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Durch eine Vertreterin des Netzwerks Linke Opposition, die im Juli 2007 an unserer öffentlichen Diskussionsveranstaltung in Köln teilgenommen hat, haben wir über den Streik der Arbeiter der Firma Gellep-Stratum in Krefeld erfahren. Wichtig an diesem Streik ist die Solidarität, die dadurch zum Ausdruck gekommen ist, dass die ArbeiterInnen für ihre kranken und behinderten Kollegen gestreikt haben, die entlassen werden sollten. Ferner ist die Tatsache von großer Wichtigkeit, dass die ArbeiterInnen ohne Gewerkschaft gestreikt haben. Sie haben ihren Streik selber in die Hand genommen, haben ihn selber organisiert und durchgeführt.
Langsam beginnt sich wieder die Tendenz hin zu wilden Streiks zu zeigen, welche nach 1968 international so stark zum Ausdruck kam, um dann vor allem nach 1989 (Fall der Mauer) eine Zeitlang in den Hintergrund zu treten. Ausdrücke dieser Bewegung der unterirdischen Reifung, sind gerade das selbstständige Handeln der Klasse ohne Gewerkschaften und die Solidarität. Das Besondere an der Solidarität der Gellep-Stratum Belegschaft ist, dass sie sich schützend vor ihre kranken und behinderten Kollegen gestellt haben, derer sich die Geschäftsleitung in völligem Einklang mit der kapitalistischen Logik entledigen wollte. Wir alle kennen zu Genüge die hehren Sonntagsreden von verschiedenen Vertretern der Bourgeoisie, dass unsere demokratische Gesellschaft die „Schwächeren" schütze. Wer aber die „Schwächeren" in unserer Gesellschaft wirklich verteidigt, hat dieser Streik gezeigt: die Arbeiterklasse. Die Solidarität ist ein Wesensmerkmal der Arbeiterklasse, ohne die sie nicht kämpfen könnte. Die Solidarität der Arbeiterklasse bedeutet auch, dass man ein Bewusstsein darüber hat, dass ein Angriff der Bourgeoisie gegen einen Teil der Klasse einen Angriff gegen die gesamte Klasse bedeutet. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass wir in den öffentlichen Medien möglichst wenig über Streiks wie bei Gellep-Stratum lesen können, weil die Arbeiterklasse ja erfahren könnte, dass man kämpfen kann und vor allem, dass sich das kämpfen lohnt!
IKS, August 2007
Gellep-Stratum: Kündigungen - Kollegen legen Werk lahm
Die Belegschaft des Autoteile-Herstellers TRW setzte sich durch: Die zehn Entlassungen sind „vom Tisch“.
Krefeld. Mit einer in heutiger Zeit ungewöhnlichen Solidaritätsaktion hat die 454-köpfige Belegschaft des Autoteileherstellers TRW Automotive GmbH in Gellep-Stratum die Werksleitung derart unter Druck gesetzt, dass zehn geplante Kündigungen nun vom Tisch sind. Die Mitarbeiter ließen einfach drei Schichten ausfallen. Acht Stunden standen sie jeweils auf dem Parkplatz des Werkes am Heidbergsweg.
Peter Behr, IG-Metall-Bevollmächtigter in Krefeld, war selbst überrascht. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, teilte er am Donnerstag mit. Das wegen zunehmenden Einsatzes von Leiharbeitern abseits des Haustarifvertrages ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Betriebsrat und Werksleitung hatte vergangene Woche seinen Tiefpunkt erreicht.
Da legte der Arbeitgeber fünf Kündigungsanträge für Dauerkranke (länger als sechs Wochen arbeitsunfähig, bekommen keine Bezüge der Firma mehr) vor und offenbarte, auch noch fünf Schwerbehinderte entlassen zu wollen. Grund: Der Personalstand sei zu hoch, der Krankenstand ebenfalls.
Als der Werksleiter am vergangenen Freitag kurzfristig Mehrarbeit beantragte, so der Betriebsrat in seinem Flugblatt „Jagdzeiten 4“, habe er versichert, dass die beabsichtigten Kündigungen „auf Eis“ gelegt würden und noch keine Kündigung ausgesprochen worden sei. Fünf Minuten später habe dem Betriebsrat das Fax einer eigenhändig vom Chef unterschriebenen Kündigung vorgelegen.
Sonntagabend erschien die Nachtschicht um 22 Uhr – und blieb auf dem Parkplatz vor dem Werkstor stehen. Ebenso verfuhren die beiden folgenden Schichten. Die Leiharbeiter einer Zeitarbeitsfirma wurden heimgeschickt.
Nach 24 Stunden hatten die TRW-Mitarbeiter gesiegt. Unter Mitarbeit der Gewerkschaft und des Arbeitgeberverbandes wurde vereinbart, dass alle zehn Kündigungen vom Tisch sind, zwei Betriebsratsmitglieder bis zur nächsten Wahl freigestellt bleiben und jede Maßregelung von Beschäftigten unterbleibt. Nur die ausgefallene Arbeitszeit bekommen die Solidaritäts-Streikenden nicht bezahlt; sie können ihr Arbeitszeitkonto heranziehen.
In Gellep werden Querlenker und Spurstangen gefertigt
Weder Werksleiter noch Personalchef in Gellep-Stratum oder der für Europa zuständige Personalchef mit Sitz in Koblenz war en für die WZ erreichbar. „TRW Automotive Chassis Systems“ mit Standort Michigan (USA) beschäftigt weltweit 61 000 Mitarbeiter, in Deutschland an 19 Standorten 12 200. Am Heidbergsweg werden für Pkw Querlenker, Rad- und Flanschgelenke sowie Bremsmodule und für Lkw Lenk- und Spurstangen gefertigt.
06.04.2007
Von Alexander Alber/Westdeutsche Zeitung,