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Der strategisch zentral gelegene Nahe Osten steht seit langem im Mittelpunkt der Rivalitäten unter den Großmächten. Im I. Weltkrieg waren Großbritannien und Frankreich die treibende Kraft bei der Verdrängung des auseinanderbrechenden Osmanischen Reiches gewesen, welches von Deutschland unterstützt worden war. Im II. Weltkrieg prallten Deutschland und seine örtlichen Verbündeten erneut mit Großbritannien und seinen Verbündeten aufeinander. Nach dem II. Weltkrieg wurden Großbritannien und Frankreich schrittweise von den USA verdrängt, die sich bald darauf dem russischen Rivalen gegenüber sahen. Beide Seiten benutzten dabei den "arabisch-israelischen" Konflikt als ein Mittel, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Auch der Zusammenbruch des Ostblocks 1989 brachte der Region keinen Frieden. Im Gegenteil, die Bestrebungen der USA, ihre Kontrolle in Nahost und am Persischen Golf zu verstärken, hat ein wachsendes Chaos verursacht, welches Länder wie Irak, Afghanistan, Israel/Palästina und den Libanon erfasst hat. Der Nahe Osten ist zum Hauptschauplatz des Krieges "Jeder gegen jeden" geworden, der nun die internationalen Beziehungen beherrscht. Was das für die Bevölkerung vor Ort bedeutet, wird jeden Tag deutlicher: zahllose Massaker an Zivilisten, Zerstörung der Infrastruktur, Auseinanderfallen ganzer Länder in blutigen sektiererischen und nationalistischen Konflikten. Die Agonie des Nahen Osten spiegelt die Agonie des Weltkapitalismus wider, die solange fortbestehen wird, wie es keine proletarische Revolution gibt.
Nun kommt also eine weitere barbarische Auflistung hinzu: 7000 Luftangriffe auf libanesischem Gebiet, mehr als 1200 Tote im Libanon und in Israel (darunter mehr als 300 Kinder unter 12 Jahren), nahezu 5000 Verletzte, eine Million Zivilisten auf der Flucht aus dem Kriegsgebiet, wobei viele zu arm oder zu schwach waren, um zu flüchten, und jeden Tag diesen Bombenterror über sich ergehen lassen mussten. Ganze Stadtviertel und Dörfer wurden in Schutt und Asche gelegt, Krankenhäuser sind bis unters Dach belegt. Ohne die militärischen Kosten mit einzubeziehen, wird der wirtschaftliche Schaden schon jetzt auf sechs Milliarden Euro geschätzt.
Die Hauptbeteiligten kalkulieren auf anderer Grundlage. Für Israel bedeutet der Krieg einen großen Rückschlag, weil der Mythos der Unbesiegbarkeit der israelischen Armee zerbrochen ist. Der Krieg bedeutet auch eine weitere Stufe bei der Schwächung der globalen Führungsrolle der USA. Andererseits wurde die Hisbollah, die Auftrieb in der Region erhalten hat, durch den Konflikt gestärkt.
Doch gleichgültig, wer kurzfristig aus diesem Konflikt Nutzen zieht - der Krieg hat eine weitere Woge des Chaos und Blutvergießens in der Region ausgelöst. Dabei haben alle imperialistischen Mächte, ob klein oder groß, ihren verbrecherischen Anteil.
Sie sind alle Kriegstreiber!
Die Ausweglosigkeit der Lage im Nahen Osten wurde schon durch die Übernahme der Regierungsgeschäfte durch die "Terroristen" der Hamas in den palästinensischen Gebieten illustriert, was wiederum eine Reaktion auf die Unnachgiebigkeit der israelischen Regierung war, die zu einer Radikalisierung eines Großteils der palästinensischen Bevölkerung führte. Schließlich wurde die Sackgasse noch deutlicher durch den Ausbruch offener Feindseligkeiten zwischen der Hamas und der Fatah. Israels Rückzug aus dem Gaza-Streifen war kein Schritt zum Frieden, sondern ein Mittel zur Verstärkung der Kontrolle über das Gebiet der noch lebenswichtigeren Westbank.
Israels "Lösung" für diese Ausweglosigkeit bestand darin, gegen den wachsenden Einfluss der Hisbollah, die vom Iran finanziert und bewaffnet wird, im südlichen Libanon zu handeln. Der Vorwand für die Auslösung des Krieges war die Befreiung zweier von der Hisbollah entführter israelische Soldaten. Mehr als zwei Monate später befinden sich beide immer noch in den Händen der Entführer, und die UN (die jetzt Unterstützung durch Jesse Jacksons "unabhängige" Mission erhält) hat gerade erst Verhandlungen mit dem Ziel ihrer Freilassung begonnen. Der andere erklärte Grund für die Offensive war die Neutralisierung und Entwaffnung der Hisbollah, deren Eindringen nach Israel zu einer wachsenden Bedrohung für dessen Sicherheit wurde.
Wie auch immer - es bedeutete sozusagen, eine Fliege mit der Keule zu töten. Keines der Ziele wurde erreicht. Doch der israelische Staat hat seine Wut dafür an der libanesischen Zivilbevölkerung ausgelassen. Die Menschen in den Städten und Dörfern des Südlibanon wurden Zeugen, wie ihre Häuser zerstört wurden, und mussten wochenlang nahezu ohne Wasser und Lebensmittel ausharren. 90 Brücken, zahlreiche Straßen und drei Elektrizitätswerke wurden zerstört. Die israelische Regierung und die Armee behaupteten stets, dass sie versuchten, "das Leben der Zivilbevölkerung zu schonen" und dass Massaker wie in Qana "bedauernswerte Unfälle" seien, wie damals die berüchtigten "Kollateralschäden" im Golfkrieg und auf dem Balkan. Tatsächlich waren 90 Prozent der Toten Zivilisten.
Dieser Krieg hätte nicht unternommen werden können, wenn die USA nicht grünes Licht gegeben hätten. Nachdem sie bereits bis zum Hals im Treibsand des Irak und Afghanistans begraben wurden und ihre "Roadmap" zum Frieden sich in Rauch aufgelöst hat, erleiden die USA bei ihrer Strategie, Europa zum umzingeln, wozu ihre Kontrolle über den Nahen Osten der Schlüssel ist, auch weiterhin Rückschlag um Rückschlag. Insbesondere im Irak müssen die USA nach drei Jahren militärischer Besatzung machtlos zuschauen, wie das Land in einen fürchterlichen "Bürgerkrieg" abgleitet. Der alltägliche Konflikt zwischen den rivalisierenden Fraktionen fordert täglich 80 bis 100 Tote in der Zivilbevölkerung. All dies ist Ausdruck der historischen Schwächung der US-Vormachtstellung über die Region und Teil der wachsenden Untergrabung ihrer weltweiten Vormachtstellung. Umgekehrt verschafft dies anderen Mächten die Gelegenheit, ihre imperialistischen Ambitionen schrittweise zu erhöhen, wobei der Iran an führender Stelle steht. Das Vorgehen Israels sollte somit als Warnung gegenüber Staaten wie den Iran und Syrien dienen und demonstrierte eine perfekte Übereinstimmung in dieser Sache zwischen dem Weißen Haus und der israelischen Bourgeoisie. Wochenlang bemühten sich die USA in der UN darum, jegliche Aussicht auf einen Waffenstillstand zu sabotieren, um der israelischen Armee zu ermöglichen, ihren Job gegen die Hisbollah zu vollenden.
Obgleich es nie darum ging, dass sich Israel langfristig im Libanon festsetzt, gibt es starke Ähnlichkeiten in den Methoden Israels und der USA und den daraus entstehenden Problemen. Beide sind gezwungen, sich in militärische Abenteuer zu stürzen, beide stecken nun bis zum Hals in großen Schwierigkeiten. In Israel wie in den USA erklären Politiker und Generäle die Regierung für schuldig, einen Krieg ohne ausreichende Vorbereitung geführt zu haben. Und wie die USA macht auch Israel die Erfahrung, dass man eine Guerillagruppe, die sich in der Bevölkerung versteckt, nicht so bekämpfen kann wie eine "normale" staatliche Armee. Wie Hamas war die Hisbollah anfangs nur eine islamische Miliz. Sie entstand 1982 während der israelischen Offensive im Südlibanon. Wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Schiiten erhielt sie großzügige Unterstützung von den iranischen Mullahs. Auch Syrien förderte die Hisbollah und machte sie zu einem Verbündeten im Libanon, insbesondere nachdem Damaskus 2005 zum Rückzug seiner Truppen aus dem Land gezwungen wurde. Die Hisbollah konnte auch viele neue Kräfte gewinnen, indem sie die Bevölkerung mit medizinischen, sozialen und bildungspolitischen Hilfen versorgte, welche ebenfalls mit Geldern aus dem Iran finanziert wurden. Heute erhält sie weiter Zulauf, weil sie Entschädigungszahlungen an Bewohner jener Häusern leistet, die durch israelische Bomben beschädigt oder zerstört wurden. Viele ihrer Rekruten sind Straßenkinder zwischen 10 und 15 Jahren.
Im Moment bilden Syrien und der Iran einen homogenen Block hinter der Hamas und Hisbollah. Insbesondere der Iran erhebt Ansprüche auf eine imperialistische Führungsrolle in der Region. Der Besitz von Atomwaffen würde ihm sicherlich diesen Status verleihen. Dies ist der Hintergrund seiner zunehmend kriegerischen und arroganten Erklärungen, insbesondere seiner Absicht, "Israel von der Landkarte zu tilgen".
Der Zynismus aller Großmächte
Der Gipfel des Zynismus und der Heuchelei wurde von der UN erreicht, die in dem einen Monat dauernden Krieg ihren "Wunsch nach Frieden", aber auch ihre "Hilflosigkeit" bekundete. Dies ist eine abscheuliche Lüge. Die "friedensliebende" UN ist nichts als ein von Krokodilen bevölkerter Sumpf. Die fünf UN-Sicherheitsratsmitglieder sind die größten Räuber auf der Welt. Die Führungsrolle der USA fußt auf ihrer gewaltigen Militärmaschinerie; nachdem Bush Sen. eine neuen Ära des Friedens und Wohlstands angekündigt hatte, folgte ein Krieg nach dem anderen (der Golfkrieg 1991, die Balkankriege, die Besetzung Afghanistans und des Iraks…). Großbritannien hat aus eigenen imperialistischen Gründen in den meisten Fällen als Komplize der USA gehandelt. Es versucht so, seinen verloren gegangenen Einfluss, den es in der Region bis unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg besaß, wieder herzustellen.
Russland, das für die schrecklichsten Gräueltaten in seinen beiden Tschetschenienkriegen verantwortlich ist, versucht sich damit zu revanchieren, indem es sich holt, was es durch die Implosion der UdSSR einst verloren hatte. Die Schwächung der USA weckt alte imperialistische Gelüste. Deshalb spielt Russland die Karte der Unterstützung des Irans und - etwas diskreter - der Hisbollah.
China, das von seinem wachsenden ökonomischen Einfluss profitiert, träumt davon, neue Einflusszonen außerhalb Südostasiens zu erlangen, und macht gegenwärtig dem Iran schöne Augen. Neben Russland hat China eine Reihe von UN-Resolutionen, die von seinen Rivalen eingebracht wurden, sabotiert.
Und was Frankreich angeht, so hat es genauso viel Blut an den Händen. Es beteiligte sich tatkräftig am Golfkrieg von 1991, unterstützte in den Balkankriegen die serbische Seite und trug aufgrund seiner Rolle in der UN eine Hauptverantwortung für das Massaker von Srebrenica 1993. Auch bei der Jagd auf die Taliban in Afghanistan beteiligt es sich (der Tod von zwei Soldaten einer Spezialeinheit hat ein Licht auf Aktivitäten geworfen, die bislang geheim gehalten wurden). (1) Aber vor allem in Afrika hat der französische Imperialismus sein wahres Gesicht gezeigt. Frankreich löste den Völkermord in Ruanda aus, als es die Hutu-Milizen, welche von Frankreich ausgebildet und ausgerüstet wurden, zur Liquidierung der Tutsis ermunterten.
Die französische Bourgeoisie hat nie aufgehört, von jener Zeit zu träumen, als sie die Einflusssphären im Nahen Osten mit Großbritannien geteilt hatte. Nachdem ihre Allianz mit Saddam Hussein nach dem ersten Golfkrieg untergraben war und ihr Schützlings Massud in Afghanistan ermordet wurde, richteten sich alle Hoffnungen Frankreichs auf den Libanon. Frankreich war während des Krieges 1982-83 brutal aus dieser Region vertrieben worden - zunächst durch die syrische Offensive gegen die libanesisch-christliche Regierung, schließlich durch die israelische Intervention, die von dem Schlächter Sharon angeführt und aus der Ferne von den USA gesteuert wurde. Diese Offensive des westlichen Blockes zwang damals Syrien, den russischen Block zu verlassen. Frankreich hat Syrien nicht verziehen, dass es den früheren libanesischen Premierminister Rafiq Hariri im Februar 2005 ermordete. Hariri war ein guter Freund Chiracs und Frankreichs gewesen. Daher beschloss Frankreich, trotz seines Wunsches, mittels einer versöhnlicheren Haltung im Iran Fuß zu fassen, sich dem auf der UN-Resolution 1201 gestützten Vorgehen der USA gegenüber Libanon anzuschließen, und half mit, Pläne für den Einsatz der UN-Streitkräfte auszuhecken. Trotz der zögerlichen Haltung der französischen Militärführung, die gegen eine "Überdehnung" der französischen Überseekräfte protestierte (nahezu 15.000 Soldaten sind an verschiedenen Fronten im Einsatz: Elfenbeinküste, Tschad, Kongo, Djibuti, Darfur, Kosovo, Mazedonien, Afghanistan), hat die französische Regierung den Rubikon überschritten. Sie stimmte einer Erhöhung der Truppenstärke der UNIFEL von 400 auf 2000 Soldaten zu, wobei Frankreich gewisse Vorteile gewährt wurden, insbesondere die Zusage, dass es die Führung der 15.000 Mann starken Truppe bis Februar 2007 übernehmen kann, und - wenn nötig - das Recht auf Gewaltanwendung. Die herrschende Klasse Frankreichs zaudert noch, in Nahost vom diplomatischen zum militärischen Terrain überzuwechseln. Die bittere Erinnerung an den Angriff schiitischer Terroristen auf das Drakkar-Gebäude, in dem das französische Kontingent im Oktober 1983 in Beirut untergebracht war, ist noch immer wach. 58 Fallschirmjäger verloren damals ihr Leben, anschließend verließ Frankreich den Libanon. Und heute steht es vor einer sehr schwierigen Aufgabe. Die Aufgabe der UNIFEL ist es, eine sehr schwache libanesische Armee (sie verfügt nur über 15.000 Soldaten und ist kaum neu gebildet worden) bei den Bemühungen, die Hisbollah zu entwaffnen, zu unterstützen. Die Aufgabe ist um so schwieriger, da der libanesischen Regierung zwei Hisbollah-Minister angehören. Das Prestige der Hisbollah ist durch ihren Widerstand gegen die israelische Armee enorm gewachsen; sie besitzt weiterhin die Fähigkeit, Raketen auf den nördlichen Teil Israels abzufeuern. Darüber hinaus haben ihre Kräfte die libanesische Armee weitgehend unterwandert.
Auch andere Regierungen versuchen, aus der Situation möglichst großen Nutzen zu schlagen. Italien wird nach der Zusage, das größte Kontingent zu stellen, die UNIFEL-Führung ab Februar 2007 übernehmen. Nur wenige Monate, nachdem sich die italienischen Truppen aus dem Irak zurückgezogen haben, schickt Prodi italienische Truppen in den Libanon, womit er aufzeigt, dass Italien immer noch Ambitionen hat, mit in der imperialistischen Spitzenrunde zu sitzen.
Das offensichtliche Versagen Israels und der USA in diesem Krieg stellt eine weitere große Schwächung der US-Vorherrschaft dar. Aber dadurch werden die militärischen Spannungen nicht abnehmen. Im Gegenteil, der Appetit der anderen Mächte wird dadurch nur noch mehr wachsen. Die einzige Perspektive ist die eines zunehmenden Chaos und noch größerer Instabilität.
Der Nahe Osten ist ein gebündelter Ausdruck der Irrationalität in einer Zeit, in der jeder Imperialismus von einem immer zerstörerischeren Konflikt zum nächsten getrieben wird. Syrien und Iran stehen mittlerweile am Rande eines Krieges. Und die Lage drängt die USA und Israel zu einer noch fürchterlicheren Antwort. Der israelische Verteidigungsminister hat erklärt, dass der Waffenstillstand nur eine Pause darstellt, um den nächsten Angriff vorzubereiten, der auf die endgültige Liquidierung der Hisbollah abzielen wird.
Die Ausweitung der Kampfzonen über den Planeten zeigt, dass der Kapitalismus unweigerlich in die Barbarei abgleitet. Krieg und Barbarei sind zur Überlebensform des Kapitalismus geworden.
Wie können wir uns dem Abgleiten in die militärische Barbarei entgegenstellen?
Der Klassenkampf ist in der Region nicht verschwunden. Letztes Jahr gab es große Demonstrationen in Tel Aviv und Haifa gegen die Preissteigerungen und die Regierungspolitik der erhöhten Militärausgaben zu Lasten der Sozialausgaben. Das Scheitern des Krieges wird wahrscheinlich weitere Ausdrücke der sozialen Unzufriedenheit hervorrufen.
In den Palästinensergebieten "fordern palästinensische Bedienste des öffentlichen Dienstes die Zahlung ausstehender Gehälter von der Hamas-Regierung. Gestern protestierten 3.000 Beschäftigte in Ramallah, während in Gaza-Stadt mehr als 300 Arbeitslose für Jobs auf die Straße gingen; Sozialhilfeempfänger lieferten sich Schlachten mit der Bürgerkriegspolizei und versuchten, das Parlamentsgebäude zu stürmen. Nachdem sie das Eingangstor durchbrochen hatten, gab die Polizei Warnschüsse ab (…) Hamas hat den Streik als einen Versuch verurteilt, die Regierung zu destabilisieren, und hat Lehrer zum Streikbruch aufgefordert. Hamas verlangt, dass stattdessen die Wut gegen Israel gerichtet werden soll, das ‚über unser Volk den Belagerungszustand verhängt hat'. Hamas behauptet, der ‚Streik sei gegen das nationale Interesse gerichtet' und werde von der Fatah-Partei koordiniert, die ‚keine Bindungen zu den Beschäftigten' habe, denn viele Gewerkschaftsführer sind Fatah-Mitglieder. Trotz dieser parteipolitischen Manöver sind Wut und Empörung sehr groß in Anbetracht einer Arbeitslosigkeit von 30% und der Tatsache, dass ca. 25% der Beschäftigten auf ihre ausstehenden Gehälter warten. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten kann mit ihrem Lohn gerade mal überleben. Nach UN-Einschätzungen leben ca. 80% der Menschen in Armut." www.libcom.org/news/31.08.06).
Auch wenn Fatah-Politiker diese Wut zu ihren Gunsten auszuschlachten versuchen, handelt es sich hier um eine wichtige Entwicklung, denn sie treibt einen kleinen Spalt in die nationale Einheit, die nur dazu dient, den Klassenkampf in beiden Lagern zu erdrosseln. Im Gefolge des Krieges sind alle möglichen Schwindler aufgetreten, von denen viele behaupten, "Sozialisten" zu sein, und uns erzählen wollen, dass "wir alle Hisbollahs sind" und dass Arbeiter den legitimen "nationalen Widerstand" der Libanesen unterstützen sollten oder umgekehrt argumentieren, dass Israel "das Recht zur Selbstverteidigung gegen den Terrorismus" habe.
All dies sind nur Vorwände, um uns für die eine oder andere Seite im imperialistischen Krieg zu mobilisieren. Entgegen dieser Lügen können die Revolutionäre nur erklären, dass die Arbeiterklasse kein Vaterland zu verteidigen hat, dass ihr Kampf in der Tat nicht mit dem Interesse der Nation verbunden ist, dass im Zeitalter des Imperialismus alle Kriege imperialistische Kriege sind und wir bei diesen imperialistischen Massakern nichts gewinnen können durch die Unterstützung einer der beiden Kriegsparteien.
"Der einzig mögliche Widerstand gegen den Imperialismus ist der Widerstand der Arbeiterklasse gegen die Ausbeutung, denn nur Widerstand kann in einem offenen Kampf gegen das kapitalistische System gipfeln; einem Kampf, der diese sterbende System des Profits und Krieges durch eine Gesellschaft ersetzt, die auf die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Weil die Ausgebeuteten überall die gleichen Interessen haben, ist der Klassenkampf international; die Arbeiterklasse hat kein Interesse daran, sich mit dem einen Staat gegen den anderen zu verbünden. Ihre Kampfmethoden richten sich direkt gegen die Zuspitzung des Hasses unter den ethnischen oder nationalen Gruppen, weil der Klassenkampf die Arbeiter aller Nationen in einem gemeinsamen Kampf gegen Staat und Kapital verbindet.
In Nahost hat die Spirale nationalistischer Konflikte den Klassenkampf sehr erschwert, doch er existiert noch - in Demonstrationen arbeitsloser palästinensischer Arbeiter gegen die palästinensischen Behörden, in Streiks israelischer Beschäftigter des öffentlichen Dienstes gegen die Sparprogramme der Regierung. Aber jene Kraft, die die Mauer des Krieges und des Hasses im Nahen Osten noch am ehesten durchbrechen kann, befindet sich außerhalb dieser Region - im zunehmenden Kampf der Arbeiter in den zentralen kapitalistischen Ländern. Das beste Beispiel der Klassensolidarität, die wir den Menschen bieten können, die direkt unter den Schrecken des imperialistischen Krieges im Nahen Osten leiden, besteht in der Entfaltung des Klassenkampfes, der bereits von den künftigen Arbeitern aus den französischen Schulen und Universitäten, von den Metallarbeitern im spanischen Vigo, den Postbeschäftigten in Belfast oder den Flughafenbeschäftigten am Londoner Flughafen geführt wurde" (Erklärung der IKS: Nahost - Gegen das Abgleiten in den Krieg, 17. Juli 2006).
Diese Bewegungen mögen weniger Lärm verursachen als die Raketen und Bomben, die auf den Nahen Osten herab regnen, aber sie kündigen die einzige Alternative gegen das Versinken in der Barbarei an: eine Zukunft, in der die wachsende Solidarität unter den kämpfenden Arbeitern den Weg für eine Gesellschaft ebnet, die sich auf die Solidarität unter allen Menschen stützt. WR 2.9.06
(1) Die außergewöhnliche Betonung, die die französischen Medien auf diese Episode legten, ist zweifellos mit dem Bedürfnis verknüpft, die Bevölkerung an den Gedanken einer französischen Präsenz in den "friedenserhaltenden" Streitkräften im Südlibanon zu gewöhnen.