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Wir veröffentlichen nachfolgend eine Stellungnahme unserer Sektion in Venezuela, die sie kurze Zeit nach dem Militärputsch in Honduras im Sommer 2009 verfasste.
Auch wenn die Ereignisse mittlerweile aus dem Fokus der Medien verschwunden und enige Monate vergangen sind, ist es wichtig, diese in einen größeren Rahmen zu stellen und zu analysieren. Unsere Genossen in Venezuela gehen dabei sowohl auf die imperialistischen Ambitionen der venezolanischen Bourgeoisie, die angeschlagene Vormachtstellung der USA sowie auf Bestrebungen anderer Länder der Region, z.B. Brasilien ein, die Schwächung der USA zu ihren Gunsten auszunutzen. Während bislang aus erklärlichen Gründen die imperialistischen Konflikte im Mittleren Osten im Vordergrund standen, müssen wir die Lage in anderen Teilen der Welt jedoch auch verfolgen. Vor allem auf unserer spanischen Webseite bieten wir mehr Hintergrundmaterial zur Entwicklung in Südamerika und die dadurch entstehenden Debatten.
Wir veröffentlichen nachfolgend eine Stellungnahme unserer Sektion in Venezuela, die sie kurze Zeit nach dem Militärputsch in Honduras im Sommer 2009 verfasste.
Auch wenn die Ereignisse mittlerweile aus dem Fokus der Medien verschwunden und enige Monate vergangen sind, ist es wichtig, diese in einen größeren Rahmen zu stellen und zu analysieren. Unsere Genossen in Venezuela gehen dabei sowohl auf die imperialistischen Ambitionen der venezolanischen Bourgeoisie, die angeschlagene Vormachtstellung der USA sowie auf Bestrebungen anderer Länder der Region, z.B. Brasilien ein, die Schwächung der USA zu ihren Gunsten auszunutzen. Während bislang aus erklärlichen Gründen die imperialistischen Konflikte im Mittleren Osten im Vordergrund standen, müssen wir die Lage in anderen Teilen der Welt jedoch auch verfolgen. Vor allem auf unserer spanischen Webseite bieten wir mehr Hintergrundmaterial zur Entwicklung in Südamerika und die dadurch entstehenden Debatten.
Honduras – Das Proletariat darf bei der Auseinandersetzung zwischen Banditen keine Seite unterstützen
Unsere Sektion in Venezuela, Internacionalismo, hat zu den Auseinandersetzungen in Honduras folgende Analyse erstellt. Die politische Krise, die mit dem Putsch gegen den Präsidenten Manuel Zelaya am 28. Juni ausgelöst wurde, stellt nicht einfach einen “weiteren Putsch” in dieser armen und kleinen ‘Bananenrepublik’ mit 7.5 Millionen Einwohnern dar. Diese Ereignisse sind von großer geopolitischer Bedeutung, aber sie haben auch wichtige Folgen für den Klassenkampf.
Die Tatsachen
Zelaya, Unternehmer und Angehöriger der honduranischen Oligarchie begann seine Amtszeit Anfang 2006 als eine Führungsfigur der Liberalen Partei Honduras. Seit 2007 näherte er sich der Politik Chávez des ”Sozialismus des 21. Jahrhunderts”. Im August 2008 gelang es ihm mit Unterstützung seiner Partei, den Kongress dazu zu bewegen, dass sich Honduras der ALBA (Alternativa Bolivariana para América Latina y El Caribe) anschließt, ein von der Regierung Chávez geschaffener Mechanismus, um sich dem Einfluss der von den USA unterstützten ALCA (Amerikanische Freihandelszone) entgegenzustellen. Dieser Schritt, welcher von politischen Kreisen und Unternehmern kritisiert wurde, ermöglichte es dem honduranischen Staat seine Ölrechnung zu begleichen, die in der Wirtschaft des Landes ein großes Gewicht ausmacht.
Mit dem Beitritt zum ALBA erhielt es einen Kredit von 400 Millionen Dollar für den Kauf von Energie aus Venezuela, welche zu vorteilhaften Bedingungen bezahlt werden konnte. Es handelte sich um eine wichtige “Hilfe” für ein Land mit einem BIP von 10.800 Millionen Dollar (Angaben des CEPAL für 2006). Die honduranischen Energieeinfuhren machen ca. 30% des BIP aus (gleiche Quelle). Aber der “Sozialismus des 21. Jahrhunderts” ist kein einfaches Handelsprodukt. Dieser fordert nämlich, dass die Regierungen, die ihn übernehmen wollen, eine Reihe von populistischen Maßnahmen linksradikaler Couleur ergreifen; dass die Exekutive offen die Staatsinstitutionen und die öffentliche Hand kontrolliert, sowie ein Frontalangriff gegen die alten nationalen “Oligarchien” gehört dazu. Deshalb schlug Zelaya innerhalb weniger Monate eine politische Kehrtwende um 180° ein; von einem Rechtsliberalen wurde er zu einem Linken, der die Armen und den “Sozialismus” verteidigte. In Anbetracht der bevorstehenden Wahlen im November 2008 erhöhte Zelaya von Februar 2008 an den Druck auf die staatlichen Institutionen, um seine Wiederwahl zu begünstigen. Dies führte zu Konflikten sowohl zwischen der Exekutive und anderen staatlichen Kräften als auch mit seiner eigenen Partei. Letzten Mai übte er mit Hilfe von gewerkschaftlichen und “Volksorganisationen” Druck auf das Militär aus, um einen Plebiszit zur Änderung der Verfassung mit dem Ziel seiner Wiederwahl durchzusetzen. Dieses Vorgehen wurde von der Armeeführung des Landes verworfen.
Am 24. Juni 2008 setzte Zelaya den Vorsitzenden des Gemeinsamen Stabschefs ab, welcher darauf hin sofort wieder vom Obersten Gerichtshof eingesetzt wurde. Dies diente als Auslöser für den Staatsstreich am 28. Juni 2008. Dieser Tag war von der Exekutive als der Tag der Volksabstimmung geplant gewesen. An jenem Tag wurde Zelaya vom Militär gezwungen, “im Schlafanzug und barfuß” aus Tegucigalpa (Hauptstadt Honduras) nach San José (Costa Rica) auszureisen. Mit der Unterstützung des Militärs und dem Obersten Gerichtshof ernannte der Kongress Roberto Micheletti (Vorsitzender des Kongresses) als neuen Präsidenten.
Unsere Analyse
Es ist offensichtlich, an der Wurzel der politischen Krise Honduras stecken die imperialistischen Ambitionen Venezuelas in der Region. In dem Maße wie sich der Chavismus konsolidiert hat, versucht die venezolanische Bourgeoisie ihr neues geopolitisches Interesse, Venezuela zu einer Regionalmacht zu erheben, zu verfolgen. Zu diesem Zweck benutzt es das Projekt des “Sozialismus des 21. Jahrhunderts”, dessen gesellschaftliche Stütze vor allem die ärmsten Schichten des Landes sind, und das die Ölvorkommen und die Öleinnahmen als eine Waffe zur Überzeugung und als Zwang benutzt. Die zunehmende Verarmung, der Zerfall der alten führenden Schichten und die geopolitische Schwächung der USA auf der Welt haben es der venezolanischen Bourgeoisie ermöglicht, schrittweise ihre Pläne in mehreren Ländern der Region voranzutreiben: Bolivien, Ecuador, Nicaragua, Honduras und in einigen Ländern der Karibik.
Das Projekt Chávez erfordert aufgrund seiner populistischen Eigenschaften und seines ‘radikalen’ Antiamerikanismus die totalitäre Kontrolle der staatlichen Institutionen. Ebenso schafft er eine politische Polarisierung zwischen “Reichen und Armen”, “Oligarchen gegen das Volk” usw., dadurch wird es zu einer ständigen Quelle der Regierungsunfähigkeit für das eigene nationale Kapital. Seine Umsetzung erfordert ebenfalls Verfassungsänderungen durch die Schaffung von verfassungsgebenden Versammlungen, welche ihr eine legale Basis für die notwendigen Änderungen verschaffen, um die neuen ‚sozialistischen’ Eliten an der Macht zu festigen und die Wiederwahl von Präsidenten zu befürworten. Dieser Maßnahmenkatalog, welche der Chavismus anwendet, ist hinreichend bei den Bürgerlichen der Region bekannt. Honduras ist ein kostbares geostrategisches Ziel des Chavismus. Damit würde Venezuela die Errichtung eines Brückenkopfes durch die Hafenstadt Cortés an der zentralamerikanischen Atlantikküste gelingen. Dieser Hafen dient auch dem Außenhandel El Salvadors und Nicaraguas. Somit würde Venezuela über einen “Landweg” verfügen, der den Atlantik mit dem Pazifik über Nicaragua verbindet. Wenn Nicaragua und Honduras unter Venezuelas Kontrolle stünden, würde es noch mehr Einfluss in El Salvador gewinnen, womit der von den USA und Mexiko vorgeschlagene Plan Puebla Panamá auf mehr Schwierigkeiten stoßen würde.
Andererseits zählt Honduras auf die ”natürlichen” Bedingungen für die Entwicklung des linkspopulären Projektes Chávez, denn es ist das drittärmste Land Amerikas nach Haiti und Bolivien. Die Masse der Verarmten, deren Zahl durch die Verschärfung der Krise immer mehr zunimmt, wird am meisten durch die falschen Hoffnungen getäuscht, die Armut überwinden zu können. Darauf baut das Arzneibuch des ”Sozialismus im 21. Jahrhundert”. Die Botschaft Chávez richtet sich an diese Massen. Dazu ist eine permanente Mobilisierung notwendig, mit Unterstützung der Gewerkschaften, der Linksparteien, der extremen Linken, der Bauernorganisationen, der Einheimischen usw. Der Chavismus, der selbst ein Ergebnis des Fäulnisprozesses der Herrschenden Venezuelas und der Welt ist, schlachtet die Erscheinungen des Zerfalls innerhalb der Herrschenden der Region aus und verschärft sie. Aufgrund der Notwendigkeit der Polarisierung der Zusammenstöße zwischen den bürgerlichen Fraktionen wird der Chavismus zu einem Faktor der Unregierbarkeit, welche wiederum eine Eigendynamik des Zerfalls entfaltet. Die jüngste Krise in Honduras stellt eine Zuspitzung der Lage in den ”Bananenrepubliken” Mittelamerikas dar, die seit den 1980er Jahren nicht mehr so tief in einer Krise versunken waren, als damals die Konflikte in Guatemala, El Salvador und Nicaragua fast eine halbe Million Tote und Millionen Vertriebener hinterließen.
Unglaubliche Heuchelei
Schon kurze Zeit vor dem Staatsstreich hatte Chávez seine geopolitische Maschinerie in Gang gesetzt ; er warnte die « befreundeten » Präsidenten und prangerte die « Gorilla-Militärs » an. Sobald der Putsch vorüber war, rief er ein Dringlichkeitstreffen der ALBA-Mitgliedsstaaten in Nicaragua ein, auf dem er ankündigte, die Lieferung von Öl an Honduras werde gestoppt. Auch drohte er mit der Entsendung von Truppen, falls die venezuelanische Botschaft in Honduras angegriffen werden sollte. Ebenso stellte er Zelaya Mittel des venezuelanischen Staates zur Verfügung : der Außenminister ist quasi zu einem persönlichen Assistenten des Präsidenten geworden, nachdem er diesem anbot, ihn auf dessen Auslandsreisen zu begleiten ; die staatlichen Medien, hauptsächlich der internationale Fernsehsender TV Telesur, überschütten uns mit Informationen über Zelaya. Dabei wird er als Opfer und als großer Menschenfreund und Verteidiger der Armen dargestellt. Die Rede Zelayas vor der UNO wurde im venezolanischen Radio und Fernsehen live übertragen. Chávez ruft unaufhörlich die « Völker Amerikas » zur Verteidigung der Demokratie auf, die von den « nach Staatsstreichen dürstenden militärischen Gorrillas » bedroht werden. Vielleicht will er damit vergessen machen, dass er selbst 1992 in Venezuela einen Staatsstreich gegen den sozialdemokratischen Präsidenten Andrés Pérez anführte. Dabei sind es gerade diese « militärischen Gorrillas », die Polizei des von Chávez angeführten Staates und dessen Schocktruppen, die die Repression ausüben. Dies richtet sich nicht nur gegen Oppositionelle, die gegen das Regime demonstrieren, sondern auch gegen die Arbeiter in Venezuela, wie Internacionalismo schon öfters angeprangert hat (siehe « El Estado "socialista" de Chavez nuevamente reprime y asesina proletarios, https://es.internationalism.org/node/2589)
Aber die ganze „internationale Gemeinschaft“ verhält sich so unglaublich heuchlerich. Die OAS (Organisation amerikanischer Staaten) , die UNO, die Europäische Union und viele andere Länder haben den Putsch verurteilt und die Wiedereinsetzung Zelayas gefordert. Viele haben ihre Botschafter aus Honduras abgezogen. Aber all das sind nur formalistische Schritte; sie sollen Sand in die Augen streuen und das schlechte Ansehen der bürgerlichen Demokratie und all der Organisationen, die immer mehr an Glaubwürdigkeit verlieren, aufmöbeln.
Wie kann man das Verhalten der USA gegenüber der Krise erklären?
Sehr zur Überraschung der sogenannten „Linken“ und der „Extremen Linken“ haben die USA ebenso den Putsch veurteilt und die Rückkehr Zelayas verlangt. Den Aussagen von Hilary Clinton, der US-Außenministerin, haben die US-Botschaft in Honduras und Tom Shannon, Unterstaatssekretär im Außenministerium eine aktive Rolle in den Monaten vor dem Putsch gespielt, um eine Krise zu vermeiden. Die Frage steht im Raum, ob den USA die Lage entglitten ist? Ist die US-Diplomatie derart geschwächt nach der Regierungszeit von Bush?
Wir können die Möglichkeit nicht ausschließen, dass die USA tatsächlich die verschiedenen, im Clinch liegenden Fraktionen der honduranischen Bourgeoisie nicht nicht im Griff haben. Dies wäre ein Anzeichen für den Grad des Zerfalls der Bürgerlichen und der geopolitischen Schwächen der USA in ihrem „Hinterhof“. Für die USA ist es schwierig, sich den Auswirkungen des linken Neopopulismus seitens der Regierungen entgegenzustellen, deren Präsidenten auf demokratische Art gewählt wurden (in vielen Fällen durch eine überwältigende Mehrheit),. Aber sobald diese Leute das Präsidentenamt übernommen haben, übernehmen sie die Kontrolle im Staat und treten als wahre Diktatoren auf mit einem demokratischen make-up. Aber wir meinen, dass diese Vermutung falsch ist. Mit der Verurteilung des Putsches und der Forderung nach der Wiedereinsetzung Zelayas benutzen die USA die Krise in Honduras, um zu versuchen, ihr Ansehen in der Region aufzupolieren, das unter Bush ziemlich ramponiert wurde. Wenn Obama so wie Bush gehandelt hätte (als dieser zum Beispiel den versuchten Staatsstreich gegen Chávez im Apirl 2002 unterstützte), würde damit der Antiamerikanismus in der Region weiter angefacht und die Strategie der diplomatischen Öffnung der neuen Administration unter Obama geschwächt.
Es ist nicht auszuschließen, dass die USA zugelassen haben, dass die Krise in Honduras „ihren Lauf“ nimmt, und die USA die Krise zur Schwächung des Chavismus in der Region ausnutzen wollen. Die Vorgehensweise der USA zwingt Chávez , „die Suppe auszulöffeln“, um seinen Zögling Zelaya zu stützen. Auch können die USA somit darauf hoffen, dass die brandstiftende Rolle von Chávez in der honduarnischen Krise sich entblößt.
Andererseits wird somit der OAS und anderen Führern in der Region ermöglicht, nach einer Krisenlösung zu suchen, bei der die USA ein weiterer Beteiligter sein würden. So könnte die “amerikanische Gemeinschaft” als Helfer zur Überwindung der Krise auftreten, während es langsam immer deutlicher wird, dass Chávez und Zelaya die Verursacher dieser Krise sind. Die Verwerfung der Entscheidung der OAS, Zelaya als gewählten Präsidenten zu betrachten, die Maßnahmen der Micheletti-Regierung am 5.Juli, die Landung des aus Washington kommenden venezolanischen Flugzeuges mit Zelaya an Bord zu verhindern, haben die Krise nur noch weiter verschärft und Chávez geschädigt, der dahinter ein Drahtziehen des “Yankee-Imperialismus” sah und von Obama, der “Opfer dieses Imperialismus” sei, forderte, dass dieser viel energischer in Honduras eingreife.
Zweifelsohne ist die Lage für die USA sehr kompliziert. Einerseits wollen sie Chávez und seinen Nachläufern eine Lehre erteilen; andererseits zwingen sich den USA andere geopolitische Prioritäten auf – wie Afghanistan, die Krise mit Nordkorea usw. Darüber hinaus kann der Fäulnisprozess der honduranischen Bourgeoisie wie der Bourgeoisie der ganzen Region eine unkontrollierbare Lage hervorrufen. Wir haben soeben erfahren, dass Zelaya die Vermittlung auf Bitten der US-Außenministerin H. Clinton durch den Präsidenten Costa Ricas Oscar Arias angenommen habe. Damit wird die zentrale Rolle der USA in dieser Krise ersichtlich.
Einige Überlegungen zur Geopolitik in der Region
Die Krise in Honduras ist von größerem Ausmaß als die jüngste Krise zwischen Kolumbien, Ecuador und Venezuela hinsichtlich der Frage des FARC, bei der ebenso die Regierung Chávez an herausragender Stelle mit beteiligt war. Nicaragua, das mit Chávez verbunden ist, steht in einem Konflikt mit Kolumbien hinsichtlich des Archipels St. Andrés in der Karibik. Bei diesen Konflikten war immer die Rede von Mobilisierung von Truppen. Auch Venezuela setzte an der kolumbianischen Grenze seine Truppen in Marsch, als der Konflikt mit Ecuador losbrach. Obgleich diese Mobilisierungen das Ziel verfolgen, einen möglichst großen Medienwirbel zu verursachen, um die Arbeiterklasse und die Bevölkerung insgesamt abzulenken, benutzt die herrschende Klasse auf dem Hintergrund des Versinkens in der Krise und ihrem Zerfall eine immer kriegerische Sprache und immer mehr militärische Mittel. So ist der Einfluss Chávez und seiner Anhänger bei den letzten Krisen und Zusammenstößen in Bolivien zu spüren, bei den Wahlfälschungen, welche die Opposition in den letzten Wochen bei den Kommunalwahlen in Nicaragua anprangerte, und die peruanische Regierung verurteilte auch, dass sich Bolivien und Venezuela bei den Zusammenstößen von Bagua eingemischt hätten. Es wurden Bündnisse mit Staaten und Organisationen aufgebaut, welche sich durch ihren radikalen Antiamerikanismus auszeichnen: Iran, Nordkorea, Hamas usw. Andererseits hat sich die Lage in Venezuela im Lande ziemlich zugespitzt infolge rückläufiger Öleinkünfte (im Wesentlichen aufgrund der Geopolitik des venezolanischen Staates) aufgrund der Krise und der Entwicklung von Arbeiterkämpfen, welche die Regierung dazu zwingen, ein Klima starker Spannungen nach Innen und Außen aufrechtzuerhalten.
Die USA befinden sich im Nachteil, um Ordnung in ihrem Hinterhof herzustellen. Regionale Bourgeoisien wie die Mexikos, welche sich dem Chavismus und den politischen Krisen in ihrem natürlichen Einflussgebiet Zentralamerika entgegenstellen könnten, sind offenbar durch innere Krisen und die Auseinandersetzungen mit den Drogenhändlern beansprucht. Ein US-amerikanischer Senator meinte gar vor kurzem, es gebe keinen mexikanischen Staat mehr. Kolumbien, die US-Bastion in der Region, hat keine freie Hand, um der Offensive Chávez entgegenzutreten; stattdessen stehen Kolumbien und Venezuela in einem sehr zerbrechlichen Verhältnis zueinander. Brasilien, wiederum, das wirtschaftliche Interessen in Zentralamerika verfolgt (das Land hat viel Geld in den Anbau von Biokraftstoffen in der Region investiert), hat schon geopolitische Schritte eingeleitet, was zu einer Verstärkung seiner regionalen Vormachtstellung geführt hat. Scheinbar hat es genauso wenig wie die anderen Länder ein großes Interesse daran, eine von Chávez angestachelte Krise zu lösen. Die beiden treten als Rivalen in der Region auf. Vermutlich wird es Venezuela "im eigenen Saft schmoren lassen", obwohl es auch Anzeichen dafür gibt, für eine gewisse Stabilität in der Region sorgen zu wollen. Es handelt dabei als eine Macht, die sich ihren eigenen Freiraum in der Region verschaffen will; deshalb gerät es auch mit den USA aneinander. Die Perspektiven in der Region deuten klar auf mehr Konflikte hin; dies wiederum wird umfangreiche Kampagnen erforderlich machen um zu versuchen, die Arbeiterklasse dafür einzuspannen. Dabei wird es zu einer politischen Polarisierung um diese Fragen kommen. Diese Fragen müssen im internationalistischen Milieu vertieft werden.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Arbeiterklasse?
Zweifelsohne geht die herrschende Klasse aus dieser Krise verstärkt gegenüber der Arbeiterklasse hervor. Gleich ob Zelaya zurückkehrt oder nicht, die politische Polarsierung in Honduras ist losgetreten worden und wird weiter an Schärfe zunehmen. All dies führt zu Spaltungen und Konfrontationen innerhalb der herrschenden Klasse selbst, wie wir es in Venezuela, Bolivien, Nicaragua und Ecuador sehen. Andererseits wird die herrschende Klasse die Lage ausschlachten, um die demokratische Mystifikation zu verstärken. Sie wird vorgeben, sie sei in der Lage sich selbst zu kritisieren, um die staatlichen Institutionen zu säubern. Deshalb wird der Wirbel um die anstehenden Wahlen die demokratische Mystifizierung verstärken.
Die Krise wird die Verarmung in einem der ärmsten Länder Zentralamerikas weiter verschärfen. Die Geldüberweisungen, die die Auslandshonduraner an ihre Familien leisten (ca. 25% des BIP) versiegen langsam. Der gesellschaftliche Zerfall, der Hunderttausende Jugendliche dazu verurteilt, vom Bandenwesen zu « leben », die Kriminalität und Drogen, wird sich aufgrund der Krise und des politischen Zerfalls in den Reihen der Herrschenden noch zuspitzen. Diese Masse Armer ist ein ausgezeichneter Nährboden für das Aufkommen neuer lokaler oder regionaler Gestalten wie Chávez, welche jeweils Hoffnung unter den Verarmten verbreiten, aber nie einen wirklichen Ausweg anbieten. Deshalb muss das honduranische Proletariat, aber auch das Proletariat in der Region und auf der Welt sowie das internationalistische Milieu jegliche Unterstützung irgendeines Flügels der nationalen oder regionalen Bourgeoisie verwerfen. Man muss die politische Polarisierung, die durch die Konflikte unter den Herrschenden gezeugt wird und schon viele Opfer gefordert hat, ablehnen. Die Auseinandersetzungen in Honduras zeigen, dass der Kapitalismus immer mehr verfault und Teile der Herrschenden (in einen Land oder zwischen kleinen, mittelstarken und größeren Ländern )immer mehr aneinander geraten. Diese Konflikte werden sich noch mehr zuspitzen. Ungeachtet seiner zahlenmäßigen Schwäche kann nur der Kampf der honduranischen Arbeiter auf ihrem Klassenterrain mit Unterstützung des Proletariats in der Region und auf der Welt sich dieser ganzen Barbarei entgegenstellen. Internacionalismo, 12.07.09