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Seit langem hat der Marxismus und gerade gegenüber alle dem bürgerlichen Individualismus typischen Auffassungen aufgezeigt, daß nicht die Individuen die Geschichte machen, sondern daß seit dem Auftauchen von Klassen "Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft... die Geschichte von Klassenkämpfen" ist (Manifest der Kommunistischen Partei, MEW, Bd 4, S. 462). Das Gleiche trifft insbesondere zu auf die Geschichte der Arbeiterbewegung, deren Hauptakteur gerade die Klasse ist, die weit mehr als alle anderen auf assoziierte Weise zusammenarbeitet und ihren Kampf kollektiv führt. Innerhalb des Proletariats handeln auf kollektive Art und Weise auch die kommunistischen Minderheiten, die von der Arbeiterklasse als Ausdruck ihrer revolutionären Zukunft hervorgebracht werden. Deshalb tragen die Aktionen dieser Minderheiten einen vor allem anonymen Charakter, und sie haben nichts mit Persönlichkeitskulten zu tun. Ihre Mitglieder handeln als revolutionäre Militanten nur als ein Teil eines Ganzen, einer kommunistischen Organisation. Während die Organisation mit all ihren Mitgliedern rechnen können muß, liegt es auf der Hand, daß nicht alle Mitglieder den gleichen Beitrag leisten können. Die persönliche Geschichte, die Erfahrung, die Persönlichkeit gewisser Mitglieder, ebenso die historischen Umstände, bewirken, daß sie in den Organisationen, in denen sie tätig sind, eine besondere Rolle spielen und für die Aktivität dieser Organisationen als vorwärtstreibende Kräfte wirken, insbesondere bei den Aktivitäten, die die Grundlage der Daseinsberechtigung einer Organisation darstellen: die Ausarbeitung und Vertiefung der revolutionären politischen Positionen.
Seit langem hat der Marxismus und gerade gegenüber alle dem bürgerlichen Individualismus typischen Auffassungen aufgezeigt, daß nicht die Individuen die Geschichte machen, sondern daß seit dem Auftauchen von Klassen "Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft... die Geschichte von Klassenkämpfen" ist (Manifest der Kommunistischen Partei, MEW, Bd 4, S. 462). Das Gleiche trifft insbesondere zu auf die Geschichte der Arbeiterbewegung, deren Hauptakteur gerade die Klasse ist, die weit mehr als alle anderen auf assoziierte Weise zusammenarbeitet und ihren Kampf kollektiv führt. Innerhalb des Proletariats handeln auf kollektive Art und Weise auch die kommunistischen Minderheiten, die von der Arbeiterklasse als Ausdruck ihrer revolutionären Zukunft hervorgebracht werden. Deshalb tragen die Aktionen dieser Minderheiten einen vor allem anonymen Charakter, und sie haben nichts mit Persönlichkeitskulten zu tun. Ihre Mitglieder handeln als revolutionäre Militanten nur als ein Teil eines Ganzen, einer kommunistischen Organisation. Während die Organisation mit all ihren Mitgliedern rechnen können muß, liegt es auf der Hand, daß nicht alle Mitglieder den gleichen Beitrag leisten können. Die persönliche Geschichte, die Erfahrung, die Persönlichkeit gewisser Mitglieder, ebenso die historischen Umstände, bewirken, daß sie in den Organisationen, in denen sie tätig sind, eine besondere Rolle spielen und für die Aktivität dieser Organisationen als vorwärtstreibende Kräfte wirken, insbesondere bei den Aktivitäten, die die Grundlage der Daseinsberechtigung einer Organisation darstellen: die Ausarbeitung und Vertiefung der revolutionären politischen Positionen.
Marc war gerade einer von diesen Genossen. Er gehörte zu dieser winzigen Minderheit von kommunistischen Militanten, die wie Anton Pannekoek, Henk Canne-Meijer, Amadeo Bordiga, Onorato Damen, Paul Mattick, Jan Appel oder Munis der schrecklichen Konterrevolution widerstanden und sie überlebt haben, d.h. dieser Konterrevolution, die zwischen den 20er und 60er Jahren stattgefunden hat. Neben seiner Treue gegenüber der Sache des Kommunismus vermochte es Marc, sowohl sein volles Vertrauen in die revolutionären Fähigkeiten des Proletariats aufrechtzuerhalten, und damit die neuen Generationen von Militanten von seiner ganzen Erfahrung profitieren zu lassen. Gleichzeitig blieb er nicht bei den Analysen und Positionen stehen, die durch den Verlauf der Geschichte selbst überholt worden waren (1). Aus dieser Sicht ist seine ganze Aktivität als Militant ein konkretes Beispiel dessen, was der Marxismus bedeutet: das lebendige Denken der revolutionären Klasse, die die Zukunft der Menschheit in ihren Händen hält. Ein Denken, das sich in ständiger Ausarbeitung und Weiterentwicklung befmdet. Diese Rolle der Bereicherung des Denkens und der Aktionen der politischen Organisation wurde von unserem Genossen natürlich in der IKS gespielt. Und das galt bis in die letzten Stunden seines Lebens. Sein ganzes Leben war durch die gleiche Vorgehensweise gekennzeichnet, durch den gleichen Willen, mit Entschlossenheit und unerschütterlich die kommunistischen Prinzipien zu verteidigen, wobei er gleichzeitig ein kritischer Geist war, der - wenn jeweils notwendig -das infrage stellte, was vielen als unantastbare und "invariante" Dogmen erschien. Er war mehr als 60 Jahre militant tätig. Und dieses militante Leben hatte seinen Ursprung in der Hitze der Revolution selber.
DAS ENGAGEMENT IM REVOLUTIONÄREN KAMPF
Marc wurde am 13. Mai 1907 in Kishinew, Hauptstadt Bessarabiens (Moldawien) zu einer Zeit geboren, als diese Region ein Teil des alten Zarenreichs war. Er war also noch keine 10 Jahre alt, als die Revolution von 1917 ausbrach. Anläßlich seines 80jährigen Geburtstages beschrieb er selber dieses gewaltige Ereignis, welches sein ganzes Leben prägte, folgendermaßen..:
"Ich hatte das Glück, schon als Kind die russische Revolution sowohl den Februar als auch den Oktober 1917 mitzuerleben und kennenzulernen. Ich habe das alles sehr intensiv miterlebt. Man muß wissen und begreifen, was ein Kind in einer revolutionären Periode erlebt und mitmacht, wo man ganze Tage auf Demonstrationen verbringt, von der einen zur anderen Demo geht, von einem Treffen zum anderen gelangt, wo man Nächte in Diskussionstreffs verbringt, wo sich die Soldaten, die Arbeiter versammeln, wo diskutiert wird, und wo die Meinungen aufeinanderprallen. Wenn an jeder Straßenecke plötzlich unerwartet jemand auf eine Fensterbank steigt und zu sprechen anfängt. Und dann gibt es plötzlich 1000 Menschen um einen herum und die Diskussionen entbrennen. Das war etwas Unvergeßliches in meinen Leben, das natürlich mein ganzes Leben geprägt hat. Dazu hatte ich noch das Glück, daß mein älterer Bruder Soldat und Bolschewiki war, Parteisekretär in der Stadt, und an seiner Seite bin ich auf der Straße gewesen, von einem Treffen zum nächsten geeilt, auf dem er jeweils die Positionen der Bolschewiki verteidigte... Ich hatte die Chance, der letzte in einer Familie zu sein, der fünfte, in der alle Parteimitglieder waren, bis sie getötet oder ausgeschlossen wurden. So konnte ich ich einem Haus leben, in dem es immer viele Menschen gab, Jugendliche, in dem immer diskutiert wurde, denn am Anfang war nur einer Bolschewik, die anderen waren mehr oder weniger Sozialisten. Es gab ständig Debatten mit allen ihren Freunden, ihren Kollegen usw... Und dies war eine große Chance zur politischen Bildung eines Kindes..."
Während des Bürgerkriegs, als Moldawien von den weißen Armeen aus Rumänien besetzt war, mußte die Familie Marcs 1919 nach Palästina flüchten, weil sie von Pogromen (der Vater war ein Rabbiner) bedroht war. Übrigens waren seine älteren Brüder und Schwester Mitbegründer der kommunistischen Partei dieses Landes. Zu diesem Zeitpunkt wurde Marc Anfang 1921 (er war noch keine 13 Jahre alt) Militant, als er der kommunistischen Jugend (er war einer ihrer Mitbegründer) und der Partei beitrat. Sehr schnell prallte er mit der Kommunistischen Internationale und ihrer Position zur nationalen Frage zusammen, die er, seinen eigenen Worten zufolge, nicht akzeptieren konnte. Aufgrund dieser Divergenz wurde er dann 1923 zum ersten Mal aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen. Schon von diesem Zeitpunkt an, als er noch Jugendlicher war, zeigte Marc schon eine Hauptfähigkeit, die er sein ganzes Leben lang bewahren sollte: eine unwandelbare Unnachgiebigkeit bei der Verteidigung der revolutionären Prinzipien, ungeachtet der Tatsache, daß diese Verteidigung ihn in Widerspruch und "Opposition" zu den "bekanntesten Führern" der Arbeiterbewegung bringen sollte, wie es damals die, Führer der Komintern, insbesondere Lenin und Trotzki war (2). Seine völlige Unterstützung der Sache des Proletariats, seine militante Beteiligung bei der Arbeit der kommunistischen Organisation und die tiefgreifende Achtung, die er gegenüber den großen Namen der Arbeiterbewegung hegte, haben ihn aber nie dazu veranlaßt, den Kampf für seine eigenen Positionen aufzugeben, wenn er meinte, daß die der Organisation sich von diesen Prinzipien entfernten, oder daß sie aufgrund von neuen historischen Umständen überholt seien. Aus seiner Sicht waren genau wie bei allen großen Revolutionären wie Lenin oder Rosa Luxemburg die Unterstützung des Marxismus, der revolutionären Theorie des Proletariats keine Unterstützung für jede einzelne Aussage, sondern jeweils für den Geist und die Methode des Marxismus. In Wirklichkeit war der Mut, den unser Genosse immer bewiesen hat, genau wie bei den anderen großen Revolutionären das Gegenstück, die andere Seite seiner vollständigen und nicht zu brechenden Unterstützung der Sache des Proletariats. Weil er dem Marxismus zutiefst verbunden war, war er niemals von einer Angst gelähmt, sich von ihm zu entfernen, als er auf der Grundlage des Marxismus selber das kritisierte, was bei den Positionen der Arbeiterorganisationen überholt und veraltet war. Die Frage der Unterstützung der nationalen Befreiungskämpfe, die in der II. und dann in der III. Internationale zu einem Dogma geworden war, war die erste Stufe der Auseinandersetzung, auf der er Gelegenheit hatte, diese Vorgehensweise anzuwenden (3).
DER KAMPF GEGEN DIE ENTARTUNG DER KOMMUNISTISCHEN INTERNATIONALE
1924 kam Marc in Begleitung einer seiner Brüder nach Frankreich. Er wurde in die jüdische Gruppe der kommunistischen Partei aufgenommen, womit er erneut zum Mitglied derselben Internationale wurde, aus der er kurz zuvor ausgeschlossen worden war. Von Anfang an beteiligte er sich an der Opposition, die gegen den Prozeß der Entartung der Komintern und der Kommunistischen Parteien ankämpfte. So beteiligte er sich mit Albert Treint (Generalsekretär der KPF von 1923-26) und Suzanne Girault (ehemalige Schatzmeisterin der Partei) an der Gründung der "Leninistischen Einheit" im Jahre 1927. Als die Oppositionsplattform, die von Trotzki in russischer Sprache verfaßt worden war, nach Frankreich gelang, erklärte er sich mit ihr einverstanden. Dagegen verwarf er im Gegensatz zu Treint die Erklärung Trotzkis, derzufolge bei all den Fragen, bei denen es zwischen Lenin und Trotzki vor 1917 Divergenzen gegeben hatte, Lenin Recht gehabt habe. Marc meinte, solch eine Einstellung sei überhaupt nicht richtig, zunächst weil Trotzki nicht wirklich von dem überzeugt war, was er behauptete; dann weil solch eine Position Trotzki auch nur bei den falschen Positionen Lenins verharren lassen konnte, die dieser in der Vergangenheit vertreten hatte (insbesondere bei der Revolution von 1905 bei der Frage der "Demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft"). Erneut zeigte der Genosse seine Fähigkeit, eine kritische und hellsichtige Einstellung gegenüber den großen "Autoritäten" der Arbeiterbewegung zu bewahren. Seine Zugehörigkeit zur Opposition der Internationalen Linken nach seinem Ausschluß aus der KPF im Februar 1928 bedeutete keine Unterwerfung gegenüber all den Positionen ihres Hauptführers, ungeachtet all der Hochachtung, die er gegenüber ihm hegte. Insbesondere dank dieses Geistes war er dazu in der Lage, später nicht durch die opportunistischen Tendenzen der trotzkistischen Bewegung aufgesogen zu werden, gegen die er Anfang der 30er Jahre den Kampf aufnahm. Nachdem er sich neben Treint an der Bildung der "Redressement communiste" (Kommunistische Wiederaufrichtung) beteiligt hatte, trat er 1930 dem Kommunistischen Bund (Ligue Communiste/ die Organisation, welche in Frankreich die Opposition darstellte) bei, innerhalb der er neben Treint Mitglied der Exekutivkommission im Oktober 1931 wurde. Aber alle beide verließen diese Gruppierung im Mai 1932, nachdem sie eine Minderheitsposition gegenüber dem ansteigenden Opportunismus verteidigt hatten, um bei der Gründung der Fraktion der Kommunistischen Linken (sog. Gruppe aus Bagnolet) mitzuwirken. 1933 gab es in dieser Organisation eine Spaltung und Marc brach mit Treint, der anfing, eine Analyse der UdSSR zu vertreten, wie sie ähnlich später von Burnham und Chaulieu ("bürokratischer Sozialismus") vertreten wurde. Im November 1933 beteiligte er sich mit Chaz6 (Gaston Davoust, der 1984 starb) an der Gründung der Union Communiste (Kommunistische Union). Mit Chaz6 hatte er Kontakt seit Anfang der 30er Jahre gehalten, als dieser noch Mitglied der KPF war (von der er im August 1932 ausgeschlossen wurde) und bei der Gruppe des 15. Bereichs (westlicher Vorort von Paris) mitmachte, die oppositionelle Auffassungen vertrat.
DIE GROSSEN KÄMPFE DER 30er JAHRE
Marc blieb Mitglied der "Union Communiste" bis zum Zeitpunkt des Spanienkriegs. Es handelte sich um einen der tragischsten Momente der Arbeiterbewegung. Victor Serge sprach von "il est minuit dans le sicle" (m.a.W. die finstersten Stunden des Jahrhunderts). Wie Marc es selber beschrieb "Jahrelang in schrecklicher Isolierung zu leben, mit ansehen zu müssen, wie das französische Proletariat hinter der französischen Trikolore marschierte, der Fahne der Versailler, wie es die Marseillaise sang, all das im Namen des Kommunismus; für die Generationen, die revolutionär geblieben waren, war dies eine ganz scheußliche Sache".
Und gerade während des Spanienkriegs erreichte dieses Gefühl der Hilflosig- und Machtlosigkeit einen Höhepunkt, als eine Vielzahl von Organisationen, die bis dahin Klassenpositionen aufrechterhalten hatten, von der "anti-faschistischen" Welle weggeschwemmt wurden. Insbesondere traf dies auf die Union Communiste zu, die die Ereignisse von Spanien als eine proletarische Revolution einschätzte, in der die Arbeiterklasse die Initiative der Kämpfe ergriffen hätte. Diese Organisation ging zwar nicht soweit, die Regierung der "Volksfront" zu unterstützen. Aber sie befürwortete das Engagement bei den antifaschistischen Milizen und nahm politische Beziehungen mit dem linken Flügel der POUM auf, einer antifaschistischen Organisation, die sich an der Regierung der Generalitat in Katalonien beteiligte.
Als unnachgiebiger Verteidiger der Klassenprinzipien konnte Marc natürlich solch eine Kapitulation vor der herrschenden antifaschistischen Ideologie nicht akzeptieren, auch wenn diese in Worten verpackt war wie "Solidarität mit dem Proletariat Spaniens". Nachdem er in einer Minderheit gegen solch ein Abgleiten mit gekämpft hatte, verließ er die Union Communiste und trat als Einzelmitglied 1938 der Fraktion der Italienischen Linken bei, mit der er in Kontakt geblieben war. In deren Reihen wiederum hatte es auch eine Minderheit gegeben, die dem Engagement bei den antifaschistischen Milizen positiv gegenüberstand. Inmitten der Erschütterungen, die der Spanienkrieg hervorrief und in Anbetracht all der Verrate, die er mit sich brachte, war die Italienische Fraktion, die im Mai 1928 in einem Pariser Vorort in Pantin gegründet worden war, eine der wenigen Gruppierungen, die auf Klassenprinzipien beharrte. Sie stützte ihre Position der unnachgiebigen Verwerfung all der antifaschistischen Lockrufe auf dem Begreifen des historischen Kurses, der durch die Konterrevolution beherrscht wurde. In solch einer Phase des tiefgreifenden Zurückweichens des Weltproletariats, des Sieges der Reaktion, konnten die Ereignisse in Spanien nicht als ein Erstarken einer neuen revolutionären Welle verstanden werden, sondern als eine neue Etappe der Konterrevolution. Am Ende des Bürgerkrieges, in der sich nicht Arbeiterklasse und Bourgeoisie gegenüberstanden, sondern die bürgerliche Republik, die auf der Seite des "demokratischen" imperialistischen Lagers stand, gegen eine andere bürgerliche Regierung, die dem "faschistischen" imperialistischen Lager verbunden war, konnte es keine Revolution, sondern nur einen Weltkrieg geben. Die Tatsache, daß die Arbeiter in Spanien spontan die Waffen gegen den Putsch Francos im Juli 1936 ergriffen haben (was natürlich von der Fraktion begrüßt wurde), eröffnete diesen jedoch keine revolutionäre Perspektive von dem Zeitpunkt an, als sie von den antifaschistischen Organisationen wie der SP, KP oder der anarcho-syndikalistischen CNT kontrolliert wurden, und darauf verzichteten, auf ihrem eigenen Klassenterrain zu kämpfen. Denn sie wurden schließlich zu Soldaten der bürgerlichen Republik, die von der "Volksfront" geführt wurde. Und einer der deutlichsten Beweise dafür, daß das Proletariat sich in Spanien in einer tragischen Sackgasse befindet, liegt in der Tatsache, daß es in diesem Land keine revolutionäre Partei gibt (4). Als Militant der Italienischen Fraktion, die in Frankreich und in Belgien im Exil lebt, (5) setzte Marc den revolutionären Kampf fort. Insbesondere wurde er ein enger Weggefährte Vercesis (Ottorino Perrrone), der eine Haupttriebkraft in der Italienischen Fraktion war. Jahre später hat Marc oft den jungen Militanten der IKS erklärt, wieviel er an der Seite Vercesis gelernt habe, für den er eine große Hochachtung zeigte und den er bewunderte. "An seiner Seite habe ich wirklich gelernt, was es hieß, ein Militant zu sein", hat er oft gesagt. Die bemerkenswerte Festigkeit, die die Fraktion unter Beweis stellte, ist zum großen Teil auf Vercesi zurückzuführen, der schon als Militant seit dem Ende des 1. Weltkriegs in der PSI und dann in der PCI einen ständigen Kampf führte für die Verteidigung der revolutionären Prinzipien gegen den Opportunismus und gegen den Niedergang dieser Organisationen. Im Unterschied zu Bordiga, der Hauptführer der PCI während ihrer Gründung 1921 und Haupttriebkraft der Linken in den nachfolgenden Jahren, der sich aber nach seinem Ausschluß aus der PCI im Jahre 1930 aus dem militanten Leben zurückzog, hat Vercesi seine Erfahrung in den Dienst der Fortsetzung des Kampfes gegen den Konterrevolution gestellt. Insbesondere leistete er einen gewaltigen Beitrag zur Herausarbeitung der Position hinsichtlich der Rolle der Fraktionen im Leben der proletarischen Organisationen, insbesondere in den Zeiträumen der Reaktion und des Niedergangs der Partei (6). Aber seine Beiträge waren noch umfangreicher. Auf der Grundlage des Begreifens der Aufgaben der Revolutionäre nach dem Scheitern der Revolution und dem Sieg der Konterrevolution war die Erstellung einer Bilanz (daher der Name der Publikation der Fraktion auf französisch "BILAN") der vorausgegangenen Erfahrung im Hinblick auf die "Vorbereitung der Kader für die neuen Parteien des Proletariats" unerläßlich, wobei dies - wie BILAN schrieb, ohne irgendwelche Scheuklappen und irgendein Verbot ,etwas zu überprüfen, geschehen sollte. Dabei trieb er die Fraktion zu einer umfangreichen Arbeit der Reflexion und theoretischen Ausarbeitung an, wodurch diese zu einer der ergiebigsten Organisationen in der Geschichte der Arbeiterbewegung wurde. Obgleich er von seiner politischen Bildung her "leninistischer" Ausrichtung war, hatte er keine Angst, die Positionen Rosa Luxemburgs zu übernehmen, die die Unterstützung der nationalen Unabhängigkeitskämpfe verwarf und sich auf eine Analyse der ökonomischen Ursachen des Imperialismus stützte. Bei diesem letzten Punkt hatte er aus den Debatten mit dem Bund der Internationalistischen Kommunisten (Ligue des communistes internationalistes) Belgiens gelernt, deren Minderheit sich den Positionen der Fraktion während des Spanienkriegs anschloß, um mit ihr Ende 1937 die Internationale Kommunistische Linke zu gründen. Auch entwickelte Vercesi (in Zusammenarbeit mit Mitchell, Mitglied der LCI) ausgehend von den Lehren des Prozesses des Niedergangs der russischen Revolution und der Rolle des Sowjetstaates in der Konterrevolution die Position, derzufolge es eine Identifizierung zwischen Diktatur des Proletariats und Staat, der nach der Revolution entstehen würde, nicht geben kann. Schließlich gab er bei der Organisationsfrage ein Beispiel innerhalb der Exekutivkommission der Fraktion, wie eine Debatte geführt werden muß, wenn schwerwiegende Divergenzen entstehen. Gegenüber der Minderheit, die jegliche Organisationsdisziplin brach, als sie sich den antifaschistischen Milizen anschloß, die nicht mehr ihre Beiträge zahlen wollte, trat er gegen die Auffassung einer überstürzten organisatorischen Trennung auf (obgleich den Funktionsregeln der Fraktion gemäß die Mitglieder der Minderheit hätten ausgeschlossen werden können), um die besten Bedingungen für die größtmöglichen Gelegenheiten zur Entwicklung einer Klarheit in der Debatte zu haben. Aus Vercesis Sicht wie für die Mehrheit der Fraktion war die politische Klarheit eine wesentliche Priorität bei der Rolle und der Aktivität der revolutionären Organisationen.
All diese Lehren, die er sich in vielerlei Hinsicht schon in seiner früheren politischen Aktivität zu eigen gemacht hatte, hat Marc während der Jahre verarbeitet, in denen er an der Seite Vercesis als Militant aktiv war. Und auf diese gleichen Lehren stützte er sich selbst, als Vercesi anfing, sie zu vergessen und sich von den marxistischen Positionen zu entfernen. Als die Kommunistische Linke Italiens (GCI) gegründet wurde, als "BILAN" durch "Octobre" ersetzt wurde, hatte Vercesi angefangen, eine Theorie über die Kriegswirtschaft zu entwickeln, die ein endgültiges Überwinden der Krise des Kapitalismus ermöglicht hätte. Von dem vorübergehenden Erfolg der Wirtschaftspolitik des New Deal und der Nazis desorientiert, schlußfolgerte er daraus, daß die Waffenproduktion, die auf keine gesättigten kapitalistischen Märkte strömt, es dem Kapitalismus ermöglicht, seine wirtschaftlichen Widersprüche zu überwinden. Ihm zufolge stellten die gigantischen Aufrüstungsprogramme aller Länder Ende der 30er Jahre keine Vorbereitungen für einen späteren Weltkrieg dar, sondern waren im Gegenteil ein Mittel, um diesem auszuweichen, indem die Hauptursache beseitigt würde: die wirtschaftliche Sackgasse des Kapitalismus. Auf diesem Hintergrund, so Vercesi, müßten die verschiedenen lokalen Kriege, die damals stattfanden, insbesondere der Spanienkrieg, nicht als ein Vorspiel eines größeren Konfliktes aufgefaßt werden, sondern als ein Mittel für die Bourgeoisie, die Arbeiterklasse zu zerschlagen, damit diese keine revolutionären Kämpfe liefern könnte. Deshalb wandelte das Internationale Büro der GCI den Namen seiner Publikation in "Octobre" um: man sei in eine neue revolutionäre Periode eingetreten. Solche Positionen stellen eine Art nachträglichen Sieg der ehemaligen Minderheit der Fraktion dar.
Gegenüber solch einem Abgleiten, wodurch die Hauptlehren BILANs in-fragegestellt wurden, führte Marc einen Kampf für die Verteidigung der klassischen Positionen der Fraktion und des Marxismus. Für ihn war dies ein sehr schwieriger Test, denn er mußte die Fehler eines Genossen bekämpfen, den er ausgesprochen hoch einschätzte. In diesem Kampf war er in der Minderheit, denn die Mehrheit der Mitglieder der Fraktion, die durch ihre Bewunderung Vercesis 'erblindet' waren, folgten diesem in dessen Sackgasse. Schließlich bewirkte diese Auffassung bei der Italienischen Fraktion wie auch bei der Belgischen Fraktion eine vollständige Lähmung zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Weltkriegs. Damals meinte Vercesis, es gebe keinen Grund mehr zu intervenieren, weil die Arbeiterklasse "gesellschaftlich verschwunden" sei. Zu diesem Zeitpunkt konnte Marc, der in die französische Armee eingezogen worden war (obgleich er staatenlos war), nicht sofort den Kampf aufnehmen (7). Erst im August 1940 konnte er sich in Marseille im Süden Frankreichs wieder in politische Aktivitäten stürzen, um die Elemente der Italienischen Fraktion zusammenzuschließen, die sich in dieser Stadt zusammengefunden hatten.
GEGEN DEN IMPERIALISTISCHEN KRIEG
Die meisten Genossen weigerten sich, die von dem Internationalen Büro unter Vercesis Einfluß getroffene Entscheidung der Auflösung der Fraktionen hinzunehmen. Im Jahre 1941 hielten sie eine Konferenz der neugebildeten Fraktion ab, die sich auf die Verwerfung des seit 1937 eingeschlagenen Kurses stützte. So verwarf sie die Theorie der Kriegswirtschaft als Überwindung der Krise, auch die Idee, daß "lokale" Kriege zum Zweck der Niederschlagung der Arbeiterklasse geführt würden sowie des "gesellschaftlichen Verschwinden des Proletariats" usw.. Auch gab die Fraktion die alte Position zur UdSSR auf, derzufolge diese als ein "entarteter Arbeiterstaat" (8) dargestellt wurde. Stattdessen wurde ihr kapitalistisches Wesen aufgezeigt. Während des ganzen Krieges hielt die Fraktion unter den schlimmsten Bedingungen der geheimen Arbeit Jahreskonferenzen mit Genossen aus Marseille, Toulon, Lyon und Paris ab. Und trotz der Besetzung durch deutsche Truppen wurden Verbindungen zu Elementen in Belgien aufgebaut.
Ein internes Diskussionsbulletin wurde in Umlauf gebracht, das alle Fragen, die zur Niederlage von 1939 geführt hatten, aufgriff. Wenn man die verschiedenen Nummern dieses Bulletins liest, kann man sehen, daß die meisten Grundsatztexte, die die von Vercesi am deutlichsten vertretenen Abweichungen bekämpfen oder die Herausarbeitung neuer Positionen, die durch die Entwicklung der neuen historischen Situation entstanden waren, die Unterschrift Marco trugen. Unser Genosse, der der Fraktion erst 1938 beigetreten und ihr einziges "ausländisches" Mitglied war, war während des Krieges ihre Haupttriebkraft. Gleichzeitig hatte Marc Diskussionen mit einem Kreis von jungen Elementen vorangetrieben, von denen die meisten aus dem Trotzkismus kamen, und mit denen er im Mai 1942 den französischen Kern der Kommunistischen Linke auf den politischen Grundlagen der GCI bildete. Dieser Kern arbeitete auf die Perspektive hin der Bildung einer Französischen Fraktion der Kommunistischen Linke, aber sie verwarfen die Politik der "Rekrutierungskampagnen" und der von den Trotzkisten praktizierten "Unterwanderung". Unter Marcs Einfluß weigerten sie sich, überstürzt sofort eine solche Fraktion zu gründen.
Nachdem die Exekutivkommission der Italienischen Fraktion neu gebildet worden war, zu der Marc gehörte, wie auch dem französischen Kern, mußten diese gegenüber den Ereignissen in Italien 1942-43 Stellung beziehen, als wichtige Klassenkämpfe zum Sturz Mussolinis am 25. Juli 1943 und zu seiner Ersetzung durch den Admiral Badoglio führten, welcher auf Seiten der Alliierten stand. Ein von Marco unterzeichneter Text im Namen der Exekutivkommission äußerte sich folgendermaßen "die revolutionären Revolten, die den Lauf des imperialistischen Krieges zu Ende bringen werden, werden in Europa eine chaotische Lage entstehen lassen, die für die Bourgeoisie sehr gefährlich sein wird". Gleichzeitig warnten sie gegen die Versuche des "angloamerikanischen-russischen imperialistischen Blocks", die Revolten von Außen her zu zerschlagen, und auch gegen die der Parteien der Linken, die "das revolutionäre Bewußtsein mundtot machen wollen". Die Konferenz der Fraktion, die trotz der Opposition Vercesis im August 1943 stattfand, erklärte nach ihrer Analyse der Ereignisse in Italien, daß "die Umwandlung der Fraktion zur Partei" in diesem Land auf der Tagesordnung steht. Aufgrund der materiellen Schwierigkeiten und aufgrund des passiven Widerstands, den Vercesi gegenüber solch einer Position ausübte, schaffte es die Fraktion nicht, nach Italien vorzudringen, um dort aktiv bei den Kämpfen zu intervenieren, die angefangen hatten, sich zu entfalten. Insbesondere wußte sie nicht, daß sich Ende 1943 im Norden Italiens nach den Anregungen Onorato Damens und Bruno Maffis die Partito Comunista Internazionalista (PCInt, Internationalistische Kommunistische Partei) gegründet hatte, an der sich alte Mitglieder der Fraktion beteiligten.
Während dieser Zeit hatten die Fraktion und der Kern Kontakte entwickelt und Diskussionen aufgenommen mit anderen revolutionären Elementen, insbesondere mit deutschen und österreichischen Flüchtlingen, den Revolutionären Kommunisten Deutschlands (RKD), die sich vom Trotzkismus gelöst hatten. Mit ihnen und insbesondere an führender Stelle der französische Kern betrieben sie eine direkte Propaganda gegen den imperialistischen Krieg; sie wandten sich an die Arbeiter und Soldaten aller Nationalitäten, die deutschen Proletarier in Uniform eingeschlossen. Es handelte sich natürlich um eine sehr gefährliche Aktivität, denn sie traten nicht nur der Gestapo entgegen, sondern auch der R6sistance. Gerade diese erwies sich als für die Genossen am gefährlichsten, denn nachdem unser Genosse mit seiner Lebensgefährtin von den FFI (Forces Francaises de l'Interieur - die demokratische Gestapo) verhaftet worden war, in deren Reihen es von Stalinisten wimmelte, entronn er nur knapp dem Tod, mit dem die Stalinisten ihm gedroht hatten. Aber das Ende des Krieges sollte auch die Totenglocke der Fraktion einläuten.
In Brüssel übernahm Vercesi Ende 1944 nach der "Befreiung" bei der Fortführung seiner falschen Positionen, mit denen er die Prinzipien verworfen hatte, welche er in der Vergangenheit verteidigt hatte, die Führung einer "antifaschistischen Koalition", die "L'Italia di Domani" (Das Italien von morgen) herausbrachte. Es handelte sich um eine Zeitung, die unter dem Vorwand der Hilfe für italienische Gefangene und Emigranten klar Stellung bezog für die Seite der Kriegsalliierten. Sobald diese Tatsachen überprüft worden waren, und am Anfang wollte dies einfach niemand glauben, schloß die Exekutivkommission der Fraktion nach Marcs Vorschlag Vercesi am 25. Jan. 1945 aus. Solch eine Entscheidung ist nicht zurückzuführen auf die Divergenzen, die es bei verschiedenen Punkten zwischen Vercesi und der Mehrheit der Fraktion gab. Wie damals mit der alten Minderheit von 1936-37 bestand die Politik der Exekutivkommission und mit Marc in ihren Reihen darin, die Haltung Vercesis aus dem damaligen Zeitraum fortzusetzen, die die Debatten mit der größtmöglichen Klarheit vorandrängen wollte. Aber was Vercesi 1945-45 vorgeworfen wurde, waren nicht nur einfach politische Divergenzen, sondern seine aktive Teilnahme und gar führende Rolle bei einem Organismus der Bourgeoisie, der am imperialistischen Krieg mitwirkte. Aber dieses letzte Zeichen Unnachgiebigkeit seitens der Italienischen Fraktion war nur ein "letztes Aufbäumen".
Nachdem sie von der Existenz der PCInt in Italien erfahren hatten, beschloß die Mehrheit ihrer Mitglieder auf der Konferenz vom Mai 1945 die Selbstauflösung der Fraktion und die individuelle Integration ihrer Mitglieder in die neue "Partei". Mit seiner letzten Energie trat Marc gegen diesen Schritt auf, den er als vollständige Verwerfung der ganzen Vorgehensweise auffaßte, auf der sich bislang die Fraktion gestützt hatte. Er forderte deren Aufrechterhaltung bis zum Abschluß der Überprüfung der politischen Positionen dieses neuen, so wenig bekannten Gebildes. Und die Zukunft gab ihm mit dieser Vorsicht recht, wenn man feststellt, daß die erwähnte Partei, der Elemente aus dem Süden Italiens aus der Umgebung Bordigas beitraten (und von denen einige eine Unterwanderungsarbeit in der Italienischen KP betrieben), die schlimmsten opportunistischen Positionen entfaltete, wobei man sogar soweit ging, mit der antifaschistischen Partisanenbewegung Kontakt aufzunehmen (siehe dazu Internationale Revue, Nr. 8, 4. Quartal 1976 und Nr. 32, 1. Quartal 1983, jeweils englisch, französische Ausgabe). Um gegen solch eine Kehrtwendung zu protestieren, kündigte Marc seinen Rücktritt aus der Exekutivkommission an und verließ die Konferenz, die sich auch geweigert hatte, die Französische Fraktion der Kommunistischen Linken (FFGC) anzuerkennen, welche Ende 1944 von dem französischen Kern gegründet worden war, und die die Grundsatzpositionen der Internationalen Kommunistischen Linke (GCI) übernommen hatte. Vercesis seinerseits trat der neuen "Partei" bei, welche von ihm keine Rechenschaft forderte über seine Teilnahme an der antifaschistischen Koalition in Brüssel. So kamen all die Bemühungen zum Erliegen, die er selber jahrelang unternommen hatte, um die Fraktion als Brücke zur Zukunft wirken zu lassen zwischen einer alten Partei, die zum Feind übergewechselt war und einer neuen Partei, die mit dem Wiedererstarken des Klassenkampfes des Proletariats auftauchen würde. Da Vercesi den Kampf für diese Position nicht weiter fortsetzte, sondern im Gegenteil dieser neuen Gruppierung -der FFGC - , die den klassischen Prinzipien der Italienischen Fraktion und der Internationalen Kommunistischen Linken (GCI) treu geblieben war, standen er und die neue PCInt ihr sehr feindlich gegenüber. Vercesi zielte gar darauf ab, innerhalb der FFGC eine Spaltung herbeizuführen,
wodurch es zur Bildung einer 'FFGC bis' (9) kam. Diese Gruppe veröffentlichte eine Zeitung, die den gleichen Namen wie die der FFGC hatte, "L'Etincelle", "Der Funken". Ihr traten bei Mitglieder der ehemaligen Minderheit von BILAN, die seinerzeit von Vercesi bekämpft worden war, sowie ehemalige Mitglieder der Union Communiste. Die PCInt und die Belgische Fraktion (die sich nach dem Krieg um Vercesi in Brüssel zusammengefunden hatte) bezeichneten die 'FFGC bis' als die einzigen "Repräsentanten der Kommunistischen Linken".
Von dem Zeitpunkt an war Marc das einzige Mitglied der Italienischen Fraktion, der den Kampf und die Positionen aufrechthielt, die die Stärke und die politische Klarheit dieser Organisation ausgemacht hatten. Innerhalb der Kommunistischen Linke Frankreichs, die FFGC bezeichnete sich nunmehr so, begann er eine neue Etappe in seinem politischen Leben.
Fußnoten:
(1) Die hier erwähnten Militanten waren nur die bekanntesten unter denen, die es schafften, die Konterrevolution zu überleben, ohne ihre kommunistische Meinungen aufzugeben. Man muß jedoch hervorheben, daß die meisten von ihnen im Gegensatz zu Marc es nicht geschafft haben, revolutionäre Organisationen zu gründen oder am Leben zu halten. Das trifft insbesondere für Mattick, Pannekoek und Canne-Meijer zu, berühmte Genossen der Rätekommunistischen Bewegung, die von ihren eigenen Auffassungen zur Organisationsfrage gelähmt wurden, oder gar wie bei Canne-Meijer von der Idee, daß der Kapitalismus in der Lage sei, seine Krisen endgültig zu überwinden, wodurch dem Sozialismus wieder jede Grundlage entzogen würde (siehe unsere Internationale Revue Nr. 37, "Das Scheitern des Rätismus, der verlorene Sozialismus"). So schaffte es auch Munis, ein sehr wertvoller und mutiger Genosse, der aus der spanischen Sektion der trotzkistischen Strömung hervorgegangen war, nicht, mit seinen anfänglichen Auffassungen zu brechen, und da er in einer sehr voluntaristischen Betrachtungsweise verfangen war, die die Rolle der Wirtschaftskrise bei der Entwicklung des Klassenkampfes verwarf, gelang es ihm auch nicht, den neuen Elementen, die dem FOR (Ferment Ouvrier R6volutionnaire) beigetreten waren, einen theoretischen Rahmen zu vermitteln, der ihnen ermöglicht hätte, die Aktivitäten dieser Organisation auf ernsthafte Weise nach dem Tode ihres Gründers fortzusetzen. Bordiga und Damen ihrerseits vermochten politische Gruppen zu be‑reichern, die über deren Tod hinaus weiterbestehen (die Internationale Kommunistische Partei und die Internationalistische Kommunistische Partei); jedoch hatten sie große Schwierigkeiten (vor allem Bordiga), um die überholt gewordenen Positionen der Kommunistischen Internationale zu überwinden, was wiederum zu einem Handikap für diese Organisationen wurde. Dadurch kam es zu einer sehr schwerwiegenden Krise Anfang der 80er Jahre (im Fall der IKP) oder zu einer ständigen Zweideutigkeit, Unklarheit bei lebenswichtigen Fragen wie bei den Gewerkschaften, dem Parlamentarismus oder den nationalen Bewegungen (im Fall der Internationalistischen KP, wie man es während der internationalen Konferenzen in den 70er Jahren feststellen konnte). Das traf übrigens auch auf Jan Appel zu, einer der bekannten Führer in der KAPD, der von den Positionen dieser Gruppe geprägt blieb, ohne sie wirklich aktualisieren zu können. Jedoch hat sich dieser Genosse seit der Gründung der IKS mit der allgemeinen Orientierung unserer Organisation identifiziert, und er hat uns nach besten Kräften unterstützt. Man muß wissen, daß Marc gegenüber all diesen Genossen ungeachtet der zahlreichen Divergenzen, die sie trennten, die größte Hochschätzung für sie hatte, und er fühlte sich mit den meisten von ihnen freundschaftlich verbunden. Diese Hochachtung und Verbundenheit begrenzte sich übrigens nicht auf diese Genossen. Er hatte sie auch für Genossen, die weniger bekannt waren, die aber .in Marcs Augen das große Verdienst hatten, ihre Treue gegenüber der Sache der Arbeiterklasse, der Revolution in den schwierigsten Momenten in der Geschichte des Proletariats aufrechterhalten zu haben.
Marc erwähnte gerne diese Episode aus dem Leben Rosa Luxemburgs, die auf dem Kongreß der II. Internationale 1896 (als sie gerade 26 Jahre alt war) es wagte, gegen all die "Autoritäten" der II. Internationale Stellung zu beziehen, und um das zu bekämpfen, was ein unantastbares Prinzip der Arbeiterbewegung geworden zu sein schien: die Forderung nach der Unabhängigkeit Polens.
Diese Vorgehensweise war der Bordigas diametral entgegengesetzt, aus dessen Sicht das Programm seit 1848 "invariabel" war. Dennoch hat dies nichts mit den "Revisionisten" wie Bernstein zu tun, oder mit den neueren Vertretern wie Chaulieu, Mentor der Gruppe "Sozialismus oder Barbarei" (1949-65). Sie unterscheidet sich auch von der rätekommunistischen Bewegung, die meinte, weil die russische Revolution von 1917 zu einer neuen Variante des Kapitalismus geführt habe, handelte es sich dabei um eine bürgerliche Revolution, oder die sich auf eine "neue" Arbeiterbewegung berief in Gegenüberstellung zu der "alten" (der II. und III. Internationale), die gescheitert wären.
Hinsichtlich der Haltung der Fraktion gegenüber den Ereignissen in Spanien siehe insbesondere die "Internationale Revue", Nr. 4,6,7 1976 (engl. Ausgabe)
Zur Italienischen Fraktion siehe unsere Broschüre "Die Kommunistische Linke Italiens".
Zur Frage des Verhältnisses Partei-Fraktion siehe unsere Artikelsammlung in der Internationalen Revue Nr. 59,61,64,65 usw. - auch auf deutsch erhältlich.
15 Jahre lang war unser Genosse nur im Besitz eines "Ausweisungsbeschlusses" vom französischen Territorium, den er alle zwei Wochen bei den Behörden vorlegen mußte, um die Durchführung desselben aufzuschieben zu lassen. Es handelte sich um ein Damoklesschwert der sehr demokratischen Regierung Frankreichs, dem "Land des Asyls und der Menschenrechte", den diese über seinem Kopf schweben ließ. Marc war ständig gezwungen, zu beteuern, daß er keine politischen Aktivitäten betreibe, was er natürlich nicht einhielt. Zum Zeitpunkt des Krieges beschloß diese Regierung, daß dieser "unerwünschte Staatenlose" durchaus dazu gut sei, als Kanonenfutter bei der Verteidigung des Vaterlandes zu dienen. Obwohl von den deutschen Truppen gefangengenommen, gelang ihm die Flucht, bevor diese entdeckten, daß er Jude war. Mit seiner Lebensgefährtin Clara flüchtete er nach Marseille, wo die Polizei, nachdem sie seine Lage von vor dem Krieg entdeckt hatte, ihm keinen Ausweis ausstellte. Ironischerweise zwangen die Militärbehörden die Zivilbehörden zu einer Änderung ihrer Haltung zugunsten von Marc, den sie als jemanden betrachteten, der "im Dienste Frankreichs" stünde, umso mehr noch, da es sich noch nicht einmal um sein Land handelte.
Diese Analyse, die denen der Trotzkisten gleicht, hat die Fraktion jedoch nie zu einem Aufruf zur "Verteidigung der UdSSR" veranlaßt. Seit Anfang der 30er Jahre - und die Ereignisse in Spanien haben diese Position vollauf bestätigt - ging die
Fraktion davon aus, daß der "Sowjetstaat" einer der schlimmsten Feinde des Proletariats war.
Man muß unterstreichen, daß Marc trotz der Fehler Vercesis ihm gegenüber immer einen großen Respekt und Hochachtung zollte. Diese Hochachtung galt auch für alle Mitglieder der Italienischen Fraktion, die er immer mit den herzhaftesten Worten erwähnte. Man mußte ihn reden hören von all den Militanten, die nahezu alle Arbeiter waren, von Piccino, Tulio, Stefanini, deren Kampf er in den dunkelsten Stunden dieses Jahrhunderts teilte, um seine Hochachtung und Verbundenheit mit diesen Genossen einschätzen zu können.
Dieser Artikel war in seiner ursprünglichen Fassung in zwei Teilen veröffentlicht worden. Es folgt hier der 2.
VOM 2. WELTKRIEG BIS HEUTE "INTERNATIONALISME"
Die Gauche Communiste de France (GCF) hielt ihre 2. Konferenz im Juli 1945 ab. Sie verabschiedete einen Bericht zur internationalen Situation, der von Marc verfaßt worden war (wiederveröffentlicht in der International Review Nr. 59, 1989, engl. Ausgabe), in dem eine globale Bilanz der Kriegsjahre gezogen wird. Ausgehend von den klassischen Positionen des Marxismus zur Frage des Imperialismus und des Krieges, insbesondere gegenüber den Verirrungen, die Vercesi entfaltet hatte, stellt dieses Dokument eine Vertiefung des Begreifens der Hauptprobleme dar, vor denen die Arbeiterklasse in der Dekadenz des Kapitalismus steht. Dieser Bericht spiegelt den ganzen Beitrag wider, den die GCF für das revolutionäre Gedankengut leistete, und von dem man sich eine Vorstellung machen kann, wenn man die theoretische Revue "Internationalisme" liest (1). "L'Etincelle" stellte sein Erscheinen Ende 1946 ein. Die GCF hatte verstanden, daß ihre Prognose eines revolutionären Endes des imperialistischen Krieges (d.h. die Erwartung einer parallelen Entwicklung wie am Ende des 1. Weltkriegs) nicht erfüllt worden war. Dank der Lehren, die sie aus der Vergangenheit gezogen hatte -und die Fraktion hatte dies schon seit 1943 befürchtet-hatte die Bourgeoisie der "Siegerländer" es geschafft, einen Aufstand des Proletariats zu verhindern. Die "Befreiung" war kein Sprungbrett für die Revolution, sondern im Gegenteil ein Gipfel der Konterrevolution. Die GCF zog daraus die Konsequenzen und meinte, daß die Bildung der Partei nicht auf der Tagesordnung stünde; ebenso meinte sie, daß jetzt nicht eine Hauptaufgabe die Agitation in der Arbeiterklasse sei, zu dessen Zweck L'Etincelle geschaffen worden war. Jetzt standen die Revolutionäre vor einer Aufgabe, ähnlich wie sie BILAN vor sich gehabt hatte. Deswegen widmete sich die GCF nunmehr der Arbeir der Klärung und der theoretisch-politischen Diskussion -im Gegensatz zur IKP , die jahrelang einen fieberhaften Aktivismus betrieb, welcher 1952 zu einer Spaltung zwischen der Tendenz um Damen, der aktivistischer war, und um Bordiga führte (mit dem sich Vercesi zusammenschloß). Diese Tendenz um Bordiga zog sich vollständig ins Sektierertum und in eine angebliche Invarianz zurück (tatsächlich war es eine erstarrte, versteinerte Form der Positionen der Kommunistischen Linken von 1926). Dies sollte nunmehr das Merkmal der Internationalen Kommunistischen Partei (IKP I= International) und ihrer Zeitschrift Programma Comunista sein. Die IKP (IInternationalistisch) um Damen (welche noch in der Mehrheit war, setzte die Publikation Battaglia Comunista und Prometeo fort), der man zu diesem Zeitpunkt diesen Vorwurf des Sektierertums nicht machen konnte, stürzte sich in eine ganze Reihe von Initiativen von Konferenzen und gemeinsamen Aktivitäten mit nicht-proletarischen Strömungen wie den Trotzkisten und Anarchisten.
Die GCF wiederum hat diesen Geist der Offenheit aufrechterhalten, der ein Kennzeichen der Italienischen Linken vor und während des Krieges gewesen war. Aber im Gegensatz zur IKP, die sich nach allen Seiten hin öffnete und nicht lange nach dem Klassencharakter der Organisationen fragte, mit denen sie in Kontakt trat, stützten sich die von der GCF hergestellten Kontakte genau wie seinerzeit bei BILAN auf genaue politische Kriterien, die eine präzise Abgrenzung von nicht-proletarischen Organisationen ermöglichten.
So beteiligte sich die GCF im Mai 1947 an einer internationalen Konferenz, die dank der Initiative des Communistenbond Hollands (rätekommunistischer Tendenz) einberufen worden war, an der auch insbesondere die Gruppe Le Proletaire (sie war aus den RKD hervorgegangen) mitwirkte sowie die belgischen Fraktion und die autonome Föderation Turins, die sich von der IKP gespalten hatte aufgrund der Divergenzen hinsichtlich der Wahlbeteiligung. Bei der Vorbereitung dieser Konferenz, zu der der Bond auch die Anarchistische Föderation eingeladen hatte, bestand die GCF auf der Notwendigkeit von präziseren Auswahlkriterien, die Gruppen fernhalten wie die offiziellen Anarchisten, welche an der Regierung der spanischen Republik und an der Resistance (2) mitgewirkt hatten.
Aber der Hauptbeitrag der GCF zum Kampf des Proletariats in dieser von der Konterrevolution beherrschten Zeit liegt sehr wohl bei der programmatischen und theoretischen Herausarbeitung und Vertiefung. Die beträchtlichen Vertiefungsbestrebungen seitens der GCF in dieser Hinsicht haben insbesondere zu einer Präzisierung der Funktion der revolutionären Partei geführt, wobei man über die klassischen "leninistischen" Auffassungen hinausging, und die endgültige und unwiderrufliche Einverleibung der Gewerkschaften und der Gewerkschaftsarbeit in den kapitalistischen Staat feststellte. In dieser Hinsicht hatte die deutsch-holländische Linke von Anfang der 20er Jahre an eine ernsthafte Kritik an den falschen Positionen Lenins und der Kommunistischen Internationale erarbeitet. Die Auseinandersetzung der Italienischen Fraktion vor dem Krieg und der GCF nach dem Krieg mit den Positionen dieser Strömung versetzten die GCF in die Lage, einige der Kritiken an der Kommunistischen Internationale weiter zu vertiefen. Aber die GCF erwies sich als fähig, nicht den gleichen Exzessen zu verfallen, den die deutschholländische Linke bei der Parteifrage begangen hatte (der nachher jede Funktion abgesprochen wurde). Auch ging man beim Verständnis der Gewerkschaftsfrage viel weiter (denn neben der Verwerfung der klassischen Gewerkschaftsarbeit, trat die deutschholländische Linke für eine Art Basisgewerkschaftsarbeit ein, wobei sie sich auf die "Unionen" aus der Zeit 1919-20 in Deutschland stützte). Bei der Gewerkschaftsfrage konnte man den Unterschied in der Methode zwischen der deutschen und italienischen Linken sehen. Die deutsche Linke verstand während der 20er Jahre den großen Rahmen einer Frage (z.B. des kapitalistischen Wesens der UdSSR oder des Wesens der Gewerkschaften), aber indem man eine systematische, vertiefte Auseinandersetzung bei der Erarbeitung neuer Positionen unterließ, wurden bestimmte Grundlagen des Marxismus infrage gestellt, und eine spätere Vertiefung dieser Fragen unmöglich gemacht. Die Italienische Linke ihrerseits war viel vorsichtiger. In Anbetracht der Ausrutscher Vercesis im Jahre 1938 hatte sie die ständige Sorge, jeden von ihr vollzogenen Schritt der Vertiefung einere systematischen Kritik zu unterziehen, um zu überprüfen, ob sie sich nicht vom Rahmen des Marxismus entfernten. Dadurch wurde sie in die Lage versetzt, viel weiter zu gehen bei der Vertiefung und bei der theoretischen Weiterentwicklung der Positionen insbesondere zu einer so grundsätzlichen Frage wie der des Staats. Diese Vorgehensweise hatte Marc innerhalb der Italienischen Fraktion kennengelernt und übernommen; und auf diese stützte er sich wiederum bei der Arbeit in der GCF. Die GCF vertiefte auch weiterhin die Frage des Staates in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Kommunismus. Auch wurde die Frage des Staatskapitalismus nicht mehr nur im engen Rahmen der Analyse der UdSSR gesehen, sondern die allgemeinen, weltweit gültigen Merkmale dieser Haupterscheinungsweise der Dekadenz der kapitalistischen Produktionsweise wurden herausgearbeitet. Diese Analyse findet man insbesondere in dem Artikel "Die Entwicklung des Kapitalismus und die neue Perspektive" (veröffentlicht in Internationalisme Nr. 46, wieder veröffentlicht in International Review Nr. 21, engl. Ausgabe). Dieser Text war von Marc im Mai 1952 verfaßt worden, und er stellt in gewisser Hinsicht das politische Testament der GCF dar. Im Juni 1952 verließ Marc Frankreich, um nach Venezuela umzuziehen. Diese Abreise entsprach einem kollektiven Beschluß der GCF, die in Anbetracht des Koreakrieges davon ausging, daß ein dritter Weltkrieg zwischen dem amerikanischen und russischen Block unvermeidbar wäre und kurz bevorstünde (wie in dem o.g. Text entwickelt wurde). Solch ein Krieg würde hauptsächlich Europa zerstören, dadurch würden die wenigen kommunistischen Gruppen vollständig vernichtet, auch die GCF, deren Mitglieder ja gerade erst den 2. Weltkrieg überlebt hatten. Wenn einige Militanten außerhalb Europas Schutz suchen wollten, dann geschah dies nicht so sehr aus Sorge um die individuelle Sicherheit (während des ganzen 2. Weltkriegs hatten Marc und seine Genossen bewiesen, daß sie bereit waren, große Risiken einzugehen, um die revolutionären Positionen unter den schlimmst möglichen Bedingungen zu verteidigen), sondern weil man so das Überleben der Organisation selber ermöglichen wollte. Aber die Abreise einer der erfahrensten und politisch gebildesten Genossen zu einem anderen Kontinent sollte für die GCF einen nicht zu verkraftenden Schlag darstellen. Denn die Mitglieder, die in Frankreich blieben, schafften es trotz der fortgesetzten Korrespondenz mit Marc nicht, die Organisation in der Zeit der tiefgreifenden Konterrevolution am Leben zu halten. Aus Gründen, auf die wir hier nicht eingehen können, fand dann der 3. Weltkrieg nicht statt. Es liegt auf der Hand, daß dieser Fehler bei der Analyse der Lage der GCF das Leben gekostet hat (und dies ist wahrscheinlich der Fehler, unter denen, die von dem Genossen während seines militanten Lebens begangen wurden, der die schwersten Konsequenzen gehabt hat). Aber die GCF hinterließ ein großes politisches und theoretisches Vermächtnis, auf das sich die Gruppen stützen konnten, die später die IKS gründeten.
DIE INTERNATIONALE KOMMUNISTISCHE STRÖMUNG
Mehr als 10 Jahre lang - d.h. in einer Zeit, in der die Konterrevolution die Arbeiterklasse weiter erdrückte - lebte Marc in einer besonders schlimmen Isolierung. Er verfolgte die Aktivitäten der revolutionären Organisationen, die sich in Europa am Leben hielten und blieb in Kontakt mit ihnen und einigen ihrer Mitglieder. Auch setzte er die Arbeit der Reflexion, der Vertiefung über einige Fragen fort, die die GCF nicht ausreichend hatte klären können. Aber zum ersten Mal in seinem Leben konnte er an keiner organisierten Aktivität teilnehmen, die ja gerade unentbehrlich ist für solch eine Arbeit der Vertiefung. Es war eine sehr schwere Herausforderung, wie er selber formulierte: "In dieser Zeit der Reaktionen nach dem 2. Weltkrieg gab es einen langen Marsch durch die Wüste, insbesondere nach der Auflösung der Gruppe "INTERNATIONALISME" nach 10 Jahren ihres Bestehens. Dem folgte eine 15jährige Isolierung. Diese dauerte an bis zum Zeitpunkt, als er es schaffte, um ihn herum eine kleine Gruppe von Gymnasiasten zu sammeln, die den Kern einer neuen Organisation darstellen sollten: "Und 1964 wurde in Venezuela eine Gruppe gegründet, der ganz junge Leute angehörten... und diese Gruppe besteht heute noch. 40 Jahre lang in der Konterrevolution, in der dunkelsten Reaktion zu leben, und dann plötzlich Hoffnung zu verspüren, zu merken, daß die Krise und die Jugend wieder da sind... Und dann zu spüren, wie diese Gruppe Schritt für Schritt anwuchs, wie sie sich durch die Ereignisse von 1968 entfaltete, in Frankreich und dann in 10 Ländern... All das ist wirklich eine Freude für einen Militanten. Diese Jahre, die letzten 25 Jahre sind sicherlich die glücklichsten Jahre gewesen. Während dieser Jahre konnte ich die Freude über diese Entwicklung verspüren, und über die Überzeugung, daß es wieder losging, daß wir die Niederlage überwunden hatten, und daß wir aus der Niederlage herausgekommen ware, und daß das Proletariat wieder als solches in Erscheinung tritt, daß die revolutionären Kräfte wieder Aufschwung nehmen. Die Freude zu haben, selber daran mitzuwirken, all das zu geben, was man kann, das Beste für diesen Wiederaufbau geben - all das bereitet eine große Zufriedenheit. Und diese Freude schulde ich der IKS..." Im Unterschied zu anderen Organisationen, in denen Marc aktiv gewesen war, wollen wir hier nicht die Geschichte der IKS neu aufrollen, denn anläßlich des 10. Jahrestags des Bestehens der IKS haben wir dies schon in unserer Presse getan (siehe dazu Internationale Revue, Sondernummer zur Organisationsfrage). Wir wollen nur einige Elemente erwähnen, die den gewaltigen Beitrag unseres Genossen zum Prozeß der Bildung unserer Organisation verdeutlichen. So war es hauptsächlich das Verdienst Marcs, daß noch vor der Gründung der IKS die kleine Gruppe in Venezuela, die Internacionalismo veröffentlichte (sie hatte den gleichen Namen wie die Revue der GCF), eine große Klarheit entwickeln konte, insbesondere zur Frage der nationalen Befreiung. Denn diese Frage spielte in Venezuela eine große Rolle. Auch bestanden hierzu im politischen Milieu große Verwirrungen. Auch entsprach die Politik Internacionalismos der Kontaktaufnahme mit anderen Gruppen aus dem Milieu auf dem amerikanischen Kontinent und in Europa der Politik der GCF und der Fraktion. Und während man im Januar 1968 nur vom Wohlstand und der Blütezeit des Kapitalismus und dessen Fähigkeit, die Krisen zu überwinden, sprach (und einige Revolutionäre taten dies auch schon), und als die Theorien Marcuses über die "Integration der Arbeiterklasse in den Kapitalismus" weit verbreitet waren, und als die Revolutionäre, die Marc während einer Reise durch Europa im Sommer 1967 getroffen hatte, meist total skeptisch waren hinsichtlich des Potentials einer Arbeiterklasse, die angeblich noch in der tiefsten Konterrevolution steckte, da fürchtete sich unser Genosse nicht, in Internacionalismo Nr. 8 zu schreiben: ""Wir sind keine Propheten, und wir behaupten auch nicht raten zu können, wann und wie sich die zukünftigen Ereignisse abspielen werden. Aber wir sind uns in der Tat sicher und uns dessen bewußt, daß der Kapitalismus den Prozeß, in den er gegenwärtig geraten ist, nicht aufhalten kann... dieser führt nämlich direkt zur Krise. Und wir sind ebenfalls sicher, daß die entgegengesetzte Entwicklung der Entfaltung der Kampfbereitschaft der Klasse, die man jetzt überall sieht, die Arbeiterklasse in einen blutigen und direkten Kampf um die Zerstörung des bürgerlichen Staats treiben wird". Einige Monate später brachte der Generalstreik des Mai 1968 in Frankreich eine unwiderlegbare Bestätigung dieser Vorhersagen. Natürlich war noch nicht die Stunde eines "direkten Kampfes um die Zerstörung des bürgerlichen Staates" gekommen, sondern die eines historischen Wiedererstarkens des Weltproletariats, das angefacht worden war durch die ersten Erscheinungen der offenen Krise des Kapitalismus nach der tiefsten Konterrevolution der Geschichte. Diese Vorhersagen sind kein Ergebnis einer Spekulation, sonder einfach ein bemerkenswerter Beweis dafür, daß unser Genosse den Marxismus beherrschte, und daß er auch in den schlimmsten Momenten der Konterrevolution ein Vertrauen in die revolutionären Fähigkeiten der Arbeiterklasse bewahrt hat. Sofort kam Marc nach Frankreich (er legte gar einen Teil der Anreise per Anhalter zurück, da der öffentliche Verkehr in Frankreich durch Streiks gelähmt war). Dort nahm er Kontakt zu alten Mitgliedern der GCF auf und trat in Diskussionen mit einer Reihe von Gruppen und Elementen des politischen Milieus ein (3). Diese Aktivitäten wie die eines jungen Mitglieds von Internacionalismo, der schon seit 1966 nach Frankreich gekommen war, waren entscheidend für das Entstehen und die Entfaltung der Gruppe Revolution Internationale, die die Rolle des Pols der Umgruppierung spielen sollte, auf dem aufbauend später die IKS entstand. Wir können hier leider nicht auf all die politischen und theoretischen Beiträge unseres Genossen innerhalb unserer Organisation nach ihrer Gründung eingehen. Es reicht aus zu sagen, daß bei allen wesentlichen Fragen, vor denen die IKS stand, wie auch die Arbeiterklasse insgesamt, bei all den Schritten vorwärts, die wir haben machen können, der Beitrag unseres Genossen entscheidend war. Marc war in der Regel derjenige unter uns, der neue Fragen, neue Punkte als erster aufwarf, vor denen wir standen. Diese ständige Wach- und Achtsamkeit, diese Fähigkeit, schnell und in der Tiefe die neuen Fragen zu untersuchen, auf die man eine Antwort entwickeln mußte, aber auch gegenüber älteren Fragen, bei denen noch im politischen Milieu Verwirrungen vorhanden waren, all dies ist in unserer Internationalen Revue in mehr als 60 Ausgaben schriftlich zum Ausdruck gekommen. Die Artikel zu diesen Fragen waren nicht immer direkt von Marc verfaßt worden, denn da er nie an einer Uni studiert hatte, und vor allem, weil er immer in Sprachen schreiben mußte, die er erst im Erwachsenenalter gelernt hatte, wie das mit dem Französischen der Fall war, war Schreiben für ihn jeweils eine schwere Aufgabe. Aber er war immer derjenige, der zu den meisten Artikeln die Inspiration, die Anregung geliefert hatte, damit unsere Organisation ihre Verantwortung der ständigen Aktualisierung der kommunistischen Positionen erfüllt. Um nur eines der letzten Beispiele zu nennen, als unsere Organisation gegenüber einer neuen historischen Situation schnell reagieren mußte, nämlich dem Zusammenbruch des Ostblocks und des Stalinismus, war es die große Wachsamkeit unseres Genossen und gleichzeitig natürlich die Tiefgründigkeit seiner Gedanken, die eine entscheidende Rolle bei der Fähigkeit der IKS gespielt haben, eine ausreichende Antwort für die Analyse dieser Ereignisse zu liefern. Und seitdem haben die Ereignisse unsere Analyse nur bestätigt.
Aber der Beitrag Marcs zum Leben der IKS begrenzte sich nicht auf die Ausarbeitung und die Vertiefung der politischen Positionen und theoretischen Analysen. Bis in die letzten Tage seines Lebens setzte er sich nicht nur mit der Entwicklung der Weltlage auseinander, dachte darüber nach und teilte dies trotz der übermenschlichen Anstrengungen, die dies in Anbetracht seines Gesundheitszustandes bedeuteten, den Genossen mit, die ihn am Krankenbett besuchten. Auch beschäftigte er sich weiter mit den Details der Aktivitäten und der Funktionsweise der IKS. Für ihn gab es nie "untergeordnete" Fragen, mit denen sich theoretisch weniger gebildete Genossen hätten auseinandersetzen sollen. Er setzte sich immer dafür ein, daß alle Genossen der Organisation die Fähigkeit zu einer größtmöglichen politischen Klarheit entwickeln, und daß theoretische Fragen nicht den "Spezialisten" vorbehalten bleiben, er hat nie gezögert, mit Hand anzulegen an alle praktischen Alltagsaktivitäten unserer Organisation. So hat Marc den jungen Mitgliedern unserer Organisation als Beispiel für einen Genossen gedient, der seine ganzen Fähigkeiten in das Leben dieses unabdingbaren Organs der Arbeiterklasse, ihre revolutionäre Organisation steckt. Tatsächlich vermochte unser Genosse ständig den neuen Generationen von Genossen die Erfahrung zu vermitteln, die er im Laufe seines außergewöhnlichen und langen militanten Lebens gesammelt hatte. Und solch eine Erfahrung konnten diese Generationen von neuen Militanten nicht nur anhand von politischen Texten erwerben, sondern im Alltagsleben der Organisation, und mit Hilfe der Anwesenheit Marcs selber konnten sie dies tun. Aus dieser Sicht hat Marc einen ganz außergewöhnlichen Platz im Leben des Proletariats eingenommen. Während die Konterrevolution die politischen Organisationen, die die Arbeiterklasse in der Vergangenheit hervorgebracht hatte, entweder auslöschte oder sie zerfallen ließ, stellte Marc eine Brücke, ein unersetzbares Verbindungsglied zwischen den Organisationen dar, die an der revolutionären Welle nach dem 1. Weltkrieg teilgenommen hatten und den Organisationen, die sich an der nächsten beteiligen werden. In seiner Geschichte der russischen Revolution warf Trotzki die Frage der besonderen und außergewöhnlichen Stellung Lenins auf. Sich auf die klassischen Thesen des Marxismus über die Rolle des Individuums in der Geschichte stützend, schloß er daraus, daß die Revolution ohne Lenin, der es geschafft hatte, die bolschewistische Partei wieder aufzurichten und sie politisch "zu festigen, zu bewaffnen", nicht hätte stattfinden können, oder daß sie zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Es liegt auf der Hand: ohne Marc gäbe es die IKS nicht, zumindest nicht in ihrer gegenwärtigen Form als bedeutendste Organisation des internationalen revolutionären Milieus (ohne von der Klarheit der Positionen zu sprechen, von denen natürlich andere revolutionäre Gruppen eine andere Meinung haben können). Insbesondere seine Präsenz und sein Wirken haben es ermöglicht, daß die gewaltige und Grundsatzarbeit, den die Fraktionen der Linken verrichtet haben, insbesondere die Italienische Linke, die alle aus der Komintern ausgeschlossen worden waren, nicht in Vergessenheit geraten, sondern fruchtbringend verwendet werden. Während unser Genosse in der Arbeiterklasse nie einen Bekanntheitsgrad vergleichbar mit dem von Lenin, R. Luxemburg, Trotzki oder gar Bordiga oder Pannekoek gehabt hat - denn dies konnte nicht anders sein, weil er den größten Teil seines Lebens unter der Konterrevolution arbeitete- soll man sich gerade deshalb nicht fürchten zu sagen, daß sein Beitrag zum Kampf des Proletariats auf der gleichen Ebene liegt wie der der oben genannten Revolutionäre.
Unser Genosse hat solche Vergleiche immer verworfen. Mit der größtmöglichen Einfachheit und Bescheidenheit hat er immer seine militanten Aufgaben erfüllt; auch hat er nie seinen "Ehrenplatz" innerhalb der Organisation verlangt. Sein größter Stolz lag nicht in seinem außergewöhnlichen Beitrag, den er geliefert hat, sondern in der Tatsache, daß er es geschafft hat, bis zum Ende seines Lebens dem Kampf des Proletariats treu zu bleiben. Und das war auch eine wertvolle Lehre für all die neuen Generationen von Genossen, die nicht die Gelegenheit gehabt haben, die große Aufopferung, das Engagement für die revolutionäre Sache kennenzulernen, die die früheren Generationen von Genossen auszeichneten. Vor allem auf dieser Ebene wollen wir in diesem Kampf auf der Höhe sein, den wir nun ohne die wachsame und hellsichtige, brüderliche und leidenschaftliche Präsenz unseres Genossen entschlossen sind fortzusetzen.
IKS