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(Der Artikel wurde von unserer Sektion in Indien geschrieben)
Wenige Tage bevor der pakistanische Präsident Zardari Präsident Obama treffen sollte, machte die Nachricht die Runde, dass die Taliban die Stadt Buner eingenommen hätten. Sofort wurde die Angst geschürt: Die Taliban kommen nach Islamabad, sie stehen nur noch 60 km vor der Stadt. Vielleicht ergreifen sie gar in ganz Pakistan die Macht und gewinnen somit die Kontrolle über die Atomwaffen. Als Zardari ins Flugzeug zu seiner Reise in die USA stieg, forderte das pakistanische Militär die Menschen im Swat-Tal und woanders auf, ihre Häuser zu verlassen und sich in Flüchtlingslager zu begeben. Bevor das Flugzeug Zardaris am 6 Mai in den USA landete, hatte die pakistanische Armee angefangen, Buner und andere Teile Pakistans aus Hubschraubern, Kampfflugzeugen, Panzern und mit Artillerie zu beschießen und zu bombardieren. Bald darauf flüchteten ca. 3 Mio. Menschen aus dem Kriegsgebiet, in dem sich die Armee und die pakistanischen Taliban bekämpften. Als Zardari in den USA am 6. Mai eintraf, verkündete Pakistan, 38 Talibankämpfer getötet zu haben. Natürlich erhielt Zardari dafür Lob von Obama.
Der pakistanische Staat macht keinen Hehl daraus, dass er von den USA dazu gezwungen wurde, gegen die Taliban Maßnahmen zu ergreifen. Aber die Wahrheit liegt ganz woanders, und es mag keine Überraschung sein, wenn man eines Tages herausfinden wird, dass die Taliban vom pakistanischen Geheimdienst ISI oder den US-Geheimdiensten dazu ermuntert wurden, sich in Buner niederzulassen, damit man einen Vorwand für diesen Krieg hat. Erregte Propaganda über den Feldzug der Taliban auf Islamabad ermöglichte es der pakistanischen Bourgeoisie in diesem Krieg die Bevölkerung um sich zu scharen. So konnte Amerika den Eindruck erwecken, es habe Pakistan dazu getrieben, diesen Krieg zu seinem eigenen Vorteil auszulösen.
In Wirklichkeit geht es bei diesem Krieg nicht darum, Osama bin Laden oder die islamischen Terroristen zu besiegen. Es ist bekannt, dass die USA selbst Osama bin Laden und die islamischen Mudschaheddin groß gezogen haben, um sie für ihre imperialistischen Interessen gegen die Sowjetunion einzusetzen. Sowohl die Taliban- und islamischen fundamentalistischen Horden, welche heute in Pakistan aktiv sind, wurden vom pakistanischen Staat hochgepäppelt, um sie als Werkzeug bei dessen imperialistischer Politik und als soziales Kontrollmittel zu verwenden. Es stimmt, "die Geister, die ich rief, werd' ich nun nicht mehr los", aber bei diesem Krieg geht es um mehr als dies.
Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks und später des westlichen Blocks bemühen sich die USA darum, ihre globale Vormachtstellung aufrechtzuerhalten und sie der Welt weiterhin aufzuzwingen. Während der letzten beiden Jahrzehnte ist ihre Macht immer mehr untergraben worden, aber ihre Entschlossenheit die Nummer Eins unter den globalen imperialistischen Gangstern zu bleiben, hat nicht nachgelassen. Die USA begannen den Krieg im Irak, um ihre Rivalen abzuschrecken und in einer Region Fuß zu fassen, die von großer strategischer Bedeutung ist. Ihr Angriff gegen Afghanistan 2001 und der seitdem fortdauernde Krieg sollen dazu dienen, ihre Vorherrschaft in Süd- und Zentralasien zu errichten, um ihre Rivalen China und Russland auszubremsen. Indem Pakistan zu einem Kriegsschauplatz wurde, haben die USA ihre Position aber nicht nur in Afghanistan ausgebaut. Sie haben damit auch den Einfluss Chinas in Pakistan eingedämmt sowie den US-Einfluss in der ganzen Region erweitert, um so auch den imperialistischen Träumen Indiens entgegentreten zu können. Diese Ziele vor Augen, haben die USA seit einem Jahr Schritte unternommen, um Pakistan noch mehr in den Krieg zu treiben.
Der jüngste Krieg in Pakistan wälzt die ganze Region von Südasien bis zum Mittleren Osten erneut um. Auch werden dadurch nur neue, zukünftige Kriege vorbereitet. Als ein kleiner Gangster, der in den Klauen eines großen Gangsters festhängt, wurde Pakistan gezwungen, sich einzureihen, aber selbst in dieser sehr gefährlichen Lage verzichtet es nicht darauf, seine eigenen imperialistischen Interessen auszufechten.
Die Geschichte der imperialistischen Politik Pakistans
Der maoistischen und stalinistischen Legende zufolge, ist der Imperialismus nur das Merkmal der USA und anderer westlicher Staaten. Ihnen zufolge spielen herrschende Cliquen in Drittweltländern wie Indien und Pakistan, wenn sie sich in blutigen militärischen Abenteuern gegenseitig bekämpfen, nur die Rolle von "Kompradoren" oder Lakaien von der einen oder anderen Großmacht, ohne jeweils eigene imperialistische Ambitionen zu haben.
Es gibt natürlich auf der ganzen Welt endlos viele Beispiele, die diese Mythen der Linken entlarven und aufzeigen, dass die herrschende Klasse jeder Nation, egal wie arm und erbärmlich sie sind, von den gleichen imperialistischen Appetiten wie die "Großmächte" getrieben werden. Vor wenigen Monaten lieferte Sri Lanka ein skrupelloses und blutiges Beispiel einer kleinen kapitalistischen Bande, die sich in einen Quasi-Völkermord an den Tamilen stürzte, um deren weitere Unterdrückung sicherzustellen.
Die Geschichte Pakistans ist ein deutliches Beispiel einer hartnäckigen, rücksichtslosen Verteidigung der imperialistischen Interessen selbst gegenüber der feindseligen Haltung der globalen Mächte. Die herrschende Klasse Pakistans wurde nie durch 'minderwertige' Aspekte abgeschreckt wie der Tatsache, dass die Bevölkerung in großer Armut und mittelalterlicher Rückständigkeit lebt, die Wirtschaft am Rande des Bankrotts taumelt und der politische Apparat immer dabei ist sich zu zerfetzen, wo "gewählte" Regierungen regelmäßig von Militärjuntas abgelöst werden, die "Zivilverfassungen" nur als Toilettenpapier benutzen.
Die Bruchstücke ihres eigenen Staates und der auseinander brechenden Gesellschaft lassen die herrschende Klasse Pakistans nur noch rücksichtsloser werden. Dies spiegelt sich in ihren Genoziden an Bangladeshis wider, ihrem Schwarzhandel mit Nuklearprodukten, den nur gering verschleierten terroristischen Angriffen gegen ihren Rivalen Indien oder durch die frenetische Unterstützung der fundamentalistischen Gangs, mit denen sie sich jetzt herumschlägt.
"Goldene" Jahre pakistanischer imperialistischer Politik
In vieler Hinsicht waren die Jahre des Krieges gegen Russland in Afghanistan und die Zeit danach die "goldenen" Jahre der imperialistischen Politik Pakistans. Obgleich damals der Konflikt im Wesentlichen zwischen den USA und der UdSSR geführt wurde, passte dieser gut den imperialistischen Ambitionen Pakistans. Die afghanischen Mudschaheddin entstanden und später die Taliban, welche von den USA als ein Kriegswerkzeug gegen die Sowjets bewaffnet und finanziert wurden; aber die direkte Kontrolle dieser Kräfte lag in den Händen der Armee und der Geheimdienste Pakistans, der ISI. Als die Sowjets Afghanistan verließen und einige Jahre später die Taliban Kabul übernahmen, bedeutete dies einen großen Sieg Pakistans. Pakistan verfügte nun mit Afghanistan über einen Satellitenstaat. Es konnte davon träumen, seinen Einfluss in Zentralasien auszudehnen, und seine Armee prahlte damit, nun mehr strategisches Gewicht gegenüber Indien gewonnen zu haben. Darüber hinaus konnte es seinen Rivalen Indien mit Hilfe der Gewalt der Separatisten in Kashmir, die damals ihren Höhepunkt erreichte, an die Wand drängen.
Aber als die USA Afghanistan bei ihrem "Krieg gegen den Terror" angriffen und das Taliban-Regime in Kabul im November 2001 fiel, erlitt Pakistan einen herben Rückschlag. All seine Gewinne aus den vergangenen zwei Jahrzehnten waren verloren. Nicht nur verfügte Pakistan nun über keinen Einfluss mehr in Afghanistan, sondern auch sein Erzfeind Indien war dabei, dort Fuß zu fassen. Aber wie alle anderen imperialistischen Staaten konnte Pakistan nicht umhin, seine imperialistischen Interessen zu verteidigen. Selbst als die US-geführte Allianz in Kabul einmarschierte und die Taliban dort verjagt wurden, versuchte Pakistan seine "strategischen Pfründe" zu retten – die ganze Taliban-Führung zog nach Pakistan um und ihr wurde vom pakistanischen Geheimdienst ISI eine Fluchtstätte in Balutschistan angeboten. Seitdem hat Pakistan trotz seines Bündnisses mit den USA die Taliban-Führung, die in Quetta ihr Quartier aufgeschlagen hat, eifrig geschützt.
Nach November 2001 blieben die USA in ihrem Krieg im Irak stecken, ihre Macht ist geschwächt, der Einfluss der Taliban ist in Afghanistan wieder auf dem Vormarsch, ein Prozess, bei dem Pakistan keine geringfügige Rolle gespielt hat. Bis zum Hals im Irak in Schwierigkeiten steckend, hat der US-Imperialismus "sorgsam ignoriert, dass sich die afghanischen Taliban und die Führung von Al Quaida in den Stammesgebieten Pakistans versammeln…". Der pakistanische Staat hat dies dazu ausgenutzt, um "die Taliban als Stellvertreter Pakistans für den Krieg einzuspannen… Bis 2008 sah es so aus, als ob Pakistan das Spiel gewinnen würde" (Ahmed Rashid, Yale Global, 18.09.2008).
Aber in dem Maße wie die Taliban stärker wurden und die US-Kontrolle über Afghanistan infrage stellten, fing die US-Armee Mitte 2008 an, gegenüber der Präsenz der afghanischen Taliban in den Stammesgebieten Pakistans zu reagieren. Seit August 2008 haben die USA regelmäßig Angriffe mit Drohnen in afghanischen Talibanhochburgen in FATA in Pakistan durchgeführt. Im September 2008 drangen US-Soldaten in FATA ein. Sie wollten eine deutliche Botschaft an den pakistanischen Staat übermitteln, um diesen zu zwingen, sich den imperialistischen Interessen der USA unterzuordnen. Seitdem bedroht die US-Bourgeoisie ständig Pakistan, "entweder geht ihr gegen die Taliban-Hochburgen in Pakistan vor oder wir gehen selbst gegen sie vor".
Diese Af-Pak genannte Politik ist seit der Machtübernahme durch Obama nur intensiviert worden. Kernpunkt dieser Politik ist, wenn die USA in Afghanistan siegen wollen, müssen sie Pakistan zwingen, gegen afghanische und pakistanischeTaliban in Pakistan Krieg zu führen. Aber es geht den USA nicht nur um einen Sieg in Afghanistan.
Die Af-Pak Politik bringt auch Pakistan unter eine strengere und direktere Kontrolle der USA, so dass sie sich besser mit China und Russland in unmittelbarer Umgebung befassen können. Diese Politik bringt auch die indische Bourgeoisie in Bedrängnis, weil diese nun nicht weiß, was sie tun soll.
Um ihre Ziele zu verfolgen, müssen die USA den pakistanischen Staat genau wie den Nachbarstaat Afghanistan in einen Bürgerkrieg und Chaos stürzen – koste es was es wolle!
Die Taliban – ein Monster, das aus imperialistischem Krieg und dem Zerfall der Gesellschaft geboren wurde.
NWFP, FATA und die Nördlichen Territorien in Pakistan, in denen mehr als 30 Millionen Paschtunen wohnen, sind vielleicht die ärmsten Gebiete eines verarmten Landes. In einem Gebiet wie den FATA, wo 5.6 Mio. Menschen wohnen, leben nur 3% der Menschen in Städten, lediglich 17% können lesen und schreiben. Der große Landadel, dessen Wurzeln bis in den Feudalismus zurückreichen, besteht weiterhin und raubt eine verarmte Bauernschaft aus. Das Verwaltungssystem, (agency system) wurde von den Briten im 19. Jahrhundert eingeführt, um die Paschtunen niederzuhalten. Bis vor einigen Jahren besaß die Bevölkerung kein Wahlrecht und sie durfte auch keiner politischen Partei beitreten. In diesen verarmten Gegenden brodelten oft ethnische Unruhen. Paschtunen kämpften gegen den pakistanischen Staat. In den 1960er und 1970er Jahren entstand eine größere paschtunische Separatistenbewegung, die von Indien und Afghanistan unter Zahir Shah unterstützt wurde.
Diese Bewegung wurde niedergeschlagen, aber die Feindseligkeit der Paschtunen gegenüber der von Punjabis beherrschten Region des pakistaninschen Staats verschwand damit nicht. Dem pakistanischen Staat gelang es lediglich während des Kampfes gegen die Russen in Afghanistan diese für sich einzuspannen. Damals flüchteten Millionen von Menschen aus Afghanistan, meistens Paschtunen, in Lager in NWFP und FATA. Als die USA und Pakistan mit der Rekrutierung und dem Aufbau der islamischen Mudschaheddin und später den Talibankräften für Afghanistan begannen, unterstützten sie islamisch fundamentalistische Kräfte im Interesse ihrer Infrastruktur.
Einige Jahre lang konnte Pakistan zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – als es die militärischen Verbände der Mudschaheddin und der Taliban aufstellte, um den USA und seinen eigenen imperialistischen Interessen in Afghanistan zu dienen, wurde die paschtunische Bevölkerung zur Unterstützung dieser militärischen Verbände geworben und mobilisiert. Damit nahm der Einfluss der islamischen Fundamentalisten und der Taliban in dieser Region zu.
Aber diese Entwicklung blieb nicht auf den Nordwesten Pakistans beschränkt. Durch ein Gefühl der eigenen "Unverzichtbarkeit" für die USA in Afghanistan beflügelt, förderte der pakistanische Staat ebenfalls fundamentalistische Organisationen in anderen Teilen des Landes. Diese dienten einerseits als ein Werkzeug für die Aufrechterhaltung des sozialen Zusammenhaltes in einer auseinanderbrechenden Gesellschaft und als Rekrutierzentren für afghanische Taliban und für die eskalierende Separatistenbewegung in Kaschmir in Indien, die damals die blutigsten Ausmaße annahm. Fundamentalistische und Jihad-Ideologie drangen in den pakistanischen Staat vor, vor allem in seine Armee und seine Geheimdienste, so dass es schwierig wurde zwischen "Steuernden" und "Gesteuerten" zu unterscheiden.
Diese Politik gelang solange die Taliban in Kabul an der Macht waren. Aber das Spiel wurde gefährlich, als die Taliban 2001 ihre Macht verloren. Seitdem ist der paukistische Staat gezwungen, ein doppeltes Spiel zu betreiben – sowohl mit den Amerikanern als auch mit den islamischen Kräften in Pakistan selbst. Gleichzeitig bietet er vertriebenen afghanischen Führungskräften Schutz an und einen Nährboden für deren örtlichen islamischen Gangs in NWFP, FATA, um diese wieder mit neuen Kräften zu versorgen. Gleichzeitig muss der pakistanische Staat aufgrund von US-amerikanischen Drohungen, Angriffen von Drohnen und anderen militärischen Vorstößen von Zeit zu Zeit gegen lokale islamistische und Taliban vorgehen.
Die Einheit, die zuvor zwischen den islamistischen Kräften und großen Teilen des pakistanischen Staates bestanden hatte, neigte dazu sich aufzulösen, als islamistische und pakistanische Talibans anfingen, gegen den pakistanischen Staat zu kämpfen. Aber bis zum letzten Moment, bis wenige Wochen vor dem 5. Mai 2009, war der pakistanische Staat unwillig einen Krieg gegen die Taliban in Pakistan zu starten, da er spürte, man werde auf einen noch größeren Abgrund zusteuern. Die letzten Ereignisse weisen darauf hin, dass selbst nachdem der pakistanische Staat in einen Abgrund stürzt, dieser nicht aufgehört hat, den Mullah Omar und andere afghanische Taliban als eine Verhandlungsmasse mit den USA zu benutzen.
Die ausgebeutete Bevölkerung wird in eine wahre menschliche Tragödie gestürzt
Als die Armee mit der Bombardierung der Städte und Dörfer am 6. Mai 2009 begann, wurde der ursprünglich auf Bunder und das Swat-Tal begrenzte Aufruf, die Häuser zu verlassen, auf mehrere Bereiche des NWFP (NorthWest Frontier Province) Nordwestliche Grenzprovinz, oder auch kurz Nordwestprovinz genannt, und FATA Federally Administered Tribal Areas/Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) Pakistans ausgedehnt. Wer dem Aufruf nicht folgte, wurde zur Flucht gezwungen, als "Hubschrauber, Kampfflugzeuge und Artillerie loslegten und die Gegend beschossen" (The Dawn, 8.5.2009) und Zivilisten sowohl von den Taliban als auch von der Armee als menschliche Schutzschilde verwendet wurden, die Panzer in engen, dicht bevölkerten Straßen stationierte. Straßen wurden entweder von den Taliban oder der Armee blockiert. "Telefonnetze, Wasser und Elektrizität wurden alle von den Behörden der Stadt Mingora unterbrochen" (BBC, 9.5.09).
Bald stieg die Zahl der Binnenflüchtlinge, d.h. Menschen, die vor dem Krieg zwischen zwei bürgerlichen Lagern, der Armee und den Taliban, flüchten mussten, auf fast drei Millionen. In einigen der Bezirke wie Buner mussten bis zu 90% der Bevölkerung ihre Wohnungen verlassen. In anderen Bezirken wie dem Swat-Tal, Bajaur und Mohmand ist die Hälfte der Bevölkerung geflüchtet. Städte wie Mingora, in denen ca. 500.000 Menschen leben, wurden zu Geisterstädten, in denen Panzer auf den Straßen patrouillierten. Während die pakistanische Armee, die nur sich selbst verantwortlich ist, und die war-lords der Taliban ihre Kämpfe gnadenlos untereinander austragen – das Verhalten der beiden Seiten zeigt den Zerfall des pakistanischen Staates -, leben drei Millionen Menschen in Zelten oder nur auf der Straße und in Slums. Einige der Flüchtenden "starben auf der Straße", niemand war bereit uns irgendeine Hilfe anzubieten, weder die Armee noch die Taliban. Sie verüben beide Grausamkeiten und Gewalttaten an der Zivilbevölkerung" (Al Jazira, 11.5.09, Berichte eines Flüchtlings).
Am ersten Tag der Kämpfe starben 35 Zivilisten. Seitdem zählt das Militär die Zahl der Toten unter den Zivilisten nicht mehr, obgleich sie behaupten, ca. 1600 Taliban-Kämpfer getötet zu haben. Aus der Sicht des Herrn Gilani, den pakistanischen Premierminister, stellt die Tötung von Zivilisten durch die Armee lediglich ein "Kollateralschaden" dar. Aber für die drei Millionen Flüchtlinge und all die armen Dorfbewohner, die erst gar nicht fliehen konnten, ist das eine riesige Tragödie. Für sie ist die Rolle der Taliban und der Armee abscheulich. Unter Tränen berichtete ein junges, geflüchtetes Mädchen der pakistanischen Zeitung, The Dawn, am 8.5.09: "Wir haben Angst vor den Taliban und der Armee… Wenn sie sich gegenseitig bekämpfen wollen, sollten sie sich gegenseitig töten, sie sollten aber nicht in unsere Häuser flüchten".
Kein Ende der Kriege und der Barbarei innerhalb des Kapitalismus
Afghanistan wird seit mehr als drei Jahrzehnten durch Bürgerkrieg und Chaos zerrüttet. Unfähig die Lage in Afghanistan trotz ihrer mehr als achtjährigen Anwesenheit zu stabilisieren, haben die USA nun Pakistan dazu getrieben, sich in einen Bürgerkrieg und noch mehr Chaos zu stürzen. Die Voraussetzungen für noch mehr Kriege in der Zukunft werden geschaffen. Die ganze Region, von Pakistan über Afghanistan und Irak, ist zu einem Kriegsschauplatz geworden, mit einer unglaublichen Barbarei und menschlichen Tragödien.
Die pakistanische Armee mag verkünden, einen schnellen Sieg über die Taliban im Swat-Tal errungen zu haben, aber diesem Krieg in Pakistan wird damit kein schnelles Ende gesetzt. Ein Bericht der New York Times schrieb. "Die Taliban schmolzen sozusagen ohne einen größeren Kampf hinweg; vielleicht nur um wieder aufzutauchen, sobald sich das Militär zurückgezogen hat oder um woanders Kämpfe anzuzetteln." NYT, 27.6.2009. Nachdem der Krieg nach Süd-Wasiristan und andere Gebiete Pakistans gebracht wurde, muss die pakistanische Armee in den 'eroberten Gebieten' nun verbleiben, um dort weiterhin Kämpfe auszutragen. Es gibt jetzt schon Anzeichen, dass der Krieg zwischen pakistanischen Taliban und dem pakistanischen Staat zu einem Krieg zwischen Paschtunen und den pakistanischen Staat mutieren könnte. Als ein Hinweis auf zukünftige Kämpfe meinte ein früherer pakistanischer Botschafter in Afghanistan, ein Paschtune, Rustam Shah Mohmand, das militärische Vorgehen sei ein "Genozid an den Paschtunen" (Al Dschasira, 12. Mai 2009).
Auch amerikanische Experten sehen diese Gefahr. "Die pakistanische Armee beseht größtenteils aus Pundjabis. Die Taliban sind ausschließlich Paschtunen. Jahrhunderte lang haben Paschtunen dafür gekämpft, Pundjabis vom Eindringen abzuhalten. Wenn man Pundjabi-Soldaten in Paschtunengebiet zur Bekämpfung von Djihad-Kämpfern schickt, treibt dies das Land in einen ethnisch bestimmten Bürgerkrieg“ (Selig S. Harrison, Washington Post, 11h May 2009).
All das zeigt nicht in Richtung Frieden sondern bereitet nur noch mehr Kriege unter rivalisierenden bürgerlichen Fraktionen und noch mehr Barbarei und menschliche Misere für die Arbeiterklasse und die ausgebeuteten Schichten vor.
Eingeklemmt zwischen dem globalen Zerfall ihres Systems und der größten Krise ihrer Geschichte, hat die herrschende Klasse der Arbeiterklasse und den anderen ausgebeuteten Schichten nichts anderes als Kriege und Barbarei anzubieten. Für die Arbeiterklasse wäre es ein großer Rückschlag und ein Sieg für die Herrschenden, wenn es diesen gelingen sollte, die Arbeiterklasse hinter den pakistanischen Staat zu mobilisieren oder hinter Teilen der ethnisch sich abgrenzenden Bourgeoisie (Paschtunen, Balutschen, Sindhi).
Der einzige Weg vorwärts für die Arbeiterklasse und die ausgebeuteten Schichten ist die Entwicklung des Klassenkampfes und die Errichtung der Einheit als Klasse über alle ethnischen und nationalen Grenzen hinweg. Nur so kann die Arbeiterklasse die Mittel entwickeln, um das faulende kapitalistische System zu überwinden und die Spirale der Barbarei zu zerschlagen. AM, 5.7.09
Die pakistanische Nordwestliche Grenzprovinz, auch North-West Frontier Province [1] (englisch), NWFP oder auch kurz Nordwestprovinz genannt, ist die flächenmässig kleinste der vier pakistanischen Provinzen. Sie ist überwiegend von Paschtunen bevölkert. Große Teile der Provinz gehörten einst zu Afghanistan. Die Hauptstadt der NWFP ist Peschawar. Die Nordwestprovinz und die Stammesgebiete unter Bundesverwaltung (FATA) werden von den Afghanen Ost-Afghanistan oder auch Paschtunistan genannt.