Gaizka schweigt - ein tosendes Schweigen

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Gegenüber unserem Artikel: Wer ist wer bei „Nuevo Curso“[1], der die Zusammenarbeit des Individuums namens Gaizka mit hohen Beamten und Institutionen des bürgerlichen Staates anprangert, hat sich diese Person bisher in absolutes Schweigen gehüllt. „Kein Kommentar“. Schweigen als Antwort. Und es fällt uns schwer zu glauben, dass er nicht gehört hat, was wir sagen, da seine Freunde sofort seine Verteidigung übernommen haben[2]. Aber weder der eine noch die anderen haben auch nur eine einzige der Tatsachen geleugnet, die wir auf den Tisch gelegt haben: Nichts, absolut nichts.

Dieses Schweigen ist eine eklatante Bestätigung von Gaizkas auf Aufstieg bedachten Werdegang als Abenteurer. Sie sagen dazu nichts, weil es nichts dagegen zu sagen gibt.

Dass Schweigen nur als Bestätigung der gestellten Fragen verstanden werden kann, ist bekannt. In diesem Zusammenhang zitiert Paul Frölich[3] in seiner Autobiographie eine Anekdote über einen der Redakteure der Leipziger Volkszeitung Lensch: „Dabei hatte er Instinkt für taktisches Verhalten. Einmal war ich sehr verwundert, dass er auf wiederholte Angriffe eines anderen Parteiblattes nicht antwortete. ‚Sehr einfach‘, meinte er, ‚ich habe in einem wichtigen Punkt unrecht gehabt. Jetzt lasse ich sie bellen, bis sie heiser sind und die Geschichte vergessen. Solange bin ich taub.‘[4]

Wann immer Revolutionäre jedoch der Provokation oder Kollaboration mit der Bourgeoisie oder einfach nur eines unwürdigen Verhaltens beschuldigt wurden, verwendeten sie ihre ganze Energie darauf, dies zu widerlegen. Marx verbrachte ein Jahr damit, ein ganzes Buch als Antwort auf Herrn Vogts[5] Beschuldigungen vorzubereiten, er sei ein geheimer Polizeiagent, und zusammen mit Engels setzte er ein ganzes Arsenal an rechtlichen Maßnahmen gegen Versuche ein, den Bund der Kommunisten und sich selbst zu diskreditieren.[6] Bebel wurde beschuldigt, Geld aus der ADAV-Kasse gestohlen zu haben, und dieser hörte erst auf, dagegen vorzugehen, als sich die Vorwürfe als falsch erwiesen. Trotzki, völlig isoliert und von Stalin schikaniert, sammelte immer noch Kräfte um sich, um den geringen Raum, der ihm noch blieb, zu nutzen und die Dewey-Kommission[7] zu seiner Verteidigung einzuberufen usw. Die echten Abenteurer und Provokateure haben dagegen alles getan, um sich zu verdrücken und in Deckung zu gehen.

Eine ohrenbetäubende Stille

Tatsächlich erkannte zum Beispiel Bakunin zunächst angesichts des internen Zirkulars der I. Internationale über „Die angeblichen Spaltungen in der Internationale“ unter dem Anschein eines skandalösen Tons an, dass er sich nur durch – ein längeres Schweigen wehren konnte:

 „Zweieinhalb Jahre lang haben wir diese schmutzigen Angriffe stillschweigend ertragen. Unsere Verleumder begannen zunächst mit vagen Anschuldigungen, vermischt mit feiger Zurückhaltung und giftigen Unterstellungen, aber gleichzeitig so dumm, dass mangels anderer Gründe zum Schweigen der schlechte Geschmack, vermischt mit Verachtung, den sie in meiner Kur provoziert hatten, ausgereicht hätte, um mein Schweigen zu erklären und zu legitimieren“.[8]

In dem gesamten Brief sucht man vergeblich nach irgendeinem Argument. Bakunin kündigte jedoch an, dass er ein Ehrengericht einberufen und vor dem nächsten Kongress einen Artikel schreiben werde (NdR: Den Haag, 1872): „Andererseits habe ich mir immer das Recht vorbehalten, alle meine Verleumder vor ein Ehrengericht zu bestellen, was mir der nächste Kongress zweifellos nicht verweigern würde ... Die Wahrheit wiederherzustellen, indem ich so weit wie möglich zur Zerstörung des von Marx und seinen Gefolgsleuten errichteten Lügensystems beitrage, das wird das Ziel eines Papiers sein, das ich vor der Sitzung des Kongresses veröffentlichen will.“ (ebenda, S. 356)

Selbstverständlich hat er nie ein solches Ehrengericht einberufen und auch keine Artikel geschrieben. Stattdessen war das, was er in einem Brief vom 25. September 1873 an das Journal de Genève schrieb (zusätzlich zu den Beleidigungen gegen Marx, „Kommunist, Deutscher und Jude“ zu sein), eine Kapitulation, sobald er von der Veröffentlichung des „Berichts über das Treiben Bakunins und der Allianz der sozialistischen Demokratie“ („Ein Komplott gegen die Internationale Arbeiter-Association“) erfuhr (MEW 18, S. 327)[9].

Ich gestehe, dass mich all dies gegenüber dem öffentlichen Leben zutiefst verärgert hat. Ich habe die Nase voll von all dem. Nachdem ich mein ganzes Leben lang gekämpft habe, bin ich müde. Ich bin über sechzig Jahre alt, und ein Herzleiden, das sich mit dem Alter verschlimmert, macht mein Leben immer schwieriger. Lassen Sie andere junge Menschen an die Arbeit gehen. Was mich betrifft, so fühle ich nicht mehr die Kraft oder vielleicht die Zuversicht, den Sisyphos-Stein gegen die triumphierende Reaktion überall zu drücken. Deshalb ziehe ich mich aus dem Kampf zurück und bitte meine lieben Zeitgenossen nur um eines: Vergessen.“[10]

Und wie man sieht, wendet Bakunin auch hier eine weitere klassische Strategie der Abenteurer an, nämlich sich als Opfer darzustellen, das Opfer, das leidet, wenn sein persönliches Verhalten entlarvt wird.

Als Schweitzer[11] beschuldigt wurde, kranken Arbeitern, die nicht zur Arbeit gehen konnten, Geld unterschlagen zu haben, um es für Champagner und andere „Gelüste“ auszugeben, konnte er sich im Gegensatz zu Bebel nie verteidigen:

Schweitzer wurde mehr als einmal öffentlich dieser schändlichen Handlung beschuldigt, aber er hat es nie gewagt, sich zu verteidigen.“[12]

Als Bebel und Liebknecht ihn auf dem Kongress in Barmen-Elberfeld (Wuppertal) als Regierungsagenten bezeichneten, sprach er, der direkt hinter ihnen auf der gleichen Bühne saß, kein Wort und überließ es seinen Gefolgsleuten, mit Beleidigungen und Drohungen zu reagieren:

„Unsere Anklagen enthielten zusammengedrängt, was ich bisher hier gegen Schweitzer vorgebracht habe. Mehrere Male erfolgten heftige Unterbrechungen, namentlich als ich Schweitzer als Regierungsagent bezeichnete. Ich solle das Wort zurücknehmen. Dessen weigerte ich mich. (…) Schweitzer, der während unserer Reden auf dem Podium hinter uns saß, erwiderte kein Wort. So verließen wir den Saal, wobei einige Delegierte vor und hinter uns gingen, um uns vor Tätlichkeiten der fanatisierten Anhänger Schweitzers zu schützen. Aber Schmeichelworte wie Schufte, Verräter, Lumpe, euch sollte man die Knochen im Leibe zerschlagen usw., bekamen wir bei dem Gange durch das lebende Spalier in Menge zu hören. Auch machte einer der Anwesenden den Versuch, mich beim Heruntersteigen vom Podium durch einen Stoß in die Kniekehle zu Fall zu bringen. Vor der Tür nahmen uns unsere Freunde in Empfang, um uns als Schutzgarde nach unserem Hotel zu geleiten.“[13]

Und man kann noch das Beispiel von Parvus erwähnen, dem Gorki vorwarf, Geld für die Rechte an seiner Arbeit in Deutschland erschwindelt zu haben. Und Parvus wurde von Trotzki[14], der anfangs sein Freund gewesen war, als Abenteurer und Sozialpatriot angeprangert. Derselbe Parvus wurde von Rosa Luxemburg, Clara Zetkin und Leo Jogiches abgelehnt, die ihn als eine Person sahen, die vom deutschen Imperialismus gekauft worden war. Lenin hinderte Parvus daran, nach der Revolution nach Petrograd zurückzukehren, weil er „schmutzige Hände“ hatte; und Parvus, der nie seine Verteidigung gegen all diese Vorwürfe aufnahm, überließ es anderen (insbesondere Radek), ihn inmitten der Exilanten in der Schweiz zu verteidigen (1915).

Und wir könnten die Liste fortsetzen mit Lassalle, Asew ..., usw.; alle versuchten sie, die Anschuldigungen gegen sie mit einer Mauer des Schweigens vergessen zu machen, unterzutauchen oder zu tun, als ob nichts geschehen wäre (wie Parvus).

Aber es besteht keine Notwendigkeit, soweit zurückzugehen; 2005 konnten wir sehen, wie „Bürger B“, der sich „einstimmig“ (er war schließlich auch das einzige Mitglied) als „Kreis der Internationalistischen Kommunisten“ (Círculo  de Comunistas Internacionalistas) Argentiniens proklamierte und sich in den Dienst der IFIKS[15] (jetzt die Internationale Gruppe der Kommunistischen Linken – GIGC –) stellte, um die IKS zu verunglimpfen, um von der Bühne zu verschwinden, sobald wir seinen Betrug anprangerten.[16] Es gibt auch Beispiele für ‚Krisen‘ des Schweigens, wenn die IKS Abenteurer in unseren Reihen angeprangert hat. Dies war der Fall bei der Entblößung und Bestrafung des als Simon[17] bekannten Mitglieds der IKS, auf die er mit einem hartnäckigen Schweigen reagierte, das uns damals dazu bewog, eine „Resolution über das Schweigen des Genossen Simon“ zu verfassen, in der es hieß: „1) Seit Genosse Simon Ende August 1994 sich aus dem Leben der IKS zurückzog, ist er nie der Forderung der Organisation nachgekommen, die Meinungsverschiedenheiten, die er mit unseren  Analysen und Stellungnahmen hatte und die seiner Meinung nach zum Teil seinen Rückzug motivierten, schriftlich zu formulieren ... Dieses Schweigen Simons ist umso unzulässiger, als er grundlegende Meinungsverschiedenheiten mit den beiden Resolutionen hatte, die von der erweiterten Sitzung des Internationalen Sekretariats am 3. Dezember 1994 angenommen wurden.“

Aber dieses hartnäckige Schweigen der Abenteurer und zwielichtigen Leute, wenn sie auf frischer Tat ertappt werden, ist nicht nur eine Bestätigung der gegen sie erhobenen Vorwürfe oder ihr Versuch, sie vergessen zu machen, sondern auch eine Strategie, die andere zu ihrer Verteidigung bewegen soll.

Gaizkas Freunde & Kompanie

Während Gaizka seit der Veröffentlichung unserer Entblößung nicht gesagt hat: „Das bin ich“, haben seine Freunde keine Zeit verloren, ihn zu verteidigen. Und so veröffentlichte die oben erwähnte GIGC nur 4 Tage später eine Erklärung: Neuer IKS-Angriff auf das internationale proletarische Lager (1. Januar - sic - 2020)[18].

Es überrascht uns nicht, dass eine Parasitengruppe mit Gangster- und polizeiähnlichem Verhalten einen Abenteurer in Schutz nimmt. Sie tat dies bereits 2005, als sie sich für den argentinischen Bürger B einsetzte. Und vielleicht sollten wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass die GIGC eine Art Sehergabe hat, wenn sie damals ein Kommuniqué des „Círculo“ Argentiniens veröffentlichte und verbreitete – bevor Bürger B es auf seiner Website kundtat. Bedauerlich ist, dass die GIGC (damals FICCI=IFIKS) das IBRP[19](heute die IKT) überlistet hat, denn damals hat das IBRP wenn auch diskret, ohne direkt das Wort zu ergreifen, die Kommuniqués der IFIKS / des Bürgers B veröffentlicht, in denen die IKS verunglimpft worden ist, und so ein inakzeptables, für Kommunisten unwürdiges Verhalten der einen wie des anderen gefördert.

Natürlich leugnet die GIGC in ihrem Kommuniqué nicht, was wir in unserem Artikel anprangern, mit Ausnahme der Aussage, dass sie „nichts bemerkt haben“: „Wir müssen darauf hinweisen, dass wir bisher keine Provokationen, Manöver, Verunglimpfungen, Verleumdungen oder Gerüchte bemerkt haben, die von den Mitgliedern von Nuevo Curso, auch nicht in individueller Eigenschaft, ausgegangen wären, noch eine Politik der Zerstörung gegen andere Gruppen oder revolutionäre Kämpfer.“ Verweilen wir einen Moment bei dieser Bemerkung.

In Wirklichkeit will die GIGC mit ihrem Kommuniqué die IKS angreifen, da aus der Sicht der GIGC es die IKS gewesen sei, „die diese Praktiken unter dem Deckmantel ihrer Theorie des Zerfalls und des Parasitismus entwickelt hat und nun zu ihr zurückkehrt“. Und darüber hinaus hätte sich die IKS „auf den ekelhaften Pfad der Personalisierung politischer Themen“ begeben.

Auf der Pantópolis-Website des Herrn Doktor Bourrinet[20]wurde der Artikel sofort weiter veröffentlicht. Dazu wurde eine Einleitung verfasst, die mit der GIGC in deren Hass auf die IKS noch wetteifert und diesen sogar noch übersteigt.

Die andere Gruppe, die unsere Gaizka-Entblößung verurteilte, war die GCCF[21], die sagte[22]: „Wir können dieses empörende und unmoralische Stück erstklassigen Klatsches, das völlig personalisiert ist und nicht auf politischen Gründen beruht, nur verurteilen“[23].

Kurz gesagt, zwei Vorwürfe: 1) dass nicht Gaikza, sondern die IKS sich basierend auf Verunglimpfung und Provokation unwürdig gegenüber dem Proletariat, verhalten würde; 2) dass in unserer Entblößung die Ebene der politischen Fragen durch die Auseinandersetzung um Personen ersetzt würden.

Es ist nicht das erste Mal, dass angesichts der unnachgiebigen Verteidigung des proletarischen Milieus und der Anprangerung unwürdigen Verhaltens revolutionäre Organisationen mit Verleumdungen wegen ihres „Autoritarismus“ und ihrer „Manöver“ angegriffen werden, als wären sie diejenigen, die die gleichen Mittel wie die entlarvten Abenteurer und Provokateure einsetzten. Das war in der IAA der Fall: „Nachdem sie die historische Gefahr begriffen hat, die die von der Ersten Internationalen gezogenen Lehren für ihre eigenen Klasseninteressen darstellen, unternahm die Bourgeoisie in Erwiderung auf die Enthüllungen des Haager Kongresses alles, um diese Bemühungen zu diskreditieren. Die bürgerliche Presse und bürgerliche Politiker erklärten, daß der Kampf gegen den Bakunismus nicht ein Kampf ums Prinzip, sondern ein schmutziger Machtkampf innerhalb der Internationalen gewesen sei. Demnach ging es Marx nur darum, seinen Rivalen Bakunin durch eine Lügenkampagne auszuschalten. Mit anderen Worten, die Bourgeoisie versuchte die Arbeiterklasse davon zu überzeugen, daß ihre Organisationen auf genau dieselbe Weise funktionierten und somit nicht besser seien als jene der Ausbeuter. Die Tatsache, daß die große Mehrheit der Internationalen Marx unterstützte, wurde dem ''Triumph des Autoritätsglaubens'' in ihren Reihen und der angeblichen Neigung ihrer Mitglieder zugeschrieben, überall Feinde der Assoziation lauern zu sehen. Die Bakunisten und die Lassalleaner verbreiteten Gerüchte, wonach Marx selbst ein Agent Bismarcks gewesen sei.“[24]

Bakunin selbst zögerte nicht, den Kampf der Internationale zur Verteidigung ihrer Statuten und ihrer Funktionsweise gegen den Sektengeist und ihre Intrigen als „Kampf der Sekten“ darzustellen: „So behauptet Bakunin in seinem ''Brief an die Brüder in Spanien'', daß die Resolution der Londoner Konferenz von 1872 gegen Geheimgesellschaften, die insbesondere gegen die Allianz gerichtet war, von der Internationalen nur angenommen worden sei, ''um den Weg für ihre eigene Verschwörung freizumachen, für die Geheimgesellschaft, die seit 1848, gegründet von Marx, Engels und dem verstorbenen Wolff, unter der Führung von Marx existiert hat, und die nichts anderes ist als die fast ausschließlich deutsche Gesellschaft der autoritären Kommunisten (...) Man muß feststellen, daß der Kampf, der inmitten der Internationalen ausgebrochen ist, nichts anderes ist als ein Kampf zwischen zwei Geheimgesellschaften.''[25]

In der Weltsicht solcher Leute wie Bakunin, der GIGC oder Gaizka gibt es keinen Platz für Ehrlichkeit, Organisationsprinzipien oder proletarische Moral; sie projizieren nur ihre eigene Art des Verhaltens auf andere. Wie die (spanische) Volksweisheit sagt: „Der Dieb meint, sie stehlen alle.“

Doch „weitaus ernster und gefährlich ist es, wenn solche Verunglimpfungen ein gewisses Echo innerhalb des revolutionären Lagers selbst erzeugen. Dies war bei Franz Mehrings Biographie von Marx der Fall. In diesem Buch erklärte Mehring, der dem erklärten linken Flügel der Zweiten Internationalen angehörte, daß die Broschüre des Haager Kongresses über die Allianz ''unentschuldbar'' und ''der Internationalen unwürdig'' gewesen sei. In seinem Buch verteidigte Mehring nicht nur Bakunin, sondern auch Lassalle und Schweitzer gegen die von Marx und den Marxisten erhobenen Anschuldigungen.“[26]

„Mehrings Diskreditierung des marxistischen Kampfes gegen den Bakunismus und Lassalleanismus sollten eine zerstörerische Wirkung auf die Arbeiterbewegung der kommenden Jahrzehnte erhalten. Nicht nur, daß sie sie zu einer teilweisen Rehabilitierung politischer Abenteurer wie Bakunin oder Lassalle führte. Vor allem erlaubte sie es dem opportunistischen Flügel der Sozialdemokratie vor dem 1. Weltkrieg, die Lehren der großen Kämpfe zur Verteidigung revolutionärer Organisationen, die in den 1860er und 1870er Jahren ausgefochten wurden, in die Vergessenheit zu verbannen. Dies war ein entscheidendes Element in der opportunistischen Strategie, die Bolschewiki innerhalb der Zweiten Internationalen zu isolieren, deren Kampf gegen den Menschewismus in dieser großen Tradition stand. Auch die Dritte Internationale litt unter Mehrings Legitimierung. So berief sich Stoecker in einem Artikel mit dem Titel ''Bezüglich des Bakunismus'' auf Mehrings Kritik an Marx, um die gefährlichsten und abenteuerlichsten Aspekte der März-Aktion von 1921 durch die KPD in Deutschland zu rechtfertigen.[27]

Aber gehen wir zum zweiten Vorwurf über, dem der Personalisierung politischer Themen, genauer gesagt „Geschwätz und Privatangelegenheiten“ aufzutischen.

Zunächst einmal beruhte unsere Anprangerung nicht auf der Ausbreitung privater Dinge, sondern darauf, öffentliches politisches Verhalten aufzudecken, was umfassend dokumentiert ist. Was wir über Gaizka enthüllt haben, sind Tatsachen, die zur Sphäre der öffentlichen Aktion bürgerlicher Politiker gehören und die deshalb von kommunistischen Militanten sorgfältig bedacht werden sollten. Was tat ein Individuum, das wiederholt die hochrangigen politischen Kreise des bürgerlichen Staates aufgesucht hatte, im Bereich der kommunistischen Linken?

Nun gibt es zweitens „private“ Tatsachen (Intrigen, Manöver, geheime Kontakte, undurchsichtige Beziehungen usw.), deren Kenntnis notwendig ist, um destruktive Aktionen gegen das Proletariat oder gegen revolutionäre Organisationen zu verstehen und anprangern zu können. Sie anzuprangern hat nichts mit Klatsch zu tun. Und statt sie selbst zu beantworten, lassen wir Engels reden. In einem der vielen Artikel, die Marx und er selbst zur Verteidigung der 1. Internationale schreiben mussten, die von der gesamten bürgerlichen Presse und von den Provokateuren und Anhängern Bakunins beschuldigt und von den unentschlossenen Mitgliedern selbst in Frage gestellt wurden, antwortete Engels auf einen Artikel der Vperyod[28] von Peter Lawrowv[29], der den Bericht der Kommission des Haager Kongresses über „Die Allianz der Sozialistischen Demokratie und die IWA[30] in Frage stellte, weil es eine „ätzende Polemik über persönliche und private Angelegenheiten mit Informationen, die nur aus Klatsch und Tratsch stammen können“ wäre. Dazu schrieb Engels folgendes:

Die Hauptanklage ist aber die, daß der Bericht voll von Privattatsachen sei, deren Glaubwürdigkeit für die Verfasser nicht unbestreitbar sein durfte, weil sie nur durch Hörensagen gesammelt werden konnten. Woher Freund Peter weiß, daß eine Gesellschaft, wie die Internationale, die ihre regelmäßigen Organe in der ganzen zivilisierten Welt besitzt, dergleichen Tatsachen nur durch Hörensagen sammeln kann, wird nicht gesagt. Seine Behauptung ist jedenfalls höchst leichtfertig. Die fraglichen Tatsachen sind beglaubigt durch authentische Beweisstücke, und die Betreffenden haben sich wohl gehütet, sie zu bestreiten.

Aber Freund Peter [31] ist der Ansicht, daß Privattatsachen wie Privatbriefe heilig seien und nicht in politischen Debatten veröffentlicht werden dürfen. Wenn man dies so unbedingt gelten lassen will, so verbietet man damit jede Geschichtsschreibung. (…) Und wenn man die Geschichte einer Bande beschreibt, wie die Allianz, in der sich neben den Betrogenen eine solche Menge Betrüger, Abenteurer, Spitzbuben, Polizeispione, Schwindler und Feiglinge finden, soll man diese Geschichte fälschen, indem man die einzelnen Schuftereien dieser Herren als „Privattatsachen“ wissentlich verheimlicht? Freund Peter mag sich darob entsetzen, aber er kann sich darauf verlassen, daß wir mit diesen „Privattatsachen“ noch lange nicht fertig sind. Das Material häuft sich immer mehr.

Wenn aber das „Vorwärts“ den Bericht als ein wesentlich aus Privattatsachen zusammengesetztes Machwerk schildert, so begeht es eine Handlung, die schwer zu bezeichnen ist. Der Mann, der so etwas schreiben konnte, hatte entweder die fragliche Schrift gar nicht gelesen; oder er war zu beschränkt oder zu voreingenommen, sie zu verstehn; oder aber er schrieb etwas, von dem er wissen mußte, daß es nicht richtig war. Niemand kann das „Komplott gegen die Internationale“ lesen, ohne sich zu überzeugen, daß die darin eingestreuten Privattatsachen das Allerunwesentlichste sind, Illustrationen zur näheren Bezeichnung der dann vorkommenden Charaktere, und daß sie alle gestrichen werden können, ohne daß der Hauptzweck der Schrift darunter leidet. Die Organisation einer geheimen Gesellschaft, mit dem einzigen Zweck, die europäische Arbeiterbewegung der verborgenen Diktatur einiger Abenteurer zu unterwerfen, die zu diesem Zweck, besonders durch Netschajew in Rußland, begangenen Infamien - darum dreht sich das Buch, und zu behaupten, es drehe sich bloß um Privatsachen, ist, gelinde gesagt, unverantwortlich.“ [32]

Schlussfolgerung

Können wir im Proletarischen Politischen Milieu eine Person tolerieren, die mit hohen Funktionären des bürgerlichen Staates Kontakte gepflegt und zusammengearbeitet hat? Können wir glauben, dass jemand wie er sich jetzt als Vertreter der Kommunistischen Linken präsentiert? Können wir Organisationen des Proletariats aufbauen und die zukünftige Partei der Revolution vorbereiten, wenn wir Personen wie diese so handeln lassen?

Gaizkas bissiges Schweigen ist eine Bestätigung seiner Zusammenarbeit mit dem bürgerlichen Staat, so wie wir sie entblößt haben. Seine Dienste für die PSOE[33] und später eine Zeitlang für die Liberalen, seine Kontakte zur Kommunistischen Linken und sein Verschwinden, als problematische Aspekte seines Verhaltens für eine kommunistische Militanz[34] untersucht wurden, entsprechen dem Werdegang eines Abenteurers.

Eine Gruppe, die um ein solches Element herum gebildet wurde und sich als Teil der Kommunistischen Linken ausgibt, kann nur ein Ziel haben: als eingeschleustes Trojanisches Pferd das Erbe der proletarischen Tradition und ihrer programmatischen und organisatorischen Prinzipien, die von den Organisationen der Kommunistischen Linken vertreten und verteidigt werden, zu entstellen und zu untergraben. Dies ungeachtet der möglichen Ehrlichkeit einzelner Mitglieder der Gruppe um Gaizka, die sich vielleicht haben täuschen lassen.

In diesem Sinne und trotz aller Unterschiede  gilt, was schon Engels über Bakunin sagte, nämlich er wollte verdeckt mittels der Internationale, die die Arbeiterbewegung in Europa zusammenfasste, dieser seine Diktatur aufzuzwingen; ähnlich will Gaizka heute, verborgen hinter einer Gruppe (Nuevo Curso), in der es möglicherweise im Trüben fischende Leute gibt, ein Anlaufpunkt der Kommunistischen Linken sein, besonders für junge Leute auf der Suche nach proletarischen politischen Positionen. Aber seine Verbindung zur Kommunistischen Linken kann deren Positionen nur entstellen, indem er linke oder stalinistische Prinzipien und Methoden von Abenteuern als linke Positionen ausgibt.

Bei diesem kriminellen Unterfangen erhält  Gaizka die organisierte Unterstützung der Parasiten- und Gangstergruppe der GIGC, die ihn gerade als Verfechter der Umgruppierung darstellt, aber auch das stille Einverständnis von anderen Gruppen im proletarischen Milieu durch ihr Schweigen angesichts seiner Initiativen.

IKS 11.04.2020


[2] Wir meinen die Gruppe Groupe International de la Gauche Comuniste (GIGC) und die Webseite von Herrn Bourrinet: Pantópolis

[3] Ein Mitglied der Bremer Linken während der revolutionären Kämpfe in Deutschland; er war Delegierter der Internationaler Kommunisten Deutschlands am Gründungskongress der KPD.

[4] Paul Frölich, Im radikalen Lager, S. 51, Berlin, 2013

[5] In diesem Buch, für dessen Fertigstellung er ein Jahr brauchte, verteidigte Marx nicht nur sich selbst gegen die Schurkenvorwürfe von Vogt, sondern auch den Bund der Kommunisten, obwohl er sich bereits aufgelöst hatte. Die Verteidigung der Tradition, die dieser verkörperte, des Kommunistischen Manifests, der Organisationsprinzipien, der Kontinuität der Arbeiterbewegung, war jedoch von entscheidender Bedeutung; im Gegensatz zu all jenen, die der Meinung waren, dass Marx seine Zeit mit Kleinigkeiten verschwendet hätte, oder sogar sein gutes politisches Urteilsvermögen verloren habe und seine uneigennützige Hingabe an den Kampf des Proletariats.

[6] Siehe Marx/Engels Werke Bd. 14,

[7] Da Stalin jede Spur der Kräfte des Arbeitermilieus aus der Revolutionszeit vernichtet hatte, musste sich die Kommission hauptsächlich aus Mitgliedern der Intelligenz und Kultur zusammensetzen, die für ihre Unabhängigkeit der Meinung und ihre Ehrlichkeit bekannt waren. Dewey war einer von ihnen. Die Sitzungen der Kommission fanden in Mexiko statt.

[8] Jacques Freymond, La Primera Internacional, Ed. ZERO 1973, S. 355, Übersetzung IKS

[9] Der Bericht wurde bei einer Untersuchungskommission des Haager Kongresses der IAA (1872) in Auftrag gegeben. Nachdem der Kongress den Bericht angehört und diskutiert hatte, traf er die Entscheidung, Bakunin und einige seiner Anhänger aus der Internationale auszuschließen.

[10] Übersetzung der IKS

[14] Siehe Nashe Slovo nº 2: «Epitaphy for a living friend»

[15] „Interne Fraktion der IKS/ IFIKS- FICCI)“, eine parasitäre Gruppe, die aus der IKS ausgeschlossen wurde, weil sie sich weigerte, ihre Positionen und Handlungen vor der Berufungskommission zu verteidigen, die vom 15. Kongress der IKS eingesetzt worden war. Eines der prominenten Mitglieder der IFIKS, bekannt als Jonas, war zuvor wegen eines Verhaltens, das einer revolutionären Militanz unwürdig war, ausgeschlossen worden. Siehe Außerordentliche Konferenz der IKS: Der Kampf für die Verteidigung der organisatorischen Prinzipien, /content/690/ausserordentliche-konferenz-der-iks-der-kampf-fuer-die-verteidigung-der; sowie ‘Interne Fraktion’ der IKS – ein Betrugsversuch an der Kommunistischen Linken, auf Spanisch: https://es.internationalism.org/revista-internacional/200604/834/fraccion-interna-de-la-cci-intento-de-estafa-a-la-izquierda-comunis

[16] Siehe ‘Círculo de Comunistas Internacionalistas’ (Argentinien): Was er ist und welche Funktion er hat, auf Spanisch:  https://es.internationalism.org/accion-proletaria/200602/471/circulo-de-comunistas-internacionalistas-argentina-que-es-y-que-funcion

[17] Simon wurde wegen eines mit kommunistischer Militanz unvereinbaren Verhaltens vom 11. Kongress der IKS ausgeschlossen.

[18] Es ist offensichtlich ein Fehler, wenn die GIGC ihren Artikel gegen die IKS auf den 1. Januar datiert, wo wir unsere Frage an Gaizka erst am 20. Januar verfassten und am 28. Januar veröffentlichten – siehe Fußnote 1

[19] Internationales Büro für die Revolutionäre Partei, Tendenz Damen, jetzt Internationalistische Kommunistische Tendenz (IKT)

[21] Gulf Coast Communist Fraction

[22] Wir beabsichtigen keinesfalls, die GIGC/Bourrinet und die GCCF mit dem gleichen Maßstab zu beurteilen. Die GIGC ist eine Parasitengruppe, die nur existiert, um die IKS anzugreifen, und selbst wenn wir einen Artikel veröffentlicht hätten, in dem Mata Hari angeprangert wäre, würden sie sagen, dass sie „nichts bemerkt haben“, um direkt zum Angriff überzugehen. Dasselbe kann man von Bourrinet sagen. Die GCCF ist eine junge Gruppe ohne Erfahrung und auf der Suche nach Klärung, anfällig für die Schmeicheleien von Gaizka und der GIGC/Bourrinet.

[23] „we have nothing but condemnation for this egregious and immoral hit-piece of personalized gossips completely removed from a political terrain“

[24] Bakunismus und die Erste Internationale, Der Kampf des Marxismus gegen das politische Abenteurertum, Internationale Revue Nr. 20, Herbst 1997

[25] Ebenda

[26] Ebenda

[27] Ebenda

[28] Vperyod (Vorwärts) war eine in Großbritannien auf russisch erschienene Zeitung, Tendenz Narodniki

[29] Lawrow Pjotr Lawrowitsch (1823-1900): russischer Philosoph, Soziologe und Journalist, Anhänger der Narodniki (Volkstümler); Mitglied der 1. Internationalen; er nahm an der Pariser Kommune teil.

[30] Marx, Engels, MEW 18, Ein Komplott gegen die Internationale Arbeiter-Association, Im Auftrage des Haager Kongresses verfasster Bericht über das Treiben Bakunins und der Allianz der sozialistischen Demokratie, S. 327

[31] Engels bezieht sich also auf Pjotr Lawrow, wie er zu Beginn des Artikels erklärt, um die Anonymität zu respektieren, die jener gewissenhaft von ihm verlangt und die dieser verspottet, da der wirkliche Name des Vperjod-Redakteurs sowohl in Großbritannien als auch in Russland gut bekannt ist; er schlägt daher vor, den Autor als Pjotr Lawrow zu bezeichnen, „ein sehr populärer Name in Russland“.

[32] Friedrich Engels, MEW 18, Flüchtlingsliteratur, III, S. 539.

[33] Partido Socialista Obrero Español – die spanische Sozialdemokratie

Rubric: 

Verteidigung des proletarischen politischen Milieus