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Wenn es einen Kampf gibt, den marxistische Revolutionäre, die dieses Namens würdig sind, selbst unter den schwierigsten Bedingungen stets bis zum bitteren Ende ausgefochten haben, dann den um die Bewahrung ihrer Organisation - ob Partei oder Internationale - vor dem Griff des Opportunismus und um die Verhütung ihres Sturzes in die Degeneration oder, schlimmer noch, in den Verrat.
Der lange Kampf der Linken in der Kommunistischen Internationale
Die Krise in der kommunistischen Bewegung kam 1923 offen ans Tageslicht. Einige Ereignisse zeigen dies: nach dem Dritten Kongreß der KI, der das wachsende Gewicht des Opportunismus enthüllte, und nachdem die Repression in Rußland auf Kronstadt ausgeübt wurde, während sich besonders in Petrograd und Moskau Streiks entwickelten. Zur gleichen Zeit wurde die Arbeiteropposition innerhalb der russischen Kommunistischen Partei geschaffen.
Trotzki faßte das allgemeine Gefühl zusammen, als er erklärte, daß ''der Hauptgrund der Krise der Russischen Revolution in der Verspätung der Weltrevolution liegt'' (7). Und tatsächlich wog die Verzögerung der Weltrevolution schwer auf der gesamten Arbeiterbewegung. Letztere war auch durch die staatskapitalistischen Maßnahmen unter der NEP (Neue Ökonomische Politik) desorientiert. Die letzten Niederlagen, die das Proletariat in Deutschland erlitten hatte, machten zudem noch jede Hoffnung auf eine Ausweitung der Revolution in Europa zunichte. Revolutionäre, unter ihnen Lenin (8), begannen, am Erfolg zu zweifeln. 1923 wurde die Russische Revolution von einem Kapitalismus stranguliert, der den Planeten beherrschte. Unter dieser Voraussetzung war die Lage der UdSSR katastrophal, und das Problem, das sich der Führung stellte, war, ob die NEP in ihrer Gesamtheit aufrechterhalten oder durch Hilfen an die Industrie korrigiert werden soll.
Der Beginn von Trotzkis Kampf
Trotzki begann seinen Kampf (9) innerhalb des KPdSU-Politbüros, wo eine Mehrheit den Status quo aufrechterhalten wollte. Er versagte seine Zustimmung in der Frage der ökonomischen Situation in Rußland und der inneren Organisation der KPdSU. Über die Meinungsverschiedenheit innerhalb des Politbüros wurde kein Wort verlautbart, um den Bruch der Parteieinheit zu vermeiden. Sie wurde erst im Herbst 1923 öffentlich gemacht, in Trotzkis Buch "Der neue Kurs" (10).
Auch andere Ausdrücke der Opposition kamen zutage:
- ein Brief vom 15. Oktober 1923, adressiert an das Politbüro und von 46 wohlbekannten Persönlichkeiten unterzeichnet, einschließlich linker und oppositioneller Kommunisten (Pjatakow und Preobrashenski, aber auch Ossinski, Sapronow, Smirnow etc.). Sie riefen zur Einberufung einer Sonderkonferenz auf, die erforderliche Maßnahmen ergreifen soll, ohne auf den Kongreß zu warten;
- die Schaffung der Gruppe Demokratischer Zentralismus durch Sapronow, Smirnow und andere;
- die Reaktivierung der Arbeiteropposition mit Schljapnikow;
- die Bildung der Arbeitergruppe von Miasnikow, Kusnezow und anderen (siehe das ''Manifeste du groupe ouvrier du PCUS'', Februar 1923, veröffentlicht in Invariance, Nr. 6 1975).
Zur gleichen Zeit übte Bordiga aus dem Gefängnis heraus, in seinem ''Manifest an alle Genossen der KPI'', seine erste ernsthafte Kritik an der KI, insbesondere hinsichtlich der Frage der ''Einheitsfront''. Aufgrund dieser Ablehnung bat er darum, von all seinen Funktionen als ein Führer der Italienischen Kommunistischen Partei (KPI) entbunden zu werden, damit er nicht Positionen vertreten müsse, denen er nicht zustimme (11).
Wie Trotzki war auch Bordiga in seinem Verhalten behutsam, stets darauf bedacht, einen noch wirksameren politischen Kampf zu entwickeln. Zwei Jahre später erklärte er den Schlüssel zu dieser Methode in einem Brief an Korsch (26. Oktober 1926): ''Sinowjew und Trotzki sind Männer mit einem Sinn für die Realität; sie haben verstanden, daß wir immer noch Schläge einstecken müssen, ohne in die Offensive gehen zu können.'' So handeln Revolutionäre: mit Geduld. Sie sind imstande, einen langen Kampf zu führen, um ihr Ziel zu erreichen. Sie lernen, Schläge einzustecken, vorsichtig voranzuschreiten und vor allem sich die Lehren für die künftigen Kämpfe der Arbeiterklasse zu erarbeiten.
Dieses Verhalten ist meilenweit entfernt von jenem der ''Feiertagsrevolutionäre'', die gierig nach dem unmittelbaren Erfolg sind, oder jenem unserer ''Schreibtischrevolutionäre'', die nur daran interessiert sind, ''ihre eigenen Seelen zu retten'', wie ein gewisser RV, der vor seiner Verantwortung davongerannt ist und sich gleichzeitig darüber beschwert, daß die IKS während der letzten Debatten, an denen er teilnahm, ihn einem Los ausgeliefert habe, das schlimmer sei, als was Stalin der Linksopposition angetan hatte! Ganz abgesehen von ihrem verleumderischen Charakter wäre eine solche Beschuldigung lachhaft, ginge es nicht um eine ernste Sache. Und niemand, der etwas über die Linksopposition und ihr tragisches Ende weiß, wird solch einem Märchen auch nur einen Augenblick lang glauben.
Die Krise von 1925/26
Die Periode, die dem Fünften Kongreß der KI folgte, war charakterisiert durch:
- die fortgesetzte ''Bolschewisierung'' der KPs und den ''Ruck nach rechts'' der KI, wie es genannt wurde. Das Ziel von Stalin und seiner Gefolgsleute war es, insbesondere die Führung der französischen und deutschen Parteien zu eliminieren, mit anderen Worten, jene von Treint und Ruth Fischer, welche Sinowjews Speerspitze auf dem 5. Kongreß waren und die nicht bereit waren, den Schwenk nach rechts mitzumachen;
- die ''Stabilisierung'' des Kapitalismus, was für die Führung der KI bedeutete, daß eine ''Anpassung'' notwendig sei. Der Bericht über die politischen Aktivitäten des Zentralkomitees an den 14. Kongreß der KPdSU (Dezember 1925) stellt fest: ''Was wir seinerzeit als eine kurze Pause ansahen, hat sich in eine ganze Periode verwandelt.''
Abgesehen von den Debatten des Kongresses war das wichtigste Ereignis für die Arbeiterbewegung die Auflösung des Triumvirats von Stalin, Sinowjew und Kamenew Ende 1925, die die Internationale und die KPdSU angeführt hatten, nachdem Lenin gezwungen worden war, seine politischen Aktivitäten einzustellen. Warum passierte dies ? Tatsächlich war die Existenz des Triumvirats an dem Kampf gegen Trotzki gebunden. Nachdem letzterer und die erste oppositionelle Bewegung erst einmal zum Schweigen gebracht worden waren, benötigte Stalin die ''alten Bolschewiki'' um Sinowjew und Kamenew nicht mehr, um die Kontrolle über Partei und Staat in Rußland und über die Internationale zu übernehmen. Die Situation der ''Stabilisierung'' gab ihm die Gelegenheit, den Kurs zu ändern.
Obwohl er in der inneren Sowjetpolitik gegen Stalin opponierte, drückte Sinowjew dieselbe Sichtweise der Weltpolitik aus: ''Die erste Schwierigkeit liegt in der Vertagung der Weltrevolution. Zu Beginn der Oktoberrevolution waren wir davon überzeugt, daß die Arbeiter anderer Länder uns innerhalb einiger Monate, schlimmstenfalls Jahre zu Hilfe kommen. Heute ist die Vertagung der Weltrevolution traurigerweise eine unumstößliche Tatsache, es ist gewiß, daß die teilweise Stabilisierung des Kapitalismus eine ganze Epoche darstellt und daß diese uns eine neue, größere und komplexere Reihe von Schwierigkeiten präsentiert.''
Während die Führung der Partei und der KI diese ''Stabilisierung'' anerkannte, erklärte sie jedoch im gleichen Atemzug, daß die Vision und die Politik des Fünften Kongresses korrekt gewesen seien. Sie machte eine politische Kehrtwendung, ohne dies offen zu sagen.
Während Trotzki ruhig blieb, nahm die ''Italienische Linke'' eine politischere Haltung ein, indem sie den Kampf offen fortsetzte. Bordiga stellte die russische Frage und die ''Frage Trotzki'' in einem Artikel der Unita.
Die Linke der PCI schuf das ''Entente-Komitee'', um sich der ''Bolschewisierung'' der Partei zu widersetzen (März-April 1925). Bordiga trat dem Komitee nicht sofort bei, um zu vermeiden, von der Führung unter Gramsci aus der Partei ausgeschlossen zu werden. Erst im Juni bekannte er sich zu den Ansichten Damens, Fortichiaris und Repossis. Das Komitee war jedoch nur ein Organisationsmittel, nicht eine reale Fraktion. Am Ende wurde die ''Linke'' gezwungen, das Komitee aufzulösen, um den Ausschluß aus der Partei zu vermeiden, obwohl sie in ihr eine Mehrheit besaß.
In Rußland sah das Frühjahr 1926 die Bildung der Vereinten Opposition um die erste Opposition Trotzkis herum, der Sinowjew, Kamenew und Krupskaja mit Blick auf die Vorbereitung des 15. Kongresses der KPdSU beitraten.
Stalin steigerte die Repression, der sich in dieser Zeit die neue Opposition ausgesetzt sah:
- Serebriakow und Preobrashenski (12) wurden aus der Partei ausgeschlossen;
- andere (wie Miasnikow von der Arbeitergruppe) wurden ins Gefängnis geworfen oder waren mit einem Bein im Gefängnis (z.B. Fichelew, Direktor der nationalen Druckereien);
- einige der ersten Kämpfer des Bürgerkriegs wurden aus der Armee geworfen (wie Grünstein, Direktor der Luftfahrtschule, und der Ukrainer Okhotnikow);
- im ganzen Land, im Ural, in Moskau, Leningrad, enthauptete die GPU die lokalen Organisationen der Opposition, indem sie ihre Mitglieder aus der Partei ausschloß.
Dann, im Oktober 1927, wurden Trotzki und Sinowjew aus dem Zentralkomitee der KPdSU ausgeschlossen.
Nach 1927: Der Kampf wird fortgesetzt
Die Kapitulation von Sinowjew und seinen Anhängern hinderte die russische Linke nicht daran, ihren Kampf fortzusetzen. Weder Verleumdungen noch Drohungen noch Parteiausschlüsse konnten diese wahren Militanten der Arbeiterklasse stoppen.
''Der Ausschluß aus der Partei beraubt uns unserer Rechte als Parteimitglieder, aber er kann uns nicht von den Verpflichtungen entbinden, die jeder von uns eingegangen ist, als wir der Kommunistischen Partei beitraten. Obgleich wir aus der Partei ausgeschlossen worden sind, werden wir nichtsdestotrotz ihrem Programm, ihren Traditionen, ihrem Banner treu bleiben. Wir werden fortfahren, an der Stärkung der Kommunistischen Partei und ihres Einflusses in der Arbeiterklasse zu arbeiten.''
Rakowski erteilt uns hier eine bemerkenswerte Lehre in revolutionärer Politik. Es handelt sich hier um die marxistische Methode, um unsere Methode. Revolutionäre verlassen niemals ihre Organisationen, es sei denn, sie werden ausgeschlossen, und selbst dann fahren sie fort, darum zu kämpfen, die Organisation wiederherzustellen.
Während der folgenden Jahre taten die Mitglieder der Opposition alles, was sie konnten, um in die Partei zurückzukehren. Sie waren tatsächlich davon überzeugt, daß ihr Auschluß nur vorläufig sei.
Im Januar 1928 begannen jedoch die Deportationen. Dies war äußerst schlimm, da den Deportierten keinerlei Überlebensmittel in den ihnen zugewiesenen Wohnsitzen gewährleistet wurde. Verleumdungen und Schlechtigkeiten ergossen sich über die Familien, die in Moskau blieben und oftmals ihr Anrecht auf eine Wohnung verloren. Trotzki reiste nach Alma Ata ab, 48 Stunden später erfolgte die Abfahrt Rakowskis nach Astrakhan. Und noch immer wurde der Kampf wie auch die im Exil organisierte Opposition fortgesetzt.
Trotz einer Reihe neuer Schläge, trotz der aufeinanderfolgenden Kapitulationen und des Rauswurfs Trotzkis aus der UdSSR, setzten die Mitglieder der Opposition und ihr beachtenswertester Repräsentant, Rakowski, ihren unermüdlichen Kampf fort.
In dieser Periode ließ die GPU listigerweise Gerüchte zirkulieren, daß Stalin zuguterletzt doch die Politik der Opposition ausführen würde. Damit setzte sofort die Auflösung der Opposition ein, ein Prozeß, in dem Radek die Rolle des Provokateurs gespielt zu haben scheint (13). Die Schwächsten gaben auf. Die an der Macht befindlichen Stalinisten waren in der Lage, die Zauderer ausfindig zu machen und den günstigsten Moment zu nutzen, um sie entweder niederzuschlagen oder zur Kapitulation zu veranlassen.
Angesichts dieser neuen Schwierigkeiten entwarf Rakowski im August 1929 eine Erklärung: ''Wir appellieren an das Zentralkomitee (...), indem wir es bitten, uns mit der Freilassung der Bolschewiki-Leninisten (...) und mit dem Aufruf an Trotzki, aus dem Exil zurückzukehren (...), bei der Rückkehr in die Partei zu helfen. Wir sind vollkommen bereit, die fraktionellen Kampfmethoden aufzugeben und uns den Statuten der Partei unterzuordnen, die jedem Mitglied das Recht gewährleisten, seine kommunistischen Auffassungen zu vertreten.''
Diese Erklärung hatte keine Chance, akzeptiert zu werden, zunächst weil sie zur Rückkehr Trotzkis aus dem Exil aufrief, aber auch weil sie auf eine Weise die Doppelzüngigkeit und Verantwortung Stalins in dieser Angelegenheit enthüllte. Doch sie erreichte ihr Ziel und brach die Welle der Panik in den Reihen der Opposition. Die Kapitulationen hörten auf.
Trotz der Fallen, Zermürbungen und Anschläge fuhren Rakowski und das Zentrum der Opposition mit ihrem Kampf bis 1934 fort. Die meisten von ihnen setzten ihren Widerstand selbst in den Lagern fort (14).
Als Rakowski den Kampf aufgab, geschah dies nicht auf dieselbe beschämende Weise wie bei Sinowjew und seinen Anhängern. Zunächst einmal erklärte Bilan klar und deutlich: ''Genosse Trotzki (...) hat eine Note veröffentlicht, in der er, nachdem er erklärt, daß dies keine ideologische oder politische Kapitulation sei, schreibt: 'Wir haben viele Male wiederholt, daß der einzige Weg zu einer Wiederherstellung der KP in der UdSSR ein internationaler ist. Der Fall Rakowski bestätigt dies auf eine negative, aber schlagende Weise.' Wir drücken unsere Solidarität mit dieser Bewertung des Falles Rakowski aus, da seine letzte Handlung nichts mit der beschämenden Kapitulation von Radek, Sinowjew, Kamenew und anderen zu tun hat...''
(13)Ein internationaler Kampf
Der Kampf entfaltete sich auch auf weltweiter Ebene, und zwar mit der Bildung der internationalen Linksopposition, die nach dem Ausschluß Trotzkis aus der UdSSR 1929 erfolgte. Die 6. Erweiterte Exekutive der KI sah Bordigas letztes Auftreten auf einem Treffen der Internationalen. In seiner Rede erklärte er: ''Es ist wünschenswert, daß ein linker Widerstand gegen derartige Gefahren von rechts international gebildet wird, aber ich sage ganz offen, daß diese gesunde, nützliche und notwendige Reaktion nicht in Form von Manövern und Intrigen oder von auf den Korridoren verbreiteten Gerüchten auftreten wird.''
Ab 1927 wurde der Kampf der Italienischen Linken im Exil in Frankreich und Belgien fortgesetzt. Jene Militanten, die nicht in der Lage waren, Italien zu verlassen, befanden sich im Gefängnis oder wurden wie Bordiga mit Verbannung auf den Inseln verurteilt. Die Linke kämpfte auch weiterhin innerhalb der kommunistischen Parteien und der Internationalen, trotz der Tatsache, daß viele ihrer Militanten ausgeschlossen worden waren. Ihr prinzipielles Bestreben galt der Intervention innerhalb dieser Organisationen, um den vermeidbaren Kurs zur Degeneration zu korrigieren. ''Die kommunistischen Parteien sind die Organe, in denen wir den Opportunismus bekämpfen müssen. Wir sind davon überzeugt, daß die Situation die Führung dazu zwingen wird, uns als eine organisierte Fraktion zu reintegrieren, es sei denn, sie will den totalen Niedergang der kommunistischen Parteien bezwecken. Wir sehen dies als äußerst unwahrscheinlich an, aber auch in diesem Falle werden wir immer noch in der Lage sein, unsere Pflichten als Kommunisten zu erfüllen.'' (16)
Diese Sichtweise enthüllt den Unterschied zwischen Trotzki und der Italienischen Linken. Im April 1928 konstituierten letztere eine Fraktion als Antwort auf die Resolution der 9. Erweiterten Exekutive der KI (9. - 25.Februar 1928), die den Beschluß verkündete, daß es nicht möglich sei, Mitglied der KI zu bleiben, wenn man die Positionen Trotzkis unterstützt. Von diesem Moment an hörten die Mitglieder der Italienischen Linken auf, Mitglied der KI zu sein, und wurden gezwungen, eine Fraktion zu bilden.
In ihrer Gründungsresolution verschrieb sich die Fraktion folgenden Aufgaben:
''1) die Reintegration all jener aus der Internationalen Ausgeschlossenen, die das Kommunistische Manifest unterstützen und die Thesen des 2. Weltkongresses akzeptieren;
2) die Einberufung des 6. Weltkongresses unter der Führung von Leo Trotzki;
3) die Behandlung des Ausschlusses all jener Elemente, die ihre Solidarität mit den Resolutionen des 15. Kongresses der KPdSU erklären
(17), als Tagesordnungspunkt des 6. Weltkongresses''. (18)Während die russische Opposition hoffte, in die Partei reintegriert zu werden, bezweckte die italienische Linke also vor allem, als eine Fraktion innerhalb der KPs und der Internationalen zu überleben, weil sie dachte, daß deren Regeneration nun von ihrer Arbeit als Fraktion abhängt. ''Unter Fraktion verstehen wir einen Organismus, der die Kader entwickelt, welche die Kontinuität des revolutionären Kampfes sicherstellen und dazu berufen sind, die Träger des künftigen proletarischen Sieges zu werden (...). Dagegen erklärt (die Opposition), daß wir nicht auf der Notwendigkeit der Bildung von Kadern bestehen sollten: denn die Lösung der Geschehnisse liege in den Händen der Zentristen und nicht in jenen der Fraktionen.'' (19)
Heute mag diese Politik der wiederholten Forderungen nach Wiederherstellung der KI (die die Italienische Linke erst nach 1928 aufgab) unrichtig scheinen, da er ihr nicht gelang, die Degeneration der kommunistischen Parteien und der Internationalen aufzuhalten. Aber ohne sie wäre die Opposition außerhalb der KI und ihre Isolation noch schlimmer gewesen. Die Mitglieder der Opposition wären von den Massen der kommunistischen Militanten abgeschnitten und nicht mehr in der Lage gewesen, ihre Entwicklung zu beeinflussen (20). Es war diese Methode, welche die Italienische Linke später theoretisieren sollte und es ihr ermöglichte, die Verbindung zur Arbeiterbewegung aufrechtzuerhalten und die Errungenschaften der Linken auf die heutigen Linkskommunisten zu übertragen, an denen die IKS teilhat.
Im Gegensatz dazu sollte sich die isolationistische Politik einer Gruppe wie Réveil Communiste (21) zum Beispiel als so katastrophal erweisen, daß die Gruppe nicht überlebte. Sie war unfähig, einer organisierten Strömung Leben einzuhauchen. Vor allem hat dies die klassische Methode und das Prinzip der Arbeiterbewegung bestätigt: Man spaltet sich nicht leichten Herzens von einer proletarischen Organisation ab, ohne vorher alle Möglichkeiten erschöpft und jedes Mittel genutzt zu haben, um die politischen Divergenzen zu klären und ein Maximum an gesunden Elementen zu überzeugen.
Die Lehren der Italienischen Linken
Wir haben dieses breite historische Feld nicht skizziert, um hier den Historiker zu mimen, sondern um die notwendigen Lehren für die Arbeiterbewegung und unsere Klasse heute daraus zu ziehen. Diese lange Entwicklung lehrt uns, daß ''die Geschichte der Arbeiterbewegung die Geschichte ihrer Organisationen ist'', wie Lenin sagte. Heute ist es Mode, sich ohne jegliche Prinzipien und aus trivialen Gründen von einer Organisation abzuspalten und eine neue auf denselben programmatischen Fundamenten zu gründen. Ohne das Programm und die Praxis der Organisation einer kritischen Untersuchung zu unterziehen, wird sie als degeneriert erklärt. Eine kurze Erinnerung an die Geschichte der Dritten Internationale zeigt uns, wie die richtige Haltung von Revolutionären aussehen sollte. Es sei denn, wir sind der Ansicht, daß revolutionäre Organisationen unnötig sind oder daß ein Einzelner für sich all dies entdecken kann, was die Organisationen der Vergangenheit uns hinterlassen haben. Wir sind nicht dieser Ansicht. Ohne die theoretische und politische Arbeit der Italienischen Linken würden weder die IKS noch die anderen Gruppen der kommunistischen Linken ( das IBRP und die verschiedenen PCIs) heute existieren.
Während wir uns klar mit dem Verhalten der Opposition und der Italienischen Linken identifizieren, können wir dies mit den Auffassungen der Opposition und Trotzkis nicht so vorbehaltlos tun. Im Gegensatz dazu stimmen wir den Ideen zu, die Bilan zu Beginn der 30er Jahre vorgestellt hat:
''Es ist vollkommen richtig, daß die Rolle der Fraktionen vor allem eine erzieherische ist, die von ihren Kadern mittels der gelebten Ereignisse und dank einer rigorosen Konfrontation mit der Bedeutung dieser Ereignisse ausgeübt wird (...). Ohne die Arbeit der Fraktionen wäre die Russische Revolution unmöglich gewesen. Ohne Fraktionen wäre Lenin selbst ein Bücherwurm geblieben und nie zu einem revolutionären Führer geworden.
Die Fraktionen sind also der einzige historische Ort, wo das Proletariat fortfährt, für seine Klassenorganisation zu arbeiten. Von 1928 bis heute hat Genosse Trotzki diese Arbeit der Fraktionsbildung vollkommen vernachlässigt und folglich darin versagt, zur Schaffung wirklicher Bedingungen für die Massenbewegung beizutragen.''
Wir stimmen auch mit dem überein, was die Italienische Linke über den Verlust der politischen Organisationen während der Periode eines historischen Abflauens der Arbeiterbewegung (in ihrem Fall der Kurs zum Krieg während der 30er Jahre) gesagt hat, was heute natürlich nicht der Fall ist:
''Der Tod der Kommunistischen Internationalen rührt von der Vernichtung ihrer Funktion her: Das Totenglocken der KI wurden durch den Sieg des Faschismus in Deutschland eingeläutet; dieses Ereignis hat historisch ihre Funktion erschöpft und das erste positive Ergebnis der zentristischen Politik gezeitigt.
Der Sieg des Faschismus in Deutschland bedeutet, daß sich die Ereignisse in die der Revolution entgegengesetzten Richtung bewegen, hin zum Weltkrieg.
Die Partei hört selbst nach dem Tod der Internationalen nicht auf zu existieren. DIE PARTEI STIRBT NICHT, SIE BEGEHT VERRAT.''
All jene, die ihre Übereinstimmung mit den Positionen und Prinzipien der Italienischen Linken erklären und die eine Organisation der Degeneration beschuldigen, haben die Pflicht und Verantwortung, alles zu tun, um diese Dynamik aufzuhalten und sie daran zu hindern, sich dem Verrat zuzuwenden, wie es die Genossen von Bilan vor ihnen taten.
Aber indem sie Trotzki kritisierte, übte die Italienische Linke auch an all jenen prinzipienlosen Individuen (oder an jenen, die den Kurs der Geschichte nicht anerkennen wollten) Kritik, die nichts anderes im Kopf hatten, als, abseits der bereits existierenden, neue Organisationen aufzubauen oder - wie wir anhand der Entwicklung des Parasitismus heute sehen können - jene zu zerstören, die sie gerade verlassen haben:
''In ähnlicher Weise machten die Sportsleute der 'Großen Aktion', was die Gründung neuer Parteien angeht
Es ist offensichtlich, daß Demagogie und flüchtiger Fortschritt eine Art Sport darstellen, aber keine revolutionäre Arbeit.''
Wir möchten all jene feinen Herren, jene neuen ''Sportsleute'', jene unverantwortlichen Gründer neuer Sekten, jene Welt- und Parteiverbesserer, die lautstark die existierenden proletarischen Organisationen denunzieren, an die geduldige revolutionäre Arbeit der Opposition und vor allem der italienischen Linken während der 20er und 30er Jahre erinnern, mit der diese ihre Organisationen retten wollten und die Kader auf die künftige Partei vorbereiteten, statt ihre Organisationen zu verlassen, um sich selbst zu ''retten''. OR.
1) Siehe die Artikel über die deutsche Revolution in früheren Ausgaben der Internationalen Revue (Nr. 17 ff.)
2) Die Revolutionäre, die die KAPD gründen sollten, spalteten sich nicht von der KPD ab, sondern wurden aus ihr ausgeschlossen.
3) Pierre Naville hat hervorgehoben, daß Rakowski, den er 1927 in Moskau traf, keine Illusionen über die Periode hatte. Er sah nur Jahre des Leidens und der Repression voraus, was der Entschlossenheit dieses wahren Kämpfers für die Arbeiterklasse jedoch keinen Abbruch tat. Siehe dazu Rakowski ou la révolution dans tous les pays von Pierre Broué (Fayard) und Pierre Navilles Trotsky vivant.
4) Siehe unsere Texte und unser Buch über die Italienische Linke
5) Solch ein Verrat kann nie völlig ausgeschlossen werden, wenn z.B. die Konfusion über die Frage der nationalen Befreiung eine proletarische Gruppe auf das linksextremistische, d.h. bürgerliche Terrain drängt, indem sie in den unter dem Deckmantel der ''nationalen Befreiung'' auftretenden Konflikten zwischen den Mächten das eine imperialistische Lager gegen das andere unterstützt. Dies passierte einigen Sektionen der (bordigistischen) Internationalen Kommunistischen Partei zu Beginn der 80er Jahre.
6) Siehe unsere Broschüre: La prétendue paranoïa du CCI
7) Trotzki: Die Kommunistische Internationale nach Lenin
8) s. Philippe Robrieux: Histoire intérieure du Parti Communist Francais, Bd. 1, S.122ff.
9) Zunächst kämpfte er in der Frage der inneren Parteiorganisation und der Bürokratie an der Seite Lenins. Aber dann erlitt Lenin seine zweite Attacke und kehrte nie mehr zur Arbeit zurück. Siehe dazu Rosmers Einleitung zu De la révolution, eine Sammlung von Artikeln und Texten Trotzkis, erschienen in Editions de Minuit, S.21-22
10) Erschienen im Dezember 1923
11) Die Linke der KPI repräsentierte die Mehrheit der Partei.
12) Parteisekretär vor Stalin
13) Siehe: Pierre Broué (Fayard): Rakosky, ou la révolution dans tous les pays
14) Ciliga: 10 ans au pays du mensonge déconcertant, Champ Libre, Paris, S.223ff.
15) Bilan, Nr. 5, März 1934
16) Antwort der Italienischen Linken am 8.7.1928 gegenüber der Kommunistischen Opposition von Paz, siehe Contre le Courant, Nr. 13
17) Und insbesondere mit der Resolution, die all jene ausschließt, die ihre Solidarität mit Trotzki erklären
18) Prometeo, Nr. 1, Mai 1928
19) Bilan, Nr. 1, November 1933
20) H. Chazé z.B. blieb in der französischen KP bis 1931-32 als Sekretär des Puteaux-Rayon. Siehe dazu sein Buch Chronique de la révolution espagnole, Spartacus
21) Siehe unser Buch über die Italienische Kommunistische Linke
22) Bilan, Nr. 1, November 1933, ''Hin zur 23/4 -Internationalen ?''
(hier dachte die Italienische Linke an Trotzki, der 1933 die Bildung neuer Parteien vorschlug), eine Menge Lärm über die Notwendigkeit, keine unnötige Zeit verstreichen zu lassen und sich an die Arbeit zu machen, statt die Organisation für die politische Aktion auszubauen (...)(22)(22)(22)Dies war die Methode von Marx und Engels in der Ersten Internationale. Es war die Methode der ''Linken'' in der Zweiten Internationale. Wir sollten uns daran erinnern, daß Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und die Spartakisten (1) sich Zeit nahmen, bevor sie sich für den Bruch mit der alten Partei, ob mit den deutschen Sozialdemokraten oder mit der USPD, entschieden. Im günstigsten Fall hofften sie, die opportunistische Führung niederzuwerfen, indem sie die Mehrheit der Partei für sich gewinnen. Im schlimmsten Fall, wenn es keine Hoffnung auf die Wiedereroberung der Partei mehr gab, hofften sie, so viele Militante wie möglich mit sich zu nehmen. Sie setzten ihren Kampf fort, solange es noch den kleinsten Funken Leben in der Partei gab und sie noch die besten Elemente für sich gewinnen konnten. Dies war stets die Methode, die einzige Methode der marxistischen Revolutionäre gewesen. Darüberhinaus hat die historische Erfahrung gezeigt, daß die ''Linken'' gewöhnlich solange Widerstand leisteten, bis sie von der alten Partei ausgeschlossen wurden (2). Trotzki zum Beispiel kämpfte mehr als sechs Jahre innerhalb der bolschewistischen Partei, bevor er schließlich ausgeschlossen wurde.
Der Kampf der ''Linken'' innerhalb der Dritten Internationale ist besonders aufschlußreich, um so mehr, als er während der fürchterlichsten Periode der Arbeiterbewegung ausgefochten wurde: jene der längsten und fürchterlichsten Konterrevolution in der Geschichte, die Ende der 1920er Jahre begann. Und noch inmitten dieser konterrevolutionären Situation, dieser mächtigen Flaute in der Arbeiterbewegung, sollten die Militanten auf der Linken der Kommunistischen Internationale einen unvergeßlichen Kampf aufnehmen. Manche unter ihnen sahen ihn als von Anbeginn aussichtslos an, aber dies entmutigte oder hinderte sie nicht daran, sich dem Kampf zu stellen (3). Und so sahen sie es, solange die leiseste Hoffnung auf eine Wiederherstellung der Partei und der Kommunistischen Internationalen (KI) blieb, als ihre Pflicht an, zu retten, was zu retten war vor dem Griff des triumphierenden Stalinismus. Heute hat sich der Kampf im besten Fall vermindert oder ist im schlimmsten Fall von jenen Elementen völlig vergessen worden, die ihre Organisation bei der ersten Unstimmigkeit oder wegen ihrer ''verletzten Ehre'' verlassen. Dieses Verhalten ist eine Beleidigung gegenüber der Arbeiterklasse und drückt deutlich die Geringschätzung des Kleinbürgers gegenüber dem harten Kampf von Generationen von Arbeitern und Revolutionären, manchmal auf Kosten ihres Lebens, aus, den diese Herrschaften vielleicht als nicht beachtenswert ansehen.
Die Italienische Linke setzte diese Methode nicht nur in die Praxis um, sie bereicherte sie auch politisch und theoretisch. Auf der Grundlage dieses Erbes hat die IKS diese Frage bei zahlreichen Gelegenheiten weiterentwickelt und aufgezeigt, wann und wie es passiert, daß die Partei die Klasse verrät (4). Die Positionen einer Organisation zum imperialistischen Krieg und zur proletarischen Revolution erlauben es uns zu bestimmen, ob sie die Klasse unwiderruflich verraten hat oder nicht. Solange der Verrat der Organisation noch nicht evident ist, solange die Partei noch nicht mit Sack und Pack zum feindlichen Lager übergegangen ist, ist es die Rolle wahrhafter Revolutionäre, mit Zehen und Klauen darum zu kämpfen, sie innerhalb des proletarischen Lagers zu halten. Genau dies taten die Linken in der KI unter den schwierigsten Bedingungen einer letztlich triumphierenden Konterrevolution.
Diese Politik ist auch heute noch gültig. Sie ist heute umso leichter durchzuführen, angesichts eines Kurses hin zu Klassenkonfrontationen, angesichts einer alles in allem leichteren Situation für den Kampf des Proletariats und der Revolutionäre. Im gegenwärtigen historischen Rahmen, in dem weder ein Weltkrieg noch die Revolution auf der Tagesordnung stehen, ist es weitaus weniger wahrscheinlich, daß eine proletarische Organisation Verrat begeht (5). Jeder bewußte und konsequente Revolutionär sollte daher dieselbe Methode anwenden, wenn er denkt, daß seine eigene Organisation im Begriff ist zu degenerieren: Mit anderen Worten, er sollte innerhalb der Organisation um ihre Wiedergesundung kämpfen. Es sollte ihm nicht in den Sinn kommen, sich kleinbürgerlich zu verhalten, indem er etwa versucht, ''seine eigene Seele zu retten'', was die Tendenz von einigen Schreibtisch-Revolutionären ist, deren individualistische und streitsüchtige Neigungen sie bereitwillig den Sirenen des politischen Parasitismus empfänglich machen. Daher sind all jene, die ihre Organisation unter der Beschuldigung aller Arten von Fehlern verlassen, ohne den Kampf bis zum bitteren Ende ausgefochten zu haben - wie im Fall von RV zum Beispiel (6) -, verantwortungslos und verdienen es, als arme, kleine prinzipienlose Kleinbürger behandelt zu werden.