staaten- einer wichtigen Triebkraft der nationalen Ökonomie – mit der Gefahr von katastrophalen Bankenpleiten zusammenbrauen, große Sorgen in den maßgeblichen Wirtschaftskreisen aus » (Punkt 4, Internationale Revue Nr. 40, S. 10)
Dieselbe Resolution verwarf ebenfalls die großen Erwartungen, die das « chinesische Wirtschaftswunder » hervorgerufen hatte: « Somit ist das « chinesische Wunder » und anderer Länder der Dritten Welt weit entfernt davon, einen « frischen Wind » für die kapitalistische Wirtschaft darzustellen. Es ist nichts anderes als eine Variante des niedergehenden Kapitalismus. Darüber hinaus stellt die extreme Exportabhängigkeit der chinesischen Wirtschaft einen empfindlichen Punkt im Falle eines Nachfragerückgangs dar, eines Rückgangs, der unweigerlich kommen wird, insbesondere wenn die amerikanische Wirtschaft gezwungen sein wird, etwas Ordnung in die schwindelerregende Schuldenwirtschaft zu bringen, die es ihr momentan erlaubt, die Rolle der « Lokomotive » der weltweiten Nachfrage zu spielen. So wie das « Wunder » der asiatischen « Tiger » und « Drachen », die durch zweistellige Wachstumsraten geglänzt hatten, 1997 ein schmerzhaftes Ende fand, wird das heutige « chinesische Wunder », auch wenn es andere Ursachen hat und über wesentliche ernsthaftere Trümpfe verfügt, früher oder später unweigerlich in der historischen Sackgasse der kapitalistischen Produktionsweise landen » (Punkt 6, ebenda, S. 11)
Der Rückgang des chinesischen Wachstums und die damit verbundene Explosion der Arbeitslosigkeit sowie die zwangsweise Rückkehr von Dutzenden Millionen Bauern in ihre Dörfer, die in den Industriegürteln schuften mussten, um einer unhaltbaren Armut zu entweichen, bestätigen diese Prognose vollauf.
Die Fähigkeit der IKS, das vorauszusehen, was später eingetreten ist, stellt kein « besonderes Verdienst » unserer Organisation dar. Das einzige « Verdienst » ist unsere Treue gegenüber der marxistischen Methode, der Wille, sie ständig bei der Analyse der Wirklichkeit auf der Welt anzuwenden, der Fähigkeit, uns den Sirenen derjenigen standhaft zu widersetzen, die das « endgültige Scheitern des Marxismus » verkünden.