Kommunistische Weltrevolution oder Zerstörung der Menschheit - Die entscheidende Verantwortung revolutionärer Organisationen

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Im vergangenen Frühjahr hielt die IKS ihren 25. internationalen Kongress ab. Als Hauptorgan ist der Kongress ein entscheidender Moment im Leben unserer Organisation; er ist der höchste Ausdruck des zentralisierten und internationalen Charakters der IKS. Der Kongress ermöglicht es unserer Organisation als Ganzes, zu debattieren, zu klären und sich zu orientieren. Er ist das souveräne Organ und hat folgende Aufgaben:

a) die allgemeinen Analysen und Orientierungen der Organisation zu erarbeiten, insbesondere im Hinblick auf die internationale Lage;

b) die Aktivitäten der Organisation seit dem letzten Kongress zu überprüfen und zu bilanzieren;

c) ihre Orientierungen für die Zukunft festzulegen.

Revolutionäre Organisationen existieren jedoch nicht um ihrer selbst willen. Sie sind sowohl Ausdruck des historischen Kampfes des Proletariats als auch der entschlossenste Teil dieses Kampfes. Es ist die Arbeiterklasse, die den Revolutionären ihre Organisationen anvertraut, damit sie ihre Aufgabe wahrnehmen können und ein aktiver Faktor in der Entwicklung des proletarischen Bewusstseins und des proletarischen Kampfes zur Revolution sind.

Es die Aufgabe der revolutionären Organisationen, der Arbeiterklasse im Gesamten Rechenschaft über ihre Arbeit abzulegen. Durch die Veröffentlichung eines großen Teils der Dokumente, die auf unserem letzten Kongress verabschiedet wurden, nimmt die vorliegende Ausgabe unserer Internationalen Revue diese Aufgabe wahr. Die Hauptaufgabe des 25. Kongresses bestand darin, den Ernst der historischen Situation zu verstehen.

Wie im Bericht über den Klassenkampf dargelegt, werden in den 2020er Jahren mit Covid 19, dem Krieg in der Ukraine und der weltweiten Zunahme der Kriegswirtschaft, der Wirtschaftskrise mit ihrer verheerenden Inflation, mit der globalen Erwärmung und der Verwüstung der Natur, mit der Zunahme des Jeder-für-sich, des Irrationalismus und des Obskurantismus, dem Zerfall des gesamten sozialen Gefüges nicht nur verheerende Dynamiken addiert. Alle diese Dynamiken treffen zusammen und verstärken sich in einer Art "Strudel-Effekt". Diese katastrophale Dynamik des Kapitalismus bedeutet somit weit mehr als eine Verschärfung der internationalen Situation. Sie stellt schlicht das Überleben der Menschheit selbst in Frage.

Der "Strudel-Effekt" des Zerfalls

Der 25. Internationale Kongress verabschiedete als ersten Bericht die Aktualisierung der Thesen über den Zerfall (2023).

Die IKS hatte im Mai 1990 die Thesen mit dem Titel Der Zerfall, die letzte Phase der Dekadenz des Kapitalismus verabschiedet, die unsere Analyse der Weltlage rund um den Zusammenbruch des imperialistischen Ostblocks Ende 1989 und danach darstellten. Der Kerngedanke dieser Thesen war, dass die Dekadenz der kapitalistischen Produktionsweise, die mit dem Ersten Weltkrieg begonnen hatte, in eine neue Phase eingetreten war, die vom allgemeinen Zerfall der Gesellschaft beherrscht wird. 27 Jahre später, auf ihrem 22. Kongress im Jahr 2017, hatte unsere Organisation es für notwendig erachtet, eine erste Aktualisierung dieser Thesen vorzunehmen, indem sie den Bericht über den Zerfall heute (Mai 2017) annahm. Dieser Text machte deutlich, dass sich nicht nur die 1990 angenommene Analyse weitgehend bestätigt hatte, sondern dass bestimmte Aspekte eine neue Bedeutung erlangt hatten: die Explosion der Flüchtlingsströme, die vor Kriegen, Hunger und Verfolgung flohen, der Anstieg des fremdenfeindlichen Populismus, der sich zunehmend auf das politische Leben der herrschenden Klasse auswirkte, usw.

Heute, nur sechs Jahre später, hielt es die IKS für notwendig, die Texte von 1990 und 2017 erneut zu aktualisieren. Warum so schnell? Weil wir heute eine dramatische Verstärkung der Auswirkungen dieses allgemeinen Zerfalls der kapitalistischen Gesellschaft erleben.

Angesichts der unübersehbaren Realität ist selbst die herrschende Klasse gezwungen, diesen schwindelerregenden Sturz des Kapitalismus ins Chaos anzuerkennen. So zitiert unser Bericht auch Texte, die für die politischen und wirtschaftlichen Führer der kapitalistischen Welt bestimmt sind, wie den Global Risks Report (GRR), der auf den Analysen einer Vielzahl von sog. "Experten" beruht und jedes Jahr auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos vorgestellt wird. Die IKS führt hier eine Methode der Arbeiterbewegung fort, sich auf die Arbeit der Experten der herrschenden Klasse zu stützen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, um jene Statistiken und Fakten hervorzuheben, die die Realität der kapitalistischen Welt offenbaren.

Die gleiche Methode findet sich auch in marxistischen Klassikern wie Engels' Die Lage der arbeitenden Klasse in England oder Marx' Das Kapital. Im Global Risks Report heißt es: "Die ersten Jahre dieses Jahrzehnts kündigten eine besonders unruhige Periode in der menschlichen Geschichte an. ... COVID-19 ... Krieg in der Ukraine ... Nahrungsmittel- und Energiekrisen ... Inflation ... geopolitische Auseinandersetzungen und das Gespenst eines Atomkriegs ... unhaltbare Schuldenniveaus ... Rückgang der menschlichen Entwicklung ... alle diese Elemente kommen zusammen, um ein einzigartiges, unsicheres und unruhiges Jahrzehnt zu gestalten."

Die grossen Experten der Bourgeoisie legen hier den Finger auf eine Dynamik, die sie grundsätzlich nicht verstehen können. Ja, in der Tat: "Alle diese Elemente kommen zusammen, um ein einzigartiges, unsicheres und unruhiges Jahrzehnt zu gestalten."  Sie bezeichnen diese Dynamik übrigens als "Polykrisen", als ob es sich um verschiedene Krisen handeln würde, die sich nur addieren. In Wirklichkeit - und nur unsere Thesen über den Zerfall machen es möglich, dies zu verstehen - verbirgt sich hinter dieser Explosion schlimmster Ausdrücke des Kapitalismus ein und dieselbe Dynamik: die Fäulnis dieses dekadenten Systems. Die kapitalistische Produktionsweise hat keine Perspektive mehr zu bieten, und da das Proletariat bis heute nicht in der Lage ist, seine revolutionäre Aufgabe zu verwirklichen, taucht die gesamte Menschheit ins No Future und seine Folgen ein: Irrationalität, Abschottung, Atomisierung... In dieser Perspektivlosigkeit liegen die tiefsten Wurzeln der Zersetzung der Gesellschaft in all ihren Aspekten.

Selbst im proletarischen Lager gibt es eine Tendenz, für jede der katastrophalen Erscheinungen der gegenwärtigen Geschichte eine spezifische und isolierte Ursache zu finden und den Zusammenhang der gesamten Dynamik nicht zu sehen. Die Gefahr ist dann so groß, dass man:

- durch die sich überschlagenden Ereignisse verwirrt, verloren und hin und her geworfen wird;

- sich auf einen einzigen Aspekt zu konzentrieren, egal wie spektakulär und verheerend er ist (wie z.B. der Krieg in der Ukraine), und dann in eine Art unmittelbaren Katastrophismus gleitet ("Schnell, wir müssen unbedingt handeln, weil der dritte Weltkrieg ausbricht");

- die Gefahr unterschätzt und nicht versteht, dass die gesamte Dynamik wie ein Getriebe ist, in dem alle Rädchen, alle Krisen und alle Faktoren ineinandergreifen, sich gegenseitig antreiben, beeinflussen und sich vervielfachen.

Wir müssen uns mit der Gefahr, den historischen Zerfall zu unterschätzen, beschäftigen. Auf den ersten Blick meint man, wenn man den Ausbruch eines dritten Weltkriegs ankündigt, damit das Schlimmste vorauszusehen. In Wirklichkeit - und der Krieg in der Ukraine bestätigt dies erneut - ist der tatsächliche Prozess, der zu allgemeiner Barbarei und sogar zur Vernichtung der Menschheit führen kann, eine Kombination von Faktoren: Ein Krieg, der sich durch eine Vervielfachung der Konflikte (Naher und Mittlerer Osten, Balkan, Osteuropa etc.) auszeichnet und immer unberechenbarer und irrationaler wird; das sich erwärmende Klima mit seinen Katastrophen; ein Gangstertum und No Future-Denken; Konflikte und Auswirkungen, die immer größere Teile der Weltbevölkerung befallen, ... Dieser Prozess der Fäulnis ist umso gefährlicher, da er immer undurchschaubarer und hinterhältiger wird und sich allmählich in jede Pore der Gesellschaft einschleicht.

Unter diesen verschiedenen Ausdrucksformen, die den Zerfall nähren und beschleunigen, ist der Krieg (und die allgemeine Entwicklung des Militarismus) als gewollter und bewusster Akt der herrschenden Klasse, der zentrale Faktor für die Beschleunigung des Zerfalls. Aus diesem Grund stand der Bericht über die imperialistische Situation auf unserem Kongress an zweiter Stelle der Tagesordnung: "In der Phase des Zerfalls wird vor allem einer der verhängnisvollsten Aspekte des Krieges in der Dekadenz hervorgehoben: seine Irrationalität. Mit dem Beginn dieser Phase werden die Auswirkungen des Militarismus immer unvorhersehbarer und katastrophaler. Unsere Vulgärmaterialisten verstehen diesen Aspekt nicht und wenden ein, dass Kriege immer eine wirtschaftliche Motivation und damit eine Rationalität haben. Sie übersehen, dass die heutigen Kriege im Grunde nicht wirtschaftlich, sondern geostrategisch motiviert sind, und selbst dann erreichen sie nicht mehr ihre ursprünglichen Ziele, sondern führen zum gegenteiligen Ergebnis. (...) Der Krieg in der Ukraine ist eine beispielhafte Bestätigung dafür: Unabhängig von den geostrategischen Zielen des russischen oder amerikanischen Imperialismus wird das Ergebnis ein Land in Trümmern (Ukraine), ein wirtschaftlich und militärisch ruiniertes Land (Russland), eine noch angespanntere und chaotischere imperialistische Situation von Europa bis Zentralasien und Millionen von Flüchtlingen in Europa sein."

In der Organisation gibt es einige Genossen, die mit dieser Analyse der gegenwärtigen imperialistischen Dynamik deutlich nicht einverstanden sind. Für sie konkretisiert der Krieg in der Ukraine nicht nur eine Tendenz zur Bi-Polarisierung der Welt. Rund um China auf der einen und die USA auf der anderen Seite würden sich zwei immer klarer definierte Lager herausbilden, zwei Lager, die sich letztendlich zu Blöcken formieren und in einem dritten Weltkrieg gegeneinander antreten könnten. Der Kongress war eine Gelegenheit ihnen erneut zu antworten: "Die Folgen des Konflikts in der Ukraine führen nicht zu einer "Rationalisierung" der Spannungen durch eine "bipolare" Ausrichtung der Imperialismen hinter zwei dominanten "Paten", sondern im Gegenteil zur Explosion einer Vielzahl von imperialistischen Ambitionen, die sich nicht auf die Ambitionen der großen Imperialismen (die im nächsten Abschnitt untersucht werden) oder auf Osteuropa und Zentralasien beschränken, wodurch der chaotische und irrationale Charakter der Konfrontationen noch verstärkt wird."

Um ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Gesamtheit der Gefahren zu erkennen welche die Menschheit und insbesondere der Arbeiterklasse schweben, müssen Revolutionäre den Zusammenhang der Gesamtsituation und den tatsächlichen Ernst der Lage verstehen. Unser Bericht zeigt, dass nur die marxistische Methode und ihr Materialismus ein solches Verständnis ermöglichen. Es bedarf eines Materialismus, der nicht vulgär ist, eines dialektischen und historischen Materialismus, der in der Lage ist, alle Faktoren in ihrer Beziehung und Bewegung zu erfassen, eines Materialismus, der die Kraft des Denkens in seiner Beziehung und seinem Einfluss auf die gesamte materielle Welt einbezieht, denn das Denken ist eine der treibenden Kräfte der Geschichte. Unser Bericht hebt vier zentrale Punkte hervor, die Teile dieser Methode sind:

1. Die Umwandlung von Quantität in Qualität

Auf die 1989/90 eröffnete historische Situation angewandt, können wir sagen: Es existierten in dieser historischen Situation durchaus Manifestationen der Zersetzung in der Phase der Dekadenz des Kapitalismus aber heute beweist die Häufung dieser Manifestationen eine Bruchstelle im Leben der Gesellschaft. Sie signalisiert den Eintritt in eine neue Epoche der kapitalistischen Dekadenz. Es ist der Eintritt eine Phase, in der der Zerfall das bestimmende Element wird.

2. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Dies ist eines der wichtigsten Phänomene der gegenwärtigen Situation. Die verschiedenen Erscheinungsformen des Zerfalls erschienen anfangs unabhängig voneinander. Ihre Häufung deutete bereits darauf hin, dass wir in eine neue Epoche des kapitalistischen Verfalls eingetreten waren. Diese verschiedenen Erscheinungsformen wirken nun vor unseren Augen zunehmend in einer Art "Kettenreaktion", einem "Wirbel" zusammen, welcher der Geschichte eine immense Beschleunigung verleiht. Diese kumulierten Effekte gehen weit über ihre bloße Addition hinaus.

3. Der historische Ansatz der gegenwärtigen Ereignisse

Bei diesem historischen Ansatz geht es darum, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die untersuchten Ereignisse keine statischen, unantastbaren Dinge sind, die seit jeher und in alle Zeit existieren. Vielmehr handelt es um sich um Prozesse, die sich ständig verändern, durchaus mit Elementen der Kontinuität, aber auch und vor allem der Transformation und sogar des Bruches.

4. Die Bedeutung der Zukunft für das Leben menschlicher Gesellschaften

Die marxistische Dialektik weist der Zukunft einen grundlegenden Platz in der Entwicklung und Bewegung der Gesellschaft zu. Von den drei Momenten eines historischen Prozesses - Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft - ist es der letztere, der den grundlegenden Faktor in ihrer Dynamik darstellt. Gerade weil der heutigen Gesellschaft dieses grundlegende Element der Zukunft und der Perspektive fehlt (eine Perspektive die nur die Arbeiterklasse aufzeigen kann), was immer mehr Menschen, insbesondere die Jugend, zu spüren bekommen, versinkt diese Gesellschaft in eine tiefe Verzweiflung und verrottet auf der Stelle.

Es ist diese Methode, die es unserer Resolution zur internationalen Lage ermöglicht, unsere Analyse vom Abstrakten zum Konkreten zu erheben: "(…) [nun]erleben wir diesen "Strudel-Effekt", bei dem all die verschiedenen Ausdrucksformen einer sich zersetzenden Gesellschaft aufeinander einwirken und den Abstieg in die Barbarei beschleunigen. So hat sich die Wirtschaftskrise durch die Pandemie und die Lockdowns, den Ukraine-Krieg und die steigenden Kosten der Umweltkatastrophen spürbar verschärft. Der Krieg in der Ukraine wird inzwischen schwerwiegende Auswirkungen auf ökologischer Ebene und weltweit haben; der Wettbewerb um die schwindenden natürlichen Ressourcen wird die militärischen Rivalitäten weiter verschärfen und soziale Revolten weiter anfachen."

Die Rückkehr einer kämpferischen Arbeiterklasse

Auf der anderen Seite dieses Pols der Zerstörung befindet sich der Pol der revolutionären Perspektive des Proletariats. Die letzten Monate haben gezeigt, dass das Proletariat nicht besiegt ist, sondern beginnt, seinen Kopf zu heben und den Weg zurück in den Kampf zu finden. 2022 erkannte die IKS in den Streiks in Großbritannien eine Veränderung der Situation der Arbeiterklasse. In unserem internationalen Flugblatt vom 31. August Die Bourgeoisie erzwingt neue Opfer, die Arbeiterklasse antwortet mit Streiks schrieben wir: "Die Bourgeoisie erzwingt neue Opfer, die Arbeiterklasse antwortet mit Kampf": "Enough is enough", "Zu viel ist zu viel". Das ist der Ruf, der sich in den letzten Wochen in Grossbritannien wie ein Echo von Streik zu Streik verbreitet hat. Diese massive Bewegung, die in Anlehnung an den "Winter des Zorns" von 1979 "Sommer des Zorns" genannt wird, betrifft jeden Tag Arbeiter in immer mehr Bereichen. (…) Man muss bis zu den riesigen Streiks von 1979 zurückgehen, um eine größere und massivere Bewegung zu finden. Eine Bewegung dieser Größenordnung in einem Land wie Grossbritannien ist kein "lokales" Ereignis. Es ist ein Ereignis von internationaler Bedeutung, eine Botschaft an die Ausgebeuteten aller Länder. Die Rückkehr der Massenstreiks in Großbritannien markiert die Rückkehr der Kampfbereitschaft des Weltproletariats."

Theoretisch gewappnet, um die Streiks und Demonstrationen, die in vielen Ländern entstanden, zu verstehen, konnte die IKS im Rahmen ihrer Möglichkeiten intervenieren und acht verschiedene Flugblätter verbreiten und die Entwicklung der Bewegung und die Überlegungen der Arbeiterklasse verfolgen.

Allen Flugblättern ist gemeinsam, dass sie Folgendes betonen:

- die Rückkehr der Kampfkraft der Arbeiterklasse

- die historische und internationale Dimension der Dynamik

- das wachsende Gefühl in den Reihen der Arbeiter, dass alle "im selben Boot" sitzen, ein Nährboden für eine Wiedergewinnung der Klassenidentität

- die Notwendigkeit, die Kämpfe selbst in die Hand zu nehmen und sich die Lehren aus den

  vergangenen Kämpfen wieder anzueignen

Auch hier gibt es, wie bezüglich des Kriegs in der Ukraine, eine Meinungsverschiedenheit und eine Debatte innerhalb der Organisation.

Dieselben Genossen, die glauben, im Krieg in der Ukraine einen Schritt in Richtung Blockbildung und eines dritten Weltkrieges zu sehen, argumentieren, dass die aktuellen Kämpfe und die Kampfbereitschaft der Arbeiter keinen Bruch in einer negativen Dynamik seit den 1980er Jahren darstellen, keinen Bruch mit einer langen Reihe von Niederlagen, die zwar nicht endgültig seien, die aber zu einer besonders schweren Schwächung vor allem auf der Ebene des Bewusstseins geführt hätten.

In dieser Sicht "bleibt in einer kapitalistischen Welt, die seit 1989 mehr denn je chaotisch und ‘naturgemäß’ auf einen Krieg zusteuert, die politische Antwort des Proletariats weit hinter dem zurück, was die Situation von ihm verlangt" (einer der vom Kongress abgelehnten Änderungsanträge der Genossen zur Resolution des 25. Kongresses über die internationale Lage).

Für sie erinnert die aktuelle Situation, ohne identisch zu sein (siehe Historischer Kurs), an die 1930er Jahre, mit einem kämpferischen Proletariat in vielen zentralen Ländern, das aber trotzdem nicht in der Lage war, den Krieg zu verhindern. "(...), im Moment hat die notwendige Entwicklung von Massenversammlungen und einer echten Debattenkultur noch nicht stattgefunden. Ebenso wenig wie die Entstehung einer neuen Generation politisierter proletarischer KämpferInnen." (ebd.) Ein weiteres Argument für das Ausmaß der sozialen Bewegungen und die Ausbreitung von Streiks in sehr vielen Ländern ist, dass der Mangel an Arbeitskräften in vielen Bereichen und die Notwendigkeit, die Kriegswirtschaft voll in Gang zu halten, die Situation für die Arbeiterklasse günstig machen, um höhere Löhne zu fordern. Für den Kongress widerlegt die Realität, die sich vor unseren Augen entwickelt, nämlich die laufende Verarmungswelle mit steigenden Preisen bei stagnierenden Löhnen und hagelnden Regierungsangriffen, diese Theorie.

Für die Genossen entsprechen die Flugblätter, die die IKS in den letzten Monaten in den verschiedenen sozialen Bewegungen verteilt hat - etwa 150.000 Stück - nicht den Erfordernissen der Situation. In Übereinstimmung mit ihrer Analyse eines besiegten Proletariats und einer Dynamik hin zur Bildung zweier Blöcke und zum Weltkrieg sei die erste Aufgabe von Revolutionären nicht die Intervention, sondern die theoretische Vertiefungsarbeit.

Der Kongress zog stattdessen eine sehr positive Bilanz der internationalen Intervention der Organisation in die Kämpfe. Die IKS wusste, dass sie nicht die gesamte Klasse und die Mobilisierungen beeinflussen kann, denn revolutionäre Organisationen können in der gegenwärtigen historischen Periode keinen solchen Einfluss haben. Diese Rolle, die Massen zu lenken, ist nur möglich, wenn die Klasse ihr Bewusstsein und ihren historischen Kampf auf einer viel höheren Ebene als heute entwickelt hat. Unsere Intervention richtete sich an Minderheiten auf der Suche nach Klassenpositionen. Die beträchtliche Anzahl von Diskussionen, die das Verteilen dieser Flugblätter in den Demonstrationszügen mit sich brachten, die erhaltenen Briefe und die neuen Besucher unserer verschiedenen öffentlichen Diskussionsveranstaltungen zeigen, dass unsere Intervention ihren Zweck erfüllt: die Reflexion eines Teils der politisierten Minderheiten anzuregen, die Debatte zu stimulieren und die revolutionären Kräfte zur Umgruppierung anzuregen.

Hinter der Erkenntnis der historischen Bedeutung der Rückkehr des Klassenkampfes nach Großbritannien und ihrer Auswirkungen auf unsere Intervention in den Kampf steht die gleiche Methode, die es uns ermöglicht hat, das Neue in der gegenwärtigen Beschleunigung der Zersetzung mit ihrem Strudel-Effekt zu begreifen: die Umwandlung von Quantität in Qualität, der historische Ansatz. Eine Facette dieser Methode ist hier von besonderer Bedeutung - ihre internationale Dimension.

Die Berücksichtigung der zwangsläufig internationalen Dimension des Klassenkampfes ermöglichte es 1968 den späteren Gründern der IKS, die wahre und tiefere Bedeutung der Mai-Ereignisse sofort zu erkennen. Während das gesamte damalige proletarische Milieu nur eine Studentenrevolte sah und behauptete, es gebe "nichts Neues unter der Sonne", erkannten unser Genosse Marc Chirik und die Militanten, die sich allmählich zusammenschlossen, dass diese Bewegung das Ende der Konterrevolution und die Eröffnung einer neuen Periode des internationalen Klassenkampfes ankündigte.

Deshalb heißt es in Punkt 8 der Resolution des 25. Internationalen Kongresses der IKS zur internationalen Lage, die wir verabschiedet haben, ausdrücklich: "Die Wiederbelebung der Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse in einer Reihe von Ländern ist ein bedeutendes historisches Ereignis, das nicht nur auf lokale Umstände zurückzuführen ist und sich nicht durch rein nationale Bedingungen erklären lässt. Die Kämpfe, die seit dem Sommer 2022 in Großbritannien stattfinden, haben eine Bedeutung, die über den britischen Rahmen hinausgeht. Die Reaktion der britischen Arbeiter und Arbeiterinnen wirft ein Licht auf die Kämpfe in anderen Ländern und verleiht ihnen eine neue und besondere Bedeutung. Die Tatsache, dass die gegenwärtigen Kämpfe von einem Teil des Proletariats initiiert wurden, der am meisten unter dem allgemeinen Rückzug des Klassenkampfes seit Ende der 80er-Jahre gelitten hat, ist von großer Bedeutung: So wie die Niederlage in Großbritannien 1985 den allgemeinen Rückzug Ende der 80er-Jahre ankündigte, offenbart die Rückkehr der Streiks und der Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse in Großbritannien die Existenz einer tiefen Dynamik innerhalb des Proletariats der ganzen Welt."

In Wirklichkeit hatten wir uns schon Anfang 2022 auf diese Möglichkeit vorbereitet! Im Januar veröffentlichten wir ein internationales Flugblatt mit der Ankündigung Auf dem Weg zu einer brutalen Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Auf der Grundlage von Indizien für die Entwicklung des Kampfes, die sich abzuzeichnen begannen, kündigten wir die Möglichkeit eines Gegenschlags unserer Klasse an. Die Rückkehr der Inflation stellte in der Tat einen fruchtbaren Boden für die Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse dar. Einen Monat später verschärfte der Ausbruch des Krieges in der Ukraine die Auswirkungen der Wirtschaftskrise noch erheblich, indem er die Preise für Energie und Lebensmittel in die Höhe trieb.

In Anbetracht der grossen Schwierigkeiten unserer Klasse, aber auch in Kenntnis der Geschichte der Kämpfe, wusste die IKS, dass es keine direkte und umfassende Reaktion unserer Klasse auf die Barbarei des Krieges geben würde, dass es aber die Möglichkeit einer Reaktion auf die Auswirkungen des Krieges im "Hinterland", in Europa und den USA[1], gab: Streiks angesichts der Opfer, die im Namen der Kriegswirtschaft verlangt wurden. Und genau das geschah auch.

Auf dieser theoretischen und historischen Grundlage hatte die IKS keine Illusionen über die Möglichkeit einer Klassenreaktion direkt gegen den Krieg. Sie glaubte nicht, dass überall internationalistische Komitees aus dem Boden schiessen würden, und sie versuchte erst recht nicht, solche künstlich zu schaffen. Unsere Antwort bestand in erster Linie darin, dass wir versuchten, die internationalistische Tradition der Kommunistischen Linken so entschieden wie möglich zu verteidigen, indem wir alle Kräfte des Proletarischen Politischen Milieus dazu aufriefen, eine gemeinsame Erklärung zu verfassen. Während ein Großteil dieses revolutionären Milieus unseren Aufruf ignorierte oder sogar ablehnte[2], antworteten drei Gruppen (Internationalist Voice, Instituto Onorato Damen und Internationalist Communist Perspective) positiv, um die Methode des Kampfes und der Bündelung internationaler Kräfte am Leben zu erhalten, die die Konferenzen von Zimmerwald und Kienthal im September 1915 und April 1916 angesichts des Ersten Weltkriegs initiiert hatten.[3]

Zimmerwald und Kienthal in der Schweiz wurden berühmt als Orte, an denen sich Sozialisten aus zwei verschiedenen Lagern während des Ersten Weltkriegs trafen, um einen internationalen Kampf zur Beendigung der kriegerischen Schlächterei zu beginnen und die patriotischen Führer der sozialdemokratischen Parteien zu entlarven. Auf diesen Konferenzen stellten die Bolschewiki, unterstützt von der Bremer- und Holländischen Linken, die wichtigsten Grundsätze des Internationalismus gegen den imperialistischen Krieg heraus, die bis heute gültig sind: keine Unterstützung für eines der imperialistischen Lager, Ablehnung aller pazifistischen Illusionen und die Erkenntnis, dass nur die Arbeiterklasse und ihr revolutionärer Kampf das System überwinden können, das auf der Ausbeutung der Arbeitskraft beruht und permanent den imperialistischen Krieg produziert. Heute, angesichts der Beschleunigung des imperialistischen Konflikts in Europa, ist es die Pflicht der politischen Organisationen, die auf dem Erbe der Kommunistischen Linken basieren, weiterhin das Banner eines kohärenten proletarischen Internationalismus hochzuhalten und einen Bezugspunkt für diejenigen zu bieten, die die Prinzipien der Arbeiterklasse verteidigen. Dies ist zumindest die Entscheidung jener Organisationen und Gruppen der Kommunistischen Linken, die beschlossen haben, diese gemeinsame Erklärung zu veröffentlichen, um die internationalistischen Prinzipien, die gegen die Barbarei des Krieges geschmiedet wurden, so weit wie möglich zu verbreiten.

Diese Art und Weise, revolutionäre Kräfte um die Grundprinzipien der Kommunistischen Linken zu gruppieren, ist eine historische Lektion für die Zukunft. Zimmerwald gestern, die Gemeinsame Erklärung von heute sind Wegweiser, die den Weg für morgen zeigen.

Die Verantwortung der revolutionären Organisationen

In den vorbereitenden Debatten und auf dem Kongress selbst stand die zentrale Frage des Aufbaus der Organisation im Mittelpunkt. Auch wenn es sich dabei um die zentrale Dimension der Aktivitäten der IKS handelt, geht diese Sorge um die Zukunft weit über unsere Organisation allein hinaus:

"Angesichts des zunehmenden Aufeinandertreffens der beiden alternativen Pole - Zerstörung der Menschheit oder kommunistische Revolution - haben die revolutionären Organisationen der Kommunistischen Linken, und insbesondere die IKS, eine unersetzliche Rolle bei der Entwicklung des Klassenbewusstseins zu spielen und müssen ihre Energien zur permanenten theoretischen Vertiefung und Erarbeitung einer klaren Analyse der Weltlage verwenden. Gleichzeitig müssen sie in die Kämpfe unserer Klasse eingreifen, um die Notwendigkeit der Klassenautonomie, der Selbstorganisation und der Vereinigung sowie der Entwicklung der revolutionären Perspektive zu verteidigen. Diese Arbeit kann nur auf der Grundlage eines geduldigen Aufbaus der revolutionären Organisation durchgeführt werden, der die Grundlage für die Weltpartei der Zukunft schafft. All diese Aufgaben erfordern einen energischen Kampf gegen alle Einflüsse der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Ideologie auf das Milieu der Kommunistischen Linken und der IKS selbst. Gegenwärtig sind die Gruppen der Kommunistischen Linken mit der Gefahr einer echten Krise konfrontiert. Mit einigen Ausnahmen waren sie nicht in der Lage, zur Verteidigung des Internationalismus angesichts des imperialistischen Krieges in der Ukraine gemeinsam die Stimme zu erheben, und sie sind zunehmend offen für das Eindringen von Opportunismus und Parasitismus. Ein rigoroses Festhalten an der marxistischen Methode und den proletarischen Prinzipien ist die einzige Antwort auf diese Gefahren." (Resolution des 25. Internationalen Kongresses der IKS zur internationalen Lage, Punkt 9)

Damit die Revolution letztendlich möglich ist, muss das Proletariat die Waffe der Partei in den Händen halten. Diesen zukünftigen Aufbau der Partei gilt es bereits heute vorzubereiten. Mit anderen Worten: Eine Minderheit von organisierten Revolutionären trägt die Verantwortung dafür, die bestehenden Organisationen am Leben zu erhalten, den historischen Prinzipien der Arbeiterbewegung und insbesondere der Kommunistischen Linken treu zu bleiben und diese Prinzipien und Positionen an die neue Generation weiterzugeben, die sich nach und nach dem revolutionären Lager anschließen wird.

Konkurrenzdenken, Opportunismus, Zugeständnisse an die bürgerliche Ideologie und Trittbrettfahrerei innerhalb des Proletarischen Politischen Milieus sind allesamt Dolchstöße in den Rücken der Revolution. In der äußerst schwierigen Situation des beschleunigten Zerfalls, der die Menschen verwirrt, zum Jeder-für-sich verleitet und das Vertrauen in die Fähigkeit der Klasse und ihrer Minderheiten, sich zu organisieren und zu vereinigen, untergräbt, ist es die Verantwortung der revolutionären Organisationen, nicht nachzugeben und weiterhin die Prinzipien der Kommunistischen Linken zu verteidigen. Revolutionäre Organisationen stehen vor einer gewaltigen Herausforderung: Sie müssen in der Lage sein, die Erfahrungen weiterzugeben, die die Generation gesammelt hat, welche aus der Welle des Mai 68 hervorgegangen ist.

Seit Ende der 1960er Jahre, also fast sechzig Jahre lang, ist der dekadente Kapitalismus langsam in eine endlose Wirtschaftskrise und zunehmende Barbarei geschlittert. Während das Proletariat von 1968 bis Mitte der 1980er Jahre eine ganze Reihe von Kämpfen führte und insbesondere in der Konfrontation mit den Gewerkschaften große Erfahrungen sammelte, ging der Klassenkampf ab 1985/86 stark zurück und war bis heute fast erloschen. In diesem sehr schwierigen Umfeld schlossen sich nur sehr wenige militante Kräfte den revolutionären Organisationen an. Eine ganze Generation ging unter dem Eindruck der Propaganda vom "Tod des Kommunismus" nach 1989/1990 verloren. Seitdem haben mit der Entwicklung des Zerfalls, die die militante Überzeugung durch die Verstärkung von No Future Denken, Individualismus, Verlust des Vertrauens in das organisierte Kollektiv und in den historischen Kampf der Arbeiterklasse heimtückisch angreift, viele militante Kräfte nach und nach den Kampf aufgegeben und sind verschwunden.

Ja, die Zukunft der Menschheit liegt heute auf einer sehr kleinen Anzahl von Schultern, die über die ganze Welt verstreut sind. Ja, der desolate Zustand des Politischen Proletarischen Milieus, das von Konkurrenzdenken und Opportunismus durchsetzt ist, macht die Erfolgsaussichten der Revolution noch geringer. Und gerade deshalb ist die Rolle der revolutionären Organisationen im Allgemeinen und der IKS im Besonderen noch entscheidender. Der Schlüssel zur Zukunft liegt darin, den neuen Generationen von revolutionären Aktivisten, die langsam heranwachsen, die Lehren aus unserer Geschichte zu vermitteln und Organisationen zu schaffen, die vom revolutionären Geist vergangener Generationen von Militanten erfüllt sind.

IKS, 11. Juni 2023

 

[1] Unser Bericht über den Klassenkampf und die Debatte auf dem Kongress haben erneut die entscheidende Rolle des Proletariats der westlichen Länder hervorgehoben, welches aufgrund seiner Geschichte und Erfahrung die Verantwortung hat, dem Weltproletariat den Weg zur Revolution zu weisen. In unserem Bericht wurde auf unsere Position der "Kritik des schwächsten Gliedes" hingewiesen. Es ist auch dieser Ansatz, der uns die Heterogenität des Proletariats in den verschiedenen Teilen der Welt, die enorme Schwäche des Proletariats in den östlichen Ländern und die Möglichkeit von Konflikten in der Balkanregion vor Augen geführt hat. So gelang es unserem Bericht bereits in diesem Frühjahr, die Lehren aus dem Krieg in der Ukraine zu ziehen und vorherzusagen: "Die Unfähigkeit der Arbeiterklasse dieses Landes, sich dem Krieg und ihrer Rekrutierung zu widersetzen, die die Möglichkeit dieses imperialistischen Gemetzels eröffnet hat, zeigt, in welchem Maße die kapitalistische Barbarei und Fäulnis in immer größeren Teilen der Welt an Boden gewinnt. Nach Afrika, dem Nahen Osten und Zentralasien ist nun auch ein Teil Mitteleuropas von der Gefahr bedroht, langfristig ins imperialistische Chaos zu stürzen. Die Ukraine hat gezeigt, dass es in einigen Satellitenstaaten der ehemaligen UdSSR, in Weißrussland, Moldawien und im ehemaligen Jugoslawien ein Proletariat gibt, das durch jahrzehntelange Ausbeutung durch den Stalinismus im Namen des "Kommunismus", die Last der demokratischen Illusionen und den Nationalismus sehr geschwächt ist, sodass ein Krieg wüten kann. Im Kosovo, in Serbien und in Montenegro nehmen die Spannungen tatsächlich zu."

 

[2] Die Internationalistische Kommunistische Tendenz IKT hat es vorgezogen, sich auf das Abenteuer von No War But The Class War einzulassen. Siehe: No War But The Class War, Ein Komitee das seine Teilnehmer in eine Sackgasse führt https://de.internationalism.org/content/3105/no-war-class-war-ein-komitee-das-seine-teilnehmer-eine-sackgasse-fuehrt

 

[3] Siehe: Gemeinsame Erklärung von Gruppen der Internationalen Kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine https://de.internationalism.org/content/3043/gemeinsame-erklaerung-von-gruppen-der-internationalen-kommunistischen-linken-zum-krieg

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25. IKS-Kongress